Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 10. Mai 2017 - L 4 P 21/14

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2017:0510.L4P21.14.00
bei uns veröffentlicht am10.05.2017

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. Januar 2014 und der Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. April 2012 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weitere Kosten in Höhe von 47,60 EUR unter Anrechnung bereits geleisteter Zahlungen zu erstatten. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für ein sog. isoliertes Vorverfahren.

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Der am ... 2001 geborene pflegebedürftige Kläger (Pflegestufe III) beantragte am 16. Dezember 2009 durch seine Eltern bei der Beklagten einen Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Es sei sein Umzug in das Erdgeschoss des von der Familie bewohnten Einfamilienhauses geplant. Dies mache den Neubau eines behindertengerechten Bades erforderlich. Die Kosten würden sich auf voraussichtlich 6.833,48 EUR belaufen. Der beigefügte Kostenvoranschlag eines Installateurs vom 10. Dezember 2009 gelangte unter der Bezeichnung "Erneuerung Bad einschl. Fliesenarbeiten" zu dem genannten Betrag.

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Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung S., ZAK Pflege (MDK). Im sozialmedizinischen Gutachten vom 5. Januar 2010 wird ausgeführt, nach Durchsicht des Kostenvoranschlages und Telefonat mit der Sanitärfirma habe nicht festgestellt werden können, dass es sich um eine Maßnahme nach § 40 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) handele. Es geht um die Erneuerung bzw. Renovierung des vorhandenen Badezimmers.

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Mit Bescheid vom 13. Januar 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte aus, eine Förderung nach § 40 Abs. 3 SGB XI setze voraus, dass die geplante Maßnahme die häusliche Pflege u.a. erheblich erleichtere. Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen sowie die Errichtung neuen Wohnraums seien von einer Zuschussgewährung ausgeschlossen. Da es nach Auskunft des Installateurs um eine Renovierung des vorhandenen Badezimmers gehe, könne kein Zuschuss gewährt werden.

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Der Kläger legte durch seinen Prozessbevollmächtigten am 1. Februar 2010 Widerspruch ein. In der zweieinhalbseitigen Begründung vom 17. März 2010 führte er aus, es gehe um Zuschüsse nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Er habe bislang in der ersten Etage des Einfamilienhauses gewohnt und habe jeden Tag von seinen Eltern die Treppe hinauf und hinab getragen werden müssen (16 Stufen). Inzwischen sei er neun Jahre alt und zu schwer, um getragen zu werden. Damit der Weg über die Treppe entfalle, solle er Wohnräume im Erdgeschoss des Hauses beziehen. Da dort kein Bad vorhanden sei, sei geplant, einen Küchenraum zum Bad umzubauen. Es handele sich um eine pflegegerechte Umgestaltung der Wohnung im Sinne der Rechtsprechung des Thüringer LSG (Urteil vom 27. November 1997, Az.: L 3 P 73/97). Durch die Verbesserung des Wohnumfeldes werde die häusliche Pflege erheblich erleichtert (Gerichtsbescheid des SG Gelsenkirchen vom 26. Mai 2008, Az.: S 3 KN 12/08 P). Die geplante Maßnahme "ermögliche" erst die häusliche Pflege im Sinne der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 26. April 2001, Az.: B 3 P 15/00 R).

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Daraufhin veranlasste die Beklagte eine erneute Begutachtung durch den MDK. Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 erinnerte der Kläger an die Bearbeitung des Widerspruchs. Im Gutachten vom 1. Juni 2010 empfahl der MDK die Förderung

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der Installation einer bodengleichen Dusche mit rutschhemmenden Bodenbelägen, des Abbaus der vorhandenen Türschwellen, des Einbaus eines Hänge-Innen-WCs sowie der Erweiterung der Tür zum Badezimmer.

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Insoweit lägen die Voraussetzungen für einen Zuschuss nach § 40 SGB XI vor. Hingegen sei der geplante Einbau einer Sitzbadewanne nicht förderfähig.

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Mit Schreiben vom 7. Juni 2010 half die Beklagte dem Widerspruch ab und erklärte, die Kosten für die vom MDK befürworteten Maßnahmen würden von der Pflegekasse bis zum Höchstbetrag von 2.575 EUR bezuschusst. Es werde um Vorlage der Rechnung nach Fertigstellung gebeten.

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Mit Schreiben vom 22. Juni 2010 teilt der Prozessbevollmächtigte mit, der Widerspruch bleibe aufrecht erhalten. Wegen der Abhilfe solle die Notwendigkeit einer Hinzuziehung des Anwalts erklärt werden.

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Auf die Erinnerung des Beklagten an die Rechnungsvorlage vom 23. Juni 2010 übersandte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 13. Juli 2010 eine Kostenaufstellung mit ca. 100 Einzelpositionen. Erläuternd führte er aus, es handle sich allein um Materialkosten, den Umbau habe der Vater des Klägers in Eigenleistung erbracht.

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Mit Schreiben vom 23. Juli 2010 erklärte die Beklagte, aus der Aufstellung ergebe sich nicht, welches Material für welche Maßnahme beschafft worden seien. Offensichtlich seien auch Kosten aufgeführt, die nicht zu den geförderten Maßnahmen gehörten. Es werde dringend um Übersendung der Originalrechnungen gebeten.

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Im Dezember 2010 übersandte der Prozessbevollmächtigte ca. 100 Rechnungskopien. Die Materialkosten seien für die Verbesserung des Wohnumfelds – wie Schaffung ausreichender Bewegungsflächen, Beseitigung von Stolperquellen, Rutsch- und Sturzgefahren, Verlegung von Bad und Schlafzimmer von der oberen in die untere Etage, Anbringung von elektrisch betriebenen Rollläden, Einbau rutschhemmender Bodenbeläge, Schaffung eines freien Zugangs zum Bett – angefallen.

