Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 02. Juli 2014 - 15 W 51/14
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist nach den §§ 71, 73 GBO zulässig und führt – allerdings lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen – zur Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügung.
3Denn die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO liegen nicht vor. Durch den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 GBO sollen dem Antragsteller der Rang und die sonstigen Rechtswirkungen erhalten bleiben, die sich nach dem Eingang des Antrags richten und die durch die sofortige Zurückweisung verloren gingen (BayObLG, NJW-RR 2004, 1533, 1534). § 18 GBO bezieht sich daher nur auf die Beseitigung eines der Eintragung entgegenstehenden Hindernisses und ist nicht anwendbar, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zulässig, mit einer Zwischenverfügung auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hinzuwirken, das Grundlage der einzutragenden Rechtsänderung sein soll, weil sonst die beantragte Eintragung einen ihr nicht gebührenden Rang erhielte (vgl. BGH FGPrax 2014, 2).
4So liegen die Dinge hier: Die zum Vollzug eingereichte notarielle Urkunde vom 31.08.2012 zielt auf eine Übertragung des bisher den Beteiligten gesamthänderisch in Erbengemeinschaft zustehenden Eigentums an den genannten Grundstücken auf eine von ihnen neu gegründete BGB-Gesellschaft. Das Grundbuchamt hält die beurkundeten rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Beteiligten im Hinblick auf die Bewirkung dieser Eigentumsübertragung inhaltlich für unzureichend und hat deshalb als Mittel zur Behebung des Eintragungshindernisses eine Auflassung der Grundstücke an die BGB-Gesellschaft bezeichnet. Im Rahmen der nachfolgenden Überprüfung der Eingaben des Urkundsnotars hat das Grundbuchamt auch eine Erbteilsübertragung auf die BGB-Gesellschaft als Möglichkeit der Behebung des Eintragungshindernisses anerkannt. Mag in der zweitgenannten Alternative materiell-rechtlich der Eigentumswechsel außerhalb des Grundbuchs eintreten, so dass die Eigentümereintragung im Grundbuch lediglich berichtigenden Charakter hat, so bleibt es auch hier dabei, dass die Zwischenverfügung in unzulässiger Weise darauf gerichtet ist, dass ein aus Sicht des Grundbuchamtes erforderliches Rechtsgeschäft erst noch vorgenommen wird. Die Zwischenverfügung ist allein aus diesen verfahrensrechtlichen Gründen im Beschwerdeverfahren aufzuheben (BGH a.a.O.).
5Der Senat weist für das weitere Verfahren darauf hin, dass er den sachlichen Standpunkt des Grundbuchamtes für zutreffend hält. In § 2 der notariellen Urkunde vom 31.08.2012 haben die Beteiligten erklärt, ihren jeweiligen „1/6 Erbanteil an den in § 1 näher beschriebenen Grundbesitzungen“ an die L GbR einzubringen und den jeweiligen 1/6 Erbanteil an diese Gesellschaft mit sofortiger dinglicher Wirkung zu übertragen. Nach § 2033 Abs. 1 BGB kann ein Miterbe über seinen Anteil am Nachlass verfügen, nach Abs. 2 der Vorschrift jedoch nicht über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen. Diese dingliche Beschränkung ist die Konsequenz der gesamthänderischen Beteiligung sämtlicher Miterben am gesamten Nachlass. Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann die notarielle Urkunde vom 31.08.2012 im Grundbucheintragungsverfahren nicht dahin ausgelegt werden, dass entgegen der gewählten Formulierung nicht die jeweiligen Anteile an den genannten Grundstücken, sondern der Erbanteil der Beteiligten insgesamt übertragen werden soll. Denn die Beschränkung der Erklärung auf den Anteil an den Grundstücken ergibt sich nicht lediglich aus § 2 der Urkunde, sondern wird in § 3 der Urkunde noch zweimal wiederholt, wenn es dort heißt, dass die Beteiligten ihre jeweiligen 1/6 Anteile an den bezeichneten Grundstücken in die Gesellschaft einbringen und insoweit ihre Anteile an den Grundstücken der Gesellschaft „überlassen“. Der Hinweis der Beschwerde darauf, dass es in § 2 a.E. der notariellen Urkunden heißt, die Übertragung erfolge „unter Auflösung der Erbengemeinschaft“, führt in diesem Zusammenhang nicht weiter, weil der Begriff der Auflösung (Liquidation) einen schuldrechtlichen Vorgang innerhalb der Erbengemeinschaft bezeichnet, der allein keinen Aufschluss über den dinglichen Übertragungsgegenstand gibt, zumal im Gesamtzusammenhang der vertraglichen Regelung die Schlussfolgerung näher liegt, dass auch insoweit eine gegenständliche Betrachtungsweise im Sinne einer Teilauflösung oder Teilauseinandersetzung gemeint ist. Der Hinweis der Beschwerde auf eine gewollte Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine BGB-Gesellschaft kann nicht als juristisch tragfähig bewertet werden. Denn die Erbengemeinschaft gehört nicht zu den Rechtsträgern, die nach § 191 Abs. 1 UmwG einen Wechsel der Rechtsform vornehmen können.
