Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Juli 2017 - L 5 KR 74/17 B ER

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2017:0717.L5KR74.17BER.0A
bei uns veröffentlicht am17.07.2017

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 12. April 2017 abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, die Kosten für die Behandlung des Antragstellers mit dem Medikament Rituximab im ersten Jahr zu übernehmen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die Hälfte der außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Übernahme der Kosten der Behandlung am U… mit dem Medikament Rituximab im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

2

Der 1969 geborene bei der Antragsgegnerin krankenversicherte Antragsteller leidet an einer rezidivierenden Myelitis. Die Erstdiagnose erfolgte im Frühjahr 2016. Mit Schreiben vom 14. September 2016 beantragte das U… die Kostenübernahme und Verzicht auf Regressforderungen bezüglich einer Off-Label-Verordnung von Rituximab bei dem Antragsteller. Dieser leide an einer schweren rezidivierenden, immunvermittelten Myelitis, für die keine Therapie zugelassen sei. Passend zur entzündlichen Genese finde sich ein entzündliches Liquor-Syndrom mit entsprechenden Rückmarksbefunden im MRT. Die geplante Therapie sehe so aus, dass zunächst eine Initialtherapie mit einem Kostenaufwand in Höhe von 16.103,40 EUR notwendig sei und anschließenden Wiederholungstherapien (vermutlich alle 9 bis 12 Monate) von je 8.050,70 EUR für einen Zeitraum von vorerst drei Jahren (Gesamtkosten ca. 32.204,80 EUR über drei Jahre). Die Off-Label-Kriterien seien hier erfüllt, da es sich zweifellos um eine schwerwiegende Krankheit handele und zugelassene Alternativen nicht bestünden. Eine Medikation mit dem oralen Immuntherapeutikum Azathioprin (ebenfalls nicht zugelassen) sei eingeleitet, aber aus Sicht der Klinik bei Myelitiden nicht effektiv genug, Gleiches gelte für Mycophenolat Mofetil und MTX, die Cyclophosphamid-Stoßtherapie sei vermutlich ähnlich effektiv wie Rituximab, aber deutlich nebenwirkungsbelasteter und müsse alle vier Wochen stationär oder teilstationär infundiert werde. Isolierte Myelitiden seien sehr selten, Phase III-Studien dementsprechend schwierig. Vergleichbar sei sie mit der Neuromyelitis Optica und der Multiplen Sklerose mit spinalem Schwerpunkt, für die es gute Daten zu der Wirksamkeit einer Rituximab-Therapie gebe.

3

Die Antragsgegnerin holte eine Stellungnahme ihrer Pharmazeutischen Beratung und Prüfung ein und lehnte mit Bescheid vom 27. Oktober 2016 eine Kostenübernahme ab, weil Behandlungsalternativen zur Verfügung stünden. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch. Unter dem 8. Dezember 2016 wies das U... darauf hin, dass zwischenzeitlich das Plasmaaustauschverfahren durchgeführt worden sei, allerdings ohne Besserung, und es sei bereits kurz nach der Immunadsorption zu einer erneuten Entzündungsaktivität im Myelon gekommen. Die Alternative der Cyclophosphamid-Stoßtherapie sei wissenschaftlich weniger etabliert und deutlich nebenwirkungsbelasteter. Das U... bleibe bei der Empfehlung einer Behandlung durch Rituximab.

4

Die Antragsgegnerin holte von der Pharmazeutischen Beratung und Prüfung eine weitere Stellungnahme ein und wies mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2017 den Widerspruch des Antragstellers zurück, weil eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung bei dem Antragsteller bislang nicht erkennbar sei, die Diagnose einer am ehesten autoimmun bedingten Myelitis nicht näher spezifiziert werden konnte und auch nach der Datenlage nicht die begründete Aussicht einer Besserung bestehe.

5

Hiergegen hat der Antragsteller am 16. März 2017 beim Sozialgericht Kiel beantragt,

6

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu verpflichten, die Kosten für die Behandlung des Antragstellers mit dem Medikament Rituximab zu übernehmen.