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Unter dem 7. März 2011 erinnerte der Prozessbevollmächtigte an sein Schreiben und forderte die Beklagte auf, die Kostenübernahme zum Höchstbetrag von 2.575 EUR gegenüber dem Kläger zu erklären und den Betrag bis zum 30. März 2011 zu überweisen. Dazu teilt die Beklagte unter dem 22. März 2011 mit, es sei eine abschließende Begutachtung durch den MDK in Auftrag gegeben worden, da anhand der vorgelegten Rechnungen nicht nachvollziehbar sei, welche Umbaumaßnahmen erfolgt seien.

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Mit Schreiben vom 4. Mai 2011 teilt die Beklagte dem Kläger mit, die Maßnahmen würden bezuschusst. Der Höchstbetrag von 2.575 EUR sei angewiesen worden.

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Mit Schreiben vom 8. Juli 2011 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Beklagte seine Kostennote, mit der er an Kosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend machte:

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Geschäftsgebühr, Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis (VV) RVG:

        

380 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG:

        

20 EUR

19 % Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG:

        

76 EUR

Endsumme:

        

476 EUR

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Zur Begründung führte er aus, für die Geschäftsgebühr habe er einen Betrag zwischen Mittel- und Höchstgebühr gewählt. Die Angelegenheit sei für den behinderten Kläger überdurchschnittlich bedeutend. Ohne den Umbau hätte er nicht mehr über die Treppe im Einfamilienhaus befördert werden und damit am Leben in der Gemeinschaft nicht mehr teilhaben können. Zudem sei die Angelegenheit umfangreich und schwierig gewesen, was dadurch belegt werde, dass ein Gutachten eingeholt das Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei.

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Die Beklagte kürzte die Geschäftsgebühr auf 240 EUR und veranlasste die Auszahlung eines Gesamtbetrags von 309,40 EUR. Im Kurzbrief vom 5. Oktober 2011 teilte sie dem Prozessbevollmächtigten mit, eine Gebühr über 240 EUR könne nur gefordert werden, wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig sei. Dies sei nicht der Fall. Die Einlegung und Begründung eines Widerspruchs gehörten zu den üblichen anwaltlichen Tätigkeiten. Aufgrund des weiteren Gutachtens des MDK habe dem Widerspruch teilweise werden können.

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Dagegen wandte sich der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 2. Dezember 2011: Die Angelegenheit sei sehr umfangreich und schwierig gewesen, was die Einschaltung des Gutachters belege. Zur Begründung des Widerspruchs sei es erforderlich gewesen, sich in die Materie einzuarbeiten. Im Übrigen zeige der Umstand, dass der Höchstbetrag der Förderung bewilligt worden sei, dass Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der Sache für den Kläger weit überdurchschnittlich gewesen seien.

21

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 31. Januar 2012 setzte die Beklagte die dem Kläger für die Rechtsverfolgung entstandenen Kosten gemäß § 63 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) auf insgesamt auf 309,40 EUR (Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG: 240 EUR, Post- und Telekommunikationspauschale: 20 EUR, Mehrwertsteuer: 49,40 EUR) fest. Zur Begründung führte sie aus, die geforderte Vergütung sein unbillig, da sie mehr als 20% über der objektiv angemessenen Gebühr liege. Das Widerspruchsverfahren hebe sich nicht vom Durchschnitt der Fälle ab. Es gehe um einen Standard- oder Routinefall der wohnumfeldverbessernden Maßnahmen. Die Angelegenheit sei weder besonders umfangreich noch überdurchschnittlich schwierig gewesen. Sie habe mit den einschlägigen Rechtsvorschriften und ggf. unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentaren bearbeitet werden können. Die Durchsicht von ärztlichen Unterlagen und Gutachten gehöre in sozialrechtlichen Angelegenheiten zum normalen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Begutachtungen seien in Angelegenheiten der Pflegeversicherung üblich. Das Gutachten befasse sich mit pflegerelevanten Aspekten der Wohnsituation, es sei nicht um medizinische Sachverhalte gegangen. Die Förderung decke die Kosten der notwendigen Maßnahmen nur anteilig, sodass nicht von einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Sache auszugehen sei. Auch liege kein besonderes Haftungsrisiko vor.

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Dagegen legte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 7. Februar 2012 Widerspruch ein. Begründend führte er aus, es habe sich um ein aufwändiges, fast zwei Jahre dauerndes Widerspruchsverfahren gehandelt. Zur Begründung des Rechtsbehelfs habe er in Gesetze, Rechtsprechung und Literatur recherchiert, Gespräche mit den Mandanten geführt und einen Ortstermin durchgeführt, um die Wohnverhältnisse kennenzulernen, was zur Begründung der Erforderlichkeit des Umbaus notwendig gewesen. Zudem habe er Kostenvoranschläge und Erläuterungen an die Beklagte gesandt. Er habe allein an die Beklagte zehn umfangreiche Schriftsätze gerichtet. Auch habe er das Gutachten des MDK auswerten müssen. Mithin seien der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit überdurchschnittlich gewesen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass er nicht nur mit den Verhältnissen des Klägers, sondern mit denjenigen seiner Eltern habe befassen müssen, ohne dass eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG angefallen sei. Er wies erneut auf die weit überdurchschnittliche Bedeutung für den Kläger und dessen Möglichkeit des Kontakts zur Außenwelt hin. Bei durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sei die durch die Pflege des Klägers schwierige Situation der Familie als Aspekt, der zu einer Heraufbemessung der Gebühr führe, zu berücksichtigen. Hilfsweise müsse jedenfalls 20%-Toleranzgrenze gewahrt bleiben. Dadurch erhöhe sich die Mittelgebühr von 280 EUR um 56 EUR auf 336 EUR.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid. Es liege kein vom Durchschnitt abweichender Fall vor. Die Auseinandersetzung mit den rechtlichen und den tatsächlichen Verhältnissen sei für einen Rechtsanwalt selbstverständlich. Die Abhilfeentscheidung sei bereits im Juni 2010 mitgeteilt worden. Danach habe der Prozessbevollmächtigte nur noch kurze Mitteilungen (Zahlungsaufforderungen, Erinnerungen und Weiterleitung von Unterlagen) verfasst. Die für eine Beurteilung der Zuschusshöhe notwendigen Rechnungen seien erst nach mehrmaliger Aufforderung vorgelegt worden. Aus dem Konvolut der Belege hätten die Kostenpositionen nicht den geförderten Maßnahmen zugeordnet werden können.

