Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 17. Nov. 2009 - L 4 KA 24/08

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2009:1117.L4KA24.08.0A
bei uns veröffentlicht am17.11.2009

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 22. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im gesamten Verfahren sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, gegenüber den Beigeladenen zu 1.) und 2.) einen Schadensersatz wegen der Verordnung von Arzneimitteln als Impfstoff im Quartal I/03 festzusetzen.

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Frau Dr. B und Herr Ba (Beigeladene zu 1.) und 2.) nahmen in den Quartalen I/03 und II/03 als praktische Ärzte mit Praxissitz in A, damals noch in Gemeinschaftspraxis, an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

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Die Klägerin beantragte im Dezember 2003 die Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 12 Abs. 3 der Prüfvereinbarung Schleswig-Holstein vom 15. März 1995 in Verbindung mit § 48 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) wegen der Verordnung der Medikamente Hepatitis B-Immunglobulin und Beriglobin (jeweils einmal) im Quartal I/03 als Impfstoff. Bei den genannten Medikamenten handele es sich nicht um öffentlich empfohlene Impfstoffe, sondern um Immunglobuline zur passiven Immunisierung, die auf Einzelrezept unter Angabe des zuständigen Kostenträgers hätten verordnet werden müssen. Der verursachte Schaden betrage nach Abzug des Kassenrabatts 760,68 EUR.

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Im März 2004 beantragte die Klägerin die Festsetzung eines sonstigen Schadens gegenüber den Beigeladenen zu 1.) und 2.) wegen Verordnung des Medikaments Neisvac C (einmal) im Quartal II/03. Nach dem Rahmenvertrag über Schutzimpfungen zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und der AOK Schleswig-Holstein könnten Schutzimpfungen gegen Meningitis lediglich bei Personen mit angeborenem oder erworbenem Immundefekt zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt werden. Die Begründung müsse aus der Abrechnung erkennbar sein. Es werde um Überprüfung gebeten, ob die Impfung aus diesem Anlass vorgenommen worden sei. Anderenfalls werde ein Schaden in Höhe von 47,70 EUR geltend gemacht (Medikamentpreis: 50,75 EUR).

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Die Kammer Prüfung Arznei der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung der Vertragsärzte und Krankenkassen in Schleswig-Holstein setzte durch Beschluss vom 29. Juni 2005 (Bescheid vom 15. September 2005) gegenüber den Beigeladenen zu 1.) und 2.) für das Quartal I/03 einen Schadensersatz in Höhe von 760,68 EUR und für das Quartal II/03 einen Schadensersatz in Höhe von 47,70 EUR fest. Bei den Präparaten Beriglobin und Hepatitis-B-Immunglobulin handele es sich nicht um Impfstoffe, sondern um Immunglobuline. Letztere seien keine Aktivimpfstoffe, sondern Produkte, die der menschliche Körper gegen einen Erreger produziere. Sofern aufgrund einer Erkrankung die Gabe eines Immunglobulins erforderlich sei, sei sie zu Lasten der zuständigen Krankenkasse auf den Namen des Patienten zu verordnen. Eine Ausnahme stelle lediglich das Tetanus-Immunglobulin dar. Dieses könne als Sprechstundenbedarf bezogen werden, da der Arzt es für Notfälle vorrätig halten müsse. Nach der Impfvereinbarung seien nur Aktivimpfstoffe über das Impfstoffrezept beziehbar. Es sei darauf hinzuweisen, dass Impfstoffe keinerlei Budgetrelevanz hätten. Es sei daher auch unzulässig, zur Entlastung des Budgets die Kosten eines Medikaments, das zur Therapie eingesetzt werde, in die Impfstoffkosten zu verlagern. Hierin sei eine schuldhafte Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu sehen, die den Kassen einen Schaden verursacht habe, weil die verbindlichen Verträge nicht beachtet und Kosten in den außerbudgetären Bereich verlagert worden seien. Es sei auch nicht dargelegt worden, dass möglicherweise in einem einzelnen Behandlungsfall die Gabe eines der Immunglobuline medizinisch erforderlich gewesen sei. Hinsichtlich des Impfstoffs Neisvac C könne lediglich festgestellt werden, dass keine Impfleistung nach der Gebührennummer 9817 abgerechnet worden sei. Um eine sachgerechte Entscheidung fällen zu können, wäre eine Stellungnahme der Beigeladenen zu 1.) und 2.) erforderlich. Die Meningitisimpfung sei keine Regelimpfung, sondern lediglich eine Indikationsimpfung bei bestehenden Immundefekten und anderen Erkrankungen. Die Impfung sei daher zu Lasten der GKV auch nur bei den von der STIKO vorgegebenen Indikationen abrechnungsfähig und damit auch der Impfstoff nur in diesen Fällen zu Lasten der GKV beziehbar.

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Mit ihrem dagegen gerichteten Widerspruch legten die Beigeladenen zu 1.) und 2.) dar, dass die hinsichtlich des Quartals I/03 streitigen Arzneimittel einem Kind verordnet worden seien, dessen Vater an einer akuten Hepatitis AB erkrankt gewesen sei. Die Impfung sei medizinisch dringend notwendig gewesen, um das Kind vor einer Infektion zu schützen. Sie habe bereits nach dem ersten Schreiben der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung ein Rezept zu Lasten der Krankenkasse mit Begründung nachgereicht. Das für das Quartal II/03 streitige Medikament sei einem Mädchen mit einem schweren angeborenen Immundefekt mit globulärer Insuffizienz bei Asplenie verordnet worden. Dem Widerspruch beigefügt war u.a. ein Einzelrezept betreffend die streitige Verordnung im Quartal I/03 mit dem Namen der Versicherten, Angabe der zuständigen Krankenkasse sowie Indikation für die Verordnung.

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Die Kammer Beschwerde Arznei der Gemeinsamen Prüfungseinrichtung Vertragsärzte und Krankenkassen in Schleswig-Holstein änderte den Beschluss der Kammer Prüfung Arznei durch Bescheid vom 13. März 2006 (Beschluss vom 2. November 2005) und stellte keinen Schadensersatz fest, sondern erteilte eine Beratung, die sich aus dem folgenden Beschluss ergebe. Nachdem aufgefallen war, dass sich die Begründung des Bescheides auf ein anderes Verfahren bezog, wurde der Bescheid neu gefasst (nunmehr Bescheid vom 10. Mai 2006). Darin ist zur Begründung im Wesentlichen dargelegt: Der Prüfungsausschuss sei zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den verordneten Präparaten Hepatitis B Immunglobulin und Beriglobin nicht um Impfstoffe gemäß § 1 der Impfstoffvereinbarung (gemeint: Impfvereinbarung) sondern um Immunglobuline handele, die nicht mit dem Vordruckmuster 16a (§ 5 Impfvereinbarung) hätten bezogen werden dürfen. Hierdurch sei die Gesamtheit der Vertragspartner der Impfvereinbarung zu Unrecht belastet worden. Die Klägerin sei als Beauftragte der Vertragspartner auch berechtigt, deren Rechte geltend zu machen. Ihr Antragsrecht folge – im Grundsatz – aus § 48 Abs. 3 BMV-Ä. Die dort geregelten Voraussetzungen seien hier insofern gegeben, als die Beigeladenen zu 1.) und 2.) fälschlicherweise die Gesamtheit der Vertragspartner als zahlungspflichtig angegeben hätten, während sie richtigerweise die gesetzliche Krankenkasse des behandelten Patienten als Kostenträger hätte bezeichnen müssen. Die weitere Formulierung in § 48 Abs. 3 BMV-Ä, wonach die Kassenärztliche Vereinigung wegen des Schadens angesprochen werden müsse, sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14. März 2001 – B 6 KA 19/00 R -) so zu verstehen, dass nicht die Kassenärztliche Vereinigung, sondern die Prüfstellen einzuschalten seien. Dies müsse erst recht nach der Neufassung des BMV-Ä und des § 106 SGB V gelten. Nicht erfüllt sei jedoch die weitere Voraussetzung des § 48 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BMV-Ä, wonach die Antrag stellende Krankenkasse den zuständigen Kostenträger nicht durch eigene Ermittlungen feststellen können dürfe. Diese Regelung sei geschaffen worden, um der zu Unrecht in Anspruch genommenen Krankenkasse einen schnellen Ausgleich ohne längeren Verwaltungsaufwand zu verschaffen. Anderenfalls müsste nämlich eine aufwändige und unter Umständen auch problematische Rückabwicklung zwischen Apotheker, Krankenkasse und Arzt erfolgen. Diese umständliche Abwicklung kürze § 48 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BMV-Ä ab, indem der zu Unrecht in Anspruch genommene Versicherungsträger selbst ermitteln müsse, wer für die Zahlung zuständig sei. Erst wenn er dies nicht könne, sei er berechtigt, vom Vertragsarzt Schadensersatz zu verlangen, über den dann die Prüfgremien zu entscheiden hätten. Im vorliegenden Fall hätte die Klägerin den zuständigen Kostenträger durch Rückfrage bei den Beigeladenen ermitteln können. Diese hätten den Vorfall geschildert und auch das Rezept, aus dem die zuständige Krankenkasse ersichtlich sei, mit ihrem Widerspruchsschreiben eingereicht. Diesem Gedanken entspreche auch die in einem Schreiben der Klägerin an die City-BKK vom 10. Oktober 2005 wiedergegebene Auffassung, dass die Folgen falsch verwendeter Formulare alle Vertragspartner der Impfvereinbarung träfen und deswegen keine nachträgliche Verrechnung der Kassen untereinander erfolgen solle. Zwar beträfen diese Ausführungen nur die Folgen des falsch verwendeten Formulars 16. Dasselbe müsse aber wegen des ersparten Verwaltungsaufwandes auch bei Formular 16a gelten. Die Vertragsärzte würden darauf hingewiesen, dass auf Formular 16a nur die echten in der Impfvereinbarung genannten Impfstoffe bezogen werden dürften. Bei Neisvac C handele es sich um einen Impfstoff gegen Meningitis, verursacht durch Meningokokken. Nach STIKO-Empfehlung sei eine Meningokokken-C-Impfung indiziert bei gesundheitlich gefährdeten Personen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten, insbesondere mit Asplenie (fehlender Milz). Diese Voraussetzung sei hier von den Beigeladenen zu 1.) und 2.) für die betroffene Patientin dargelegt worden. Die Anforderung sei daher zu Recht auf Impfrezept entsprechend der Impfvereinbarung erfolgt.