7

Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, dass die Kriterien für eine Leistungspflicht der Antragsgegnerin im Rahmen des Off-Label-Use vorlägen. Er leide an einer seine Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung. So sei die Erkrankung erst seit dem vergangenen Jahr bekannt, er aber wegen der in kurzer Abfolge aufgetretenen Rezidive im Alter von 47 Jahren bereits nachhaltig gehbehindert. Zudem leide er unter Störungen der Blasen-Mastdarmfunktion und des Schließmuskels. Bei Ausbleiben einer effektiven Rezidivprophylaxe entstünden höhere Myelitis-Manifestationen im zervikalen Mark und in der Folge in absehbarer Zukunft der vollständige Verlust seiner Gehfähigkeit bis hin zur Querschnittslähmung. Des Weiteren bestehe das erhebliche Risiko, dass Störungen der Handfunktionen einträten. Infolge der gestörten Harnblasensensibilität könne es zu einer Nierenerkrankung bis zur vollständigen Funktionsstörung der Niere kommen. Es bestünden auch keine Behandlungsalternativen. Die Therapie mit Azathioprin sei ohne Erfolg durchgeführt worden. Die Wirksamkeit von MTX und MMF, für die keine systematische Evidenz einer Wirksamkeit bestünde, sei im Übrigen mit der Wirksamkeit von Azathioprin vergleichbar. Hinsichtlich der Therapie mit Cyclophosphamid fehle jede systematische Evidenz und es bestünden erhebliche Nebenwirkungen mit den Risiken einer relevanten Infektneigung, Blasenkarzinome und Teratogenität etc.. Im Übrigen sei das Präparat ebenfalls im Off-Label zu verabreichen. Die Behauptung der Antragsgegnerin, es handele sich nicht um eine sehr seltene Erkrankung bei ihm, sei unzutreffend. Damit komme es auf andere Berichte über die Qualität und Wirksamkeit des Rituximab bei autoimmuner Myelitis an. Seine Erkrankung sei am ehesten mit der Neuromyelitis Optica vergleichbar. Hier existierten mehrere Off-Label-Studien, die die Effektivität der Indikation diesbezüglich bestätigten. Diese Studien werden von dem Antragsteller im Einzelnen aufgeführt. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen einer Verordnung von Rituximab gemäß § 2 Abs. 1a SGB V vor. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich daraus, dass es ohne Behandlung zu weiteren Rezidiven käme. Die Kosten der Therapie könne er, da er mittlerweile arbeitsunfähig sei, nicht aus eigenen Mitteln bezahlen. Am 16. März 2017 sei Klage vor dem Sozialgericht Kiel erhoben worden. Das Aktenzeichen sei noch nicht bekannt.

8

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen: Bei bislang unklarer diagnostischer Zuordnung bzw. einer lediglich als Verdachtsdiagnose geäußerten autoimmunen Genese der Myelitis sei der Antragsteller auf Medikamente zu verweisen, welche in ihrer Zulassung nicht auf ein enges Spektrum definierter Erkrankungen begrenzt seien. Dazu zähle Rituximab nicht. Die Voraussetzungen des Off-Label-Use lägen nicht vor. Dazu legt die Antragsgegnerin eine Beurteilung durch den MDK Nordrhein vom 11. Januar 2017 vor, die der Stellungnahme der Pharmazeutischen Beratung und Prüfung offensichtlich als Grundlage diente.

