Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 03. Apr. 2018 - 3 Ss OWi 330/18
Tatbestand
Zum Sachverhalt:
Gründe
Aus den Gründen:
(Mitgeteilt von Richter am OLG Dr. G. Gieg, Bamberg)
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 03. Apr. 2018 - 3 Ss OWi 330/18
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 03. Apr. 2018 - 3 Ss OWi 330/18
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Bamberg Beschluss, 03. Apr. 2018 - 3 Ss OWi 330/18 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.
(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünfzehn Fällen unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ferner einen Betrag in Höhe von 5.640 € für verfallen erklärt und hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 30.000 € den Verfall von Wertersatz angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
I.
- 2
- Der Verteidiger hat das in der Revisionsrechtfertigung zunächst mit einem umfassenden Aufhebungsantrag verbundene Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 27. März 2013 teilweise zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO). In diesem Schriftsatz hat er beantragt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen „im Strafausspruch und soweit eine Entscheidung zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist … aufzuheben“. Diese nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist , aber vor Beginn der Hauptverhandlung eingegangene und daher nicht nach § 303, sondern nach § 302 StPO zu beurteilende Erklärung (zur Rechtslage bei einer entsprechenden Erklärung innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 5 ff.) war auch wirksam. Der Verteidiger hatte, wie er in der Hauptverhandlung erklärt hat, im Zeitpunkt ihrer Abgabe die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (Senatsbeschluss vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 302 Rn. 32). Die vom Verteidiger in der Hauptverhandlung erklärte Erweiterung des Rechtsmittels ist wegen des Ablaufs der Revisionseinlegungsfrist unzulässig (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1992 – 5 StR 517/92, BGHSt 38, 366 f.).
II.
- 3
- Durch die Teilrücknahme ist das angefochtene Urteil im Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen. Gleiches gilt hinsichtlich der Anordnungen des Verfalls und des Verfalls von Wertersatz, da es sich hierbei nach ständiger Rechtspre- chung des Bundesgerichtshofs um Maßnahmen eigener Art ohne Strafcharakter handelt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. März 1995 – 2 StR 691/94, NJW 1995, 2235). Der revisionsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt es daher nur noch im Strafausspruch und insoweit, als die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
- 4
- 1. Soweit dem Revisionsvorbringen im Hinblick auf die Verneinung erheblich verminderter Schuldfähigkeit die Rüge der Verletzung von Verfahrensrecht entnommen werden kann, bleibt diese Beanstandung, wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat vom 13. März 2013 im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, ohne Erfolg.
- 5
- 2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hin hat hinsichtlich des Strafausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
- 6
- 3. Im Hinblick auf die Nichtanordnung der Unterbringung nach § 64 StGB führt das Rechtsmittel jedoch zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung an das Landgericht. Die Strafkammer hätte erörtern müssen, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen war, da die getroffenen Feststellungen den für eine Unterbringung erforderlichen Hang nahe legen, also eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende und durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 2. März 2004 – 4 StR 518/03, NStZ 2004, 681; SSW-StGB/Schöch, § 64 Rn. 8).
- 7
- a) Nach den Feststellungen kam der Angeklagte etwa im Alter von zwölf Jahren mit Drogen in Kontakt, mit 15 Jahren begann er mit dem regelmäßigen Konsum von Marihuana. Etwa ein Jahr später begann er, regelmäßig Haschisch für den Eigenkonsum zu erwerben, zuletzt etwa 10 Gramm pro Tag. Mit etwa 17 Jahren probierte der Angeklagte Kokain aus, das er ab dem 18. Lebensjahr regelmäßig konsumierte. Seinen Verbrauch steigerte er nach und nach auf etwa 1 bis 2 Gramm Kokain im Tatzeitraum; hierfür wandte er etwa 30 bis 90 €/Tag auf. Die abgeurteilten Taten beging er – soweit er (wie überwiegend ) mit Marihuana gehandelt hat – zur Finanzierung seines Drogenkonsums. Im Jahr 2009 wurde er wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Drogeneinfluss jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Untersuchungshaft in vorliegender Sache litt er in den ersten drei Monaten unter Schlafstörungen und rauchte Zigaretten, um den Betäubungsmittel-Mangel zu kompensieren.