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Die Klägerin hat zunächst gegen den ersten Bescheid vom 13. März 2006 am 7. April 2006 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben (Az.: S 20 KA 113/06). Gegen den Bescheid vom 10. Mai 2006 hat sie am 2. Juni 2006 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben (Az.: S 16 KA 128/06). Beide Verfahren sind zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 20 KA 113/06 verbunden worden. In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts am 22. April 2008 hat der Beklagte den Bescheid vom 13. März 2006 aufgehoben und die Kosten des Verfahrens übernommen; die Beteiligten haben den sich auf diesen Bescheid beziehenden Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Klägerin hat zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Auch der Beklagte bestätige im Hinblick auf die Verordnung der streitgegenständlichen Immunglobuline als Impfstoff ein Fehlverhalten der Beigeladenen zu 1.) und 2.). Dieses Fehlverhalten müsse der verursachende Arzt, hier die Beigeladenen zu 1.) und 2.), ausgleichen. Während die Sprechstundenbedarfsvereinbarung für den Fall einer nicht vereinbarungskonformen Abforderung von Produkten die Möglichkeit der sachlich-rechnerischen Berichtigung vorsehe, sodass die Kassenumlage vollständig entlastet werde, sei eine sachlich-rechnerische Berichtigung nach der Impfvereinbarung nicht vorgesehen. Die Richtigstellung könne daher nur durch die Geltendmachung eines sonstigen Schadens nach § 12 der zurzeit des Antrages geltenden PV erfolgen. Nicht zutreffend sei der Verweis des Beklagten auf § 48 Abs. 3 BMV-Ä. Aus dem Kontext des § 48 BMV-Ä lasse sich erkennen, dass hier Schäden gemeint seien, die einer Krankenkasse aus Verordnungen auf den Namen eines Versicherten entstanden seien. Sie handele vorliegend dagegen als bevollmächtigte Verwalterin einer Umlage. Für die Rückerlangung fehlerhafter Geldflüsse, wie sie hier verursacht worden seien, böten die §§ 103 ff. SGB X keine Grundlage. Eine rechtliche Grundlage, sich wegen des Schadens an den abgebenden Apotheker zu halten, bestehe nicht. Der Annahme des Beklagten, sie hätte die zuständige Kasse ermitteln und den Fehler durch Umbuchung korrigieren müssen, stehe der auch im Vertragsarztrecht geltende normative Schadensbegriff entgegen (insoweit unter Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Juli 2003 – L 11 KA 116/01 ). Auf die Klagerwiderung des Beklagten hin hat sie ihr Vorbringen weiter vertieft: Anders als § 48 Abs. 3 BMV-Ä es voraussetze, hätten die Beigeladenen zu 1.) und 2.) hier nicht einen falschen Kostenträger angegeben. Im Verordnungsvordruck Muster 16a sei als Kostenträger „AOK Schleswig-Holstein“ bereits eingedruckt vor dem Hintergrund, dass dort die Kassenumlage für Impfstoffe geführt werde. Eine falsche Kostenträgerangabe sei daher gar nicht möglich. Die Beigeladenen zu 1.) und 2.) hätten vorliegend gerade nicht ein – anforderungsfähiges – Produkt zu Lasten eines falschen Kostenträgers angefordert, sondern ein Produkt, das kein Impfstoff nach der Impfstoffvereinbarung sei und daher nicht mit dem auf Impfstoffe beschränkten Vordruckmuster 16a hätte angefordert werden dürfen. Die allein zutreffende Verordnung auf den Namen des jeweiligen Patienten zu Lasten dessen Krankenkasse hätte diverse rechtliche und organisatorische Folgen ausgelöst. Neben der Belastung nur der Krankenkasse des benannten Versicherten mit den Kosten der Arznei gehörten hierzu u. a. die Berücksichtigung bei den Arzneimittelausgaben des Arztes und im Risikostrukturausgleich der belasteten Krankenkasse. Sowohl die Impfstoffversorgung als auch die Sprechstundenbedarfsversorgung stellten zulässige Ausstattungen der Ärzte durch die Krankenkassen dar, um eine Massenversorgung der Versicherten unbürokratisch und preisgünstig zu ermöglichen. Würden Produkte fehlerhaft zu Lasten der Kassenumlage angefordert, könne der Arzt nicht im Rahmen einer späteren Überprüfung noch eine Zuordnung zu der Person vornehmen, die das Produkt erhalten habe. Entsprechende Angaben von Ärzten seien zudem nicht überprüfbar. Da die Apotheken nicht in die Impfvereinbarung eingebunden seien, mithin deren Inhalte nicht kennten, seien sie nicht in der Lage, die vorgelegten Verordnungen auf deren Anforderungsfähigkeit zu überprüfen. Auch nach dem geltenden Arzneiliefervertrag bestehe keine Möglichkeit, nicht anforderungsfähige Produkte im Nachhinein gegenüber dem Apotheker zu korrigieren. Eine Richtigstellung sei hier damit nur über eine Wirtschaftlichkeitsprüfung möglich.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Bescheid vom 10. Mai 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den beantragten Schaden in Höhe von 760,68 € festzusetzen sowie die Berufung zuzulassen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er hat – durch die Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 4. Juli 2006 in dem gleich gelagerten Verfahren S 16 KA 111/06 - im Wesentlichen vorgetragen: Entgegen der Auffassung der Klägerin sei § 48 Abs. 3 BMV-Ä anwendbar. Durch die Impfvereinbarung, in der, wie von der Klägerin zutreffend dargelegt werde, eine sachlich-rechnerische Berichtigung nicht vorgesehen sei, könne der BMV-Ä nicht geändert werden. Das zitierte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30. Juli 2003 sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, denn es befasse sich mit dem allgemeinen Sprechstundenbedarf, der für die Behandlung vieler Patienten benötigt und eingesetzt werde, sodass es praktisch gar nicht möglich sei, die einzelnen Kassen zu ermitteln. Bei dem hier zu entscheidenden Vorgang sei jedoch nur ein Patient betroffen und die Ermittlung der zuständigen Krankenkasse deshalb einfach gewesen. Die Ausführungen, wonach die Bereinigung von Fehlern nicht zu Lasten des Geschädigten erfolgen dürfe, seien nicht nachvollziehbar. Die Bereinigung, nämlich die Belastung des richtigen Kostenträgers, erfolge nämlich zugunsten der von der Umlageverwaltung der AOK betroffenen anderen Kassen und nicht zu deren Lasten. Die erteilte Beratung sei nur vorsorglich ausgesprochen worden im Sinne einer allgemeinen Beratung. Streng logisch gesehen hätte sie in dem Beschluss nicht erfolgen dürfen, da die Klägerin den Antrag auf Schadensfestsetzung gar nicht hätte stellen dürfen, weil sie den richtigen Kostenträger in einfacher Form hätte ermitteln können. Der Hinweis darauf, dass die entsprechenden Angaben von Ärzten nicht überprüfbar seien, gehe fehl, denn die Beigeladenen zu 1.) und 2.) hätten bei entstehendem Zweifel durchaus ihre Krankenunterlagen einreichen können. Des Weiteren hat sich der Beklagte erneut auf das Schreiben der Klägerin an die City-BKK vom 10. Oktober 2005 bezogen und dieses (in dem Parallelverfahren S 16 KA 111/06) in Kopie zur Akte gereicht.

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Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

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Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 22. April 2008 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen dargelegt: Die gegenüber den Beigeladenen zu 1.) und 2.) erteilte Beratung sei auf der Rechtsgrundlage des § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V erfolgt und rechtlich nicht zu beanstanden. Die Festsetzung eines Schadensersatzes sei jedoch nicht möglich. Gemäß § 12 Abs. 3 PV entscheide der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien (hierunter fallen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittelrichtlinien verstoßen) oder fehlerhaften Ausstellungen von Bescheinigungen. Die Beigeladenen zu 1.) und 2.) hätten hier fehlerhaft Impfstoffrezepte ausgestellt, obwohl das verordnete Medikament nicht hätte als Impfstoff rezeptiert werden dürfen. Vielmehr wäre jeweils ein Einzelrezept zu Lasten der zuständigen Krankenversicherung auszustellen gewesen. Der Festsetzung eines Schadensersatzes stehe jedoch § 48 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BMV-Ä entgegen, der gemäß § 12 Abs. 2 PV zu beachten sei, wonach die Bestimmungen der PV in den Abs. 3 bis 6 nur gälten, soweit in den Bundesmantelverträgen nichts Anderes geregelt sei. Die Klägerin hätte, anders als dies in § 48 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BMV-Ä vorausgesetzt werde, den zuständigen Kostenträger hier durch einfache Nachfrage bei den Beigeladenen zu 1.) und 2.) ermitteln können. Sinn und Zweck der Regelung sei, wie es der Beklagte in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend dargelegt habe, die zu Unrecht in Anspruch genommene Krankenkasse darauf zu verweisen, einen schnellen Ausgleich ohne größeren Verwaltungsaufwand herbeizuführen. Die von der Klägerin angenommene Einschränkung sei weder aus § 6 der Impfvereinbarung noch aus der PV oder aus § 48 BMV-Ä selbst abzuleiten. Nach Auffassung der Kammer hätten die Vertragspartner der Impfvereinbarung intern einen Ausgleich vereinbaren können. Dies sei jedoch aus Verwaltungseinsparungsgründen unterblieben, wie sich aus dem mit den Beteiligten erörterten Schreiben der Klägerin an die City-BKK Berlin vom 10. Oktober 2005 ergebe. Hintergrund dieses Schreibens sei der sich zum vorliegenden Fall genau umgekehrt verhaltende Sachverhalt gewesen, dass nämlich Verordnungen von Schutzimpfungen nach der Impfvereinbarung korrekterweise zu Lasten der Umlage hätten erfolgen müssen, die Ärzte jedoch fehlerhafterweise die Verordnung zu Lasten der City-BKK vorgenommen hätten. Hier habe sich die Klägerin in dem genannten Schreiben gegenüber der Forderung nach einer nachträglichen Abrechnung über die Umlagevereinbarung darauf berufen, dass ein solcher Verwaltungsaufwand nach Besprechung auf der Verbandsebene nicht betrieben werden solle. Nach Auffassung der Kammer könne dieser Verzicht auf Verwaltungsaufwand auf Seiten der Impfvereinbarungspartner nicht durch die Unanwendbarkeit des § 48 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BMV-Ä kompensiert werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Rechtsgrundlagen, die zur Festsetzung eines Schadens ermächtigten, auch und insbesondere für die vertragsärztlichen Leistungserbringer transparent und bestimmt sein müssten, gerade im Hinblick auf die Rechtsfolge Schadensersatz. Zudem wäre es eine unverhältnismäßige Rechtsfolge, bei lediglich fahrlässig unrichtiger Rezeptierung zu Lasten des falschen Kostenträgers den Vertragsarzt mittels Schadensfestsetzung zur Zahlung zu verpflichten, wenn doch bei einfacher Ausgleichung der richtige Kostenträger für die Leistung hätte eintreten müssen. Aus der Geltung eines normativen Schadensbegriffs folge nichts Anders. Zwar sei hier unzweifelhaft bei der Klägerin ein dem normativen Schadensbegriff entsprechender Schaden eingetreten. Hier gehe es aber nicht um den Einwand schadensmindernder Vorteile, sondern darum, dass es keine Regelung gebe, aus der sich die Unanwendbarkeit des § 48 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BMV-Ä ergebe. Der Umstand, dass es die Vertragspartner der Impfvereinbarung versäumt bzw. es gerade beabsichtigt hätten, (k) eine Ausgleichsregelung zwischen der die Umlage führenden Kasse und den einzelnen Vertragskassen für den Fall einer fehlerhaft ausgestellten Rezeptierung zu treffen, könne nicht dazu führen, die in § 48 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BMV-Ä getroffene Regelung außer Kraft zu setzen.

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Gegen das ihr am 23. Juni 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin die am 1. Juli 2008 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, § 48 Abs. 3 Satz 2 BMV-Ä sei bei dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig. Der vom Sozialgericht aufgezeigte Weg einer Nachfrage bei dem Vertragsarzt sei nicht geeignet, den zuständigen Kostenträger in gesicherter Weise festzustellen. Während für den Normalfall einer Klärung von patientenbezogenen Einzelverordnungen nach Muster 16 der Name des Versicherten und des Versicherungsträgers belegbar seien, sei ein solcher Beleg bei der nicht versichertenbezogenen Abgabe von Impfstoffen nicht vorhanden. Die Benennung eines Kostenträgers als zuständig würde allein auf der nicht belegbaren Angabe des Vertragsarztes beruhen. Es sei der als Kostenträger in Anspruch genommenen Kasse kaum zumutbar, einen Kostenausgleich auf dieser Basis vorzunehmen. Gänzlich unmöglich wäre zudem ein interner Ausgleich bei fälschlich zu Lasten der Umlage abgegebenen Impfstoffen, wenn diese einer Großpackung („Durchstechflasche“) entstammten, aus der der Vertragsarzt Impfstoffe für mehrere Patienten verschiedener Kostenträger entnommen habe. Hinzu komme, dass § 48 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BMV-Ä voraussetze, dass die die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs beantragende Krankenkasse den Ausgleichsanspruch gegen den zuständigen Kostenträger vorsorglich an die Kassenärztliche Vereinigung abtrete. Ein Erstattungsanspruch nach den §§ 102 ff. SGB X stehe ihr indessen in ihrer Funktion als die Impfstoffumlage führende Kasse nicht zu. Als vertraglich vereinbarte Verwalterin der Impfstoffumlage gehöre sie nicht zu den in § 12 SGB I genannten öffentlich-rechtlich organisierten Rechtsträgern. Die Entscheidung des Sozialgerichts stehe schließlich auch im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Verordnung von Materialien und Arzneimitteln über Sprechstundenbedarf. Danach stehe es dem Vertragsarzt nicht frei, Materialien oder Arzneimittel, die nach den Regelungen der Sprechstundenbedarfsvereinbarung patientenbezogen verordnet werden müssten, über Sprechstundenbedarf zu verordnen. Die zum Sprechstundenbedarf entwickelten Grundsätze seien aufgrund gleichgelagerter Sach- und Interessenlage auf Verordnungen von Impfstoffen nach der Impfstoffumlage entsprechend anzuwenden. Die Verpflichtung der Vertragsärzte, bei der Verordnung von Impfstoffen zu Lasten der Impfstoffumlage die dortigen Regelungen zu beachten, liefe ins Leere, wenn sich ein Vertragsarzt trotz fahrlässiger oder sogar bewusster Missachtung der Zuordnungen im Falle der Beanstandung durch bloße Benennung des richtigen Kostenträgers jedes Schadensersatzrisikos entziehen könnte.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 22. April 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 10. Mai 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Widerspruch der Beigeladenen Dr. B und Herrn Ba gegen den Bescheid der Kammer Prüfung Arznei vom 15. September 2005 zurückzuweisen, hilfsweise, über den Widerspruch von Dr. B und Herrn Ba gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 15. September 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er hat sich zur Sache nicht geäußert.

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Die Beigeladenen stellen keine Anträge und haben sich zur Sache nicht geäußert.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang betreffend die streitige Schadensfeststellung Bezug genommen. Diese Vorgänge sind auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats am 17. November 2009 gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die aufgrund der Zulassung durch das Sozialgericht, an die der Senat gebunden ist, statthafte (§ 144 Abs. 3 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

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Rechtsgrundlage für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Impfstoffverordnung ist § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V i.V.m. § 12 der „Gemeinsamen Prüfvereinbarung vertragsärztliche Versorgung“ (PV). Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V, bezogen auf das streitgegenständliche Quartal I/03 anzuwenden in der Fassung durch Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, S. 2626), können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die gesetzlich geregelten Prüfungsarten hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Dies ist in der PV geschehen, die in der vorliegenden Fallkonstellation eine Regelung für die Prüfung der Impfstoffverordnung enthält, und diese Regelung wird auch nicht durch eine speziellere Regelung, konkret § 48 Abs. 3 BMV-Ä, verdrängt.

