Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 17. Nov. 2006 - L 3 AL 156/05

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2006:1117.L3AL156.05.0A
bei uns veröffentlicht am17.11.2006

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 15. November 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2004 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom 21. Dezember 2003 bis 31. Oktober 2004 Arbeitslosenhilfe unter Berücksichtigung des erzielten Nebeneinkommens zu gewähren.

Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 21. Dezember 2003 bis 31. Oktober 2004 hat.

2

Die … 1950 geborene Klägerin ist seit dem 19. Juli 1974 mit dem … 1944 geborenen A-K.O. verheiratet. Die Klägerin hat von 1967 bis 1969 eine Ausbildung als Erzieherin erfolgreich durchlaufen und war in diesem Beruf zuletzt als Kindergartenleiterin bis 31. Juli 1992 beschäftigt. Vom 3. August 1992 bis 28. Januar 1994 nahm die Klägerin an einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme zur staatlich anerkannten Heilpädagogin an der Fachschule für Heilpädagogik in R. erfolgreich teil und bezog während dieser Zeit Unterhaltsgeld. Ab 29. Januar 1994 bezog die Klägerin zunächst Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend bis zum 13. Juli 1996 Alhi. Vom 15. Juli 1996 bis 28. Februar 2002 war die Klägerin als Heilpädagogin bei dem Verein für i.A. e. V. in K. beschäftigt. Anschließend bezog sie ab 1. März 2002 Alg bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 20. Dezember 2003.

3

Am 21. November 2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von Alhi ab 21. Dezember 2003. Sie gab an, dass ihr Ehemann und sie über zwei Kapitallebensversicherungen verfügten. Sie legte ein Schreiben der H.Lebensversicherung AG vom 15. Oktober 2003 vor, nach dem ihre dortige Lebensversicherung (Nr….) zum 1. November 2003 einen Rückkaufswert (einschließlich Überschussanteile) in Höhe von 21.524,90 EUR hatte. Ferner ergab sich aus einem Schreiben der A. Versicherungs-AG vom 7. Oktober 2003, dass die Lebensversicherung ihres Ehemanns (Nr….) zum 1. November 2003 einen Rückkaufswert von 36.823,80 EUR aufwies.

4

Mit Bescheid vom 5. Januar 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alhi ab. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin verfüge gemeinsam mit ihrem Ehemann über ein Vermögen von 58.348,70 EUR, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für die Klägerin in Höhe von 10.800,00 EUR und für ihren Ehegatten in Höhe von 31.200,00 EUR verblieben 16.348,70 EUR. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Daher bestehe kein Anspruch auf Alhi.

5

Hiergegen erhob die Klägerin am 3. Februar 2004 Widerspruch. Zur Begründung gab sie an, dass die Lebensversicherungen der Alterssicherung dienten. Die Lebensversicherungen stellten eine „Riester ähnliche“ Anlage dar, denn nach dem Ablaufdatum werde der fällige Betrag der Lebensversicherungen in monatlichen Teilbeträgen in Form einer Rente gewährt und der fällige Betrag nicht als Einmalbetrag zur Auszahlung gebracht. Sie verfüge nicht über ausreichend anderweitige Versorgungsmöglichkeiten oder Vermögenswerte zur Alterssicherung. Nach den gegebenen Umständen sei bei Einsatz der Lebensversicherungen die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert oder gar unmöglich.

6

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass es der Klägerin zuzumuten sei, durch die Verwertung des Vermögens den Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Alhi zu bestreiten. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) sei das gesamte verwertbare Vermögen der Klägerin und ihres Ehemanns zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteige. Nach § 1 Abs. 2 AlhiV betrage der Freibetrag 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr. Lediglich für Personen, die - wie ihr Ehemann - vor 1948 geboren seien, betrage der Freibetrag weiterhin 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr auf Grund der bestehenden Übergangsvorschrift. Daraus ergebe sich ein Freibetrag für die Klägerin (52 x 200,00 EUR = 10.800,00 EUR) und ihren Ehemann (60 x 520,00 EUR = 31.200,00 EUR) in Höhe von insgesamt 42.000,00 EUR. Da das verwertbare Vermögen aus den beiden Lebensversicherungen 58.348,70 EUR betrage, sei die Klägerin nicht bedürftig.

