Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 24. Feb. 2014 - I-23 U 102/13
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 14.03.2013.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
41.Der Kläger ist der Erbe der am 14.02.2012 im Alter von 87 Jahren verstorbenen Frau I I T (nachfolgend: Rechtsvorgängerin des Klägers).
5Die Rechtsvorgängerin des Klägers wurde am 09.09.2011 durch Vertriebsmitarbeiter des Beklagten aufgesucht. Sie unterzeichnete an diesem Tag ein als „Vertrag“ überschriebenes Formular, in dem es u. a. heißt:
6„wird hiermit unter Zugrundelegung der umseitigen Bedingungen folgender Vertrag zur Erbringung nachfolgend benannter Leistungen geschlossen.“
7Für die in das Formular handschriftlichen eingetragenen Werkleistungen (Gaubensanierung) wurde eine Vergütung in Höhe von 8.500,00 EUR brutto vereinbart.
8Unter der Überschrift „Zahlungsvereinbarung“ enthält das Vertragsformular folgende Regelung:
9„50 % für Planungsvorlauf und Aufmaß (fällig nach Auftragsbestätigung)“
10Daneben wurde handschriftlich eingetragen
11„Anzahlung 5.000,00 EUR“
12Das Formular enthält eine durch eine Umrandung abgesetzte Erklärung über ein Widerrufsrecht, das wie folgt formuliert ist:
13„Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Ihnen gelieferten Ware widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an (...).“
14Diese Belehrung wurde von der Rechtsvorgängerin des Klägers gesondert unterzeichnet.
15Die auf der Rückseite des Formulars aufgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten u. a. folgende Regelungen:
16„2.2 Aufträge und Annahmen von Kostenvoranschlägen durch den Verbraucher sind unwiderruflich mit Ausnahme des gesetzlichen Widerrufsrecht des Verbrauchers. Macht der Verbraucher von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch sind die Aufträge und Annahmeerklärungen von Angeboten seitens des Verbrauchers als unwiderruflich anzusehen.“
17„11.1 Der Verbraucher kann einen erteilten Auftrag nach Verstreichen der Widerrufsfrist wie umschrieben in Art. 2.2 nicht mehr stornieren. Storniert der Verbraucher einen erteilten Auftrag dennoch ganz oder teilweise, ist er verpflichtet, alle im Hinblick auf die Erfüllung dieses Auftrags billigerweise aufgewendeten Kosten, die Arbeiten von Systematik und den entgangenen Gewinn auf Seiten von Systematik zuzüglich der Mehrwertsteuer an Systematik zu vergüten.“
18Die Rechtsvorgängerin des Klägers leistete am 13.09.2011 eine Anzahlung in Höhe von 5.000,00 EUR.
19Am 14.09.2011 unterzeichnete sie ein weiteres Vertragsformular. In die Rubrik Leistungsbeschreibung wurde handschriftlich u. a. eingetragen:
20„Auftragsergänzung zum Auftrag vom 09.09.2011 Auftrag vom 09.09.2011 erhöht sich um 25.000 EUR, so dass die Endsumme 33.500 beträgt sonst bleiben alle Vertragsbedingungen vom 09.09.2011 bestehen“
21Nach den handschriftlichen Eintragungen in dieses Vertragsformular sollte die Rechtsvorgängerin des Klägers eine weitere Anzahlung i.H.v. 8.000,00 EUR leisten, die von ihr am 16. 9. 2011 überwiesen wurde.
22In diesem Vertragsformular wurde die Belehrung über das Widerrufsrecht von der Rechtsvorgängerin des Klägers nicht gesondert unterschrieben.
23Am 04.10.2011 unterzeichnete die Rechtsvorgängerin des Klägers ein weiteres Vertragsformular. In die Rubrik Leistungsbeschreibung wurde u. a. handschriftlich eingetragen:
24„Auftragsergänzung zum Auftrag vom 09.09.2011 sonst bleiben alle Vertragsbedingungen vom 09.09.2011 bestehen.
25Handschriftlich wurde eine weitere Anzahlung i.H.v. 7.000,00 EUR eingetragen, die von der Rechtsvorgängerin des Klägers am 05.10.2011 überwiesen wurde. In diesem Vertragsformular wurde die Belehrung über das Widerrufsrecht gestrichen.
26Die Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte für dessen Rechtsvorgängerin am 17.10.2011 den Widerruf der Verträge, vorsorglich die Anfechtung und Kündigung. Der Beklagte wurde zur Rückzahlung der erhaltenen Anzahlungen in Höhe von insgesamt 20.000,00 EUR aufgefordert.
27Der Kläger hat behauptet, dass seine Rechtsvorgängerin am 09.09.2011, 14.09.2011 und 04.10.2011 von den Vertriebsmitarbeitern K und S unaufgefordert besucht und zum Abschluss der Verträge überredet worden sei. Seine Rechtsvorgängerin habe die Vertriebsmitarbeiter nicht bestellt. Vertragsunterlagen habe sie nicht ausgehändigt erhalten, diese habe sie erst am 21.11.2011 über seine Prozessbevollmächtigte zugesandt bekommen. Auftragsbestätigungen habe sie nicht erhalten. Sie habe daher die Verträge wirksam widerrufen und die Anzahlung sei nunmehr an ihn zurückzuzahlen.
