Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 07. Okt. 2015 - I-3 Wx 179/15
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Grundbuchamts Dinslaken vom 31.07.2015 (VO-2552-17) geändert und das Grundbuchamt angewiesen, der Antragstellerin Einsicht in das Grundbuch von Voerde – einschließlich der Grundakten - zu gewähren, soweit es um Grundstücke geht, die im Eigentum der „S. GmbH“ bzw. der „C. GmbH“ stehen oder in der Vergangenheit standen.
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G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin bezeichnet sich als gemeinnütziges Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum.
4Sie begehrt – für einen bei ihr tätigen Journalisten - Einsicht in die Grundakten der „S. GmbH“ und deren Tochtergesellschaft, der „C. GmbH“.
5In ihrem Gesuch vom 29.06.2015 hat sie geltend gemacht, ihr stehe als Presseorgan unter Zugrundelegung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.08.2000 – BvR 1307/91 – ein Recht zu, im begehrten Umfang Einsicht in die Grundakten zu nehmen.
6Nach den ihr vorliegenden Informationen bestehe der Anfangsverdacht, dass die vorgenannten Gesellschaften überbewertete Immobilien in einem für die Region großen Umfang besäßen. Die „C. GmbH“ sei als Gesellschafterin an der „S. GmbH“ beteiligt gewesen und gehöre ihrerseits zu 100% der Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe. Es bestehe das Risiko, dass die Sparkasse von den überbewerteten Immobilien der Eigentümerinnen „betroffen“ sei. Dies könne Einfluss auf die Wirtschaftskraft der Stadt Voerde und der Stadtsparkasse haben. Diese Umstände seien auch für die Öffentlichkeit von Bedeutung.
7Auf Grund des bestehenden Anfangsverdachts sei beabsichtigt, die Vermögenswerte der Gesellschaften sachbezogen zu untersuchen.
8Durch Beschluss vom 03.08.2015 hat das Amtsgericht (Rechtspfleger) den Antrag zurückgewiesen.
9Es hat ausgeführt, die Einsicht in das Grundbuch sei jedem zu gestatten, der ein berechtigtes Interesse darlege. Als berechtigtes Interesse komme auch ein öffentliches Interesse in Betracht. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit könne ein Einsichtsrecht der Presse rechtfertigen, wenn die presserechtlichen Voraussetzungen dargelegt seien.
10Die Abwägung mit dem privaten Geheimhaltungsinteresse obliege dabei dem Grundbuchamt. Das Interesse der Presse an der Kenntnisnahme des Grundbuchinhalts erweise sich gegenüber dem schutzwürdigen Interesse des Eingetragenen (nur) als vorrangig, wenn es sich um eine für die Öffentlichkeit wesentlich Frage handele.
11Die Frage, ob die Recherche die Öffentlichkeit wesentlich angehe, müsse vorliegend verneint werden.
12Die C. GmbH sei in der Vergangenheit lediglich Eigentümerin von zwei Grundstücken und einer Wohnung gewesen und verfüge aktuell über keinen Grundbesitz.
13Die Stadtzentrum Voerde Projekt GmbH sei Eigentümerin von acht Wohnungen und in der Vergangenheit von sechs weiteren Wohnungen gewesen.
14Somit seien die beiden Gesellschaften nicht – wie von der Antragstellerin angegeben – „im Eigentum von Immobilien in einem für die Region großen Umfang“ und dies auch nicht in der Vergangenheit gewesen.
15Überdies sei nicht vorgetragen, im welcher Form die (beabsichtigte) Veröffentlichung erfolgen werde.
16Daher sei der Antrag zurückzuweisen.
17Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 05.08.2015.
18Sie verfolgt ihr Einsichtsbegehren weiter und führt aus, es sei eine größere Reportage über die Frage geplant, ob und inwieweit die Sparkasse über ihre beiden Tochtergesellschaften selbst als Unternehmerin im Immobiliengeschäft tätig gewesen sei.