7

Gegen diesen ihren Prozessbevollmächtigten am 3. Mai 2004 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 21. Mai 2004 bei dem Sozialgericht (SG) Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Alhi in gesetzlicher Höhe ab dem 21. Dezember 2003 zu gewähren.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie hat auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei Zugrundelegung eines weiteren Freibetrages zugunsten der Klägerin in Höhe von 200,00 EUR pro Lebensjahr die Freibetragsgrenze überschritten werde.

13

Nach mündlicher Verhandlung vom 15. November 2005 hat das SG mit Urteil vom selben Tage die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass Bedürftigkeit im Hinblick auf das verwertbare Vermögen der Klägerin und ihres Ehemanns nicht gegeben sei. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung der Klägerin betrage zum 11. November 2003 21.534,90 EUR, der Rückkaufswert der Lebensversicherung ihres Ehemannes 36.853,80 EUR. Der Freibetrag für die Klägerin und ihren Ehemann betrage nach der AlhiV 2002 42.000,00 EUR, so dass der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteige. Selbst unter Berücksichtigung eines weiteren Freibetrages für die Klägerin von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr nach der jüngsten Rechtsprechung des BSG ergebe sich ein Freibetrag für die Klägerin und ihren Ehemann in Höhe von insgesamt 52.800,00 EUR, der geringer sei als das verwertbare Vermögen in Höhe von 58.348,70 EUR. Weitere Gesichtspunkte, die im Rahmen einer Härtefallprüfung zu einer Bedürftigkeit der Klägerin führen könnten, seien weder von der Klägerin vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

14

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 25. November 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 2005 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf ein Urteil des Senats vom 24. Februar 2006 (Az. L 3 AL 18/05), mit dem die Beklagte verurteilt wurde, ihrem Ehemann über den 17. Oktober 2003 hinaus Alhi ohne Berücksichtigung des Vermögens aus den Lebensversicherungen zu gewähren. Des Weiteren weist sie nochmals darauf hin, dass sie und ihr Ehemann auf die Lebensversicherungen zur Sicherung einer angemessenen Altersvorsorge angewiesen seien.

15

Ergänzend hat sie eine Renteninformation der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 16. Mai 2005 zu den Gerichtsakten gereicht, nach der sie derzeit eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 647,20 EUR erhalten und ihre künftige Altersrente 849,51 EUR betragen würde. Sie ist der Ansicht, dass sich aus dieser Rentenauskunft ergebe, dass eine Anrechnung des Vermögens bei der Alhi letztlich dazu führen würde, dass sie langfristig und dauerhaft im Alter auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen wäre. Damit eine solche Abhängigkeit im Alter gerade nicht eintrete, seien die Lebensversicherungen abgeschlossen worden.

16

Auf Anforderung des Berichterstatters hat die Klägerin noch einen lesbaren Rentenversicherungsverlauf zu den Gerichtsakten gereicht. Aus dem Versicherungsverlauf ergibt sich, dass die Klägerin im hier streitbefangenen Zeitraum Nebeneinkommen erzielt und seit 1. November 2004 in einer mehr als kurzzeitigen versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 59 bis 60 der Gerichtsakten verwiesen.

17

Die Klägerin beantragt,

18

das Urteil des SG Kiel vom 15. November 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Alhi für die Zeit vom 21. Dezember 2003 bis 31. Oktober 2004 unter Berücksichtigung des erzielten Nebeneinkommens zu gewähren.