9

Der Antragsteller hat erwidert, bei der Diagnose einer autoimmunen rezidivierenden Myelitis handele es sich zwischenzeitlich um eine gesicherte Diagnose, wie den späteren Arztberichten zu entnehmen sei. Lediglich zu Beginn der stationären Abklärung im Juni 2016 sei als Diagnose „Myelitis, am ehesten autoimmune Ätiologie“ angegeben worden. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass sowohl für die mit der seltenen Erkrankung am ehesten vergleichbare Neuromyelitis Optica als auch für die schubförmige Multiple Sklerose eine Therapie mit Rituximab indiziert sei, da sie effektiv und nebenwirkungsarm sei. Rituximab werde nach wie vor bei Neuromyelitica optica als „First-Line-Therapie“ empfohlen. Es existierten auch entsprechende Empfehlungen der Fachgesellschaft NEMOS, wie sich aus der Anlage 7 ergebe. Es lägen mittlerweile auch überzeugende Daten zu der Wirksamkeit vor, die voraussichtlich dazu führten, dass der monoklonale Antikörper Ocrelizumab als ebenfalls B-Zell-depletierende Substanz (Nachfolgeantikörper zu Rituximab) im Laufe dieses Jahres für die Multiple Sklerose zugelassen werde, wie der Pressemitteilung in Anlage 8 der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zu entnehmen sei. In einer Kohortenstudie sei Rituximab bei Multipler Sklerose und bei Sonderformen eingesetzt worden und werde gegenwärtig im mehreren Phase II- und Phase III-Studien eingesetzt. Zwar sei in einer Placebo-kontrollierten Phase III-Studie mit primär chronisch progredienter Multipler Sklerose ein Nutzen über zwei Jahre nicht festgestellt worden. Allerdings hätte sich für Patienten, die jünger als 50 Jahre alt seien sowie mit kurzem Krankheitsverlauf ein deutlicher Effekt in Subgruppenanalysen gezeigt. Er, der Antragsteller, sei im Übrigen dringend behandlungsbedürftig. So habe sich zur Bemessung der Behandlungsbedürftigkeit autoimmuner Erkrankungen des zentralen Nervensystems die Krankheitsaktivität, gemessen an klinischen Schubereignissen und MRT-morphologischen neuen Entzündungsläsionen, etabliert. Grundsätzlich gelte ein Patient mit mindestens zwei Schüben pro Jahr als hoch aktiv und bedürfe einer unmittelbaren hochaktiven Therapie. Das sei bei ihm der Fall.

10

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 12. April 2017 den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:

11

„Arzneimittel werden mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§·2 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs.1 SGB V) nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3, § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V geleistet, wenn ihnen die arzneimittelrechtliche Zulassung gemäß § 21 Abs. 1 AMG fehlt (vgl. BSG vom 27. März 2007, Az. B 1 KR 17/06 R - juris). Das vom Antragsteller begehrte Medikament MabThera (Rituximab) ist nicht für die Behandlung der Autoimmunerkrankung des Antragstellers zugelassen. Vielmehr besteht lediglich eine Zulassung (z.T. in Kombination mit anderen Wirkstoffen) für die Behandlung bestimmter Krebserkrankungen, schwerer aktiver rheumatoider Arthritis und schwerer aktiver Granulomatose mit Polyangiitis.

12

Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf eine zulassungsüberschreitende Anwendung nach den von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen eines ‚Off-Label-Use‘ auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Kostenübernahme für einen solchen Off-Label-Use kommt nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage eine begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl. BSG vom 27. März 2007 aaO.).

