Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 22. Sept. 2016 - 1 Vollz(Ws) 298/16
Gericht
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bochum zurückverwiesen.
Dem Betroffenen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B in C bewilligt.
1
Gründe:
2I.
3Der Betroffene verbüßt derzeit in der JVA Bochum zwei Freiheitsstrafen wegen sexueller Nötigung und Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.
4Nachdem der Betroffene ein im Jahr 2012 abgebrochenes Studium der Rechtswissenschaften an der Fernuniversität in I wieder aufgenommen hatte und er daher seit dem 04.01.2016 der ihm von dem Antragsgegner zugewiesenen Beschäftigung bei dem Betrieb J nicht mehr nachging, wurde er am 09.01.2016 aufgrund mehrfacher Arbeitsverweigerung von der Arbeit abgelöst und wird er seit dem 10.01.2016 von dem Antragsgegner als „verschuldet ohne Arbeit“ geführt. Am 12.02.2016 erhob der Antragsgegner für den Zeitraum vom 11.01.2016 bis zum 31.01.2016 einen Haftkostenbeitrag in Höhe von 292,98 Euro und am 11.03.2016 für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 29.02.2016 einen Haftkostenbeitrag in Höhe von 404,60 Euro.
5Die gegen diese Haftkostenerhebungen eingelegten Anträge des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung vom 12.02.2016 und vom 11.03.2016 hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurückgewiesen. Entsprechend § 39 Abs. 1 StVollzG NRW sei von dem Betroffenen ein Haftkostenbeitrag zu erheben. Einer der Ausnahmebestände des § 39 Abs. 2 StVollzG NRW liege nicht vor. Insbesondere sei - wie in der angefochtenen Entscheidung näher ausgeführt wird - der Betroffene trotz des von ihm ohne Genehmigung aufgenommenen und seine Resozialisierung zumindest nicht in stärkerem Maße als die Tätigkeit bei der Firma J fördernden Studiums nicht unverschuldet ohne Beschäftigung. Auch seien - so die Strafvollstreckungskammer unter Hinweis auf die vorgenannten Erwägungen - die Voraussetzungen für ein Absehen von der Erhebung eines Haftkostenbeitrages nach § 39 Abs. 3 StVollzG NRW nicht erfüllt. Schließlich sei auch der Einwand des Betroffenen nicht entscheidend, dass von einzelnen anderen Häftlingen kein Haftkostenbeitrag erhoben werde, obwohl diese vom Antragsgegner ebenfalls als verschuldet ohne Beschäftigung eingestuft worden seien.
6Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache - sofern diese noch nicht spruchreif sein sollte - zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
7Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde mangels Zulassungsgrundes für unzulässig.
8II.
9Die angesichts der am 13.06.2016 erfolgten Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den Betroffenen mit dem am 22.06.2016 bei dem Landgericht Bochum eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz vom 21.03.2016 form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde (§ 118 StVollzG) erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG (II.1.). Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache vorläufig Erfolg, insofern der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Bochum zurückzuverweisen war (II.2.).
101.
11Die Rechtsbeschwerde ist vorliegend zuzulassen, weil der allgemein anerkannte Zulassungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs durchgreift (vgl. Senatsbeschluss vom 16.07.2013 -III-1 Vollz (Ws) 256/13-, juris; Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 116 Rn. 3, jew. m. w. N.).
12a. Zwar kann sich der Betroffene nicht erfolgreich darauf berufen, dass in der angefochtenen Entscheidung nicht auch sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 22.04.2016 hinsichtlich einer am 20.04.2016 erfolgten Haftkostenerhebung in Höhe von 223,22 Euro für den Zeitraum vom 01.03.2016 bis zum 16.03.2016 beschieden worden ist. Denn die Strafvollstreckungskammer war nicht verpflichtet, über diesen - daher noch bei dem Landgericht Bochum anhängigen - Antrag gemeinsam mit den früheren Anträgen zu befinden.
13Auch trifft es nicht zu, dass sich der angefochtene Beschluss nicht zu dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 11.03.2016 verhält. Unter Ziffer I. der Entscheidungsgründe ist dieser Antrag ausdrücklich genannt sowie auf den diesbezüglichen Schriftsatz (Bl. 25 d.A.) verwiesen worden; es liegt daher nach Auffassung des Senats auf der Hand, dass sich die unter Ziffer II. dargestellten rechtlichen Erwägungen zu § 39 Abs. 1 - 3 StVollzG NRW auch auf diesen Antrag beziehen, zumal dort ausdrücklich auch das erstmals mit der diesbezüglichen Antragsschrift angeführte Argument berücksichtigt worden ist, dass es auch weitere Personen gebe, bei denen der Antragsgegner von einer verschuldeten Beschäftigungslosigkeit ausgehe, ohne Haftkostenbeiträge zu erheben.