19

Die Beklagte beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor: Mit seinen Urteilen vom 9. Dezember 2004 (Az. B 7 AL 30 u. 44/04 R), 27. Januar 2005 (Az. B 7a/7 AL 34/04 R) und 17. März 2005 (B 7a/7 AL 68 u. 78/04 R) habe das BSG entschieden, dass die AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsnorm des § 193 Abs. 2 i.V.m. § 206 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) - nur - insoweit nicht in Einklang stehe, als sie keine Regelung enthalte, nach der besondere Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden könnten. Der (generelle) Freibetrag nach § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 von 520,00 EUR (2002) und auch die Absenkung dieses Freibetrages auf 200,00 EUR (2003 und 2004) seien ermächtigungs- und verfassungskonform, wenn für die Entscheidung im Einzelfall auf Grund einer Härtefallklausel noch ein individueller Entscheidungsfreiraum verbleibe. Im vorliegenden Fall sei allerdings kein Härtefall zu erkennen. Die Tatsache, dass der Alhi-Antrag abgelehnt worden sei, möge aus Sicht der Klägerin unter Umständen (subjektiv) einen Härtefall darstellen, er stelle jedoch nicht objektiv einen Härtefall dar, der es rechtfertigen könne vom Grundsatz, nur Bedürftigen im Sinne von § 193 SGB III Alhi zu gewähren, abzuweichen. Das BSG habe zudem in seiner Entscheidung vom 27. Januar 2005 klargestellt, dass ein Härtefall nicht bereits darin zu sehen sei, dass sich der Arbeitslose angesichts seines fortgeschrittenen Alters keine weiter gehende Altersvorsorge mehr aufbauen könne. Diesem Aspekt werde nämlich bereits nach der Vorschrift des § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 (und hier zudem auch durch die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002) dadurch Rechnung getragen, dass älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt werde als jüngeren. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des erkennenden Senats vom 24. Februar 2006 (a.a.O.) überzeuge sie, die Beklagte, nicht. Die Entscheidung sei vielmehr fehlerhaft. Das BSG habe mit seinen vorgenannten Urteilen entschieden, dass die gesetzliche Regelung des § 193 Abs. 2 SGB III erfordere, dass (über die Regelungen der AlhiV 2002 hinaus) eine dem Einzelfall Rechnung tragende Härtefallprüfung möglich sein müsse und zwar derart, dass bei der Berücksichtigung von Vermögen der Standard zu gewähren sei, den das zweite Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) ab dem 1. Januar 2005 zugestehe. Nach § 12 SGB II seien jedoch (auch) alle verwertbaren Vermögensbestände zu berücksichtigen. Abzusetzen seien ein Grundfreibetrag in Höhe von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners sowie - unter bestimmten Voraussetzungen - geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienten, in Höhe von abermals 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr der genannten Personen. Danach ergebe sich ein personenbezogener Gesamtfreibetrag von 400,00 EUR je vollendetem Lebensjahr. Der erkennende Senat habe dem Ehemann der Klägerin im Verfahren L 3 AL 18/05 hingegen einen Freibetrag von 720,00 EUR (520,00 EUR + 200,00 EUR) zuerkannt. Der Senat habe dies einzig damit begründet, dass der Ehemann der Klägerin durch seinen Wechsel von N. in die Bundesrepublik Deutschland nur sehr eingeschränkt Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung habe erwerben können. Diese Einzelfallentscheidung, der sie, die Beklagte, (ebenso wie ausweislich der nicht zugelassenen Revision auch der erkennende Senat) keine grundsätzliche Bedeutung beigemessen habe, sei nicht auf den vorliegenden Streitfall übertragbar, zumal weder vorgetragen worden sei, dass auch die Klägerin aus N. stamme, noch, dass im Falle der Klägerin aus anderen Gründen ein Härtefall anzuerkennen sei.

22

Der Berichterstatter hat zur weiteren Sachaufklärung Auskünfte über die Lebensversicherungen der Klägerin und ihres Ehegatten bei der der H.Lebensversicherung AG und der A. Lebensversicherungs-AG hinsichtlich Versicherungsbeginn, Versicherungsablauf, Rückkaufswerte und Beitragszahlungen eingeholt. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das Schreiben der A. Lebensversicherungs-AG vom 10. Oktober 2006 und das Schreiben der H.Lebensversicherung AG vom 18. Oktober 2006 nebst Anlagen verwiesen (Blatt 52 bis 53 und 56 der Gerichtsakten).