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Gemäß § 12 Abs. 1 PV, hier noch anzuwenden in der Fassung vom 15. Mai 1995, prüft der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag, ob der Vertragsarzt durch Veranlassung von Auftragsleistungen, Verordnung von Arzneimitteln, Heilmitteln, Sprechstundenbedarf und Krankenhausbehandlung, bei der Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit und Verordnung von Hilfsmitteln im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat. Gemäß § 12 Abs. 3 entscheidet der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Antrag auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind (hierunter fallen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittelrichtlinien verstoßen) oder fehlerhafte Ausstellung von Bescheinigungen.

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§ 12 Abs. 3 PV ist hier nicht einschlägig. Die Verordnung als Impfstoff im Sinne der Impfstoff-Vereinbarung ist nicht als Ausstellen einer Bescheinigung im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen. Dies folgt bereits daraus, dass in § 12 PV zwischen der Verordnung von Arzneimitteln, um die es hier geht, und dem Ausstellen von Bescheinigungen unterschieden wird. Auch Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, kommt nicht in Betracht. Bei den hier streitgegenständlichen Medikamenten handelt es sich jeweils um zugelassene Arzneimittel, die hier auch entsprechend ihrer Zulassung eingesetzt wurden.

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Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Schadens ist hier jedoch § 12 Abs. 1 PV. Allerdings liegt ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im engeren Sinne nicht vor. Denn dem Kläger wird nicht vorgeworfen, er habe ein zu teures oder ein im Einzelfall nicht indiziertes Medikament verordnet. Es wird vielmehr geltend gemacht, er hätte dieses Medikament nicht über die Umlage zu Lasten aller Primärkassen verordnen dürfen, sondern es zu Lasten der für den konkreten Patienten zuständigen Krankenkasse verordnen müssen. Die Wirtschaftlichkeit der Verordnung ist jedoch in einem umfassenden Sinne zu verstehen. So hat das BSG die Übertragung von Entscheidungskompetenzen, die zwar nicht der eigentlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zuzurechnen sind, sich aber im weitesten Sinne noch innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung halten, auf die Prüfgremien in ständiger Rechtsprechung gebilligt (vgl. BSG, Urt. v. 20. September 1995 - 6 RKa 56/94 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 29, juris Rn. 14 m.w.N.). Dementsprechend hat das BSG die Zuständigkeit der Prüfgremien u. a. bezogen auf die Feststellung eines sonstigen Schadens aufgrund der fehlerhaften Aufteilung des Sprechstundenbedarfs (SSB) zwischen Primär- und Ersatzkassen mit der Begründung bejaht, zwischen einer unwirtschaftlichen Verordnung von SSB und der falschen Verteilung des SSB auf verschiedene Kassenbereiche bestehe vielfach – wie das zu entscheidende Verfahren zeige – ein enger Zusammenhang (BSG, Urt. v. 20. Oktober 2004 – B 6 KA 65/03 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 7, juris Rn. 21). In jenem Verfahren war die unzutreffende Verteilung des Sprechstundenbedarfs zwischen Ersatz- und Primärkassen im Rahmen einer zunächst nach Durchschnittswerten durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung dadurch aufgefallen, dass der Arzt mit der SSB-Verordnung im Bereich der Ersatzkassen den Fachgruppendurchschnitt deutlich überschritt. Angesichts dieses umfassenden Begriffsverständnisses ist das Wirtschaftlichkeitsgebot auch in der hier gegebenen Konstellation betroffen. Denn die Verordnung eines Arzneimittels als Impfstoff führt u .a. dazu, dass die Notwendigkeit der Verordnung im Einzelfall nicht nachvollzogen werden kann, weil die Verordnungen jeweils nicht auf den Namen des Patienten erfolgen. Sie verfälscht zudem die Durchschnittswerte bei den Arzneimittelaufwendungen, da Impfstoff-Verordnungen hier nicht erfasst werden.

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§ 12 Abs. 1 PV wird hier auch nicht durch speziellere Regelungen ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere, soweit in § 6 Impfvereinbarung geregelt ist, dass die Krankenkassen den Vertragsärzten über das hier vereinbarte Maß hinausgehend erbrachte Leistungen und verordnete Impfstoffe als sonstigen Schaden geltend machen können (§ 48 BMV-Ä). Damit wird, da in dieser Vorschrift Voraussetzungen im Einzelnen nicht geregelt werden, über den Klammerzusatz auf die Voraussetzungen in § 48 BMV-Ä verwiesen. Diese Vorschrift beinhaltet in Abs. 1 einerseits und Abs. 3 andererseits ganz unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen bei fehlerhafter Verordnung. § 48 Abs. 1 BMV-Ä ist in den entscheidenden Voraussetzungen praktisch wortlautidentisch mit § 12 Abs. 3 PV. Die Vorschrift regelt die Geltendmachung eines sonstigen Schadens, der aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht. Damit gilt das zu § 12 Abs. 3 PV Gesagte entsprechend, mit der Konsequenz, dass die Vorschrift als Grundlage für eine Schadensfestsetzung hier nicht in Betracht kommt.

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Auch § 48 Abs. 3 BMV-Ä ist nicht einschlägig. In § 48 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä ist geregelt, dass, sofern eine Krankenkasse einen Schaden geltend macht, der ihr dadurch entstanden ist, dass der Vertragsarzt sie auf den Abrechnungs- oder Verordnungsunterlagen fälschlicherweise als Kostenträger angegeben hat, auf Antrag dieser Krankenkasse ein Schadensersatzanspruch durch die Kassenärztliche Vereinigung festzustellen ist. Bei dieser Vorschrift handelt es sich erkennbar um eine – auch gegenüber der Regelung in § 48 Abs. 1 BMV-Ä - eigenständige Rechtsgrundlage für die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs, allerdings nicht durch die Prüfgremien, sondern durch die Kassenärztliche Vereinigung. Wäre diese Vorschrift anwendbar, wäre der angefochtene Bescheid schon deshalb aufzuheben, weil nicht die Prüfgremien, sondern die Kassenärztliche Vereinigung für die Entscheidung zuständig wäre(n). Aus § 48 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä kann jedoch im Ergebnis nicht abgeleitet werden, dass in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden allein die Kassenärztliche Vereinigung für die Entscheidung über einen Schadensersatzanspruch zuständig sein soll und damit die Vorschriften über die Wirtschaftlichkeitsprüfung verdrängt werden sollen. Vielmehr spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift dafür, dass von ihr nur Konstellationen erfasst werden, in denen ein Vertragsarzt eine Einzelverordnung ausdrücklich zu Lasten einer konkreten Krankenkasse vorgenommen hat, bei der der Patient, zu dessen Gunsten die Verordnung erfolgte, jedoch nicht versichert ist. Für diese dem Wortlaut entsprechend enge Auslegung spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. So hatte das BSG in mehreren Urteilen vom 16. Oktober 1991 (u. a. 6 RKa 32/90, BSGE 69, 264) über die Zuständigkeit der Prüfgremien für die Festsetzung eines sonstigen Schadens in Fällen zu entscheiden, in denen ein Arzt ein Rezept zu Lasten einer Krankenkasse ausgestellt hatte, bei der der betreffende Patient nicht versichert war. Hier hat das BSG im Ergebnis die Zuständigkeit der Prüfgremien ebenso wie der KV verneint. Die Prüfgremien seien auf der Grundlage des § 38 Abs. 3 BMV-Ä a. F. nicht zuständig, weil in einer solchen Fallkonstellation die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise nicht berührt und die Prüfgremien auch nicht im Sinne einer analogen Anwendung zur Lückenfüllung zuständig seien. Der BMV-Ä enthalte auch keine Zuständigkeitsregelung zugunsten der KV in Fallkonstellationen dieser Art. Wenn daraufhin nunmehr in § 48 Abs. 3 BMV-Ä eine Regelung für genau diese Fallkonstellation getroffen wurde, die von ihrem Wortlaut her auch nur die Fallgestaltung einer unzutreffenden Verordnung zu Lasten einer konkreten Krankenkasse erfasst, gibt es keinen Raum für eine erweiternde Interpretation dahingehend, dass die genannte Vorschrift die Zuständigkeit der KV auch dann begründen soll, wenn, wie bei Impfstoffverordnungen stets der Fall, eine Verordnung nicht unmittelbar auf den Namen eines Versicherten zu Lasten einer konkreten Krankenkasse erfolgte, sondern nur mittelbar zu Lasten der AOK aufgrund deren Zuständigkeit für die Verwaltung der Impfstoffumlage. Aufgrund dieser zwangsläufigen Konsequenz einer Impfstoff-Verordnung würde bei einer entsprechenden Auslegung des § 48 Abs. 3 BMV-Ä die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht nur der Impfstoffverordnung, sondern auch beim Sprechstundenbedarf (vgl. dazu die weiteren Urteile des Senats vom 14. November 2009, L 4 KA 43/08 und L 4 KA 44/08) stets durch die Schadensfeststellung seitens der KV aufgrund der spezielleren Vorschrift des § 48 Abs. 3 BMV-Ä verdrängt, eine erkennbar nicht beabsichtigte Regelung.

31

Andererseits schließt die Verweisung auf § 48 BMV-Ä in § 6 Impfvereinbarung auch die Anwendung des § 12 Abs. 1 PV nicht aus. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragspartner mit der Regelung in § 6 Impfvereinbarung die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Maßgabe der PV auch in den Fällen ausschließen wollten, in denen § 48 BMV-Ä nicht eingreift.

32

Demnach haben hier zu Recht die Prüfgremien auf der Grundlage der eingangs genannten Vorschriften über die Rechtmäßigkeit der Impfstoff-Verordnungen der Beigeladenen zu 1.) und 2.) entschieden. Ebenfalls zu Recht hat der Beschwerdeausschuss in der durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I, S. 2190) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 vorgeschriebenen Besetzung entschieden. Mangels einer gesetzlichen Übergangsvorschrift durften seit dem 1. Januar 2004 auch in Verfahren, die Quartale bis Ende 2003 betreffen, die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung nur in der seit dem 1. Januar 2004 vorgeschriebenen Besetzung entscheiden (vgl. BSG, Urt. v. 28. April 2004 - B 6 KA 8/03 R, BSG 92, 283).

33

Der Antrag der Klägerin ist auch innerhalb der in § 12 Abs. 4 Satz 1 PV geregelten Frist von neun Monaten nach Abschluss des Quartals, in dem der Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vermutet wird, gestellt worden, nämlich für das Quartal I/03 im Dezember 2003.

34

Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Allerdings verstößt die Verordnung der Medikamente Hepatitis B-Immunglobulin und Beriglobin als Impfstoff gegen die Impfvereinbarung. Bei den genannten Medikamenten handelt es sich nämlich nicht um Impfstoffe im Sinne der Impfvereinbarung. Erfasst werden hiervon nach § 1 nur „Schutzimpfungen“ Schutzimpfungen sind nunmehr definiert in § 4 der Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21. Juli 2007/18. Oktober 2007 als die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen. Der Begriff Impfstoff ist in § 5 Schutzimpfungsrichtlinie definiert als Arzneimittel, die Antigene enthalten und zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet werden, unter Hinweis auf § 4 Abs. 4 des Arzneimittelgesetzes. Dort ist geregelt, dass Impfstoffe Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 sind, die Antigene enthalten und die dazu bestimmt sind, bei Mensch oder Tier zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden. Damit ist lediglich die aktive Impfung als Schutzimpfung anzusehen, nicht jedoch die Injektion von Antikörpern als Form der passiven Immunisierung. Hiervon gehen alle Verfahrensbeteiligten übereinstimmend aus, und die Vertreterin des Beklagten hat dies in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt und näher erläutert. Demnach war die Verordnung als Impfstoff auf Impfstoffrezept rechtswidrig; es hätte nur eine Verordnung auf den Namen des Patienten auf Einzelrezept erfolgen dürfen.

35

Durch die Verordnung von Immunglobulinen als Impfstoff ist hier im Ergebnis jedoch der für eine Schadensfestsetzung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung erforderliche Schaden nicht entstanden bzw. darf sich die Klägerin darauf nicht berufen, so dass der Beklagte es im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat, zu ihren Gunsten einen Schadensersatz festzusetzen. Allerdings hat das Sozialgericht zu Recht dargelegt, dass insoweit ein normativer Schadensbegriff gilt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG in verschiedenen Konstellationen des Leistungsrechts des SGB V (vgl. dazu Urt. des Senats vom 9. Mai 2006 in dem Verfahren L 4 KA 14/04, juris Rn. 35 ff. mit zahlreichen Nw. zur Rspr.). In Anwendung dieser Grundsätze kommt es nicht allein darauf an, ob unter Zugrundelegung der sog. Differenzhypothese eine Vermögenseinbuße der Krankenkasse festgestellt werden kann. Daher ist ein Schaden nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Arzneimittel anderenfalls auf Einzelrezept verordnet worden wäre und hierdurch dieselben oder sogar höhere Kosten angefallen wären. Entscheidend ist vielmehr, ob unter Berücksichtigung der grundlegenden Systementscheidung für die Verordnung von Arzneimitteln auf den Namen eines bestimmten Patienten zu Lasten ausschließlich der Krankenkasse, bei der dieser versichert ist, ein Schaden anzunehmen ist. Dies ist hier formal zu Lasten der Klägerin, die die von den Krankenkassen gezahlte Impfstoffumlage verwaltet und materiell zu Lasten aller Krankenkassen, bei denen der jeweilige Patient nicht versichert ist, im Grundsatz der Fall.