13

Es ist bereits fraglich, ob es sich bei der Erkrankung des Antragstellers an einer rezidivierenden autoimmunen Myelitis um eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Krankheit im Sinne der ersten Voraussetzung handelt. Bei dieser Erkrankung handelt es sich unstreitig nicht um eine akut lebensbedrohliche Erkrankung. Das alternative Kriterium der dauerhaften und nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität ist hingegen nicht bereits dann erfüllt, wenn mit einer Erkrankung dauerhaft Einschränkungen der Lebensführung einhergehen. Denn dies ist grundsätzlich bei jeder chronischen Erkrankung der Fall. Vielmehr ist dieses Merkmal nur dann erfüllt, wenn eine mit der Lebensbedrohlichkeit vergleichbare Notstandssituation gegeben ist, also etwa der Verlust einer wesentlichen Körperfunktion konkret kurzfristig droht. Der Einsatz von Medikamenten außerhalb ihres Zulassungsbereiches soll nämlich grundsätzlich nur ausnahmsweise erfolgen können, da ansonsten das Zulassungserfordernis praktisch entwertet würde. Dieses verfolgt aber den Zweck, Medikamente nur dann zur Behandlung der Patienten zur Verfügung zu stellen, wenn sie in einem geordneten Prüfverfahren auf ihre Wirksamkeit, sowie ihre Risiken und Nebenwirkungen getestet worden sind. Eine Ausnahme von diesem Prüfverfahren - das in erster Linie auch dem Schutz der Patienten dient - kann daher nur bei ganz erheblichen Erkrankungen in Frage kommen. Denn nur dann tritt der Schutzgedanke des Zulassungsverfahrens gegenüber dem individuellen Hilfsanspruch in den Hintergrund. Ob die gegenwärtig schubweise auftretenden Taubheitsempfindungen, Gleichgewichtsstörungen und Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen für die Annahme einer solchen Notstandssituation ausreichen, ist fraglich, kann jedoch im Ergebnis offen bleiben.

14

Denn jedenfalls stehen alternative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, auf die der Antragsteller zumutbar verwiesen werden kann. Insofern ist der Antragsteller nach der nicht ausreichend erfolgreichen Behandlung mit Azathioprin zumindest auf einen vorrangigen Therapieversuch mit dem von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Wirkstoff Cyclophosphamid zu verweisen. Einer solchen Therapie spricht auch der behandelnde Arzt Dr. L. in dem Arztbrief vom 14. September 2016 prognostisch ausdrücklich eine ähnliche Wirksamkeit wie einer Rituximab-Behandlung zu. Die spätere Einlassung, diese Behandlung sei wissenschaftlich weniger etabliert (Arztbrief vom 8. Dezember 2016) ist offensichtlich der zwischenzeitlich erfolgten Ablehnungsentscheidung der Antragsgegnerin geschuldet und kann daher keine Berücksichtigung finden.

15

Der Umstand, dass es sich auch bei einer Behandlung mit Cyclophosphamid um einen Off-Label-Use handeln würde, steht der Vorrangigkeit dieser Alternative nicht entgegen. Denn insoweit ist auch beim Fehlen einer zugelassenen Behandlungsalternative unter mehreren in Frage kommenden Off-Label-Medikamenten insbesondere das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V zu beachten. Während für eine Rituximab-Behandlung über einen Drei-Jahreszeitraum Medikamentenkosten in Höhe von rund 32.000,- Euro anfallen würden, lägen diese beim Einsatz von Cyclophosphamid im selben Zeitraum bei weniger als 3.000,- Euro.

16

Bei einer vergleichbaren Wirksamkeitserwartung (siehe Arztbrief vom 14. September 2016) und Mehrkosten bei der Verwendung von Rituximab von rund 1.000 Prozent, steht auch die vom behandelnden Arzt vermutete stärkere Belastung mit Nebenwirkungen dem Vorrang einer Cyclophosphamid-Behandlung nicht im Wege, zumal beide in Rede stehenden Medikamente Nebenwirkungen haben können und nicht im Ansatz ersichtlich ist, dass der Antragsteller konkret bei Verwendung des einen oder anderen Wirkstoffs mehr Nebenwirkungen erfahren würde und ihm dies unzumutbar wäre.