28Der Kläger hat beantragt,
29den Beklagten zu verurteilen, an ihn 20.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v.5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.176,91 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v.5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
30Der Beklagte hat beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Der Beklagte hat vorgetragen, nur bei dem Vertrag vom 09.09.2011 habe es sich um ein Haustürgeschäft gehandelt. Bei den nachfolgenden Terminen seien seine Vertriebsmitarbeiter durch die Rechtsvorgängerin des Klägers telefonisch bestellt worden. Er habe zu den erteilten Aufträgen Auftragsbestätigungen vom 16.09.2011 und 05.10.2011 an die Rechtsvorgängerin des Klägers versandt.
33Der Beklagte hat mit einer Forderung i.H.v. 25.942,07 EUR aufgerechnet. Er hat behauptet, für die Ausführung der von der Rechtsvorgängerin des Klägers in Auftrag gegebenen Arbeiten mit einer Auftragssumme von 56.500,00 EUR brutto hätte er, der Beklagte, Nachunternehmern Aufträge im Wert von 2.399,44 EUR brutto, 12.576,00 EUR brutto und 7.036,27 EUR brutto (zusammen 22.011,71 EUR) erteilen müssen. Zudem habe er an den Handelsvertreter K eine Provision i.H.v. 8.546,22 EUR netto gezahlt. Danach ergebe sich gegenüber dem Auftragswert eine Differenz i.H.v. 25.942,07 EUR (GA 103). Die in diesem Betrag enthaltene Umsatzsteuer stehe ihm zu. Der Beklagte hat zudem eine alternative Berechnungen für den Fall angestellt, dass der Vertrag vom 09.09.2011 wirksam widerrufen sei. Eine weitere alternative Berechnung hat er für den Fall angestellt, dass zusätzlich von einem wirksamen Widerruf des Vertrages vom 14.09.2011 auszugehen sei (GA 205 f.).
34Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen und die Anhörung des Klägers (GA 213). Durch die angefochtene Entscheidung, auf die Bezug genommen wird, hat es den Beklagten verurteilt, an den Kläger 20.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2012 zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der erste Vertrag vom 09.09.2011 wirksam widerrufen worden sei. Die Widerrufsbelehrung sei ungenügend. Auch der zweite Vertrag sei widerrufbar gewesen. Trotz Bestreitens der Klägerseite habe der Beklagte keinen substantiierten Sachvortrag und Beweisantritt für eine vorherige Bestellung seiner Vertriebsmitarbeiter im Sinne des §§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB geliefert und insbesondere nicht dargelegt, wann das pauschal behauptete Telefonat mit welchem Inhalt geführt worden sei. Auch für den dritten Vertrag sei nicht der ausreichende Nachweis dafür erbracht, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers die Vertriebsmitarbeiter bestellt habe. Die Aussage des Zeugen S sei letztlich nicht überzeugend.
35Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er die Abweisung der Klage begehrt. Er macht geltend, dass der Zeuge S nachträglich eine Telefonnotiz gefunden habe, die auf einen Anruf der Rechtsvorgängerin des Klägers vor dem Termin am 04.10.2011 hindeute. Doch auch schon aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme habe das Landgericht zu Unrecht den Beweis nicht als geführt angesehen, dass es vor dem 04.10.2011 eine telefonische Bestellung der Vertriebsmitarbeiter gegeben habe.
36Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
382.Die zulässige Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.
39a)Es ist bereits kein Vertrag zwischen der Rechtsvorgängerin des Klägers und dem Beklagten zu Stande gekommen. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte ein Angebot der Rechtsvorgängerin des Klägers angenommen hat.
40Zwar sind die von dem Beklagten verwendeten Formulare als „Vertrag“ bezeichnet, tatsächlich handelt es sich jedoch nur um Angebote, die der in Aussicht genommene Kunde unterzeichnet und die sodann den Beklagten in Stand setzen, durch Annahme des Angebots des Kunden einen Vertrag zu Stande kommen zu lassen. Denn sowohl nach dem Formular als auch nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Ziffer 4.1) ist die Fälligkeit der Anzahlung von der Auftragsbestätigung des Beklagten abhängig. Hieraus ist zu folgern, dass allein durch die Unterzeichnung des Formulars ein Vertrag noch nicht zustandekommen soll, sondern erst durch die Auftragsbestätigung des Beklagten. Dies wird noch unterstrichen durch Ziffer 2.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach Aufträge und Annahmen von Kostenvoranschlägen unwiderruflich sein sollen. Dieser Bestimmung bedürfte es nicht, wenn ohnehin schon in der Unterzeichnung des „Vertrages“ ein beide Seiten bindender Vertragsschluss zu erblicken wäre. Ein Widerruf einer Willenserklärung kommt – außerhalb der besonderen verbraucherrechtlichen Vorschriften – nur bei Angeboten in Betracht, die noch nicht angenommen worden sind. Im Hinblick auf die vorgenannten Umstände kommt auch die Anwendung des § 151 BGB nicht in Betracht.
41Dass die durch Unterzeichnung der Formulare abgegebenen Angebote der Rechtsvorgängerin des Klägers angenommen worden sind, lässt sich nicht feststellen. Für den Zugang der Auftragsbestätigungen vom 16.09.2011 und 05.10.2011 ist kein Beweis angetreten worden.
42b)Selbst wenn von einem wirksamen Vertragsschluss auszugehen wäre, so wären die „Verträge“ vom 09.09.2011, 14.09.2011 und 04.10.2011 wirksam widerrufen worden.
