Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 14. Juli 2016 - 2 Ausl 93/16
Gericht
Tenor
1.)
Die Auslieferung des Verfolgten nach Rumänien zur Strafvollstreckung wegen der ihm in dem Europäischen Haftbefehl der Amtsstaatsanwaltschaft Varna vom 12.05.2016 (P-43/2014) zur Last gelegten Tat ist zulässig.
2.)
Die Fortdauer der Auslieferungshaft wird angeordnet.
1
Gründe:
2I.
3Die bulgarischen Behörden ersuchen auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls der Amtsstaatsanwaltschaft in Varna vom 12.05.2016 (P-43/2014) um Auslieferung des Verfolgten zur Strafvollstreckung. Der Haftbefehl gründet sich auf das seit dem 28.01.2014 rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Varna (P-43/2014), durch das der Verfolgte wegen Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden ist, die er noch vollständig zu verbüßen hat.
4Mit dem Urteil wird dem Verfolgten zur Last gelegt, sich in A an einem unbekannten Tag im August 2012 den Pkw Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen #####, der im Eigentum des X steht, rechtswidrig zugeeignet zu haben, indem er diesen für sich selbst nutzte.
5Das Urteil ist in Abwesenheit des Verfolgten ergangen.
6Vollstreckungsverjährung tritt nach bulgarischem Recht nicht vor Ablauf des 28.01.2019 ein.
7Der auch in Deutschland seit 2014 bereits sechsmal strafrechtlich in Erscheinung getretene Verfolgte ist am 30.05.2016 vorläufig festgenommen worden, als er im Rahmen einer häuslichen Gewaltauseinandersetzung von der herbeigerufenen Polizei kontrolliert wurde, und befindet sich seither aufgrund der Festhalteanordnung des Amtsgerichts Hagen vom 31.05.2016 in der Justizvollzugsanstalt Hagen.
8In seiner Anhörung durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Hagen am 31.05.2016 hat der Verfolgte zu seinen persönlichen Verhältnissen angegeben, von Beruf Taxifahrer zu sein. Er habe in Deutschland einen Minijob und verdiene 320,-- €. Er habe einen Vertrag, könne sich aber an den Namen der Firma nicht erinnern. Er glaube, es sei ein Serbe.
9Der Verfolgte hat Einwendungen gegen die Auslieferung erhoben. Zum Tatvorwurf hat er angegeben, bei dem Fahrzeugeigentümer handle es sich um seinen Stiefvater. Mit diesem habe er eine Auseinandersetzung bezüglich des Fahrzeuges gehabt. Weshalb es zu einem gerichtlichen Verfahren gekommen sei, wisse er nicht.
10Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Schreiben vom 08.06.2016 die bulgarischen Behörden um die Zusicherung ersucht, dass der Verfolgte seine Strafe in einer menschenrechtskonformen Justizvollzugsanstalt unter adäquaten Bedingungen verbüßen wird.
11Der Senat hat mit Beschluss vom 09.06.2016 gegen den Verfolgten die förmliche Auslieferungshaft angeordnet.
12Bei der Anhörung durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Hagen am 22.06.2016 anlässlich der Verkündung des förmlichen Auslieferungshaftbefehls hat der Verfolgte zu seinen persönlichen Verhältnissen ergänzend angegeben, er sei mit einer Bulgarin verheiratet, mit der er zusammen in Y wohne. Er habe zwei Kinder im Alter von 14 und 18 Jahren, die beide zur Schule gingen. Er sei seit vier Jahren in Deutschland. Von seiner Familie seien noch seine Mutter, Tante, Schwester und Bruder in Deutschland. Mutter, Tante und Schwester wohnten in Z, der Rest wohne in Y.
13Der Verfolgte hat erneut der Auslieferung widersprochen und erklärt, er wolle in Deutschland bleiben.
14Die bulgarischen Behörden haben mit Zuschrift vom 06.06.2016, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zugesichert, dass der Verfolgte auf seinen Antrag hin das Recht auf ein neues Verfahren habe, in der der ihm gemachte Tatvorwurf vollumfänglich überprüft werde.
15Zugleich haben die bulgarischen Behörden in der vorgenannten Zuschrift mitgeteilt, dass der Verfolgte, da er aufgrund eines Europäischen Haftbefehls ausgeliefert werde, in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht werde, deren Schlafräume über eine Fläche von 4 m² pro Person, direktes Tageslicht, natürliche Belüftung sowie eine eigene Sanitärzelle verfügten.
16Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 17.05.2016 (Anm. des Senats: Das Datum ist offensichtlich unrichtig; die Zuschrift ist am 29.06.2016 bei dem Senat eingegangen) beantragt, die Auslieferung des Verfolgten nach Rumänien zur Strafvollstreckung wegen der ihm in dem Europäischen Haftbefehl der Amtsstaatsanwaltschaft Varna vom 12.05.2016 (P-43/2014) zur Last gelegten Tat für zulässig zu erklären.
17Der Verfolgte hat hierzu mit Schriftsatz seines Beistandes Rechtsanwalt C vom 11.07.2016, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Stellung genommen.
18II.
19Entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft war gem. § 29 IRG die Zulässigkeit der Auslieferung des Verfolgten nach Bulgarien zur Strafvollstreckung auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls der Amtsstaatsanwaltschaft Varna vom 12.05.2016 (P-43/2014) festzustellen.
20Der Verfolgte ist nach eigenen Angaben und nach dem Akteninhalt ausschließlich bulgarischer Staatsangehöriger.
21Die Auslieferungsfähigkeit der dem Verfolgten vorgeworfenen Straftat ergibt sich aus § 81 Nr. 2 und Nr. 4 IRG. Die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ist sowohl nach Art. 206 Abs. 1 des bulgarischen Strafgesetzbuches als auch nach § 246 Abs. 2 des deutschen Strafgesetzbuches als veruntreuende Unterschlagung strafbar. Zudem beträgt die noch zu verbüßende Freiheitsstrafe mehr als vier Monate.
22Soweit das Urteil in Abwesenheit des Verfolgten verkündet worden ist, steht dies der Auslieferung nicht entgegen, weil die bulgarischen Behörden dem Verfolgten – zuletzt mit Zuschrift vom 06.06.2016 - das Recht auf ein neues Verfahren, in dem der ihm gemachte Vorwurf vollumfänglich überprüft wird, zugesichert haben. Diese Zusicherung stellt eine ausreichende Gewähr dar, die den Anforderungen des § 83 Abs. 4 IRG genügt. Entgegen der Auffassung des Verfolgten im Schriftsatz seines Beistandes vom 11.07.2016 ist die Zusicherung weder „reichlich nebulös“ noch „höchst ungewöhnlich“. Das Erfordernis einer solchen Zusicherung ergibt sich bei einer Verurteilung des Verfolgten in Abwesenheit und bei Fehlen der Voraussetzungen des § 83 Abs. 1 – 3 IRG unmittelbar aus § 83 Abs. 4 IRG und entspricht daher der üblichen Vorgehensweise in derartigen Verfahren. Darüber hinaus haben die bulgarischen Behörden unter Darlegung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen der bulgarischen Strafprozessordnung und der Darstellung des prozessualen Verfahrens im Einzelnen dargelegt, wie die Wiederaufnahme des Verfahrens ausgestaltet ist. Soweit der Verfolgte weiter meint, dass in einem solchen Fall das in Abwesenheit ergangene Urteil vorab aufgehoben werden müsste, mit der Folge, dass dann der Grund für die Auslieferung entfiele, geht dieses Vorbringen ins Leere. Der Verfolgte verkennt, dass das Urteil solange in Kraft bleibt, bis er nach der Auslieferung und der dabei erfolgenden Aushändigung des Urteils einen entsprechenden Antrag auf Durchführung einer neuen Gerichtsverhandlung stellt.
23Soweit der Verfolgte weiter meint, sein Stiefvater habe die Strafanzeige zurückgenommen und es ihm nicht bekannt sei, ob das bulgarische Strafrecht die Tat als Offizialdelikt verfolge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung, da eine Tatverdachtsprüfung durch den Senat grundsätzlich nicht stattfindet, § 10 Abs. 2 IRG.
24Auch die Haftbedingungen in Bulgarien stehen der Auslieferung des Verfolgten zur Strafvollstreckung nicht entgegen. Die Auslieferung des Verfolgten ist mit wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung vereinbar, § 73 IRG.