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Am 11. Mai 2012 hat der Prozessbevollmächtigte beim Sozialgericht Halle Klage erhoben. In der Klageschrift hat er als Kläger U. H., den Vater des Klägers, benannt. Zur Begründung hat er auf die Widerspruchbegründung Bezug genommen.

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Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, an der der Kläger nicht teilgenommen hat, hat das SG mit Urteil vom 13. Januar 2014 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der als Kläger benannte Vater des Pflegebedürftigen sei nicht aktivlegitimiert zur Geltendmachung der Kosten für das Widerspruchsverfahren. Die Kostenerstattung nach § 63 Abs. 1 SGB X stehe dem Widerspruchsführer und somit dem pflegebedürftigen Sohn zu, der seine Ansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht habe. Der Vater könne die Kosten nicht im eignen Namen, sondern nur als gesetzlicher Vertreter des Sohns geltend machen. Das SG hat im Urteil die Berufung nicht zugelassen.

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Gegen das ihm am 7. Februar 2014 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte namens und im Auftrag des Klägers C. H. am 17. Februar 2014 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, bei der Benennung des Vaters als Kläger in der Klageschrift habe es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler gehandelt. Aus den Verwaltungsakten gehe hervor, dass der sorgeberechtigte Vater als Vertreter des minderjährigen Klägers aufgetreten sei. Das SG habe ihn auf den Fehler nicht hingewiesen. Der Prozessbevollmächtigte sei für ihn zur anberaumten Terminstunde (13.00 Uhr) im SG erschienen. Die Sache sei jedoch nicht aufgerufen worden. Es sei mitgeteilt worden, die Kammer sei gegenüber dem Sitzungsplan verspätet; die Verhandlung werde im Verlauf des Nachmittags stattfinden. Da der Prozessbevollmächtigte noch weitere Termine wahrzunehmen gehabt habe, habe er gegen 13.30 Uhr das Gericht verlassen. Auf diesen Umstand habe er in einem um 13.39 Uhr per Fax an das SG übermittelten Schreiben hingewiesen.

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Der 5. Senat des LSG hat das Rubrum korrigiert und den Sohn als Kläger und Beschwerdeführer geführt. Mit Beschluss vom 9. September 2014 hat er die Berufung gegen das Urteil des SG vom 13. Januar 2014 zugelassen.

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Zur Begründung der Berufung hatte der Kläger unter dem 27. Oktober 2014 ausgeführt, der Kostenansatz des Prozessbevollmächtigten sei nicht unbillig. Das Verfahren sei zeitlich besonders aufwendig gewesen. Neben der bereits dargelegten rechtlichen Recherche zur Begründung des Widerspruchs habe er Gespräche mit der Mandantschaft geführt, einen Ortstermin wahrgenommen, Kostenvoranschläge übersandt und erläutert sowie das eingeholte Gutachten ausgewertet. Die anwaltliche Tätigkeit sei schwierig gewesen, denn er habe die persönlichen Verhältnissen des Klägers und die der Eltern aufklären, auswerten und in Schriftsätzen berücksichtigen müssen. Die Einbeziehung von zwei weiteren Personen führe dazu, dass Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als leicht überdurchschnittlich zu bewerten seien. Die weit überdurchschnittliche Bedeutung des Verfahrens für den Kläger müsse nicht erneut dargelegt werden. Als sonstiges unbenanntes Kriterium mit Einfluss auf die Bewertung sei die Belastung der Familie des Klägers durch die Pflegesituation zu nennen.

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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt wörtlich,

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unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbescheids vom 31. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2012 sowie des Urteils des Sozialgerichts Halle vom 13. Januar 2014 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten nach der Kostennote seines Rechtsanwalts vom 8. Juli 2011 zu erstatten.

31

Die Beklagte beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

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die Berufung zurückzuweisen.

33

Sie hält die geforderte Vergütung für unbillig. Es sei ein Standard- und Routinefall ohne Besonderheiten aus dem Bereich wohnumfeldverbessernder Maßnahmen. Sie hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheids sowie darauf verwiesen, dass die Einführung der Schwellengebühr zur Folge habe, dass die im ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr gewählte Gebühr beurteilt und in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt werde, wenn – wie hier – weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich seien. Mithin ergebe sich die festgesetzte Gesamtvergütung von 309,40 EUR.

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Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, selbst wenn man die Höhe der angesetzten Geschäftsgebühr für unbillig halte, habe er jedenfalls einen Anspruch auf die Mittelgebühr zuzüglich 20%, also auf einen Betrag von 336 EUR. Mit Post- und Telekommunikationspauschale sowie Umsatzsteuer ergebe sich dann ein Gesamtbetrag von 423,64 EUR. In durchschnittlichen sozialrechtlichen Mandaten seien weder die Befassung mit mehreren Gutachten noch langwieriger Schriftverkehr oder Ortstermine mit mehreren Mandantengesprächen erforderlich. Insbesondere SGB II-Verfahren seien deutlich einfacher zu bewältigen als das vorliegende Verfahren.