19Im Rahmen der journalistischen Sorgfaltspflicht sei sie gehalten, zu überprüfen, welchen Grundbesitz die beiden Gesellschaften „hatten und haben und wie damit umgegangen“ worden sei. Es sei zu klären, ob durch die Immobiliengeschäfte eine bilanzielle Überschuldung der Gesellschaften eingetreten sei.
20Die Recherche sei deshalb für die Öffentlichkeit von Bedeutung, weil sie ergeben könnte, dass die Sparkasse ein Risiko eingegangen sei, welches nicht im Einklang mit ihrer Ursprungsaufgabe als Kreditgeber für das Gemeinwohl stehe.
21Es sei geplant, die Ergebnisse der Recherche nicht nur auf der eigenen Internetseite zu veröffentlichen, sondern auch bei einer überregionalen Zeitung und einem öffentlich-rechtlichen TV-Sender.
22Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 19.08.2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
23Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
24II.
251.
26Die nach §§ 71 ff. GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet.
27Der Antragstellerin ist die begehrte Grundbucheinsicht nach § 12 GBO Abs. 1 i.V.m. § 46 GBV zu gewähren.
28Über den ursprünglichen, dem allgemeinen Rechtsverkehr mit Grundstücken dienenden Regelungszweck hinaus, vermag auch ein schutzwürdiges Interesse der Presse und vergleichbarer publizistisch tätiger Medien daran, von den für ein bestimmtes Grundstück vorgenommenen Eintragungen Kenntnis zu erlangen, das nach § 12 Abs. 1 GBO für die Gestattung der Einsicht erforderliche berechtigte Interesse zu begründen (vgl. BVerfG, 28.08.2000, NJW 2001, 503; BGH NJW-RR 2011, 1651 m.w.N.; OLG Stuttgart, 27.06.2012 – 8 W 228/12 = BeckRS 2013, 07597).
29Ein solches presserechtliches Interesse hat die Antragstellerin geltend gemacht.
30Die Antragstellerin wirkt - auch in Zusammenarbeit mit überregionalen Zeitungen und öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern - an der öffentlichen Meinungsbildung mit und ist damit der Presse zuzuordnen (vgl. zu § 3 PresseG NW und zu der auch dort notwendigen Abgrenzung zu anderen Unternehmen VG Köln, 20.05.2015 – 6 L 476/15, juris). Auf Grund ihrer Funktion bei der Mitwirkung an der öffentlichen Meinungsbildung untersteht die Antragstellerin dem besonderen Schutz des Art. 5 GG.
31Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt das Grundrecht der Pressefreiheit auch den Bereich der Informationsbeschaffung (vgl. BVerfG a.a.O.).
32Begehrt ein Pressevertreter unter Berufung auf die Pressefreiheit zu Recherchezwecken Grundbucheinsicht, hat das Grundbuchamt zu prüfen, ob die Einsichtnahme geeignet ist, um dem Informationsanliegen Rechnung zu tragen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob das Informationsinteresse sich auf Rechte der im Grundbuch Eingetragenen bezieht und sich die Presse bei der Einsichtnahme auf das zur Recherche Erforderliche begrenzt. Schließlich ist zu prüfen, ob die gewünschten Informationen in unproblematischer Weise unter geringerer Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes des Eingetragenen erlangt werden können. Dabei hat das Grundbuchamt stets das Gebot staatlicher Inhaltsneutralität zu beachten (vgl. zum Ganzen BVerfG, a.a.O.).
33Eine Abwägung mit dem Interesse der Eingetragenen an der Nichtzugänglichkeit der Daten kommt im Zuge der Prüfung der Eignung und Erforderlichkeit nicht in Betracht. Wohl aber kann der Verwertungszweck von Bedeutung sein. Bei der Abwägung der Pressefreiheit mit den kollidierenden Persönlichkeitsinteressen kann es darauf ankommen, ob die Fragen die Öffentlichkeit wesentlich angehen, ernsthaft und sachbezogen erörtert oder lediglich private Angelegenheiten, die nur die Neugier befriedigen, ausgebreitet werden (BVerfG a.a.O. unter Hinweis aus BVerfGE 101, 361 ff., 391). Das Zugangsinteresse hat Vorrang, wenn es um Fragen geht, welche die Öffentlichkeit wesentlich angehen (BVerfG, a.a.O.).
