Oberlandesgericht Hamm Urteil, 21. Sept. 1999 - 27 U 76/99
Tenor
1
Tatbestand:
2Die am 13. Februar 1979 geborene Klägerin, die seit dem 16. Januar 1998 Inhaberin einer Fahrerlaubnis ist, verlangt Schmerzensgeld (Vorstellung 9.500,00 DM) sowie die Feststellung materieller und immaterieller Ersatzpflicht aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 14. Februar 1998 um 18.40 Uhr innerorts von E , als sie mit dem Pkw Opel Omega ihres Vaters A die L Straße in Fahrtrichtung E fuhr und in die Straße D nach links einbiegen wollte. Dazu ordnete sich die Klägerin mit dem Opel Omega zur Mittellinie ein und bremste bis zum Stillstand ab, um die bevorrechtigten Teilnehmer des Begegnungsverkehrs passieren zu lassen. Nachdem die Klägerin einige Fahrzeuge im Gegenverkehr passieren gelassen hatte, näherte sich sodann der Pkw VW Golf der Zeugin S , die die Geschwindigkeit ihres Fahrzeugs in streitigem Umfang verminderte und die "Lichthupe" betätigte. Nachdem die Klägerin unmittelbar vor dem Pkw der Zeugin S mit dem Abbiegevorgang begonnen hatte, stieß sie auf der Gegenfahrbahn mit dem Pkw der Zeugin S , die bei der Beklagten haftpflichtversichert ist, zusammen.
3Die Klägerin hat behauptet, daß die Zeugin S bei Annäherung an die Einmündung deutlich ihre Geschwindigkeit verlangsamt und zusätzlich zur "Lichthupe" mit der Hand Zeichen gegeben habe, so daß sich ein unzweideutiger Verzicht der Zeugin S auf ihr Vorfahrtsrecht ergeben habe. Als sie, die Klägerin, deshalb angefahren sei, habe die Zeugin S ihr Fahrzeug wieder beschleunigt und sei ungebremst in den Opel Omega gefahren. Die Klägerin hat behauptet, die Zeugin S habe damit nicht nur fahrlässig gehandelt, sondern den Zusammenprall bewußt und vorsätzlich im Rahmen eines von ihr unternommenen Suizidversuches herbeigeführt. Sie hat behauptet, über ein unstreitig erlittenes Schleudertrauma auch eine Kiefergelenksfraktur erlitten zu haben, die über 1 1/2 Jahre das Tragen einer Gebißführungsplatte erforderlich gemacht habe. Eine endgültige Ausheilung der Verletzung sei nicht sicher.
4Der Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe mit ihrem Fahrzeug ohne Blinkzeichen, jedoch mit eingeschaltetem Fernlicht an der Mittellinie gestanden, so daß die Zeugin S geblendet worden sei. Diese habe deshalb die Geschwindigkeit ihres Fahrzeugs geringfügig herabgesetzt und zur Warnung der Klägerin ihre Lichthupe betätigt.
5Das Landgericht hat die Klägerin angehört sowie die Zeuginnen E , H und W (Beifahrerinnen der Klägerin) sowie S uneidlich vernommen und dann die Klage aus im wesentlichen folgenden Gründen abgewiesen: Bereits das von der Klägerin persönlich geschilderte Verhalten der Zeugin S lasse nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf einen Vorfahrtsverzicht schließen, da dieses auch dahin gedeutet werden könne, daß sie die Klägerin auf eine Blendung durch eingeschaltetes Fernlicht aufmerksam machen wollte. Im übrigen sei die Unfalldarstellung der Klägerin nicht erweislich. Die Klägerin habe auch nicht bewiesen, daß die Zeugin S den Verkehrsunfall vorsätzlich herbeigeführt habe. Der auf die Feststellung der Ersatzpflicht künftiger materieller Schäden gerichtete Antrag sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil die Klägerin nach ihren persönlichen Angaben materielle Schäden aus dem Führen der Gebißführungsplatte nicht erlitten habe. Im übrigen sei der Feststellungsantrag unbegründet, weil ein schuldhaftes Verhalten der Zeugin S nicht bewiesen sei.
6Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts und steht auf dem Standpunkt, daß in dem als erwiesen anzusehenden zweimaligen Betätigen der "Lichthupe" und im Abbremsen praktisch bis zum Stillstand ein Verzicht auf das Vorrecht der Zeugin S liege. Nachdem die Zeugin S zusätzlich ein Handzeichen gegeben habe, habe sie, die Klägerin, sich durch Blickkontakt vergewissert, fahren zu dürfen. Sie, die Klägerin, habe darauf vertrauen dürfen, daß die Zeugin S ihr gezeigtes Fahrverhalten auch dahin meine, ihr das Vorrecht einzuräumen. Der auf materielle Zukunftsschäden bezogene Feststellungsantrag sei zulässig, weil neben Heilbehandlungskosten eine mit finanziellen Folgen verbundene Ausbildungsunterbrechung in Betracht komme. Auch sei die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Operation noch nicht geklärt.
7Der Beklagte verteidigt mit näheren Darlegungen das angefochtene Urteil.
8Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung und des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
9Der Senat hat die Klägerin persönlich nach § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung wird auf den Vermerk des Berichterstatters zur Senatssitzung verwiesen.
10Entscheidungsgründe
11Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil ihre Klage zu Recht abgewiesen, denn sie kann von dem Beklagten nach den §§ 7 StVG, 823, 847 BGB, 3 PflVG keinen Ersatz ihrer Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 16. Januar 1998 verlangen. Ein schuldhafter Verstoß der Zeugin S gegen ihre Verkehrspflichten ist nicht gegeben; deshalb steht der Klägerin kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu (I.); ihr eigenes schwerwiegendes Verschulden stellt die Klägerin auch hinsichtlich ihrer Feststellungsanträge klaglos (II.).
12I.
13Ein schuldhafter Verstoß der Zeugin S gegen ihre Verhaltenspflichten im Straßenverkehr ist nicht erweislich, so daß ein Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld nicht besteht.
14Da die Klägerin ihren bisherigen Vortrag, das Unfallgeschehen vom 16. Januar 1998 stelle einen Suizidversuch der Zeugin S dar, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat fallengelassen hat, stand allein der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens zur Entscheidung durch den Senat.
151.
16Angesichts dessen, daß die Klägerin grundsätzlich den Vorrang der Zeugin S zu beachten hatte (§ 9 Abs. 3 Satz 1 StVO), wäre ein dem Beklagten zurechenbares schuldhaftes Verhalten der Zeugin S dann in Betracht gekommen, wenn diese auf ihr Vorfahrtsrecht verzichtet hätte; in diesem Fall hätte sie deutlich der Klägerin zu verstehen geben müssen, wenn sie von dem ihr zustehenden Recht wieder Gebrauch machen wollte (§ 1 Abs. 2 StVO).
17Mit dem Landgericht ist der Senat jedoch der Auffassung, daß die Klägerin noch nicht einmal einen Sachverhalt behauptet hat, dem ein Vorfahrtsverzicht zu entnehmen ist. Nach ganz einhelliger Auffassung ist dieser nur dann anzunehmen, wenn der Berechtigte seinen Verzicht unmißverständlich anzeigt (BGH DAR 1960, 137, 139; KG VM 1980, 87; Jagusch/Hentschel § 8 StVO Rdn. 37), wobei im Interesse der Verkehrssicherheit strenge Anforderungen gestellt werden. Soweit die Klägerin bei ihrer ausführlichen persönlichen Anhörung vor dem Landgericht angegeben hat, daß die Zeugin S zweimal aufgeblendet, ihre Geschwindigkeit deutlich verlangsamt und mit beiden Händen Winkzeichen gegeben habe, so reicht dies zur Feststellung eines Vorfahrtsverzichts nicht aus. Denn nach der strengen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH DAR 1960, 137, 139), die dem Erfordernis klarer und unmißverständlich zu beurteilender Vorfahrtsregelungen Rechnung