Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 23. Feb. 2016 - 1 Ws 615/15

bei uns veröffentlicht am23.02.2016

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Gründe

Oberlandesgericht Bamberg

1 Ws 615/15

Beschluss

vom 23. 2. 2016

Zum Sachverhalt:

Die StA legte dem von RA R zunächst als Wahlverteidiger verteidigten Angekl. A mit Anklageschrift vom 11.12.2014 zur Last, zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt kurz vor dem 08.10.2013 gegen ein in der Höhe unbekanntes, von dem anderweitig Verfolgten T bezahltes Entgelt ein Paket mit 1.519,8 g Marihuana über einen Paketdienst an einen tatsächlich nicht existenten Adressaten in D. versandt zu haben, wobei das Paket nach dem Tatplan des Angekl. und des T von diesem im Rahmen seiner Tätigkeit als Paketausfahrer übernommen werden sollte. Das Paket wurde jedoch noch vor Übergabe an T sichergestellt. Die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden beruhten auf den Ermittlungen im Rahmen eines gegen den anderweitig Verfolgten T geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens. Im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung bei dem anderweitig Verfolgten T ergaben sich Hinweise darauf, dass A der Absender des Päckchens war. Der anderweitig Verfolgte T. wurde wegen dieses Sachverhalts mit Urteil des AG vom 15.01.2015, rechtskräftig seit 23.01.2015, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und wegen einer weiteren Tat sowie unter Einbeziehung weiterer Strafen aus einer vorausgegangenen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren mit Bewährung verurteilt. Mit Beschluss vom 15.01.2015 bestellte das AG dem Angekl. A im vorliegenden Verfahren RA R als Pflichtverteidiger. In der Hauptverhandlung am 23.02.2015 erklärte RA R als Pflichtverteidiger zunächst, dass sich sein Mandant nur zur Beziehung zu T, nicht aber zur Tat selbst äußern wolle. Daraufhin gab der A u. a. an, er kenne den anderweitig Verfolgten T seit 10 Jahren und habe ihm 8.000 EUR geliehen. Auf Vorhalt des bei dem anderweitig Verfolgten T sichergestellten Zettels äußerte sich A dahingehend, dass es sich um seine neue Telefonnummer gehandelt habe. Seinem Vater sei es damals nicht so gut gegangen. Hierzu erklärte RA R: „Herr T hatte ein freundschaftliches Verhältnis zum Vater des Angeklagten“. Der anderweitig Verfolgte T gab als Zeuge an, er wisse nicht, von wem er das Paket erhalten habe. Die Person kenne er nicht. Er habe eine Telefonnummer von einem Angehörigen bekommen, zu dem er sich allerdings nicht äußern möchte. Unter dieser Nummer habe er angerufen und 1,5 kg Marihuana bestellt. A habe ihm 8.000 EUR geliehen. Die Überweisung über 1.700 EUR sei die letzte Rate der 8.000 EUR gewesen. Auf Frage von RA R gab er an, er habe die Stimme nicht gekannt. Es sei nicht A gewesen; auch habe er sich mit A nicht über Drogen unterhalten. Nach dieser Zeugenaussage setzte das AG die Hauptverhandlung aus. Der Zeuge T wurde wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage vorläufig festgenommen. Im Anschluss daran erging Haftbefehl. Im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung anlässlich eines Haftprüfungstermins am 05.03.2015 erklärte der Zeuge T, dass er das Marihuana doch bei A bestellt habe und die 1.700 EUR eine Anzahlung für das bestellte Marihuana gewesen seien. Auf Frage, ob die letzte Aussage vor Gericht abgesprochen gewesen sei, räumte T ein, dass dies zutreffend sei. A sei am Wochenende vor der Gerichtsverhandlung bei ihm gewesen und man hätte die Aussage besprochen bzw. vorbereitet. Insbesondere entspreche seine frühere Einlassung, wonach ihm ein Angehöriger die Telefonnummer gegeben habe, nicht der Wahrheit. Man sei davon ausgegangen, mit der Lüge durchzukommen, da ja gegenüber Angehörigen ein Zeugnisverweigerungsrecht bestehe. Am Samstagabend seien dann A und T zum Verteidiger des A ins Hotel gefahren. R habe man dann erzählt, was T aussagen werde und man habe von R wissen wollen, ob das so glaubwürdig klinge. R habe geantwortet, dass er sich das überlegen müsse. R sei dann am Sonntagabend zu T nach Hause gekommen, wo die beabsichtigte Aussage des T genau besprochen worden sei. Mit Urteil des AG vom 23.07.2015, rechtskräftig seit 31.07.2015, wurde der anderweitig Verfolgte T wegen falscher uneidlicher Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten mit Bewährung verurteilt. Im vorliegenden Verfahren verurteilte das AG den A am 13.08.2015 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten. Nach den Urteilsfeststellungen räumte A die Tat ein während der als Zeuge gehörte T angab, er habe anlässlich der Hauptverhandlung am 23.02.2015 deswegen die Unwahrheit gesagt, weil er ein schlechtes Gewissen gehabt habe, da er A in das Rauschgiftgeschäft hineingezogen habe. Er habe deshalb am Wochenende vor dem Hauptverhandlungstermin mit A besprochen, was er als Zeuge aussagen solle. Anschließend habe man die angedachte Aussage dem R als Verteidiger des A vorgetragen. Dieser habe dann geäußert, das könne man so machen. Gegen dieses Urteil legten sowohl die StA als auch A Berufung ein. Die StA hatte bereits mit Verfügung vom 30.03.2015 ein Ermittlungsverfahren gegen RA R wegen Beihilfe zur falschen uneidlichen Aussage eingeleitet. Unter dem 21.10.2015 erhob sie Anklage wegen Beihilfe zur falschen uneidlichen Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zum AG. Mit Beschluss vom 25.11.2015 ließ das AG die Anklage zur Hauptverhandlung zu, eröffnete das Hauptverfahren und bestimmte Termin für die Hauptverhandlung auf den 01.03.2016. Die StA hat am 21.10.2015 unter Bezugnahme auf die gegen A erhobene Anklage gegenüber dem LG beantragt, RA R von der Mitwirkung im Berufungsverfahren gemäß § 138a I Nr. 3 StPO auszuschließen. Mit Verfügung vom 05.11.2015 leitete das LG die Akte über die StA dem Senat zur Entscheidung über den Antrag auf Ausschluss des Verteidigers zu. Nach einem Hinweis des Senats vom 17.11.2015 stellte die StA unter dem 14.12.2015 einen nachgebesserten Ausschließungsantrag, den das LG mit Beschluss vom 17.12.2015 dem Senat zur Entscheidung vorlegte. Der Ausschließungsantrag erwies sich als zulässig und begründet und führte zum Ausschluss von R von der weiteren Mitwirkung als Verteidiger im Strafverfahren

