Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 27. Feb. 2013 - L 3 R 136/10

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2013:0227.L3R136.10.0A
bei uns veröffentlicht am27.02.2013

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI).

2

Die 1952 geborene Klägerin absolvierte nach dem Abschluss der Zehnten Schulklasse im Zeitraum vom 1. September 1969 bis zum 31. Juli 1971 erfolgreich eine Lehre zur Bibliotheksfacharbeiterin. Im Anschluss daran war sie bis 1976 als buchhändlerische Mitarbeiterin sowie als Instrukteurin beim Rat des Kreises Q. beschäftigt. Die längste Zeit ihres Erwerbslebens arbeitete die Klägerin im Zeitraum von 1976 bis 1991 als buchhalterische Mitarbeiterin in einem inzwischen nicht mehr existenten Druckereibetrieb. Nachdem die Klägerin von 1991 bis 1993 arbeitslos war, begann sie 1993 als Verkäuferin in einem Küchenstudio zu arbeiten. Eine wiederum bis 1996 andauernde Arbeitslosigkeit beendete die Klägerin durch die Eröffnung eines Küchenplanungsstudios, welches sie selbstständig ohne weitere Mitarbeiter bis 2002 betrieb. Nach Aufgabe dieser selbstständigen Tätigkeit war die Klägerin wiederum kurzzeitig arbeitslos und nahm 2003 bei einer Sicherheitsfirma eine Tätigkeit als Aufsichtskraft in einer Bildergalerie auf, die im November 2004 beendet wurde. Im Rahmen der Gründung einer sogenannten Ich-AG betrieb die Klägerin vom 4. Oktober 2005 bis zum 3. Oktober 2007 als Einzelunternehmen eine Seniorenbetreuung/Hauswirtschaftshilfe. Das Unternehmen stellte die Klägerin nach eigenen Angaben mit dem Auslaufen der Förderung durch die Agentur für Arbeit und aufgrund ihrer häufigen Erkrankungen ein.

3

Am 8. März 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, seit 2009 aufgrund von Bandscheibenschäden und der Folgen einer Borreliose erwerbsgemindert zu sein.

4

Die Beklagte holte zunächst Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte ein. Dem dem Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. H. vom 20. März 2007 beigefügten Entlassungsbericht der O-Klinik M., Klinik für Neurochirurgie, ist eine am 15. Oktober 2003 aufgrund eines Bandscheibenvorfalls in Höhe L4/5 durchgeführte Operation zu entnehmen. Im Ergebnis der durchgeführten Operation habe die Klägerin eine deutliche Besserung der bestehenden Lumboischialgien angegeben. Neue Beschwerden oder neurologische Ausfälle seien nicht aufgetreten. Eine wegen unveränderter Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) am 4. April 2004 durchgeführte ambulante Untersuchung in der bereits benannten Klinik für Neurochirurgie ergab keinen Hinweis auf eine neurogene Schädigung.

5

Die Beklagte veranlasste die Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie Dr. B., der die Klägerin am 22. Mai 2007 ambulant untersuchte und sein Gutachten am 4. Juni 2007 erstattete. Folgende Gesundheitsstörungen lägen bei der Klägerin vor:

6

Varusarthrose des rechten Kniegelenkes mit beginnender Streckhemmung.

7

Lumbales Pseudoradikulärsyndrom links infolge ISG-Blockierung bei Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 links im Oktober 2003.

8

Im Vordergrund stehe bei der Klägerin eine Arthrose des rechten Kniegelenkes mit Reizerscheinungen und einem leichten Erguss; die Streckung sei bei 5Grad eingeschränkt. Hinsichtlich der Kniegelenksbeschwerden rechts müsse im Laufe der nächsten Jahre mit einer weiteren Verschlechterung gerechnet werden. Eine orthopädische stationäre Rehabilitationsbehandlung sei erfolgversprechend. Eine leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen sei vollschichtig möglich.

9

Nach Durchführung der empfohlenen orthopädischen Rehabilitationsmaßnahme in der T. Fachklinik B. im Zeitraum vom 16. Oktober bis zum 6. November 2007 attestierten die behandelnden Ärzte der Klägerin im Entlassungsbericht vom 21. November 2007 ein sechs- und mehrstündiges tägliches Leistungsvermögen sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenplanerin als auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen. Der Rehabilitationsentlassungsbericht wies als Diagnosen ein Postdiskektomiesyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 links (10/2003) und eine beginnende Gonarthrose rechts aus. Die Klägerin habe nach dreiwöchiger physikalisch-balneologischer Therapie in einem guten Allgemeinzustand als sofort arbeitsfähig entlassen werden können. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Gehen, zeitweise im Sitzen und Stehen, unter Meidung von häufigem Bücken, Hocken und Knien, ständigem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, schwerem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von mehr als zehn kg sowie ohne einseitige Körperhaltungen im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich möglich.

10

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 3. Juli 2007 ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten im angelernten Beruf als selbstständige Küchenplanerin Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden.

11

Mit Schreiben vom 11. Juli 2007 erhob die Klägerin am 18. Juli 2007 Widerspruch. Die ablehnende Entscheidung sei aufgrund der täglichen Schmerzen nicht nachvollziehbar. Sie leide zudem unter einem Drehschwindel und könne nicht lange sitzen, laufen, stehen oder liegen. Hinzu kämen die Beschwerden im rechten Knie. Die Ausübung der Tätigkeit einer Küchenplanerin sei unmöglich.

12

Eine nochmalig durch die Beklagte bewilligte stationäre orthopädische Rehabilitationsmaßnahme lehnte die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen ab. Sie bevorzuge eine ambulante Kur in Heimatnähe.

13

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2008 als unbegründet zurück. Ausgehend von dem Hauptberuf der Seniorenbetreuerin/Hauswirtschaftshilfe in einer Ich-AG sei die Klägerin als Angelernte des unteren Bereichs im Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts (BSG) einzugruppieren. Die ihr damit zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie noch im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

14

Mit ihrer am 23. Juni 2008 bei dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie leide unter Problemen der Lendenwirbelsäule (LWS) und des rechten Kniegelenkes. Ihr körperlicher Zustand lasse befürchten, dass nicht einmal Wegefähigkeit vorliege. Eine Strecke von 500 m bewältigte sie mit Pausen in einer Zeit von über einer halben Stunde. Es sei daher davon auszugehen, dass sie diese Strecke täglich viermal nicht bewältigen könne. Beim Gehen stelle sich ein Taubheitsgefühl im linken Oberschenkel ein, sodass die Gangsicherheit erheblich eingeschränkt sei. Längeres Sitzen, Treppensteigen und das Tragen von Lasten bereiteten erhebliche Schwierigkeiten. Im Haushalt könne sie nur noch leichteste Tätigkeiten verrichten.

15

Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte eingeholt. Dr. T., Fachärztin für HNO-Heilkunde/Allergologie, hat unter dem 4. Dezember 2008 mitgeteilt, dass der Verdacht auf eine orofaziale Dyskinesie bestehe, die jedoch aus ihrer fachärztlichen Sicht nicht zu einer quantitativen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit führe. Die orthopädische Gemeinschaftspraxis D. N./M. hat im Befundbericht vom 10. Dezember 2008 ausgeführt, dass die Klägerin seit August 2001 behandelt werde und bei ihr ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom, ein Zervicobrachialsyndrom , eine Epicondylitis sowie eine Hemigonarthrose rechts vorlägen. Es habe sich ein wechselhaftes Beschwerdebild bei einer leichten Progredienz der degenerativen Veränderungen im Bereich der HWS gezeigt. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in Wechselhaltung seien noch vollschichtig möglich.

16

Nachdem der Klägerin von der Beklagten nach Durchführung einer Knietotalendoprothesenimplantation (Knie-TEP) rechts am 9. April 2009 eine ambulante Anschlussheilbehandlung in der T. Fachklinik B. bewilligt worden war, hat das Sozialgericht den ärztlichen Entlassungsbericht vom 28. Mai 2009 über die im Zeitraum 6. bis zum 28. Mai 2009 durchgeführte Rehabilitation beigezogen. Die ganztägige ambulante Anschlussheilbehandlung habe sich aufgrund der Schmerzsymptomatik im operierten Knie etwas schwierig gestaltet. Die häufig geänderte Schmerzmedikation habe nur kurzfristig zur Beschwerdelinderung geführt. Die Klägerin leide unter einer Gonarthrose rechts, einem Zustand nach zementfreier Knie-TEP rechts am 9. April 2009, einem Lumbalsyndrom bei Zustand nach Nukleotomie L4/5 (2003), einem chronischen atopischen Ekzem sowie einer allergischen Diathese. Die Klägerin sei in einem subjektiv und objektiv eher verschlechterten Zustand arbeitsunfähig nach Hause entlassen worden. Zum Zeitpunkt der Entlassung könne noch keine Aussage über den Eintritt der Arbeitsfähigkeit getroffen werden. Es empfehle sich die schnellstmögliche Vorstellung in der operierenden Einrichtung zur Ursachenforschung der massiven Beschwerden einschließlich der Verschlechterung des klinischen Bildes. Die Klägerin sei zuletzt als selbstständige Küchenplanerin tätig gewesen. Diese Arbeit sowie körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien auch weiterhin sechs Stunden und mehr täglich möglich. Vermieden werden sollten lange Zwangshaltungen für die Wirbelsäule, häufiges Arbeiten im Bücken, Hocken, Knien sowie häufiges Heben von Lasten über zehn kg ohne Hebehilfsmittel. Die Klägerin sollte auf wechselnde Körperhaltungen achten.

17

Aufgrund einer Prothesenlockerung im rechten Knie ist die Klägerin erneut vom 26. September bis zum 5. Oktober 2009 stationär im Klinikum Q. behandelt worden. Nach entsprechender Vorbereitung ist am 28. September 2009 ein vollständiger Wechsel der Knie-TEP rechts vorgenommen worden. Im Anschluss daran hat sich die Klägerin vom 10. bis zum 30. November 2009 erneut zu einer teilstationären Anschlussheilbehandlung in der T. Fachklinik B. befunden. Im Rehabilitationsentlassungsbericht vom 7. Dezember 2009 sind als Diagnosen aufgeführt worden:

18

1. Gonarthrose rechts.

19

2. Wechsel der Knie-TEP rechts am 28. September 2009.

20

3. Knie-TEP-Implantation rechts zementfrei.

21

4. Lokales LWS-Syndrom, Zustand nach Nukleotomie L4/5 (2003).

22

Die Klägerin könne sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als selbstständige Küchenplanerin als auch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nach mindestens dreimonatiger Arbeitsunfähigkeit und anschließender komplikationsloser Rekonvaleszenz im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Bei wechselnden Körperhaltungen sollten Zwangshaltungen für die Wirbelsäule, häufiges Bücken, Hocken und Knien vermieden werden. Als objektiver Abschlussbefund sind ein ausreichend sicheres und flüssiges Gangbild mit zwei Unterarmgehstützen im Vierpunktgang unter Vollbelastung des rechten Beines beschrieben worden. Über dem rechten Knie hätten sich eine reizlose Narbe, kein Anhalt für eine Ergussbildung, keine Weichteilschwellung und eine Kräftigung der kniegelenkführenden Muskulatur gezeigt. Der Einbeinstand sei links sicher, rechts noch nicht möglich gewesen.

23

Nach Anhörung der Beteiligten mit Schreiben vom 12. Februar 2010 zu einer beabsichtigten Entscheidung nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. April 2010 abgewiesen. Bei der Klägerin liege kein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden täglich vor. Dies ergebe sich aus dem Entlassungsbericht der im Jahr 2009 durchgeführten Rehabilitation sowie dem Gutachten von Dr. B. Für das Gericht stehe fest, dass die Klägerin unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide. Ein rentenberechtigender Grad werde hierbei jedoch nicht erreicht. Bisheriger Beruf der Klägerin sei der der Küchenplanerin, den sie bis 2002 ausgeübt habe. Mit dem verbliebenen Leistungsvermögen könne die Klägerin diese Tätigkeit noch zumutbar ausüben.

24

Gegen den ihr am 4. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 27. Mai 2010 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass sich das Sozialgericht nur auf ältere Befundberichte aus den Jahren 2008 und 2009 sowie einen Rehabilitationsentlassungsbericht vom Dezember 2009 bezogen habe, der sich aber nicht mit allen gesundheitlichen Einschränkungen befasse. Ihre orthopädischen Leiden und der Drehschwindel ließen eine Berufstätigkeit überhaupt nicht mehr zu. Sie sei nicht wegefähig. Hierzu lägen zudem überhaupt keine Ermittlungen vor. Ihre letzte Tätigkeit sei als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren.

25

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. April 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. März 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, insbesondere bei Berufsunfähigkeit, bewilligen.

26

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

27

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Hinsichtlich der Feststellungen zum Hauptberuf werde auf den Bescheid über die Versicherungspflicht vom 24. November 2005 verwiesen, aus dem hervorgehe, dass die Klägerin für die Tätigkeit als Seniorenbetreuerin pflichtversichert gewesen sei.

28

Der Senat hat zunächst aktuelle Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. S., Facharzt für Orthopädie, hat unter dem 1. März 2011 mitgeteilt, dass nach dem TEP-Wechsel im September 2010 röntgenologisch ein regelrechter Sitz der Prothese festgestellt worden sei. Die am 19. Juli 2010 durchgeführte Magnetresonanztomographie (MRT) der LWS hätte eine reaktivierte Osteochondrose in Höhe L4/5, eine Bandscheibenvorwölbung in Höhe L1/2 sowie als Hauptbefund narbige Veränderungen in Höhe L4/5 ergeben. Dipl.-Med. G., Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, hat in seinem Befundbericht vom 7. März 2011 mitgeteilt, dass er die Klägerin seit 2006 regelmäßig behandele. Infolge der Implantation sei die Klägerin länger nicht arbeitsfähig gewesen. Die Behandlung sei im Frühjahr 2010 abgeschlossen worden. Danach habe sich die Klägerin bei der Agentur für Arbeit vorgestellt. Bei der letzten Vorstellung am 2. März 2011 bei ihm habe sich ein unveränderter Gesundheitszustand gezeigt. Mit dem Gelenkoberflächenersatz käme sie zurecht. Es bestünden jedoch deutliche Einschränkungen im täglichen Leben. Das Bewegungsausmaß und die Belastungsfähigkeit hätten sich nach dem zweiten operativen Eingriff am Kniegelenk verschlechtert. Am 3. März 2011 hat sich die Klägerin in psychotherapeutische Behandlung bei Dr. C., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, begeben. Dieser hat am 14. März 2011 eine schwere depressive Episode ohne psychosomatische Symptome diagnostiziert. Auf die Frage des Senats, wann, wo und mit welchem Ergebnis klinische Behandlungen oder Untersuchungen stattgefunden hätten, hat der Facharzt geantwortet, dass trotz eines Suizidversuches im Jahre 1981 psychiatrisch bisher keine Interventionen stattgefunden hätten. Aufgrund der bisher kurzen Behandlungsdauer von zwei Wochen sei nur eine leichte Besserung zu verzeichnen. Der Facharzt für Neurochirurgie W. hat mitgeteilt, dass er die Klägerin zwei- bis dreimal jährlich untersuche. Die erhobenen Befunde hätten sich insgesamt leicht verschlechtert. Neue Leiden seien nicht hinzu gekommen.

29

Der Senat hat aufgrund der kurzen psychotherapeutischen Behandlungsdauer im August 2011 nochmals einen Befundbericht von Dr. C. angefordert. Der Facharzt hat am 22. August 2011 als Diagnose eine schwere rezidivierende depressive Episode mitgeteilt. Die Klägerin sei seit dem 3. März 2011 durchgehend arbeitsunfähig; eine leichte Besserung sei bei Einnahme des Medikaments Trevilor zu verzeichnen.

30

Der Senat hat sodann das Gutachten von dem Chefarzt und Ärztlichen Leiter der Neurologischen Klinik im SKH A., Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, Dr. V. vom 29. März 2012 eingeholt, das auf der Grundlage einer Untersuchung der Klägerin am 26. März 2012 erstellt worden ist. Die Klägerin habe sich in einem guten körperlichen Allgemeinzustand befunden, einen Gehstock links benutzt, den sie aber bei Eintritt in den Untersuchungsraum nicht benötigt habe. Es bestünden als Gesundheitsstörungen eine mittelgradige depressive Episode und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Bei der Klägerin sei eine familiäre Belastung mit psychischen Störungen anzunehmen. Schon die Mutter der Klägerin sei in jungen Jahren in nervenärztlicher Behandlung gewesen. Die Klägerin sei bei ihrer Großmutter aufgewachsen, weil die Mutter offenbar mit ihrer Erziehung überfordert gewesen sei. Aufgrund einer plötzlichen Erkrankung der Großmutter sei sie im Alter von sechs Jahren vorübergehend in einem Kinderheim untergebracht worden. Dies sei für sie ein erstes psychisch traumatisierendes Erlebnis gewesen. Insgesamt seien bei der Klägerin zumindest zwei depressive Phasen aus der Vorgeschichte abgrenzbar. Im Rahmen einer Depression habe sie 1981 einen Suizidversuch im Zusammenhang mit ihrer Ehescheidung unternommen. Eine weitere depressive Phase habe es 1992 gegeben, die die Klägerin im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit und Konflikten mit der Tochter sehe. Beide Phasen hätten nicht zu einer psychiatrischen Vorstellung oder Behandlung geführt. Wann dann erneut eine depressive Störung aufgetreten sei, sei fraglich. Es sei davon auszugehen, dass die weit in die Vergangenheit zurückreichenden depressiven Störungen die sich seit Ende der neunziger Jahre manifestierende Schmerzproblematik mitgestaltet hätten. Sicher sei, dass es in der Vergangenheit mehrere rezidivierende depressive Episoden gegeben habe und eine erneute anhaltende depressive Episode jetzt länger als ein Jahr bestehe. Eine schwere depressive Episode, wie sie vom behandelnden Psychiater im März 2011 diagnostiziert worden sei, sei jetzt nicht mehr feststellbar. Derzeit handele es sich um eine mittelschwere depressive Episode. Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet seien in ihrer Ausprägung und Art indes derzeit nicht so schwerwiegend, dass hieraus quantitative Leistungsminderungen abzuleiten wären. Die Klägerin bedürfe zwar intensivierter stationärer oder zumindest teilstationärer psychiatrisch/psychotherapeutischer Behandlung. Sie sei aber in der Lage, körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen im Gehen, Stehen und Sitzen - wobei der gehende und stehende Anteil 50 Prozent nicht überschreiten sollte - mit gelegentlichen einseitigen körperlichen Belastungen ohne Gerüst- und Leiterarbeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie an mnestische Fähigkeiten und Tätigkeiten mit geistig einfachen und mittelschwierigen Anforderungen sei sie gewachsen. Die Klägerin könne keine Arbeiten in Nachtschicht, unter Zeitdruck, mit häufigem Publikumsverkehr sowie unter besonderen emotionalen oder psychischen Belastungen mehr verrichten. Sie benötige über die in einer mehr als sechsstündigen Arbeitsschicht gewährten üblichen Pausen hinaus zusätzliche Pausen von bis zu dreimal zehn Minuten. Länge und Verteilung der Pausen könnten den Erfordernissen des Betriebsablaufs angepasst werden. Die Gehfähigkeit sei eingeschränkt. Die Klägerin benutze einen Gehstock. Sie könne jedoch einen Fußweg von mehr als 500 m vor und nach einer Arbeitsschicht in jeweils unter 20 Minuten bewältigen.