trägt, kann selbst ein kurzes, oft auf Vorsicht beruhendes Anhalten des Bevorrechtigten nicht ohne weiteres als Verzicht gewertet werden. Die Abgabe von Leuchtzeichen durch Betätigung der "Lichthupe" hat nach § 16 Abs. 1 StVO allein die Funktion, andere Verkehrsteilnehmer zu warnen; Warnzeichen dürfen in aller Regel nicht als Zeichen der Verständigung gegeben werden (BGH NJW 1977, 1057). Zwar ist nicht zu übersehen, daß es sich im Verkehrsgeschehen vielfach eingebürgert hat, die Lichthupe gleichwohl als Verständigungsmittel einzusetzen. Wegen des gesetzlichen Zwecks von Leuchtzeichen kommt der Lichthupe jedoch nicht die erforderliche Eindeutigkeit zu. Auch den von der Klägerin dem Senat geschilderten Winkzeichen kann kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen werden, da diese nicht von der erforderlichen Unmißverständlichkeit waren. Nach der Art der von der Klägerin dem Senat demonstrierten Winkbewegung kann eine Verwechselung mit einem Hinweis auf eine als blendend empfundene Fahrzeugbeleuchtung nicht völlig ausgeschlossen werden. Im übrigen fällt auf, daß die Klägerin am Unfallort gegenüber den Polizeibeamten nicht von zusätzlichen Gesten oder Handzeichen gesprochen hat. Bei einer Gesamtwürdigung der von der Klägerin vorgetragenen Umstände ist die Bewertung, es habe zwischen der Vorfahrtsberechtigten und der Wartepflichtigen eine Verständigung stattgefunden, die irgendwelchen Zweifeln keinen Raum läßt, nicht gerechtfertigt.
18Daran mag auch das Berufungsvorbringen der Klägerin nichts zu ändern, mit dem sie offenbar den Versuch unternommen hat, den strengen an einen Vorfahrsverzicht zu stellenden Voraussetzungen gerecht zu werden. So soll die Zeugin S nunmehr ihr Fahrzeug "fast bis zum Stillstand" abgebremst haben; die Lichthupe soll nun "mindestens" zweimal eingesetzt worden sein - in der Klageschrift war von einem einmaligen Lichthupen und bei der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht von zweimaligem Lichtzeichengeben die Rede - und "natürlich" habe sie sich auch durch Blickkontakt mit der Zeugin S über den Vorfahrtsverzicht "vergewissert", hiervon war zuvor noch nie die Rede gewesen. Auf den letzten Gesichtspunkt ist die Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat auch nicht mehr zurückgekommen. Angesichts der zum Unfallzeitpunkt herrschenden Dunkelheit ist es dem Senat auch nicht verständlich, wie die Klägerin hierzu verläßliche Beobachtungen gemacht haben will, es sei denn, es wäre das Fernlicht des von ihr geführten Opel Omega eingeschaltet gewesen.
19Der Senat ist ebenso wie das Landgericht der Überzeugung, daß jedenfalls die Schilderung der Klägerin nicht erweislich ist. Die Zeuginnen E , H und W (allesamt ihre Beifahrerinnen) haben weder die Winkzeichen der Zeugin S noch den Blickkontakt zwischen der Klägerin und dieser bestätigt. Zwar ist bei letzterem zu berücksichtigen, daß ein Blickkontakt des Fahrzeugführers mit anderen Verkehrsteilnehmern von Beifahrern vielfach nicht wahrgenommen wird; auffällig bleibt jedoch, daß die Beifahrerinnen - die sonst jede Einzelheit wahrgenommen haben wollen - die behaupteten Winkbewegungen mit beiden Händen nicht gesehen haben. Da eine Vergewisserung per Blickkontakt nach der Senatsverhandlung nicht zugrunde gelegt werden kann, bleiben danach allein das Verlangsamen der Geschwindigkeit und das Lichtzeichen geben als Anknüpfungspunkte für einen Vorfahrtsverzicht. Angesichts der Vielzahl der Motive für ein solches Verhalten gerade bei Dunkelheit kann dieses bei der erforderlichen objektiven Betrachtung nicht als Vorfahrtsverzicht verstanden werden, weil dann die unumgängliche Klarheit der Vorfahrtsberechtigung gefährdet wäre.
202.