36

Gleichwohl ist hier aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände ein Schaden zu verneinen. Der normative Schadensbegriff ist Ausdruck einer aus dem Zweck der heranzuziehenden Normen heraus vorzunehmenden wertenden Gesamtbeurteilung (vgl. Grüneberg in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl. 2010 Vorbem. vor § 249 Rn. 13). Hier ist zu berücksichtigen, dass die Annahme eines Schadens, wie dargelegt, allein aus der unzutreffenden Einordnung der Injektion von Immunglobulinen als Impfung und nicht als Verordnung von Arzneimitteln resultieren könnte. Die damit üblicherweise verbundenen Folgen, nämlich die fehlende Zuordnung zu einem bestimmten Patienten mit der daraus folgenden mangelnden Überprüfbarkeit der Wirtschaftlichkeit der Behandlung sowie der Ausklammerung aus den Arzneimittelausgaben des betroffenen Arztes sind hier indessen - anders als in den von dem Senat ebenfalls am 14. November 2009 entschiedenen weiteren Verfahren (L 4 KA 43/08 und L 4 KA 44/08) betreffend die unzulässige Verordnung von Medikamenten als Sprechstundenbedarf - nicht eingetreten bzw. ohne weiteres rückgängig zu machen: Die Beigeladene zu 1.) und 2.) haben nämlich spätestens mit ihrem Widerspruchsschreiben vom 20. September 2005 ein Einzelrezept auf den Namen der Versicherten, versehen mit der für sie zuständigen Krankenkasse, dem Datum der Verabreichung der Medikamente und der Indikation hierfür übersandt. Dafür, dass diese Angaben im konkreten Fall nicht zutrafen, gibt es auch nach dem Vorbringen der Klägerin keine Anhaltspunkte. Damit lagen alle Erkenntnisse vor, die die Klägerin benötigte, um an die zuständige Krankenkasse – hier die Techniker-Krankenkasse – mit der Bitte um Überweisung des entsprechenden Betrages zugunsten der Impfstoffumlage nach Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelverordnung heranzutreten. Auf diese Weise wäre der geltend gemachte Schaden zu Lasten der Impfstoffumlage nicht entstanden bzw. wieder behoben gewesen. Würde man bei dieser Sachlage einen normativen Schaden annehmen, würde der Schadensersatzanspruch auf eine reine Sanktion des Verstoßes gegen Zuordnungsregelungen reduziert. Dies widerspräche jedoch den Grundgedanken sowohl des Schadensersatzrechts, das keinen Bestrafungscharakter hat (vgl. Grüneberg in Palandt, a.a.O. Rn. 2) als insbesondere auch demjenigen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, für die dies erst recht gilt. So erfordert die Schadensfestsetzung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung kein Verschulden des Arztes. Lässt sich, wie eingangs dargelegt, die Heranziehung der Vorschriften über die Wirtschaftlichkeitsprüfung hier überhaupt nur damit begründen, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot im weitesten Sinne verletzt ist, indem durch die unzutreffende Einordnung als Impfung die betreffende Arzneimittelverordnung der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen wird, spricht vieles dafür, dass schon deshalb auch ein normativer Schaden nur angenommen werden kann, wenn nicht durch die nachträgliche Korrektur der Zuordnung gerade diese Prüfung ermöglicht wird. Es kommt hinzu, dass, auch wenn § 48 Abs. 3 BMV-Ä aus den genannten Gründen hier nicht eingreift, der Grundgedanke der Vorschrift gleichwohl übertragbar erscheint, wenn sich - wie hier aufgrund der eigenen Angaben der Beilgeladenen zu 1.) und 2.) - ohne weiteren Ermittlungsaufwand für die Klägerin feststellen lässt, welche Krankenkasse im Falle der zutreffenden Einzelverordnung auf den Namen des Versicherten zuständig gewesen wäre. Schließlich entspricht es der im Zivilrecht geltenden Schadensabwendungs- oder Minderungsobliegenheit (vgl. § 254 BGB; § 839 Abs. 3 BGB), die letztlich Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist, dass der – unterstellt – Geschädigte alles ihm Zumutbare tun muss, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Für eine unzumutbare Belastung der Klägerin durch eine nachträgliche Korrektur der Zuordnung der Verordnung ergeben sich keine Anhaltspunkte, dies auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Häufung derartiger Vorfälle.

37

Demnach hat der Beklagte es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, einen Schadensersatz gegenüber den Beigeladenen zu 1.) und 2.) festzusetzen. Dass dies mit einer aus der Sicht des Senats unzutreffenden Begründung geschehen ist, führt nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil mangels eines Schadens die Voraussetzungen für die Schadensfestsetzung nicht erfüllt sind, Beurteilungsspielräume des Beklagten daher nicht verbleiben. Ob die Beratung hätte erfolgen dürfen, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits, weil die Beigeladenen zu 1.) und 2.) sich hiergegen nicht gewandt haben.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da diese sich jeweils nicht mit einem eigenen Sachantrag an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

39

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


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(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d

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(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in so

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Zuständig für die Sozialleistungen sind die in den §§ 18 bis 29 genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden (Leistungsträger). Die Abgrenzung ihrer Zuständigkeit ergibt sich aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs.

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(1) Anbieter und Mauterheber sowie die von diesen hinzugezogenen Personen und Unternehmen, insbesondere der nationale Betreiber, der den Mauterhebungsdienst im Auftrag des Mauterhebers betreibt, arbeiten während der Durchführung des Prüfverfahrens, i

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(1) Anbieter und Mauterheber sowie die von diesen hinzugezogenen Personen und Unternehmen, insbesondere der nationale Betreiber, der den Mauterhebungsdienst im Auftrag des Mauterhebers betreibt, arbeiten während der Durchführung des Prüfverfahrens, insbesondere während des Verfahrens zur Prüfung der Erfüllung aller Vorgaben für das EETS-Gebiet BFStrMG, zusammen. Der Mauterheber stellt dem Anbieter solche Informationen zur Verfügung, die für die Vertragserfüllung erforderlich sind und seinem unmittelbaren Einwirkungsrecht unterliegen.

(2) Anbieter und Mauterheber informieren die jeweils andere Partei unverzüglich und nachvollziehbar über Störungen während der Durchführung des Prüfverfahrens. Der Mauterheber ist berechtigt, das Prüfverfahren so lange auszusetzen, bis der Anbieter nachgewiesen hat, dass nicht unerhebliche Störungen ausgeschlossen sind.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Zuständig für die Sozialleistungen sind die in den §§ 18 bis 29 genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden (Leistungsträger). Die Abgrenzung ihrer Zuständigkeit ergibt sich aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.

(2) Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten.

(3) Sera sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1, die Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil als Wirkstoff enthalten und wegen dieses Wirkstoffs angewendet werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen im Sinne des Absatzes 2 oder als Gewebezubereitungen im Sinne des Absatzes 30.

(4) Impfstoffe sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind.

(5) Allergene sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder Haptene enthalten und dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erkennung von spezifischen Abwehr- oder Schutzstoffen angewendet zu werden (Testallergene), oder Stoffe enthalten, die zur antigenspezifischen Verminderung einer spezifischen immunologischen Überempfindlichkeit angewendet werden (Therapieallergene).

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

(8) Radioaktive Arzneimittel sind Arzneimittel, die radioaktive Stoffe sind oder enthalten und ionisierende Strahlen spontan aussenden und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Eigenschaften angewendet zu werden; als radioaktive Arzneimittel gelten auch für die Radiomarkierung anderer Stoffe vor der Verabreichung hergestellte Radionuklide (Vorstufen) sowie die zur Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln bestimmten Systeme mit einem fixierten Mutterradionuklid, das ein Tochterradionuklid bildet, (Generatoren).

(9) Arzneimittel für neuartige Therapien sind Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.

(14) Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe.

(15) Qualität ist die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird.

(16) Eine Charge ist die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels.

(17) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.

(18) Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2.

(19) Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden.

(20) Ein Hilfsstoff ist jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.

(21) Xenogene Arzneimittel sind zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten.

(22) Großhandel mit Arzneimitteln ist jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser.

(22a) Arzneimittelvermittlung ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Großhandel zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über die Arzneimittel zu erlangen.

(23) Klinische Prüfung ist eine solche im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1; L 311 vom 17.11.2016, S. 25). Keine klinische Prüfung ist eine nichtinterventionelle Studie im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(24) Sponsor ist eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(25) Prüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.

(27) Ein mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko ist

a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit,
b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.

(28) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a.

(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.

(30) Gewebezubereitungen sind Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.

(30a) Einheitlicher Europäischer Code oder „SEC“ ist die eindeutige Kennnummer für in der Europäischen Union verteilte Gewebe oder Gewebezubereitungen gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist.

(30b) EU-Gewebeeinrichtungs-Code ist die eindeutige Kennnummer für Gewebeeinrichtungen in der Europäischen Union. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt er für alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen. Der EU-Gewebeeinrichtungs-Code besteht gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG aus einem ISO-Ländercode und der Gewebeeinrichtungsnummer des EU-Kompendiums der Gewebeeinrichtungen.

(30c) EU-Kompendium der Gewebeeinrichtungen ist das Register, in dem alle von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union genehmigten, lizenzierten, benannten oder zugelassenen Gewebeeinrichtungen enthalten sind und das die Informationen über diese Einrichtungen gemäß Anhang VIII der Richtlinie 2006/86/EG in der jeweils geltenden Fassung enthält. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes enthält das Register alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen.

(30d) EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte ist das Register aller in der Europäischen Union in Verkehr befindlichen Arten von Geweben, Gewebezubereitungen oder von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut mit den jeweiligen Produktcodes.

(31) Rekonstitution eines Fertigarzneimittels ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans.

(32) Verbringen ist jede Beförderung in den, durch den oder aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Einfuhr ist die Überführung von unter das Arzneimittelgesetz fallenden Produkten aus Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den zollrechtlich freien Verkehr. Produkte gemäß Satz 2 gelten als eingeführt, wenn sie entgegen den Zollvorschriften in den Wirtschaftskreislauf überführt wurden. Ausfuhr ist jedes Verbringen in Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.

(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.

(34) Eine Unbedenklichkeitsstudie ist jede Studie zu einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.

(35) (weggefallen)

(36) Das Risikomanagement-System umfasst Tätigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz und Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit einem Arzneimittel ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.

(37) Der Risikomanagement-Plan ist eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems.

(38) Das Pharmakovigilanz-System ist ein System, das der Inhaber der Zulassung und die zuständige Bundesoberbehörde anwenden, um insbesondere den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen, und das der Überwachung der Sicherheit zugelassener Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.

(39) Die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation ist eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Arzneimittel anwendet.

(40) Ein gefälschtes Arzneimittel ist ein Arzneimittel mit falschen Angaben über

1.
die Identität, einschließlich seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seiner Bezeichnung oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf einen oder mehrere seiner Bestandteile, einschließlich der Hilfsstoffe und des Gehalts dieser Bestandteile,
2.
die Herkunft, einschließlich des Herstellers, das Herstellungsland, das Herkunftsland und den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder den Inhaber der Zulassung oder
3.
den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg.

(41) Ein gefälschter Wirkstoff ist ein Wirkstoff, dessen Kennzeichnung auf dem Behältnis nicht den tatsächlichen Inhalt angibt oder dessen Begleitdokumentation nicht alle beteiligten Hersteller oder nicht den tatsächlichen Vertriebsweg widerspiegelt.

(42) EU-Portal ist das gemäß Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 auf EU-Ebene eingerichtete und unterhaltene Portal für die Übermittlung von Daten und Informationen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Juni 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) im gesamten Verfahren sind erstattungsfähig.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) im gesamten Verfahren sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses für die Quartale IV/99 bis II/00.

2

Die Klinik für Allgemeine Pädiatrie der Klägerin (Universitätsklinikum S.) ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Die Beigeladene zu 1) stellte im August 2000 und November 2000 Anträge auf Prüfung eines besonderen Schadens im Hinblick auf die in den Quartalen IV/99, I/00 und II/00 erfolgte Behandlung der bei ihr versicherten, 1986 geborenen Patientin M. C. mit dem Medikament Granditropin. Dieses enthalte als Wirkstoff gentechnisch hergestelltes Somatropin und sei ein in Deutschland nicht zugelassenes Arzneimittel, welches gemäß § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) für einzelne Patienten eingeführt werden könne. In Deutschland seien mehrere Arzneimittel zugelassen und verfügbar, die ebenfalls gentechnisch hergestelltes Somatropin als Wirkstoff enthielten.