25Ein Verstoß gegen grundrechtsgleiche und rechtsstaatliche Garantien kann wegen der grundsätzlichen, im vertraglichen Bereich bestehenden Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Auslieferung und der Achtung und dem Respekt vor fremden Rechtsordnungen nur beschränkt auf eine Verletzung ihres Kernbereichs zu einem Auslieferungshindernis führen, wobei hierfür maßgeblich ist, ob die Auslieferung und ihr zugrundeliegende Akte gegen den nach Art. 25 GG völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard sowie gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze der öffentlichen Ordnung verstoßen würde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10. September 2013, 2 Ausl 95/11, juris). Damit ist eine Auslieferung unzulässig, wenn diese fundamentalen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung oder dem völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard auf dem Gebiet der Menschenrechte widerspricht (vgl. BVerfG NJW 1975, 1; OLG Karlsruhe, NStZ 2005, 351; OLG Hamm, StV 2008, 648; OLG Düsseldorf, NJW 1990, 1429). Das ist der Fall, wenn der ersuchte Staat mit einer Rechtshilfehandlung dazu beitragen würde, dass der Ausgelieferte der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe ausgesetzt würde. Diese Mindestvoraussetzungen gehören inzwischen zum festen Bestand des völkerrechtlichen Menschenrechtsschutzes (vgl. BVerfG, StV 2004, 440).
26Nach diesen Maßstäben wäre eine Auslieferung des Verfolgten nach Bulgarien unzulässig, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die ihn dort in der Haft erwartenden Haftbedingungen völkerrechtlichen Mindeststandards nicht genügten.
27Dies ist indes nicht der Fall.
28Die bulgarischen Behörden in Form der Bezirksstaatsanwaltschaft Varna haben mit Zuschrift vom 06.06.2016 konkret auf den Verfolgten bezogen zugesichert, dass der Verfolgte bei Verbüßung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe in einem Schlafraum mit einer Fläche von 4 m² pro untergebrachter Person, mit direktem Zugang zu Tageslicht, mit natürlicher Belüftung und mit eigenem Sanitärraum untergebracht werden wird. Diese zugesagten Haftbedingungen genügen den Anforderungen an die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 im Hinblick auf die Behandlung von Gefangenen und die Empfehlungen des Europarats hinsichtlich der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze vom 11. Januar 2006 (Empfehlung Rec(2006)2). Zugleich haben die bulgarischen Behörden in der vorgenannten Zuschrift zugesichert, dass die gegebenen Garantien für die Unterbringung unter den vorgenannten Bedingungen für die gesamte Dauer der verhängten Freiheitsstrafe gelten. Dies ergibt sich aus den Angaben in der Anlage „Erklärung über die Bedingungen für die Unterbringung von Personen, die den bulgarischen Behörden auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls übergeben sind“ zur Zuschrift der bulgarischen Behörden vom 06.06.2016, aus der sich eindeutig ergibt, dass Personen, die aufgrund eines Europäischen Haftbefehls an die bulgarischen Behörden ausgeliefert werden, eine bevorzugte, von den üblichen Haftbedingungen abweichende und bessere Haftunterbringung gewährt wird, wenn – wie im vorliegenden Fall – der ersuchte Staat um entsprechende Garantien gebeten hat.
29Nach alledem hat der Senat keinerlei Bedenken, dass die den Verfolgten treffenden Haftbedingungen den europäischen Mindeststandards genügen werden. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Verfolgte die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe „bei vorläufigem strengen Regime“ zu verbüßen hat. Wie dem Senat aus anderen Auslieferungsverfahren betreffend Bulgarien bekannt ist, bedeutet dies lediglich, dass der Verfolgte seine Strafe – anfänglich - im geschlossenen Vollzug wird verbüßen müssen. Eine unmenschliche Behandlung, die mit wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung nicht im Sinne des § 73 IRG vereinbar wäre, ist hierin nicht zu erkennen. Letztlich liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Zusicherungen der bulgarischen Behörden nicht belastbar sind.
30Die diesbezüglichen Einwendungen des Verfolgten in der Zuschrift seines Beistandes vom 11.07.2016 rechtfertigen keine andere Beurteilung; entgegen der Auffassung des Verfolgten ist auch die Zusicherung der bulgarischen Behörden, dass der jederzeitige Besuch von deutschen Konsularbeamten möglich ist, nicht ungewöhnlich, sondern entspricht – soweit dies, wie hier, gefordert wird – den üblichen Gepflogenheiten. Die Belastbarkeit der Zusicherung der bulgarischen Behörden wird daher hierdurch – wie der Verfolgte wohl meint – nicht in Frage gestellt, sondern im Gegenteil bekräftigt.