43aa)Dass der „Vertrag“ vom 09.09.2011 wirksam widerrufen worden ist, stellt der Beklagte nicht in Abrede. Den Ausführungen des Landgerichts dazu, dass die Belehrung ungenügend und das Widerrufsrecht daher nicht verfristet war, ist er nicht entgegengetreten. Auch hat er selbst eingeräumt, dass es sich bei dem Vertrag vom 09.09.2011 um ein Haustürgeschäft gehandelt hat.
44bb)Auch der „Vertrag“ vom 14.09.2011 ist wirksam widerrufen worden.
45Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts lediglich insoweit, als es zu Unrecht die telefonische Einbestellung der Vertriebsmitarbeiter vor dem Termin am 04.10.2011 nicht als bewiesen angesehen habe. Danach steht aber nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht in Zweifel, dass der „Vertrag“ vom 14.09.2011 in einer Haustürsituation geschlossen worden ist und daher widerrufen werden durfte.
46Auf die Frage, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin von dem ihr vertraglich eingeräumten Widerrufsrecht (vgl. dazu nachfolgend unter cc) rechtzeitig Gebrauch gemacht hat, kommt es danach nicht an.
47cc)Schließlich ist auch der „Vertrag“ vom 04.10.2011 wirksam widerrufen worden.
48aaa)Hierfür kann es dahinstehen, ob es sich auch bei diesem „Vertrag“ um ein Haustürgeschäft handelte und daher der Rechtsvorgängerin des Klägers ein gesetzliches Widerrufsrecht zustand. Denn das Recht zum Widerruf dieses Vertrages ist ihr von dem Beklagten vertraglich eingeräumt worden.
49Nach den handschriftlichen Eintragungen in die „Verträge“ vom 14.09.2011 und 04.10.2011 sollten alle Vertragsbedingungen vom 09.09.2011 bestehen bleiben. Zu den Vertragsbedingungen des „Vertrages“ vom 09.09.2011 gehört auch das in dem „Vertrag“ berücksichtigte Widerrufsrecht. Die Rechtsvorgängerin des Klägers durfte danach die „Verträge“ dahin verstehen, dass ihr auch bezüglich der weiteren in Auftrag gegebenen Leistungen ein Widerrufsrecht zustehen sollte. Denn ein Widerrufsrecht kann nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Vertragspartner können in Ausübung ihrer Vertragsfreiheit ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren (BGH, Urt. v. 22.05.2012– II ZR 131/11, BeckRS 2012, 17734; Staudinger-Kaiser, BGB [2012], § 355 Rz. 13).
50Der vertraglichen Vereinbarung eines Widerrufsrechts steht nicht entgegen, dass die Belehrung über das Widerrufsrecht in dem „Vertrag“ vom 14.09.2011 nicht unterschrieben und in dem „Vertrag“ vom 04.10.2011 gestrichen wurde. Diesen Umständen war seitens der Rechtsvorgängerin des Klägers keine Bedeutung beizumessen, weil es aufgrund der Bezugnahmen auf den „Vertrag“ vom 09.09.2011 und das darin geregelte Widerrufsrecht keine Veranlassung gab, die Regelung zum Widerrufsrecht nochmals ausdrücklich zum Gegenstand der weiteren Vereinbarungen zu machen. Dies gilt um so mehr, als es sich bei den Formularen und den handschriftlichen Erklärungen ersichtlich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, Unklarheiten bei der Auslegung also zu Lasten des Beklagten gehen (§ 305c Abs. 2 BGB).
51Das vertraglich eingeräumte Widerrufsrecht hat die Rechtsvorgängerin des Klägers rechtzeitig ausgeübt. Für den „Vertrag“ vom 04.10.2011 ergibt sich dies bereits daraus, die sie binnen einer Frist von zwei Wochen ab Unterzeichnung des Vertrages, nämlich am 17.10.2011, den Widerruf erklärt hat. Da ein Widerruf des „Vertrages“ erst mit dessen Unterzeichnung in Betracht kam, kann die Frist frühestens am 04.10.2011 begonnen haben. Daher kommt es nicht darauf an, ob und unter welchen Umständen der vertraglichen Einräumung eines (gesetzlichen) Widerrufsrechts die Wirkung zukommt, dass für die Frist des Widerrufsrechts sämtliche gesetzliche Regelungen (auch zur ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung und der daran geknüpften kurzen Widerrufsfrist von 14 Tagen) gelten (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 22.05.2012 – II ZR 131/11, BeckRS 2012, 17734 entgegen OLG Köln, Urt. v. 18.05.2011 – 27 U 16/10; Urt. v. 22.07.2009 – 27 U 5/09).
52bbb)Desweiteren wird die Beweiswürdigung des Landgerichts auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Zeuge S nachträglich eine Telefonnotiz aufgefunden haben will, die entgegen der Ankündigung des Beklagten bisher nicht vorgelegt worden ist. Ein solches Indiz ist unter den gegebenen Umständen letztlich ohne Aussagekraft, weil es auch nach der Vorlage einer solchen Notiz letztlich wiederum allein auf die Würdigung der Aussage des Zeugen S ankommt. Die Telefonnotiz ist nämlich nur unter der Voraussetzung aussagekräftig, dass sie bereits vor dem 04.10.2011 gefertigt worden ist. Auch die weiteren Einwendungen des Beklagten zeigen keine durchgreifenden Zweifel an der Beweiswürdigung auf, so dass diese nicht durch den Senat zu wiederholen ist.