Aus den Gründen:

1. Der Antrag der StA, RA R von der Mitwirkung als Verteidiger im Strafverfahren gegen den Angekl. A auszuschließen, ist zulässig. Insbesondere genügen der nachgebesserte Antrag und der nunmehr erfolgte gerichtliche Vorlagebeschluss den formalen Voraussetzungen des Vorlageverfahrens nach § 138c II StPO (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 28.10.2014 - 2 Ws 84/14 = StraFo 2015, 21 = NStZ-RR 2015, 80 = StVG 2016, 141 = OLGSt StPO § 138c Nr. 1 und OLG Bamberg, Beschl. v. 01.08.2011 - 1 Ws 378/11 = StraFo 2012, 187 = StV 2014, 8).

2. Der Antrag ist nach der vom Senat freibeweislich durchgeführten Beweisaufnahme hinsichtlich der Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten T, des Verfahrens gegen RA R sowie aus den Akten des vorliegenden Verfahrens auch begründet. RA R ist in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig, eine Handlung begangen zu haben, die sich für den Fall einer Verurteilung des Angekl. A jedenfalls als eine versuchte Strafvereitelung nach den §§ 258 I und IV, 22, 23 StGB darstellte (§ 138a I Nr. 3 StPO).

a) Das förmliche Ausschließungsverfahren greift nicht nur für Wahlverteidiger, sondern auch für Rechtsanwälte, die nach § 141 StPO als Pflichtverteidiger bestellt worden sind. Insoweit genießt es sogar Vorrang vor einer ggf. möglichen Rücknahme der Bestellung aus wichtigem Grund oder nach § 143 StPO (vgl. KK/Laufhütte/Willnow StPO 7. Aufl. § 138a Rn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 58. Aufl. § 138a Rn. 3).

b) Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob für den Ausschluss eines Verteidigers regelmäßig ein dringender Tatverdacht erforderlich ist und ein hinreichender Tatverdacht nur dann genügt, wenn das dem Verteidiger vorgeworfene strafbare Verhalten bereits anklagereif ausermittelt worden ist (KG, Beschl. v. 22.10.2015 - 2 ARs 22/15 = NStZ-RR 2016, 18; KK/Laufhütte/Willnow § 138a Rn. 6; Meyer-Goßner/Schmitt § 138a Rn. 14). Denn hier wurde nach den freibeweislichen Feststellungen des Senats das RA R vorgeworfene strafbare Verhalten seitens der StA nicht nur anklagereif ausermittelt, vielmehr wurde bereits Anklage erhoben und diese zur Hauptverhandlung zugelassen und dass Hauptverfahren vor dem AG eröffnet und damit hinreichender Tatverdacht i. S. v. § 203 StPO bejaht.

c) RA R ist jedenfalls einer versuchten Strafvereitelung nach den §§ 258 I, IV, 22, 23 StGB hinreichend verdächtig; insbesondere genügt auch eine (nur) versuchte Strafvereitelung für eine Ausschließung (KK/Laufhütte/Willnow § 138a Rn. 12; Meyer-Goßner/Schmitt § 138a Rn. 11).

aa) Auch wenn es angesichts des mittlerweile erfolgten Geständnisses des A naheliegend erscheinen mag, hat der Senat nicht zu überprüfen, ob dessen Verurteilung wahrscheinlich ist. Vielmehr hat der Senat zu unterstellen, dass dieser alle Tatbestandsmerkmale erfüllt hat und keine Prozesshindernisse entgegenstehen und auf Grundlage dieser Unterstellung zu beurteilen, ob der Verteidiger einer der in § 138a I Nr. 3 StPO genannten Straftaten verdächtig ist (Meyer-Goßner/Schmitt § 138a Rn. 10; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.03.2006 - 3 Ausschl 1/06 = OLGSt StPO § 138a Nr. 7 = JZ 2006, 1129).

bb) Versuchte Strafvereitelung liegt vor, wenn jemand nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar dazu ansetzt, absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil zu vereiteln, dass ein anderer wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird. Der Vorwurf, auf den sich hier der hinreichende Verdacht bezieht, liegt in der Absprache der Einzelheiten und Beratung des anderweitig Verfolgten T hinsichtlich der Glaubhaftigkeit seiner zu tätigenden Aussage als Zeuge im Verfahren gegen A sowie der aktiven Beteiligung an der Vernehmung des T im Hauptverhandlungstermin am 23.02.2015.

(1) Dabei ist sich der Senat bewusst, dass die Stellung als Verteidiger in einem Strafprozess und das damit verbundene Spannungsverhältnis zwischen seiner Stellung als unabhängiges, der Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtetes Organ der Rechtspflege und seiner Beistandsfunktion und Treuepflicht gegenüber dem Angeklagten eine besondere Abgrenzung zwischen erlaubtem und unerlaubtem Verhalten im Hinblick auf den Straftatbestand der Strafvereitelung erforderlich macht (BGHSt 38, 345; 46, 53; BGH NJW 2006, 2421; BGH NJW 2009, 2690; OLG Bamberg a. a. O.; OLG Nürnberg NJW 2012, 1895) und dass vor diesem Hintergrund nach der Rspr. des BGH der Nachweis des subjektiven Tatbestandes bei einem Verteidigerverhalten erhöhten Anforderungen unterliegt (BGH NJW 2000, 2433, 2434 = BGHSt 46, 53ff; OLG Karlsruhe a. a. O.). Danach ist ein Strafverteidiger verpflichtet, seinen Mandanten im Rahmen der Gesetze bestmöglich zu verteidigen. Er ist dagegen nicht verpflichtet, an der Verwirklichung des staatlichen Strafanspruchs mitzuwirken. Er hat auch nicht für die Richtigkeit von Zeugenaussagen einzustehen und ist insbesondere grundsätzlich auch nicht verpflichtet, eine Falschaussage zu verhindern. Die Grenze zulässigen Verteidigungshandelns ist jedoch überschritten, wenn der Verteidiger den Sachverhalt aktiv verdunkelt oder verzerrt, insbesondere wenn er Beweisquellen verfälscht. Bei von ihm sicher als unwahr erkannten Zeugenaussagen ist eine aktive Verdunkelung anzunehmen, wenn der Verteidiger Einfluss auf das Zustandekommen der Aussage genommen hat, insbesondere wenn er den Zeugen zu einer Falschaussage veranlasst, wenn er ihn in seinem Entschluss bestärkt oder wenn er den Inhalt der Falschaussage mit ihm abgestimmt hat (vgl. BGH a. a. O.; vgl. zusammenfassend auch Fischer StGB 63. Aufl. § 258 Rn. 16 ff).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war hier nach Aktenlage die Grenze des prozessual zulässigen Verteidigungshandelns überschritten, weil durch die abgesprochene falsche Aussage des anderweitig Verfolgten T die aufgrund der bei der Durchsuchung aufgefundenen Indizien gegen den Angekl. sprechende Beweislage verschlechtert werden sollte und dies RA R nicht nur wusste, sondern es ihm gerade auch darauf ankam.

