Oberlandesgericht Hamm Urteil, 18. Feb. 2014 - 26 U 147/12
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 20. Juni 2012 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufungsinstanz.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagten wegen einer vermeintlich fehlerhaften ärztlichen Behandlung in den Jahren 2004 und 2005 auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.
4Der am 20.05.1955 geborene Kläger, der unter Schuppenflechte leidet, knickte bei einem Arbeitsunfall am 02.03.2004 mit dem linken Fuß um und zog sich dabei eine Fraktur des Sprunggelenkes zu. Im Krankenhaus der Beklagten zu 1) wurde die Fraktur mit einem Fixateur externe versorgt. Am 23.4.2004 wurde der Fixateur wieder entfernt, da es im weiteren Heilungsverlauf zur Infektion eines Fixateurpins gekommen war. Am 10.6.2004 stellte sich der Kläger im Krankenhaus der Beklagten zu 2) vor, wo eine deutliche Verschlechterung einer bestehenden Arthrose des oberen Sprunggelenks festgestellt wurde. Am 11.8.2004 wurde eine Korrekturarthrodese im oberen Sprunggelenk durchgeführt. Am 27.03.2005 erfolgte eine Arthrodese des unteren Sprunggelenks. Am 02.12.2005 wurde eine Korrekturosteotomie durchgeführt.
5Der Kläger hat Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000 EUR, vorgerichtliche Anwaltskosten sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden mit der Begründung geltend gemacht, es hätte in der Klinik des Beklagten zu 1) eine Osteosynthese vorgenommen werden müssen, der Fixateur externe sei nicht rechtzeitig entfernt worden und in der Klinik der Beklagten zu 2) sei die Versteifung des Sprunggelenkes nicht fachgerecht erfolgt. Es sei unverständlich, dass zunächst nur das obere Sprunggelenk versteift worden sei, so dass eine weitere Operation erforderlich geworden, und es infolge der Behandlung zu einer Fehlstellung des linken Fußes gekommen sei.
6Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei weder ein Behandlungsfehler noch ein Aufklärungsversäumnis anzunehmen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei nicht festzustellen, dass die Behandlung fehlerhaft
7durchgeführt worden sei. Die Behandlung durch den Beklagten zu 1) habe dem unfallchirurgischen bzw. orthopädischen Standard entsprochen. Eine interne Osteosynthese sei wegen der großflächigen Schuppenflechte im Bereich des Sprunggelenks und des damit verbundenen Infektionsrisikos nicht möglich gewesen. Deshalb sei die Behandlung mittels eines Fixateur-externe indiziert gewesen. Außerdem hätten kritische Weichteil-Verhältnisse vorgelegen. Sowohl die Anbringung als auch die Entfernung des Fixateurs sei fachgerecht erfolgt. Eine Überweisung in eine Fachklinik sei nicht erforderlich gewesen. Für eine Versteifung des linken unteren Sprunggelenks habe es bei der Operation vom 11.8.2004 keine Indikation gegeben. Der Kläger sei ordnungsgemäß, insbesondere über das Risiko einer Achs- und Rotationsfehlstellung aufgeklärt worden. Bei der Versteifung des linken oberen Sprunggelenks mittels einer Kompressionsarthrodese sei eine Fehlstellung unvermeidbar gewesen. Die Korrektur dieser Fehlstellung bei der Versteifung des unteren Sprunggelenks durch die Operation vom 27.7.2005 sei nicht angezeigt gewesen.
8Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft die Gewährung einer Schriftsatzfrist zur Stellungnahme zu den Erläuterungen des Sachverständigen sowie den Antrag auf Einholung eines Obergutachtens abgelehnt. Die Feststellung des Sachverständigen, das von dem Beklagten zu 1) verfolgte Behandlungskonzept entspreche dem unfallchirurgischen bzw. orthopädischen Standard, sei nicht nachvollziehbar. Es sei fraglich, ob überhaupt ein Konzept vorgelegen habe, da die Versorgung der Fraktur mittels Fixateur externe nur eine notfallmäßige Primärversorgung darstelle. Die Indikation zur Anlage eines Fixateur externe sei fehlerhaft gestellt worden Es hätte eine umfassende Versorgung der Fraktur und der Arthrose des oberen und unteren Sprunggelenks erfolgen müssen. Dem fachmedizinischen Standard hätte nur die Versorgung mittels einer Osteosynthese entsprochen. Die Schuppenflechte sei schon deshalb nicht der Grund für die Versorgung mit einem Fixateur externe gewesen, weil dies in dem Operationsbericht so nicht erwähnt worden sei. In dem Entlassungsbericht sei als Grund die schwere Arthrose angegeben worden. Auch der Sachverständige habe in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass die interne Osteosynthese bei einer Verletzung des Sprunggelenks üblich sei. So sei bei den nachfolgenden Versteifungsoperationen
9auch verfahren worden. Gerade wegen des Infektionsrisikos hätte nicht mittels Fixateur externe vorgegangen werden dürfen. Aus der Schuppenflechte, deren Umfang sich nicht aus den Behandlungsunterlagen ergebe, habe sich keine Kontraindikation für die interne Osteosynthese herleiten lassen. Diese sei nur als unbeachtlicher Nebenbefund angesehen worden und habe keinen Einfluss auf die Wahl der Operationsmethode gehabt. Die Vorgehensweise lasse sich auch nicht unter Hinweis auf kritische Weichteilverhältnisse rechtfertigen. Erst recht sei angesichts dieses weiteren Risikofaktors unverständlich, dass der Kläger wiederholten operativen Eingriffen mit den damit verbundenen Gefahren ausgesetzt worden sei. Unverständlich seien, aus welchem Grund statt eines Ring-Fixateur ein Fixateur externe verwendet worden ist. Weiterhin trägt der Kläger vor, er sei zu früh entlassen worden. Auf die Infektion des Fixateurpins sei erst am 22.4.2004 reagiert worden, indem der Fixateur externe vollständig entfernt worden sei. Dieses lange Abwarten sei wegen des Infektionsrisikos unverständlich gewesen. Der Kläger hätte viel früher in eine Fachklinik überwiesen werden müssen. Außerdem habe eine erhöhte Überwachungspflicht bestanden, die mittels ambulanter Kontrollen nicht gewährleistet gewesen sei. In der Klinik der Beklagten zu 2) sei bei der Versteifungsoperation vom 11.08.2004 fehlerhaft nicht zugleich auch das untere Sprunggelenk versteift worden. Die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen stünden im Widerspruch zum Gutachten des Professor Dr. y. Aus den Behandlungsunterlagen habe sich die Indikation für eine solche Maßnahme ergeben. Fehlerhaft habe das Landgericht verkannt, dass durch die Versteifung des oberen Sprunggelenks eine Fehlstellung des linken Rückfußes verursacht worden sei. Wenn es sich bei der Fehlstellung um ein Operationsrisiko gehandelt haben sollte, so sei der Kläger darüber nicht aufgeklärt worden. Fehlerhaft sei die Korrektur der Fehlstellung nicht bereits bei der Versteifung des unteren Sprunggelenks durchgeführt worden obwohl die Beklagte zu 2) selbst davon ausgegangen sei.
10Der Kläger beantragt abändernd,
111. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
122. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr jeglichen materiellen und zukünftigen immateriellen Schaden, letzterer soweit dieser durch Antrag zu 1) nicht erfasst und derzeit nicht vorhersehbar ist, der ihm aus der fehlerhaften medizinischen Behandlung in dem Zeitraum 2004/2005 entstanden ist und weiterhin entstehen wird, vorbehaltlich eines Forderungsübergangs auf Dritte zu ersetzen,
133. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.781,76 € nebst Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
14hilfsweise,
15die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Bochum zurückzuverweisen.
