Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 31. März 2010 - L 7 SB 18/04

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2010:0331.L7SB18.04.0A
31.03.2010

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Behinderungsgrades.

2

Der am ... 1942 geborene Kläger beantragte am 5. Oktober 2001 die Feststellung von Behinderungen wegen einer Innenohrschwerhörigkeit, einer Bewegungseinschränkung beider Arme und Beine sowie einem Bluthochdruck und einem Diabetes mellitus.

3

Der Beklagte holte einen Befundbericht der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dipl.-Med. G. vom 18. Oktober 2001 ein. Diese gab an, eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits diagnostiziert zu haben. Durch die Versorgung mit Hörhilfen sei eine gute Kommunikationsfähigkeit gegeben. Ein vom Beklagten eingeholter Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. G. vom 22. Oktober 2001 ergab die Diagnosen einer Hüftarthrose beidseits, eines rezidivierenden Pseudoradikulärsyndroms der Lendenwirbelsäule und eines rezidivierenden Impingement-Syndroms beider Schultergelenke. In einem weiteren Befundbericht vom Facharzt für Allgemeinmedizin MR Dr. B. vom 4. November 2001 sind Blutdruckschwankungen zwischen 125/88 mmHg und 198/108 mmHg beschrieben worden. Die diabetische Stoffwechsellage sei ausgeglichen. Der Versorgungsarzt Dr. habil. D. wertete diese Befunde in einer gutachtlichen Stellungnahme vom 29. November 2001 aus und befürwortete die Feststellung folgender Behinderungen:

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Schwerhörigkeit (Einzel-GdB 30) Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke infolge degenerativer Veränderungen (Einzel-GdB 20) Funktionsminderung beider Hüftgelenke infolge degenerativer Veränderungen (Einzel-GdB 20) Lumbalsyndrom infolge degenerativer Veränderungen (Einzel-GdB 10) Diabetes mellitus (Einzel-GdB 10).

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Zusammenfassend sei von einem Gesamt-GdB von 40 auszugehen.

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Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 27. Februar 2002 einen Gesamt-GdB von 40 fest. Hiergegen legte der Kläger am 6. März 2002 Widerspruch ein. Nach einer erneuten gutachtlichen Stellungnahme hielt der Versorgungsarzt Dr. K. unter dem 27. März 2002 die bisherige Bewertung von 40 für zutreffend.

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Mit Schreiben vom 25. April 2002 nahm der Kläger seinen Widerspruch zurück und bat um Beiziehung des Ergebnisses einer erneuten Untersuchung bei seinem Orthopäden Dr. G ... Der Beklagte wertete dieses Schreiben als Neufeststellungsantrag und holte von Dr. G. den Befundbericht vom 14. Mai 2002 mit den Angaben ein: Der Kläger leide unverändert unter starken Schmerzen in der Lendenwirbelsäule (LWS) und im rechten Hüftgelenk sowie an Bewegungsschmerzen in beiden Schultergelenken. Ein längeres Laufen oder bloßes Stehen sei ihm nicht möglich. Die Schultergelenksbeweglichkeit betrage in der Vorwärts- und Rückwärtsbewegung rechts 160/0/30 Grad und links 140/0/30 Grad. Die seit- und körperwärts gerichteten Bewegungsmaße seien 150/0/30 Grad (rechts) und 90/0/30 Grad (links). Die Hüftgelenksbeweglichkeit in der Streckung und Beugung betrage 0/0/100 Grad (rechts) und 0/0/125 Grad (links). Dem Kläger sei ein schweres Heben und Tragen nicht mehr möglich. Dr. G. diagnostizierte:

8

Chronisch rezidivierendes Pseudoradikulärsyndrom der LWS bei lumbosakraler Übergangsstörung L 5 (beidseits) und Osteochondrose L 2/3 bis L 4/5 Coxarthrose beidseits Kontraktur Chronisches Impingement-Syndrom beider Schultergelenke bei degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette und Arthrose des AC-Gelenks.

9

Der Versorgungsarzt OMR Dr. J. bewertete die Wirbelsäulenerkrankung als mittelgradig (Einzel-GdB 20). Die Funktionsstörungen der Schulter- und Hüftgelenke seien in ihren funktionalen Auswirkungen dagegen für die Bildung des Gesamt-GdB unbeachtlich (jeweils Einzel-GdB 10).

10

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 lehnte der Beklagte den Antrag auf Neufeststellung ab. Dagegen legte der Kläger am 18. Oktober 2002 Widerspruch ein und machte geltend, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert, was die Fachärztin für Innere Medizin Dr. P. bestätigen könne. Der Beklagte holte von dieser Ärztin den Befundbericht vom 5. November 2002 ein. Hiernach sei die diabetische Stoffwechsellage ausgeglichen. Der Blutdruck liege zwischen 140/80 mmHg und 170/70 mmHg. Der Versorgungsarzt Dr. D. hielt nach Auswertung dieser Unterlagen unter dem 16. Dezember 2002 den Gesamt-GdB von 40 für zutreffend bewertet. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2003 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

11

Hiergegen hat der Kläger am 30. Mai 2003 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und geltend gemacht: Insbesondere im Bereich der Gelenke (Hüft- und Schultergelenke) sei eine wesentliche Schmerzverstärkung eingetreten. Dies gelte auch für die Lendenwirbelsäule. Daher sei von einem Einzel-GdB von mindestens 30 auszugehen. Unter Berücksichtigung der weiteren Behinderungen (Schwerhörigkeit, Diabetes mellitus, Herzerkrankung) sei ein Gesamt-GdB von 50 gegeben. Dafür spreche die umfassende Beeinträchtigung in insgesamt vier Funktionsbereichen. Das Sozialgericht hat Befundberichte von Dr. G., Dr. P. und Dr. B. eingeholt. Dr. G. hat unter dem 20. August 2003 neben den bereits genannten Diagnosen auf orthopädischem Gebiet Bewegungseinschränkungen beider Schultergelenke beschrieben. Während auf der rechten Seite eine Teilversteifung der Schulter in günstiger Lage bei gut beweglichem Schultergürtel vorliege, sei auf der linken Seite eine Teilversteifung in ungünstiger Stellung bei gut beweglichem Schultergürtel festzustellen. Die Schultergelenksbeweglichkeit betrage in der Vorwärts- und Rückwärtsbewegung 160/0/30 Grad (rechts) und 120/0/30 Grad (links). Die Seitwärts- und körperwärts gerichtete Bewegung betrage 150/0/30 Grad (rechts) und 90/0/30 Grad (links). Die Außen- und Innendrehung betrage 50/0/70 Grad (rechts) und 20/0/35 Grad (links) bei Normalwerten von 70/0/70 Grad. Die Beweglichkeit der Schulter sei rechts gering und links mittelschwer eingeschränkt. Die Schultern seien nicht instabil. Daneben liege ein Bandscheibenschaden der gesamten LWS mit degenerativen Veränderungen der Bandscheiben vom LWK 2 bis LWK 5 vor. Der Kläger habe auch eine angeborene Fehlbildung mit Ausbildung eines Übergangswirbels L 5. Der Wirbelsäulenschaden habe mittelgradige funktionelle Auswirkungen durch Verformung der Wirbelsäule und führe zu rezidivierenden Wirbelsäulenschmerzen. Ein Bandscheibenschaden sei nicht feststellbar. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen bestünden nicht. Aufgrund einer Bindegewebserkrankung mit derber Strangbildung im Bereich der Hohlhand liege ein Streckdefizit der Langfinger III und IV vor, die jedoch die Handbewegungsfähigkeit nicht einschränkten. Dr. B. hat ein Blutdruckleiden mit geringer Leistungsbeeinträchtigung angegeben. Eine Herzerkrankung liege nicht vor. Der HbA1C-Wert habe zwischen 6,8 % (Februar 2002) und 5,7 % (Juli 2003) gelegen. Dr. P. hat unter dem 14. August 2003 angegeben, die vom Kläger angegebenen Extrasystolen (Herzrhythmusstörungen) hätten sich in einem EKG nicht bestätigen lassen.