14Ferner genügt das nicht innerhalb der am 13.07.2016 abgelaufenen Rechtsbeschwerdefrist erfolgte Vorbringen im anwaltlichen Schriftsatz vom 27.07.2016 zur Prüfung der Höhe der Haftkosten nicht den Anforderungen an eine frist- und formgerechte Verfahrensrüge gemäß der §§ 120 Abs. 1 StVollzG, 344 Abs. 2 StPO.
15b. Ordnungsgemäß und zutreffend hat der Betroffene hingegen mit der Rechtsbeschwerdeschrift vom 21.06.2016 geltend gemacht, dass in der angefochtenen Entscheidung nicht erkennbar berücksichtigt worden ist, dass er im gerichtlichen Verfahren - nämlich bereits mit der vom Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmenden Antragsschrift vom 12.02.2016 - auch auf das ihn betreffende Insolvenzverfahren hingewiesen hat. Damit hat die Strafvollstreckungskammer den Anspruch des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
16Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Gehörsverstoß beruht (hierzu vgl. Senatsbeschluss vom 16.07.2013, a.a.O.). Zwar ist allgemein anerkannt, dass die Auferlegung von Haftkosten nicht zwangsläufig die Wiedereingliederung des Verurteilten gefährdet, auch wenn dieser Schulden hat; zur Vermeidung einer Verletzung des Resozialisierungsgrundsatzes muss dieser Umstand jedoch bei der Beurteilung einer Gefährdung der Wiedereingliederung angemessen berücksichtigt werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.03.2009 - 2 BvR 1466/07 - Rn. 24 f. m. w. N., juris). Da mangels diesbezüglicher Feststellungen nicht auszuschließen ist, dass der Antragsgegner diesen Aspekt bei Erlass der angefochtenen Bescheide trotz entsprechender Anhaltspunkte nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt hat, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die vorliegend angefochtene Entscheidung bei Würdigung des diesbezüglichen Vorbringens des Betroffenen anders ausgefallen wäre.
172.
18Zumal die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Strafvollstreckungskammer grundsätzlich auch nicht dadurch geheilt werden kann, dass das rechtliche Gehör im Rechtsbeschwerdeverfahren gewährt bzw. nachgeholt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 13.07.2013, a.a.O., m. w. N.), hat die Rechtsbeschwerde aus den vorgenannten Gründen - zumindest vorläufig - auch in der Sache Erfolg und ist die Sache insbesondere zur weiteren Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 4 S. 3 StVollzG).
19Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass vorliegend maßgeblich zu prüfen sein wird, ob die fraglichen Bescheide erkennen lassen, dass der Antragsgegner sich überhaupt mit der Frage befasst hat, wie hoch die Schulden des Beschwerdeführers sind, und dass er sich der Möglichkeit bewusst gewesen ist, z.B. unter dem Aspekt der Gefährdung der Wiedereingliederung des Betroffenen aufgrund der voraussichtlichen Auswirkungen der Auferlegung eines Haftkostenbeitrages auf seine Lage nach Haftentlassung von der Erhebung eines Haftkostenbeitrags nach § 39 Abs. 3 StVollzG NRW abzusehen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 25).
20Weiter wird zu beachten sein, dass der Justizvollzugsanstalt - insofern ergeben sich durch die Neuregelung des Haftkostenbeitrages in § 39 StVollzG NRW keine wesentlichen Unterschiede im Verhältnis zu § 50 StVollzG (allg. vgl. LT-Drs. 16/5413, S. 120) - hinsichtlich der Entscheidung über ein solches Absehen von der Erhebung eines Haftkostenbeitrags ein prognostischer Beurteilungsspielraum mit der Folge einer lediglich eingeschränkten gerichtlichen Prüfungskompetenz zusteht. Die Gerichte haben daher die Entscheidung der Vollzugsanstalt nur im Umfang und nach Art einer Ermessensentscheidung zu prüfen, namentlich dahingehend, ob die Vollzugsanstalt die Grenzen des Beurteilungsspielraums durch eine nicht mehr vertretbare Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs überschritten hat, ob sie den zugrunde liegenden Sachverhalt unzutreffend oder unvollständig ermittelt hat, ob sie allgemeine Wertmaßstäbe missachtet hat oder sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 06.05.2008 - 1 Vollz (Ws) 154/08 -, Rn. 15, juris; Arloth, a.a.O., § 50 Rn. 9). Da allein das faktisch wohl eher die Regel als die Ausnahme bildende Vorliegen von Verbindlichkeiten eines Strafgefangenen entsprechend der obigen Grundsätze noch nicht dazu führt, dass ein Haftkostenbeitrag nicht zu erheben ist, dürfen hierbei die Anforderungen an die Begründung der Erhebung eines Haftkostenbeitrages nicht überspannt werden. Vielmehr dürfte es vorbehaltlich von Anhaltspunkten, die eine anderweitige Handhabung gebieten, grundsätzlich ausreichen, wenn Feststellungen zum Ausmaß etwaiger Verbindlichkeiten des Strafgefangenen getroffen werden und - gegebenenfalls auch durch die Gestaltung und das Ausfüllen eines diesbezüglichen Formulars - deutlich wird, dass sich die Justizvollzugsanstalt im konkreten Fall der Erforderlichkeit einer Entscheidung über ein (Nicht-)Absehen von der Kostenerhebung und des ihr insofern zustehenden Beurteilungsspielraums bewusst gewesen ist.