17

Im Ergebnis ist dem Antragsteller daher eine Behandlung mit Cyclophosphamid möglich und I zumutbar.“

18

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, eingegangen beim Sozialgericht Kiel am 8. Mai 2017. Zur Begründung trägt er vor: Wie dem aktuellen Bericht des U... vom 2. Juni 2017, in der Anlage beigefügt, zu entnehmen sei, sei es zu einer erneuten ambulanten notfallmäßigen Vorstellung in der neuroimmunologischen Ambulanz gekommen. Bei der Untersuchung seien eine Reflexdifferenz an den Beinen sowie suspekte Babinskizeichen links und ein leicht spastisch ataktisches Gangbild aufgefallen. Die erneute Zunahme der Parese des linken Beines sei bis zum Beweis des Gegenteils als erneutes Rezidiv zu interpretieren. Dieses untermauere erneut die nicht ausreichende Effektivität der Azathioprin-Therapie. Nunmehr sei es bei ihm innerhalb eines Jahres zu vier, insgesamt zu fünf Schüben gekommen. Die Erkrankung sei damit als hoch aktiv zu kategorisieren. Die in den Auswirkungen vergleichbare Multiple Sklerose ist im Übrigen in der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19. März 2012 – B 1 KR 37/00 R) hinsichtlich ihrer Schwere als Voraussetzung für einen Off-Label-Use anerkannt worden. Es fehlten auch die Behandlungsalternativen. Die mitgeteilten Erkenntnisquellen seien offensichtlich nicht geprüft worden. Zugelassene Behandlungsalternativen gebe es nicht. Die ebenfalls im Off-Label von der Antragsgegnerin vorgeschlagene Therapie mit Ciclophosphamid erreiche nach Auffassung der behandelnden Ärzte bei Weitem nicht die Effektivität von Rituximab. Insoweit bestehe in der neurologischen Gemeinschaft Einigkeit, dass ein großer phänomenologischer Überlapp zwischen autoimmunen Enzephalitiden, Neuromyelitis Optica-Erkrankungen und der Multiplen Sklerose bestehe. Dies könne mit entsprechenden Nachweisen belegt werden. Kontrollierte Studien zu autoimmunen Myelitiden fehlten. Für die vergleichbare Neuromyelitis Optica und die schubförmige Multiple Sklerose sei eine Therapie mit Rituximab nachgewiesenermaßen effektiv und nebenwirkungsarm. Der monoklonale Antikörper Rituximab, der sich gegen ein Oberflächenmolekül der B-Lymphozyten richte und eine B-Zellelemination bewirke, habe sich als wirksam bei entzündlichen Erkrankungen des peripheren Nervensystems und verschiedenen rheumatischen Erkrankungen erwiesen. Demgegenüber existiere keinerlei systematische Evidenz bei der Multiplen Sklerose oder der Neuromyelitis Optica bezüglich des Einsatzes von Cyclophosphamid. Auf das Nebenwirkungsspektrum sei bereits hingewiesen worden. Der Kostenvergleich zwischen den Therapien, wie vom Sozialgericht vorgenommen, sei im Übrigen nicht überzeugend. Die Jahreskosten für die Behandlung mit Rituximab lägen bei 8.220,00 EUR, die für Cyclophosphamid mit allen Nebenkosten bei 6.280,00 EUR. Er sehe sich finanziell nicht in der Lage, die Kosten zu übernehmen. Dazu verweist er auf die vom Senat angeforderte Aufstellung seiner finanziellen Situation.

19

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

20

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Antragsgegnerin besteht ein Anspruch auf die Behandlung mit Rituximab vorläufig im Wege des einstweiligen Rechtschutzes für ein Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt der Senat aufgrund folgender Überlegungen:

21

Hinsichtlich der Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung verweist der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts, wonach ein Anordnungsanspruch im Sinne eines materiellen Anspruchs auf die begehrte Leistung und ein Anordnungsgrund in Form der Eilbedürftigkeit der Leistung vorliegen müssen.

22

Ein Anordnungsgrund liegt vor, da der Antragsteller finanziell nicht in der Lage ist, die Therapiekosten im ersten Jahr von über 16.000 EUR zu übernehmen. Ausreichendes verwertbares Vermögen besteht nicht und die laufenden Einnahmen reichen unter Berücksichtigung der laufenden Kosten nicht aus.