53c)Schließlich weist der Senat auf Folgendes hin:
54aa)Zur Darlegung des Vergütungsanspruchs nach „freier“ Kündigung muss der Unternehmer, wenn er noch keine Leistungen erbracht hat, vortragen, welche Aufwendungen er erspart hätte. Dies gelingt dem Beklagten nicht. Denn er hat lediglich für alle drei „Verträge“ durch Bezugnahme auf die Angebote dargelegt, welche Aufwendungen ihm entstanden wären, hätte er die Werkleistungen ausgeführt. Nachdem er selbst von einem wirksamen Widerruf des „Vertrages“ vom 09.09.2011 ausgeht und sich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Widerruf des „Vertrages“ vom 14.09.2011 nicht wendet, müsste er aber die ersparten Aufwendungen allein für den „Vertrag“ vom 04.10.2011 darlegen. Dem genügt sein Vortrag im Schriftsatz vom 22.04.2013 (dort Seite, 5, GA 206) nicht. Dort berechnet der Beklagte die ersparten Aufwendungen, indem er die von ihm behaupteten Kosten der Ausführung der Werkleistung für alle drei „Verträge“ nur in Höhe des prozentualen Anteils berücksichtigt, wie er dem Verhältnis des „Vertrags“ vom 04.10.2011 zu dem gesamten Auftragswert aller drei „Verträge“ entspricht. Die damit implizit ausgesprochene Vermutung, die Kosten für die Bauausführung hätten sich entsprechend dem prozentualen Anteil der „Verträge“ verteilt, ist weder prüf- noch begründbar und somit einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Der Beklagte trägt selbst vor, dass sich die Leistungen gemäß den Angeboten der Nachunternehmer auf alle drei „Verträge“ bezogen hätten. Ohne Aufgliederung, welche Leistung aus welchem Nachunternehmerangebot für die Ausführung welchen „Vertrages“ erforderlich gewesen wäre, können somit die ersparten Aufwendungen nicht ermittelt werden. Auch deshalb kann die Berufung keinen Erfolg haben.
55bb)Darüberhinaus könnte in Betracht kommen, dass die „Verträge“ gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig sind. Der mit der Rechtsvorgängerin des Klägers vereinbarte Werklohn übersteigt die Nachunternehmerangebote (deren Preise nach dem Vortrag des Beklagten ortsüblich und angemessen sein sollen) um mehr als das Doppelte, nämlich um ca. 156 %. Danach dürfte ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegen. Die Argumentation des Beklagten, er trage wegen etwaiger, unvorhersehbarer Schwierigkeiten der Ausführung ein besonderes Risiko, welches seine Preise rechtfertige, begegnet erheblichen Zweifeln. Gemäß Ziffer 4.3 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen behält er sich eine Anpassung des Preises vor, wenn sich „Faktoren“ ändern, die den Preis bestimmen. Gemäß Ziffer 4.2 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann er die Vergütung „zusätzlicher Arbeiten“ beanspruchen. Weitere Vorbehalte finden sich in Ziffer 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ebenso dürfte es nicht darauf ankommen, ob der Beklagte auch Provisionen gezahlt hat. Denn wirken mehrere Leistende als Vermittler, Leistende oder in anderer Weise zusammen, so genügt es, dass zwischen der Summe der Leistungen und der Gesamtheit der Gegenleistungen ein auffälliges Mißverhältnis besteht. Schließlich kommt nach den gegebenen Umständen auch in Betracht, dass die Vergabe der „Verträge“ durch die bejahrte Rechtsvorgängerin des Klägers auf mangelndem Urteilsvermögen beruhte, weil sie nicht in der Lage war, die von dem Beklagten zu erbringende Leistung zu bewerten.
56II.
57Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet.
(1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, und sie zu keinem anderen Zweck verarbeitet.
(2) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 auf folgende Verträge anzuwenden:
- 1.
notariell beurkundete Verträge - a)
über Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, - b)
die keine Verträge über Finanzdienstleistungen sind; für Verträge, für die das Gesetz die notarielle Beurkundung des Vertrags oder einer Vertragserklärung nicht vorschreibt, gilt dies nur, wenn der Notar darüber belehrt, dass die Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 und das Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 entfallen,
- 2.
Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken, - 3.
Verbraucherbauverträge nach § 650i Absatz 1, - 4.
(weggefallen) - 5.
(weggefallen) - 6.
Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b, - 7.
Behandlungsverträge nach § 630a, - 8.
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden, - 9.
Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden, - 10.
Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden, - 11.
Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung, - 12.
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und - 13.
Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.
(3) Auf Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege, sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur folgende anzuwenden:
- 1.
die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge nach den §§ 312b und 312c, - 2.
§ 312a Absatz 1 über die Pflicht zur Offenlegung bei Telefonanrufen, - 3.
§ 312a Absatz 3 über die Wirksamkeit der Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung gerichtet ist, - 4.
§ 312a Absatz 4 über die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Zahlungsmitteln, - 5.
§ 312a Absatz 6, - 6.
§ 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und - 7.
§ 312g über das Widerrufsrecht.
(4) Auf Verträge über die Vermietung von Wohnraum sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur die in Absatz 3 Nummer 1 bis 7 genannten Bestimmungen anzuwenden. Die in Absatz 3 Nummer 1, 6 und 7 genannten Bestimmungen sind jedoch nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.
(5) Bei Vertragsverhältnissen über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung (Finanzdienstleistungen), die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge gleicher Art umfassen, sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur auf die erste Vereinbarung anzuwenden. § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 ist daneben auf jeden Vorgang anzuwenden. Wenn die in Satz 1 genannten Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinanderfolgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3.