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(1) Dem Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn dies im Rahmen des Vollzugsplanes dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern und nicht überwiegende Gründe des Vollzuges entgegenstehen. § 11 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 14 bleiben unberührt.
(2) Dem Gefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen.
(3) Die Vollzugsbehörde kann verlangen, daß ihr das Entgelt zur Gutschrift für den Gefangenen überwiesen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. Die Anträge sind zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(3) Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann dies nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle tun.
(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(1) Dem Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn dies im Rahmen des Vollzugsplanes dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern und nicht überwiegende Gründe des Vollzuges entgegenstehen. § 11 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 14 bleiben unberührt.
(2) Dem Gefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen.
(3) Die Vollzugsbehörde kann verlangen, daß ihr das Entgelt zur Gutschrift für den Gefangenen überwiesen wird.
(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Im Übrigen sind die Vorschriften der Strafprozessordnung und die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.
(2) Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.
(2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.
(3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet.
(4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
(5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.
(1) Dem Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn dies im Rahmen des Vollzugsplanes dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern und nicht überwiegende Gründe des Vollzuges entgegenstehen. § 11 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 14 bleiben unberührt.
(2) Dem Gefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen.
(3) Die Vollzugsbehörde kann verlangen, daß ihr das Entgelt zur Gutschrift für den Gefangenen überwiesen wird.
(1) Als Teil der Kosten der Vollstreckung der Rechtsfolgen einer Tat (§ 464a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung) erhebt die Vollzugsanstalt von dem Gefangenen einen Haftkostenbeitrag. Ein Haftkostenbeitrag wird nicht erhoben, wenn der Gefangene
- 1.
Bezüge nach diesem Gesetz erhält oder - 2.
ohne sein Verschulden nicht arbeiten kann oder - 3.
nicht arbeitet, weil er nicht zur Arbeit verpflichtet ist.
(2) Der Haftkostenbeitrag wird in Höhe des Betrages erhoben, der nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz stellt den Durchschnittsbetrag für jedes Kalenderjahr nach den am 1. Oktober des vorhergehenden Jahres geltenden Bewertungen der Sachbezüge, jeweils getrennt für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet und für das Gebiet, in dem das Strafvollzugsgesetz schon vor dem Wirksamwerden des Beitritts gegolten hat, fest und macht ihn im Bundesanzeiger bekannt. Bei Selbstverpflegung entfallen die für die Verpflegung vorgesehenen Beträge. Für den Wert der Unterkunft ist die festgesetzte Belegungsfähigkeit maßgebend. Der Haftkostenbeitrag darf auch von dem unpfändbaren Teil der Bezüge, nicht aber zu Lasten des Hausgeldes und der Ansprüche unterhaltsberechtigter Angehöriger angesetzt werden.
(3) Im Land Berlin gilt einheitlich der für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet geltende Durchschnittsbetrag.
(4) Die Selbstbeschäftigung (§ 39 Abs. 2) kann davon abhängig gemacht werden, dass der Gefangene einen Haftkostenbeitrag bis zur Höhe des in Absatz 2 genannten Satzes monatlich im Voraus entrichtet.
(5) Für die Erhebung des Haftkostenbeitrages können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung andere Zuständigkeiten begründen. Auch in diesem Fall ist der Haftkostenbeitrag eine Justizverwaltungsabgabe; auf das gerichtliche Verfahren finden die §§ 109 bis 121 entsprechende Anwendung.