34Die Antragstellerin hat vorgebracht, es sei beabsichtigt, eine Reportage über eine Beteiligung der Stadtsparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe an Gesellschaften mit – möglicherweise überbewerteten - Grundvermögen und Immobiliengeschäften und den sich daraus ergebenden Risiken zu veröffentlichen. Erläuternd hat sie ausgeführt, die Sparkasse besitze zu 100 % eine Gesellschaft (die „C. GmbH“), die an der „S. GmbH“ als Gesellschafterin beteiligt (gewesen) sei. Der Gegenstand dieses Unternehmens sei der Besitz, der Erwerb, das Errichten und Betreiben von Sondereigentumseinheiten an einem Wohn- und Geschäftskomplex der Stadt. Für die geplante Reportage müssten die Vermögenswerte der beiden zuvor genannten Gesellschaften überprüft werden.
35Das Einsichtsgesuch zielt somit auf die Beschaffung journalistisch verwertbarer Informationen und unterliegt als Teil der publizistischen Vorbereitungstätigkeit dem Schutzbereich der Pressefreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG (BVerfGE 50, 234, 249; OLG Stuttgart, 27.06.2012 – 8 W 228/12).
36Schutzwürdige Belange der im Grundbuch eingetragenen Gesellschaften stehen einer Einsichtnahme im Ergebnis nicht entgegen.
37Die eingetragenen Gesellschaften haben einen Bezug zu der Sparkasse, über deren unternehmerische Betätigung die Reportage erstellt werden soll.
38Das Interesse der Antragstellerin an den begehrten Informationen erweist sich gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der eingetragenen Gesellschaften als vorrangig. Denn die zu recherchierende Frage, ob die Sparkasse sich durch ihre (mittelbare) Beteiligung an Geschäften mit möglicherweise überbewerteten Immobilien Risiken unterworfen hat, die mit ihrer Aufgabe nicht zu vereinbaren sind, geht die Öffentlichkeit wesentlich an. Dabei ist zu respektieren, dass die Presse regelmäßig auch auf einen bloßen Verdacht hin recherchiert (vgl. BVerfG, a.a.O. und BGH NJW-RR 2011, 1651).
39Die begehrte Einsicht in die Grundakten kann auch nicht mit dem Hinweis verwehrt werden, dass die Gesellschaft der Sparkasse aktuell nicht Eigentümerin von Grundbesitz und die andere Gesellschaft Eigentümerin von (nur) acht Wohnungen sei. Auf Grund des Gebots staatlicher Inhaltsneutralität darf der Presse nicht vorgeschrieben werden, wie ein bestimmter Vorgang im Grundbuch zu bewerten ist (BVerfG, a.a.O.).
40Die Antragstellerin hat jedenfalls in der Beschwerdeschrift unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie im Rahmen ihrer Recherchen auch Vorgänge in der Vergangenheit überprüfen möchte, und daher erkunden will, welchen „Besitz die Tochterunternehmen tatsächlich hatten und haben und wie damit umgegangen“ worden ist, welche Geschäfte und welche Risiken die Sparkasse (in der Vergangenheit) eingegangen ist.
41Dafür, dass die Berichterstattung über die Ergebnisse der beabsichtigten Nachforschung lediglich dazu dienen könnte, eine in der Öffentlichkeit vorhandene Neugierde und Sensationslust zu befriedigen, bestehen keine Anhaltspunkte (vgl. BGH NJW-RR 2011, 1651).
42Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin in unproblematischer Weise andere Mittel nutzen könnte, um die erwünschten Informationen unter geringerer Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes der Eingetragenen zu erhalten (vgl. hierzu BGH, a.a.O.).
43Das Einsichtsrecht der Antragstellerin erstreckt sich auch auf den Inhalt der Grundakten. Die Kenntnisnahme der Grundakten durch Dritte ist nach § 46 Abs. 1 GBV unter denselben Voraussetzungen zulässig wie diejenige des Grundbuchinhalts. Dem Grundbuchamt ist eine eigene Bewertung der für das Informationsanliegen der Presse relevanten Angaben verwehrt (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 1651 f.).
44Vor der Entscheidung über das Einsichtsgesuch ist dem Grundstückeigentümer kein (rechtliches) Gehör zu gewähren (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O. und Demharter, GBO, 28. Aufl., § 12 Rn. 23 m.w.N.).
452.
46Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
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(1) Die Einsicht des Grundbuchs ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Das gleiche gilt von Urkunden, auf die im Grundbuch zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, sowie von den noch nicht erledigten Eintragungsanträgen.
(2) Soweit die Einsicht des Grundbuchs, der im Absatz 1 bezeichneten Urkunden und der noch nicht erledigten Eintragungsanträge gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass
- 1.
über die Absätze 1 und 2 hinaus die Einsicht in sonstige sich auf das Grundbuch beziehende Dokumente gestattet ist und Abschriften hiervon gefordert werden können; - 2.
bei Behörden von der Darlegung des berechtigten Interesses abgesehen werden kann, ebenso bei solchen Personen, bei denen es auf Grund ihres Amtes oder ihrer Tätigkeit gerechtfertigt ist.
(4) Über Einsichten in Grundbücher und Grundakten sowie über die Erteilung von Abschriften aus Grundbüchern und Grundakten ist ein Protokoll zu führen. Dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder dem Inhaber eines grundstücksgleichen Rechts ist auf Verlangen Auskunft aus diesem Protokoll zu geben, es sei denn, die Bekanntgabe würde den Erfolg strafrechtlicher Ermittlungen oder die Aufgabenwahrnehmung einer Verfassungsschutzbehörde, des Bundesnachrichtendienstes, des Militärischen Abschirmdienstes, der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung oder die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gefährden. Das Protokoll kann nach Ablauf von zwei Jahren vernichtet werden. Einer Protokollierung bedarf es nicht, wenn die Einsicht oder Abschrift dem Auskunftsberechtigten nach Satz 2 gewährt wird.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Grundbuchamts Ehingen vom 15.06.2012 (I GRG 604/2012) aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, dem Antragsteller Einsicht in das Grundbuch vom Ehingen/Donau betreffend das Grundstück ... in ... zu gestatten, bzgl. der zur Ergänzung einer Eintragung in Bezug genommen Urkunden beschränkt sich die Einsicht auf solche, mit welchen Rechtsgeschäfte zwischen Mitgliedern der ... .... beurkundet wurden (zwischen ... ..., ... ..., ... ... oder ... ...).
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000.- EUR.
Gründe
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Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
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Gründe
2Der (sinngemäße) Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Auskunft darüber zu gewähren, welche Auftragnehmer mit Namen und Anschrift in den Vergabeverfahren 1.1 Lieferung und Anschluss eines Aktenpaternosters, 1.2 Entsorgung von Feuerlöschern aus Kasernen in Berlin, 1.3 Lkw Kehrmaschine in Berlin den Zuschlag erhalten haben, wie hoch die Auftragssumme und die Anzahl der Bieter war sowie, wann der Auftrag vergeben wurde,
4hat keinen Erfolg.
5Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn diese Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Ist der Antrag – wie vorliegend – auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, so sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
6Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Mit Urteil vom 25.02.2015 - 6 K 5245/13 - hat die Kammer in einem parallelen von der Antragstellerin anhängig gemachten Verfahren, in dem es ebenfalls um presserechtliche Auskünfte zu bestimmten Vergabeverfahren gegenüber einer Bundesbehörde, dem Beschaffungsamt des Bundesministerium des Inneren, ging, entschieden, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf die verlangten Auskünfte hat. In diesem Urteil hat die Kammer ausgeführt:
7„§ 4 Abs. 1 PresseG NRW kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob diese Regelung auf die Beklagte als Bundesbehörde anwendbar ist.