31

In der öffentlichen Sitzung am 6. Juni 2012 hat die Klägerin einen Arztbrief von Dr. S. vom 30. Mai 2010 überreicht, der in Auswertung von Röntgenaufnahmen der LWS eine progrediente Osteochondrose in Höhe L4/5 bei fast vollständig aufgebrauchtem Zwischenwirbelraum (ZWR) beschreibt. Nach der Vertagung des Rechtsstreits ist Dr. V. um eine ergänzende Stellungnahme zum aktuell vorgelegten Arztbericht sowie zur Pausengestaltung und -häufigkeit gebeten worden. In seinem hierzu übersandten Schreiben vom 23. Juli 2012 hat Dr. V. mitgeteilt, dass sich aus dem Arztbrief von Dr. S. keine Anhaltspunkte für eine abweichende Leistungseinschätzung oder weitere medizinische Ermittlungen ergäben. Die Klägerin leide vordergründig unter einer psychischen Störung, die sich in emotional-affektiver und psychosomatischer Schmerzverarbeitung äußere. Sie benötige in einer mehr als sechsstündigen Arbeitsschicht zusätzliche Pausen von bis zu dreimal zehn Minuten. In einer genau sechsstündigen Arbeitsschicht benötige sie außer einer halbstündigen oder zwei viertelstündigen Arbeitspausen zusätzliche Pausen von bis zu zweimal zehn Minuten. In den jeweils zehnminütigen Pausen müsse eine sitzende Ruhephase mit dem Verzicht auf berufliche Leistungserbringung gewährleistet sein. Ein Ruheraum oder eine liegende Position sei hierfür nicht erforderlich.

32

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe

33

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

34

Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

35

Die Klägerin ist nicht erwerbsgemindert. Sie ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen im Gehen, Stehen und Sitzen, wobei der gehende und stehende Anteil 50 Prozent der täglichen Arbeitszeit nicht überschreiten sollte, zu verrichten. Arbeiten mit gelegentlichen einseitigen körperlichen Belastungen bzw. Zwangshaltungen wie Knien, Hocken, Bücken, Heben, Tragen sind möglich. Das Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel sowie Gerüst- und Leiterarbeiten sind nicht mehr zumutbar. Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie an mnestische Fähigkeiten und mit geistig einfachen bis mittelschwierigen Anforderungen ist sie gewachsen. Die Gebrauchsfähigkeit ihrer Hände ist erhalten. Die Klägerin kann Arbeiten in Wechselschicht unter Vermeidung von Nachtschicht, Zeitdruck und häufigem Publikumsverkehr und ohne besondere emotionale und psychische Belastungen im genannten Umfang bewältigen.

36

Dieses Leistungsbild ergibt sich unter anderem aus den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. V., die mit den Feststellungen in den Rehabilitationsentlassungsberichten vom 28. Mai und 7. Dezember 2009 sowie denen im Gutachten von Dr. B. vom 4. Juni 2007 übereinstimmen.

37

Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin unter einer Gonarthrose rechts nach einer Knie-TEP-Implantation am 9. April 2009 sowie einem Wechsel der Knieprothese am 28. September 2009. Zudem besteht bei der Klägerin ein lokales LWS-Syndrom bei einem Zustand nach Nukleotomie L4/5 im Jahr 2003. Diese Gesundheitsstörungen beeinträchtigen nur das qualitative Leistungsvermögen. Die Klägerin kann unter Berücksichtigung dieser Erkrankungen nur noch leichte körperliche Tätigkeiten in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Zwangshaltungen, häufigem Bücken, Hocken sowie Knien ausführen. Dabei sollte sie auf eine wechselnde Körperhaltung achten; der gehende und stehende Anteil der täglichen Arbeitszeit sollte auf 50 Prozent beschränkt werden. Die Klägerin kann keine Arbeiten verrichten, die mit Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel verbunden sind. Gerüst- und Leiterarbeiten sind ebenfalls ausgeschlossen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist erhalten.

38

Die Haupterkrankung der Klägerin ist derzeit auf nervenärztlichem Fachgebiet festzustellen. Die Klägerin leidet unter einer mittelgradigen depressiven Episode sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Bei ihr ist eine familiäre Belastung mit psychischen Störungen anzunehmen. Weit in die Vergangenheit reichende traumatisierende Erlebnisse, wie die zeitweise Unterbringung in einem Kinderheim und ein 1981 im Zusammenhang mit der Ehescheidung erfolgter Suizidversuch, die jeweils nicht - trotz indizierter medizinischer Notwendigkeit - in eine psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung mündeten, führten zu immer wieder auftretenden depressiven Phasen, welche letztlich auch die sich seit den neunziger Jahren entwickelnde Schmerzstörung mitgestalteten. Bei der Klägerin bestehen trotz der vorliegenden Erkrankung keine kognitiven Einschränkungen oder Hinweise auf eine rasch nachlassende Konzentration oder Aufmerksamkeit. Die Befunde und festgestellten somatoformen Anteile der Schmerzproblematik sprechen gegen das Auftreten einer unzumutbaren Beschwerdeverstärkung im Laufe einer sechsstündigen leidensgerechten Tätigkeit. Die Klägerin ist unter Berücksichtigung der Erkrankung nicht in der Lage, Nachtschichten, Arbeiten unter Zeitdruck sowie Arbeiten mit häufigem Publikumsverkehr und besonderen emotionalen oder psychischen Belastungen auszuführen. Sie ist aber geistig einfachen bis mittelschwierigen Anforderungen sowie Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Reaktionsvermögen, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gewachsen. Der gerichtliche Sachverständige Dr. V. führt nachvollziehbar aus, dass die Gesundheitsstörungen in ihrer Ausprägung und Art derzeit nicht so schwerwiegend sind, dass hieraus quantitative Leistungsminderungen abzuleiten wären. Die Klägerin bedarf allerdings intensivierter stationärer oder zumindest teilstationärer psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung.

39

Eine quantitative Leistungsminderung lässt sich weder aus dem Gutachten des Dr. V. vom 29. März 2012 noch aus den Rehabilitationsentlassungsberichten vom 28. Mai und 7. Dezember 2009 oder dem Gutachten von Dr. B. vom 4. Juni 2007 ableiten. Eine entgegenstehende Auffassung hat nur der die Klägerin seit dem 3. März 2011 behandelnde Neurologe/Psychiater Dr. C. vertreten. Allerdings konstatiert auch er eine leichte Besserung unter medikamentöser Therapie und kann aufgrund der erst kurzen Behandlungsdauer letztlich nur gesicherte Angaben für den Zeitraum von März bis August 2011 treffen. Insoweit besteht auch Übereinstimmung mit den Ausführungen von Dr. V., der nicht ausschließt, dass zwischen März und August 2011 die depressive Störung stärker ausgeprägt war als zum Zeitpunkt der Begutachtung. Hieraus kann jedoch kein Anspruch auf eine Rentenbewilligung resultieren, da die stärkere Ausprägung der Erkrankung nicht mindestens sechs Monate andauerte. Eine Rente wegen Erwerbsminderung wird nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

40

Bei der Klägerin liegen auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung, eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, ein Katalog- oder Seltenheitsfall vor, die trotz des Leistungsvermögens von mehr als sechs Stunden täglich zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Leistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der Körperhaltungen und damit auch für Tätigkeiten wie z.B. ein Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris, Rn. 17 ff. m.w.N.)

41

Die Benennung einer konkreten Tätigkeit durch die Beklagte ist hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Wegefähigkeit im sozialmedizinischen Sinne erforderlich. Eine rentenrelevante Einschränkung der Fähigkeit, die Wegstrecken zur Arbeit zurücklegen zu können, liegt nicht vor, wenn der Versicherte viermal täglich knapp mehr als 500 m in 20 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen kann. Hinter diesen Anforderungen zurückbleibende Fähigkeiten der Klägerin sind im Ergebnis - trotz eingeschränkter Gehfähigkeit - nicht feststellbar. Der Sachverständige Dr. V. gibt bei der allgemeinkörperlichen Untersuchung an, dass die Klägerin einen Gehstock links benutzt, diesen jedoch bei Eintritt in den Untersuchungsraum nicht benötigt hat. Die Fußpulse sind beidseits gut tastbar gewesen. Kraft, Motorik, Muskeltonus und Trophik der unteren Extremitäten haben sich regelrecht gezeigt. Der Spontangang war mit einem diskretem Schongang, der Blind-, Seiltänzer-, Fersen- und Zehengang ungestört möglich. Im Befundbericht des die Klägerin behandelnden Orthopäde Dr. S. vom 1. März 2011 und im Rehabilitationsentlassungsbericht vom 7. Dezember 2009 wird nach dem notwendig gewordenen Wechsel der Knieprothese ein röntgenologisch nachzuweisender regelrechter Sitz derselben bestätigt. Dr. G. teilte in seinem Befundbericht vom 7. März 2011 mit, dass die Klägerin mit dem Gelenkoberflächenersatz zurechtkommt und das Kniegelenk eine reizfreie Narbe, keinen Erguss und keine Übererwärmung bei stabiler Bandführung zeigt. Die von ihm benannten deutlichen Einschränkungen im täglichen Leben lassen keinen Schluss auf eine fehlende Wegefähigkeit zu. Dr. V.s Einschätzung, dass die Klägerin einen Weg von mehr als 500 m viermal täglich in jeweils unter 20 Minuten bewältigen kann, ist insofern nachvollziehbar. Zudem kann die Klägerin öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

42

Die Klägerin kann auch unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Grundsätzlich ist eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. Urteil des BSG vom 30. November 1983 - 5a RKn 28/82 -, in SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Das BSG hat in seiner ständigen Rechtsprechung zu der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Rechtslage folgendes ausgeführt: Kann ein Versicherter vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten, wenn auch nur mit bestimmten Einschränkungen, ausüben, ist zumindest die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Als eine solche schwere Einschränkung ist beispielsweise - in Verbindung mit anderen Einschränkungen - die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 136), angesehen worden. Zur Bestimmung des Begriffs der betriebsüblichen Arbeitsbedingungen kann die Rechtsprechung zu § 119 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III) bzw. zum früheren § 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) herangezogen werden (BSG in SozR 3-2200 § 1247 Nr.14). Danach müssen auch die Dauer, Lage und Verteilung der Pausen arbeitszeitüblichen Bedingungen entsprechen (vgl. BSG in SozR 4100 § 134 Nr.3; SozR 4100 § 103 Nrn. 17 und 23). Benötigt der Versicherte zusätzliche Arbeitspausen, die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht vorgesehen sind, ist zu prüfen, ob Arbeitnehmer unter solchen Bedingungen eingestellt werden (BSG in SozR 2200 § 1247 Nr. 43 und Urteil vom 22. April 1993 - 5 RJ 34/92 -). Nach § 4 Satz 1 ArbZG ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Eine Unterteilung in kleinere Zeitabschnitte ist nach § 4 Satz 2 ArbZG ebenfalls möglich.

43

Soweit Dr. V. in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23. Juli 2012 zusätzliche Pausen von bis zu dreimal zehn Minuten in einer mehr als sechsstündigen Arbeitsschicht für erforderlich hält, führt dies nicht dazu, dass die Klägerin nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes tätig sein kann. Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden gelten im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30. März 1989 - 6 AZR 326/86 -, in EzBAT § 4 BAT Betriebliche Übung Nr. 11; vom 27. April 2000 - 6 AZR 861/98 -, in NZA 2001, 274). Für Büroarbeiten hat das Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie deswegen die von den Arbeitgebern zugestandene persönliche Verteilzeit mit etwa 12 Prozent der tariflich festgesetzten Arbeitszeit angesetzt (vgl. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, DRV 8 - 9 /93 S. 493, 527). Zusätzliche zehnminütige Ruhepausen sind im Rahmen der sogenannten persönlichen Verteilzeit realisierbar (vgl. auch Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 20. März 2007 - L 11 R 684/06 - sowie vom 26. Oktober 2010 - L 11 R 5203/09 -, jeweils zitiert nach juris; Urteile des Bayerischen LSG vom 25. Mai 2009 - L 18 R 535/04 - sowie vom 29. April 2009 - L 18 R 866/06 -, jeweils zitiert nach juris).

44

Aus der Einschätzung von Dr. V., dass die Klägerin in einer genau sechsstündigen Arbeitsschicht außer einer halbstündigen oder zwei viertelstündigen Arbeitspausen zusätzliche Arbeitsunterbrechungen von bis zu zweimal zehn Minuten einhalten muss, ergeben sich für den Senat ebenfalls keine Konsequenzen hinsichtlich einer Einsetzbarkeit der Klägerin unter betriebsunüblichen Bedingungen. Zwar steht Arbeitnehmern nach § 4 Satz 1 ArbZG erst bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden eine Ruhepause zu. Hier kann die Klägerin mehr als sechs Stunden arbeiten und benötigt dabei keine über die ihr nach dem ArbZG zustehenden Pausen hinausgehenden sogenannten unüblichen Pausen. Vor dem Hintergrund, dass seit dem Inkrafttreten des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen Voraussetzung für den Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist, trägt das Risiko, noch sechs, aber nicht mehr acht Stunden täglich arbeiten zu können, der Versicherte. Insoweit ist der Versicherte, der mehr als sechs Stunden arbeiten kann, nicht besser zu stellen, als derjenige, der nur noch über ein genau sechsstündiges Leistungsvermögen verfügt.

45

Hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Anspruches auf Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ergeben sich keine von der Entscheidung des Sozialgerichts abweichenden Möglichkeiten. Sowohl die Tätigkeit der Küchenplanerin/ Möbelverkäuferin als auch die der Seniorenbetreuerin/ Hauswirtschaftshilfe lassen keine Eingruppierung in eine für die Klägerin günstigere Stufe des Mehrstufenschemas des BSG zu.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

47

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 27. Feb. 2013 - L 3 R 136/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 27. Feb. 2013 - L 3 R 136/10

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 27. Feb. 2013 - L 3 R 136/10 zitiert 12 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 119 Übergangsgeld


Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn1.die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und2.sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Be

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 4 Ruhepausen


Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nac

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 101 Beginn und Änderung in Sonderfällen


(1) Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. (1a) Befristete Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die Anspruch un

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 27. Feb. 2013 - L 3 R 136/10 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 27. Feb. 2013 - L 3 R 136/10 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 09. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R

bei uns veröffentlicht am 09.05.2012

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2011 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detm

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Okt. 2010 - L 11 R 5203/09

bei uns veröffentlicht am 26.10.2010

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Streitig ist die Gewährung von Ren

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. März 2007 - L 11 R 684/06

bei uns veröffentlicht am 20.03.2007

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Zwischen den Beteiligten ist
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 27. Feb. 2013 - L 3 R 136/10.

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 23. Apr. 2015 - L 1 R 136/12

bei uns veröffentlicht am 23.04.2015

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. Februar 2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Kl

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 26. Feb. 2015 - L 1 R 55/14

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch..

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

(1a) Befristete Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet, wenn

1.
entweder
a)
die Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung zur Folge hat, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld entfällt, oder
b)
nach Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den Träger der Rentenversicherung ein Anspruch auf Krankengeld nach § 48 des Fünften Buches oder auf Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen endet und
2.
der siebte Kalendermonat nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht erreicht ist.
In diesen Fällen werden die Renten von dem Tag an geleistet, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Krankentagegeld endet.

(2) Befristete große Witwenrenten oder befristete große Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit werden nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet.

(3) Ist nach Beginn der Rente ein Versorgungsausgleich durchgeführt, wird die Rente der leistungsberechtigten Person von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Bei einer rechtskräftigen Abänderung des Versorgungsausgleichs gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass auf den Zeitpunkt nach § 226 Abs. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit abzustellen ist. § 30 des Versorgungsausgleichsgesetzes bleibt unberührt.