3

Mit Beschlüssen/Bescheiden vom 4. April 2001/27. August 2001 setzte der Prüfungsausschuss nach Anhörung der Klägerin Schadensersatz für die Quartale IV/99 und I/00 in Höhe von 46.427,04 DM und für das Quartal II/00 in Höhe von 17.410,14 DM fest. Er schloss sich in seiner Begründung im Wesentlichen der Antragsbegründung an. Die Frage nach der Qualität und Unbedenklichkeit von Granditropin stelle sich insbesondere, weil das Präparat lediglich in Georgien zugelassen sei, einem Land, in dem die Gleichwertigkeit der an eine Arzneimittelzulassung geknüpften Qualitätsstandards im Vergleich zu den hier geltenden Maßstäben mehr als fraglich erscheine.

4

Mit ihren dagegen jeweils gerichteten Widersprüchen trug die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Entscheidung des Prüfungsausschusses werde der Sach- und Rechtslage nicht gerecht. Es werde vorsorglich gerügt, dass die Beigeladene zu 1) mit ihrem Antrag vom 24. August 2000 (Quartale IV/99 und I/00) die Antragsfrist nach § 12 Abs. 4 Satz 3 der Prüfvereinbarung vom 13. Juni 1995 (im Folgenden: PV) nicht eingehalten habe. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) verstoße die Verordnung des hier streitigen Präparates nicht gegen die Grundsätze, die das BSG in diversen Urteilen zur Verordnungs- und Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln entwickelt habe. Die Entscheidung des BSG vom 30. September 1999 (B 8 KN 9/98 KR R - „SKAT") befasse sich mit dem indikationsfremden Einsatz eines Arzneimittels, um den es hier nicht gehe. Unabhängig davon habe das BSG in seinem Urteil ausdrücklich offen gelassen, ob ein zulassungsüberschreitend eingesetztes Medikament verordnungs- und erstattungsfähig sei. Das Urteil des BSG vom 08. März 1995 (1 RK 8/94 - „Edelfosin“) betreffe einen Fall, in dem das nach dem Arzneimittelgesetz vorgesehene Zulassungsverfahren noch nicht erfolgreich abgeschlossen gewesen sei. Das hier streitige Präparat Granditropin sei indes nach dem AMG nicht zulassungspflichtig. Entgegen der Ansicht des Prüfungsausschusses werde die Verordnung von Granditropin auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass zum Zeitpunkt der Verordnung wirkstoffgleiche, nach dem AMG zugelassene Arzneimittel verfügbar gewesen seien. Denn das etwaige Bestehen einer Versorgungslücke sei kein Tatbestandsmerkmal des § 73 Abs. 3 AMG. Unabhängig davon habe es sich auch bei dem Präparat Norditropin um ein Arzneimittel gehandelt, das bis Ende 1999 als nur in Dänemark zugelassenes Medikament in Deutschland nur nach § 73 Abs. 3 AMG habe eingeführt und verordnet werden dürfen; erst seit Dezember 1999 sei es nach dem AMG anerkannt. Entgegen der Annahme des Prüfungsausschusses werde das Präparat Granditropin nicht in Georgien, sondern in Österreich durch die Firma R. hergestellt. Es sei in Georgien nach dem dortigen nationalen Recht zugelassen. Die nationalen Zulassungsverfahren in Georgien und in Deutschland seien, was die Qualität der Arzneimittelprüfung anbelange, durchaus vergleichbar. Im Übrigen komme es darauf nicht an. In dem Verfahren über die von der Vertreiberfirma zwischenzeitlich bei der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) beantragte europaweite Zulassung von Granditropin seien sowohl die Betriebsstätten in Österreich als auch in Deutschland begutachtet worden und ohne Beanstandung geblieben. Darüber hinaus sei das Präparat vom Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Schwerpunktprobe nach § 65 Abs. 1 AMG geprüft worden; auch hier habe es keine Beanstandungen gegeben. Entgegen der Praxis der Beigeladenen zu 1) werde das Präparat Granditropin von anderen gesetzlichen Krankenkassen ohne weiteres erstattet.

5

Im Rahmen der Anhörung vor dem beklagten Beschwerdeausschuss trug die Klägerin ausweislich des angefochtenen Bescheides ergänzend vor: Die betroffene Patientin leide an einem Ullrich-Turner-Syndrom; sie sei schwer kleinwüchsig. Granditropin solle für das Turner-Syndrom zugelassen werden. Eine Therapiestudie der Firma sei bei Behandlungsbeginn am 28. November 1997 noch offen gewesen. Durch das Einbringen des Kindes in die Studie seien der Gesetzlichen Krankenversicherung Kosten für 2 Jahre in Höhe von 160.000 DM erspart worden. Es sei deshalb selbstverständlich gewesen, nach Auslaufen der Studie am 16. November 1999 die Präparate der Herstellerfirma, die die Studie finanziert habe, weiter zu verordnen und nicht die zugelassenen deutschen Präparate alternativ einzusetzen. Es gebe zwar 5 Präparate, die für die Behandlung des Turner-Syndroms zugelassen seien, aber die Zulassung des 6. Präparates würde die Kosten aller Präparate senken. Eine entsprechende Norditropin-Simplexx-Verordnung wäre zwar günstiger gewesen, da aber die Therapie zweifellos indiziert gewesen sei, seien lediglich die entstandenen Mehrkosten in Rechnung zu stellen. Die Patientin habe durch die Therapie die untere Wachstumsgrenze erreicht. Ohne Therapie hätte lediglich eine Körpergröße von 1,30 cm bis 1,40 cm erreicht werden können.

6

Der beklagte Beschwerdeausschuss wies die Widersprüche durch Beschluss/Bescheid vom 5. Juni 2002/29. Oktober 2002 zurück. Die Behandlung sei nach Darstellung der Anamnese erforderlich gewesen, jedoch hätte die Behandlung des Turner-Syndroms zu Kassenlasten mit hierfür zugelassenen Medikamenten erfolgen müssen. Die vom BSG für den Off-Label-Use aufgestellten Kriterien könnten hier nicht greifen. Danach müssten zur Behandlung einer Erkrankung mit einem hierfür nicht zugelassenen Medikament mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen müsse - wie im vorliegenden Fall - eine lebensbedrohende oder nachhaltig lebensverändernde Erkrankung vorliegen. Dann müsse die Datenlage erkennen lassen, dass das verwendete Präparat sich zumindest in der Phase 3 der Studie befinde oder das Präparat müsse zur Zulassung für die therapierte Indikation anstehen. Dieser Sachverhalt liege nach Aussage des Herrn Prof. Dr. Sa. hier vor. Dennoch hätte die Klinik für Pädiatrie das Präparat Granditropin nicht zu Kassenlasten verordnen dürfen, da es in Deutschland nicht zugelassen gewesen sei. Zur Behandlung des Turner-Syndroms hätten zugelassene Präparate zur Verfügung gestanden. Damit sei die weitere vom BSG für die Zulässigkeit eines Off-Label-Use angenommene Voraussetzung, nämlich das Nichtvorhandensein für die Behandlung der jeweiligen Erkrankung zugelassener Präparate, in diesem Fall eindeutig nicht erfüllt. Es sei eindeutig zu erkennen, dass Herr Prof. Dr. Sa. das Präparat nur aus Gefälligkeit gegenüber der Pharmafirma weiter verordnet habe, da diese die Patientin im Rahmen einer Studie über zwei Jahre kostenlos mit dem Präparat versorgt habe. Aufgrund der Tatsache, dass hier ein nicht zugelassenes Präparat verordnet worden sei und Behandlungsalternativen in Form von zugelassenen Präparaten möglich gewesen wären, komme er nicht umhin, die Widersprüche zurückzuweisen.

7

Hiergegen hat die Klägerin am 26. November 2002 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Entgegen der Auffassung des Beklagten gehe es hier nicht um einen sog. „Off-Label-Use“. Im Gegenteil handele es sich bei dem Medikament Granditropin um ein damals nach § 73 Abs. 3 AMG in Deutschland zulässig eingesetztes Medikament. Damit seien die angefochtenen Entscheidungen schon wegen fehlerhafter Begründung abzuändern und die beiden Beschlüsse des Prüfungsausschusses aufzuheben. Auch der Sache nach sei eine die Festsetzung des Schadensersatzes rechtfertigende unwirtschaftliche Behandlung nicht gegeben. Eine gleich wirksame Medikation mit einem in Deutschland zugelassenen Medikament wäre im vorliegenden Fall nur zu höheren Kosten möglich gewesen. Angesichts des Umstandes, dass die Patientin bereits seit längerem mit dem Medikament Granditropin behandelt worden sei, habe es den Regeln ärztlicher Kunst entsprochen, die Therapie mit diesem Medikament fortzusetzen, um den Therapieerfolg nicht zu gefährden, da bei einer Langzeittherapie jeder Wechsel schädlich für die Compliance sei. Der Einsatz eines nach § 73 Abs. 3 AMG verordneten Medikaments könne nicht zur Unwirtschaftlichkeit der Verordnung führen. Schon aus den Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG folge eine genauso intensive Wirksamkeitsgewähr wie aus der deutschen Arzneimittelzulassung. § 73 Abs. 3 AMG setze nämlich u.a. voraus, dass das Medikament aus einem Staat eingeführt werde, in dem es in den Verkehr gebracht werden dürfe. Weder bestünden Erkenntnisse noch sei die Annahme gerechtfertigt, dass ein in einem anderen Staat zugelassenes Medikament einer weniger intensiven Wirksamkeitskontrolle unterzogen worden sei als in Deutschland. Dies gelte insbesondere im vorliegenden Fall, in dem der Wirkstoff für das Medikament in Deutschland (Baden-Württemberg) entwickelt worden sei. Außerdem sei mit der Zulassung bis Ende des Jahres zu rechnen. Hinzu komme im konkreten Einzelfall, dass das Medikament Granditropin zur Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms und der damit verbundenen massiven Kleinwüchsigkeit sehr wohl geeignet sei. Dies habe gerade die Behandlung der Patientin M.C. bewiesen. Darüber hinaus liege auch im Ergebnis keine unwirtschaftliche Verordnungsweise vor. Unstreitig dürfte sein, dass die Patientin wegen ihrer Kleinwüchsigkeit habe behandelt werden müssen. Wäre die Behandlung nicht mit dem tatsächlich eingesetzten Medikament Granditropin erfolgt, hätte stattdessen ein anderes Medikament eingesetzt werden müssen. Beispielsweise habe das Medikament Zomacton im Jahr 2000 124,96 DM/mg gekostet, das Medikament Granditropin dagegen lediglich 109,61 DM/mg. Im Regress würden als Verbrauch der Patientin M. C. 582 mg angegeben. Hieraus errechne sich eine Ersparnis bei Einsatz des Medikamentes Granditropin in Höhe von 582 mg x 15,35 DM = 8.933,70 DM. Unberücksichtigt bleibe bei dieser Berechnung die eventuelle Notwendigkeit einer Verlängerung der Behandlung aufgrund von Problemen bei der Medikamentenumstellung. Von einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise könne daher nicht ansatzweise die Rede sein.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2002 aufzuheben.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Beigeladene zu 1) hat sich der Begründung des angefochtenen Bescheides angeschlossen und sich zudem auf die Urteile des BSG vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - sowie des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13. März 2003 - L 5 KR 53/03 - bezogen. Beide Urteile stützten ihre Auffassung, wonach die Verordnung des Medikaments Granditropin nicht unter die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung falle, da das Präparat in Deutschland nicht zugelassen sei.

13

Die Beigeladene zu 2) hat sich nicht zur Sache geäußert.