8Vgl. zur Anwendbarkeit landesrechtlicher presserechtlicher Auskunftsansprüche gegenüber dem Bundesnachrichtendienst BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 – 6 A 2/12 –; zur Anwendbarkeit des § 4 PresseG NRW auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben OVG NRW, Urteil vom 18.12.2013 – 5 A 413/11 –.
9Denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 PresseG NRW nicht vor, da die Klägerin nicht Vertreterin der Presse ist. Einen presserechtlichen Auskunftsanspruch kann nur derjenige geltend machen, der einem Presseunternehmen zugeordnet werden kann, das die Gewähr für die publizistische Verbreitung an die Öffentlichkeit bietet und an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirkt (§ 3 PresseG NRW).
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2008 – 5 A 2794/05 –.
11Zu der Frage der Zuordnung der Klägerin zu einem Presseunternehmen hat das OVG NRW im zu Grunde liegenden Eilverfahren (Beschluss vom 04.07.2014 – 5 B 1430/13 -) ausgeführt:
12„Für die Antragstellerin ist dies – anders als für Presseagenturen – deshalb zweifelhaft, weil bei ihr die zentrale Funktion der Presse, der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu dienen, ersichtlich außerpublizistischen Geschäftszwecken untergeordnet ist.… Der Antragstellerin geht es mit ihrem Onlineangebot in erster Linie darum, Transparenz des öffentlichen Beschaffungs– und Vergabewesens auch im unterschwelligen Bereich, der nicht europarechtlich geprägt ist, zu erhöhen. In diesem Sinne soll Materiallieferanten und Herstellern die Möglichkeit gegeben werden, sich an denjenigen zu wenden, der den Zuschlag im Vergabeverfahren erhalten hat, um Leistungen, die für die Durchführung des Auftrags erforderlich sind, anzubieten. Danach geht es primär um die Befriedigung geschäftlicher Interessen potentieller Anbieter. Dementsprechend ist die Antragstellerin vor allem daran interessiert, möglichst umfassend diejenigen, die öffentliche Aufträge erhalten haben, in ihren Datenbanken namentlich und mit ihrer Anschrift sowie unter Angabe des Auftragswerts und der Zahl der Bieter aufzunehmen. Diese Daten sollen zwar nicht vollständig automatisch aufgelistet, aber doch im Wesentlichen lediglich als systematisch zugeordnete Rohdaten in Datenbanken dauerhaft archiviert werden. Ihr Onlineangebot ist mithin insgesamt auf die Geschäftsinteressen gewerblicher Nutzer aus der Bauwirtschaft zugeschnitten. Soweit die Antragstellerin auch andere interessierte Bürger als Zielgruppe versteht, die sich etwa über die Wettbewerbssituation informieren wollen, ist dies nach Aktenlage allenfalls ein zu vernachlässigender Nebeneffekt. Das lückenlose Informationsinteresse, das alle öffentlichen Vergaben ausnahmslos erfasst, ist durch ein mögliches Bestreben, interessierte Bürger über die Wettbewerbssituation zu unterrichten, nicht zu erklären. Vor allem aber sind für eine derartige Unterrichtung die im Fokus des Begehrens der Antragstellerin stehenden Namen und Anschrift als derjenigen, die einen öffentlichen Auftrag erhalten haben, nicht entscheidend.“
13Hiervon ausgehend steht auch nach den Ausführungen des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin nicht publizistischen, sondern kommerziellen Zwecken dient. Die Klägerin sammelt die von ihr abgefragten Daten zu einzelnen Vergabeverfahren, ordnet sie und teilt sie in verschiedene Kategorien ein. Insoweit hat der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Vielzahl der bei verschiedenen Behörden abgefragten Daten von den Mitarbeitern der Klägerin nach bestimmten bauwirtschaftlichen Geschäftsfeldern sortiert wird, so dass die Nutzer der Datenbanken die Möglichkeit haben, gezielt die sie interessierenden Vergaben abzurufen. Bei den kostenpflichtigen Angeboten bietet die Klägerin die von ihr gesammelten Daten den gewerblichen Nutzern zum Kauf an. Diese Tätigkeit der Klägerin bei der Datensammlung und -verwaltung ist vergleichbar mit dem Erstellen von Statistiken. Die allgemeine Information der Nutzer der Datenbanken, die zur Meinungsbildung in öffentlichen Vergabeverfahren beitragen könnte, ist dabei ein reiner Nebeneffekt von allenfalls untergeordneter Bedeutung.
