Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 31. Aug. 2016 - 15 W 308/16
Tenor
Auf die Beschwerde wird die angefochtene Zwischenverfügung aufgehoben, soweit mit ihr das Fehlen eines Nachweises der Vertretungsberechtigung der Betreuerin der Beteiligten zu 1) beanstandet worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die beanstandete Zwischenverfügung im Hinblick auf den verlangten Zustellungsnachweis wie folgt klarstellend neu formuliert wird:
Dem Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung vom 10. Juni 2016 kann noch nicht entsprochen werden. Es steht folgendes Eintragungshindernis entgegen:
Die Voraussetzungen des Wirksamwerdens der betreuungsgerichtlichen Genehmigung durch den Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 15. April 2016 (23 XVII 207/08 L) gegenüber der Betreuerin der Beteiligten zu 1) (§§ 1908i Abs.1 S.1, 1828 BGB) und gegenüber der Beteiligten zu 2) (§§ 1908i Abs.1 S.1, 1829 Abs.1 S.2 BGB) sind nicht nachgewiesen.
Mittel zur Behebung des Eintragungshindernisses:
Vorlage eines gesiegelten Vermerks des Urkundsnotars
über den Erhalt des betreuungsgerichtlichen Beschlusses nebst Rechtskraftvermerk in seiner Eigenschaft als bevollmächtigter Vertreter der Betreuerin der Beteiligten zu 1),
über deren Mitteilung in seiner Eigenschaft als bevollmächtigter Vertreter der Betreuerin der Beteiligten zu 1) an ihn selbst als bevollmächtigten Vertreter der Beteiligten zu 2)
und
über den Empfang dieser Mitteilung in seiner Eigenschaft als bevollmächtigter Vertreter der Beteiligten zu 2).
Frist:
Vier Wochen nach Zustellung dieser Zwischenverfügung an den Notar
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
GRÜNDE:
2Die vom Urkundsnotar namens der Beteiligten, § 15 Abs. 2 GBO, eingelegte Beschwerde ist gemäß § 71 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
3In der Sache hat die Beschwerde teilweise Erfolg und führt – unter ihrer Zurückweisung im Übrigen – zur Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügung im Hinblick auf das zweite vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis.
4Das Grundbuchamt hat jedoch mit dem ersten Teil der Zwischenverfügung in der Sache zu Recht beanstandet, dass der beantragten Eintragung einer Auffassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 2) entgegensteht, dass die Voraussetzungen des Wirksamwerdens der betreuungsgerichtlichen Genehmigung weder im Hinblick auf die Betreuerin der Beteiligten zu 1) (§§ 1908i Abs.1 S.1,1828 BGB) noch im Hinblick auf die Beteiligte zu 2) (§§ 1908 i Abs.1 S.1, 1829 Abs. 1 S. 2 BGB) nachgewiesen sind. Im Interesse der grundbuchverfahrensrechtlich notwendigen Eindeutigkeit und Klarheit von Zwischenverfügungen, § 18 Abs. 1 GBO, insbesondere im Hinblick auf die Bezeichnung der Mittel zur Beseitigung des Eintragungshindernisses fasst der Senat zur Klarstellung die angefochtene Zwischenverfügung insoweit neu. Diese klarstellende Neuformulierung bedeutet insoweit keinen Teilerfolg der Beschwerde.
5Auch in Ansehung der dem Urkundsnotar in Abschnitt VII des notariell beurkundeten Vertrages vom 5. April 2016 erteilten Doppelvollmacht reicht es für den Nachweis der gesetzlich vorgeschriebenen Wirksamkeitsvoraussetzungen der §§ 1908 i Abs.1 S.1, 1828 und 1829 Abs.1 S.2 BGB nicht aus, dass der Doppelbevollmächtigte die Ausfertigung des Genehmigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk beim Grundbuchamt einreicht. Dies folgt insbesondere daraus, dass aus Rechtsgründen zwischen dem Erhalt der Genehmigung durch den bestellten Betreuer gemäß § 1828 BGB und dem Gebrauch der Genehmigung durch Mitteilung an den Vertragspartner, § 1829 Abs.1 S.2 BGB deswegen streng zu trennen ist, weil der Betreuer ein unverzichtbares Wahlrecht hat, ob er von der erhaltenen Genehmigung Gebrauch machen will oder nicht (vgl. allgemein Palandt/Götz, BGB, 75. Auflage, § 1828 Rn.1, Rn.6 und § 1829 Rn.4). Die Entscheidung, von der Genehmigung durch die Mitteilung an den Vertragspartner Gebrauch machen zu wollen, liegt nicht in dem Erhalt der Genehmigung gem. § 1828 BGB, sondern erfordert eine zusätzliche Willensentschließung und entsprechende Handlungsumsetzung. Diese Willensentschließung nebst deren Umsetzung muss im Interesse der Rechtssicherheit nach außen erkennbar werden. Während diese Erkennbarkeit nach außen in der Regel unproblematisch gewährleistet ist, wenn der mitteilende Betreuer und der empfangende Vertragspartner personenverschieden sind, gilt dies dann nicht, wenn der Betreuer und der Vertragspartner insoweit dieselbe Person bevollmächtigen. Diese doppelt bevollmächtigte Person muss sowohl den Willen zur Entgegennahme der Genehmigung gemäß § 1828 BGB als auch den davon – wie ausgeführt - zu trennenden Willen zur Mitteilung der erhaltenen Genehmigung nach außen deutlich machen (vgl. BayObLG FamRZ 1998, 1325). Hierfür reicht die Einreichung des Genehmigungsbeschlusses beim Grundbuchamt als Anlage zu einem Eintragungsantrag nicht aus. Denn hieraus ergibt sich nicht mit der notwendigen Klarheit, dass der doppelt bevollmächtigte Notar von der Genehmigung durch Mitteilung gemäß § 1829 Abs.1 S.2 BGB Gebrauch machen will. Dies muss der doppelt bevollmächtigte Notar vielmehr zusätzlich gesondert dokumentieren.