(6) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist auf Verträge über Versicherungen sowie auf Verträge über deren Vermittlung nur § 312a Absatz 3, 4 und 6 anzuwenden.
(7) Auf Pauschalreiseverträge nach den §§ 651a und 651c sind von den Vorschriften dieses Untertitels nur § 312a Absatz 3 bis 6, die §§ 312i, 312j Absatz 2 bis 5 und § 312m anzuwenden; diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Reisende kein Verbraucher ist. Ist der Reisende ein Verbraucher, ist auf Pauschalreiseverträge nach § 651a, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, auch § 312g Absatz 1 anzuwenden, es sei denn, die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, sind auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden.
(8) Auf Verträge über die Beförderung von Personen ist von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur § 312a Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden.
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte trat mit Erklärung vom 9. März 2006, die am 20. April 2006 angenommen wurde, der Klägerin, einem Fonds in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei. Unter den in dem Beitrittsformular angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten wählte er das Beteiligungsprogramm Multi B und verpflichtete sich zu einer Einmalzahlung in Höhe von 15.000 € zuzüglich 5 % Agio und zur Zahlung monatlicher Raten in Höhe von 205 € zuzüglich 5 % Agio über einen Zeitraum von 30 Jahren (Vertragssumme: 93.240 €). Die Einmalzahlung war am 14. April 2006, die erste Rate war am 1. Mai 2006 fällig.
- 2
- Das Beitrittsformular enthält folgende, vom Beklagten unterschriebene Widerrufsbelehrung: Widerrufsbelehrung Ich bin an meine auf den Abschluss der oben genannten Beitrittserklärung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe. Die M. GbR verzichtet auf ein etwaiges vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 312 d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB). Mit dem Widerruf meiner Willenserklärung kommt auch meine Beteiligung an der M. GbR nicht wirksam zustande. Form des Widerrufs Der Widerruf muss in Textform (z.B. Brief, Fax) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Fristablauf Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem ich diese Widerrufsbelehrung unterschrieben habe und mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Ver- tragsurkunde bzw. meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Adressat des Widerrufs Der Widerruf ist zu senden an die M. GbR c/o Privatbank R. GmbH & Co. KG, G. str. , M. , Telefon: (0 ) 6, Fax: (0 ) 6 Widerruf bei bereits erhaltener Leistung Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits Leistungen von der M. GbR und/oder der Privatbank R. GmbH & Co. KG erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich empfangene Leistungen jedoch binnen 30 Tagen an die M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG zurückgewähren und der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG die von mir aus den Leistungen gezogenen Nutzungen herausgeben. Die Frist beginnt mit Absendung des Widerrufs. Kann ich die von der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG mir gegenüber erbrachten Leistungen ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erhaltenen Leistungen ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG erbrachten Leistungen bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme."
- 3
- Von den in der Beitrittserklärung zugesagten Zahlungen erbrachte der Beklagte lediglich vier Raten.
- 4
- Die Klägerin verlangt mit ihrer im Urkundenverfahren erhobenen Klage vom Beklagten die Einmalzahlung sowie 40 rückständige Raten, zusammen 24.360 € zzgl. Zinsen und außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.085,04 €. Mit der Klageerwiderung vom 12. Februar 2010 hat der Beklagte den Widerruf seiner Beteiligung erklärt.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Beklagte habe seine Beteiligung an der Klägerin wirksam widerrufen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beitritt, wie vom Beklagten behauptet, in einer sogenannten Haustürsituation erfolgt sei mit der Folge des Bestehens eines gesetzlichen Widerrufsrechts. Denn die Klägerin habe dem Beklagten ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt, hinsichtlich dessen nach dem Inhalt der Widerrufsbelehrung dieselben Belehrungsvoraussetzungen zu erfüllen gewesen seien wie bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht. Diese Belehrungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt mit der Folge, dass der vom Beklagten am 12. Februar 2010 erklärte Widerruf nicht verfristet, sondern wirksam sei. Infolge des Widerrufs stehe dem Zahlungsanspruch der Klägerin die sogenannte Durchsetzungssperre entgegen.
- 9
- II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe ein vertragliches Widerrufsrecht wirksam ausgeübt, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
- 10
- 1. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; Bamberger/ Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).
- 11
- 2. Ob einer Widerrufsbelehrung, die keine Beschränkung darauf enthält, dass sie nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen gelten soll, die Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrecht entnommen werden kann, kann hier dahin- gestellt bleiben (vgl. zu dieser Problematik BGH, Urteil vom 15. Oktober 1980 - VIII ZR 192/79, WM 1980, 1386, 1387, insoweit in BGHZ 78, 248 nicht abgedruckt ; Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027; Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und - XI ZR 442/10, juris Rn. 24; OLG Hamburg, Urteil vom 19. Juni 2009 - 11 U 210/06, juris Rn. 121; OLG Köln, Urteil vom 22. Juli 2009 - 27 U 5/09, juris Rn. 22 f.;Münch KommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 360 Rn. 15; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1030 f.; Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl., Rn. 486 f.; Münscher, WuB I G 1.5.03; Corzelius, EWiR 2009, 243, 244; Tetzlaff, GWR 2012, 88). Denn der Beklagte hätte ein ihm vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgemäß ausgeübt.