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Mit Schreiben vom 28. Februar 2017 (Beklagte) und 2. März 2017 (Kläger) haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung war wegen eines Verfahrensfehlers i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG zuzulassen. Denn das SG hat in Abwesenheit des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten, der wegen kollidierender Termine an der um mehr als eine Stunde verspätet beginnenden Verhandlung nicht teilnehmen konnte, verhandelt und entschieden, ohne zuvor gemäß § 106 Abs. 1 SGG darauf hinzuweisen, dass es den benannten Kläger (Vater) für nicht aktiv legitimiert hielt. Es handelt sich um eine Überraschungsentscheidung, denn das SG hat das Urteil auf einen Gesichtspunkt gestützt, den im Verfahren keiner der Beteiligten für erheblich hielt. Der Kläger hatte keine Gelegenheit, die Rechtsauffassung des SG zur Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern. Dies verletzt seinen Anspruch auf das rechtliche Gehör. Der gerügte Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, unterliegt der Beurteilung des LSG.

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Die Berufung ist teilweise begründet. Denn der Kläger hat Anspruch auf Erstattung weiterer 47,60 EUR im Rahmen der Kostenerstattung des Widerspruchsverfahrens.

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Rechtsgrundlage der Erstattungsforderung des Klägers ist § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen, demjenigen, der Widerspruch erhoben, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Gebühren und Auslagen i.S.v. § 63 Abs. 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren. Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind grundsätzlich auch Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt seinen Mandanten, hier dem Kläger, in Rechnung stellt. Diese Vergütung bemisst sich seit dem 1. Juli 2004 nach dem RVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG), sowie dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG2 Abs. 2 Satz 1 RVG).

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Rechtgrundlage der geltend gemachten Geschäftsgebühr ist Nr. 2400 VV RVG i.V.m. § 14 RVG. Sie entsteht insbesondere für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Informationen. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG fällt in sozialrechtlichen Angelegenheiten an, in dem Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Betragsrahmengebühren sind in sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG). Abs. 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (§ 3 Abs. 2 RVG). Ginge es vorliegend um ein gerichtliches Verfahren, entstünden Betragsrahmengebühren, denn der Kläger macht als Leistungsempfänger i.S.v. § 183 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einen Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 SGB XI geltend. Verfahren, die in dieser Eigenschaft vor den Gerichten geführt werden, sind (gerichts-)kosten frei.

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Gemäß Nr. 2400 VV RVG umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40 bis 520 EUR. Dabei kann eine Gebühr von mehr als 240 EUR aber nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog. Schwellengebühr). Innerhalb des vorgenannten Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass über Bestimmung dessen, was noch als billig oder schon als unbillig zu geltend hat, leicht Streit entstehen kann. Solchen Streit will der Gesetzgeber vermeiden, indem er dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt hat, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien verbunden ist. Die Literatur und ihr folgende Rechtsprechung gesteht dem Rechtsanwalt darüber hinaus einen Spielraum von 20% (Toleranzgrenze) zu, der von Dritten – wie auch von den Gerichten – zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009; Az.: B 4 AS 21/09 R, juris RN 19 – mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006, Az.: VI ZR 261/05, juris). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

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Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind objektive Kriterien. Zu diesen treten die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse als subjektive Kriterien. Darüber hinaus ist nach § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG bei Verfahren, auf die Betragsrahmengebühren anzuwenden sind, ein besonderes Haftungsrisiko berücksichtigen. Dieses stellt ein weiteres Kriterium für die Bemessung der Gebühr dar. Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht abschließend, sodass weitere unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O., RN 21). Die heranzuziehenden Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander.

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Die sog. Schwellengebühr hat die sog. Mittelgebühr, die (in Normalfällen) die billige Gebühr nach der früher geltenden Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung darstellte, abgelöst. Die Mittelgebühr errechnete sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr. Sie war bzw. ist in den Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt. Diese Vorgehensweise trägt Vereinfachungs- und Zweckmäßigkeitsgründen sowie dem verfassungsgerechten Gebot des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz Rechnung, gleichgelagerte Fälle gleich und unterschiedliche Fälle entsprechend ihren Unterschieden ungleich zu behandeln. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es, auch unter Geltung des RVG weiterhin jedenfalls im Grundsatz, jedoch unter Beachtung der zusätzlich durch die Schwellengebühr gezogenen Grenzen, weiter so zu verfahren und in einem ersten Schritt von der Mittelgebühr auszugehen. Den hinter der Mittelgebühr stehenden Wert darf der Rechtsanwalt aber nicht ohne weitere Begründung bis zu 20% erhöhen (vgl. BSG, a.a.O., RN 24; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005, Az.: 6 C 13/04, juris RN 24f.).

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Die Regelung der Nr. 2400 VV RVG, dass eine höhere Gebühr als 240 EUR (Schwellengebühr) nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war, macht die Mittelgebühr nicht hinfällig. Sie führt auch nicht dazu, dass nunmehr der Durchschnittsfall bei der Schwellengebühr anzusiedeln ist. Mit der Einschränkung ist vielmehr gemeint, dass Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit über dem Durchschnitt liegen müssen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu erreichen. In durchschnittlichen Angelegenheiten ist weiterhin grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen.

45

Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O., RN 26) ist zur Bestimmung der konkreten Gebühr wie folgt vorzugehen: Im einem ersten Schritt ist die Gebühr ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmen. Liegt diese über diese der Schwellengebühr, ist in einem weiteren Schritt zu beurteilen, ob es bei der ermittelten Gebühr bleibt. Dies ist der Fall, wenn der Umfang und/oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind. Ist dem nicht so, wird die an sich zutreffende Gebühr in Höhe der Schwellengebühr gekappt. Dies führt zu einer Gebühr von 240 EUR, wenn beispielsweise jedes der vier in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG genannten Bemessungskriterien durchschnittlich ist. Sind aber z.B. der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit leicht überdurchschnittlich, die Bedeutung der Angelegenheit des Auftraggebers leicht unterdurchschnittlich und die übrigen Kriterien durchschnittlich, so ist eine Gebühr i.H.v. 280 EUR billig, obwohl die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Ergebnis ebenfalls dem Durchschnitt zuzuordnen ist.