cc) Es bedarf schließlich keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob durch die in der Hauptverhandlung vom 23.02.2015 erfolgte Aussetzung des Verfahrens eine derart beachtliche Verzögerung eingetreten ist, dass bereits eine vollendete Strafvereitelung in Betracht käme (Fischer § 258 Rn. 8 m. w. N.) und ob dies auch vom Vorstellungsbild der Beteiligten erfasst wäre. Die Angaben des anderweitig Verfolgten T sowohl im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung anlässlich des Haftprüfungstermins als auch im Rahmen der Hauptverhandlung am 13.08.2015 rechtfertigen jedenfalls nach vorläufiger Bewertung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen des Tatentschlusses für eine versuchte Strafvereitelung. Der subjektive Tatbestand der (versuchten) Strafvereitelung erfordert hinsichtlich Tathandlung und Vereitelungserfolg Absicht oder Wissentlichkeit, während für die Kenntnis der Vortat bedingter Vorsatz genügt (BGHSt 46, 53 ff. m. w. N.). Nachdem R als Verteidiger des Angekl. bereits Akteneinsicht gehabt hatte und ihm damit die gegen den Angekl. sprechende Beweislage bekannt war, liegt ein bedingter Vorsatz hinsichtlich der Vortat nahe. Nach vorläufiger Bewertung des Senats ist RA R nicht nur wissentlich, sondern auch absichtlich tätig geworden, um die Stellung des Angekl. zu verbessern. Wissentlichkeit in diesem Sinne bedeutet, dass der Täter die Tatbestandsverwirklichung sowohl hinsichtlich der Tathandlung als auch hinsichtlich des sich aus ihr ergebenden Erfolges als sichere Folge seines Tuns erkennt oder voraussieht. Absicht in diesem Sinne setzt ein zielgerichtetes Wollen voraus; es muss dem Täter gerade auf den Eintritt des Erfolges ankommen (BGH a. a. O.; Fischer § 15 Rn. 6 f. i. V. m. § 258 Rn. 33). Zwar hat R weder im Ausschließungsverfahren noch in dem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren Angaben zu seinem Vorstellungsbild getätigt. Für das Vorliegen sowohl des Wissens- als auch des Willensmoments spricht jedoch, dass es dem anderweitig Verfolgten T mit der erfundenen Geschichte hinsichtlich des Angehörigen, des Darlehens sowie der Erklärungen bzgl. der aufgefundenen Zettelaufschriften in erster Linie darum ging, den Angekl. zu entlasten, weil er diesen in das Rauschgiftgeschäft hineingezogen hatte. Nach den Angaben des T war dies RA R nach Auffassung des Senats auch bewusst, weil er ausdrücklich wegen der Glaubwürdigkeit um Rat gefragt wurde und nach reiflicher Überlegung die geplante Aussage nicht nur mit abgesprochen, sondern auch für glaubhaft angesehen hat. Für den Senat ist offensichtlich, dass damit der Beweiswert der gegen den Angekl. sprechenden Indizien abgeschwächt werden sollte. Denn nach der Rspr. des BGH kommt einer DNA-Spur, nach der der Angeklagte „als Spurenverursacher nicht auszuschließen ist“ […] kein solcher Beweiswert zu, dass allein hierauf eine Verurteilung gestützt werden könnte. Auch dies war R als Fachanwalt für Strafrecht ersichtlich bekannt und das wollte er auch erreichen. Letzteres wird vor allem auch durch sein Auftreten in der Hauptverhandlung am 23.02.2015 deutlich. Dieses war ersichtlich davon geprägt, das gute Verhältnis zwischen dem anderweitig Verfolgten T und dem Angekl. bzw. dessen Vater herauszustellen, um damit die Erklärungen für das Darlehen sowie die Zettelaufschrift „Papa ist aufm Posten“ plausibler erscheinen zu lassen. Naheliegende andere Gründe für das Vorgehen von RA R sind nicht ersichtlich. Dass der angestrebte Erfolg nicht eingetreten ist, rechtfertigt weder Abstriche hinsichtlich des Wissens- noch hinsichtlich des Wollenselements. Insbesondere kann R hinsichtlich des voluntativen Elements die Vermutung des inneren Vorbehaltes, dass ein Verteidiger regelmäßig strafbares Verhalten nicht billigt, nicht zugute kommen, weil er bezüglich der Aussage des T gerade über zusätzliche Informationen verfügte und diese nicht offenlegte (BGH a. a. O.).