16Die Beklagten beantragen,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Sie verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung. Der Beklagte zu 1) trägt ergänzend vor, entgegen der Darstellung in der Berufungsbegründung seien alle Sachverständigen, auch die der Gutachterkommission, davon ausgegangen, dass die Versorgung der Fraktur mittels eines Fixateur externe sachgerecht gewesen sei. Die Schuppenflechte sei im Operationsbericht erwähnt worden. Auch die postoperative Behandlung sei einwandfrei erfolgt. Im übrigen sei die Operation nicht ursächlich für die derzeitigen Beschwerden des Klägers, die auf die Fraktur und die vorbestehende Arthrose zurückzuführen seien. Die Beklagte zu 2) trägt ergänzend vor, die Gewährung einer Schriftsatzfrist sei nicht geboten gewesen, da die mündliche Erläuterung des Gutachtens keine neue Beurteilung ergeben habe. Auch sei die Einholung eines Obergutachtens nicht geboten gewesen. Die gleichzeitige Versteifung des oberen und des unteren Sprunggelenks sei nicht indiziert gewesen. Die Versteifung sei auch sachgerecht durchgeführt worden. Darüber, dass sich eine Achsfehlstellung ergeben könne, sei der Kläger ausdrücklich aufgeklärt worden.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
20Der Senat hat den Kläger persönlich gem. § 141 ZPO angehört und die Zeugin T vernommen. Der Sachverständige Prof. Dr. Q hat sein schriftliches Gutachten mündlich erläutert und ergänzt. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 03.12.2013 nebst Berichterstattervermerk Bezug genommen.
21II.
22Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die gegen das landgerichtliche Urteil vorgebrachten Einwendungen sind unbegründet und rechtfertigen keine abändernde Entscheidung.
231. Es kann dahinstehen, ob das Landgericht im vorliegenden Fall verfahrensfehlerhaft gegen die Verpflichtung verstoßen hat, dem Kläger nach der mündlichen Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu geben (vgl. BGH, NJW 2001, 2796). Eine Zurückverweisung der Sache wegen eines Verfahrensfehlers gem. § 538 Abs. 2 S. 1 ZPO kommt jedenfalls schon deshalb nicht in Betracht, weil der Senat im Rahmen des ihm nach § 538 Abs. 2 ZPO eingeräumten Ermessens befugt ist, die Sache selbst zu entscheiden. Einer umfangreichen Beweisaufnahme bedarf es nicht mehr, denn die Einholung eines weiteren Gutachtens ist nicht erforderlich. Gemäß § 412 Abs. 1 ZPO kann ein neues Gutachten dann eingeholt werden, wenn das bisherige Sachverständigengutachten ungenügend, also unvollständig, nicht nachvollziehbar oder in sich widersprüchlich ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
242. Auch nach dem Ergebnis der vom Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme kann ein Behandlungsfehler der Beklagten zu 1) und 2) nicht festgestellt werden. Insoweit folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Q, der sein schriftliches Gutachten im Senatstermin noch einmal mündlich erläutert hat.
25a) Dem Beklagten zu 1) kann weder ein Behandlungsfehler noch ein Aufklärungsversäumnis vorgeworfen werden.
26aa) Die Versorgung des vom Kläger am 02.03.2004 erlittenen Verrenkungsbruches mittels eines fixateur externe war als das Verfahren der Wahl indiziert. Eine interne Osteosynthese war demgegenüber für eine fachgerechte Behandlung ungeeignet.