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Die konkreten Umstände des vorliegenden Falles lassen eine Festsetzung der Gebühr durch den Rechtsanwalt des Klägers auf 280 EUR zu: Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war vorwiegend durchschnittlich. Hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er objektiv auf die Sache verwenden musste. Bei einer außergerichtlichen Tätigkeit im Sozialrecht kann daher den Aufwand für Besprechung und Beratung, mitunter außerhalb der Kanzleiräume, das Lesen der Verwaltungsentscheidung, das Aktenstudium, die Anfertigung von Notizen und das Anfordern von Unterlagen beim Mandanten, deren Sichtung, die Rechtsprechungs- und Literaturrecherche sowie die Auseinandersetzung damit berücksichtigt werden; ferner auch das Eingehen auf von der Behörde herangezogene Beweismittel, der Schriftverkehr mit den Auftraggeber sowie der Gegenseite sowie ergänzend alle Tätigkeiten, die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht durch eine besondere Gebühr vergütet werden. Da Bezugspunkt die anwaltliche Tätigkeit ist, ist es entgegen der Ansicht des Klägers unerheblich, wie lange das Vorverfahren als solches angedauert hat.

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Wird – wie vorliegend – ein mit der Sache bislang noch nicht befasster Rechtsanwalt mit der Durchführung des sozialrechtlichen Vorverfahrens beauftragt, kommt es für den Umfang seiner Tätigkeit nicht nur auf die Zahl seiner gefertigten Schriftsätze an. Von Bedeutung ist darüber hinaus, welchen Einsatz er im Einzelnen zur Erstellung dieser Ausführungen notwendigerweise erbringen muss. Zu berücksichtigen sind dabei z.B. das Lesen der Verwaltungsentscheidung, die Beratung des Mandanten, das Aktenstudium, das Anfertigen von Notizen, die Darlegung des geltend gemachten Anspruchs unter Eingehen auf die streitigen Rechtsvorschriften und die Heranziehung von Kommentaren und einschlägiger Rechtsprechung.

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Nach diesen Kriterien ist die Tätigkeit des den Kläger vertretenden Rechtsanwalts allenfalls als durchschnittlich zu betrachten. Soweit der Kläger zum Beleg des besonderen Umfangs der Sache auf zehn von ihm gefertigte umfangreiche Schriftsätze verweist, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Bis zur Erlass des Abhilfeentscheidung mit Schreiben vom 7. Juni 2010, mit dem für vier genannte Einzelmaßnahmen der begehrte Höchstzuschuss von 2.557 EUR dem Grunde nach gewährt wurde, fertigte der Prozessbevollmächtigte insgesamt drei Schriftsätze, nämlich das Widerspruchsschreiben vom 1. Februar 2010 (ohne Begründung), die Widerspruchsbegründung vom 17. März 2010 (Umfang: 2 ½ Seiten) sowie eine Erinnerung vom 27. Mai 2010. Die nachfolgenden Schreiben standen im Zusammenhang mit der Vorlage von Rechnungen für die Maßnahmen, der begehrten Kostengrundentscheidung und der Kostennote und sind lediglich Annexe zum Widerspruchsverfahren. Insoweit hat der Rechtsanwalt lediglich die von den Eltern des Klägers gefertigten Kostenaufstellungen und die Rechnungsbelege unkommentiert an den Beklagten weitergeleitet und insbesondere nicht, worum die Beklagte gebeten hatte, die Rechnungspositionen einzelnen Maßnahmen zugeordnet, sodass nachfolgend hinsichtlich der Durchführung der zu förderten Maßnahmen eine erneute Begutachtung durch den MDK erforderlich wurde. Insgesamt war der Aufwand für das Widerspruchsverfahren nur durchschnittlich.

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Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war knapp durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, ggf. unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Vorliegend war zur Begründung des Widerspruchs eine kurze Einarbeitung in die (eine) maßgebliche Rechtsvorschrift (§ 40 SGB XI) unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur erforderlich. Spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten waren zur Bearbeitung des Mandats nicht erforderlich. Die rechtliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war an sich eher unterdurchschnittlich.

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Allerdings musste der Prozessbevollmächtigte das vom Beklagten eingeholte Gutachten des MDK lesen und bewerten. Der Umstand der Verwertung des Pflegegutachtens hebt den rechtlichen Anspruch des Falles auf ein insgesamt durchschnittliches Niveau. Insoweit ist zu beachten, dass vom Prozessbevollmächtigten keine eingehende Auseinandersetzung mit einem medizinischen Fachgutachten gefordert war, sondern dass im Pflegegutachten allein bauliche Gegebenheiten und Maßnahmen zur Erleichterung der Pflege dargestellt wurden. Die Anforderungen an die Lektüre und das Verständnis des Gutachtens waren nicht hoch. Es war keine umfangreiche Beweiswürdigung gefordert und ist auch nicht erbracht worden.