dd) Das Verhalten von R ist (auch nach seiner Vorstellung) als täterschaftlich versuchte Strafvereitelung und nicht lediglich als Teilnahme (Beihilfe) an der versuchten Strafvereitelung des anderweitig Verfolgten T zu bewerten. R hatte nach Aktenlage jedenfalls auch die Tatherrschaft, weil er den anderweitig Verfolgten T nicht nur bestärkt, sondern die Angaben mit diesem auch abgesprochen hat. Darüber hinaus hat er bei der Vernehmung in der Hauptverhandlung auch aktiv eingegriffen und diesen noch einmal ergänzend zu den vorgenannten Indizien befragt, obwohl er wusste, dass die Aussagen des T hierzu gerade nicht der Wahrheit entsprechen (vgl. auch OLG Nürnberg NJW 2012, 1895 zur Abgrenzung zwischen Täterschaft und bloßer Teilnahme an einer straflosen „Selbstvereitelung“).

ee) Nachdem mit der Vernehmung des T in der Hauptverhandlung am 23.02.2015 bereits begonnen worden war, liegt ein unmittelbares Ansetzen i. S. v. § 22 StGB vor.

ff) Eine Strafausschluss nach § 258 V StGB kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil hier kein Fall der (straflosen) Teilnahme an einer „Selbstvereitelung“ des Angekl. vorliegt. […]

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Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafprozeßordnung - StPO | § 203 Eröffnungsbeschluss


Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Strafprozeßordnung - StPO | § 141 Zeitpunkt der Bestellung eines Pflichtverteidigers


(1) In den Fällen der notwendigen Verteidigung wird dem Beschuldigten, dem der Tatvorwurf eröffnet worden ist und der noch keinen Verteidiger hat, unverzüglich ein Pflichtverteidiger bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich be

Strafprozeßordnung - StPO | § 143 Dauer und Aufhebung der Bestellung


(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460. (2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwen

Strafprozeßordnung - StPO | § 138a Ausschließung des Verteidigers


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Strafprozeßordnung - StPO | § 138c Zuständigkeit für die Ausschließungsentscheidung


(1) Die Entscheidungen nach den §§ 138a und 138b trifft das Oberlandesgericht. Werden im vorbereitenden Verfahren die Ermittlungen vom Generalbundesanwalt geführt oder ist das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof anhängig, so entscheidet der Bundesger

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Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau vom 12. Dezember 2013 aufgehoben.

Die Betroffene wird auf Kosten der Landeskasse, die auch die notwendigen Auslagen der Betroffenen trägt, freigesprochen.

Gründe

I.

1

Mit Urteil vom 12. Dezember 2013 hat das Amtsgericht Dessau-Roßlau gegen die Betroffene wegen fährlässigen Inverkehrbringens von Elektrogeräten ohne die erforderliche Registrierung eine Geldbuße von 5.000,00 € verhängt.

2

Hiergegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Amtsgerichts Dessau-Roßlau und zum Freispruch der Betroffenen von Rechts wegen.

4

Die getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung der Betroffenen nach dem ElektroG nicht.

5

Ordnungswidrig handelt nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 ElektroG, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG Elektro- und Elektronikgeräte in Verkehr bringt. Diese Norm bestimmt, dass Hersteller, die sich nicht haben registrieren lassen oder deren Registrierung widerrufen ist, Elektro- und Elektronikgeräte nicht in Verkehr bringen dürfen. Der Anwendungsbereich des ElektroG ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 ElektroG eröffnet, wenn es sich bei den von der Betroffenen in Verkehr gebrachten Pumpen um elektrische und elektronische Werkzeuge mit Ausnahme ortfester industrieller Großanlagen handelt. In Anhang II Nr. 6 werden als Werkzeuge u. a. beispielhaft Geräte zum Versprühen, Ausbringen, Verteilen oder zur sonstigen Verarbeitung von flüssigen oder gasförmigen Stoffen mit anderen Mitteln genannt.