(3a) Hat das Familiengericht über eine Abänderung der Anpassung nach § 33 des Versorgungsausgleichsgesetzes rechtskräftig entschieden und mindert sich der Anpassungsbetrag, ist dieser in der Rente der leistungsberechtigten Person von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, der sich aus § 34 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes ergibt. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3b) Der Rentenbescheid der leistungsberechtigten Person ist aufzuheben

1.
in den Fällen des § 33 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt
a)
des Beginns einer Leistung an die ausgleichsberechtigte Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 33 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
b)
des Beginns einer Leistung an die ausgleichspflichtige Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 33 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes) oder
c)
der vollständigen Einstellung der Unterhaltszahlungen der ausgleichspflichtigen Person (§ 34 Abs. 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
2.
in den Fällen des § 35 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt des Beginns einer Leistung an die ausgleichspflichtige Person aus einem von ihr im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht (§ 36 Abs. 4 des Versorgungsausgleichsgesetzes) und
3.
in den Fällen des § 37 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Aufhebung der Kürzung des Anrechts (§ 37 Abs. 1 des Versorgungsausgleichsgesetzes).
Die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(4) Ist nach Beginn der Rente ein Rentensplitting durchgeführt, wird die Rente von dem Kalendermonat an um Zuschläge oder Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Entsprechendes gilt bei einer Abänderung des Rentensplittings.

(5) Ist nach Beginn einer Waisenrente ein Rentensplitting durchgeführt, durch das die Waise nicht begünstigt ist, wird die Rente erst zu dem Zeitpunkt um Abschläge oder Zuschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dem eine Rente aus der Versicherung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners, der durch das Rentensplitting begünstigt ist, beginnt. Der Rentenbescheid der Waise ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Entsprechendes gilt bei einer Abänderung des Rentensplittings.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2011 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit gewähren muss.

2

Die 1954 geborene Klägerin hat keine Schule besucht und keinen Beruf erlernt. Sie ist auch in ihrer türkischen Muttersprache (primäre) Analphabetin, weil sie keine Zahlen kennt, nur minimale Buchstabenkenntnisse besitzt und deshalb selbst mit fremder Hilfe weder lesen noch schreiben kann. In Deutschland arbeitete sie ab November 1987 bis zum Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit im September 2004 durchgehend als Reinigungskraft bei der Stadt B.

3

Sie leidet an einer Wirbelsäulenerkrankung ohne neurologische Ausfallerscheinungen, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer depressiven Erkrankung. Trotz dieser Krankheiten kann sie noch körperlich leichte Tätigkeiten sechs (und mehr) Stunden an fünf Tagen in der Woche regelmäßig verrichten. Auszuschließen sind Arbeiten mit Knien, Hocken, häufigem Bücken, über Kopf, mit Besteigen von Leitern und Gerüsten, unter Umwelteinflüssen (wie Kälte, Hitze, Temperaturschwankungen, Nässe, Staub, Gas, Dampf, Rauch, Lärm, Schmutzeinwirkung), in Wechsel- und Nachtschicht, unter zeitlichem Druck, wie bei Akkord- oder Fließbandarbeit, sowie mit häufigem Publikumsverkehr. Der Analphabetismus der Klägerin beruht nicht auf einer gesundheitlichen Störung.

4

Ihren Antrag vom 21.6.2005 auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lehnte die Beklagte ab, weil sie noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne (Bescheid vom 22.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 6.1.2006). Die Klage blieb erfolglos (Urteil des SG Detmold vom 10.12.2007).

5

Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem am 21.6.2005 eingetretenen Leistungsfall befristet bis zum 31.1.2014 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen (Urteil vom 21.2.2011): Die Klägerin habe die allgemeine Wartezeit zurückgelegt, erfülle die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und sei voll erwerbsgemindert. Denn ihr sei der Arbeitsmarkt unter dem Gesichtspunkt einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen praktisch verschlossen. Zwar seien die qualitativen Leistungseinschränkungen nach der Rechtsprechung des 5. Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließe, nicht ungewöhnlich und ließen für sich allein noch keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass die Klägerin in einem Betrieb einsetzbar sei. Gleichwohl seien keine beruflichen Tätigkeiten ersichtlich, die sie auf der Grundlage ihres Restleistungsvermögens und ihres muttersprachlichen Analphabetismus noch verrichten könne. Der Analphabetismus sei bei der Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege, zu berücksichtigen, wenn das weite Feld der Tätigkeiten, die die Fähigkeit des Lesens und Schreibens nicht unbedingt erforderten, aufgrund weiterer Leistungseinschränkungen und der Beschränkung des Restleistungsvermögens auf nur leichte Arbeiten nicht mehr zweifelsfrei offenstehe. Eine realistische Verwertung des Restleistungsvermögens im Erwerbsleben setze voraus, dass eine Verweisungstätigkeit den Kräften und Fähigkeiten des Versicherten entspreche, wodurch sichergestellt werde, dass keine vom tatsächlichen Leistungsvermögen losgelöste, also fiktive Verweisung erfolge. Eine konkrete Verweisungstätigkeit, die die Klägerin mit den verbliebenen Fähigkeiten noch verrichten könne, sei indes nicht ersichtlich. Die Tätigkeiten als Museumswärterin/Aufseherin, Küchenhilfe, Büglerin, Mitarbeiterin in einer Mangel, Warensortiererin in der Kunststoff- und Metallindustrie oder in der Papier- und Elektroindustrie, die die Beklagte benannt habe, könne die Klägerin teils aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen, teils aufgrund des Analphabetismus nicht mehr ausüben.

6

Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt die Beklagte eine Verletzung von § 43 SGB VI: Nach der Rechtsprechung des BSG sei in der Regel davon auszugehen, dass Versicherte, die noch körperlich leichte Tätigkeiten- wenngleich mit qualitativen Einschränkungen - täglich mindestens sechs Stunden verrichten könnten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen erwerbstätig sein könnten. Eine konkrete Verweisungstätigkeit sei in dieser Situation nur zu benennen, wenn ausnahmsweise eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege. Das LSG führe jedoch selbst nachvollziehbar aus, dass sämtliche Leistungseinschränkungen der Klägerin nicht ungewöhnlich seien und für sich allein keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen ließen, dass sie in einem Betrieb einsetzbar sei. Bei der Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege, müsse ihr Analphabetismus außer Acht bleiben. Denn er beruhe nicht auf einer gesundheitlichen Störung oder auf intellektuellen Defiziten, sondern darauf, dass sie keine Schule besucht und deshalb weder Lesen noch Schreiben erlernt habe. Ein solcher Analphabetismus sei als Bildungsdefizit und nicht als Erwerbsminderung auslösende Krankheit oder Behinderung zu werten. Soweit sich das Berufungsgericht für seine gegenteilige Ansicht auf das Senatsurteil vom 10.12.2003 (B 5 RJ 64/02 R - SozR 4-2600 § 44 Nr 1) stütze, stehe diese Entscheidung nicht mit dem Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 (GS 2/95 - BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8) in Einklang. Danach sei es ausgeschlossen, "einen arbeitslosen Versicherten, der noch vollschichtig arbeiten" könne, "deshalb als erwerbsunfähig anzusehen, weil neben den gesundheitlichen Einschränkungen Risikofaktoren wie Langzeitarbeitslosigkeit und vorgerücktes Alter oder mangelhafte Ausbildung die Vermittlungschancen zusätzlich" erschwerten. Analphabetismus sei jedoch nichts anderes als "mangelnde Ausbildung". Für die Überwindung des Analphabetismus seien nicht die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern die Bundesagentur für Arbeit, die Grundsicherungsträger sowie die Kommunen und Länder zuständig; das daraus resultierende Arbeitsmarktrisiko dürfe nicht auf die Rentenversicherungsträger verlagert werden. Soweit die Rechtsprechung schließlich zwischen Analphabetismus und mangelnden Deutschkenntnissen unterscheide, sei diese Differenzierung inkonsequent. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl Senatsurteil vom 15.5.1991 - 5 RJ 92/89 - BSGE 68, 288 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 11) müssten unzureichende Deutschkenntnisse bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit außer Acht bleiben, weil dem Rentenversicherungsträger sonst ein von der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfasstes Risiko aufgebürdet werde. Nichts anderes müsse für Analphabetismus gelten. Dass der Klägerin der Zugang zum Arbeitsmarkt wegen ihres Analphabetismus erschwert sei, könne ebenso wenig wie der Umstand berücksichtigt werden, dass sie aufgrund mangelhafter deutscher Sprachkenntnisse nicht ausreichend kommunizieren könne.

7

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2011 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10. Dezember 2007 zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie trägt vor: Aufgrund einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erfülle sie die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, wobei ihr Analphabetismus zu berücksichtigen sei. Als primäre Analphabetin sei sie auf dem Arbeitsmarkt, unter Hinzutreten weiterer ungewöhnlicher Erschwernisse, schlichtweg nicht (mehr) vermittelbar und könne auch auf Alternativtätigkeiten nicht (mehr) verwiesen werden. Selbst wenn man den primären Analphabetismus außer Acht ließe, seien zumutbare Verweisungstätigkeiten weder ersichtlich noch von der Beklagten benannt worden. Vor dem Hintergrund bestehender Fürsorgepflicht hätte die Beklagte durch Rehabilitations- bzw Förderungsmaßnahmen dem Analphabetismus entgegenwirken und hierdurch eine Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt wiederherstellen müssen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht (§ 162 SGG). Der Klägerin steht kein Recht auf Rente wegen Erwerbsminderung zu.

11

1. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 43 Abs 2 SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2002 (BGBl I 754) in Betracht (§ 300 Abs 1 SGB VI). Danach haben Versicherte bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Abs 2 S 1 Nr 2 und 3) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Abs 2 S 1 Nr 1). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Abs 2 S 2). Erwerbsgemindert ist hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs 3). Nach § 102 Abs 2 S 1 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, zu denen auch die Rente wegen voller Erwerbsminderung zählt(§ 33 Abs 3 Nr 2 SGB VI), auf Zeit geleistet. Die Befristung (§ 32 Abs 2 Nr 1 SGB X) erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (§ 102 Abs 2 S 2 iVm § 101 Abs 1 SGB VI) und kann wiederholt werden (§ 102 Abs 2 S 3 SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754).

12

2. Nach den Feststellungen des LSG, die nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angefochten und deshalb für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), kann die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden (arbeits)täglich, dh an fünf Tagen in der Woche, verrichten. Dieses zeitliche (quantitative) Leistungsvermögen schließt die Annahme einer "vollen Erwerbsminderung" gemäß § 43 Abs 3 Halbs 1 SGB VI aber noch nicht aus. Vielmehr kommt es nach dieser Vorschrift iVm § 43 Abs 2 S 2 SGB VI entscheidend darauf an, ob die Klägerin "wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande" ist, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts … erwerbstätig zu sein". Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

13

Die Rentenversicherungsträger und im Streitfall die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 20 Abs 1 S 1 SGB X, § 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 21 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB X, § 106 Abs 3 Nr 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen,

        

a)    

Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet,

        

b)    

Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den

        

c)    

Ursachenzusammenhang ("wegen") zwischen a) und b).

14

a) Das LSG hat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass die Klägerin "an einer Wirbelsäulenerkrankung ohne neurologische Ausfallerscheinungen, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und an einer depressiven Erkrankung leidet". Dabei handelt es sich - auch soweit psychische Leiden vorliegen (s dazu BSGE 21, 189 = SozR Nr 39 zu § 1246 RVO; SozR Nr 15 zu § 1254 aF RVO) - um Krankheiten iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI, dh um regelwidrige Körper- bzw Geisteszustände(BSGE 14, 207 = SozR Nr 5 zu § 45 RKG), die geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit herabzusetzen (BSGE 13, 255 = SozR Nr 11 zu § 1246 RVO). Den Analphabetismus oder dessen Ursachen hat das Berufungsgericht dagegen nicht als Krankheit bezeichnet, sondern ausdrücklich ausgeführt, dass die komplette Lese- und Schreibinkompetenz "nicht auf einer gesundheitlichen Störung" beruht. Sie ist auch keine "Behinderung", weil dazu rentenversicherungsrechtlich nur (weiter die Begriffsbestimmung in § 2 Abs 1 SGB IX) krankheitsbedingte Störungen zählen (Blaser, Der Begriff der "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" im Sozialrecht, 2009, S 98; Kunze, DRV 2001, 192), deren Entwicklung - anders als bei einer Krankheit (vgl dazu BSGE 28, 114 = SozR Nr 28 zu § 182 RVO) - irreversibel abgeschlossen ist. Der "nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus" kann aber durch Erlernen der Schriftsprache überwunden werden.

15

b) Das LSG hat weiter bindend festgestellt, dass die Klägerin noch körperlich leichte Tätigkeiten sechs (und mehr) Stunden an fünf Tagen in der Woche regelmäßig verrichten kann. Auszuschließen sind Arbeiten mit Knien, Hocken, häufigem Bücken, über Kopf, mit Besteigen von Leitern und Gerüsten, unter Umwelteinflüssen (wie Kälte, Hitze, Temperaturschwankungen, Nässe, Staub, Gas, Dampf, Rauch, Lärm, Schmutzeinwirkung), in Wechsel- und Nachtschicht, unter zeitlichem Druck, wie bei Akkord- oder Fließbandarbeit, sowie mit häufigem Publikumsverkehr.

16

c) Zwischen diesen Leistungseinschränkungen (Erwerbsminderung) und den Krankheit(en) bzw Behinderung(en) muss ein Ursachenzusammenhang bestehen ("wegen"). Die Leistungsminderung muss wesentlich (Theorie der wesentlichen Bedingung, vgl BSGE 96, 291, 293 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7 RdNr 15)auf einer Krankheit oder Behinderung (den versicherten Risiken) beruhen und nicht auf sonstigen Umständen wie Lebensalter, fehlenden Sprachkenntnissen (Senatsurteil vom 15.5.1991 - 5 RJ 92/89 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 11 S 38 f; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 9 S 34 f; SozR 2200 § 1246 Nr 61) oder Arbeitsentwöhnung (BSGE 7, 66). Aus den Darlegungen des LSG zum Ursachenzusammenhang geht hinreichend deutlich hervor, dass die beschriebenen Leistungseinschränkungen und Minderbelastbarkeiten aus den zuvor festgestellten Gesundheitsstörungen "resultieren". Außerdem hält das Berufungsgericht ausdrücklich fest, dass der Analphabetismus der Klägerin "nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruht", also gerade kein Ursachenzusammenhang zwischen ihm und einer der festgestellten Erkrankungen vorliegt.

17

3. Steht das krankheits- bzw behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts" tätig zu sein. Diese Frage ist hier zu verneinen. Die zitierte Formulierung verwendete der Gesetzgeber ursprünglich im Arbeitsförderungsrecht (§ 103 AFG, § 119 SGB III, seit dem 1.4.2012: § 138 Abs 5 SGB III) und übertrug sie später auf das Recht der Renten wegen Erwerbsminderung. Mit dieser Übernahme griff er gleichzeitig die Rechtsprechung des BSG auf, wonach dem Betroffenen der Zugang zum Arbeitsmarkt trotz vollschichtigem Leistungsvermögen praktisch verschlossen war, wenn er krankheitsbedingt keine "Erwerbstätigkeit unter den in Betrieben üblichen Bedingungen" mehr ausüben konnte (sog 1. Katalog- und Seltenheitsfall, vgl dazu nur Senatsurteil vom 27.5.1977 - 5 RJ 28/76 - SozR 2200 § 1246 Nr 19 und die Zusammenstellung der Katalog- und Seltenheitsfälle in BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 28). Die hierzu und zum Arbeitsförderungsrecht entwickelte Rechtsprechung ist auf die gesetzliche Neuformulierung übertragbar.

18

a) "Bedingungen" sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind (BSGE 11, 16, 20). Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen (BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - RdNr 29, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2600 § 43 Nr 16 vorgesehen; zum Arbeitsförderungsrecht: BSGE 11, 16, 20; 44, 164, 172 = SozR 4100 § 134 Nr 3; BSGE 46, 257, 259 = SozR 4100 § 103 Nr 17; BSG SozR 4100 § 103 Nr 23 S 55; BSG Urteil vom 21.4.1993 - 11 RAr 79/92 - Die Beiträge 1994, 431). Die Bedingungen sind "üblich", wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl (BSG Urteil vom 19.10.2011, aaO, RdNr 29; BSGE 46, 257, 262, 264 = SozR 4100 § 103 Nr 17 S 40, 42; SozR 2200 § 1247 Nr 43 S 86 f; BSG Urteil vom 21.4.1993, aaO, Die Beiträge 1994, 431). Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten (vgl BT-Drucks 14/4230, S 25), für die es faktisch "Angebot" und "Nachfrage" gibt. Das Adjektiv "allgemein" grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem SGB II und III Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen (BSG Urteil vom 19.10.2011, aaO RdNr 27). Die Klägerin kann nach den Feststellungen des LSG an fünf Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden arbeiten. Sieht man davon ab, dass ihr Nacht- und Wechselschichten krankheitsbedingt nicht mehr zugemutet werden dürfen, benötigt sie im Hinblick auf Dauer und Verteilung der Arbeitszeit keine Sonderbehandlung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich wäre. Sie hat auch keinen erhöhten, betriebsunüblichen Pausen- oder Urlaubsbedarf und ist in einem Betrieb, also außerhalb geschützter Einrichtungen, einsetzbar. Wer aber in einem Betrieb unter den dort üblicherweise herrschenden Bedingungen arbeiten kann, ist auch imstande, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts" tätig zu sein.

19

b) Soweit unter den Begriff der üblichen Bedingungen "auch tatsächliche Umstände" gefasst werden (BSG Urteil vom 19.10.2011, aaO, RdNr 29), "wie zB die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz", handelt es sich ausschließlich um kognitive Grundfähigkeiten, die krankheitsbedingt herabgesetzt sein können. Der "nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus" gehört nicht dazu. Wie der berufliche Werdegang der Klägerin exemplarisch und stellvertretend für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen zeigt, zählen Lese- und Schreibkompetenzen keinesfalls zu den üblichen Grundbedingungen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Andernfalls könnten primäre Analphabeten nie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig werden, wären schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (voll) erwerbsgemindert und könnten Rente wegen voller Erwerbsminderung erst erhalten, nachdem sie die Wartezeit von 20 Jahren zurückgelegt haben (§ 43 Abs 6 iVm § 50 Abs 2 SGB VI).