12

Der Versorgungsarzt Dr. K. hat diese Befunde ausgewertet und unter dem 23. September 2003 ausgeführt: Unter Zugrundelegung von Sprach- und Tonaudiogramm sei die Schwerhörigkeit mit einem Einzel-GdB von 30 bereits wohlwollend bewertet worden. Für die Blutdruckerkrankung sei wegen einer nur geringen Leistungsbeeinträchtigung ein Einzel-GdB von 20 festzustellen. Die Wirbelsäulenerkrankung bestehe ohne Wurzelreizerscheinungen und ohne außergewöhnliche Schmerzen, sei daher allenfalls mittelgradig und mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Die Funktionseinschränkungen der Schultergelenke seien gering. Eine Versteifung der Schultergelenke oder eine Instabilität lägen nicht vor. Die Funktionsminderung der Hüftgelenke sei mit einem Einzel-GdB von 10 ausreichend bewertet. Der diätetisch geführte Diabetes sei wegen der ausgeglichenen Stoffwechsellage mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen. Das Streckdefizit der Finger stelle keine Behinderung mit einem messbaren GdB dar. Insgesamt sei kein höherer GdB als 40 anzunehmen.

13

Der Kläger hat einen Arztbrief der Fachärztin für Innere Medizin Dr. R. vom 31. Juli 2002 vorgelegt und gegen die Ansicht des Beklagten eingewandt: Es sei von einer Teilversteifung der Schulter auszugehen, für die ein Einzel-GdB von 10 nicht ausreichend sei. Die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule seien leidensgerecht mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Dr. R. hat nach einer Echokardiografie eine Vergrößerung des linken Vorhofs angegeben. Der linke Ventrikel sei im Normbereich. Der EF-Wert habe 60 % betragen.

14

Mit Urteil vom 10. März 2004 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Die Innenohrschwerhörigkeit sei zutreffend mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet. Daneben seien die Funktionsstörungen der Wirbelsäule als mittelgradig einzuschätzen und dafür ein Einzel-GdB von 20 festzustellen. Für die Behinderungen an den Schultergelenken sei ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Wegen der links auf 120 Grad eingeschränkten Hebebewegung sei an sich nur ein Einzel-GdB von 10 gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung der weiteren Bewegungseinschränkungen beim Ab- und Anspreizen sowie bei Außen- und Innendrehungen könne dieser Wert jedoch auf 20 erhöht werden. Die weiteren Erkrankungen (Hüftgelenke, Diabetes mellitus sowie Linksherzhypertrophie bei geringfügiger Beeinträchtigung der Herzleistung und Blutdruckleiden) seien jeweils auf einen Einzel-GdB von 10 einzuschätzen. Wegen der Schwerhörigkeit und der mittelgradigen Einschränkung der Wirbelsäule sei der Gesamt-GdB auf 40 zu erhöhen, da zwei Funktionssysteme betroffen seien. Ein noch höherer Gesamt-GdB sei jedoch nicht zu rechtfertigen.

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Gegen das ihm am 6. April 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger rechtzeitig am 6. Mai 2004 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und begehrt unter Hinweis auf seine zahlreichen Behinderungen die Feststellung eines Gesamt-GdB von 50. Er hat einen Arztbrief von Dr. G. vom 15. September 2004 vorgelegt. Hiernach klage er über seit Jahren wechselnde Schmerzen im LWS und Hüftbereich (beidseits), die sich unter Belastung verstärkten. Seit 1999 bestehe ein Schulterschmerz beidseits, anfangs rechts mit Schultersteife, später links mit Belastungsschmerz. Als neue gesundheitliche Einschränkung bestehe eine Funktionsstörung der linken Hand bei bestehender Dupuytren`scher Kontraktur (Beugestellung besonders des vierten und fünften Fingers infolge einer entzündlichen, narbigen Schrumpfung und Verwachsung der fächerförmigen Sehnenplatte in der Hohlhand). Die Schultergelenksbeweglichkeit entspreche den letzten Messwerten. Es bestünde ein Bewegungsschmerz an beiden Schultern, jedoch ohne Hinweise auf eine Instabilität. Die Hüftgelenksbeweglichkeit betrage in der Streckung und Beugung 0/0/100 Grad (rechts) und 0/0/125 (links), beim Abspreizen und Anführen 20/0/15 Grad (rechts) und 25/0/20 Grad (links). Der Kläger hat einen weiteren Befundbrief von Dr. J. vom 18. April 2006 vorgelegt. Hiernach habe eine Röntgenaufnahme vom 11. April 2006 eine Coxarthrose II. Grades auf der rechten Seite bei ausgeprägter Hüftkopfabflachung sowie III. Grades auf der linken Seite ergeben. Die Hüftgelenksbeweglichkeit betrage in der Streckung und Beugung 0/0/100 Grad (rechts) und beim Abspreizen und Anführen 20/0/10 Grad. Die Drehung aus- und einwärts betrage 20/0/15 Grad (rechts) und 20/0/10 Grad (links). Die Vorbeugung der LWS sei eingeschränkt. Das Pseudo-Lasègue Zeichen sei mit Kreuzschmerz positiv. Motorisch sensible Störungen bestünden nicht. Die BWS/LWS-Rotation habe 20/0/20 Grad und die Seitneigung 20/0/20 Grad betragen. Diagnostisch bestünden neben den bekannten Diagnosen eine fortschreitende Coxarthrose beidseits mit Fehlstellung sowie eine beidseitige Arthrose des ISG. Neben einer Osteochondrose (degenerativer Prozess des Knorpel-Knochen-Gewebes) L 2/3 bis L 4/5 sei an gleicher Stelle jetzt auch eine Spondylarthrose (degenerative Veränderungen an den Wirbelgelenken) hinzugetreten. Wegen der zunehmenden Schmerzen müsse der Kläger ständig Schmerzmittel einnehmen. Demnächst müssten ihm Gehhilfen zum Laufen verordnet werden. Am 15. Dezember 2008 hat der Kläger mitgeteilt, ihm seien im November 2008 Unterarmstützen verordnet worden. Der Kläger beantragt,