27Die Anbringung eines Fixateur externe ist entgegen der Annahme des Klägers nicht nur als notfallmäßige Primärversorgung vorgesehen. Nach den mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen Prof. Dr. Q im Senatstermin handelte es sich bei der Verwendung des Fixateur externe um das in der konkreten Situation einzig fachgerechte Verfahren. Diese Feststellung steht weder im Widerspruch zu den Ausführungen in seinem schriftlichen Gutachten noch wird sie durch das im Verfahren vor der Gutachterkommission erstellte Gutachten des Sachverständigen Prof. L infrage gestellt. Aus dessen Darstellung geht nicht hervor, dass ein Fixateur externe nur zur Notfallversorgung angewendet wird. Vielmehr beschreibt der Sachverständige Prof. L in seinem Gutachten in Übereinstimmung mit dem gerichtlich bestellten Sachverständigen nachvollziehbar, dass die Versorgung des Verrenkungsbruchs unmittelbar nach dem Unfall mittels Fixateur externe durchgeführt worden ist. Diese Vorgehensweise sei aufgrund „prekärer Hautverhältnisse“ erfolgt. Diese Feststellung steht im Einklang mit den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, der schon in seinem schriftlichen Gutachten darauf hingewiesen hat, dass vorliegend das „übliche Vorgehen“ einer internen Osteosynthese ungeeignet gewesen sei.
28Der Sachverständige Prof. Dr. Q hat auch nachvollziehbar erläutert, dass die Wahl des fixateur externe aufgrund der schwierigen Weichteilverhältnisse, der Schuppenflechte im Bereich des Bruches und der Adipositas des Klägers indiziert gewesen ist.
29Er hat bereits im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens im Kammertermin vor dem Landgericht die Vorgehensweise der Beklagten zu 1) damit gerechtfertigt, dass kritische Weichteilverhältnisse vorgelegen hätten, die auf den Röntgenbildern, die einen nicht unerheblichen Weichteilschaden in Form einer Verschiebung der Fragmente gezeigt hätten, zu sehen seien. Im Rahmen der mündlichen Erläuterung im Senatstermin hat der Sachverständige diese Feststellungen noch einmal dahingehend erläutert, dass bei einem Verrenkungsbruch regelmäßig schwierige Weichteilverhältnisse vorliegen, da die Luxation zum Anschwellen der Weichteile führe. Das mache eine Osteosynthese problematisch, die erst wieder in Betracht zu ziehen sei, wenn sich die Weichteilverhältnisse wieder gebessert hätten. Insoweit hat der Verweis des Klägers auf den sechs Monate nach dem Unfall erstellten Befundbericht der radiologischen Untersuchung durch die Beklagte zu 2) vom 30.8.2004, in dem regelrechte Weichteilverhältnisse bestätigt worden sind, keinerlei Relevanz. Der Sachverständige hat auch plausibel erklärt, dass das wegen der beim Kläger bestehenden Schuppenflechte erhöhte Infektionsrisiko die Verwendung des Fixateur externe zwingend notwendig gemacht hat. Da bei dieser Vorgehensweise das Gelenk nicht betroffen werde, sei eine möglicherweise auftretende Infektion – anders als bei der Osteosynthese – besser beherrschbar. Demgegenüber trifft die Annahme des Klägers, die Schuppenflechte sei unbedeutend gewesen, nicht zu. In dem Operationsbericht vom 02.03.2004 wird die von der Beklagten zu 1) gewählte Vorgehensweise ausdrücklich auch mit der Schuppenflechte begründet. Schließlich hat der Sachverständige auch darauf hingewiesen, dass das Übergewicht des Klägers die Verwendung des Fixateur externe indiziert hat. Seine Erklärung, die Adipositas des Klägers hätte zu einer unverhältnismäßigen Beanspruchung bei einer Osteosynthese geführt, ist für den Senat unmittelbar einleuchtend.