20

4. Folglich kommt es entscheidend darauf an, ob die Klägerin trotz ihrer qualitativen Leistungseinschränkungen noch imstande ist, "erwerbstätig zu sein", dh durch (irgend)eine Tätigkeit Erwerb(seinkommen) zu erzielen. Diese Frage ist zu bejahen.

21

a) Um nachprüfbar zu machen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, hat das BSG bereits zum Parallelproblem im Recht der Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit (§§ 1246, 1247 RVO bzw §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Altfassung - aF) die Pflicht der Rentenversicherungsträger entwickelt, dem Versicherten zumindest eine zumutbare Tätigkeit (sog Verweisungstätigkeit) konkret zu benennen, die er mit seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch ausüben kann (sog Benennungsgebot), wenn eine Rente wegen fehlender Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit abgelehnt werden sollte (BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24; SozR 3-2200 § 1246 Nr 50 S 229; SozR 2200 § 1246 Nr 72, 74, 98 und 104). Zu benennen war eine Berufstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen (BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 72 S 229 und Nr 74 S 234; SozR 3-2200 § 1246 Nr 50 S 229). Die Angabe einzelner Arbeitsvorgänge oder Tätigkeitsmerkmale genügte nicht (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 34 S 130 f mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 13 R 63/06 R - Juris RdNr 30). Andererseits musste kein konkreter Arbeitsplatz bezeichnet werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 104 S 324). Die zu benennende Tätigkeit musste auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich in ausreichendem Umfang vorkommen (BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 28), dh es mussten grundsätzlich mehr als 300 Stellen (besetzt oder offen) vorhanden sein (BSGE 78, 207, 222 f = SozR 3-2600 § 43 Nr 13 S 34 f; BSG Urteile vom 29.7.2004 - B 4 RA 5/04 R - Juris RdNr 24, 33 und vom 26.4.2007 - B 4 R 5/06 R - Juris RdNr 18).

22

b) Abweichend von diesem Grundsatz war die Benennung einer Verweisungstätigkeit entbehrlich, sofern der Versicherte - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - noch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage war und auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden durfte (BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24 mwN). Auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden durften bei der Prüfung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit grundsätzlich alle Versicherten (BSGE 19, 147, 149 f = SozR Nr 6 zu § 1247 RVO; BSG SozR 2200 § 1247 Nr 7 S 12 f; SozR 5850 § 2 Nr 12 S 25; SozR 3-2200 § 1247 Nr 8 S 18), bei der Prüfung der Rente wegen Berufsunfähigkeit hingegen nur ungelernte Arbeiter bzw sog Angelernte im unteren Bereich (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 21 S 72 f mwN). In diesen Fällen war regelmäßig davon auszugehen, dass das Restleistungsvermögen dem Versicherten noch körperliche Verrichtungen erlaubte, wie sie in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen (wie zB Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw). Dem lag die Überlegung zugrunde, dass sich die nicht oder nur ganz wenig qualifizierten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ("Hilfsarbeiten") einerseits einer knappen Benennung, die aussagekräftig Art und Anforderungen der Tätigkeiten beschreiben würde, entzogen, das Arbeitsfeld andererseits aber so heterogen war, dass mit einem Restleistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten jedenfalls noch von ausreichenden Erwerbsmöglichkeiten ausgegangen werden konnte (BSGE 80, 24, 31 ff = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24 ff).

23

c) Trotz der praktischen Schwierigkeiten war - im Sinne einer Rückausnahme - die konkrete Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorlag: In diesen Fällen einer überdurchschnittlich starken Leistungsminderung bestanden - entgegen der oben skizzierten tatsächlichen Vermutung bzw Annahme - ernsthafte Zweifel, dass der allgemeine Arbeitsmarkt für die dem Versicherten an sich noch mögliche Vollzeittätigkeit eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen bereithielt oder dass der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einem Betrieb einsetzbar war (BSGE 80, 24, 34 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 27; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 104 S 324 und Nr 136 S 434). Auch die Möglichkeit der praktischen Verschlossenheit des Arbeitsmarkts durch die sog Katalog- und Seltenheitsfälle ist in diesem Zusammenhang bedeutsam (vgl die Zusammenstellung der Katalog- und Seltenheitsfälle in BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 28). Diese Maßstäbe haben auch für die seit dem 1.1.2001 geltende Rechtslage weiterhin Gültigkeit (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 5 RdNr 18 und BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - RdNr 19).

24

5. Für den Regelfall darf damit auch für die Renten wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI nF (iS einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung) davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der zumindest körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann, noch in der Lage ist, "erwerbstätig zu sein", dh durch (irgend)eine Tätigkeit Erwerb(seinkommen) zu erzielen(s auch § 43 Abs 3 SGB VI nF). Es ist mehrschrittig zu prüfen (vgl dazu BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 21 S 73 und Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - RdNr 35):

25

a) Im ersten Schritt ist festzustellen, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten Verrichtungen oder Tätigkeiten erlaubt (wie zB Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw ), die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden. Es genügt die Benennung von "Arbeitsfeldern", von "Tätigkeiten der Art nach" oder von "geeigneten Tätigkeitsfeldern", die der Versicherte ausfüllen könnte (vgl BSGE 80, 24, 31 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 24; Senatsurteile vom 24.2.1999 - SozR 3-2600 § 44 Nr 12 S 43; vom 11.5.1999 - SozR 3-2600 § 43 Nr 21 S 73 f; vom 10.12.2003 - SozR 4-2600 § 44 Nr 1 RdNr 23; BSG vom 19.8.1997 - 13 RJ 29/95 - SozSich 1998, 111 - Juris RdNr 30; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 62 f; vom 9.9.1998 - B 13 RJ 35/97 R - Juris RdNr 24; vom 14.7.1999 - B 13 RJ 65/97 R - Juris RdNr 32; sog "kleines Benennungsgebot": vgl Köbl in Ruland/Försterling, Gemeinschaftskommentar zum SGB VI, § 43 RdNr 168, Stand Oktober 2006; Gürtner in Kasseler Komm, § 43 SGB VI RdNr 47, Stand April 2010; Spiolek, SGb 1999, 509, 510; kritisch Kamprad in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 43 RdNr 42, Stand März 2012; aA wohl Blaser, Der Begriff der "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" im Sozialrecht, 2009, S 108). Damit können "ernste Zweifel" an der beschriebenen Einsatzfähigkeit des Versicherten als Folge von qualitativen Leistungseinschränkungen ausgeräumt werden.

26

b) Lassen sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben und kommen deshalb "ernste Zweifel" an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen auf, stellt sich im zweiten Schritt die Rechtsfrage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl Senatsurteil vom 24.2.1999 - SozR 3-2600 § 44 Nr 12 S 44 sowie BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 62 f und Nr 21 S 73 f sowie Beschluss vom 9.9.1998 - B 13 RJ 35/97 - Juris RdNr 24). Hierbei handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die schwierig zu konkretisieren (BSGE 81, 15, 19 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 23 S 69 sowie SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 60 f) und vernünftig zu handhaben sind (BSGE 80, 24, 39 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 33 ). Da es für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, keinen konkreten Beurteilungsmaßstab gibt, können auch für die tatrichterliche Begründung und die dazu nötigen Tatsachenfeststellungen keine allgemeingültigen Anforderungen aufgestellt werden (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 23). Auch der jeweilige Begründungsaufwand richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere hängt er von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss das Tatsachengericht seine Entscheidung zur Frage einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung begründen (BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 23; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 61). Wie sich der Richter die jeweils erforderliche Tatsachenkenntnis verschafft, liegt in seinem Ermittlungsermessen (vgl § 103 SGG). Angesichts des unzulänglichen Gesamtüberblicks über typische Anforderungen ungelernter Verrichtungen ist ihm dabei ein weiter Freiraum für Einschätzungen zuzugestehen. Gleichwohl muss aber aus rechtsstaatlichen Gründen ein Mindestmaß an Berechenbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Entscheidung gesichert bleiben (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 60 ff und BSG Urteil vom 19.8.1997 - 13 RJ 25/95 - SozSich 1998, 113 - Juris RdNr 25).

27

c) Erst wenn nach diesen Maßstäben eine "schwere spezifische Leistungsbehinderung" oder "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" vorliegt, ist dem Versicherten im dritten Schritt mindestens eine konkrete Verweisungstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen (kein konkreter Arbeitsplatz) zu benennen, um seinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung auszuschließen (vgl BSGE 80, 24, 39 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 33). Hierbei sind dann nicht nur das körperliche, geistige und kognitive Leistungsvermögen einerseits und das berufliche Anforderungsprofil andererseits miteinander zu vergleichen und in Deckung zu bringen, sondern es muss auch individuell geprüft werden, ob der Versicherte die notwendigen fachlichen Qualifikationen und überfachlichen Schlüsselkompetenzen besitzt oder zumindest innerhalb von drei Monaten erlernen kann. Außerdem ist dann zu beachten, dass auf Tätigkeiten nicht verwiesen werden darf, die auf dem Arbeitsmarkt nur in ganz geringer Zahl vorkommen (Katalogfall Nr 3), die an Berufsfremde nicht vergeben werden (Katalogfall Nr 4) oder für Betriebsfremde unzugänglich sind, weil es sich um reine Schonarbeitsplätze (Katalogfall Nr 5) oder Aufstiegspositionen (Katalogfall Nr 6) handelt (vgl die Zusammenstellung der Katalog- und Seltenheitsfälle in BSGE 80, 24, 35 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 28). Kann der Versicherte die Verweisungstätigkeit krankheits- oder behinderungsbedingt nicht mehr ausüben, oder kann er sich die fehlenden fachlichen oder überfachlichen Kompetenzen nicht innerhalb von drei Monaten aneignen, so ist er auch dann (voll) erwerbsgemindert, wenn sein zeitliches (quantitatives) Leistungsvermögen uneingeschränkt erhalten ist.

28

6. Zu Recht hat das LSG eine schwere spezifische Leistungsbehinderung verneint. Sie liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 60; Blaser, Der Begriff der "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" im Sozialrecht, 2009, S 108; Spiolek, NZS 1997, 415, 416 f). Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände (vgl BSG SozR 3- 2600 § 43 Nr 17 S 61 ; BSG SozR 3- 2600 § 43 Nr 19 S 68 ; BSGE 81, 15, 19 = SozR 3-2200 § 1247 Nr 23 S 69 ) - beispielsweise Einäugigkeit (Senatsurteile vom 12.5.1982 - 5b/5 RJ 170/80 - Juris RdNr 8 und vom 14.9.1995 - 5 RJ 50/94 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 50 S 230; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 30, 90), Einarmigkeit (Senatsurteil vom 14.9.1995 - 5 RJ 50/94 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 50 S 230; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 30) und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 8 S 19) sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 104, 117; weitere Beispiele bei BSGE 80, 24, 33 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 26 und bei Spiolek, NZS 1997, 415, 416 f). Der "nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus" gehört nicht dazu, weil er keine "Behinderung" ist (s Gliederungspunkt 2 a) und damit auch keine "Leistungsbehinderung" sein kann.

29

7. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt auch keine "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" vor, die es ausnahmsweise notwendig machen könnte, den Ausschluss eines Rechts auf Rente nicht lediglich abstrakt mit der Einsetzbarkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu begründen, sondern hierfür die konkrete Benennung einer noch in Betracht kommenden Verweisungstätigkeit zu fordern. Insofern kann vorliegend offen bleiben, ob es sich bei dem muttersprachlichen Analphabetismus der Klägerin für sich um eine ungewöhnliche Leistungseinschränkung in diesem Sinne handelt (vgl dazu Senatsurteile vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R - SozR 4-2600 § 44 Nr 1 RdNr 17 ff und vom 20.10.2004 - B 5 RJ 48/03 R - Juris RdNr 19 sowie BSG Urteil vom 4.11.1998 - B 13 RJ 13/98 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr 62 S 288). Nach der unverändert einschlägigen Verweisungsrechtsprechung des Großen Senats des BSG (BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8) begründet nämlich bei zeitlich uneingeschränkt leistungsfähigen Versicherten allein die "Summierung" - notwendig also eine Mehrheit von wenigstens zwei ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen als tauglichen Summanden - die Benennungspflicht, nicht aber, wie das Berufungsgericht meint, bereits das Zusammentreffen einer - potenziell - ungewöhnlichen und einer oder mehrerer "gewöhnlicher" Leistungseinschränkungen. Durch die genannte Rechtsprechung des Großen Senats und den ausdrücklichen Ausschluss einer Berücksichtigung der "jeweiligen Arbeitsmarktlage" in § 43 Abs 3 Halbs 2 SGB VI ist auch bereits entschieden, dass weitere Fälle einer Benennungspflicht nicht in Betracht kommen. Im Hinblick auf die qualitativen Einschränkungen, die bei der Klägerin zu beachten sind, hat das LSG jedoch unangefochten festgestellt, dass diese sämtlich nicht ungewöhnlich sind. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die "vernünftige Handhabung" des unbestimmten Rechtsbegriffs der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gewährleistet nach der Rechtsprechung des Großen und des erkennenden Senats, dass abweichend vom Regelfall der abstrakten Betrachtungsweise die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit als unselbstständiger Zwischenschritt, nur aber auch immer dann erfolgen muss, wenn ernsthafte Zweifel unter anderem an der betrieblichen Einsetzbarkeit bestehen. Ob und ggf in welcher Intensität Zweifel aufkommen und ob in der Gesamtschau eine "Summierung" ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu bejahen ist, lässt sich nur anhand des konkreten Einzelfalls entscheiden, weil die denkbaren Kombinationsmöglichkeiten der qualitativen Leistungseinschränkungen unüberschaubar sind und die Summanden je nach Schweregrad, Anzahl und Wechselwirkungen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Feste Grenzlinien lassen sich nicht festlegen, zumal auch der Begriff "leichte Arbeiten", auf den sich die genannten Merkmale als Ausnahmen beziehen, erhebliche Unschärfen enthält, die es erforderlich machen, die im Einzelfall vorliegenden Leistungseinschränkungen insgesamt in ihrer konkreten Bedeutung für die Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt zu bewerten (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 61). Nur so erscheint eine "vernünftige Handhabung dieser weiten Begriffe" gewährleistet, wie sie der Große Senat des BSG (BSGE 80, 24, 39 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 33) vorausgesetzt hat. Im Hinblick auf diese Gegebenheiten sind die bisherigen Entscheidungen des BSG zum Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung nur als Einzelfallentscheidungen zu werten, die den Besonderheiten der jeweiligen Sachlage Rechnung zu tragen suchen. Auch wenn die Leistungseinschränkungen dort gleich oder vergleichbar formuliert sind, handelt es sich keinesfalls um identische Sachverhalte. Vielmehr liefern die jeweiligen Beurteilungen allenfalls Anhaltspunkte für weitere Entscheidungen; ihnen lassen sich jedoch keine generellen Abgrenzungskriterien entnehmen (BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 61). Deshalb steht dem Tatrichter bei der Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse ein weiter Freiraum für Einschätzungen zu (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17 S 60 f und BSG Urteil vom 19.8.1997 - 13 RJ 25/95 - SozSich 1998, 113 - Juris RdNr 25). Denn die Begriffe der "Ungewöhnlichkeit" von Leistungseinschränkungen und ihre "Summierung" lassen sich nicht mit einem abschließenden Katalog unabdingbarer Merkmale und Untermerkmale im Voraus definieren (Klassen- oder Allgemeinbegriff), sondern nur einzelfallbezogen durch eine größere und unbestimmte Zahl von (charakteristischen) Merkmalen umschreiben (offener Typus- oder Ordnungsbegriff), wobei das eine oder andere Merkmal gänzlich fehlen oder je nach Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam sein kann. Ob an der Einsetzbarkeit eines individuellen Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Zweifel bestehen und sich ggf überwinden lassen, ob Leistungseinschränkungen "ungewöhnlich" sind und wie sie sich nach Art, Umfang und Ausprägung wechselseitig beeinflussen ("summieren"), beurteilt sich anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durch einen wertenden Ähnlichkeitsvergleich. Eine solche Würdigung des Einzelfalls nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vollzieht sich auf tatsächlichem Gebiet und obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter; seine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar. Bei derartigen richterlichen Wertungsakten gibt es keine logisch ableitbare einzig richtige Entscheidung, sondern einen Bereich, der sich letztlich der logischen Nachprüfbarkeit entzieht. Rational argumentativ ist dieser (originäre) Wertungsakt nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich darauf, ob er auf einer zutreffenden und rechtlich verwertbaren Tatsachengrundlage beruht, ob die richtigen Wertungsmaßstäbe erkannt und angewandt wurden und ob er sich innerhalb eines gewissen Spielraums der Angemessenheit bzw des Vertretbaren bewegt ("vernünftige Handhabung"). Bei derartigen genuinen Wertungsakten sind mehrere Entscheidungen gleichermaßen richtig, weil sich nach rein logischen Maßstäben nicht mehr entscheiden lässt, welche innerhalb eines Spielraums nach zutreffenden Maßstäben getroffene Entscheidung richtiger als die andere ist.