6

Dies zugrunde gelegt, hat sich die Betroffene nicht des fahrlässigen Inverkehrbringens von Elektrogeräten ohne die erforderliche Registrierung schuldig gemacht.

7

Für Vorschriften, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit festlegen, gilt ebenso wie für Regelungen über Straftatbestände das Bestimmtheitsgebot, mit denselben Anforderungen wie an Straftatbestände. Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Die Bedeutung dieser Verfassungsnorm erschöpft sich jedoch nicht im Verbot der gewohnheitsrechtlichen oder rückwirkenden Strafbegründung. Art. 103 Abs. 2 GG enthält ein für die Gesetzgebung wesentliches Bestimmtheitsgebot sowie ein damit korrespondierendes, an die Rechtsprechung gerichtetes Verbot strafbegründender Analogie (BVerfGE 14, 174 (185); 73, 206 (234); st. Rspr.).

8

Der Gesetzgeber ist danach bestimmten verfassungsrechtlichen Bindungen unterworfen:

9

Art. 103 Abs. 2 GG enthält - neben dem hier nicht zu erörternden Rückwirkungsverbot - die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. BVerfGE 41, 314 [319]; 47, 109 [120]; 55, 144 [152]). Diese Verpflichtung dient einem doppelten Zweck. Es geht einerseits um den rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten: Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist (vgl. z. B. BVerfGE 41, 314 [319]; 45, 346 [351]; 47, 109 [120]; 48, 48 [56]; 64, 389 [393 f.]). Art. 103 Abs. 2 GG hat insofern freiheitsgewährleistende Funktion. Andererseits soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung festzulegen (vgl. BVerfGE 47, 109 (120)).

10

Prinzipiell muss der Normadressat mithin anhand der gesetzlichen Regelung voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist; in Grenzfällen geht er dann, für ihn erkennbar, das Risiko einer Bestrafung ein. Beides ist nur möglich, wenn in erster Linie der für den Adressaten verstehbare Wortlaut des gesetzlichen Straftatbestandes maßgebend ist. Führt erst eine über den erkennbaren Wortsinn der Vorschrift hinausgehende Interpretation zu dem Ergebnis der Strafbarkeit eines Verhaltens, so kann dies nicht zu Lasten des Bürgers gehen (vgl. BVerfGE 47, 109 (121, 124); 64, 389 (393)).

11

Eine Strafe kann nach Art. 103 Abs. 2 GG nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes oder aufgrund einer Rechtsverordnung verhängt werden, die im Rahmen einer nach Inhalt, Zweck und Ausmaß derart bestimmten gesetzlichen Ermächtigung ergangen ist. Die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe müssen für den Bürger schon aufgrund des Gesetzes, nicht erst aufgrund der hierauf gestützten Verordnung voraussehbar sein (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerfGE 14, 174 [185 f.]; vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschl. v. 06.05.1987 - 2 BvL 11/85 -, RdNr. 33 ff. zitiert nach juris).

12

Der Anwendungsbereich des ElektroG ist deshalb nur dann eröffnet, wenn die von der Betroffenen in Verkehr gebrachten Pumpen nach allgemeinem Sprachgebrauch Werkzeuge im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 ElektroG sind. Zu Recht hat die Betroffene darauf hingewiesen, dass, soweit sich § 2 Abs. 1 Satz 2 ElektroG auf die im Anhang aufgeführten Elektro- und Elektronikgeräte bezieht, diese Kategorien hierdurch keine Ausweitung erfahren, sondern lediglich durch Einzelbeispiele erläutert werden. Durch eine weite Auslegung von Beispielsfällen kann daher nicht der Inhalt der Oberbegriffe ausdehnend bestimmt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.2008 - 7 C 43.07 -, RdNr. 12, zitiert nach juris).

13

Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind die von der Betroffenen in Verkehr gebrachen Pumpen keine Werkzeuge. Nach der Bedeutung des Wortes Werkzeug werden hiermit ausschließlich solche Gegenstände bezeichnet, die dem Bearbeiten von Werkstücken oder Werkstoffen dienen. In Wörterbüchern und Lexika werden Werkzeuge definiert „als Geräte zur Bearbeitung von Werkstücken oder Werkstoffen“ (s. Brockhaus in 5 Bänden, Stichwort „Werkzeug“; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Stichwort „Werkzeug“) beziehungsweise „als Geräte als Mittel zur Unterstützung oder Ersetzung der menschlichen Hand bei der Bearbeitung von Gegenständen oder Stoffen“ (Duden, Das Bedeutungswörterbuch, Stichwort „Werkzeug“).