16

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. März 2004 und den Bescheid des Beklagten vom 10. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2003 aufzuheben sowie den Bescheid vom 27. Februar 2002 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm ab 25. April 2002 einen GdB von 50 festzustellen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

19

Er hält seine Bescheide sowie die Entscheidung der Vorinstanz für rechtmäßig und trät unter Bezugnahme auf die prüfärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 15. November 2004 vor, die Dupuytren`sche Kontraktur der linken Hand sei mit einem GdB von 10 zu bewerten, was sich auf den Gesamt-GdB jedoch nicht auswirke. Der Versorgungsarzt Dr. W. hat in einer weiteren prüfärztlichen Stellungnahme vom 30. Mai 2006 die mitgeteilten Bewegungsmaße der Lendenwirbelsäule mangels sensibler und muskulärer Ausfälle mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet und dies als wohlwollend bezeichnet.

20

Der Senat hat einen Befundbericht von Dr. G. vom 19. Oktober 2004 eingeholt, in dem Angaben über die Funktionsstörung der linken Hand enthalten sind. Ferner hat der Arzt mitgeteilt, der Schulterbefund habe sich bei wechselhaftem Schmerzverlauf weder deutlich verbessert noch verschlechtert. In einem weiteren Befundbericht hat die Praktische Ärztin Dr. S. unter dem ... 2009 angegeben: Der Kläger beklage tägliche Rückenschmerzen. Die Physiotherapie habe zwar eine Besserung erbracht, jedoch nicht zu Schmerzfreiheit geführt. Zur Linderung der Beschwerden habe sie Gehstöcke verschrieben. Der Diabetes mellitus sei derzeit gut kompensiert. Bezogen auf den Bluthochdruck bestehe der Verdacht auf eine Praxishypertonie. Im Vordergrund stünden die Rückenschmerzen, die in den letzten Jahren zugenommen hätten.

21

Der Berichterstatter hat mit Verfügung vom 19. Januar 2009 angekündigt, zur Bewertung des komplexen Erkrankungsbildes des Klägers ein Sachverständigengutachten von MR Dr. M. (Medizinisches Gutachteninstitut D.) einzuholen. Darüber hinaus hat er die Akten des Unfallversicherungsverfahren L 6 U 78/05 (Landesozialgericht Sachsen-Anhalt) beigezogen, ausgewertet und eine Beiakte erstellt. Daraus ergibt sich: Die Oberärztin Dr. R. hatte in einem HNO-fachärztlichen Gutachten (Untersuchung vom 14. April 2004) angegeben: Bei der Hörweitenprüfung des Klägers werde die Flüstersprache auf beiden Seiten nicht verstanden. Bei der Umgangssprache würden Zahlen auf beiden Seiten aus einer Entfernung von mehr als 4,5 Meter nicht mehr gehört. Bei Wörtern betrage diese Entfernung 2,5 Meter. Nach dem Tonaudiogramm liege beidseits eine Schallempfindungsschwerhörigkeit vor, die einen Schrägabfall im tieffrequenten Bereich aufweise. Das Sprachaudiogramm weise einen Hörverlust für Zahlen von 25 dB (rechts) und 20 dB (links) auf. Bei der Einsilberprüfung im freien Schallfeld mit Hörgerät werde eine Einsilberverständlichkeit von 90 % erreicht. Der Hörverlust sei wie folgt zu bewerten:

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Rechtes Ohr: Hörverlust für Zahlen 25 dB Gewichtetes Gesamtwortverstehen 175 Hörverlust 30 %

23

Linkes Ohr: Hörverlust für Zahlen 20 dB Gewichtetes Gesamtwortverstehen 165 Hörverlust 40 %

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Zusammenfassend bestehe beim Kläger eine beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit im tief-, mittel- und hochfrequenten Bereich. Damit liege rechtsseitig eine geringe Schwerhörigkeit vor. Auf der linken Seite bewege sich der Wert an der Grenze zwischen einer geringgradigen und mittelgradigen Schwerhörigkeit. Entgegen den Feststellungen eines Gutachtens aus dem Jahr 2000 sei das Hörvermögen auf der rechten Seite deutlich besser und auf der linken Seite jetzt um 10 % schlechter geworden. Dies sei noch mit natürlichen Messschwankungen zu erklären und rechtfertige eine MdE-Schätzung von 15 v.H.

25

Am 18. Februar 2009 hat der Kläger erklären lassen, er sei mit einer Begutachtung bei MR Dr. M. in D. nicht einverstanden, denn er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht dorthin fahren. Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 20. Februar 2009 darauf hingewiesen, dass es in H. kein Gutachteninstitut gibt, in dem am Besten das komplexe Erkrankungsbild bewertet werden könne. Dem Wunsch des Klägers könne daher nicht entsprochen werden. Daraufhin hat der Kläger nochmals am 10. März 2009 eine Begutachtung in D. ausdrücklich abgelehnt. Mit Schreiben vom 8. April 2009 hat der Berichterstatter an der geplanten Beweisanordnung festgehalten und auf Folgendes hingewiesen: Mit dem bloßen "Gefühl" des Klägers, sich nicht in der Lage zu sehen, einer Begutachtung in D. nachzukommen, werde eine Reiseunfähigkeit nicht genügend nachgewiesen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Kläger auf Kosten der Landeskasse auch durch ein Beförderungsunternehmen von M. nach D. gebracht werden könnte. Er werde daher nochmals befragt, ob er in Kenntnis dieser Umstände die Begutachtung in D. immer noch ablehne. Sofern keine Reiseunfähigkeit bestehe, würde der Kläger damit seine Mitwirkungspflichten verletzen. Am 6. Mai 2009 hat der Kläger mitteilen lassen, keine weitere Stellungnahme zu diesem Thema mehr abgeben zu wollen. Mit Schreiben vom 7. Mai 2009 hat der Berichterstatter unter genauer Belehrung nach § 106 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) das bisherige Vorbringen des Klägers als endgültige Verweigerung gewertet, sich von dem vom Gericht bestimmten Sachverständigen untersuchen zu lassen. Der Berichterstatter hat den Kläger binnen einer Frist von drei Wochen aufgefordert, seine Reiseunfähigkeit nachzuweisen oder seine Mitwirkungsbereitschaft zu einer Begutachtung im Gutachteninstitut D. zu erklären. Der Kläger hat daraufhin zwei ärztliche Bescheinigungen seiner Hausärztin Frau Dr. S. vom 26. Mai 2009 und vom 27. Mai 2009 vorgelegt. In dem ersten Schreiben hat Dr. S. wörtlich ausgeführt:

26

"Der Patient fühlt sich wegen Schwindel und Rückenbeschwerden nicht in der Lage nach D. zur Begutachtung zu fahren."