30bb) Eine Haftung der Beklagten zu 1) kann auch nicht mit einer fehlerhaften Aufklärung des Klägers über den durchgeführten Eingriff begründet werden. Zwar lässt sich dem vom Kläger unterzeichneten Aufklärungsbogen nicht entnehmen, dass er vor der Operation am 2.3.2004 über die gewählte Vorgehensweise mittels eines Fixateur externe aufgeklärt worden ist und konnte sich der Kläger – wie er im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch den Senat angegeben hat – nicht mehr an ein Aufklärungsgespräch erinnern. Gleichwohl wäre eine unterbliebene Aufklärung vorliegend nicht relevant. Verstöße gegen die Eingriffsaufklärung führen
31nur dann zu einer Haftung, wenn sie sich nachteilig auswirken. Das ist dann nicht der Fall, wenn der Patient auch im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung – so oder so – in die Behandlung eingewilligt hätte. Davon ist hier auszugehen. Der Kläger selbst hat im Senatstermin angegeben, dass er die Vorgehensweise akzeptiert hätte, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass nur diese Möglichkeit in Betracht komme.
32cc) Die postoperative Behandlung des Klägers im Haus der Beklagten zu 1) ist nicht fehlerhaft erfolgt. Entgegen der Meinung des Klägers, ist seine Entlassung nicht zu früh erfolgt. Auch ist nicht zu spät auf die Infektion im Bereich des Fixateuerpins reagiert worden.
33aaa) Der Einwand des Klägers, angesichts der verschiedenen Risikofaktoren wie u. a. seine Adipositas und die ungünstigen Hautverhältnisse sowie die Kompliziertheit der Fraktur hätte er nicht bereits am 9.3.2004 aus der stationären Behandlung bei der Beklagten zu 1) entlassen werden dürfen, weil die notwendige Überwachung ambulant nicht durchzuführen gewesen sei, ist unbegründet. Der Sachverständige hat im Senatstermin dazu eindeutig erklärt, dass ein Patient, der mit einem Fixateur externe versorgt sei, auch ambulant weiter behandelt werden könne. Diese ambulante Behandlung sei hier auch regelgerecht erfolgt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass postoperativ seitens der Beklagten zu 1) etwas unterlassen worden sei.
34bbb) Soweit der Kläger weiterhin rügt, es sei erst am 22.4.2004 auf die Infektion im Bereich des Fixateurpins reagiert worden, begründet auch dies nicht den Vorwurf eines Behandlungsfehlers. Der Senat folgt insoweit der Erklärung des Sachverständigen Prof. Dr. Q, der im Senatstermin ausgeführt hat, dass das übliche Intervall für eine Wiedereinbestellung eines Patienten mit einem Fixateur von 7-10 Tagen eingehalten worden sei. Auf die Infektion sei mit der Entfernung des Fixateur externe zutreffend reagiert worden. Dass diese Reaktion verspätet erfolgt ist, lässt sich nicht feststellen. Soweit der Kläger vorgetragen hat, es sei eine wässrige Flüssigkeit ausgetreten, erfordert dies nach den Erläuterungen des Sachverständigen noch keine unmittelbare Reaktion, da der Austritt von Flüssigkeiten aus der Wunde normal sei. Der Beklagte zu 1) hat auf den Austritt
35eines eitrigen Sekrets, das auf eine Infektion hindeutete, unverzüglich reagiert. Das ergibt sich bereits aus der Aussage der Zeugin T, die in ihrer Vernehmung durch den Senat bekundet hat, dass erst am Abend vor der Wiedervorstellung des Klägers im Krankenhaus Eiter aus der Wunde ausgetreten sei. Der Sachverständige hat dazu ergänzend erklärt, dass ihm der Kläger selbst berichtet habe, dass die eitrige Flüssigkeit erst am Abend, bevor er wieder ins Krankenhaus gegangen sei, ausgetreten sei.
36c) Auch hinsichtlich der ärztlichen Behandlung durch die Beklagte zu 2) ist weder ein Fehler noch ein Aufklärungsversäumnis feststellbar.