- 12
- a) Der Beklagte war - ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht unterstellt - nach der Widerrufsbelehrung berechtigt, seine Beitrittserklärung binnen zwei Wochen zu widerrufen. Der Lauf der Frist hätte danach einen Tag, nachdem er die Widerrufsbelehrung unterschrieben hatte und ihm ein Exemplar der Belehrung sowie sein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. seines Vertragsantrags zur Verfügung gestellt worden waren , begonnen. Diese Zweiwochenfrist, die am 10. März 2006 zu laufen begonnen hätte, wäre am 12. Februar 2010, als sein Prozessbevollmächtigter den Widerruf erklärte, längst abgelaufen gewesen.
- 13
- b) Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht. Den Formulierungen des Beitrittsformulars lässt sich - wenn man der Widerrufsbelehrung überhaupt die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts entnehmen wollte - im Wege der Auslegung jedenfalls nicht entnehmen, die Klägerin habe dem Beklagten nicht nur ein vertragliches Widerrufsrecht mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausgestaltung einräumen wollen, sondern sich darüber hinaus auch verpflichtet, ihm gegenüber alle im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhaltenden gesetzlichen Belehrungspflichten erfüllen zu wollen und ihm bei deren Nichteinhaltung ein unbefristetes Widerrufsrecht einzuräumen.
- 14
- aa) Bei der Auslegung der Vertragserklärung ist der Hintergrund der gesetzlichen Widerrufsvorschriften in den Blick zu nehmen:
- 15
- Die Fälle des gesetzlichen Widerrufsrechts, die eine Durchbrechung des Grundsatzes "pacta sunt servanda" darstellen, sind enumerativ und abschließend geregelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB) und knüpfen an bestimmte gesetzliche Merkmale an (siehe insoweit auch BGH, Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und XI ZR 442/10, juris Rn. 24). Wird einem Vertragspartner vertraglich ein Widerrufsrecht eingeräumt, das ihm nach dem Gesetz nicht zusteht, z.B. weil der Vertragsschluss außerhalb einer "Haustürsituation" erfolgt und es daher an der vom Gesetz typisierten Situation eines strukturellen Ungleichgewichts fehlt, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die Vertragspartner gleichwohl in einer solchen Situation begegnen. Sie sind vielmehr grundsätzlich als vom Gesetz gleichgewichtig eingeschätzte Vertragspartner anzusehen. Dann bestimmt sich der Inhalt des Widerrufsrechts aber auch ausschließlich durch Auslegung ihrer vertraglichen Vereinbarung.
- 16
- bb) Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen (z.B. einer Haustürsituation) unabhängig sein soll, gleichwohl die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Anleger zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§ 312, 355 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) entspricht.
- 17
- Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Ein vernünftiger Empfänger der Erklärung der Klägerin konnte den Formulierungen der Widerrufsbelehrung nicht entnehmen, dass die Klägerin sich für den Fall, dass ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, verpflichten wollte, dem Anleger vertraglich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräumen zu wollen, wenn die von ihr in der Widerrufsbelehrung genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts nicht den vom Gesetz für ein gesetzliches Widerrufsrecht aufgestellten Anforderungen genügten.
- 18
- Für die gegenteilige Auslegung reicht es nicht aus, dass sich die Klägerin bei den Formulierungen an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat. Dies ist ersichtlich lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde, und besagt deshalb nichts für einen Willen der Klägerin, nicht bestehende Belehrungspflichten übernehmen und erfüllen zu wollen. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Klägerin selbstverständlich beabsichtigte, im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Anhaltspunkt dafür , dass er sein (möglicherweise vertragliches) Widerrufsrecht unter anderen als unter den formulierten Voraussetzungen werde ausüben können.
- 19
- Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin unter Hinweis auf § 312d Abs. 3 BGB, § 355 Abs. 3 BGB auf ein "etwaiges vorzeitiges Erlöschen" des Widerrufsrechts nach diesen Vorschriften verzichtet hat, folgt aus der maßgeblichen Sicht des Anlegers nicht, dass die Klägerin die gesetzlichen Belehrungspflichten auch in dem Fall erfüllen wollte, dass der Vertragsschluss nicht in einer Haustürsituation erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der in der Widerrufsbe- lehrung erklärte Verzicht auf ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt dahin ausgelegt werden kann, er solle gegebenenfalls auch dann gelten, wenn die gesetzlichen Bestimmungen mangels Vorliegens eines gesetzlichen Widerrufsrechts schon nicht anwendbar sind und allenfalls ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht in Rede steht. Jedenfalls kommt in diesem Verzicht nicht zum Ausdruck, dem Anleger sämtliche Rechte, die das Gesetz dem Verbraucher in der besonders schutzwürdigen Situation eines Geschäftsabschlusses in einer Haustürsituation gewährt , selbst dann einräumen zu wollen, wenn eine solche Situation nicht gegeben ist. Der Verbraucher kann der Erklärung allenfalls entnehmen, dass der Unternehmer ihm damit ein Widerrufsrecht unter den in der Belehrung formulierten Voraussetzungen einräumt. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen ist für ihn nur insoweit von Bedeutung, als das ihm gegenüber formulierte Widerrufsrecht (dadurch) nicht eingeschränkt wird.
- 20
- cc) Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht aus der Entscheidung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 2009 (XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 17). Die Entscheidung betrifft den Umfang der zu erfüllenden Belehrungspflichten bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht (§ 495 i.V.m. § 355 BGB) durch die möglicherweise zur Belehrung nicht verpflichtete dortige Klägerin und nicht den Fall eines vertraglich eingeräumten Widerrufsrechts.