27

Das zweite Schreiben hat folgenden Wortlaut:

28

"Patient ist subjektiv reiseunfähig und nicht in der Lage, den Transport nach D. zu bewältigen."

29

Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 3 Juli 2009 die vorgelegten Schreiben der Hausärztin für nicht ausreichend erachtet, um eine Reiseunfähigkeit auf der Grundlage objektivierter Tatsachen festzustellen. Es sei daher beabsichtigt, die Reisefähigkeit des Klägers vom Amtsarzt in M. überprüfen zu lassen. Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, er sehe keine Notwendigkeit, sich vom Amtsarzt untersuchen zu lassen. Mit Schreiben vom 19. August 2009 hat der Berichterstatter dem Kläger die Auflage erteilt, einer Vorladung des Amtsarztes zur Feststellung der Reisefähigkeit nachzukommen. Für den Fall, dass er sich weigere, einer amtsärztlichen Untersuchung in M. nachzukommen, werde davon ausgegangen, dass sich der Kläger damit ohne hinreichende Begründung weigere, einer ihm zumutbaren Untersuchung im Gutachteninstitut D. nachzukommen. Für diesen Fall seien aktuelle Befundberichte einzuholen und eine Begutachtung nach Aktenlage vorzunehmen. Dies könne sich jedoch beweisrechtlich zu seinen Lasten auswirken, da eine persönliche Untersuchung erfahrungsgemäß genauere Ergebnisse erbringen würde. Der Kläger kam den Vorladungen des Amtsarztes vom 25. August 2009 und vom 17. September 2009 nicht nach. Am 11. September 2009 hat er vortragen lassen, er lasse sich vom zuständigen Amtsarzt nicht wegen seiner Reisefähigkeit untersuchen.

30

Der Berichterstatter hat weitere Befundberichte von Dr. G. und von Dr. S. eingeholt. Dr. S. hat unter dem 27. September 2009 berichtet: Der Kläger habe angegeben, es gehe ihm mit Ausnahme der ständigen Rückenschmerzen gut. Er nehme täglich Diclofenac und habe seit zwei Jahren keinen Orthopäden mehr aufgesucht. Bezüglich der Rückenschmerzen sei in den letzten beiden Jahre auch keine Diagnostik mehr erfolgt. Die Beschwerden des Bewegungsapparates seien in den letzten Jahren nicht wesentlich schlechter geworden. Der Kläger habe angegeben, ohne Probleme Auto fahren zu können. Er laufe flüssig und normal schnell in der Praxis. Seit November 2008 seien ihm zwei Unterarmstützen verordnet worden. Diese Hilfsmittel seien ihm sicherlich eine Hilfe für längere Strecken. Für kurze Strecken benötige er sie jedoch nicht. Die anderen Erkrankungen seien gut kompensiert und schränkten seine körperliche Belastbarkeit nicht ein. Dem Befundbericht waren weitere Arztbriefe beigefügt. Die Fachärztin für Innere Medizin Dr. F. berichtete unter dem 17. Juni 2009 über einen entgleisten Diabetes mellitus am 13. Februar 2009 (HbA1c: 7,5 %) sowie über eine hypertone Krise. Die medikamentöse Therapie sei mit Xelevia 100 ergänzt worden. Der Kläger habe ein Blutzuckermessgerät erhalten. Der Facharzt für Urologie L. hat unter dem 28. April 2009 über einen unauffälligen urologischen Befund des Klägers berichtet.

31

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2009 hat der Berichterstatter den Kläger auf die Kernaussagen der eingeholten Befunde hingewiesen. Auf dieser Grundlage werde von einem Sachverständigengutachten nach Aktenlage Abstand genommen und der Rechtsstreit für entscheidungsreif gehalten. Der Kläger müsse daher binnen einer Frist von drei Wochen neue Tatsachen vortragen, um einen GdB von mindestens 50 rechtfertigen zu können. Die Berufung werde derzeit als nicht aussichtsreich bewertet und es werde kein weiterer gerichtlicher Aufklärungsbedarf mehr gesehen.

32

Der Kläger hat daraufhin vorgetragen: Hinsichtlich der Beschwerden bestünde ein Widerspruch in den Befundberichten von Frau Dr. S. vom 9. Januar 2009 und 27. September 2009. Sein Gesundheitszustand habe sich weiter verschlechtert. Die Bewertung von Frau Dr. S. zur Gehfähigkeit und zum Auto fahren sei nicht nachvollziehbar. Er habe ihr gegenüber zwar die Möglichkeit des Autofahrens bejaht, sich jedoch nicht in der Lage gesehen, nach D. zu fahren. In der Wohnung und in der Arztpraxis benötige er die Unterarmstützen nicht.

33

Der Berichterstatter hat Frau Dr. S. zu einer ergänzenden Stellungnahme vom 16. November 2009 aufgefordert. Diese hat angegeben, ihre Angabe, die Beschwerden seien nicht wesentlich schlechter geworden, beziehe sich auf den Zeitraum von Januar 2009 bis September 2009.

34

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten sowie ein Auszug aus der Unfallversicherungsakte S 6 U 276/02 (SG H.) haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch statthafte Berufung des Klägers ist unbegründet.

36

Die Klage gegen den Bescheid vom 10. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2003 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat. Die Gesundheitsstörungen des Klägers rechtfertigen einen Grad der Behinderung von höchstens 40. Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2000 – B 9 SB 3/99 R = SozR 3-3870 § 3 Nr. 9, S. 22).

37

Nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 27. Februar 2002 einen GdB von 40 festgestellt hat, richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustands eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrads um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Teil-Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad allein stellen aber noch keine wesentliche Änderung dar (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 – B 9 SB 18/97 R, zitiert nach juris). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheides noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an (KassKomm-Steinwedel, SGB X, § 48 Rdnr. 14 m.w.N.).