23

Ein Anordnungsanspruch liegt ebenfalls vor. Die Kostenübernahme für einen hier unstreitigen Off-Label-Use, in dessen Rahmen die Behandlung mit Rituximab vom Antragsteller begehrt wird, kommt, insoweit besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit, nur in Betracht, wenn es

24

1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht,

25

2. keine andere Therapie verfügbar ist und

26

3. aufgrund der Datenlage eine begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg erzielt werden kann.

27

Ob diese Voraussetzungen letztlich vorliegen, kann in der vorläufigen Prüfung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, in der aufgrund der Eilbedürftigkeit eine umfassende Prüfung komplexer medizinischer Sachverhalte nicht möglich ist, nicht getroffen werden. Das hat letztlich im Hauptsacheverfahren zu geschehen. Vor diesem Hintergrund sind nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO die insbesondere für Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund notwendigen Angaben zum Sachverhalt (lediglich) glaubhaft zu machen. Gleichwohl gilt auch im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich die Pflicht des Gerichts nach § 103 SGG zur Amtsermittlung, sich also die notwendigen Tatsachengrundlagen selbst zu beschaffen. Es besteht aber keine Verpflichtung des Gerichts, alle Mittel zur Sachaufklärung einzusetzen. Diese Pflicht reduziert sich vielmehr im Hinblick auf das Eilbedürfnis auf die Mittel, die in angemessener Zeit zu beschaffen sind. Vor diesem Hintergrund ist es regelmäßig nicht möglich, umfassende medizinische Sachverhalte durch ein medizinisches Gutachten zu klären. Bleiben vor diesem Hintergrund noch Unklarheiten, gehen diese nicht zwingend zu Lasten des Antragstellers. Vielmehr hat eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten zu erfolgen.

28

Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Die verminderte Anforderung an die Feststellung von Tatsachen setzt sich hinsichtlich der Klärung von Rechtsfragen im Rahmen des Anordnungsanspruchs fort. In diesem Zusammenhang wird allgemein von der „summarischen Prüfung“, die sich wegen der Eilbedürftigkeit durch das gesamte Verfahren zieht, gesprochen. Dieser nicht im Gesetz definierte Begriff bedeutet, dass das Gericht sich mit einer überschlägigen „vorläufigen Prüfung“ begnügen darf, die es nicht erfordert, schwierige und umfassende Sachverhalte und Rechtsfragen bis ins Einzelne zu klären. Dies hat insbesondere dann Bedeutung, wenn es darum geht, erhebliche Nachteile für den Betroffenen abzuwehren. Auch hier verdeutlicht sich das Wechselspiel zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund. Hängen von der Entscheidung erhebliche gesundheitliche Auswirkungen ab, versucht der Antragsteller insbesondere durch die begehrte Anordnung nachvollziehbar Lebensgefahr oder die Gefahr einer erheblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes von sich abzuwenden, kann selbst bei erheblichen Zweifeln an der Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund die begehrte Anordnung zu erteilen sein (vgl. etwa LSG Berlin, Beschluss vom 28. Januar 2003 – L 9 B 20/02 KR ER WO 21 - ergangen, nachdem die zunächst für den Antragsteller negative Entscheidung durch das BVerfG mit Beschluss vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02 – aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen worden war). Das BVerfG hat dann eine Ausnahme von der summarischen Prüfung der Erfolgsaussicht zugunsten einer abschließenden Prüfung wie im Hauptsacheverfahren gefordert, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, so etwa wenn es nach dem Vortrag des Antragstellers um die Behandlung einer akuten Erkrankung mit einem gewissen Morbiditätsrisiko und irreversiblen gesundheitlichen Beeinträchtigungen geht (NZS 2004, 527). Ist in solchen Fällen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, hat das Gericht anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden und dabei die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Dabei hat sich das Gericht „schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen zu stellen und eine bereits mögliche oder zeitweise Verletzung zu verhindern“.