- 21
- III. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbstentscheiden (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht als der hierzu allein berufene Tatrichter hat zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob bei Abgabe der Beitrittserklärung eine Haustürsituation nach § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB (in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) bestanden hat, keine Feststellungen getroffen. Dies wird es in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung nachzuholen haben.
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 08.07.2010 - 25 O 532/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.05.2011 - 27 U 16/10 -
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte trat mit Erklärung vom 9. März 2006, die am 20. April 2006 angenommen wurde, der Klägerin, einem Fonds in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei. Unter den in dem Beitrittsformular angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten wählte er das Beteiligungsprogramm Multi B und verpflichtete sich zu einer Einmalzahlung in Höhe von 15.000 € zuzüglich 5 % Agio und zur Zahlung monatlicher Raten in Höhe von 205 € zuzüglich 5 % Agio über einen Zeitraum von 30 Jahren (Vertragssumme: 93.240 €). Die Einmalzahlung war am 14. April 2006, die erste Rate war am 1. Mai 2006 fällig.
- 2
- Das Beitrittsformular enthält folgende, vom Beklagten unterschriebene Widerrufsbelehrung: Widerrufsbelehrung Ich bin an meine auf den Abschluss der oben genannten Beitrittserklärung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe. Die M. GbR verzichtet auf ein etwaiges vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 312 d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB). Mit dem Widerruf meiner Willenserklärung kommt auch meine Beteiligung an der M. GbR nicht wirksam zustande. Form des Widerrufs Der Widerruf muss in Textform (z.B. Brief, Fax) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Fristablauf Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem ich diese Widerrufsbelehrung unterschrieben habe und mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Ver- tragsurkunde bzw. meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Adressat des Widerrufs Der Widerruf ist zu senden an die M. GbR c/o Privatbank R. GmbH & Co. KG, G. str. , M. , Telefon: (0 ) 6, Fax: (0 ) 6 Widerruf bei bereits erhaltener Leistung Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits Leistungen von der M. GbR und/oder der Privatbank R. GmbH & Co. KG erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich empfangene Leistungen jedoch binnen 30 Tagen an die M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG zurückgewähren und der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG die von mir aus den Leistungen gezogenen Nutzungen herausgeben. Die Frist beginnt mit Absendung des Widerrufs. Kann ich die von der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG mir gegenüber erbrachten Leistungen ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erhaltenen Leistungen ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG erbrachten Leistungen bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme."
- 3
- Von den in der Beitrittserklärung zugesagten Zahlungen erbrachte der Beklagte lediglich vier Raten.
- 4
- Die Klägerin verlangt mit ihrer im Urkundenverfahren erhobenen Klage vom Beklagten die Einmalzahlung sowie 40 rückständige Raten, zusammen 24.360 € zzgl. Zinsen und außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.085,04 €. Mit der Klageerwiderung vom 12. Februar 2010 hat der Beklagte den Widerruf seiner Beteiligung erklärt.
- 5
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Beklagte habe seine Beteiligung an der Klägerin wirksam widerrufen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beitritt, wie vom Beklagten behauptet, in einer sogenannten Haustürsituation erfolgt sei mit der Folge des Bestehens eines gesetzlichen Widerrufsrechts. Denn die Klägerin habe dem Beklagten ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt, hinsichtlich dessen nach dem Inhalt der Widerrufsbelehrung dieselben Belehrungsvoraussetzungen zu erfüllen gewesen seien wie bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht. Diese Belehrungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt mit der Folge, dass der vom Beklagten am 12. Februar 2010 erklärte Widerruf nicht verfristet, sondern wirksam sei. Infolge des Widerrufs stehe dem Zahlungsanspruch der Klägerin die sogenannte Durchsetzungssperre entgegen.
- 9
- II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe ein vertragliches Widerrufsrecht wirksam ausgeübt, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
- 10
- 1. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; Bamberger/ Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).
- 11
- 2. Ob einer Widerrufsbelehrung, die keine Beschränkung darauf enthält, dass sie nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen gelten soll, die Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrecht entnommen werden kann, kann hier dahin- gestellt bleiben (vgl. zu dieser Problematik BGH, Urteil vom 15. Oktober 1980 - VIII ZR 192/79, WM 1980, 1386, 1387, insoweit in BGHZ 78, 248 nicht abgedruckt ; Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027; Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und - XI ZR 442/10, juris Rn. 24; OLG Hamburg, Urteil vom 19. Juni 2009 - 11 U 210/06, juris Rn. 121; OLG Köln, Urteil vom 22. Juli 2009 - 27 U 5/09, juris Rn. 22 f.;Münch KommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 360 Rn. 15; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1030 f.; Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl., Rn. 486 f.; Münscher, WuB I G 1.5.03; Corzelius, EWiR 2009, 243, 244; Tetzlaff, GWR 2012, 88). Denn der Beklagte hätte ein ihm vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgemäß ausgeübt.
- 12
- a) Der Beklagte war - ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht unterstellt - nach der Widerrufsbelehrung berechtigt, seine Beitrittserklärung binnen zwei Wochen zu widerrufen. Der Lauf der Frist hätte danach einen Tag, nachdem er die Widerrufsbelehrung unterschrieben hatte und ihm ein Exemplar der Belehrung sowie sein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. seines Vertragsantrags zur Verfügung gestellt worden waren , begonnen. Diese Zweiwochenfrist, die am 10. März 2006 zu laufen begonnen hätte, wäre am 12. Februar 2010, als sein Prozessbevollmächtigter den Widerruf erklärte, längst abgelaufen gewesen.