30

Das LSG hat vorliegend Inhalt und Grenzen des unbestimmten Rechtsbegriffs der ungewöhnlichen Leistungseinschränkung, wie sie sich hiernach ergeben, berücksichtigt und im Rahmen der ihm vorbehaltenen tatrichterlichen Bewertung die von ihm festgestellten Leistungseinschränkungen - mit Ausnahme des Analphabetismus der Klägerin - als "gewöhnlich", also keine Benennungspflicht auslösend, eingestuft. Dabei hat es sich im Wesentlichen an der vom Großen Senat rezipierten beispielhaften Auflistung derartiger Einschränkungen orientiert. Insofern bedarf es auf der Ebene der Feststellung tatsächlicher Umstände jeweils der Bewertung, ob mit einer festgestellten Leistungseinschränkung für sich und im Zusammenwirken mit gleichwertigen anderen gerade im konkreten Einzelfall die Gefahr verbunden ist, dass der Versicherte auf in Wahrheit nicht existierende Arbeitsmöglichkeiten verwiesen wird, deren Feststellung wiederum Aufgabe des Tatsachengerichts ist. Solange daher der Tatrichter - wie hier das LSG - von einem rechtlich zutreffenden Verständnis der Benennungspflicht und ihrer Voraussetzungen ausgeht, handelt es sich um die Feststellung von Individualtatsachen, an die das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG und in dessen Grenzen gebunden ist. Vorliegend ist daher rechtlich ohne konkreten Vergleich der Leistungsfähigkeit mit dem Anforderungsprofil einer bestimmten Tätigkeit im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon auszugehen, dass die Klägerin ihr Restleistungsvermögen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwerten kann, also noch imstande ist, "erwerbstätig zu sein", dh durch (irgend)eine (unbenannte) Tätigkeit Erwerb(seinkommen) zu erzielen. Damit scheidet auch ein Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus (§ 43 Abs 1, § 240 Abs 1 SGB VI).