38

Im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 27. Februar 2002 vorgelegen haben, vermag der Senat keine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers festzustellen, die einen höheren Gesamt-GdB rechtfertigen könnten. Es ist für den gesamten Prüfungszeitraum von einem Gesamt-GdB von höchstens 40 auszugehen.

39

Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende § 69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von dem Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Infolge der verfahrensrechtlichen Änderungen des § 69 SGB IX durch das Gesetz vom 23. April 2004 (a.a.O.) hat sich im Übrigen nur die Satzzählung geändert. Im Folgenden werden die Vorschriften des § 69 SGB IX nach der neuen Satzzählung zitiert. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

40

§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist durch das insoweit am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den dem § 30 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 angefügten Absatz 17 ermächtigt worden ist.

41

Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 R – SozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden. Im Folgenden werden daher nur die Vorschriften der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zitiert.

42

Der hier streitigen Bemessung des Grads der Behinderung ist die GdS-(Grad der Schädigung)Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A, S. 17 ff.) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil A, S. 8 ff.) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 e (Teil A, S. 8) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, S. 18).

43

Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen des Klägers ein Grad der Behinderung von allenfalls 40 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen, die eingeholten Befundberichte und die beigefügten Arztbriefe.

44

Im Einzelnen: a) Die Schallempfindungsschwerhörigkeit ist dem Funktionssystem "Ohren" zuzurechnen und bedingt einen Grad der Behinderung von 20.

45

Für den Behinderungsgrad ist die Herabsetzung des Sprachgehörs maßgeblich (Teil B, Nr. 5, S. 33). Der Umfang der Prüfung ist ohne Hörhilfen zu bestimmen. Für die Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie empfohlene Tabelle zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus entsprechenden Tabellen abzuleiten.

46

Danach ist – entgegen der Annahme des Beklagten, der von 30 ausgeht – ein GdB von lediglich 20 für die Herabsetzung des Sprachgehörs beim Kläger festzustellen. Der Senat folgt dabei dem Sachverständigengutachten von Oberärztin Dr. R. aus dem beigezogenen unfallversicherungsrechtlichen Verfahren aus dem Jahre 2004. Hiernach besteht beim Kläger links eine geringgradige und rechts eine gering bis mittelgradige Schwerhörigkeit, die eine GdB-Bewertung von nicht mehr als 20 zulässt. Aktuelle Behandlungen oder Verschlechterungen auf HNO-Gebiet sind vom Kläger nicht vorgetragen worden und ergeben sich auch nicht aus den aktuellen Befundberichten seiner behandelnden Hausärztin Dr. S ... Eine weitere Sachaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ist durch die grundlose Weigerung des Klägers, sich im Gutachteninstitut D. umfassend von einem gerichtlichen Sachverständigen untersuchen zu lassen, endgültig gescheitert. Mögliche Verschlechterungen, die bislang noch nicht entdeckt und berichtet wurden, sind nach dieser fehlenden Mitwirkung des Klägers nicht aufklärbar. Die Schwerhörigkeit und die damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen und das jeweilige Ausmaß dieser Krankheit sind deshalb nicht in ihrer aktuellen Ausprägung nachgewiesen. Der Senat konnte die Schwerhörigkeit des Klägers nur auf der Grundlage des HNO-Gutachtens vom 28. Juni 2004 einschätzen, was keinen Einzel-GdB von mehr als 20 zulässt.

47

Die vom Kläger vorgetragenen Gründe, sich einer Begutachtung im Gutachteninstitut D. zu unterziehen, sind weder glaubhaft noch ausreichend. Das Gesetz sieht bereits im Verwaltungsverfahren Mitwirkungspflichten des Antragstellers vor. So ist gemäß § 20 SGB X der Sozialversicherungsträger zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen verpflichtet und kann dabei die Art und den Umfang der Ermittlungen bestimmen. Dies setzt allerdings die Möglichkeit der Behörde voraus, die relevanten – medizinischen – Unterlagen beizuziehen. Das Gesetz sieht daher umfangreiche Mitwirkungspflichten der Leistungsempfänger vor. So hat gemäß § 60 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil - (SGB I) derjenige, der Sozialleistungen beantragt, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Gleiches gilt für die Teilnahme an ärztlichen Untersuchungsmaßnahmen, wenn dies für die Entscheidung erforderlich ist (§ 62 SGB I). Zwar steht es jedem frei, das Einverständnis für die Beiziehung der Unterlagen bzw. die Einholung der Auskünfte und eine entsprechende Untersuchung zu verweigern. Nach dem in allen Bereichen des Sozialrechts geltenden Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast sind jedoch dann die Folgen der Nichtaufklärbarkeit einer Tatsache von demjenigen zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. Für nicht bewiesene, anspruchsbegründende Tatsachen trägt der die Feststellung eines höheren GdB begehrende Kläger daher die Beweislast (vgl. dazu schon BSGE 13, 52, 54; 58, 76, 79). Diese Grundsätze gelten auch im Klageverfahren (vgl. § 103 Satz 1, 2. Halbsatz SGG), insbesondere dann, wenn die vom Gericht für nötig gehaltenen Ermittlungen mangels einer von dem Kläger verweigerten Mitwirkung nicht vorgenommen werden können. Die so beschriebene Mitwirkungspflicht besteht immer dann, wenn das Gericht den Sachverhalt ohne Mitwirkung des Klägers nicht oder nicht vollständig selbst erforschen kann und die Grenzen der zumutbaren Mitwirkung nicht überschritten sind.

48

Der Kläger hat für die Unzumutbarkeit einer Untersuchung im Gutachteninstitut D. keine objektiv nachvollziehbaren Gründe vorgetragen. Bereits die von ihm vorgelegten Atteste, die lediglich eine "subjektive" Reiseunfähigkeit beschreiben, sind inhaltlich in keiner Weise geeignet, um seine objektive Reiseunfähigkeit festzustellen. Mit seiner Weigerung, sich auch von dem für ihn ortsnahen Amtsarzt wegen seiner Reisefähigkeit untersuchen zu lassen, hat er seine Reiseunfähigkeit für einen vom Gericht zu organisierenden Transport zum Gutachteninstitut D. nicht nachgewiesen. Gegen eine Reiseunfähigkeit des Klägers sprechen im Übrigen auch die später eingeholten Befundberichte von Dr. S ... Hiernach ging es dem Kläger – mit Ausnahme seiner Rückenschmerzen – offenbar gut. So konnte er sich anlässlich der Untersuchungen bei seiner Hausärztin, wenn auch mit Unterarmstützen, problemlos bewegen. Auch hat er gegenüber der behandelnden Ärztin angegeben, noch Auto fahren zu können. Warum er gleichwohl behauptet, reiseunfähig zu sein und es ihm unmöglich sei, sich mittels eines Transportfahrzeuges nach D. fahren und untersuchen zu lassen, erschließt sich dem Senat nicht. Der Kläger hat sich daher seinen ihm zumutbaren Mitwirkungsverpflichtungen entzogen und dem Gericht die Möglichkeit genommen, die entscheidungserheblichen Tatsachen mittels eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens aufzuklären. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu seinen Lasten.