14

Das Sozialgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 8. Juni 2004 durch Urteil vom selben Tage der Klage stattgegeben. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein sonstiger Schaden im Sinne von § 106 SGB V i.V.m. § 48 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 12 Abs. 3 der PV vom 15. Mai 1995 liege hier nicht vor. Nach § 12 Abs. 3 PV entscheide der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen seien (hierunter fielen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittel-Richtlinien verstießen) oder fehlerhafte Ausstellung von Bescheinigungen. Die Feststellung eines Schadensersatzes nach § 12 Abs. 3 PV setze materiell-rechtlich voraus die Verordnung von ausgeschlossenen Leistungen (1.), die Unzulässigkeit der Verordnung (2.) - hiermit sei nach Auffassung der Kammer die schuldhafte Begehung (also zumindest Fahrlässigkeit) gemeint - sowie (3.) einen hieraus der Krankenkasse entstandenen Schaden. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Die Verordnung des Medikaments Granditropin gehöre nicht grundsätzlich zu den aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossenen Leistungen. Versicherte hätten nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse nach Satz 2 Ziffer 3 grundsätzlich auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Dieser Grundsatz erfahre seine Konkretisierung in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach der Anspruch bestehe auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen seien. Bei dem Medikament Granditropin handele es sich um ein grundsätzlich apothekenpflichtiges Arzneimittel. Nicht im Gesetz geregelt sei die Frage, ob ein Arzneimittel schon dann als Arzneimittel gelte, wenn es auf dem Markt sei oder erst dann, wenn es nach dem AMG zugelassen sei. Diese Frage sei indes jedenfalls seit den Urteilen des BSG vom 30. September 1999 - B 8 KN 9/98 - KR R (SKAT-Entscheidung) und 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R (Sandoglobulin-Entscheidung) dahingehend zu beantworten, dass als Arzneimittel grundsätzlich nur ein nach dem AMG zugelassenes Medikament anzusehen sei. Das Medikament Granditropin sei zur Zeit der Verordnungen grundsätzlich zugelassen gewesen, allerdings nicht in Deutschland, sondern nur in Georgien. Diese Zulassung außerhalb Deutschlands stehe indes einer Verordnungsfähigkeit nicht immer entgegen. Grundsätzlich dürften zulassungspflichtige Arzneimittel nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG nach Deutschland nur importiert werden, wenn sie hier auch zugelassen seien. Allerdings mache Abs. 3 Satz 1 der Vorschrift von diesem Grundsatz eine Ausnahme. Danach dürften abweichend von Abs. 1 Satz 1 AMG nicht in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel nach Deutschland importiert werden, wenn sie in dem Land, aus dem sie importiert würden, zugelassen und von Apotheken bestellt seien. Weitere Voraussetzung nach Satz 2 sei, dass solche Arzneimittel nur in geringen Mengen und auf besondere Bestellung einzelner Personen bezogen würden und nur im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes abgegeben würden sowie, soweit es sich nicht um Arzneimittel aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum handele, nur auf ärztliche Verschreibung bezogen würden. Dass die Ausnahmevoraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG hier vorlägen, sei zwischen den Beteiligten nicht streitig. Soweit der Beklagte allerdings darauf abstelle, dass gleichwohl ein Import nicht habe stattfinden dürfen, da es in Deutschland zugelassene Alternativmedikamente gebe, gehe diese Ansicht fehl. Die "Notwendigkeit des Imports" sei kein Tatbestandsmerkmal des § 73 Abs. 3 AMG. Die Zulässigkeit des Imports eines Arzneimittels nach den Vorschriften des AMG sage zunächst nichts über die Verordnungsfähigkeit auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Zum Verhältnis des AMG zum SGB V habe sich das BSG in seiner Sandoglobulin-Entscheidung allerdings dahingehend geäußert, dass bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung davon ausgegangen werden könne, dass damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt seien. Unbeschadet der unterschiedlichen Zielsetzung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht rechtfertige dies die Vorgreiflichkeit der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Anwendung eines Medikaments im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Aus diesen grundsätzlichen Erwägungen sei abzuleiten, dass das AMG nicht nur in seinen Grundsätzen, sondern auch in dem Ausnahmefall des § 73 Abs. 3 Anwendung finde. Im Rahmen des § 73 Abs. 3 AMG seien daher Verordnungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zulässig. Wenn die Verordnung des Medikaments Granditropin in diesem Ausnahmefall zulässig gewesen sei, könne ein Verschulden nicht vorliegen. Schließlich lasse der Bescheid auch Ausführungen zum konkreten Schaden vermissen. Die AOK Hamburg habe die Kosten für Medikamente zwei Jahre lang gespart. Hier hätte eine Gegenrechnung erfolgen müssen, welche Kosten entstanden wären, wenn die Patientin über den kompletten Behandlungszeitraum mit einem zugelassenen Medikament behandelt worden wäre.

15

Gegen das ihr am 5. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. August 2004 eingelegte Berufung der Beigeladenen zu 1), die zur Begründung im Wesentlichen vorträgt: Das Sozialgericht führe zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen die Urteile des BSG vom 30. September 1999 - B 8 KN 9/98 KR R - und vom 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R - an. Diese zum „Off-Label-Use“ ergangenen Urteile schlössen bei Vorliegen einer deutschen arzneimittelrechtlichen Zulassung auch auf die Erfüllung der Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Hier liege weder eine deutsche Zulassung für Granditropin vor, noch sei ein „Off-Label-Use" gegeben. Beide zitierten Entscheidungen seien daher für die Entscheidungsbegründung des Sozialgerichts ungeeignet. Denn bei einem „Off-Label-Use" sei eine Prüfung des Präparates im Inland bereits erfolgt, wenn auch auf einem anderen Anwendungsgebiet. In dem vorliegenden Fall sei hingegen eine nationale Zulassung gerade nicht gegeben, eine Risikoprüfung im Inland folglich nicht erfolgt. Aufgrund einer ausländischen, hier georgischen, arzneimittelrechtlichen Zulassung könne jedoch nicht auf das Vorliegen der Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts geschlossen werden, da ausländische Zulassungskriterien nicht identisch seien mit denen, die bei einem nationalen Zulassungsverfahren geprüft würden. Das Vorliegen einer ausländischen Zulassung sei keine Gewähr für das Vorliegen dieser Standards der wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung. Entgegen der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung werde die Leistungspflicht gesetzlicher Krankenkassen auch nicht durch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG begründet. Sinn und Zweck dieser im Abschnitt „Ein- und Ausfuhr" des AMG stehenden Norm sei es nicht, eine erforderliche nationale Zulassung zu ersetzen. Vielmehr sei sie eine Ausnahmevorschrift, die das In-Verkehr-Bringen von Medikamenten, die keine nationale Zulassung besitzen, unter bestimmten Voraussetzungen von der Strafbarkeit der Einfuhr nach § 96 AMG befreie. Würde allein durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen begründet, ließen sich für die Qualitätssicherung unvermeidbare strenge nationale Zulassungskriterien auf einfachstem Wege durch eine ausländische Zulassung umgehen, sobald andere Zulassungsverfahren abweichende Qualitätsstandards aufwiesen. Dies würde eine Qualitätsminderung und fehlende Risikoprüfung zur Folge haben. Auf die Leistungspflicht gesetzlicher Krankenkassen könne dann nicht mehr geschlossen werden, es müsste in jedem Einzelfall durch ein eigenständiges Verfahren geprüft werden, ob das Medikament mit ausländischer Zulassung den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entspreche. Auch die in dem angefochtenen Urteil zitierten Entscheidungen unterschieden ausdrücklich, dass die Verordnung eines Medikaments nach legaler Einfuhr zwar zulässig sein könne, unabhängig hiervon jedoch die Leistungspflicht der Krankenkassen beurteilt werden müsse. Danach stehe auch die Therapiefreiheit unter dem Vorbehalt des Leistungsrechts, wobei das Interesse des Beitragszahlers am sinnvollen - im Rahmen des AMG abgesicherten - Einsatz der Mittel höher zu bewerten sei als das Interesse des Erkrankten an medizinischen Versuchen, d.h. an der Verwendung letztlich - nach unserem Rechtssystem - ungesicherter Präparate. In seinem Urteil vom 18. Mai 2004 (B 1 KR 21/02 R) habe das BSG daher auch entschieden, dass für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen eine deutsche oder EU-weite Zulassung Mindestvoraussetzung sei. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Kiel sei ein Schaden im Sinne von § 48 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 12 Abs. 3 der Prüfungsvereinbarung Schleswig-Holstein bereits dann gegeben, wenn zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen verordnet würden, die aus ihrer Leistungspflicht ausgeschlossen seien. Auf ein Verschulden des verordnenden Arztes oder die Kosten für eine Alternativbehandlung komme es nicht an. Zunächst finde sich hierzu in der Prüfungsvereinbarung Schleswig-Holstein keine Grundlage. Auch die bislang zu der „Off-Label-Use"-Problematik ergangenen Urteile des BSG setzten bei Schadensersatzansprüchen nach erfolgter Leistung außerhalb der Leistungspflicht nicht ein Verschulden des behandelnden Arztes voraus. Zudem könne ein Preisvergleich des Medikaments mit ausländischer Zulassung und eines vergleichbaren Medikaments mit deutscher Zulassung nach dem AMG nicht dazu führen, dass sie sich ggf. Kosten für eine Alternativbehandlung entgegenhalten lassen müsse. Denn dann wäre letztlich die Verordnung von Präparaten, denen die erforderliche deutsche Zulassung fehle, immer dann sanktionslos, wenn das Präparat mit ausländischer Zulassung preisgünstiger sei als vergleichbare hier zugelassene Medikamente. Darüber hinaus wäre in diesem Falle auch die mit den bereits erwähnten Risiken verbundene Umgehung des nationalen Zulassungsverfahrens gleichsam „durch die Hintertür" möglich; dies könne nicht richtig sein.

16

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

17

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 08. Juni 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

18

Der Beklagte schließt sich dem Antrag und dem Vorbringen der Beigeladenen zu 1) an.

19

Die Klägerin beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Nicht das AMG, sondern die § 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V bestimmten die inhaltlichen Grenzen für die Leistungspflicht der Krankenkassen. Diese Grenzziehung falle für nach dem AMG zugelassene Arzneimittel deshalb leicht, weil im Rahmen der Zulassungsprüfung ebenfalls der Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments zu erbringen sei. Der Zulassung komme damit insoweit eine Indizwirkung zu. Für (noch) nicht zugelassene Medikamente sei hingegen die Frage der Leistungspflicht der Krankenkassen im Hinblick auf Qualität und Wirksamkeit des Medikaments für den jeweiligen Einzelfall gesondert zu überprüfen. Jedoch könne selbstverständlich auch der auf der Grundlage des § 73 Abs. 3 AMG erfolgende Einsatz eines (noch) nicht zugelassenen Arzneimittels die Kriterien der §§ 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V erfüllen und damit die Leistungspflicht der Krankenkassen auslösen. Grundlage für die - nötigenfalls nachträglich durch das angerufene Gericht - vorzunehmende Überprüfung könnten dabei insbesondere die im Zusammenhang mit dem Einsatz des Medikaments erarbeiteten Studienergebnisse oder im Ausland durchgeführte Arzneimittelprüfungen sein. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 18. Mai 2004 (B 1 KR 21/02 R) sowie vom 19. Oktober 2004 (B 1 KR 27/02 R) stünden dem nicht entgegen. In dem Urteil vom 18. Mai 2004 verweise das Gericht vielmehr ebenfalls darauf, dass es zu Qualität und Wirkungsweise eines Arzneimittels zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben müsse, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt sei. Die folgenden Ausführungen des BSG könnten, gerade auch angesichts seiner früheren Entscheidungen, so verstanden werden, dass bei nicht zugelassenen Medikamenten der Nachweis im Sinne der §§ 2 Abs. 1 S. 3 und 12 Abs. 1 SGB V grundsätzlich möglich sei, es sei denn, ein Zulassungsantrag des Herstellers sei bereits abschlägig beschieden worden. Darauf, ob diese Entscheidung bestandskräftig geworden sei, solle es nicht ankommen. Die Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit des Medikaments Granditropin sei in mehreren klinischen Phase-III-Studien mit über 1000 Patienten in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und Georgien nachgewiesen, und die Ergebnisse der klinischen Studien seien veröffentlicht worden. Eine Publikationsliste sei als Anlage beigefügt. Die Erteilung der bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) im zentralen Zulassungsverfahren beantragten EU-weiten arzneimittelrechtlichen Zulassung durch die Europäische Kommission werde für September 2005 erwartet. Darüber hinaus lägen zwischenzeitlich bereits arzneimittelrechtliche Zulassungen für Granditropin in den Staaten Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Kasachstan vor. Im Fall der Patientin M. C. lägen jedenfalls auch die vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 19. Oktober 2004 wieder aufgegriffenen Kriterien eines Ausnahmefalls vor. Die Ausführungen des Beklagten zu der Frage des Vorliegens eines kausalen Schadens i.S.d. § 12 Abs. 3 der Gemeinsamen Prüfvereinbarung seien unrichtig. Die betreffende Bestimmung der Prüfvereinbarung regele nicht „Sanktionen“ im Sinne einer Geldstrafe für eine unzulässige Verordnung von Leistungen, sondern einen Schadensersatzanspruch. Dies setze aber voraus, dass durch die Verordnung der jeweils im Streit stehenden Leistung der Krankenkasse tatsächlich ein Schaden entstanden sei. Nach der sog. Differenzhypothese seien ersparte Aufwendungen bei der Berechnung des Schadens im Wege der Vorteilsausgleichung grundsätzlich anzurechnen (unter Hinweis auf Palandt-Heinrichs, 62. Aufl. 2003, Vorb. v. § 249, Rdn. 141). Zur weiteren Begründung bezieht sich die Klägerin auf eine „gutachterliche Stellungnahme zur Erstattungsfähigkeit von Granditropin durch die gesetzliche Krankenversicherung....“ der Rechtsanwälte Frehse und Mack, Münster, aus April 2005 (Bl.100-104 GA).