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1969 geborene Kläger portugiesischer Staatsangehörigkeit, der seit April 1990 in der Bundesrepublik Deutschland lebt, war bis einschließlich 12. November 2002 als Kranführer/Maurer/Schalenmonteur versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem steht er, nachdem ein Magen-Siegelringzell-Carzinom vom 18. Oktober 2002 bis 01. November 2002 stationär im Universitätsklinikum T. behandelt wurde, im Bezug von Krankengeld bzw. nach Aussteuerung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung.
Ausweislich des Schwerbehindertenausweises des Versorgungsamtes K. vom 1. Dezember 2003 liegt der Grad der Behinderung des Klägers nach dem Schwerbehindertengesetz bei 90.
Am 21. November 2002 beantragte er die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Die LVA B.-W. führte zunächst in der Reha-Klinik K. ein stationäres Heilverfahren vom 21. November 2002 bis 12. Dezember 2002 durch. Aus diesem wurde er als arbeitsunfähig mit der Diagnose eines Zustandes nach Gastrektomie und Lymphadenektomie wegen Siegelringzell-Carzinom des Magens entlassen. Bei weiterer positiver Rekonvaleszenz werde er vermutlich im Januar bzw. Anfang Februar 2003 leistungsfähig sein für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit maximal Hubarbeiten von 10 kg, nach Ablauf eines weiteren halben Jahres nach der Operation bestehe vermutlich wieder volle Belastbarkeit.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine internistische Begutachtung des Klägers nach ambulanter Untersuchung. Dr. C. kam unter Berücksichtigung der Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte zu dem Ergebnis, der Kläger könne zwar seine frühere Tätigkeit (Kranfahrer) auf Dauer wegen des hiermit verbundenen Kletterns, Hebens und Tragens nicht mehr ausüben. Körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten könne er jedoch weiterhin vollschichtig verrichten, wobei häufiges Bücken ebenso wie das Tragen und Heben von Lasten vermieden werden sollten. Der Kläger befände sich in altersentsprechendem Allgemeinzustand, etwas untergewichtig (54,5 kg bei 173 cm). Als Diagnose wurde ein Zustand nach Resektion eines Siegelring-Carzinoms des Magens gestellt.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2003 den Rentenantrag zurück.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, nach mehr als zwei Stunden Arbeit träten bei ihm Erschöpfungszustände auf, die eine Weiterarbeit unmöglich machten. Sein Hausarzt habe ihm deswegen fehlende Erwerbsfähigkeit bescheinigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Nachuntersuchungen seien unauffällig gewesen. Bei der klinischen Untersuchung habe sich eine fest verheilte Narbe ergeben. Leber und Milz seien nicht tastbar vergrößert gewesen. Auch die orientierte Untersuchung des Herzens sei ebenso wie das EKG unauffällig gewesen. Dies gelte auch für eine orientierende neurologische und psychiatrische Untersuchung. Insgesamt sei daher festzustellen, dass der Kläger zwar seine frühere Tätigkeiten nicht mehr verrichten könne, wohl aber noch leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
10 
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, aufgrund der teilweisen Magenentfernung könne er nicht mehr arbeiten.
11 
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen sowie den ehemaligen Arbeitgeber gehört und den Kläger anschließend internistisch begutachten lassen.
12 
Die Hoch- und Tiefbau GmbH T., bei der der Kläger seit August 1992 beschäftigt war, teilte mit, dass der Kläger bereits bei seiner Einstellung über die erforderliche Berufserfahrung verfügt habe. Je nach Größe der Baustelle sei er entweder ausschließlich als Kranfahrer oder bei kleineren Baustellen parallel auch als Facharbeiter tätig gewesen. Er sei in die Lohngruppe 3 als Facharbeiter und Kranführer laut Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe eingestuft worden.
13 
Der HNO-Arzt/Allergologe Dr. B. führte aus, dass die geringgradige Innenohrschwerhörigkeit nicht berücksichtigt worden sei.
14 
Prof. Dr. K./Dr. K.-M., Klinik für Allgemeine-, Viszeral- und Transplantationschirurgie T. gaben an, dass der Kläger regelmäßig alle sechs Monate untersucht werde. Nach Verlust des Magens sei nicht nur rein mechanisch die Reservoir- und Malfunktion des Magens verloren gegangen, sondern die koordinierte Nahrungsverwertung sowohl durch die veränderte Passage als auch durch unzeitgemäße Zugabe der weiteren Verdauungssäfte gestört. Die dadurch resultierenden Beschwerden eines Postgastrektomiesyndroms mit Dumping seien von der Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die dem Kläger mögliche körperliche Arbeitsbelastung sei daher auf leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten begrenzt, wobei die Arbeit in Tagschicht stattfinden solle, da sich Wechselschicht auf das Vegetativum negativ auswirke. Zusätzlich müssten ausreichend Pausen zur Nahrungsaufnahme einrichtbar sein. Auch die geistig-psychische Belastbarkeit sei hinsichtlich Konzentration, Reaktions-, Umstellungs-, Anpassungsvermögen und Verantwortung für Personen und Maschinen eingeschränkt. Unter diesen Prämissen sei eine vollschichtige Tätigkeit zu befürworten.
15 
Der Allgemeinmediziner Dr. R. führte aus, dass das Dumping-Syndrom durch diätetische Maßnahmen (häufige kleinere Mahlzeiten ohne zu hohen Kohlehydratanteil) zu verbessern sei. Seines Erachtens bestehe vollschichtige Arbeitsfähigkeit für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten.
16 
Die LVA B.-W. führte vom 22. Juni 2004 bis 13. Juli 2004 eine erneute stationäre Rehabilitationsmaßnahme durch. Aus dieser wurde der Kläger als arbeitsfähig mit den Diagnosen 1. eines Siegelringzell-Carzinom des Magens, einer Gastrektomie 10/02, 2. einer traumatischen Irisperforation rechts mit deutlicher Visuseinschränkung, 3. eines Nikotinabusus sowie 4. einer chronisch obstruktiven Bronchitis entlassen. Die Irisperforation sei auf einen 1990 stattgehabten Arbeitsunfall am Bau zurückzuführen und der Kläger sei auch danach ohne nennenswerte Einschränkung in seinem Beruf als Kranführer tätig gewesen. Seine Sehschärfe sei deutlich vermindert, so dass nächtliche Arbeit wenig sinnvoll sei. Psychisch bestünden keine nennenswerten Einschränkungen zur Wiederaufnahme einer Tätigkeit. Sein Stuhlverhalten sei mit ein bis zwei Stuhlentleerungen pro Tag und adäquater Konsistenz unauffällig gewesen. Auch der übrige Rehabilitationsverlauf habe sich als komplikationslos gestaltet. Der Kläger versuche allerdings über einen Sozialgerichtsprozess die bereits in Portugal zugesicherte Rente auch in Deutschland zu erreichen, so dass kein nennenswerter rehabilitativer Erfolg hätte erzielt werden können. Es bestehe ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, wobei Einschränkungen des Sehvermögen beständen.
17 
Der internistische Sachverständige, Prof. Dr. G. vom Städtischen Klinikum K., beschrieb ein Postgastrektomie- bzw. Dumping-Syndrom bei Zustand nach Gastrektomie 10/02 bei Siegelringcarzinom des Magens. Durch den Verlust des Magens mit seiner Reservoirfunktion und seiner funktionellen Aufgabe als Verdauungsorgan und zur Steuerung der geregelten Weitergabe der Nahrung an den Dünndarm träten Beschwerden auf, die je nach ihrer zeitlichen Zuordnung nach Essen als Frühdumping ca. 20 Minuten nach dem Essen und Spätdumping ein bis drei Stunden nach dem Essen bezeichnet würden. Durch eine Überdehnung der abführenden Schlinge mit Zug am Mesenterium komme es zu einer Vagusreizung mit Freisetzung von vasoaktiven Stoffen und intestinalen Hormonen. Dies könne zu kardiovaskulären Symptomen wie Herzklopfen, Schwitzen, Schwäche und Schwindel führen. Durch das Eintreffen hyperosmotischer wenig verdauter Nahrungsstoffe komme es zu einer Flüssigkeitsverschiebung in den Dünndarm, was die beschriebene Kreislaufreaktion verstärke. Typisch seien abdominelle Schmerzen, hörbare Darmgeräusche, eventuell Diarrhoe und Brechreiz. Das Spätdumping trete relativ selten auf und sei bedingt durch eine reaktive Hypoglykämie infolge überschießender Insulinausschüttung bei kohlehydratreichen Mahlzeiten. Der Kläger leide am ehesten an einem Frühdumpingsyndrom, da seine Beschwerden rasch nach dem Essen aufträten und es zu keinem zweiten Beschwerdegipfel zwei bis drei Stunden nach den Mahlzeiten komme. Die Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit sei abhängig von der Schwere des Frühdumpingsyndroms, unter Umständen könnten längere Ruhepausen nach Nahrungsaufnahme notwendig werden. Bei dem Kläger läge darüber hinaus eine Fehlbesiedlung der abführenden Darmschlinge durch Bakterien vor, wodurch die Verdauungsprobleme verstärkt werden könnten. Der Kläger könne daher nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden täglich in wechselnder Körperhaltung ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten bis 10 kg, Akkordarbeit, Nachtschicht (auch aufgrund der eingeschränkten Sehfähigkeit) und besondere Anforderungen an die Konzentrations- oder Reaktionsfähigkeit verrichten. Er solle die Möglichkeit zu mehreren Pausen für mehrere kleinere Mahlzeiten während der Arbeitszeit haben, wobei auch sanitäre Anlagen vor Ort erforderlich wären.
18 
Die Beklagte legte hierzu eine Stellungnahme ihrer Prüfärztin Dr. M. vor, wonach die erforderlichen häufigeren kleinen kohlehydratarmen Mahlzeiten während der sogenannten persönlichen Verteilzeiten zu sich genommen werden könnten. Der Kläger sei daher noch vollschichtig einsetzbar für Tätigkeiten mit leichter körperliche Belastung, möglichst im Dienstleistungsgewerbe.
19 
Mit Urteil vom 24. November 2005, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 6. Februar 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, der Kläger könne nach dem Ermittlungsergebnis noch Arbeiten ungelernter oder kurzfristig angelernter Art unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen verrichten. Dies habe der gerichtliche Sachverständige überzeugend und schlüssig dargelegt.
20 
Mit seiner dagegen am 13. Februar 2006 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, aufgrund seines Gesundheitszustandes sei seinem Antrag auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente in Portugal zwischenzeitlich stattgegeben worden. Bedingt durch die komplette Magenentfernung seien seine körperlichen Abwehrkräfte vermindert, so dass er schon bei leichten äußerlichen Einwirkungen krankheitsanfällig sei. Außerdem leide er an einer wesentlichen Gewichtsreduktion. Hierdurch ergebe sich noch eine weitere Verminderung seiner Leistungsfähigkeit. Neben den Beeinträchtigungen durch die Entfernung des Magens leide er noch an Seh- und Hörproblemen. Er benötige Pausen über das betriebsübliche Maß hinaus und sei auf einen Arbeitsplatz angewiesen, der ihm die Gelegenheit für erforderliche zusätzliche kleine Pausen von ca. zehn Minuten gebe.
21 
Der Kläger beantragt,
22 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. November 2005 sowie den Bescheid vom 26. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2004 aufzuheben und ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2002 zu bewilligen.
23 
Die Beklagte beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
26 
Nach Durchführung eines Erörterungstermins vom 16. Mai 2006 ist der Kläger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf eigenes Kostenrisiko erneut begutachtet worden.
27 
Prof. Dr. A. vom R.-B.-Krankenhaus S. hat ausgeführt, dass der Kläger mittlerweile ein Körpergewicht von 56 kg erreicht habe. Es liege ein guter Allgemeinzustand bei leicht untergewichtigem Ernährungszustand vor. Seiner Einschätzung nach sei der Kläger bei den Diagnosen 1. eines Magencarzinoms (Erstdiagnose 10/02), einer Gastrektomie und einer Lymphadenektomie, Komplikationen: Dumpingsyndrom, aktuell: Nachsorge ohne Hinweis auf Rezidiv, 2. rezidivierenden Ulzera ventriculi, 3. Hämorrhoiden I.-II. Grades, 4. einer traumatischen Iris-Perforation rechts 1990 und einer Linsentrübung im Bereich der hinteren Schale mit resultierender Sehminderung, 5. einer Innenohrschwerhörigkeit (rechts gering bis mittelgradig, links geringgradig) sowie 6. einer chronischen Bronchitis bei Nikotinabusus für eine leichte bis mittelschwere Arbeit von sechs Stunden leistungsfähig. Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- bzw. das Reaktionsvermögen, das Besteigen von Leitern und Gerüsten sowie unter besonderem Zeitdruck könnten nicht mehr verrichtet werden. Wegen der Beeinträchtigung des Seh- und Hörvermögens seien Arbeiten mit besonderen Anforderungen an diese Sinne nicht mehr möglich. Häufigere Pausen als auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich (bis zu sechs pro Tag) seien unerlässlich.
28 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
30 
Der Senat folgt den vorliegenden Gutachten mit der Argumentation des SG und der Beklagten, wonach der Kläger noch leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten kann und deswegen nicht erwerbsgemindert ist.
31 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Urteil zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
32 
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, wie sich aus dem aktuellen, im Berufungsverfahren vorgelegten Versicherungsverlauf vom 7. April 2006 ergibt. Indessen fehlt es an einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im erforderlichen Umfang. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt, weswegen der Senat auch insoweit auf die Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt.
33 
Der Kläger ist danach noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Dies folgt auch zur Überzeugung des Senats aus dem vom SG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. G., den sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. K./Dr. K.-M., des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. R. wie auch den Reha-Entlassungsberichten.
34 
Im Vordergrund der Leistungseinschränkungen steht danach der internistische Befund eines Postgastrektomiesyndroms mit Frühdumping, welches die Erforderlichkeit einer Diät sowie häufiger kleinerer Nahrungsaufnahmen begründet. Die hierfür erforderliche Zeit wird von allen Gutachtern bzw. behandelnden Ärzten übereinstimmend mit maximal zehn Minuten angegeben und ist sechs mal am Tag erforderlich. Somit kann der Kläger bei einer zugrunde gelegten Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden die zusätzliche Nahrungsaufnahme in den ihm arbeitsrechtlich zustehenden Pausen von einer halben Stunde (§ 4 Arbeitszeitgesetz - ArbZG -), die im Übrigen nach Maßgabe der §§ 4 und 7 ArbZG auch in kleinere Zeitabschnitte aufgeteilt werden können, bewerkstelligen, ohne dass es dafür betriebsunüblicher Pausen bedarf. Die Nahrungsaufnahme ist sogar, wie die Prüfärztin der Beklagten zutreffend ausgeführt hat, innerhalb der sogenannten persönlichen Verteilzeiten möglich (vgl. zum Folgenden LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.08.2003, L 14 RJ 137/01). Denn Kurzpausen von weniger als 15 min alle zwei Stunden gelten bspw. im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. BAG 30.3.1989, 6 AZR 326/86, EzBAT § 4 BAT Betriebliche Übung Nr 11; 27.4.2000, 6 AZR 861/98, NZA 2001, 274; Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, § 15 BAT Rdnr. 31). Für Büroarbeiten hat das Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie deswegen die von den Arbeitgebern zugestandene persönliche Verteilzeit mit etwa 12 % der tariflich festgesetzten Arbeitszeit angesetzt (vgl. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, DRV 8 - 9 /93 S. 493, 527). Das Erfordernis zusätzlicher Nahrungsaufnahme steht somit einer vollschichtigen Arbeitstätigkeit im Sinne des Rentenrechts nicht entgegen.
35 
Des weiteren besteht bei dem Kläger eine Einschränkung der Seh- und Hörfähigkeit, wobei die Innenohrschwerhörigkeit nur geringfügig ausgeprägt ist. Die traumatische Iris-Perforation rechts 1990 stand jedenfalls einer vollschichtigen Tätigkeit als Kranfahrer bis einschließlich 2002, die sicherlich auch erhebliche Anforderungen an das Sehvermögen gestellt hat, nicht entgegen, so dass allein aufgrund der tatsächlichen Berufausübung davon ausgegangen werden muss, dass das Sehvermögen des Klägers einer normalen Berufstätigkeit nicht entgegensteht. Die eingeschränkte Sehfähigkeit bedingt lediglich, dass der Kläger solche Tätigkeiten, die vermehrte Anforderungen an das Sehvermögen stellen wie auch Nachtarbeit nicht mehr verrichten kann. Hinsichtlich des Hörvermögens gilt, dass ebenfalls nur solche Tätigkeiten ausgeschlossen sind, die gesteigerte Anforderungen an das Hörvermögen stellen. Denn eine Verständigung ist mit dem Kläger nach der Anamnese sämtlicher Gutachten immer unproblematisch möglich gewesen, wie es letztlich auch die durchgeführten Gerichtstermine bestätigt haben.
36 
Diese übereinstimmende Leistungseinschätzung der im Verwaltungs- wie im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten bzw. den Angaben der den Kläger behandelnden Ärzte wird auch durch die Ermittlungen im Berufungsverfahren bestätigt. Prof. Dr. A. hat die bereits bekannten Erkrankungen lediglich um die Diagnosen von rezidivierenden Ulzera ventriculi sowie Hämorrhoiden ergänzt, die aber keine weiteren qualitativen oder gar quantitativen Leistungseinschränkungen bedingen.
37 
Der konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf es dabei nicht. Notwendig ist dies bei einer „Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen“ oder einer „schweren spezifischen Leistungsminderung“ (BSG GS SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Darunter fallen nicht die „üblichen“ Leistungseinschränkungen wie z.B. der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder Sitzen erfordern, im Akkord oder Schichtdienst verrichtet werden oder besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- und Konzentrationsvermögen erfordern (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -). Mit dem Begriff „schwere spezifische Leistungsminderung“ werden nur solche Fälle erfasst, bei denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 90 - Einäugigkeit, Einarmigkeit), zu denen jedoch der vorliegende Fall nicht gehört.
38 
Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen kommen für den Kläger noch Tätigkeiten als Warenaufmacher, Versandfertigmacher, Mitarbeiter in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde, Warensortierer, Montierer in der Metall- und Elektroindustrie, Maschinenbediener an Bohr-, Stanzmaschinen, Präge- und Schweißautomaten, Lager-, Verpackungs- und Reinigungsarbeiten in Betracht. (vgl. auch Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16.05.1997 - L 8 J 1270/96 und des Bayrischen Landessozialgerichts vom 19.02.2002 - L 6 RJ 727/00-).
39 
Nach alledem steht daher zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch vollschichtig leichte körperliche Tätigkeiten verrichten kann und deswegen nicht erwerbsgemindert ist.
40 
Aufgrund seines Lebensalters scheidet die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bereits aus (§ 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -), so dass es nicht darauf ankommt, dass der Kläger unstreitig seine bisherige berufliche Tätigkeit als Kranführer, die mit dem Erfordernis schwerer körperlicher Arbeit verbunden ist, nicht mehr verrichten kann.
41 
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
42 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
29 
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
30 
Der Senat folgt den vorliegenden Gutachten mit der Argumentation des SG und der Beklagten, wonach der Kläger noch leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten kann und deswegen nicht erwerbsgemindert ist.
31 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Urteil zutreffend zitiert. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
32 
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, wie sich aus dem aktuellen, im Berufungsverfahren vorgelegten Versicherungsverlauf vom 7. April 2006 ergibt. Indessen fehlt es an einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im erforderlichen Umfang. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt, weswegen der Senat auch insoweit auf die Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt.
33 
Der Kläger ist danach noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Dies folgt auch zur Überzeugung des Senats aus dem vom SG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. G., den sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. K./Dr. K.-M., des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. R. wie auch den Reha-Entlassungsberichten.
34 
Im Vordergrund der Leistungseinschränkungen steht danach der internistische Befund eines Postgastrektomiesyndroms mit Frühdumping, welches die Erforderlichkeit einer Diät sowie häufiger kleinerer Nahrungsaufnahmen begründet. Die hierfür erforderliche Zeit wird von allen Gutachtern bzw. behandelnden Ärzten übereinstimmend mit maximal zehn Minuten angegeben und ist sechs mal am Tag erforderlich. Somit kann der Kläger bei einer zugrunde gelegten Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden die zusätzliche Nahrungsaufnahme in den ihm arbeitsrechtlich zustehenden Pausen von einer halben Stunde (§ 4 Arbeitszeitgesetz - ArbZG -), die im Übrigen nach Maßgabe der §§ 4 und 7 ArbZG auch in kleinere Zeitabschnitte aufgeteilt werden können, bewerkstelligen, ohne dass es dafür betriebsunüblicher Pausen bedarf. Die Nahrungsaufnahme ist sogar, wie die Prüfärztin der Beklagten zutreffend ausgeführt hat, innerhalb der sogenannten persönlichen Verteilzeiten möglich (vgl. zum Folgenden LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.08.2003, L 14 RJ 137/01). Denn Kurzpausen von weniger als 15 min alle zwei Stunden gelten bspw. im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. BAG 30.3.1989, 6 AZR 326/86, EzBAT § 4 BAT Betriebliche Übung Nr 11; 27.4.2000, 6 AZR 861/98, NZA 2001, 274; Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, § 15 BAT Rdnr. 31). Für Büroarbeiten hat das Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie deswegen die von den Arbeitgebern zugestandene persönliche Verteilzeit mit etwa 12 % der tariflich festgesetzten Arbeitszeit angesetzt (vgl. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, DRV 8 - 9 /93 S. 493, 527). Das Erfordernis zusätzlicher Nahrungsaufnahme steht somit einer vollschichtigen Arbeitstätigkeit im Sinne des Rentenrechts nicht entgegen.
35 
Des weiteren besteht bei dem Kläger eine Einschränkung der Seh- und Hörfähigkeit, wobei die Innenohrschwerhörigkeit nur geringfügig ausgeprägt ist. Die traumatische Iris-Perforation rechts 1990 stand jedenfalls einer vollschichtigen Tätigkeit als Kranfahrer bis einschließlich 2002, die sicherlich auch erhebliche Anforderungen an das Sehvermögen gestellt hat, nicht entgegen, so dass allein aufgrund der tatsächlichen Berufausübung davon ausgegangen werden muss, dass das Sehvermögen des Klägers einer normalen Berufstätigkeit nicht entgegensteht. Die eingeschränkte Sehfähigkeit bedingt lediglich, dass der Kläger solche Tätigkeiten, die vermehrte Anforderungen an das Sehvermögen stellen wie auch Nachtarbeit nicht mehr verrichten kann. Hinsichtlich des Hörvermögens gilt, dass ebenfalls nur solche Tätigkeiten ausgeschlossen sind, die gesteigerte Anforderungen an das Hörvermögen stellen. Denn eine Verständigung ist mit dem Kläger nach der Anamnese sämtlicher Gutachten immer unproblematisch möglich gewesen, wie es letztlich auch die durchgeführten Gerichtstermine bestätigt haben.
36 
Diese übereinstimmende Leistungseinschätzung der im Verwaltungs- wie im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten bzw. den Angaben der den Kläger behandelnden Ärzte wird auch durch die Ermittlungen im Berufungsverfahren bestätigt. Prof. Dr. A. hat die bereits bekannten Erkrankungen lediglich um die Diagnosen von rezidivierenden Ulzera ventriculi sowie Hämorrhoiden ergänzt, die aber keine weiteren qualitativen oder gar quantitativen Leistungseinschränkungen bedingen.
37 
Der konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf es dabei nicht. Notwendig ist dies bei einer „Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen“ oder einer „schweren spezifischen Leistungsminderung“ (BSG GS SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Darunter fallen nicht die „üblichen“ Leistungseinschränkungen wie z.B. der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder Sitzen erfordern, im Akkord oder Schichtdienst verrichtet werden oder besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- und Konzentrationsvermögen erfordern (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -). Mit dem Begriff „schwere spezifische Leistungsminderung“ werden nur solche Fälle erfasst, bei denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 90 - Einäugigkeit, Einarmigkeit), zu denen jedoch der vorliegende Fall nicht gehört.
38 
Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen kommen für den Kläger noch Tätigkeiten als Warenaufmacher, Versandfertigmacher, Mitarbeiter in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde, Warensortierer, Montierer in der Metall- und Elektroindustrie, Maschinenbediener an Bohr-, Stanzmaschinen, Präge- und Schweißautomaten, Lager-, Verpackungs- und Reinigungsarbeiten in Betracht. (vgl. auch Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16.05.1997 - L 8 J 1270/96 und des Bayrischen Landessozialgerichts vom 19.02.2002 - L 6 RJ 727/00-).
39 
Nach alledem steht daher zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch vollschichtig leichte körperliche Tätigkeiten verrichten kann und deswegen nicht erwerbsgemindert ist.
40 
Aufgrund seines Lebensalters scheidet die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bereits aus (§ 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -), so dass es nicht darauf ankommt, dass der Kläger unstreitig seine bisherige berufliche Tätigkeit als Kranführer, die mit dem Erfordernis schwerer körperlicher Arbeit verbunden ist, nicht mehr verrichten kann.
41 
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
42 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 in Italien geborene Kläger erlernte keinen Beruf und hält sich seit 1978 ständig in der Bundesrepublik Deutschland auf. Wegen eines Arbeitsunfalls am 9. Oktober 1985 erhält der Kläger von der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. wegen einer chronischen Synovitis nach Innenmeniskusentfernung des rechten Kniegelenkes mit Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes und einer leichten Muskelminderung am rechten Bein. Der Kläger war in unterschiedlichen Beschäftigungen tätig, überwiegend in der Gastronomie als Pizzabäcker und Bedienung und zuletzt bis 14. September 2003 in der Pizzeria seiner Ehefrau. Im Anschluss bezog der Kläger Arbeitslosengeld bis 11. August 2005 und ist seither bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet.
Am 8. November 2005 beantragte der Kläger für die Zeit ab 1. Dezember 2005 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, seit ca fünf Jahren wegen Kniebeschwerden, Asthma bronchiale, Diabetes, Pankreatitis und Panikattacken nur noch drei Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten zu können.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte das internistische und sozialmedizinische Gutachten des Dr. C. vom 9. Februar 2006 ein. Dieser diagnostizierte beim Kläger eine chronische obstruktive Lungenerkrankung, zur Zeit unter Behandlung kompensiert, einen gut eingestellten Diabetes mellitus Typ II b ohne Sekundärkomplikationen, eine chronische Pankreatitis, zur Zeit unter Therapie weitgehend erscheinungsfrei, eine inkomplette Peronäus-Lähmung rechts ohne wesentliche Gangbehinderung und eine Prostatahyperplasie. Der Kläger sei gesundheitlich in der Lage, eine körperlich leichte bis mittelschwere Arbeit regelmäßig über sechs Stunden täglich auszuüben. Vermieden werden sollten Arbeiten mit inhalativen Belastungen. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 15. März 2006 ab, weil der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei.
Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte noch den ärztlichen Befundbericht des Hausarztes Dr. N. vom 26. Juni 2006 ein. Dieser teilte mit, beim Kläger bestünden eine Belastungsdyspnoe, abdominelle Beschwerden und Kniebeschwerden bei Belastung. Da Beratungsarzt Dr. M. keine Befundverschlimmerung und keinen neuen medizinischen Sachverhalt feststellen konnte (Stellungnahme vom 21. Juli 2006), wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2006 zurück. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe fest, dass der Kläger gesundheitlich noch in der Lage sei, zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Damit habe der Kläger noch Zugang zum Arbeitsmarkt und sei nicht erwerbsgemindert.