- 8
- b) Da auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB vor dem Hintergrund der vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen und den Urteilsgründen insbesondere nicht entnommen werden kann, dass beim Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht besteht, erweist sich die unterbliebene Erörterung der Unterbringung als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Einer etwaigen Unterbringungsanordnung steht auch nicht entgegen, dass ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5), zumal der Angeklagte die Nichtanwendung von § 64 StGB durch die Strafkammer nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362).
III.
- 9
- Die zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Strafkammer wird nunmehr mit Hilfe eines Sachverständigen (§ 246a StPO) zu klären haben, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Mit Blick auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe weist der Senat auf § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB besonders hin (vgl. dazu Fischer, StGB, 60. Aufl., § 67 Rn. 10 ff. mN zur Rspr.).
Bender Quentin
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Heilbronn vom 28. April 2010 mit den zugrundeliegenden Feststellungen
a u f g e h o b e n .
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Heilbronn
z u r ü c k v e r w i e s e n.
Gründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 31. August 2016 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20. Januar 2016 wirksam zurückgenommen ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Der Wahlverteidiger des Angeklagten hat das am 25. und 27. Januar 2016 eingelegte Rechtsmittel am 28. April 2016 unmissverständlich zurückgenommen und die Überstellung des Angeklagten in sein Heimatland Dänemark beantragt. Die hierzu erforderliche ausdrückliche Ermächtigung (§ 302 Abs. 2 StPO) ergibt sich aus der Vollmacht vom 8. Februar 2016, die die Befugnis umfasst , Rechtsmittel einzulegen, zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten. Die Vollmacht ist im Revisionsverfahren erteilt worden, so dass die Ermächtigung als ausdrücklich auf die Revision bezogen angesehen werden muss (vgl. BGH NStZ 1998, 531 f.; NStZ-RR 2005, 261). Die Rücknahmeerklärung ist nicht widerruflich und führt zum Verlust des Rechtsmittels; dass die Ermächtigung vor Eingang der Rücknahmeerklärung bei Gericht widerrufen worden wäre, ist nicht ersichtlich. Dass der die Wirksamkeit der Rücknahme bestreitende Angeklagte - über die in der Vollmacht erteilte Ermächtigung hinaus - dem Verteidiger keine weitere Erlaubnis zur Rücknahme gegeben oder ihn ausdrücklich zu einer sol- chen aufgefordert hat, steht der Geltung der am 8. Februar 2016 erteilten Ermächtigung nicht entgegen. Fischer Appl Eschelbach Zeng Bartel
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2016 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 19. September 2016 wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
I.
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision „namens und im Auftrag des Angeklagten“ zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am 14. Oktober 2016 beim Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2016 vorgetragen , er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der Revisionsrücknahme auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.
- 2
- Auf Anfrage des Landgerichts hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am 28. September 2016 mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 die Revisionsrücknahme erklärt.
- 3
- Mit Schriftsatz vom 24. November 2016 hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.
II.
- 4
- Die am 26. September 2016 eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO).
- 5
- 1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f.; Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ-RR 2005, 583; SSWStPO /Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur Rechtsmittelrücknahme als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am 28. September 2016 zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des Verfahrensgangs ein schlüssiges Bild ergeben.
- 6
- 2. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem Landgericht jedoch erst am 14. Oktober 2016 und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.
- 7
- 3. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO). Durch sein beim Landgericht am 14. Oktober 2016 eingegangenes Schreiben konnte die Revisionsrücknahme daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.
- 8
- 4. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die Revisionsrücknahme einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO; vom 3. Mai 1957 – 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).
III.
- 9
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1999 – 4 StR 549/99).
Bender Quentin
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.