21Der Zeugin S kann auch nicht als schuldhaftes Fehlverhalten zur Last gelegt werden, daß sie durch das Verlangsamen ihres Fahrzeugs und das Lichtzeichengeben eine unklare Verkehrssituation geschaffen hätte, so daß sie auf das Verhalten der Klägerin, die durch sie irritiert sein konnte, Obacht hätte geben müssen (§ 1 Abs. 2 StVO). Denn dies hätte die Feststellung vorausgesetzt, daß die Zeugin S durch ihr Verhalten einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin gesetzt hätte. Dies wäre jedoch nur dann in Betracht zu ziehen gewesen, wenn es feststellbar wäre, daß die Zeugin S zu einem Lichtzeichengeben von vornherein keinen anderen Grund gehabt hatte und wenn Feststellungen zu ihrem konkreten Fahrverhalten möglich wären. Beides ist hier jedoch nicht gegeben:
22So konnten die Zeuginnen E , H und W keine Angaben dazu machen, ob die Klägerin nicht irrtümlich das Fernlicht des von ihr geführten Fahrzeugs eingeschaltet hatte, so wie es die Zeugin S begründet hat. Der Senat hatte zu berücksichtigen, daß das Einschalten des Fernlichts nicht bereits einige Zeit vor der Kollision erfolgt sein müßte, sondern der damals 18-jährigen Klägerin, die weniger als einen Monat Fahrerlaubnisinhaberin war und das Fahrzeug ihres Vaters lenkte, beim Betätigen des linken Blinkers im Einmündungsbereich unterlaufen sein könnte. Angesichts dieser Umstände vermag sich der Senat ebenso wie das Landgericht in seiner überzeugend begründeten Entscheidung nicht über die Aussage der Zeugin S hinwegzusetzen, die bekundet hat, sich durch das Licht des von der Klägerin geführten Fahrzeugs geblendet gefühlt zu haben. Daß sich die Klägerin in der Berufungsbegründung zum Beweis der Behauptung, nicht mit Fernlicht gefahren zu sein, auf das Zeugnis ihrer Beifahrerinnen beruft, gab zu deren erneuter Vernehmung keinen Anlaß, weil diese hierzu bereits erstinstanzlich vernommen und neue Erkenntnismöglichkeiten nicht dargetan worden sind. Die Senatsverhandlung hat ergeben, daß die Klägerin dies nunmehr ebenfalls so sieht. Auch der unter Sachverständigenbeweis gestellten Behauptung der Klägerin, wegen der Linksabbiegeposition des Fahrzeugs sei eine Blendung der Zeugin S ausgeschlossen gewesen, ist nicht weiter nachzugehen, weil die genaue Stellung der Fahrzeuge auch nicht annäherungsweise bekannt ist und ebensowenig verläßlich dokumentiert wurde. Feststellungen zum Fahrverhalten der Zeugin S können ebenfalls nicht getroffen werden, weil es hierfür an objektiven Anknüpfungspunkten fehlt. Die Klägerin hatte erstinstanzlich insoweit lediglich von einer Verlangsamung gesprochen; zweitinstanzlich soll der VW Golf fast bis zum Stillstand gekommen sein. In welcher Entfernung zum späteren Kollisionsort dies geschehen sein soll, wird nicht näher mitgeteilt. Die Angabe der Klägerin vor dem Senat, vor der Kollision hätten die Fahrzeuge nahezu direkt voreinander gestanden, ist zu vage, um eine sachverständige Begutachtung zu ermöglichen, was der Senat als Fachsenat selbst beurteilen kann. Auch zur Frage der erneuten Beschleunigung des VW Golfs fehlt es an brauchbaren Angaben. Die Klägerin will diese am Aufheulen des Golf-Motors erkannt haben, hat jedoch erst dann gebremst, als ihre Beifahrerin sie auf das Beschleunigen des Golfs aufmerksam machte, was darauf schließen läßt, daß die Klägerin selbst den Golf offenbar nicht weiter beobachtet hat. Von einem Aufheulen des Motors hat sonst keine Insassin des Opel Omega etwas bekundet.