49

b) Der Kläger leidet daneben auch unter Gesundheitsstörungen der Lendenwirbelsäule (LWS) aus dem Funktionssystem "Rumpf". Dafür ist ein Einzel-GdB von 20 festzustellen.

50

Nach dem Befundbericht von Dr. G. vom 14. Mai 2002 waren beim Kläger starke Schmerzen im LWS-Bereich aufgetreten, die sich aus einem chronisch rezidivierenden Pseudoradikulärsyndrom der LWS bei lumbosakraler Übergangsstörung L 5 (beidseits) und Osteochondrose L 2/3 bis L 4/5 ergaben.

51

Für Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen sind die maßgeblichen Bewertungskriterien in Teil B Nr. 18.9 (S. 89 ff.) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorgegeben. Danach folgt der Grad der Behinderung bei Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung der Wirbelsäulenverformung, der Wirbelsäuleninstabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule. Erst mittelgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt, z.B. eine anhaltende Bewegungseinschränkung oder eine Instabilität mittleren Grads, rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 20. Funktionsstörungen geringeren Grads bedingen allenfalls einen Einzelgrad von 10. Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 30, mittelgradige bis schwere in zwei Wirbelsäulenabschnitten einen Grad der Behinderung von 30 bis 40. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch intermittierenden Störungen bei einer Spinalkanalstenose - sind zusätzlich zu berücksichtigen.

52

Nach diesem Maßstab ist beim Kläger wegen der Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen ein Einzel-GdB von nicht mehr als 20 festzustellen. Der Senat folgt hierbei der Prüfärztlichen Stellungnahme von Dr. W., der den Befundbericht von Dr. J. vom 18. April 2006 mit überzeugender Darstellung ausgewertet hat. Hiernach liegen zwar objektivierbare Bewegungseinschränkungen der LWS vor, die jedoch nicht mit sensiblen oder muskulären Ausfällen verbunden sind. Die weiteren vom Berichterstatter eingeholten Befundberichte von Dr. S. vom 31. Januar 2007, 6. Januar 2009 sowie vom 7. September 2009 und 16. November 2009 bestätigten beim Kläger zwar die Diagnosen eines chronischen Lumbalsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, enthalten jedoch weder Bewegungsmaße noch aussagekräftige Beschreibungen der genauen funktionalen Auswirkungen der Wirbelsäulenerkrankungen. So berichtete Dr. S. zwar von einer Zunahme der Beschwerden des Klägers, vermochte diese aber nicht zu konkretisieren. Objektivierbare Angaben zur funktionalen Einschränkung der Lendenwirbelsäule und möglichen neuronalen Ausfällen finden sich in den Angaben der Hausärztin des Klägers nicht. Aus den oben genannten Gründen kann der Senat lediglich den aussagekräftigen Befundbericht von Dr. J. vom 18. April 2006 heranziehen, da dieser Angaben über Bewegungsmaße und Funktionsauswirkungen enthält. Hiernach ist die Vorbeugung der LWS beim Kläger eingeschränkt. Das Pseudo-Lasègue Zeichen ist mit Kreuzschmerz positiv. Es finden sich jedoch keine Hinweise auf motorisch sensible Störungen. Da der Kläger seit 2006 seine fachärztliche Behandlung in diesem Bereich nicht mehr fortgesetzt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beweglichkeit, der neuronale Befund der LWS oder die Stabilität der Wirbelsäule nachhaltig verschlechtert haben. Für diesen Fall wäre eine weitere Behandlung auf orthopädischem Gebiet zu erwarten gewesen, die aber offenbar nicht erforderlich war. Wie sich die von Dr. J. festgestellte Osteochondrose L 2/3 bis L 4/5 und Spondylarthrose an gleicher Stelle seit 2006 weiter entwickelt haben, kann daher nicht bewertet werden. Zwar hat die Hausärztin eine Zunahme der Rückenschmerzen angegeben. Mangels konkreter Bewegungsmaße oder genauerer Feststellungen zur funktionalen Auswirkung der Erkrankung kann auf dieser wenig konkreten Befundgrundlage jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit eine Verschlechterung festgestellt werden. Auch die Tatsache der von Dr. S. verordneten Unterarmgehstützen ist in diesem Zusammenhang nicht geeignet, den fehlenden Nachweis über die gegenwärtige konkrete Funktionseinschränkung der Wirbelsäule zu ersetzen. Dr. S. hat ohnehin einen Verbesserungseffekt durch dieses Hilfsmittel lediglich für längere Wegstrecken vermutet, da der Kläger nach ihren Feststellungen "flüssig und normal schnell in der Praxis" läuft und die Gehhilfen für kurze Strecken nicht braucht. Wegen der bestehenden objektiven Beweislast des Klägers und seinem Prozessverhalten kann der Senat keine weitergehenden funktionalen Auswirkungen der Wirbelsäulenerkrankung feststellen. Der Einzel-GdB für die Wirbelsäulenerkrankung verbleibt daher bei 20. c) Die beidseitige Hüftarthrose des Klägers ist dem Funktionssystem "Bein" zuzuordnen. Hierfür ist nach den vorliegenden Befunden ein Einzel-GdB von 10 festzustellen.

53

Nach Kapitel 18.14 (S. 115) der VersMedV sind funktionelle Einschränkungen der Hüftgelenke wie folgt zu bewerten:

54

Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig ... 10 – 20 beidseitig ... 20 – 30 mittleren Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-30-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig ...30 beidseitig ... 50

55

Nach der letzten aktenkundigen Hüftgelenksmessung von Dr. J. vom 11. April 2006 lagen die Streckungs- und Beugungswerte bei 0/0/100 Grad (rechts) und 0/0/120 Grad (links). Ob es seitdem zu Verschlechterungen gekommen ist, lässt sich infolge der mangelnden Mitwirkung des Klägers nicht feststellen. Da er seit 2006 auch seine fachorthopädische Behandlung nicht fortgesetzt hat, liegen keine Anhaltspunkte vor, die für eine Verschlechterung des Hüftschadens sprechen könnten. Auch nach den aktuellen Befundberichten von Dr. S. wird der Schwerpunkt des Beschwerdebildes des Klägers nicht im Hüft-, sondern im LWS-Bereich gesehen.