6Entgegen der mit der Beschwerde vertretenen Auffassung bedeutet die doppelte Zustellungsvollmacht nicht den Verzicht auf Zugangsnachweise. Die Doppelvollmacht soll vielmehr den Ablauf des Erhalts der Genehmigung durch den Betreuer, der Mitteilung durch diesen an den Vertragspartner und den Erhalt der Mitteilung durch diesen vereinfachen und beschleunigen. Die Notwendigkeit der Erkennbarkeit und des Nachweises dieser drei rechtlich streng voneinander zu trennenden Akte wird hierdurch nicht berührt.
7Die Beschwerde hat dagegen Erfolg, soweit das Grundbuchamt mit der beanstandeten Zwischenverfügung als weiteres Eintragungshindernis das Fehlen eines Nachweises der Vertretungsberechtigung der Betreuerin der Beteiligten zu 1) beanstandet hat.
8Zwar erfordert § 29 GBO auch den Nachweis der Vertretungsberechtigung in der grundbuchverfahrensrechtlich vorgeschriebenen Form. Ist der für einen Vertragsteil handelnde Vertreter ein Betreuer, ist sowohl seine Bestellung nachzuweisen als auch die Zugehörigkeit der abgegebenen Erklärung zum Aufgabenkreis (vgl. § 1896 Abs.2 BGB). Die Vorlage der gerichtlichen Bestellungsurkunde ist zwar hierfür geeignet; der erforderliche Nachweis kann aber auch in anderer Weise geführt werden. Die gesonderte Vorlage der Bestellungsurkunde stellt insbesondere dann eine unnötige Formalität dar, wenn zur Wirksamkeit der maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Erklärung mit Wirkung für und gegen den Betreuten eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist und wenn diese Genehmigung durch Vorlage des Genehmigungsbeschlusses nachgewiesen wird. Denn die betreuungsgerichtliche Genehmigung wird dem Betreuer für eine bestimmte Maßnahme nur erteilt, wenn für das Betreuungsgericht dessen wirksame Bestellung und die Zugehörigkeit zum Aufgabenkreis feststehen. Gibt der Genehmigungsbeschluss – wie vorliegend – die Stellung als Betreuer und den maßgeblichen Aufgabenkreis wieder, hat die Vorlage der Bestellungsurkunde weder formell noch inhaltlich einen darüber hinausgehenden Aussage- oder Beweiswert.
9Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 878 BGB. Denn vorliegend geht es um die Frage, in welcher Weise dem Grundbuchamt gegenüber die Vertretungsberechtigung des Betreuers nachzuweisen ist; es handelt sich nicht um eine Frage der Verfügungsberechtigung.
10Wegen des Teilerfolgs der Beschwerde ist eine Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nicht veranlasst, § 25 Abs.1 GNotKG.
11Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist aus tatsächlichen Gründen nicht veranlass.
12Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 61 Abs.1, 36 Abs.3 GNotKG.
13Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Abs.2 S.1 GBO liegen nicht vor.
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Referenzen - Gesetze
(1) Für die Eintragungsbewilligung und die sonstigen Erklärungen, die zu der Eintragung erforderlich sind und in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden, können sich die Beteiligten auch durch Personen vertreten lassen, die nicht nach § 10 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vertretungsbefugt sind. Dies gilt auch für die Entgegennahme von Eintragungsmitteilungen und Verfügungen des Grundbuchamtes nach § 18.
(2) Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zu beantragen.
(3) Die zu einer Eintragung erforderlichen Erklärungen sind vor ihrer Einreichung für das Grundbuchamt von einem Notar auf Eintragungsfähigkeit zu prüfen. Dies gilt nicht, wenn die Erklärung von einer öffentlichen Behörde abgegeben wird.
(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.
(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.
(1) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Im letzteren Fall ist der Antrag nach dem Ablauf der Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist.
(2) Wird vor der Erledigung des Antrags eine andere Eintragung beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so ist zugunsten des früher gestellten Antrags von Amts wegen eine Vormerkung oder ein Widerspruch einzutragen; die Eintragung gilt im Sinne des § 17 als Erledigung dieses Antrags. Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amts wegen gelöscht, wenn der früher gestellte Antrag zurückgewiesen wird.
(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.
(2) (weggefallen)
(3) Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.
Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 25 Kostenschuldner im Rechtsmittelverfahren, Gehörsrüge
(1) Die nach § 22 Absatz 1 begründete Haftung für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat oder die Kosten nicht von einem anderen Beteiligten übernommen worden sind.
(2) Richtet sich eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Betreuungsgerichts und ist sie von dem Betreuten oder dem Pflegling oder im Interesse dieser Personen eingelegt, so schuldet die Kosten nur derjenige, dem das Gericht die Kosten auferlegt hat. Entsprechendes gilt für ein sich anschließendes Rechtsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist für die Begründung Anträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Wert ist durch den Geschäftswert des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Gegenstandswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.
(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.