37aa) Entgegen der Meinung des Klägers ist kein Behandlungsfehler darin zu sehen, dass bei der Operation vom 11.8.2004 nur das obere und nicht zugleich auch das untere Sprunggelenk versteift worden ist. Der Senat folgt der Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen, der nachvollziehbar erklärt hat, es habe zum Zeitpunkt dieser Operation keine Indikation für eine Versteifung auch des unteren Sprunggelenks gegeben. Der Sachverständige hat zur Begründung ausgeführt, dass das schrittweise Vorgehen bei der Versteifung des Sprunggelenks regelgerecht gewesen sei. Eine Gesamtversteifung sei nicht wünschenswert gewesen, da eine Restbeweglichkeit erhalten werden sollte. Darüber hinaus habe das durchgeführte Szintigramm gezeigt, dass das untere Sprunggelenk noch nicht betroffen gewesen sei. Entgegen der Meinung des Klägers ist darin kein Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. y zu sehen. Dieser hatte in seinem für die Gutachterkommission erstellten Gutachten ausgeführt, dass er nicht nachvollziehen könne, dass trotz Veränderungen im unteren Sprunggelenk nur das obere Sprunggelenk versteift worden sei. Allerdings muss in diesem Zusammenhang die Stellungnahme der BG-Kliniken C vom 16.7.2004 gesehen werden, in der nur von geringen Veränderungen im Bereich des unteren Sprunggelenks die Rede ist. Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung des Senats allein die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. Q zutreffend.
38bb) Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die Versteifungsoperation nicht fachgerecht durchgeführt worden ist. Nach Feststellung des Sachverständigen ist die Fehlstellung des linken Fußes nicht durch die Arthrodese des oberen Sprunggelenks, sondern aufgrund einer Vorschädigung der Knochen eingetreten.
39cc) Der weitere Einwand des Klägers, bei der Arthrodese des unteren Sprunggelenks sei fehlerhaft nicht auch eine vollständige Korrektur der Fehlstellung vorgenommen worden, so dass eine weitere Operation zur Korrektur erforderlich geworden sei, ist ebenfalls unbegründet. Der Senat folgt auch insoweit den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. Q, der nachvollziehbar darauf hingewiesen hat, dass die Korrektur der Fehlstellung nicht zugleich mit der Versteifung durchgeführt werden konnte. Dass die Operation möglicherweise – worauf der Sachverständige Prof. Dr. y in seiner Stellungnahme vom 18.08.2008 hingewiesen hat – anders geplant war, ist demgegenüber unerheblich.
40dd) Schließlich ist auch die vom Kläger erhobene Aufklärungsrüge unbegründet. Soweit er vorgetragen hat, er sei über das Risiko einer Achsfehlstellung bei einer Kompression-Arthrodese mittels Ring-Fixateur nicht aufgeklärt worden, steht diese Behauptung in Widerspruch zum Inhalt des Aufklärungsbogens vom 4.8.2004. Darin ist das besondere Risiko einer Achs-und Rotationsfehlstellung erwähnt worden. Sein weiterer pauschaler Einwand, der Beklagten zu 2) sei eine Aufklärungspflichtverletzung vorzuwerfen, ist unbeachtlich. Inwiefern dies der Fall sein soll, hat der Kläger nicht näher dargelegt. Seine bloße Behauptung, er könne sich nicht daran erinnern, dass in dem Aufklärungsbogen bei der Unterzeichnung bereits handschriftliche Eintragungen vorhanden gewesen seien, so dass dies zu bestreiten sei, ist nach Auffassung des Senats unzureichend.
413. Die Ausführungen des Klägers in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 22.1.2014 geben keine Veranlassung, gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Der Kläger fasst darin unter Wiederholung seiner wesentlichen Einwendungen lediglich sein bisheriges Vorbringen zusammen und beantragt erneut die Einholung eines Obergutachtens. Eine weitere Beweisaufnahme ist jedoch – wie oben dargelegt – nicht erforderlich.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708, 711 ZPO.
43Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind solche des Einzelfalls.
44ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 18. Feb. 2014 - 26 U 147/12
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Referenzen - Gesetze
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
- 1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.