23Mangels erweislichen Verschuldens der Zeugin S scheidet deshalb ein auf die §§ 823, 847 BGB gestützter Schmerzensgeldanspruch der Klägerin aus.
24II.
25Auch die Feststellungsanträge der Klägerin hat das Landgericht zu Recht abgewiesen.
261.
27Zwar wäre angesichts der offenbar noch nicht abgeschlossenen Behandlung der Klägerin das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO hinsichtlich künftiger materieller Schäden zu bejahen gewesen, falls der Kieferbruch - wie die Klägerin behauptet - auf dem Unfall beruht, weil die Klägerin dann materielle unfallbedingte Schäden in Gestalt weiterer Heilbehandlungskosten mit Eigenanteilen erleiden kann.
28Gleichwohl hat das Landgericht den Feststellungsanspruch bezüglich künftiger materieller Schäden im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil der Feststellungsanspruch unbegründet ist. Zwar kann nach Auffassung des Senates für die Zeugin S der Unabwendbarkeitsnachweis nach § 7 Abs. 2 StVG nicht als geführt angesehen werden. Ein "Idealfahrer" hätte von seinem überlegenen Standpunkt in seine Erwägungen einbezogen, daß ein Wartepflichtiger ein Verlangsamen des Vorfahrtsberechtigten bei gleichzeitiger Betätigung der Lichthupe falsch verstehen könnte und deshalb größte Vorsicht bei der Weiterfahrt an den Tag gelegt. Daß die Zeugin S diese äußerste mögliche Sorgfalt hat walten lassen, ist nicht erweislich.
29Allerdings führt die Abwägung der Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVG dazu, daß der Haftungsanteil der Zeugin S zurücktritt. Der Unfall beruht so sehr auf der Vorfahrtsverletzung seitens der Klägerin, daß es gerechtfertigt ist, sie ihren Schaden selbst tragen zu lassen.
30Entgegen der von der Klägerin in der Senatsverhandlung vertretenen Auffassung spielt der von ihr behauptete Umstand, daß die Zeugin S an einer psychischen Erkrankung leidet, bei der Abwägung nach § 17 StVG keine Rolle. Denn eine solche etwaige Erkankung hat sich im Verkehrsgeschehen nicht erweislich objektiviert niedergeschlagen. Der Schluß von einer psychischen Störung auf ein auffälliges Verhalten im Straßenverkehr, wie ihn die Klägerin vor dem Sent gezogen hat, ist nicht gerechtfertigt. Ebenso ohne Bedeutung für die Abwägung der Verursachungsanteile ist der Umstand, daß die Zeugin S eine mit Beruhigungsmitteln angereicherte Fruchtsaftflasche am Unfalltag mitgeführt hat, zumal die Klägerin selbst nicht behauptet, daß die Zeugin S vor der Kollision unter dem Einfluß eines Beruhigungsmittels, zu dessen Art ebenfalls nichts näheres vorgetragen ist, gestanden hätte.
31Die Klägerin hat es beim Linksabbiegen an der erforderlichen Beachtung des Gegenverkehrs mangeln lassen. Ihre Wartepflichtverletzung gegenüber der Zeugin S wiegt auch subjektiv schwer, weil sie sich ohne zureichenden Anhaltspunkt im Verhalten der Zeugin S zum Abbiegen entschlossen hat. Angesichts ihres schwerwiegenden Verschuldens besteht kein Anlaß, von dem Grundsatz, daß der Linksabbieger im allgemeinen den gesamten Schaden zu tragen hat, auch wenn sich der Zusammenstoß für den Gegenverkehr nicht als unabwendbares Ereignis darstellt (vgl. Geigel/Haag Kap. 27 Rz. 85) abzuweichen.
322.
33Der Feststellungsanspruch bezüglich künftiger immaterieller Schäden ist ebenfalls unbegründet, denn der Beklagte hat mangels Verschuldens der Zeugin S - wie ausgeführt - für immaterielle Schäden der Klägerin nicht einzustehen.
34Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat die Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Beschwer der Klägerin überschreitet nicht 60.000,00 DM.