56

d) Das Bluthochdruckleiden des Klägers betrifft das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" und ist ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten.

57

Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 9, S. 46) kommt es bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht auf die Art der Erkrankung, sondern auf die jeweilige konkrete Leistungseinbuße an. Für die Beurteilung des Behinderungsgrads ist dabei grundsätzlich von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen dabei lediglich Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen (Teil B, Nr. 9, S. 46). Auch gestatten elektrokardiografische Abweichungen allein in der Regel keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße. Nach Teil B, Nr. 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (S. 51) ist die leichte Form der Hypertonie, bei der keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundsveränderungen vorliegen, mit einem Grad der Behinderung von 0 bis zu 10 zu bewerten. Die mittelschwere Form eröffnet je nach Leistungsbeeinträchtigung einen Bewertungsrahmen von 20 bis 40. Kriterien dafür sind Organbeteiligungen leichten bis mittleren Grads (Augenhintergrundsveränderungen – Fundus hypertonicus I bis II- und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) sowie diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung.

58

Aus den beigezogenen Befundberichten ergibt sich für das Bluthochdruckleiden des Klägers ein Behinderungsgrad von nicht mehr als 10. Im ersten Befundbericht von Dr. B. vom 4. November 2001 werden Blutdruckschwankungen zwischen 125/88 mmHg und 198/108 mmHg berichtet. Dr. B. bezeichnete in einem Folgebefund die funktionale Auswirkung des Blutdruckleidens im Sinne einer nur geringen Leistungsbeeinträchtigung. Eine Herzerkrankung ist hiernach ausgeschlossen. So konnte beispielsweise Dr. P. unter dem 14. August 2003 im EKG keine Herzrhythmusstörungen feststellen. Diese eher leichten Auswirkungen werden auch durch die von Dr. R. durchgeführte Echokardiografie bestätigt. Zwar ergab sich dabei eine Vergrößerung des linken Herzvorhofs; der linke Ventrikel bewegte sich jedoch im Normbereich. Der EF-Wert betrug danach 60 %. Auch in der Folgezeit ergeben sich keine Hinweise für eine deutliche Verschlechterung des Bluthochdrucks oder eine kardiologische Erkrankung. So hat Dr. S. unter dem 27. September 2009 den Schwerpunkt der Behandlungen ausschließlich im Wirbelsäulenbereich gesehen und die anderen Erkrankungen als gut kompensiert und nicht körperlich einschränkend bewertet. Auch berichtete Dr. F. in einem Arztbrief vom 17. Juni 2009 lediglich über eine hypertone Krise, jedoch nicht über eine starke Verschlechterung der Blutdruckerkrankung oder ein neues kardiologisches Krankheitsbild.

59

e) Der Kläger weist in dem Funktionsbereich "Stoffwechsel" als weitere Erkrankung einen diätetisch geführten Diabetes mellitus auf. Auch hierfür hält der Senat die Feststellung eines GdB von 10 für angemessen.

60

Für die Bewertung des Diabetes mellitus können die Anhaltspunkte 2004 nicht herangezogen werden. Das BSG hat mit Urteil vom 24. April 2008 (B 9/9a SB 10/06 R) nach Beweisaufnahme entschieden, dass die diese Krankheit betreffenden Nr. 26.15 der Anhaltspunkte 2004 nur mit gewissen Maßgaben dem höherrangigen Recht und dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht. Neben der Einstellungsqualität sei auch der Therapieaufwand zu berücksichtigen, soweit er sich auf die Teilhabe des behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft nachteilig auswirkt. Der Behinderungsgrad sei relativ niedrig anzusetzen, wenn mit geringem Therapieaufwand eine ausgeglichene Stoffwechsellage erreicht werde. Mit (in beeinträchtigender Weise) wachsendem Therapieaufwand und/oder abnehmendem Therapieerfolg (instabilerer Stoffwechsellage) sei der Grad der Behinderung höher einzuschätzen. Dabei seien jeweils - im Vergleich zu anderen Behinderungen - die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in Betracht zu ziehen. Dagegen komme es für die Bewertung des Behinderungsgrads auf die Unterscheidung nach dem Typ I und dem Typ II des Diabetes mellitus nicht an. Weiterhin hat das BSG ausgeführt, dass auch die Kriterien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft keine Anwendung finden könnten.

61

Angesichts dieser Entscheidung des BSG hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Versorgungsmedizin" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bis zur abschließenden Klärung die Anwendung der folgenden Tabelle vorgeschlagen (Rundschreiben des BMAS vom 22.9.2008 - IV C 3-48064-3 - an die zuständigen obersten Landesbehörden):

62

Bei Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) mit Diät allein (ohne blutzuckerregulierende Medikamente) 0 mit Medikamenten eingestellt, die die Hypoglykämieneigung nicht erhöhen 10 mit Medikamenten eingestellt, die die Hypoglykämieneigung erhöhen 20 unter Insulintherapie, auch in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten, je nach Stabilität der Stoffwechsellage (stabil oder mäßig schwankend) 30 – 40 unter Insulintherapie instabile Stoffwechsellage einschließlich gelegentlicher schwerer Hypoglykämien 50 Häufige, ausgeprägte oder schwere Hypoglykämien sind zusätzlich zu bewerten. Schwere Hypoglykämien sind Unterzuckerungen, die eine ärztliche Hilfe erfordern.

63

Doch auch in Bezug auf diesen Bewertungsmaßstab hat das BSG entschieden, dass dieser nicht abschließende Grundlage der Beurteilung des Behinderungsgrads sein könne (BSG, Urteil vom 24. April 2009 - B 9 SB 3/08 R, zitiert nach juris). Denn auch er erfasse den aufgrund von § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX zwingend zu berücksichtigenden Therapieaufwand nicht. Daher sei bis zu einer mit § 69 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 SGB IX in Einklang stehenden Neufassung der Bestimmungen über den Diabetes mellitus dieser Bereich durch Verwaltung und Gerichte nach den Grundsätzen des Urteils vom 24. April 2008 zu prüfen und zu entscheiden.