- 13
- b) Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht. Den Formulierungen des Beitrittsformulars lässt sich - wenn man der Widerrufsbelehrung überhaupt die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts entnehmen wollte - im Wege der Auslegung jedenfalls nicht entnehmen, die Klägerin habe dem Beklagten nicht nur ein vertragliches Widerrufsrecht mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausgestaltung einräumen wollen, sondern sich darüber hinaus auch verpflichtet, ihm gegenüber alle im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhaltenden gesetzlichen Belehrungspflichten erfüllen zu wollen und ihm bei deren Nichteinhaltung ein unbefristetes Widerrufsrecht einzuräumen.
- 14
- aa) Bei der Auslegung der Vertragserklärung ist der Hintergrund der gesetzlichen Widerrufsvorschriften in den Blick zu nehmen:
- 15
- Die Fälle des gesetzlichen Widerrufsrechts, die eine Durchbrechung des Grundsatzes "pacta sunt servanda" darstellen, sind enumerativ und abschließend geregelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB) und knüpfen an bestimmte gesetzliche Merkmale an (siehe insoweit auch BGH, Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und XI ZR 442/10, juris Rn. 24). Wird einem Vertragspartner vertraglich ein Widerrufsrecht eingeräumt, das ihm nach dem Gesetz nicht zusteht, z.B. weil der Vertragsschluss außerhalb einer "Haustürsituation" erfolgt und es daher an der vom Gesetz typisierten Situation eines strukturellen Ungleichgewichts fehlt, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die Vertragspartner gleichwohl in einer solchen Situation begegnen. Sie sind vielmehr grundsätzlich als vom Gesetz gleichgewichtig eingeschätzte Vertragspartner anzusehen. Dann bestimmt sich der Inhalt des Widerrufsrechts aber auch ausschließlich durch Auslegung ihrer vertraglichen Vereinbarung.
- 16
- bb) Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen (z.B. einer Haustürsituation) unabhängig sein soll, gleichwohl die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Anleger zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§ 312, 355 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) entspricht.
- 17
- Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Ein vernünftiger Empfänger der Erklärung der Klägerin konnte den Formulierungen der Widerrufsbelehrung nicht entnehmen, dass die Klägerin sich für den Fall, dass ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, verpflichten wollte, dem Anleger vertraglich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräumen zu wollen, wenn die von ihr in der Widerrufsbelehrung genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts nicht den vom Gesetz für ein gesetzliches Widerrufsrecht aufgestellten Anforderungen genügten.
- 18
- Für die gegenteilige Auslegung reicht es nicht aus, dass sich die Klägerin bei den Formulierungen an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat. Dies ist ersichtlich lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde, und besagt deshalb nichts für einen Willen der Klägerin, nicht bestehende Belehrungspflichten übernehmen und erfüllen zu wollen. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Klägerin selbstverständlich beabsichtigte, im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Anhaltspunkt dafür , dass er sein (möglicherweise vertragliches) Widerrufsrecht unter anderen als unter den formulierten Voraussetzungen werde ausüben können.
- 19
- Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin unter Hinweis auf § 312d Abs. 3 BGB, § 355 Abs. 3 BGB auf ein "etwaiges vorzeitiges Erlöschen" des Widerrufsrechts nach diesen Vorschriften verzichtet hat, folgt aus der maßgeblichen Sicht des Anlegers nicht, dass die Klägerin die gesetzlichen Belehrungspflichten auch in dem Fall erfüllen wollte, dass der Vertragsschluss nicht in einer Haustürsituation erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der in der Widerrufsbe- lehrung erklärte Verzicht auf ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt dahin ausgelegt werden kann, er solle gegebenenfalls auch dann gelten, wenn die gesetzlichen Bestimmungen mangels Vorliegens eines gesetzlichen Widerrufsrechts schon nicht anwendbar sind und allenfalls ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht in Rede steht. Jedenfalls kommt in diesem Verzicht nicht zum Ausdruck, dem Anleger sämtliche Rechte, die das Gesetz dem Verbraucher in der besonders schutzwürdigen Situation eines Geschäftsabschlusses in einer Haustürsituation gewährt , selbst dann einräumen zu wollen, wenn eine solche Situation nicht gegeben ist. Der Verbraucher kann der Erklärung allenfalls entnehmen, dass der Unternehmer ihm damit ein Widerrufsrecht unter den in der Belehrung formulierten Voraussetzungen einräumt. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen ist für ihn nur insoweit von Bedeutung, als das ihm gegenüber formulierte Widerrufsrecht (dadurch) nicht eingeschränkt wird.
- 20
- cc) Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht aus der Entscheidung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 2009 (XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 17). Die Entscheidung betrifft den Umfang der zu erfüllenden Belehrungspflichten bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht (§ 495 i.V.m. § 355 BGB) durch die möglicherweise zur Belehrung nicht verpflichtete dortige Klägerin und nicht den Fall eines vertraglich eingeräumten Widerrufsrechts.
- 21
- III. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbstentscheiden (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht als der hierzu allein berufene Tatrichter hat zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob bei Abgabe der Beitrittserklärung eine Haustürsituation nach § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB (in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) bestanden hat, keine Feststellungen getroffen. Dies wird es in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung nachzuholen haben.
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 08.07.2010 - 25 O 532/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.05.2011 - 27 U 16/10 -
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.