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Die Beigeladene zu 1) erwidert darauf im Wesentlichen: Eine „notstandsähnliche Situation“, wie sie der von der Klägerin zitierten Entscheidung zu Visudyne (Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R -) zugrunde liege, habe hier nicht bestanden. Zum Zeitpunkt der Behandlung seien in Deutschland andere Medikamente zur Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms zugelassen gewesen. Es handele sich bei dieser Erkrankung auch nicht um eine derart seltene Erkrankung, dass eine Erforschung aus Gründen der Singularität ausscheide. An dem Ergebnis änderten auch die von der Klägerin angegebenen Phase-III-Studien nichts. Das BSG führe in der Entscheidung zu Visudyne aus, dass der Qualitätsnachweis bereits im Zeitpunkt der Behandlung vorliegen müsse. Die von der Klägerin angegebenen Veröffentlichungen datierten aus den Jahren 2002 und später, das Schreiben der EMEA sogar erst aus dem Jahre 2004; die Behandlung sei aber bereits in den Jahren 1999 und 2000 durchgeführt worden, so dass diese Studien jedenfalls keinen Qualitätsnachweis erbringen könnten. Es liege auch ein sonstiger Schaden gemäß § 12 Nr. 3 der Prüfvereinbarung vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Regelungen des Zivilrechts nicht anwendbar. Das BSG habe in dem Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R - zu der schleswig-holsteinischen Prüfvereinbarung - klargestellt, dass es für die Festsetzung eines Regresses wegen Verstoßes gegen die AMR bzw. wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel nicht auf ein Verschulden des Arztes ankomme. Der „Schaden", der durch einen Verordnungsregress auszugleichen sei, entspreche nach Auffassung des BSG demjenigen, der durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise i.S.d. § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V verursacht werde. Nach den Regelungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung könnten zu Gunsten der Klägerin allenfalls kompensatorische Einsparungen berücksichtigt werden. Dies setze aber voraus, dass zwischen dem Mehraufwand auf der einen und den Kostenüberschreitungen auf der anderen Seite ein kausaler Zusammenhang bestehe. Ein Solcher sei aber nicht gegeben, wenn ein ganz anderes Medikament hätte eingesetzt werden müssen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats am 9. Mai 2006 gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die statthafte (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 €, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Festsetzung eines Schadensersatzes im Zusammenhang mit der Verordnung des Medikaments Granditropin durch die Klägerin rechtmäßig. Streitgegenstand sind dabei nur der Beschluss/Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2002/29. Oktober 2002, nicht hingegen die Beschlüsse/Bescheide des Prüfungsausschusses (ständige Rechtsprechung; u.a. BSG, Urteil vom 9. März 1994 - 6 RKa 5/92 - BSGE 74, 59).

25

Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die gesetzlich geregelten Prüfungsarten hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Diese Regelung beinhaltet eine Ermächtigungsgrundlage auch für Regresse wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2001 - B 6 KA 19/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr. 52). Entsprechend ist in § 12 Abs. 3 der von den Partnern der Gesamtverträge Schleswig-Holstein vereinbarten hier anzuwendenden „Gemeinsame(n) Prüfvereinbarung vertragsärztliche Versorgung“ vom 15. Mai 1995 bestimmt, dass der Prüfungsausschuss auf begründeten Antrag im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen entscheidet, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind (hierunter fallen auch Verordnungen, die gegen die Arzneimittel-Richtlinien verstoßen) oder wegen fehlerhafter Ausstellung von Bescheinigungen.

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Die Beigeladene zu 1) hat die Anträge auf Prüfung jeweils innerhalb der in § 12 Abs. 4 PV geregelten Frist von neun Monaten nach Eingang der Überweisungsscheine gestellt. Für den auf das Quartal II/00 bezogenen Antrag, der im November 2000 einging, ergibt sich dies ohne jegliche weitere Prüfung daraus, dass die Frist von neun Monaten auch für evtl. vor Ablauf des Quartals eingereichte Überweisungsscheine nicht vor April 2000 begonnen haben kann. Gleiches gilt für das Quartal I/00 bezogen auf den im August 2000 eingegangenen Antrag. Hinsichtlich des Quartals IV/99 könnte etwas anderes nur dann gelten, wenn Überweisungsscheine für dieses Quartal bereits vor dem 29. November 1999 (Eingang des Antrages 28. August 2000) eingegangen wären. Hiervon ist jedoch nach der üblichen Abrechnungspraxis nicht auszugehen. Die Klägerin hatte die Einhaltung der Frist auch lediglich pauschal in Zweifel gezogen, ohne jedoch konkrete dagegen sprechende Umstände vorzutragen.

27

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 12 Abs. 3 PV liegen vor, weil es sich bei dem Medikament Granditropin bezogen auf die streitigen Quartale um eine aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossene Leistung handelte.

28

Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen auf die Versorgung mit Arzneimitteln ergibt sich aus § 27 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB V. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 3 der Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln. Der Umfang der Versorgung mit Arzneimitteln ist in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S. 1520) bestimmt. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandsmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch des Versicherten unterliegt dabei allerdings den sich aus §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Danach umfasst er nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Bezogen auf die Arzneimitteltherapie bedeutet dies, dass es zu Qualität und Wirkungsweise eines Arzneimittels zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben muss, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG fehlt es deshalb an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Arzneimitteltherapie, wenn das verwendete Mittel nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung bedarf und diese Zulassung nicht erteilt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - BSGE 93, 1 mit Nachweisen zur std. Rspr.; Urteil vom 23. Juli 1998 - B 1 KR 19/96 R - BSGE 82, 233).

29

Dass es sich bei Granditropin um ein gemäß § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) i. d. F. durch Gesetz vom 25. Februar 1998 (BGBl. I S. 374) zulassungspflichtiges Arzneimittel handelt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Es handelt sich bei diesem Medikament um ein Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG. Für dieses Medikament lag eine innerstaatlich wirksame Zulassung in den Quartalen IV/99 bis II/00 nicht vor. Weder hatte die zuständige Bundesoberbehörde dafür eine Arzneimittelzulassung erteilt noch hatten die Kommission der EG oder der Rat der EU das In-Verkehr-Bringen des Mittels genehmigt. Der Antrag bei der europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) auf die EU-weite arzneimittelrechtliche Zulassung im zentralen Zulassungsverfahren wurde vielmehr nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin erst im April 2004 gestellt. Abgesehen davon ist aus der ständigen Rechtsprechung des BSG abzuleiten, dass nur die tatsächlich erfolgte Zulassung die Voraussetzungen für die Verordnungsfähigkeit des Medikamentes zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt, nicht hingegen ein noch laufendes Zulassungsverfahren. Entsprechend hat das BSG in dem Urteil vom 19. Oktober 2004 (- B 1 KR 27/02 R - BSGE 93, 236) betreffend das Medikament „Visudyne“ dargelegt, dass nach dem Zeitpunkt der Behandlung eine in Deutschland wirksame Arzneimittelzulassung erteilt worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis; Zulassungs- und zulassungsähnliche Akte, die sich auf die Leistungspflicht der Krankenkassen auswirkten, könnten regelmäßig nur Wirkungen für die Zukunft entfalten. Da Versicherte und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen geschützt werden sollten, würde die nachträgliche Kostenübernahme für eine zum Zeitpunkt der Behandlung noch nicht zweifelsfrei geklärte Therapie auf eine Gefährdung hinauslaufen; es müsse aber schon zum Zeitpunkt der Behandlung geklärt sein, ob die erhofften Vorteile der Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile überwögen. In diesem Zusammenhang hat sich das BSG auf die Rechtsprechung zur Verordnungsfähigkeit bislang nicht anerkannter Mittel und Methoden zu Lasten der Krankenversicherung bezogen (BSG, a.a.O, juris, Rz. 26 mit entsprechenden Nachweisen). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung bedurfte es keiner näheren Ermittlungen, ob für das Medikament Granditropin zwischenzeitlich eine in Deutschland wirksame Arzneimittelzulassung erteilt worden ist.

30

Die zum Zeitpunkt der Behandlung allein erfolgte Zulassung in Georgien entfaltet keine der innerstaatlichen Zulassung entsprechenden Rechtswirkungen. Selbst die nationale Zulassung eines Arzneimittels in einem anderen EU-Mitgliedsstaat entfaltet nicht ohne weiteres Rechtswirkungen in allen anderen Mitgliedsstaaten (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - a.a.O.; vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R - a.a.O.). Da Georgien kein EU-Mitgliedsstaat ist, bedarf es in diesem Zusammenhang keines näheren Eingehens auf die ausführlichen Darlegungen des BSG zu der Frage der Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem EU-Recht unter den Gesichtspunkten der Dienstleistungsfreiheit und der Warenverkehrsfreiheit (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - a.a.O., juris Rz. 18 ff.).

31

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist bezogen auf die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung die in § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG geregelte Einfuhrmöglichkeit eines im Ausland zugelassenen Arzneimittels im Einzelfall nicht mit der innerstaatlichen Zulassung des Medikaments gleichzusetzen. Das BSG hat hierzu in dem Urteil vom 18. Mai 2004 (- B 1 KR 21/02 R - a.a.O; juris, Rz. 17) - für den Senat überzeugend - dargelegt, zwar habe der Versicherte nach Abschnitt A.3 der gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V erlassenen AMR grundsätzlich Anspruch auf die Versorgung mit allen nach dem AMG verkehrsfähigen Arzneimitteln, dies aber nur, sofern sie nicht aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien oder nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur eingeschränkt verordnet werden dürften. Da das Zulassungserfordernis für im Rahmen der Krankenbehandlung begehrte Arzneimittel aus dem gesetzlichen und somit höherrangigen Gebot der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hergeleitet werde, könnten diese Bestimmungen schon von daher keine Leistungspflicht der Beklagten begründen. Unbeschadet dessen werde ein in einem anderen Staat zulässig in den Verkehr gebrachtes Fertigarzneimittel aber auch nicht schon dadurch "verkehrsfähig", dass § 73 Abs. 3 Satz 1 AMG es erlaube, dieses Mittel im Einzelfall (in geringer Menge und auf besondere Bestellung über eine Apotheke) nach Deutschland einzuführen. Denn bei einer derartigen Beschaffung eines Fertigarzneimittels entfalle zwar die Strafbarkeit des In-Verkehr-Bringens ohne Zulassung (§ 96 Nr. 5 AMG), das generelle In-Verkehr-Bringen stelle aber gleichwohl eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 73 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2, § 97 Abs. 2 Nr. 8 AMG). Da das deutsche Arzneimittelrecht in Bezug auf die generelle Arzneimittelfreigabe ausschließlich die deutsche oder die EU-weite Arzneimittelprüfung für maßgeblich erkläre und im Übrigen Vorbehalte gegen die Sicherheit und Qualität von im Ausland nach dortigen nationalen Vorschriften zugelassenen Präparaten zum Ausdruck bringe, sei die im Einzelfall mögliche rechtmäßige Arzneimittelbeschaffung aus dem Ausland nicht geeignet, eine zulassungsähnliche Wirkung herbeizuführen. Denn damit würde letztlich das nationale arzneimittelrechtliche Zulassungserfordernis für den fast 90 % der Bevölkerung betreffenden Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung allgemein durch eine untergesetzliche Regelung außer Kraft gesetzt.

32

Soweit das BSG in der Visudyne-Entscheidung vom 19. Oktober 2004 (- B 1 KR 27/02 R - a.a.O.) eine Ausnahme für den Fall einer seltenen Krankheit angenommen hat, mit der Konsequenz, dass sich die Krankenkasse unter bestimmten Umständen im Einzelfall nicht auf die fehlende Verkehrsfähigkeit eines Medikamentes berufen dürfe, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Das BSG hat sich in der genannten Entscheidung sehr ausführlich mit der Problematik sehr seltener und wegen der Seltenheit nicht hinreichend erforschter und erforschbarer Krankheiten insbesondere bei Kindern auseinandergesetzt und dabei eine Parallele zu der Rechtsprechung betreffend die Leistungspflicht der Krankenkassen bei der zulassungsüberschreitenden Anwendung eines Medikaments gezogen. Letztlich hat es den Grundsatz aufgestellt, dass, sofern der Patient/die Patientin an einer sehr seltenen, einer systematischen Erforschung von darauf bezogenen Therapiemöglichkeiten nicht zugänglichen Erkrankung, für die keine anderen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stünden, leide, eine Leistungsgewährung in Betracht komme (juris, Rz. 28). Es müsse eine notstandsähnliche Situation vorliegen, in der eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung behandelt werden solle, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stehe (juris, Rz. 34).