14

Deshalb sind die von der Betroffenen in den Verkehr gebrachten Pumpen keine Werkzeuge im Sinne von §§ 23, 6, 2 Abs. 1 Nr. 6 ElektroG.

15

Dieser Annahme stehen die Entscheidungen des Bayrischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. Januar 2010 (Az.: AN 11 K 09.0185) und die des Bayrischen VGH, Beschl. v. 28.06.2010 (Az.: 20 ZB 10.401), die für die Druckerhöhungsanlage Hydrojet JP 6 und die Schmutzwasserpumpe Typ AP 50.50.08.A1 die Anwendbarkeit des ElektroG bejaht haben, nicht entgegen.Eine allgemeine Bindung der Strafgerichte an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und die in dieser vertretenen Rechtsansichten besteht, abgesehen von den Wirkungen der Rechtskraft (§ 121 VwGO), nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.05.1987 - 2 BvL 11/85 -, RdNr. 48, zitiert nach juris; BVerfGE 22, 373 [379]; 68, 337 [345]). Vielmehr haben Verwaltungsgerichte und Strafgerichte den Inhalt der Norm jeweils nach den ihnen obliegenden Grundsätzen zu interpretieren.

16

Im Hinblick auf das im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht geltende Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG bildet für die Strafgerichte der Wortlaut der Vorschrift nach allgemeinem Sprachgebrauch die Grenze, die sie nicht überschreiten dürfen. Dies mag für die Verwaltungsgerichte, für die dieses strenge Analogieverbot nicht gilt, anders zu beurteilen sein.

III.

17

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 467 Abs. 1 StPO.


(1) Die Entscheidungen nach den §§ 138a und 138b trifft das Oberlandesgericht. Werden im vorbereitenden Verfahren die Ermittlungen vom Generalbundesanwalt geführt oder ist das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof anhängig, so entscheidet der Bundesgerichtshof. Ist das Verfahren vor einem Senat eines Oberlandesgerichtes oder des Bundesgerichtshofes anhängig, so entscheidet ein anderer Senat.

(2) Das nach Absatz 1 zuständige Gericht entscheidet nach Erhebung der öffentlichen Klage bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens auf Vorlage des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist, sonst auf Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Vorlage erfolgt auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft. Soll ein Verteidiger ausgeschlossen werden, der Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ist, so ist eine Abschrift des Antrages der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 oder die Vorlage des Gerichts dem Vorstand der zuständigen Rechtsanwaltskammer mitzuteilen. Dieser kann sich im Verfahren äußern.

(3) Das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, kann anordnen, daß die Rechte des Verteidigers aus den §§ 147 und 148 bis zur Entscheidung des nach Absatz 1 zuständigen Gerichts über die Ausschließung ruhen; es kann das Ruhen dieser Rechte auch für die in § 138a Abs. 4 und 5 bezeichneten Fälle anordnen. Vor Erhebung der öffentlichen Klage und nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens trifft die Anordnung nach Satz 1 das Gericht, das über die Ausschließung des Verteidigers zu entscheiden hat. Die Anordnung ergeht durch unanfechtbaren Beschluß. Für die Dauer der Anordnung hat das Gericht zur Wahrnehmung der Rechte aus den §§ 147 und 148 einen anderen Verteidiger zu bestellen. § 142 Absatz 5 bis 7 gilt entsprechend.

(4) Legt das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, gemäß Absatz 2 während der Hauptverhandlung vor, so hat es zugleich mit der Vorlage die Hauptverhandlung bis zur Entscheidung durch das nach Absatz 1 zuständige Gericht zu unterbrechen oder auszusetzen. Die Hauptverhandlung kann bis zu dreißig Tagen unterbrochen werden.

(5) Scheidet der Verteidiger aus eigenem Entschluß oder auf Veranlassung des Beschuldigten von der Mitwirkung in einem Verfahren aus, nachdem gemäß Absatz 2 der Antrag auf Ausschließung gegen ihn gestellt oder die Sache dem zur Entscheidung zuständigen Gericht vorgelegt worden ist, so kann dieses Gericht das Ausschließungsverfahren weiterführen mit dem Ziel der Feststellung, ob die Mitwirkung des ausgeschiedenen Verteidigers in dem Verfahren zulässig ist. Die Feststellung der Unzulässigkeit steht im Sinne der §§ 138a, 138b, 138d der Ausschließung gleich.