31Die Absicht der Generalstaatsanwaltschaft, keine Bewilligungshindernisse nach § 83b IRG geltend zu machen, lässt Rechts- und/oder Ermessensfehler nicht erkennen. Insbesondere steht der Auslieferung des Verfolgten kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland im Sinne von § 83 b Abs. 2 Nr. 2 IRG entgegen. Zwar hat der Verfolgte seinen eigenen Angaben zufolge in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, da er hier mit seiner Frau und seinen zwei Kindern zusammenlebt sowie einer legalen – wenn auch geringfügigen - Berufstätigkeit nachgeht. Ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an einer Vollstreckung in Deutschland ergibt sich allein hieraus, sowie aus dem Umstand dass ein Teil seiner Verwandten ebenfalls in Deutschland lebt, jedoch nicht. Der Verfolgte hat in Deutschland bislang keine länger andauernden, stabilen beruflichen Bindungen begründet und verfügt über keine ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache. Letztlich ist nicht ersichtlich, dass sich die Resozialisierungschancen des Verfolgten – der auch Deutschland bereits mehrmals strafrechtlich in Erscheinung getreten ist - im Falle einer Inlandsvollstreckung wesentlich erhöhen.
32III.
33Gegen den Verfolgten war die Fortdauer der förmlichen Auslieferungshaft gemäß § 26 Abs. 1 IRG anzuordnen.
34Die Auslieferung des Verfolgten zur Strafvollstreckung nach Bulgarien ist – wie oben dargelegt – zulässig.
35Der im Senatsbeschluss vom 09.06.2016 aufgeführte Haftgrund der Fluchtgefahr gilt unverändert fort. Es ist nach wie vor nicht zu erwarten, dass sich der Verfolgte, der im Falle der Auslieferung mit der Verbüßung einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen hat, dem Verfahren stellen wird. Demnach sind auch mildere Maßnahmen als der Vollzug der Auslieferungshaft nicht gerechtfertigt. Der weitere Vollzug der Auslieferungshaft steht auch nach wie vor nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der in Bulgarien zu vollstreckenden Strafe.
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(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist.
(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts auch dann beantragen, wenn sich der Verfolgte mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.
§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass
- 1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist, - 2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt, - 3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates, - 4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.
(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn
- 1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann, - 2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder - 3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder - 4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.
(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn
- 1.
die verurteilte Person - a)
rechtzeitig - aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder - bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
- b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
- 2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder - 3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.
(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils
- 1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder - 2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.
(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat ein Haftbefehl, eine Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung oder ein vollstreckbares, eine Freiheitsentziehung anordnendes Erkenntnis einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates und eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen vorgelegt worden sind. Wird um Auslieferung zur Verfolgung mehrerer Taten ersucht, so genügt hinsichtlich der weiteren Taten anstelle eines Haftbefehls oder einer Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung die Urkunde einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates, aus der sich die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ergibt.
(2) Geben besondere Umstände des Falles Anlaß zu der Prüfung, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint, so ist die Auslieferung ferner nur zulässig, wenn eine Darstellung der Tatsachen vorgelegt worden ist, aus denen sich der hinreichende Tatverdacht ergibt.
(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion, die in einem dritten Staat verhängt wurde, ist nur zulässig, wenn
- 1.
das vollstreckbare, eine Freiheitsentziehung anordnende Erkenntnis und eine Urkunde des dritten Staates, aus der sich sein Einverständnis mit der Vollstreckung durch den Staat ergibt, der die Vollstreckung übernommen hat, - 2.
eine Urkunde einer zuständigen Stelle des Staates, der die Vollstreckung übernommen hat, nach der die Strafe oder sonstige Sanktion dort vollstreckbar ist, - 3.
eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen sowie - 4.
im Fall des Absatzes 2 eine Darstellung im Sinne dieser Vorschrift
Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.
(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn
- 1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird, - 2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde, - 3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll, - 4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.
(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn
- 1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre, - 2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.
(1) Befindet sich der Verfolgte in Auslieferungshaft, so entscheidet das Oberlandesgericht über deren Fortdauer, wenn der Verfolgte seit dem Tag der Ergreifung, der vorläufigen Festnahme oder der letzten Entscheidung über die Fortdauer der Haft insgesamt zwei Monate zum Zweck der Auslieferung in Haft ist. Die Haftprüfung wird jeweils nach zwei Monaten wiederholt. Das Oberlandesgericht kann anordnen, daß die Haftprüfung innerhalb einer kürzeren Frist vorgenommen wird.
(2) Befindet sich der Verfolgte in vorläufiger Auslieferungshaft oder in einstweiliger Unterbringung in einem Erziehungsheim (§ 71 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes), so gilt Absatz 1 entsprechend.