33

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar möglicherweise um eine „sehr seltene“ Erkrankung. Der genannten Entscheidung sind allerdings keine exakten Angaben zu entnehmen, wann eine solche anzunehmen ist. Den Ausführungen des BSG (a.a.O.) betreffend Art. 3 Abs. 1 EWGV 141/2000 vom 16. Dezember 1999 über "Arzneimittel für seltene Leiden", wonach ein solches Leiden vorliege, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Personen daran erkrankten (juris, Rz. 39) könnte man aber entnehmen, dass das BSG dies als Richtwert für eine (sehr) seltene Erkrankung ansieht. Diese Voraussetzung dürfte bei dem sog. Ullrich-Turner-Syndrom, an dem die Patientin M.C. leidet, unter Zugrundelegung im Internet zugänglicher Zahlenangaben gegeben sein. Die Erkrankung, die auf einer Chromosomenanomalie bei Mädchen beruht, tritt danach mit einer Häufigkeit von 1:2500 Mädchengeburten auf (vgl. www.turner-syndrom.de), nach anderen Erkenntnissen ist die Erkrankungsrate sogar noch geringer (vgl. „wikipedia“: 1:4000). Die weitere Voraussetzung einer nicht erforschten und nicht anders therapierbaren Erkrankung ist hingegen nicht gegeben. Zum einen ist, soweit ersichtlich, die Ursache des Ullrich-Turner-Syndroms, nämlich ein Gendefekt im Bereich der X-Chromosomen, sehr wohl erforscht. Eine kausale Behandlung der Erkrankung insgesamt gibt es nicht. Von der Klägerin wird auch nicht behauptet, dass Granditropin eine solche Behandlung beinhalte. Möglich ist allerdings die Behandlung eines Teils der Auswirkungen Ullrich-Turner-Syndroms, u.a. der damit regelhaft verbundenen Kleinwüchsigkeit. Die Behandlung erfolgt insoweit durch Substitution bzw. ergänzende Gabe eines Wachstumshormons. Medikamente mit dem entsprechenden Wirkstoff Somatropin gibt es bereits seit langer Zeit. So ist z. B. einer Internetveröffentlichung (Biotechnologie im Verband forschender Arzneimittelhersteller e. V.) eine Liste von fünf Medikamenten mit dem Wirkstoff Somatropin mit Zulassung zwischen 1988 und 1992 zu entnehmen, was auch den Ausführungen der Klägerin selbst entspricht, wonach zum Zeitpunkt der Behandlung bereits fünf Medikamente für die Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms in Deutschland zugelassen gewesen seien. Dies haben sowohl Prof. Dr. Sa., der die Versicherte der Beigeladenen zu 1) mit Granditropin behandelt hat, als auch der Vertreter des Beklagten in dem Erörterungstermin im März 2006 bestätigt. Dass Granditropin eine ganz andere Wirkungsweise gehabt hätte als die übrigen Medikamente und damit eine bisher nicht gegebene Therapiemöglichkeit geschaffen hätte, hat die Klägerin in dem gesamten Verfahren nicht vorgetragen. Die Annahme eines Ausnahmefalles in dem genannten Sinne scheitert damit an dem Vorhandensein einer Behandlungsalternative.

34

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - GesR 2006, 72; auch veröffentlicht in juris), in dem das BVerfG für Fälle einer lebensbedrohlichen bzw. regelhaft tödlich verlaufenden Krankheit unter bestimmten Umständen einen Behandlungsanspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung unmittelbar aus Art. 2 GG hergeleitet und in diesen Fällen die Rechtsprechung des BSG zu § 135 SGB V für mit dem Grundgesetz nicht vereinbar angesehen hat. Das BSG hat mit Urteil vom 4. April 2006 (- B 1 KR 7/05 R -) betreffend die Behandlung einer an einem metastasierenden Darmkrebs erkrankten Klägerin mit dem in Deutschland nicht zugelassenen, über eine Apotheke aus Kanada importierten Medikament „Tomudex“ entschieden, dass zwar die vom BVerfG (a.a.O.) entwickelten Grundsätze zum Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden sinngemäß auch auf den Bereich der Arzneimittelversorgung zu übertragen seien, soweit hier ausfüllungsbedürftige Versorgungslücken bestünden. Dies hat das BSG in dem Falle der lebensbedrohlich erkrankten Klägerin bejaht, bei der es - dies ist ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt in dem Beschluss des BVerfG - zudem im konkreten Fall an einer Behandlungsalternative fehlte, weil das für die Behandlung ihrer Krankheit zugelassene Präparat bei ihr zu anderen schweren Gesundheitsstörungen führte. Im vorliegenden Fall gab es dagegen eine Behandlungsalternative, da, wie dargelegt, zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung der Klägerin außerhalb der klinischen Studie im Jahre 1999 mehrere Präparate mit dem Wirkstoff Somatropin für die Behandlung des Ullrich-Turner-Syndroms zugelassen waren. Dass das Fehlen einer Behandlungsalternative nicht allein daraus abgeleitet werden kann, dass die Klägerin zuvor im Rahmen der Studie mit Granditropin behandelt worden war, so dass sich im Falle der Umstellung auf eines der zugelassenen Präparate „Compliance“-Probleme ergeben haben würden, bedarf keiner näheren Erörterung.

35

Der Beigeladenen zu 1) ist auch ein Schaden im Sinne des § 12 Abs. 3 PV entstanden. Bei dem Arzneikostenregress handelt es sich um einen besonderen - verschuldensunabhängigen - Typus des Schadensersatzes, für dessen Begründung das Bestehen eines Schadens unabdingbare Voraussetzung ist. Aus der Rechtsnatur des Arzneikostenregresses ist abzuleiten, dass er - höchstens - in der Höhe festgesetzt werden kann, der den Krankenkassen durch unwirtschaftlichen Mehraufwand entstanden ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 6 RKa 5/96 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 38 - ). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass in jedem Fall ersparte Aufwendungen gegengerechnet werden müssten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Schadensbegriff im Sinne der genannten Vorschriften über die Wirtschaftlichkeitsprüfung nämlich ein auch normativer Schadensbegriff. Es entspricht dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, dass eine „Vorteilsausgleichung“ nicht erfolgt, sofern Leistungen in Anspruch genommen bzw. erbracht wurden, die - in dieser Form - nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung hätten erbracht werden dürfen. In dem Urteil vom 21. Februar 2006 (- B 1 KR 29/04 R - veröffentlicht in juris) betreffend den Kostenerstattungsanspruch einer Klägerin, bei der eine künstliche Befruchtung mittels „ICSI“ erfolgt war, hat das BSG dargelegt, nach der Rechtsprechung des Senats handele es sich bei der künstlichen Befruchtung mittels ICSI um eine andere Behandlungsmethode als bei der extrakorporalen Befruchtung mittels IVF. Auch soweit sich die Indikationsbereiche - denkmöglich - überschnitten und erst auf Grund des Wirtschaftlichkeitsgebots die Anwendung der ICSI-Methode ausscheide, bestehe kein Anspruch auf die Erstattung wenigstens der tatsächlich nicht angefallenen IVF-Kosten. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasse § 13 Abs. 3 SGB V nur die beim Versicherten konkret entstandenen Kosten, nicht aber die fiktiven Kosten für eine Leistung, die ebenfalls in Frage gekommen wäre oder die Ersparnis der Krankenkasse (unter Hinweis auf die Entscheidungen BSGE 79, 125, 128; BSGE 86, 66, 76; dementsprechend zum Recht der Leistungserbringer z. B. BSGE 74, 154, 158; BSGE 80, 1, 3 f; SozR 4-2500 § 39 Nr. 3 S. 25 f; BSGE 94, 213, 220 m.w.N.). Auch unter dem Gesichtspunkt der sog. Stellvertreterleistung vermöge die Klägerin unter Geltung des SGB V für einen Kostenerstattungsanspruch nichts für sich herzuleiten (unter Hinweis auf das Senatsurteil SozR 3-2500 § 38 Nr. 4 S. 27 f m.w.N).

36

Die in dem Urteil des BSG vom 21. Februar 2006 zitierten Entscheidungen betreffen unterschiedliche Konstellationen aus dem Leistungs- und Leistungserbringerrecht. So ist in dem Urteil vom 4. Mai 1994 (- 6 RKa 40/93 - BSGE 74, 154 [158]) dargelegt, scheide (nach alledem) ein vertraglicher Vergütungsanspruch aus, so könne die Klägerin eine Abgeltung der von ihr erbrachten Dialyseleistungen auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten, etwa nach den zivilrechtlichen Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ( §§ 812 ff, 818 Abs. 2 BGB) verlangen. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machten, hätten innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die kassenärztliche (vertragsärztliche) Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollziehe. Das werde dadurch erreicht, dass dem Arzt oder sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirke, auch dann keine Vergütung zustehe, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht seien. Ihre Steuerungsaufgabe könnten die genannten Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt oder der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. In dem Urteil vom 18. Dezember 1996 (- 6 RKa 66/95 - BSGE 80, 1 [4]) betreffend die Erstattung von Honoraren u.a. für zahnärztliche Leistungen, die der dort beigeladene Zahnarzt nicht nach den vertraglichen Bestimmungen erbracht hatte, hat das BSG dargelegt, die Klägerin (KZÄV) könne sich ebensowenig wie der rechtswidrig handelnde Zahnarzt selbst darauf berufen, die beanstandeten Leistungen seien qualitativ einwandfrei gewesen, so dass die Kosten für eine anderweitige Behandlung erspart worden seien. In dem Urteil vom 17. März 2005 (- B 3 KR 2/05 R - BSGE 94, 213 [220]) betreffend die Abgabe eines nicht zugelassenen Medikaments durch einen Apotheker ist dargelegt, der Kläger könne von der Beklagten eine Vergütung des Medikaments auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten, etwa auf Grund entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ( §§ 812 ff, 818 Abs. 2 BGB i.V.m. § 69 Satz 3 SGB V) beanspruchen. Dem stehe entgegen, dass die Leistungen unter Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen erbracht worden seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der GKV hätten Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machten, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollziehe. Das werde dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt, dem Apotheker oder dem sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt würden, auch dann keine Vergütung zustehe, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich seien (mit zahlreichen Nachweisen zur bisherigen Rspr.) Denn die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt, der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer oder der Apotheker die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (unter Hinweis auf BSGE 74, 154, 158). Soweit in dem Urteil vom 4. März 2004 (- B 3 KR 4/03 R - BSGE 92, 223) ein Bereicherungsanspruch des Krankenhausträgers bejaht - und zudem von der KK anerkannt - worden sei, habe es sich lediglich um einen Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift gehandelt, die nicht der Sicherstellung der Qualität der Leistungserbringung diene. Das Krankenhaus habe sich nicht außerhalb des krankenhausrechtlichen Leistungssystems der GKV gestellt.

37

Diese Entscheidungen, auch wenn sie nicht unmittelbar zu einem sonstigen Schaden im Sinne der Vorschriften über der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergangen sind, belegen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG unter Berücksichtigung des Gesamtgefüges des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsrechts einschließlich des Leistungserbringerrechts der Schadensbegriff ein normativer Begriff ist, der das Gegenrechnen ersparter Aufwendungen in einer Fallgestaltung wie der Vorliegenden ausschließt. Im Übrigen erschöpft sich auch der zivilrechtliche Schadensbegriff, auf den die Klägerin immer wieder abstellt, nicht in einer Saldierung der Vermögenslage des Geschädigten vor und nach der Schädigung, sondern er beinhaltet wertende Elemente im Sinne eines normativen Schadensbegriffs (vgl. Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Auflage, 2006, Vorbemerkung § 249, Rz. 13, 14). Dies gilt gerade auch bei der Frage, welche im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis erlangten Vorteile der Geschädigte sich Schaden mindernd anrechnen lassen muss (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung § 249, Rz. 122).

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Auch soweit im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung so genannte kompensatorische Einsparungen berücksichtigt werden können, können diese Erwägungen auf einen Schaden, der aus der Verordnung eines nicht zugelassenen Medikaments resultiert, nicht angewendet werden. Kompensatorische Einsparungen betreffen die Wirtschaftlichkeit des ärztlichen Handelns im engeren Sinne, d.h. die Frage, ob der Arzt durch die von ihm gewählte - grundsätzlich zulässige, jedoch quantitativ über das Maß des Notwendigen hinausgehende - Behandlungsweise an anderer Stelle Kosten eingespart hat. Die Behandlung mit einem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähigen Medikament, bei der es an der Grundvoraussetzung einer Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fehlt, beinhaltet hingegen nicht lediglich ein - quantitatives - Mehr an einer Stelle, dass durch ein - quantitatives - Weniger an anderer Stelle teilweise kompensiert wird. Es handelt sich vielmehr bei der erbrachten Leistung um ein - qualitatives - Anderes, nämlich um eine systemfremde Leistung, die demzufolge auch nicht wirtschaftlich bewertet und mit der systemgerechten, eigentlich zu erbringenden Leistung saldiert werden könnte. Zudem würde eine andere Betrachtung zu dem von der Beigeladenen zu 1) zu Recht als systemwidrig bewerteten Ergebnis führen, dass sie, gleichsam „durch die Hintertür“, gleichwohl zur Kostenübernahme für ein nicht zugelassenes Arzneimittel verpflichtet wäre, weil dieses preiswerter war als das zugelassene. Dies würde der vom BSG in den zitierten Entscheidungen genannten Steuerungsfunktion widersprechen (im Ergebnis ebenso Engelhardt in Hauck/Noftz, SGB V, Loseblattsammlung, Erg.-Lfg. 8/04, K § 106 Rz. 91).

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Die Schadenshöhe, d.h. die durch die Verordnung des Medikaments Granditropin entstandenen Kosten, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, und es gibt auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung des Schadens.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) sind erstattungsfähig, da sie sich durch die Stellung eines eigenen Sachantrages an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat. Die Beigeladene zu 2) hat sich nicht durch die Stellung eines eigenen Sachantrages an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt; ihre außergerichtlichen Kosten sind deshalb nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen im Hinblick auf die umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung zu den entscheidungserheblichen Fragen nicht vor.


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.