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(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wer abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Wer nach rechts abbiegen will, hat sein Fahrzeug möglichst weit rechts, wer nach links abbiegen will, bis zur Mitte, auf Fahrbahnen für eine Richtung möglichst weit links, einzuordnen, und zwar rechtzeitig. Wer nach links abbiegen will, darf sich auf längs verlegten Schienen nur einordnen, wenn kein Schienenfahrzeug behindert wird. Vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen ist auf den nachfolgenden Verkehr zu achten; vor dem Abbiegen ist es dann nicht nötig, wenn eine Gefährdung nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist.
(2) Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. Beim Überqueren ist der Fahrzeugverkehr aus beiden Richtungen zu beachten. Wer über eine Radverkehrsführung abbiegt, muss dieser im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich folgen.
(3) Wer abbiegen will, muss entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen, Schienenfahrzeuge, Fahrräder mit Hilfsmotor, Fahrräder und Elektrokleinstfahrzeuge auch dann, wenn sie auf oder neben der Fahrbahn in der gleichen Richtung fahren. Dies gilt auch gegenüber Linienomnibussen und sonstigen Fahrzeugen, die gekennzeichnete Sonderfahrstreifen benutzen. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen; wenn nötig, ist zu warten.
(4) Wer nach links abbiegen will, muss entgegenkommende Fahrzeuge, die ihrerseits nach rechts abbiegen wollen, durchfahren lassen. Einander entgegenkommende Fahrzeuge, die jeweils nach links abbiegen wollen, müssen voreinander abbiegen, es sei denn, die Verkehrslage oder die Gestaltung der Kreuzung erfordern, erst dann abzubiegen, wenn die Fahrzeuge aneinander vorbeigefahren sind.
(5) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.
(6) Wer ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t innerorts führt, muss beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn auf oder neben der Fahrbahn mit geradeaus fahrendem Radverkehr oder im unmittelbaren Bereich des Einbiegens mit die Fahrbahn überquerendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist.
(1) An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht,
- 1.
wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (Zeichen 205, 206, 301, 306) oder - 2.
für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine andere Straße kommen.
(1a) Ist an der Einmündung in einen Kreisverkehr Zeichen 215 (Kreisverkehr) unter dem Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) angeordnet, hat der Verkehr auf der Kreisfahrbahn Vorfahrt. Bei der Einfahrt in einen solchen Kreisverkehr ist die Benutzung des Fahrtrichtungsanzeigers unzulässig.
(2) Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. Es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass wer die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kann das nicht übersehen werden, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hineingetastet werden, bis die Übersicht gegeben ist. Wer die Vorfahrt hat, darf auch beim Abbiegen in die andere Straße nicht wesentlich durch den Wartepflichtigen behindert werden.
(1) Schall- und Leuchtzeichen darf nur geben,
- 1.
wer außerhalb geschlossener Ortschaften überholt (§ 5 Absatz 5) oder - 2.
wer sich oder Andere gefährdet sieht.
(2) Wer einen Omnibus des Linienverkehrs oder einen gekennzeichneten Schulbus führt, muss Warnblinklicht einschalten, wenn er sich einer Haltestelle nähert und solange Fahrgäste ein- oder aussteigen, soweit die für den Straßenverkehr nach Landesrecht zuständige Behörde (Straßenverkehrsbehörde) für bestimmte Haltestellen ein solches Verhalten angeordnet hat. Im Übrigen darf außer beim Liegenbleiben (§ 15) und beim Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a) Warnblinklicht nur einschalten, wer Andere durch sein Fahrzeug gefährdet oder Andere vor Gefahren warnen will, zum Beispiel bei Annäherung an einen Stau oder bei besonders langsamer Fahrgeschwindigkeit auf Autobahnen und anderen schnell befahrenen Straßen.
(3) Schallzeichen dürfen nicht aus einer Folge verschieden hoher Töne bestehen.
(4) Keine Schallzeichen im Sinne der Absätze 1 und 3 sind akustische Fahrzeugwarnsysteme im Sinne der Artikel 3 Satz 2 Nummer 22, Artikel 8 und Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 540/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über den Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen und von Austauschschalldämpferanlagen sowie zur Änderung der Richtlinie 2007/46/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 70/157/EWG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 131) in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(weggefallen)
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.