Mit der am 10. August 2006 beim Sozialgericht Freiburg (SG) dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Summe der vorhandenen Beeinträchtigungen (Pankreatitis, Asthma-Problematik, Einschränkungen im orthopädischen Bereich und Panikattacken) führe zu Erwerbsunfähigkeit.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. N. hat mitgeteilt (Auskunft vom 22. Januar 2007), durch die auftretenden Beschwerden (rezidivierende starke Leibschmerzen, Blähungen und Stuhlanomalitäten, rezidivierende Atemverschlechterungen, Zuckerschwankungen und Phasen labiler psychischer Befindlichkeit) sei der Kläger vermindert leistungsfähig. Mit gewisser Vorsicht könne er maximal sechs Stunden täglich eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. hat den Kläger zuletzt am 14. Februar 2005 gesehen (Auskunft vom 5. Februar 2007). Psychiater und Psychotherapeut Na. behandelt den Kläger seit 19. Dezember 2006 (Auskunft vom 16. Mai 2007). Diagnostisch handele es sich um eine Angst-Panik-Störung auf dem Boden eines depressiv getönten Angstzustandes. Eine leichte Tätigkeit sei dem Kläger bis zu sechs Stunden möglich. Durch die immer wieder auftretenden Dekompensationen komme es zur Zeit zu keiner kontinuierlichen Tätigkeit.
Daraufhin hat das SG das internistische Gutachten des Dr. B. vom 10. August 2007 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 20. Mai 2008 und 20. Juli 2008 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, im Vordergrund der subjektiven gesundheitlichen Beschwerden stehe beim Kläger eine chronische Pankreatitis mit rezidivierenden Schüben. Daneben bestehe eine gastro-ösophageale Refluxkrankheit mit Ösophagitis, eine Mischform einer chronisch-obstruktiven Bronchitis bei Asthma bronchiale bei zum Zeitpunkt der Untersuchung freien Atemwegen ohne Dyspnoe, ein Diabetes mellitus II, Übergewicht, eine Angststörung und eine statische Fehlhaltung der Wirbelsäule. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger sechs Stunden täglich ausüben, wobei zusätzliche Arbeitspausen in zwei- bis dreistündigen Abständen und eine längere Mittagspause erforderlich seien. Abweichungen vom Gutachten des Dr. C. bestünden nicht.
10 
Gegen das Gutachten hat die Beklagte eingewendet (Stellungnahme des Dr. W. vom 10. September 2007), aus den Befunden lasse sich nicht entnehmen, warum der Kläger zusätzliche Arbeitspausen und eine längere Mittagspause benötige.
11 
Der Kläger hat darauf verwiesen, dass er aufgrund der Stuhlinkontinenz von einem Augenblick auf den anderen alles stehen und liegen lassen müsse, um noch rechtzeitig auf die Toilette zu gelangen. Einem Arbeitgeber, insbesondere im Gastronomiegewerbe, sei eine derart unregelmäßige Unterbrechung der Tätigkeit nicht zuzumuten. Er scheide auch aufgrund der Stuhlinkontinenz eine ölige Flüssigkeit aus.
12 
Gegenüber Dr. B., der den Kläger erneut untersucht hat, hat der Kläger angegeben, unverändert fettige Stühle zu haben. Innerhalb von 24 Stunden entleere sich der Darm in der Regel tagsüber, aber auch nachts, zehnmal. Das sei das Minimum. Er könne den Stuhl in der Regel halten, Stuhlverschmierungen im Afterbereich würden auftreten. Dr. B. hat deshalb darauf hingewiesen, eine Stuhlinkontinenz bestehe nicht. Der ölige Stuhl sei durch die Pankreasinsuffizienz bedingt. Eine Änderung der Leistungsbeurteilung ergebe sich nicht. Zusätzliche Arbeitspausen sollten zugestanden werden, um einen Toilettengang mit der entsprechenden Körperpflege zu ermöglichen, um Medikamente außerhalb der regulären Zeiten einnehmen zu können und um sich zu erholen. 15 Minuten dürften für die Arbeitspausen genügen, insbesondere, wenn sie in zweistündigen Abständen beansprucht werden sollten. Für die Mittagspause seien eineinhalb Stunden ausreichend, Kompromisse dürften nicht zu vermeiden sein. Der Gesundheitszustand des Klägers erlaube auch dies.
13 
Da der Kläger darauf hingewiesen hat, dass der Diabetes mittlerweile insulinpflichtig sei, er wegen der öfter auftretenden Panikattacken und Angstzustände täglich Medikamente einnehmen müsse und seit 29. Januar 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt sei, hat das SG nochmals die behandelnden Ärzte gehört und das neurologisch-psychiatrische und psychosomatische Gutachten des Prof. Dr. H. vom 9. März 2009 eingeholt.
14 
Arzt für Innere Medizin Dr. R. hat mitgeteilt, unter der Insulintherapie hätten sich die Blutzuckerwerte praktisch normalisiert (Auskunft vom 11. September 2008). Als diabetische Folgekomplikation bestehe eine diabetische Polyneuropathie beidseits und eine erektile Dysfunktion. Durch die erhobenen Befunde sei eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im zeitlichen Umfang von sechs Stunden nicht ausgeschlossen. Allerdings sei die berufliche Leistungsfähigkeit möglicherweise bei starken anhaltenden Beschwerden aufgrund der diabetischen Polyneuropathie eingeschränkt. Facharzt für Allgemeinmedizin D., Nachfolger des Dr. N., hat eine Tätigkeit des Klägers aufgrund der bestehenden Diagnosen und Befunde nur für drei bis unter sechs Stunden täglich für möglich erachtet (Auskunft vom 21. Oktober 2008). Herr Na. hat in der erneuten Auskunft vom 23. Oktober 2008 über eine allmähliche Milderung der Angst-Panik-Beschwerden, andererseits eine Verstärkung der depressiven Entwicklung hingewiesen. Der Kläger sei in der Lage, drei bis deutlich unter sechs Stunden täglich tätig zu sein.
15 
Prof. Dr. H. hat ausgeführt, im Vordergrund stünden beim Kläger die gastrointestinalen Beschwerden. Aufgrund einer Abschwächung des Vibrationsgefühls und der Achillessehnenreflexe könne allenfalls von einer leichten beginnenden Polyneuropathie gesprochen werden. Angstzustände und eine depressive Stimmungslage seien in der Untersuchungssituation nicht zu beobachten gewesen. Die episodische, mittelschwere reaktiv-depressive Episode sei deshalb derzeit remittiert. Entsprechend dem Gutachten des Dr. B. sei der Kläger zu einer leichten, vorübergehend auch mittelschweren körperlichen Arbeit unter qualitativen Einschränkungen in der Lage. Das psychische Bild bedinge derzeit keine weitere Leistungseinschränkung. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger Tätigkeiten bis unter sechs Stunden täglich leisten. Zeitlich schätze er das Leistungsvermögen etwas geringer ein als die Vorgutachter, da er die episodischen ängstlich-depressiven Verstimmungen stärker bewerte als die Vorgutachter.
16 
Mit Urteil vom 29. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Vordergrund der Gesundheitsstörungen des Klägers stünden die gastrointestinalen Beschwerden. Diese führten zu keiner rentenrechtlich relevanten Einschränkung des zeitlichen Restleistungsvermögens. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. B.. Die psychiatrischen Beschwerden des Klägers spielten eine untergeordnete Rolle für die Frage der Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens. Dies habe Gutachter Prof. Dr. H. bestätigt. Deshalb sei auch dessen Leistungseinschätzung nicht zu folgen. Denn der psychische Befund sei weitgehend unauffällig gewesen und eventuelle depressive Episoden begründeten allenfalls Arbeitsunfähigkeit, aber keine dauernde Leistungsminderung. Zu einer konkreten Darlegung der Tätigkeiten, zu denen der Kläger aus gesundheitlichen Gründen noch in der Lage sei, bestehe weder aufgrund einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch wegen des Vorliegens einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder unter dem Gesichtspunkt der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes eine Verpflichtung. Denn der Kläger sei noch in der Lage, unter betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten. Umfangreichere Arbeitspausen als nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) erforderlich, benötige der Kläger nicht. 15-minütige Pausen alle zwei Stunden könne der Kläger einlegen. Ein Grund für eine längere Mittagspause sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Zusätzliche Arbeitspausen wegen Blutzuckermessungen und Injektionen seien nicht erforderlich.
17 
Gegen das dem Kläger am 22. Oktober 2009 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger beim SG am 30. Oktober 2009 Berufung eingelegt mit der Begründung, der Beurteilung der behandelnden Ärzte sowie des Prof. Dr. H. sei zu folgen. Sofern das SG Bedenken gegen die Richtigkeit der Einschätzung gehabt habe, hätte es einen weiteren Sachverständigen hören müssen. Das imperative Bedürfnis zum Stuhldrang verhindere, auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des ArbZG, eine regelmäßige Beschäftigung.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig.
23 
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen.
24 
Facharzt für Allgemeinmedizin D. hat in der Auskunft vom 14. Februar 2010 auf die tendenzielle Verschlechterung der bestehenden Gesundheitsstörungen hingewiesen. Zuletzt habe eine tachykarde Herzrhythmusstörung stationär behandelt werden müssen. Aufgrund der chronischen Diarrhoe und der Blutzuckermessungen seien zusätzliche Arbeitspausen erforderlich. Herr D. hat die ihm vorliegenden Arztberichte vorgelegt. Herr Na. hat in der Auskunft vom 11. Februar 2010 darüber berichtet, dass der Kläger seit Dezember 2009 und besonders nach dem kürzlichen Krankenhausaufenthalt eine verstärkte allgemeine Missbefindlichkeit beklage und er insgesamt depressiv herabgestimmt gewesen sei. Bei Dr. R. hat sich der Kläger seit 1. Dezember 2008 nicht mehr vorgestellt (Auskunft vom 12. März 2010). Dr. K., Chefarzt des B.-K.-Krankenhauses W., hat in der Auskunft vom 21. April 2010 mitgeteilt, aufgrund der diabetischen Stoffwechsellage, dem ständigen Wechsel zwischen Hyper- und Hypoglykämien, verbunden mit der Notwendigkeit regelmäßiger Variation der Nahrungszufuhr, sei eigentlich eine regelmäßige berufliche Tätigkeit nicht möglich. Verschärft werde diese Situation noch durch die Behinderungen durch häufige unkontrollierbare Durchfälle. Die Depression sei nicht ausreichend berücksichtigt.
25 
Die Beklagte ist der Beurteilung der behandelnden Ärzte nicht gefolgt und hat die ärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 3. Mai 2010 vorgelegt.
26 
Schließlich hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Arztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. vom 16. Juli 2010. Gegenüber Dr. Sch. hat der Kläger eine Stuhlinkontinenz verneint. Er müsse über zehnmal am Tag zur Toilette zum Stuhlgang, nachts müsse er zwei- bis dreimal Urin lassen. Dr. Sch. ist zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Vermehrte Arbeitspausen seien nicht indiziert, eine Toilette sollte in erreichbarer Nähe sein. Wegen des Diabetes mellitus seien die persönlichen Verteilzeiten ausreichend.
27 
Zu diesem Gutachten hat der Kläger ausgeführt, er habe wie auch schon gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, zB Dr. B., nicht etwa eine Stuhlinkontinenz verneint, sondern diese gerade gegenüber dem Gutachter beschrieben. Er habe Dr. Sch. erklärt, dass er wegen des nicht kontrollierbaren Ölaustritts kaum noch Freunde privat besuchen würde. Dies sei ihm insbesondere deswegen peinlich, weil die ausgeschiedene ölige Flüssigkeit kaum aus der Toilettenschüssel zu entfernen sei. Bezüglich der von Dr. Sch. erwähnten fehlenden Compliance weise er darauf hin, dass er weder am Tag der Untersuchung noch am Tag zuvor auf ausdrückliches Anraten von Herrn Na. ein entsprechendes Medikament zu sich genommen habe, da sich dieses Medikament negativ auf die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit auswirke. Er habe seine Diabetestagebücher dem Gutachter vorgelegt, daraus würden sich erheblich schwankende Blutzuckertagesprofile ergeben. Die Einschätzung des Gutachters, dass sich keine Schwankungen entnehmen ließen, sei daher nicht nachvollziehbar. Er lege deshalb das Tagebuch im Original bis 30. Mai 2010 und anschließend in Fotokopie nochmals vor. Auch die Interpretation des Blutbildes durch Dr. Sch. begegne erheblichen Bedenken. Des Weiteren habe er mitgeteilt, dass er ein bis zwei Koliken pro Woche habe, nachts mehr als zwei- bis dreimal auf die Toilette müsse und auch andere Schmerzen habe. Auch andere Erklärungen habe der Gutachter nicht richtig wiedergegeben. Nachdem es offenbar auch wegen sprachlicher Schwierigkeiten zu Missverständnissen und Unklarheiten gekommen sei, werde beantragt, ein weiteres internistisches/orthopädisches Sachverständigengutachten einzuholen.
28 
Daraufhin hat der Senat Dr. Sch. ergänzend gehört. In der Stellungnahme vom 17. September 2010 hat Dr. Sch. ausgeführt, der Kläger habe explizit eine Stuhlinkontinenz verneint. Er habe sicherlich nicht davon gesprochen, dass er einen unkontrollierbaren Ölaustritt habe. Der Kläger sei vor der Blutentnahme zur Einnahme der Medikamente befragt worden und habe angegeben, am Vorabend die Psychopharmaka eingenommen zu haben. Die Blutzuckerprotokolle habe er eingesehen, auch den weiteren Blutzuckerprotokollen nach der Begutachtung seien keine Hypoglykämien zu entnehmen. Der Diabetes mellitus sei ausreichend eingestellt. Ziel der Marcumar-Gabe sei die Senkung des Quick-Wertes. Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr könnten aufgrund der Marcumarisierung nicht ausgeübt werden, dies habe er bereits in seinem Gutachten berücksichtigt. Der Kläger habe ausdrücklich eingeräumt, dass er keine Koliken mehr habe. Er habe auch explizit angegeben, dass er nachts zwei- bis dreimal zur Toilette müsse und nicht mehr als zwei- bis dreimal. Zusammenfassend ergebe sich keine anderweitige sozialmedizinische Leistungsbeurteilung. Eine erneute Untersuchung unter Beiziehung eines Dolmetschers werde nicht für erforderlich erachtet. Der Kläger selbst sehe die Schwerpunkte des Beschwerdebildes auf nicht-psychiatrischem Fachgebiet. Die Untersuchungsbefunde seien jedoch nicht derart gravierend, als dass hierdurch auf eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens geschlossen werden könnte.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
31 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
32 
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGBVI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGBVI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
33 
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, eine leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeit in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr. Sch., aber auch aus den Ermittlungen im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren, hier insbesondere den Gutachten des Dr. C. und Dr. B. und den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Der Kläger ist danach noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Toilette sollte erreichbar sein. Vermeiden muss der Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten in Nachtschicht, mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen, mit erhöhter Unfallgefahr und Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen.
34 
Die Belastbarkeit des Klägers ist aufgrund von Gesundheitsstörungen im internistischen Bereich eingeschränkt. Der Kläger leidet insbesondere an einer chronischen Pankreatitis mit erhöhter Stuhlfrequenz (aber ohne Kachexie), daneben auch an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, einem intermittierenden Vorhofflimmern und einer bekannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Bezüglich der chronischen Pankreatitis hat der Kläger gegenüber Dr. Sch. explizit eine Stuhlinkontinenz, definiert als Unvermögen der willkürlichen Stuhlzurückhaltung, und Koliken verneint. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Sch. und der ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2010. Der Kläger hat lediglich angegeben, bei Stuhldrang immer direkt zur Toilette gehen zu müssen. Damit wird jedoch keine Stuhlinkontinenz beschrieben. Die bloße Behauptung des Klägers, gegenüber Dr. Sch. wie auch gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, insbesondere zB Dr. B., nicht etwa eine Inkontinenz verneint zu haben, sondern diese gerade beschrieben zu haben, ist nicht glaubhaft. Denn Dr. B., der den Kläger zweimal untersucht hat, hat ebenfalls eine Stuhlinkontinenz gerade nicht feststellen können. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger ausdrücklich angegeben, den Stuhl in der Regel halten zu können und innerhalb von 24 Stunden an zehn Darmentleerungen zu leiden. Dass die Gutachter die Angaben des Klägers aufgrund der Sprachschwierigkeiten missverstanden haben könnten, ist nicht ersichtlich. Denn keiner der bisherigen Gutachter hat bei der Begutachtung Anhaltspunkte für eine nicht ausreichende Kommunikationsfähigkeit des Klägers in deutscher Sprache gefunden, sämtliche Begutachtungen wurden ohne Dolmetscher durchgeführt. Zur Einschaltung eines Dolmetschers hat auch kein Anlass bestanden, da zB der frühere Hausarzt des Klägers, Dr. N., im Befundbericht vom 26. Juni 2006 die Verständigungsmöglichkeit mit dem Kläger in deutscher Sprache ausdrücklich bejaht hat. Des Weiteren ergibt sich aus der Begutachtungssituation bei Dr. Sch. die Richtigkeit der vom Gutachter wiedergegebenen Angaben des Klägers. Denn Dr. Sch. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich für eine Stuhlinkontinenz auch in der Gutachtenssituation kein Anhalt ergeben hat und eine solche auch pathophysiologisch nicht ausreichend erklärbar wäre, da eine Sphinkterschwäche nicht nachgewiesen ist. Die vom Kläger noch durchgeführten Aktivitäten wie zB regelmäßige Fahrten mit der Ehefrau von W. nach Freiburg (auch wenn der Kläger dort in einem Café wartet) und eine Reise nach Italien sprechen ebenfalls gegen eine Stuhlinkontinenz. Schließlich finden sich bezüglich einer Stuhlinkontinenz keinerlei Hinweise in den vorliegenden Arztbriefen und sachverständigen Zeugenauskünften. Die chronische Pankreatitis hat deshalb zur Überzeugung des Senats beim Kläger lediglich eine erhöhte Stuhlfrequenz zur Folge, jedoch keine Stuhlinkontinenz. Ob der Kläger deshalb an sog Fettstühlen leidet und eine „ölige Flüssigkeit“ ausscheidet, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass dieses Ausscheiden unkontrollierbar erfolgt. Gegen das Auftreten massiver Fettstühle und eine Malabsorption im Darmtrakt spricht im Übrigen, dass der Kläger nicht an Kachexie leidet und die Serumeiweißelektrophorese, die Dr. Sch. durchgeführt hat, unauffällig war. Des Weiteren leidet der Kläger an mittellebhaften Darmgeräuschen, einem geblähten Bauch und vermehrtem Abgang von Winden. Auswirkungen der chronischen Pankreatitis auf das berufliche Leistungsvermögen ergeben sich dadurch, dass eine Toilette in erreichbarer Nähe sein sollte. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich jedoch nicht.
35 
Der insulinpflichtige Diabetes mellitus ist seit Beginn der Insulintherapie zunächst gut eingestellt gewesen (Auskunft Dr. R. vom 11. September 2008) und auch jetzt noch ausreichend eingestellt (Gutachten des Dr. Sch.), weshalb sich hieraus ebenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt. Aus den vom Kläger vorgelegten Diabetes-Tagebüchern lassen sich keine weiteren Funktionsstörungen entnehmen. Dr. Sch. hat diese schon bei der Erstbegutachtung ausgewertet und weist auch in der ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar darauf hin, dass entscheidend die Hypoglykämien sind und solche von Blutzuckerwerten von <40 mg/dl dargestellt werden und bei Werten >40 mg/dl entscheidend ist, ob Symptome der Unterzuckerung vorliegen. Mit den immer über 40 mg/dl angegebenen Blutzuckerwerten ergeben sich aber aus den Tagebüchern keine Hypoglykämien. Selbst Dr. R. hat in der Auskunft vom 11. September 2008 eine sechsstündige Tätigkeit für möglich erachtet. Allerdings sollte nach Ansicht des Dr. Sch. eine Nachtschichttätigkeit vermieden werden.
36 
Das intermittierende Vorhofflimmern und die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ziehen keine Leistungseinschränkungen nach sich, insbesondere zeigt sich die Lungenerkrankung ohne pulmonale Dekompensationszeichen (Gutachten des Dr. C. und des Dr. Sch.). Eine Dyspnoe hat sich auch bei der Untersuchung durch Dr. B. nicht vorgelegen. Wegen der Marcumarisierung muss der Kläger Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr meiden.
37 
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger nach den Gutachten des Dr. B. und des Dr. Sch. an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle. Deshalb sind dem Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Tätigkeiten mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen nicht mehr möglich. Befunde oder Funktionseinschränkungen, die auch eine zeitliche Leistungseinschränkung begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
38 
Schließlich leidet der Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet an anamnestisch depressiven Episoden mit situationsgebundenen Ängsten, Verdacht auf Spannungskopfschmerzen und einer sensiblen und beinbetonten Polyneuropathie. Der psychopathologische Befund bei der Untersuchung durch Dr. Sch. war unauffällig, ebenso lag eine depressive Stimmungslage nicht vor. Dies entspricht auch den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Für eine manifeste, floride psychische Erkrankung ergibt sich daher insgesamt beim Kläger kein Anhalt. Dafür spricht auch, dass Dr. Sch. das vom Kläger eingenommene Antidepressivum im Blut nicht nachweisen konnte, obwohl der Kläger angegeben hatte, es am Vorabend eingenommen zu haben. Nach Erhalt des Gutachtens hat der Kläger erklärt, das Medikament auf Anraten seines Arztes auch am Vorabend nicht eingenommen zu haben. Dahinstehen kann, ob diese Angabe als Schutzbehauptung zu werten ist, auch wenn auffällig ist, dass der behandelnde Arzt damit ein Absetzphänomen riskiert hätte und es sich bei dem vom Kläger eingenommenen Medikament um ein nicht-sedierendes Antidepressivum handelt (Stellungnahme Dr. Sch.). Das kann jedoch dahinstehen, da allein der unauffällige psychische Befund, den nicht nur Dr. Sch., sondern auch schon Prof. Dr. H. erhoben hat, gegen eine solche Erkrankung spricht. Im Einzelnen hat die Befunderhebung durch Dr. Sch. keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung des Klägers ergeben. Eine depressive Stimmung hat nicht vorgelegen. Das Durchhaltevermögen war während der Begutachtung nicht eingeschränkt, die kognitiven Funktionen erhalten. Der Kläger hat sich geistig gut flexibel gezeigt und ist in der Lage, seinen Tagesablauf zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements, auch liegen keine Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Deshalb sind keine (Funktions-) Einschränkungen der Belastbarkeit des Klägers ersichtlich und eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründbar. Der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens durch Prof. Dr. H. ist daher nicht zu folgen. Denn ein psychiatrischer Befund, der eine quantitative Leistungseinschränkung begründen könnte, konnte gerade nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat selbst schon Prof. Dr. H. darauf hingewiesen, dass das psychische Bild keine weitere Leistungseinschränkung nach sich zieht, ohne dies bei seiner Leistungsbeurteilung zu berücksichtigen.
39 
Funktionsstörungen aufgrund der Spannungskopfschmerzen werden nicht geschildert. Schließlich zieht die Polyneuropathie keine signifikanten motorischen Ausfälle nach sich, die Wegefähigkeit zu Fuß ist nicht eingeschränkt. Allerdings sind wegen der Polyneuropathie Tätigkeiten mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen, nicht vertretbar.
40 
Die von Dr. C. diagnostizierte inkomplette Peronäus-Läsion und die Prostatahyperplasie ziehen ebenfalls keine Funktionsstörungen nach sich. Insbesondere wirkt sich die inkomplette Peronäus-Läsion wie schon die Polyneuropathie nicht wesentlich auf das Gehvermögen des Klägers aus.
41 
Der Beurteilung der behandelnden Ärzte kann nicht gefolgt werden. Herr Na. verweist auf immer wieder auftretende Dekompensationen bzw eine Verstärkung der depressiven Entwicklung, beides war aber gerade in den Begutachtungssituationen nicht nachweisbar, insbesondere keine depressive Herabgestimmtheit. Deshalb liegt auch die von Dr. K. als leistungsmindernd erwähnte Depression nicht vor. Dr. K. hat im Übrigen nur allgemein auf „die diabetische Stoffwechsellage, die kardialen Befunde und insbesondere auch die Auswirkung der schweren Depression“ hingewiesen und damit keine konkreten Befunde benannt, die ein Abweichen von den Einschätzungen des Dr. B. und Dr. Sch. begründen könnten. Herr D. hat seine Leistungseinschätzung ebenfalls nicht mit Funktionseinschränkungen begründet. Die von ihm erwähnten Befunde (Hyper- und Hypoglykämien mit einem Blutzucker zwischen 40 und 300 mg/dl mit Unwohlsein, Bewegungseinschränkung der HWS, Panikzustände) sind zum Teil ungenau und begründen jedenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung, was sich aus der nachfolgenden Begutachtung durch Dr. Sch. ergibt.
42 
Der für den Kläger noch in Betracht kommende Arbeitsmarkt ist auch nicht verschlossen. Denn der Kläger kann unter betriebsüblichen Bedingungen erwerbstätig sein. Der Umstand, dass er mehrmals täglich eine Toilette aufsuchen können muss, führt nicht dazu, dass er nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn die Notwendigkeit von kurzen Pausen, um die Toilette aufzusuchen, ist noch im Rahmen der persönlichen Verteilzeiten möglich, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (zuletzt Urteil vom 20. April 2010, Aktenzeichen L 11 R 267/09). Dies gilt auch, wenn der Kläger - wie von ihm behauptet - an einem sog Stuhldrang leidet, also an einem schwer zu kontrollierbaren Drang, auf die Toilette zu müssen.
43 
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nach § 6 Abs 2 Satz 1 Arbeitsstätten-verordnung (ArbStättV) Toilettenräume bereitzustellen hat. Nach Nr 4.1 Abs 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 (vgl § 7 Abs 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw die Toiletten unabhängig von Nr 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschoßhöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen. Nach § 4 ArbZG steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw zweimal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch so genannte Verteilzeiten zugestanden für zB den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw (vgl Landessozialgericht Bayern, Urteil vom 23. Juli 2009, L 14 R 311/06, juris, Rn 87). Im Übrigen ist zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden bspw im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl Senatsurteil, Urteil vom 20. März 2007, L 11 R 684/06, mit weiteren Nachweisen, juris).
44 
Das Erfordernis des häufigen und ggf dringenden Toilettenbesuchs steht somit einer Arbeitstätigkeit nicht entgegen. Das gilt auch für die Notwendigkeit, den Blutzucker zu messen und sich Insulin zu spritzen. Dr. R. hat ausgeführt, dass sich der Kläger vor jeder Hauptmahlzeit den Blutzucker messen und Insulin injizieren muss. Im Wesentlichen kann der Kläger diesen Anforderungen außerhalb der üblichen Arbeitszeit nachkommen. Die bei einer Insulintherapie notwendigen Pausen zur Messung des Zuckers und zur Nahrungsaufnahme können im Übrigen in den üblichen Arbeitsalltag integriert werden (vgl Urteil des Senats vom 20. März 2007, aaO).
45 
Schließlich ist die Gehfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Erkrankungen, die die Wegstrecke beschränken, liegen nicht vor, die Polyneuropathie wirkt sich diesbezüglich nicht aus. Aufgrund seines häufigen Stuhldrangs ist der Kläger bezüglich der Wegefähigkeit ebenfalls nicht eingeschränkt. Dies ergibt sich schon aus dem von Dr. Sch. erhobenen Alltagsaktivitäten und der Tatsache, dass der Kläger in der Lage war, die Strecke von W. nach Mannheim zur Begutachtung bei Dr. Sch. allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen.
46 
Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
47 
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
48 
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche „Leitberufe“ charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris).
49 
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Pizzabäcker, Bedienung und Aushilfe im Gastronomiebereich beschäftigt. Deshalb ist auch der Senat, wie schon das SG, davon überzeugt, dass der Kläger lediglich als einfacher Angelernter einzustufen ist und ihm damit kein Verweisungsberuf benannt werden muss.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
51 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Gründe