(6) Ist der Verteidiger von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen worden, so können ihm die durch die Aussetzung verursachten Kosten auferlegt werden. Die Entscheidung hierüber trifft das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) In den Fällen der notwendigen Verteidigung wird dem Beschuldigten, dem der Tatvorwurf eröffnet worden ist und der noch keinen Verteidiger hat, unverzüglich ein Pflichtverteidiger bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich beantragt. Über den Antrag ist spätestens vor einer Vernehmung des Beschuldigten oder einer Gegenüberstellung mit ihm zu entscheiden.

(2) Unabhängig von einem Antrag wird dem Beschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, in den Fällen der notwendigen Verteidigung ein Pflichtverteidiger bestellt, sobald

1.
er einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorgeführt werden soll;
2.
bekannt wird, dass der Beschuldigte, dem der Tatvorwurf eröffnet worden ist, sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
3.
im Vorverfahren ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte, insbesondere bei einer Vernehmung des Beschuldigten oder einer Gegenüberstellung mit ihm, nicht selbst verteidigen kann, oder
4.
er gemäß § 201 zur Erklärung über die Anklageschrift aufgefordert worden ist; ergibt sich erst später, dass die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig ist, so wird er sofort bestellt.
Erfolgt die Vorführung in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 zur Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls nach § 127b Absatz 2 oder über die Vollstreckung eines Haftbefehls gemäß § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, so wird ein Pflichtverteidiger nur bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich beantragt. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 kann die Bestellung unterbleiben, wenn beabsichtigt ist, das Verfahren alsbald einzustellen und keine anderen Untersuchungshandlungen als die Einholung von Registerauskünften oder die Beiziehung von Urteilen oder Akten vorgenommen werden sollen.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

(1) Ein Verteidiger ist von der Mitwirkung in einem Verfahren auszuschließen, wenn er dringend oder in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig ist, daß er

1.
an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet, beteiligt ist,
2.
den Verkehr mit dem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten dazu mißbraucht, Straftaten zu begehen oder die Sicherheit einer Vollzugsanstalt erheblich zu gefährden, oder
3.
eine Handlung begangen hat, die für den Fall der Verurteilung des Beschuldigten Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei wäre.

(2) Von der Mitwirkung in einem Verfahren, das eine Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches zum Gegenstand hat, ist ein Verteidiger auch auszuschließen, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, daß er eine der in Absatz 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Handlungen begangen hat oder begeht.

(3) Die Ausschließung ist aufzuheben,

1.
sobald ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, jedoch nicht allein deshalb, weil der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt worden ist,
2.
wenn der Verteidiger in einem wegen des Sachverhalts, der zur Ausschließung geführt hat, eröffneten Hauptverfahren freigesprochen oder wenn in einem Urteil des Ehren- oder Berufsgerichts eine schuldhafte Verletzung der Berufspflichten im Hinblick auf diesen Sachverhalt nicht festgestellt wird,
3.
wenn nicht spätestens ein Jahr nach der Ausschließung wegen des Sachverhalts, der zur Ausschließung geführt hat, das Hauptverfahren im Strafverfahren oder im ehren- oder berufsgerichtlichen Verfahren eröffnet oder ein Strafbefehl erlassen worden ist.
Eine Ausschließung, die nach Nummer 3 aufzuheben ist, kann befristet, längstens jedoch insgesamt für die Dauer eines weiteren Jahres, aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Sache oder ein anderer wichtiger Grund die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens noch nicht zuläßt.

(4) Solange ein Verteidiger ausgeschlossen ist, kann er den Beschuldigten auch in anderen gesetzlich geordneten Verfahren nicht verteidigen. In sonstigen Angelegenheiten darf er den Beschuldigten, der sich nicht auf freiem Fuß befindet, nicht aufsuchen.

(5) Andere Beschuldigte kann ein Verteidiger, solange er ausgeschlossen ist, in demselben Verfahren nicht verteidigen, in anderen Verfahren dann nicht, wenn diese eine Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches zum Gegenstand haben und die Ausschließung in einem Verfahren erfolgt ist, das ebenfalls eine solche Straftat zum Gegenstand hat. Absatz 4 gilt entsprechend.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.