Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 01. Aug. 2014 - 15 W 127/14

Gericht
Tenor
Der Beteiligten zu 1) wird Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung ihrer Rechte im Aufgebotsverfahren bewilligt. Der angefochtene Ausschließungsbeschluss wird aufgehoben, soweit die Grundschuldbriefe zu den Grundschulden der ldf. Nrn.. 23 und 24 betroffen sind. In demselben Umfang wird der Antrag der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen.
Die öffentliche Zustellung dieses Beschlusses wird angeordnet.
Die Beteiligte zu 2) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 102.258,38 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2Die infolge der Wiedereinsetzung zulässige Beschwerde ist begründet.
3Infolge der Vorlage der Grundschuldbriefe zu den Grundschulden der laufenden Nrn. 23 und 24, deren Echtheit seitens der Beteiligten zu 2) nicht bestritten worden ist, ist das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung dieser Urkunden gegenstandslos, der Ausschließungsbeschluss dementsprechend aufzuheben.
4Allerdings war die erst mit der Beschwerde erfolgte Anmeldung verspätet. Die Anmeldung hätte gemäß § 438 FamFG spätestens bis zum Erlass des Ausschließungsbeschlusses
5beim Amtsgericht eingehen müssen. Erlassen ist der Beschluss nach der Legaldefinition des § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG mit der Übergabe des fertig abgefassten und unterschriebenen Beschlusses an die Geschäftsstelle (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2012, 3 Wx 301/11, zitiert nach juris Rn. 18; Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl., § 438, Rn. 4).
6Die Versäumung der Anmeldefrist war aber unverschuldet, so dass der Beteiligten zu 1) insoweit entsprechend § 439 Abs. 4 S. 1 FamFG i.V.m. §§ 17, 18 FamFG antragsgemäß auch insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war. Eine Wiedereinsetzung kommt auch bei Versäumung der Frist des § 438 FamFG in Betracht (Senat FGPrax 2014, 136f m.w.N.).
7Die Fristversäumung beruht nach den glaubhaft gemachten Angaben der Beteiligten zu 1) darauf, dass sie von dem Aufgebotsverfahren keine Kenntnis hatte. Diese Unkenntnis war auch unverschuldet. Das regelmäßige Lesen des elektronischen Bundesanzeigers oder der Aushänge an der Gerichtstafel gehört nicht zu den allgemeinen Obliegenheiten (Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 439, Rn. 9). Allein der Umstand, dass hier im Jahre 2011 die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet worden ist, ändert hieran nichts.
8Infolge der Wiedereinsetzung ist die Sache nunmehr so zu bewerten, als hätte die Beteiligte zu 1) ihre Rechte unter Vorlage der Urkunden innerhalb der Anmeldefrist geltend gemacht. Wird im Verfahren zur Kraftloserklärung einer angeblich abhanden gekommenen Urkunde jedoch die fragliche Urkunde vorgelegt, und bestreitet der Antragsteller deren Echtheit nicht, nachdem er von der Vorlage in Kenntnis gesetzt wurde und Gelegenheit zur Einsicht- und Stellungnahme hatte (§ 477 FamFG), so erledigt sich das Aufgebotsverfahren (Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 477, Rn. 2). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Infolge der Hauptsacheerledigung ist der Ausschließungsbeschluss betr. die Grundschuldbriefe zu den Rechten lfd. Nrn. 23 und 24 wirkungslos. Aufgrund des von ihm ausgehenden Rechtsscheins war er jedoch zur Klarstellung aufzuheben. Weiter musste der Aufgebotsantrag der Beteiligten zu 2) in
9demselben Umfang zurückgewiesen werden, nachdem sie keine Erledigungserklärung abgegeben hat.
10Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs.2 Nr.3 FamFG. Aufgrund der Vorlage der Urkunden durch die Beteiligte zu 1) unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens der Beteiligten zu 2) muss der Senat davon ausgehen, dass jedenfalls die Angaben der Beteiligten zu 2) zum Verbleib der Grundschuldbriefe schuldhaft unrichtig waren.
11Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 53 Abs. 1 GNotKG.
12Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs.2 FamFG) liegen nicht vor.

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Eine Anmeldung, die nach dem Anmeldezeitpunkt, jedoch vor dem Erlass des Ausschließungsbeschlusses erfolgt, ist als rechtzeitig anzusehen.
(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.
(2) Der Beschluss enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
die Beschlussformel.
(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.
(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit
- 1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist, - 2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder - 3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.
(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:
- 1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung; - 2.
in Abstammungssachen; - 3.
in Betreuungssachen; - 4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.
(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.
(1) Vor Erlass des Ausschließungsbeschlusses kann eine nähere Ermittlung, insbesondere die Versicherung der Wahrheit einer Behauptung des Antragstellers an Eides statt, angeordnet werden.
(2) Die Endentscheidung in Aufgebotssachen wird erst mit Rechtskraft wirksam.
(3) § 61 Abs. 1 ist nicht anzuwenden.
(4) Die Vorschriften über die Wiedereinsetzung finden mit der Maßgabe Anwendung, dass die Frist, nach deren Ablauf die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder bewilligt werden kann, abweichend von § 18 Abs. 3 fünf Jahre beträgt. Die Vorschriften über die Wiederaufnahme finden mit der Maßgabe Anwendung, dass die Erhebung der Klagen nach Ablauf von zehn Jahren, von dem Tag der Rechtskraft des Ausschließungsbeschlusses an gerechnet, unstatthaft ist.
(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.
(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.
(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.
Eine Anmeldung, die nach dem Anmeldezeitpunkt, jedoch vor dem Erlass des Ausschließungsbeschlusses erfolgt, ist als rechtzeitig anzusehen.
Meldet der Inhaber der Urkunde vor dem Erlass des Ausschließungsbeschlusses seine Rechte unter Vorlegung der Urkunde an, hat das Gericht den Antragsteller hiervon zu benachrichtigen und ihm innerhalb einer zu bestimmenden Frist die Möglichkeit zu geben, in die Urkunde Einsicht zu nehmen und eine Stellungnahme abzugeben.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist für die Begründung Anträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Wert ist durch den Geschäftswert des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Gegenstandswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.