 
30 
Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die Berufung Leistungen für mehr als ein Jahr umfasst. Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
31 
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
32 
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGBVI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGBVI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
33 
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, eine leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeit in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Dr. Sch., aber auch aus den Ermittlungen im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren, hier insbesondere den Gutachten des Dr. C. und Dr. B. und den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Der Kläger ist danach noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Toilette sollte erreichbar sein. Vermeiden muss der Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten in Nachtschicht, mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen, mit erhöhter Unfallgefahr und Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen.
34 
Die Belastbarkeit des Klägers ist aufgrund von Gesundheitsstörungen im internistischen Bereich eingeschränkt. Der Kläger leidet insbesondere an einer chronischen Pankreatitis mit erhöhter Stuhlfrequenz (aber ohne Kachexie), daneben auch an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, einem intermittierenden Vorhofflimmern und einer bekannten chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Bezüglich der chronischen Pankreatitis hat der Kläger gegenüber Dr. Sch. explizit eine Stuhlinkontinenz, definiert als Unvermögen der willkürlichen Stuhlzurückhaltung, und Koliken verneint. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Sch. und der ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2010. Der Kläger hat lediglich angegeben, bei Stuhldrang immer direkt zur Toilette gehen zu müssen. Damit wird jedoch keine Stuhlinkontinenz beschrieben. Die bloße Behauptung des Klägers, gegenüber Dr. Sch. wie auch gegenüber den erstinstanzlich tätigen Ärzten, insbesondere zB Dr. B., nicht etwa eine Inkontinenz verneint zu haben, sondern diese gerade beschrieben zu haben, ist nicht glaubhaft. Denn Dr. B., der den Kläger zweimal untersucht hat, hat ebenfalls eine Stuhlinkontinenz gerade nicht feststellen können. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger ausdrücklich angegeben, den Stuhl in der Regel halten zu können und innerhalb von 24 Stunden an zehn Darmentleerungen zu leiden. Dass die Gutachter die Angaben des Klägers aufgrund der Sprachschwierigkeiten missverstanden haben könnten, ist nicht ersichtlich. Denn keiner der bisherigen Gutachter hat bei der Begutachtung Anhaltspunkte für eine nicht ausreichende Kommunikationsfähigkeit des Klägers in deutscher Sprache gefunden, sämtliche Begutachtungen wurden ohne Dolmetscher durchgeführt. Zur Einschaltung eines Dolmetschers hat auch kein Anlass bestanden, da zB der frühere Hausarzt des Klägers, Dr. N., im Befundbericht vom 26. Juni 2006 die Verständigungsmöglichkeit mit dem Kläger in deutscher Sprache ausdrücklich bejaht hat. Des Weiteren ergibt sich aus der Begutachtungssituation bei Dr. Sch. die Richtigkeit der vom Gutachter wiedergegebenen Angaben des Klägers. Denn Dr. Sch. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich für eine Stuhlinkontinenz auch in der Gutachtenssituation kein Anhalt ergeben hat und eine solche auch pathophysiologisch nicht ausreichend erklärbar wäre, da eine Sphinkterschwäche nicht nachgewiesen ist. Die vom Kläger noch durchgeführten Aktivitäten wie zB regelmäßige Fahrten mit der Ehefrau von W. nach Freiburg (auch wenn der Kläger dort in einem Café wartet) und eine Reise nach Italien sprechen ebenfalls gegen eine Stuhlinkontinenz. Schließlich finden sich bezüglich einer Stuhlinkontinenz keinerlei Hinweise in den vorliegenden Arztbriefen und sachverständigen Zeugenauskünften. Die chronische Pankreatitis hat deshalb zur Überzeugung des Senats beim Kläger lediglich eine erhöhte Stuhlfrequenz zur Folge, jedoch keine Stuhlinkontinenz. Ob der Kläger deshalb an sog Fettstühlen leidet und eine „ölige Flüssigkeit“ ausscheidet, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass dieses Ausscheiden unkontrollierbar erfolgt. Gegen das Auftreten massiver Fettstühle und eine Malabsorption im Darmtrakt spricht im Übrigen, dass der Kläger nicht an Kachexie leidet und die Serumeiweißelektrophorese, die Dr. Sch. durchgeführt hat, unauffällig war. Des Weiteren leidet der Kläger an mittellebhaften Darmgeräuschen, einem geblähten Bauch und vermehrtem Abgang von Winden. Auswirkungen der chronischen Pankreatitis auf das berufliche Leistungsvermögen ergeben sich dadurch, dass eine Toilette in erreichbarer Nähe sein sollte. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich jedoch nicht.
35 
Der insulinpflichtige Diabetes mellitus ist seit Beginn der Insulintherapie zunächst gut eingestellt gewesen (Auskunft Dr. R. vom 11. September 2008) und auch jetzt noch ausreichend eingestellt (Gutachten des Dr. Sch.), weshalb sich hieraus ebenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt. Aus den vom Kläger vorgelegten Diabetes-Tagebüchern lassen sich keine weiteren Funktionsstörungen entnehmen. Dr. Sch. hat diese schon bei der Erstbegutachtung ausgewertet und weist auch in der ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar darauf hin, dass entscheidend die Hypoglykämien sind und solche von Blutzuckerwerten von <40 mg/dl dargestellt werden und bei Werten >40 mg/dl entscheidend ist, ob Symptome der Unterzuckerung vorliegen. Mit den immer über 40 mg/dl angegebenen Blutzuckerwerten ergeben sich aber aus den Tagebüchern keine Hypoglykämien. Selbst Dr. R. hat in der Auskunft vom 11. September 2008 eine sechsstündige Tätigkeit für möglich erachtet. Allerdings sollte nach Ansicht des Dr. Sch. eine Nachtschichttätigkeit vermieden werden.
36 
Das intermittierende Vorhofflimmern und die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ziehen keine Leistungseinschränkungen nach sich, insbesondere zeigt sich die Lungenerkrankung ohne pulmonale Dekompensationszeichen (Gutachten des Dr. C. und des Dr. Sch.). Eine Dyspnoe hat sich auch bei der Untersuchung durch Dr. B. nicht vorgelegen. Wegen der Marcumarisierung muss der Kläger Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr meiden.
37 
Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger nach den Gutachten des Dr. B. und des Dr. Sch. an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom ohne sensomotorische Ausfälle. Deshalb sind dem Kläger Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Tätigkeiten mit vermehrten Erschütterungen und Vibrationen nicht mehr möglich. Befunde oder Funktionseinschränkungen, die auch eine zeitliche Leistungseinschränkung begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
38 
Schließlich leidet der Kläger auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet an anamnestisch depressiven Episoden mit situationsgebundenen Ängsten, Verdacht auf Spannungskopfschmerzen und einer sensiblen und beinbetonten Polyneuropathie. Der psychopathologische Befund bei der Untersuchung durch Dr. Sch. war unauffällig, ebenso lag eine depressive Stimmungslage nicht vor. Dies entspricht auch den von Prof. Dr. H. erhobenen Befunden. Für eine manifeste, floride psychische Erkrankung ergibt sich daher insgesamt beim Kläger kein Anhalt. Dafür spricht auch, dass Dr. Sch. das vom Kläger eingenommene Antidepressivum im Blut nicht nachweisen konnte, obwohl der Kläger angegeben hatte, es am Vorabend eingenommen zu haben. Nach Erhalt des Gutachtens hat der Kläger erklärt, das Medikament auf Anraten seines Arztes auch am Vorabend nicht eingenommen zu haben. Dahinstehen kann, ob diese Angabe als Schutzbehauptung zu werten ist, auch wenn auffällig ist, dass der behandelnde Arzt damit ein Absetzphänomen riskiert hätte und es sich bei dem vom Kläger eingenommenen Medikament um ein nicht-sedierendes Antidepressivum handelt (Stellungnahme Dr. Sch.). Das kann jedoch dahinstehen, da allein der unauffällige psychische Befund, den nicht nur Dr. Sch., sondern auch schon Prof. Dr. H. erhoben hat, gegen eine solche Erkrankung spricht. Im Einzelnen hat die Befunderhebung durch Dr. Sch. keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung des Klägers ergeben. Eine depressive Stimmung hat nicht vorgelegen. Das Durchhaltevermögen war während der Begutachtung nicht eingeschränkt, die kognitiven Funktionen erhalten. Der Kläger hat sich geistig gut flexibel gezeigt und ist in der Lage, seinen Tagesablauf zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements, auch liegen keine Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Deshalb sind keine (Funktions-) Einschränkungen der Belastbarkeit des Klägers ersichtlich und eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründbar. Der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens durch Prof. Dr. H. ist daher nicht zu folgen. Denn ein psychiatrischer Befund, der eine quantitative Leistungseinschränkung begründen könnte, konnte gerade nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat selbst schon Prof. Dr. H. darauf hingewiesen, dass das psychische Bild keine weitere Leistungseinschränkung nach sich zieht, ohne dies bei seiner Leistungsbeurteilung zu berücksichtigen.
39 
Funktionsstörungen aufgrund der Spannungskopfschmerzen werden nicht geschildert. Schließlich zieht die Polyneuropathie keine signifikanten motorischen Ausfälle nach sich, die Wegefähigkeit zu Fuß ist nicht eingeschränkt. Allerdings sind wegen der Polyneuropathie Tätigkeiten mit vermehrtem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen, nicht vertretbar.
40 
Die von Dr. C. diagnostizierte inkomplette Peronäus-Läsion und die Prostatahyperplasie ziehen ebenfalls keine Funktionsstörungen nach sich. Insbesondere wirkt sich die inkomplette Peronäus-Läsion wie schon die Polyneuropathie nicht wesentlich auf das Gehvermögen des Klägers aus.
41 
Der Beurteilung der behandelnden Ärzte kann nicht gefolgt werden. Herr Na. verweist auf immer wieder auftretende Dekompensationen bzw eine Verstärkung der depressiven Entwicklung, beides war aber gerade in den Begutachtungssituationen nicht nachweisbar, insbesondere keine depressive Herabgestimmtheit. Deshalb liegt auch die von Dr. K. als leistungsmindernd erwähnte Depression nicht vor. Dr. K. hat im Übrigen nur allgemein auf „die diabetische Stoffwechsellage, die kardialen Befunde und insbesondere auch die Auswirkung der schweren Depression“ hingewiesen und damit keine konkreten Befunde benannt, die ein Abweichen von den Einschätzungen des Dr. B. und Dr. Sch. begründen könnten. Herr D. hat seine Leistungseinschätzung ebenfalls nicht mit Funktionseinschränkungen begründet. Die von ihm erwähnten Befunde (Hyper- und Hypoglykämien mit einem Blutzucker zwischen 40 und 300 mg/dl mit Unwohlsein, Bewegungseinschränkung der HWS, Panikzustände) sind zum Teil ungenau und begründen jedenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung, was sich aus der nachfolgenden Begutachtung durch Dr. Sch. ergibt.
42 
Der für den Kläger noch in Betracht kommende Arbeitsmarkt ist auch nicht verschlossen. Denn der Kläger kann unter betriebsüblichen Bedingungen erwerbstätig sein. Der Umstand, dass er mehrmals täglich eine Toilette aufsuchen können muss, führt nicht dazu, dass er nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn die Notwendigkeit von kurzen Pausen, um die Toilette aufzusuchen, ist noch im Rahmen der persönlichen Verteilzeiten möglich, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (zuletzt Urteil vom 20. April 2010, Aktenzeichen L 11 R 267/09). Dies gilt auch, wenn der Kläger - wie von ihm behauptet - an einem sog Stuhldrang leidet, also an einem schwer zu kontrollierbaren Drang, auf die Toilette zu müssen.
43 
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nach § 6 Abs 2 Satz 1 Arbeitsstätten-verordnung (ArbStättV) Toilettenräume bereitzustellen hat. Nach Nr 4.1 Abs 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 (vgl § 7 Abs 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw die Toiletten unabhängig von Nr 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschoßhöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen. Nach § 4 ArbZG steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw zweimal 15 Minuten zu. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch so genannte Verteilzeiten zugestanden für zB den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw (vgl Landessozialgericht Bayern, Urteil vom 23. Juli 2009, L 14 R 311/06, juris, Rn 87). Im Übrigen ist zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden bspw im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl Senatsurteil, Urteil vom 20. März 2007, L 11 R 684/06, mit weiteren Nachweisen, juris).
44 
Das Erfordernis des häufigen und ggf dringenden Toilettenbesuchs steht somit einer Arbeitstätigkeit nicht entgegen. Das gilt auch für die Notwendigkeit, den Blutzucker zu messen und sich Insulin zu spritzen. Dr. R. hat ausgeführt, dass sich der Kläger vor jeder Hauptmahlzeit den Blutzucker messen und Insulin injizieren muss. Im Wesentlichen kann der Kläger diesen Anforderungen außerhalb der üblichen Arbeitszeit nachkommen. Die bei einer Insulintherapie notwendigen Pausen zur Messung des Zuckers und zur Nahrungsaufnahme können im Übrigen in den üblichen Arbeitsalltag integriert werden (vgl Urteil des Senats vom 20. März 2007, aaO).
45 
Schließlich ist die Gehfähigkeit des Klägers nicht eingeschränkt. Erkrankungen, die die Wegstrecke beschränken, liegen nicht vor, die Polyneuropathie wirkt sich diesbezüglich nicht aus. Aufgrund seines häufigen Stuhldrangs ist der Kläger bezüglich der Wegefähigkeit ebenfalls nicht eingeschränkt. Dies ergibt sich schon aus dem von Dr. Sch. erhobenen Alltagsaktivitäten und der Tatsache, dass der Kläger in der Lage war, die Strecke von W. nach Mannheim zur Begutachtung bei Dr. Sch. allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen.
46 
Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
47 
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
48 
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche „Leitberufe“ charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris).
49 
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Der Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Pizzabäcker, Bedienung und Aushilfe im Gastronomiebereich beschäftigt. Deshalb ist auch der Senat, wie schon das SG, davon überzeugt, dass der Kläger lediglich als einfacher Angelernter einzustufen ist und ihm damit kein Verweisungsberuf benannt werden muss.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
51 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.

Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.