64

Auf dieser rechtlichen Grundlage ergibt sich für die Zuckerkrankheit des Klägers allenfalls ein Einzel-GdB von 10. Sein diätetisch geführter Diabetes mellitus ist in der Stoffwechsellage stabil und nicht mit einem gesonderten Therapieaufwand oder beachtlichen Begleiterkrankungen verbunden. Bereits in dem Befundbericht von Dr. P. vom 5. November 2002 wird die diabetische Stoffwechsellage des Klägers als ausgeglichen bezeichnet. Dr. B. hat die HbA1C-Werte zwischen 6,8 % (Februar 2002) und 5,7 % (Juli 2003) angegeben, die damit im Bereich des Normwertes liegen (( 6,5). In dem Folgebefundbericht von Dr. S. vom 6. Januar 2009 wird der Diabetes mellitus wiederum als derzeit gut kompensiert angesehen. Auch in dem Befundbericht von Dr. S. vom 27. September 2009 ergibt sich keine andere Bewertung. Zwar hat der Kläger offenbar im Februar 2009 zeitlich beschränkt einen verschlechterten Diabetes mellitus aufgewiesen (HbA1c: 7,5 %), wie dies Dr. F. berichtet hat. Dieser Befund führte auch zu einer Ergänzung der medikamentösen Therapie mit Xelevia 100 und einer besseren Eigenkontrolle des Klägers über ein Blutzuckermessgerät. Weitergehende Verschlechterungen der Blutzuckerwerte oder eine weitergehende Veränderung der Therapie sind in der Folge jedoch offenbar nicht aufgetreten. Gegenteiliges hat der Kläger auch nicht vorgetragen.

65

e) Als weitere Gesundheitsstörung, liegt im Funktionssystem "Arm" eine Schultergelenksbeweglichkeitseinschränkung wegen eines chronischen Impingement-Syndroms beider Schultergelenke mit degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette und Arthrose des AC-Gelenks vor (vgl. Diagnosen Dr. J. vom 18. April 2006). Diese sind mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten.

66

Nach Kapitel 18.13 S. 110 der VersMedV ist bei Funktionseinschränkungen des Schultergelenks von Folgendem auszugehen:

67

Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) Arm nur um 120° zu erheben, mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ... 10 Arm nur um 90° zu erheben, mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ... 20 Instabilität des Schultergelenks geringen Grades, auch seltene Ausrenkung (in Abständen von 1 Jahr und mehr) ...10 mittleren Grades, auch häufigere Ausrenkung ... 20 – 30 schweren Grades (auch Schlottergelenk), auch ständige Ausrenkung ...40

68

Nach dem Befundbericht von Dr. J. vom 20. August 2003 konnte der Kläger eine Schulterbeweglichkeit im Vor- und Rückheben von 160/0/30 Grad (rechts) und von 120/0/30 Grad (links) erreichen, was einer eher geringfügigen Einschränkung entspricht und allenfalls mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten ist. Im aktuelleren Befundbericht vom 18. April 2006 beschränkt sich die Einschätzung von Dr. J. ohne Angabe von Bewegungsmaßen auf eine beidseits eingeschränkte Schultergelenkbeweglichkeit. Es kann daher nicht von einer Verschlechterung der Schultererkrankung ausgegangen werden. Gegen eine Verschlechterung spricht auch, dass der Kläger offenbar bereits im April 2006 die weitere fachärztliche Behandlung bei Dr. J. beendet hat, ohne anderweitig um Behandlung nachzusuchen.

69

f) Im gleichen Funktionsbereich liegt beim Kläger noch eine Dupuytren`sche Kontraktur der linken Hand mit Bewegungseinschränkungen vor. Diese sind mit einem Einzel-GdB von höchstens 10 zu bewerten.

70

Bewegungseinschränkungen der beiden von der Erkrankung betroffenen Finger der linken Hand sind von Dr. J. nicht angegeben worden. Nach 18.13 (S. 112) der VersMedV würde der vollständige Verlust eines Zeige-, Mittel-, Ring- oder Kleinfingers auch mit Teilen des dazugehörigen Mittelhandknochens nur mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet werden können.

71

g) Da bei dem Kläger Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Gesamtbehinderung zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (S. 8) anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt, und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.

72

Danach ist von dem Behinderungsgrad von 20 für das Funktionssystem Ohren auszugehen. Dieser ist aufgrund der ebenfalls mit einem Grad der Behinderung von 20 bewerteten Einschränkung des Funktionssystems Rumpf auf 30 zu erhöhen. Die weiteren Erkrankungen des Klägers im Bereich der Hüfte, des Blutdrucks, des diätetisch geführten Diabetes mellitus sowie im Funktionsbereich des Armes (Schulter und Hand) liegen aus den oben genannten Gründen allenfalls bei einem Einzel-GdB von 10 und dürften sich daher an sich für den Gesamt-GdB nicht auswirken. Denn nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, S. 10) führen lediglich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, von hier fern liegenden Ausnahmen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Die Einschätzung des Beklagten ist daher bereits für den Kläger als sehr wohlwollend zu bewerten. Doch selbst wenn wegen der Anzahl der geringgradigen weiteren Behinderungen aus verschiedenen Funktionsbereichen im Gegensatz zu den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze dennoch eine weitere Erhöhung vertretbar sein sollte, würde dies allenfalls zu einem Gesamt-GdB von 40 führen, den der Beklagte bereits festgestellt hat. Für den weitergehenden Anspruch hinsichtlich eines Gesamt-GdB von 50 fehlt es dagegen an den nachgewiesenen notwendigen Erkrankungen von jeweils erheblichem Gewicht.

73

Letztlich widerspräche hier die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft dem nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A Nr. 3b, S. 10) zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Im Vergleich mit Gesundheitsschäden, zu denen in der GdS-Tabelle feste Werte angegeben sind, ist bei dem Kläger ein höherer Gesamtgrad als 40 nicht gerechtfertigt. Die Gesamtauswirkung seiner verschiedenen Funktionsstörungen beeinträchtigt seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft insbesondere nicht so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung.

74

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

75

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 SGG nicht vor.


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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter wirken bei der Aufklärung, Beratung, Auskunft und Ausführung von Leistungen im Sinne des Ersten Buches sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern nach § 167 darauf hin, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und 6 und ihre Verbände wirken bei der Entwicklung und Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie nach den Bestimmungen der §§ 20d bis 20g des Fünften Buches mit, insbesondere mit der Zielsetzung der Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

(3) Bei der Erbringung von Leistungen für Personen, deren berufliche Eingliederung auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen besonders erschwert ist, arbeiten die Krankenkassen mit der Bundesagentur für Arbeit und mit den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 20a des Fünften Buches eng zusammen.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.

(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann,
2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder
3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.

(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.

(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.

(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen

1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert,
2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
gemindert wird. Im übrigen gelten 50 vom Hundert des Vergleichseinkommens als dessen Nettobetrag.

(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem

1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird,
2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres,
3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und
4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
In den Fällen des Absatzes 11 tritt an die Stelle des Nettoeinkommens im Sinne des Satzes 1 der nach Absatz 7 ermittelte Nettobetrag des Durchschnittseinkommens.

(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.

(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.

(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.

(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.

(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.

(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:

a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist,
b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist,
c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte,
d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden,
e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.

(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.

(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.