29

Vor diesem Hintergrund ist der Anspruch des Antragstellers auf die vorläufige Übernahme der Kosten für die Behandlung mit Retuximab durch die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutz für das erste Jahr in Form der vom U... bezeichneten Initialtherapie gegeben. Der Senat geht davon aus, dass im Anschluss daran die aktuelle Befundlage Aufschluss darüber bringt, ob eine Fortsetzung dieser Behandlung medizinisch indiziert ist.

30

Das Vorliegen der oben genannten drei Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer „Off-Label-Use“-Therapie kann, worauf bereits oben hingewiesen wurde, erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Allerdings geht der Senat nach der derzeit vorliegenden Datenlage davon aus, dass diese vom Antragsteller glaubhaft gemacht wurden. Er leidet danach an einer schwerwiegenden, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung in Form einer rezidivierenden autoimmunen Myelitis. Zutreffend weist der Antragsteller darauf hin, dass die anfängliche Unsicherheit bei der Diagnose sich in den nachfolgenden Befundberichten des U... nicht mehr findet. So wird dort durchgehend von der Diagnose (nicht Verdachtsdiagnose) einer schweren rezidivierenden, immunvermittelnden Myelitis ausgegangen.

31

Den Berichten und dem Vortrag des Antragstellers ist weiter zu entnehmen, dass diese Erkrankung mit einer hohen Rezidivaktivität einhergeht, wenn innerhalb eines Jahres vier Anfälle zu verzeichnen sind. Diese haben auch zu einer durchgehenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes beim Antragsteller auf mehreren Gebieten geführt und lassen konkret weitere Beeinträchtigungen befürchten. Zutreffend hat der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die Parallele zur Multiplen Sklerose hingewiesen, die ein ähnliches Erscheinungsbild zeigt und bei der vom Bundessozialgericht von einer schweren Erkrankung im Rahmen der Voraussetzungen des Off-Label-Use ausgegangen wird (Urteil vom 19. März 2012 – B 1 KR 37/00 R).

32

Ebenfalls geht der Senat davon aus, dass eine allgemein anerkannte Therapie dieser Erkrankung nicht existiert, worauf das U... mehrfach hingewiesen hat. Die Beklagte hat zwar auf andere Therapien verwiesen, die aber sämtlich ebenfalls im Off-Label-Use angewendet werden bzw (betr. Plasmaaustauschverfahren) durchgeführt wurden. Dabei ist die Behandlung mit Azathioprin, die beim Antragsteller durchgeführt wird, offensichtlich nur von geringem Erfolg, wie die auch unter dieser Therapie entstandenen Anfälle zeigen.

33

Zwar stehen sämtliche Therapien auch unter dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V, wonach die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Darauf hat sich offensichtlich das Sozialgericht bei seiner ablehnenden Entscheidung gestützt und auf die preisgünstigere Behandlung mit Cyclophosphamid (ebenfalls im Off-Label) verwiesen. Gleichwohl bestehen gerade im Off-Label-Use, also in dem Bereich, in dem es an eindeutigen medizinischen Vorgaben bei den möglichen Behandlungen mangelt, weitere Spielräume im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit als bei den Verfahren, wo die Schulmedizin regelmäßig zur Anwendung kommt und ein Vergleich der Wirksamkeit zwischen den verschiedenen Therapieformen eher vorgenommen werden kann. Die insoweit von dem Antragsteller und unterstützt vom U... vorgetragenen Parallelen zu ähnlichen Erkrankungen und die nachgewiesene Wirkweise der hier streitigen Behandlung auf diese Erkrankungen werden von der Antragsgegnerin zudem durch eine medizinisch Argumentation bzw. durch entsprechende Studien, bezogen auf die von ihr vorgeschlagene Therapieform, nicht widerlegt.

34

Damit sieht der Senat das dritte Erfordernis für die Kostenübernahme eines Off-Label-Use ebenfalls als glaubhaft gemacht an, wonach aufgrund der Datenlage eine begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg erzielt werden kann. Auch hier wird letztlich erst im Rahmen des Hauptsacheverfahrens eine umfassende medizinische Abklärung erfolgen können. Es ist dem Senat aber aus anderen Verfahren bekannt, dass das Medikament Rituximab nicht selten im Rahmen des Off-Label-Use, gerade bei Autoimmunerkrankungen, Anwendung findet.