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Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit des Rechtsanwalts auch nicht dadurch geworden, dass sich erhebliche, sonst üblicherweise nicht stellende Probleme im Umgang einer Mehrheit von Mandanten eingestellt hätten. Ansprechpartner des Rechtsanwalts waren die sorgeberechtigten Eltern des Klägers, die als gesetzliche Vertreter das Mandat erteilt hatten. Nach Lage des Falles gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Rechtsanwalt mit dem damals neunjährigen Kläger persönlich auseinandergesetzt hat oder dies erforderlich war. Soweit der Rechtsanwalt zur Begründung ausgeführt hat, es sei die Durchführung eines Ortstermins erforderlich gewesen, um die konkreten Verhältnisse im Einfamilienhaus der Eltern des Klägers in Augenschein zu nehmen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. In tatsächlicher Hinsicht war im Rahmen des Widerspruchsverfahrens allein richtig zu stellen, dass es nicht um den Umbau eines bereits vorhandenen Bades ging, sondern um eine erstmalige Herstellung eines behinderten- und pflegegerechten Bades im Erdgeschoss des Hauses. Diese Information konnte die Eltern des Klägers dem bevollmächtigten Rechtsanwalt problemlos mündlich liefern; der mit einem Ortstermin verbundene Aufwand war nicht erforderlich. Insgesamt erweist sich das Widerspruchsverfahren vom Anspruch an die anwaltliche Bearbeitung her als durchschnittlicher "Normal- bzw. Routinefall" ohne Besonderheiten.

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Indes ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger – worauf der Prozessbevollmächtigte zu Recht hingewiesen hat – durchaus überdurchschnittlich. Allerdings ist bei dieser Bewertung auch zu beachten, dass Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nicht die Durchführung des Umbaus an sich und damit die (weitere) Teilhabe des Klägers am Familienleben war. Die Durchführung der Baumaßnahmen war nicht (allein) abhängig war von der Gewährung der begehrten Förderung. Denn es handelte sich um eine Zuschussleistung, mit der nur eine anteilige Finanzierung erfolgte. Nach der von den Eltern des Klägers vorgelegten Kostenaufstellung sind allein Baumaterialien – ohne Arbeitslöhne – zu einem Gesamtbetrag von ca. 11.800 EUR verbaut worden. Die bewilligte Förderung (2.557 EUR) belief sich auf weniger als 25% der Materialkosten. Dadurch ergibt sich eine insgesamt nur leicht überdurchschnittliche wirtschaftliche und ideelle Bedeutung der Sache für den Kläger.

53

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers sind nach Angaben des Prozessbevollmächtigten durchschnittlich. Da der Senat hierzu keine Erkenntnisse hat, ist diese Bewertung zu übernehmen. Ein besonderes Haftungsrisiko oder sonstige unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, sind nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die Belastung der familiären Situation durch die Pflege des Klägers verweist, ist diese – wie auch die Dauer des Widerspruchsverfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O., RN 29) unbeachtlich.

54

Mithin ist vorliegend allein das Kriterium "Bedeutung der Angelegenheit" für den Kläger leicht überdurchschnittlich. Da im Übrigen sowohl der Umfang als auch die Schwierigkeit der Tätigkeit als (gerade noch) durchschnittlich zu bewerten sind, erweist sich die vom Kläger bevollmächtigten angesetzte Geschäftsgebühr von 380 EUR als unbillig i.S.v. § 14 RVG. Weil jedoch ein Merkmal als überdurchschnittlich zu bewerten war, und der Fall insoweit (geringfügig) von einem Routinefall abweicht, ist der Ansatz der sog. Mittelgebühr i.H.v. 280 EUR gerechtfertigt. Die in Nr. 2400 VV RVG geregelte Kappung durch die Schwellengebühr auf einen Betrag auf 240 EUR greift entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ein.

55

Zur Geschäftsgebühr in Höhe der Mittelgebühr kommen die zwischen den Beteiligten nicht streitigen Auslagentatbestände nach Nr. 7002 VV RVG und 7008 VV RVG i.V.m. § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz. Hieraus ergibt sich insgesamt ein Erstattungsbetrag von 357 EUR (280 + 20 = 300 EUR; +19 % = 357 EUR). Nachdem die Beklagte bereits einen Betrag von 309,40 EUR festgesetzt und ausgezahlt hat, verbleibt ein Erstattungsanspruch des Klägers von 47,60 EUR.

56

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

57

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt (§ 160 Abs. 2 SGG).


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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 10. Mai 2017 - L 4 P 21/14 zitiert 18 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

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(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 63 Erstattung von Kosten im Vorverfahren


(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 1 Geltungsbereich


(1) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bemisst sich nach diesem Gesetz. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als besonderer Vertreter nach den §§ 57 und 58 der Zivilprozessordnung, n

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Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 40 Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen


(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmit

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Bundesgerichtshof Urteil, 31. Okt. 2006 - VI ZR 261/05

bei uns veröffentlicht am 31.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 261/05 Verkündet am: 31. Oktober 2006 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat die Kostenentscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(1) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bemisst sich nach diesem Gesetz. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als besonderer Vertreter nach den §§ 57 und 58 der Zivilprozessordnung, nach § 118e der Bundesrechtsanwaltsordnung, nach § 103b der Patentanwaltsordnung oder nach § 111c des Steuerberatungsgesetzes. Andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Partnerschaftsgesellschaften und sonstige Gesellschaften stehen einem Rechtsanwalt im Sinne dieses Gesetzes gleich.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung). Es gilt ferner nicht für eine Tätigkeit als Vormund, Betreuer, Pfleger, Verfahrenspfleger, Verfahrensbeistand, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Sachwalter, Mitglied des Gläubigerausschusses, Restrukturierungsbeauftragter, Sanierungsmoderator, Mitglied des Gläubigerbeirats, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter, Treuhänder oder Schiedsrichter oder für eine ähnliche Tätigkeit. § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 4 Absatz 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes bleiben unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des Sozialgerichtsgesetzes genannten Personen gehört; im Verfahren nach § 201 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes werden die Gebühren immer nach dem Gegenstandswert berechnet. In Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren (§ 202 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes) werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 261/05 Verkündet am:
31. Oktober 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG § 14; RVG VV Nr. 2400

a) Es ist nicht unbillig, wenn ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit bei einem durchschnittlichen
Verkehrsunfall eine Geschäftsgebühr von 1,3 bestimmt.