14Im Übrigen haben nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten auch die Bundesvereinigung der Fachjournalisten e. V und der Deutsche Fachjournalisten-Verband AG dem Vertreter der Klägerin, der jeweils unter Vorlage seines Presseausweises die Anfragen bei den verschiedenen Behörden stellt, untersagt, Presseausweise dieser Verbände zu verwenden, da der Vertreter der Klägerin nach ihrer Auffassung nicht journalistisch tätig ist.
15Darüber hinaus kann die Klägerin ihren Auskunftsanspruch auch nicht auf § 54 Abs. 2 i.V.m. § 9a RStV stützen. Danach steht ein Auskunftsanspruch gegenüber Behörden auch Anbietern von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten zu, in denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text und Bild wiedergegeben werden. Journalistisch-redaktionelle Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass bei Ihnen Informationen nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz ausgewählt und als Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung verbreitet werden.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.7.2014 – 5 B 1430/13 – unter Hinweis auf VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.3.2014 – 1S 169/14 –, juris.
17Dahinter steht das Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen. Die Arbeitsweise bei Auswahl und Strukturierung zeichnet sich bei journalistischen Angeboten durch einen hohen Grad an Professionalisierung aus. Das jeweilige Angebot vermittelt den Eindruck, dass Tatsachen umfassend recherchiert und dabei verschiedene Informationsquellen genutzt wurden.
18Vgl. Held in: Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 54 RStV, Rn. 51 ff.
19Gemessen hieran ist das Onlineangebot der Klägerin nicht als journalistisch–redaktionell zu qualifizieren. Die Klägerin betreibt Datenbanken, in denen sie die abgefragten Daten sortiert, kategorisiert und archiviert. Die meinungsbildende Wirkung über das öffentliche Vergabewesen ist dabei nicht prägender Bestandteil des Angebots. Vielmehr beschränkt sich die Klägerin im Wesentlichen auf die Wiedergabe automatisiert erzeugter Meldungen über den Auftragsgegenstand, die Auftragssumme, Namen und Adresse des beauftragten Unternehmens und die Zahl der Bieter. Bei dieser Arbeitsweise ist nicht erkennbar, dass die vorrangige Intention der Klägerin darin bestünde, zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen.“
20An dieser Rechtsauffassung hält die Kammer im vorliegenden Eilverfahren fest.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG, wobei im Hinblick auf die begehrte endgültige Vorwegnahme der Hauptsache der volle Auffangstreitwert angesetzt wurde.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Grundbuchamts Ehingen vom 15.06.2012 (I GRG 604/2012) aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, dem Antragsteller Einsicht in das Grundbuch vom Ehingen/Donau betreffend das Grundstück ... in ... zu gestatten, bzgl. der zur Ergänzung einer Eintragung in Bezug genommen Urkunden beschränkt sich die Einsicht auf solche, mit welchen Rechtsgeschäfte zwischen Mitgliedern der ... .... beurkundet wurden (zwischen ... ..., ... ..., ... ... oder ... ...).
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000.- EUR.
Gründe
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