35

Da nach dem Dargelegten in diesem Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sachlage nicht möglich erscheint, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens somit offen ist, bedarf es nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einer Folgenabwägung. Hierbei sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzubeziehen, da, so das Bundesverfassungsgericht, „die Gerichte sich schützend vor die Grundrechte des Einzelnen stellen müssen“.

36

Im Rahmen dieser Abwägung kommt der Senat zu einem vorläufigen Anspruch des Antragstellers auf Kostenübernahem der Behandlung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Der Senat hat die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenübernahme auf die streitige Behandlung allerdings auf den Zeitraum von einem Jahr begrenzt. Diese Begrenzung erfolgt auch im Rahmen der Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsgegnerin. Nach der dann durchgeführten Behandlung ist erneut zu klären, ob diese zu einer Besserung bzw. zumindest einem Stillstand der Erkrankung beim Antragsteller geführt hat. Gegebenenfalls ist dann, sollte das Hauptsacheverfahren noch nicht abgeschlossen sein, von der Antragsgegnerin eine neue Entscheidung darüber zu treffen, ob auch für die nachfolgende Therapie Kosten zu übernehmen sind. Eine ablehnende Entscheidung wird gegebenenfalls im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu überprüfen sein.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und berücksichtigt, dass der Antragsteller lediglich einen Teilerfolg erzielt hat.

38

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).


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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung


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(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Sieht eine Rechtsvorschrift vor, dass für die Feststellung der erheblichen Tatsachen deren Glaubhaftmachung genügt, kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.

(2) Die Behörde darf bei der Ermittlung des Sachverhalts eine Versicherung an Eides statt nur verlangen und abnehmen, wenn die Abnahme der Versicherung über den betreffenden Gegenstand und in dem betreffenden Verfahren durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgesehen und die Behörde durch Rechtsvorschrift für zuständig erklärt worden ist. Eine Versicherung an Eides statt soll nur gefordert werden, wenn andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit nicht vorhanden sind, zu keinem Ergebnis geführt haben oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Von eidesunfähigen Personen im Sinne des § 393 der Zivilprozessordnung darf eine eidesstattliche Versicherung nicht verlangt werden.

(3) Wird die Versicherung an Eides statt von einer Behörde zur Niederschrift aufgenommen, sind zur Aufnahme nur der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter sowie Angehörige des öffentlichen Dienstes befugt, welche die Befähigung zum Richteramt haben. Andere Angehörige des öffentlichen Dienstes kann der Behördenleiter oder sein allgemeiner Vertreter hierzu allgemein oder im Einzelfall schriftlich ermächtigen.

(4) Die Versicherung besteht darin, dass der Versichernde die Richtigkeit seiner Erklärung über den betreffenden Gegenstand bestätigt und erklärt: "Ich versichere an Eides statt, dass ich nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe." Bevollmächtigte und Beistände sind berechtigt, an der Aufnahme der Versicherung an Eides statt teilzunehmen.

(5) Vor der Aufnahme der Versicherung an Eides statt ist der Versichernde über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung und die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung zu belehren. Die Belehrung ist in der Niederschrift zu vermerken.

(6) Die Niederschrift hat ferner die Namen der anwesenden Personen sowie den Ort und den Tag der Niederschrift zu enthalten. Die Niederschrift ist demjenigen, der die eidesstattliche Versicherung abgibt, zur Genehmigung vorzulesen oder auf Verlangen zur Durchsicht vorzulegen. Die erteilte Genehmigung ist zu vermerken und von dem Versichernden zu unterschreiben. Die Niederschrift ist sodann von demjenigen, der die Versicherung an Eides statt aufgenommen hat, sowie von dem Schriftführer zu unterschreiben.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.