b) Zur Frage, wann eine Geschäftsgebühr von 1,3 unbillig sein kann.
BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05 - LG Wuppertal
AG Wuppertal
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Oktober 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 17. November 2005 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der aus abgetretenem Recht seines Mandanten klagende Rechtsanwalt und der beklagte Haftpflichtversicherer streiten über die Höhe der dem Kläger aus § 14 RVG i. V. m. Nr. 2400 VV zustehenden Geschäftsgebühr in einer Verkehrsunfallsache , bei der das Fahrzeug seines Mandanten von einer Versicherungsnehmerin der Beklagten beim Rückwärtsfahren beschädigt worden war. Nach der Schadensregulierung durch die Beklagte rechnete der Kläger seine Gebühren nach einem Wert von 1.137,56 € ab, wobei er eine Gebühr von 1,3 nach §§ 13, 14 RVG, Nr. 2400 der Anlage 1 RVG nebst der Pauschale nach Nr. 7002 der Anlage 1 RVG (zuzüglich der Mehrwertsteuer), insgesamt 151,38 €, in Rechnung stellte. Die Beklagte zahlte vorgerichtlich lediglich einen Betrag von 94,56 €, wobei sie von einer Geschäftsgebühr von 0,8 ausging. Nachdem der Kläger den offen stehenden Restbetrag von 56,82 € unter Fristsetzung nachgefordert und hierüber einen Mahnbescheid erwirkt hatte, leistete die Beklagte eine weitere Zahlung in Höhe von 23,76 €, wobei sie eine Geschäftsgebühr von 1,0 zugrunde legte. Den Restbetrag macht der Kläger mit seiner vorliegenden Klage geltend.
2
Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage im Wesentlichen stattgegeben und im Übrigen festgestellt, dass die Hauptsache wegen eines Betrages von 23,76 € teilweise erledigt ist. Auf die zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts teilweise abgeändert und - über die Feststellung der teilweisen Erledigung hinaus - die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit seiner vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht meint, der Kläger könne keine höhere als die einfache Gebühr verlangen. Die Ermessensausübung des Rechtsanwalts sei zwar bindend, wenn ihm keine Ermessensfehler unterlaufen seien, wobei ihm ein Spielraum von etwa 20% zuzubilligen sei. Der Ansicht des Klägers, dass sich aus dem Zusatz der Nr. 2400 VV ergebe, dass in Verkehrsunfallsachen grundsätzlich 1,3 Gebühren gefordert werden könnten, könne jedoch nicht gefolgt werden. § 14 RVG stelle nicht auf bestimmte Rechtsgebiete ab, sondern fordere eine Bestimmung der Gebühr unter Berücksichtigung des konkreten Einzel- falles. Bezüglich der Bedeutung der Angelegenheit und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten ergäben sich hier keine vom Durchschnitt abweichenden Kriterien, allenfalls sei zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Schadensbetrag eher niedrig als hoch einzustufen sei. Deshalb seien bei der Ermessensausübung des Anwalts der Umfang und die Schwierigkeit seiner Tätigkeit maßgeblich heranzuziehen. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers sei die Schadensregulierung einfach gewesen und habe keinen besonderen Umfang gehabt. Die Tätigkeit des Klägers habe sich darin erschöpft , dass er das nicht schwer einzuordnende Unfallgeschehen angehört und die selbstverständlichen Folgen daraus gezogen habe. Im Streitfall hätten sich zum Haftungsgrund überhaupt keine rechtlichen Probleme ergeben, weil sowohl vom Unfallablauf (Rückwärtsfahren) als auch wegen der Bestätigung durch die Beklagte die volle Haftung des Unfallgegners festgestanden habe. Dass dem Mandanten deshalb der volle Reparaturnettobetrag und die Erstattung der Sachverständigenkosten sowie eine angemessene Auslagenpauschale hätten gewährt werden müssen, habe auch keiner schwierigen rechtlichen Beurteilung bedurft, was sowohl das Anspruchsschreiben mit kaum mehr als einer Seite als auch die problemlose, zeitnahe Regulierung durch die Beklagte zeige.

II.