6Die Auslegung des Grundbuchamtes ist im Grundbucheintragungsverfahren auf die ihm zum Vollzug vorgelegte Urkunde beschränkt. Weitergehende tatsächliche Ermittlungen sind dem Grundbuchamt versagt. Insbesondere kann das Grundbuchamt nicht etwa die Beteiligten laden um festzustellen, welchen tatsächlichen übereinstimmenden Willen sie bei der Beurkundung ihrer Erklärungen verfolgt haben. Die Erklärungen der Beteiligten müssen im Grundbucheintragungsverfahren urkundlich so nachgewiesen werden, dass sie in der beurkundeten Fassung eine sichere Grundlage für die angestrebte Verlautbarung der rechtlichen Wirkungen im Grundbuch darstellen. Deshalb können die Interpretationsversuche der Beschwerde, die darauf abzielen, durch Heranziehung außerhalb der Urkunde liegender tatsächlicher Umstände (etwa das tatsächliche Vorbringen, der Nachlass habe nur aus den bezeichneten Grundstücken bestanden) den Erklärungen der Beteiligten eine von ihrem Wortlaut abweichende Bedeutung zu geben, nicht zum Erfolg führen.
7Eine Wertfestsetzung für das Verfahren der Beschwerde ist nicht veranlasst.
8Die Voraussetzung für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 GBO liegen nicht vor.
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(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.
(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.
(1) Die Beschwerde kann bei dem Grundbuchamt oder bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden.
(2) Die Beschwerde ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zur Niederschrift des Grundbuchamts oder der Geschäftsstelle des Beschwerdegerichts einzulegen. Für die Einlegung der Beschwerde durch die Übermittlung eines elektronischen Dokuments, die elektronische Gerichtsakte sowie das gerichtliche elektronische Dokument gilt § 14 Absatz 1 bis 3 und 5 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(1) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Im letzteren Fall ist der Antrag nach dem Ablauf der Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist.
(2) Wird vor der Erledigung des Antrags eine andere Eintragung beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so ist zugunsten des früher gestellten Antrags von Amts wegen eine Vormerkung oder ein Widerspruch einzutragen; die Eintragung gilt im Sinne des § 17 als Erledigung dieses Antrags. Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amts wegen gelöscht, wenn der früher gestellte Antrag zurückgewiesen wird.
(1) Formwechselnde Rechtsträger können sein:
- 1.
Personenhandelsgesellschaften (§ 3 Abs. 1 Nr. 1) und Partnerschaftsgesellschaften; - 2.
Kapitalgesellschaften (§ 3 Abs. 1 Nr. 2); - 3.
eingetragene Genossenschaften; - 4.
rechtsfähige Vereine; - 5.
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit; - 6.
Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts.
(2) Rechtsträger neuer Rechtsform können sein:
- 1.
Gesellschaften des bürgerlichen Rechts; - 2.
Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften; - 3.
Kapitalgesellschaften; - 4.
eingetragene Genossenschaften.
(3) Der Formwechsel ist auch bei aufgelösten Rechtsträgern möglich, wenn ihre Fortsetzung in der bisherigen Rechtsform beschlossen werden könnte.
(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.