4
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Unter den vom Berufungsgericht festgestellten besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist die Zuerkennung einer lediglich einfachen Geschäftsgebühr im Rahmen des § 14 RVG i. V. m. Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu diesem Gesetz aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr im Sinne der Nr. 2400 VV (ab 1. Juli 2006 wortgleich Nr. 2300) der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr - wie hier - von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20% zusteht (vgl. Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/MüllerRabe , RVG, 17. Aufl. 2006, § 14 Rn. 12 m. w. N.). Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass dieser Spielraum im Streitfall überschritten worden ist, begegnet aus revisionsrechtlicher Sicht keinen Bedenken.
6
a) Nach den nunmehr einschlägigen Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts als Rahmengebühr mit einem Gebührenrahmen zwischen 0,5 bis 2,5 ausgestaltet. Eine Gebühr über 1,3 kann allerdings wegen des Nachsatzes in Nr. 2400 VV (ab 1. Juli 2006 wortgleich Nr. 2300) nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig, mithin überdurchschnittlich gewesen ist (vgl. Gerold /Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Nr. 2300, 2301 VV, RZ.28; Podlech-Trappmann in: Kompaktkommentar zum RVG, Nr. 2400 VV, Anm. 4.2.2.2.2; Madert, DAR 2004, 417, 419; Otto, NJW 2004, 1420, 1421; Riedmeyer, DAR 2004, 262; Sonderkamp, NJW 2006, 1477, 1479).
7
b) Welche Geschäftsgebühr bei der Abwicklung eines "durchschnittlichen" bzw. "normalen" Verkehrsunfalls gerechtfertigt ist, ist umstritten. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, eine angemessene Gebühr hierfür sei bei einem Gebührenrahmen zwischen 0,5 und 1,3 zwischen 0,8 und 1,0 anzusiedeln (vgl. die Nachweise bei Sonderkamp, NJW 2006, 1477, 1478 Fn. 3) ein anderer Teil erachtet eine 1,3 Geschäftsgebühr für gerechtfertigt (vgl. OLG München und OLG Düsseldorf, VA 2006, 189 sowie die Nachweise bei Sonderkamp, aaO, S. 1477 Fn. 2).
8
Der letztgenannten Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Sie entspricht der Vorstellung des Gesetzgebers, dass in durchschnittlichen Fällen die Schwellengebühr von 1,3 eine Regelgebühr darstellt und ähnliche Funktionen erfüllt wie die 7,5/10 Gebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO (amtliche Begründung, BT-Drucks. 15/1971 S. 206 f.) und steht in Einklang mit der Bestimmung, dass bei überdurchschnittlichen, weil umfangreichen oder schwierigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts eine Geschäftsgebühr über 1,3 gerechtfertigt ist.
9
2. Dies bedeutet aber auch, dass bei unterdurchschnittlichen Fällen die Festsetzung einer Geschäftsgebühr von 1,3 unbillig sein kann. Einen solchen Fall hat das Berufungsgericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen ohne Rechtsfehler bejaht.
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a) Danach rief der Mandant den Kläger am Unfalltag, dem 2. August 2004, an und berichtete vom Unfallgeschehen. Dabei wurde ihm telefonisch der Rat erteilt, einen Sachverständigen einzuschalten, was der Mandant auch tat. Mit Schreiben vom 3. August 2004 bestätigte die Beklagte unaufgefordert gegenüber dem Mandanten "nach ihrem jetzigen Kenntnisstand" ihre Eintrittspflicht hinsichtlich der unfallbedingten Schäden an dessen Fahrzeug. Nachdem der Mandant mit dieser Bestätigung am 6. August 2004 beim Kläger erschienen war und dort ausführlich das Unfallgeschehen geschildert hatte, fertigte der Kläger noch am selben Tag ein Anspruchsschreiben von etwas über einer Seite mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von insgesamt 1.137,56 €, die den vom Sachverständigen ermittelten Nettobetrag für die Reparatur, dessen Kosten und eine Auslagenpauschale beinhaltete. Noch im August 2004 beglich die Beklagte die Forderung bis auf eine Kürzung der Auslagenpauschale um 5 €. Danach erschien der Mandant noch einmal beim Kläger und erkundigte sich, warum er nur den Nettobetrag und nicht den Bruttobetrag für die Reparatur ersetzt bekommen habe.
11
b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen, die das Berufungsgericht dem eigenen Vorbringen des Klägers entnommen hat, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass dem Kläger für seine Tätigkeit nicht mehr als die von der Beklagten gezahlte Geschäftsgebühr von 1,0 zustehe, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
12
Insbesondere kann sich der Kläger - entgegen der Auffassung der Revision - nicht darauf stützen, dass die Abwicklung von Verkehrsunfällen "regelmäßig" umfangreiche Vorarbeiten erfordere, denn § 14 Abs. 1 RVG stellt bei der Bestimmung der Rahmengebühren durch den Rechtsanwalt auf die Umstände des Einzelfalles ab, so dass es darauf ankommt, ob tatsächlich umfangreiche Vorarbeiten angefallen sind.
13
Zwar kann aus einer schnellen und problemlosen Schadensregulierung durch den Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht stets der Rückschluss gezogen werden, dass die anwaltliche Tätigkeit unterdurchschnittlich gewesen sei. Eine derartige Regulierung kann vielmehr im Einzelfall auf einer vorherigen und womöglich umfangreichen Klärung der Sach- und Rechtslage durch den Rechtsanwalt beruhen. In solchen Fällen widerspräche es dem Sinn und Zweck des § 14 RVG, wenn der Haftpflichtversicherer es durch eine schnelle Regulierung in der Hand hätte, dem Rechtsanwalt die Bestimmung einer angemessenen Vergütung für bereits erbrachte Tätigkeiten zu versagen.
14
Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch nicht dargetan, dass er tatsächlich entsprechende Vorarbeiten erbracht hat. Das Schreiben der Beklagten vom 3. August 2004, nach ihrem jetzigen Kenntnisstand könne sie ihre Eintrittspflicht hinsichtlich der unfallbedingten Schäden an dem Fahrzeug des Geschädigten bestätigen, mag zwar ein Formularschreiben ohne Schuldanerkenntnis im Rechtssinne gewesen sein. Es zielte jedoch - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - erkennbar darauf ab, den Schadensfall einfach und ohne großen Aufwand abzuwickeln. Demzufolge hat es auch der Kläger nicht für erforderlich erachtet, in seinem daraufhin verfassten Anspruchsschreiben vom 6. August 2004 eingehende Ausführungen zur Unfallsituation und zur Rechtslage zu machen, wie die Revision sie nunmehr nachholt. Vielmehr hat er ersichtlich zunächst einmal abgewartet, ob die Beklagte entsprechend ihrer Ankündigung den zwischenzeitlich vom Sachverständigen ermittelten Sachschaden an dem Fahrzeug seines Mandanten ohne weiteres ersetzen würde, wie es sodann auch geschehen ist. Schließlich hätte der Kläger die nachträgliche Frage des Mandanten hinsichtlich der Umsatzsteuer – worauf das Berufungsgericht mit Recht abgehoben hat – durch einen einfachen Hinweis auf die (neue) Gesetzeslage (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB) beantworten können. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 11.03.2005 - 35 C 66/05 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 17.11.2005 - 9 S 101/05 -

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.