23

Dem Senat haben die die Klägerin betreffende Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Denn unter Berücksichtigung der in der jüngsten Rechtsprechung des BSG entwickelten Maßstäbe hat die Klägerin entgegen der von der Beklagten und - ihr folgend - von dem SG vertretenen Auffassung Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 21. Dezember 2003 bis 31. Oktober 2004. Dieser Anspruch ist insbesondere nicht wegen fehlender Bedürftigkeit ausgeschlossen. Die Beklagte wird allerdings bei der Berechnung der Alhi das von der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum erzielte Nebeneinkommen - gegebenenfalls anspruchsmindernd - zu berücksichtigen haben.

25

Dass die Klägerin die übrigen Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs. 1 SGB III für Alhi (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, fehlende Anwartschaftszeit auf Alg, Vorfrist) erfüllt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig und bedarf keiner weiteren Begründung. Entgegen der vom SG bestätigten Auffassung der Beklagten liegt auch Bedürftigkeit vor.

26

Nach § 193 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (a. F.) ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das Vermögen seines Partners die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs. 2 SGB III a. F.). § 193 Abs. 2 SGB III a. F. wird konkretisiert durch die AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3734) in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 2848). Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines in § 1 Abs. 1 Nr. 2 AlhiV 2002 näher umschriebenen Partners zu berücksichtigen, soweit dessen Wert den Freibetrag nicht übersteigt.

27

Zum hier maßgeblichen Stichtag, dem 21. Dezember 2003, verfügte die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann über folgende Vermögenswerte:

28
1. Lebensversicherung der Klägerin bei der H.Lebensversicherung AG  
Rückkaufswert einschließlich Überschussguthaben: 21.624,40 EUR
Kosten bei vorzeitiger Auflösung:          0,00 EUR
Gesamt: 21.624,40 EUR
2. Lebensversicherung Nr. … des Ehegatten bei der A. Lebensversicherungs-AG  
Rückkaufswert einschließlich Überschussguthaben: 37.282,40 EUR
Kosten bei vorzeitiger Auflösung:          0,00 EUR
Gesamt: 37.282,40 EUR
Gesamt: 58.906,80 EUR
29

Einer Verwertung dieses Vermögens aus den Lebensversicherungen steht nicht die Bestimmung des § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 entgegen. Danach sind Sachen und Rechte als Vermögen nicht zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist. Offensichtlich unwirtschaftlich ist eine Verwertung nur dann, wenn der dadurch erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005, B 11a/11 AL 51/04 R, SozR 4-4220, § 6 Nr. 2; Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, jeweils auch veröffentlicht in juris). Umgekehrt ist offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005, a.a.O.). Das BSG hat eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 stets verneint, wenn der Rückkaufswert (einschließlich der Überschussguthaben) der Lebensversicherung (nach Abzug von Gebühren) die Summe der eingezahlten Beiträge übersteigt (BSG, Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 75/04 R, veröffentlicht in juris). Dies ist vorliegend der Fall (Lebensversicherung Nr. … der Klägerin bei der H.Lebensversicherung AG: Rückkaufswert einschließlich des Überschussguthabens [nach Abzug von Gebühren]: 21.624,40 EUR, Summe der eingezahlten Beiträge bis zum 1. Dezember 2003: 12.478,27 EUR; Lebensversicherung Nr. … des Ehegatten bei der A. Lebensversicherungs-AG: Rückkaufswert einschließlich des Überschussguthabens [nach Abzug von Gebühren]: 37.282,40 EUR, Summe der eingezahlten Beiträge bis zum 21. Dezember 2003: 21.239,72 EUR).

30

Freibetrag ist nach dem bereits ab 1. Januar 2003 in Kraft getretenen § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 in der Fassung vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4607) ein Betrag von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 EUR nicht übersteigen. Die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002 (mit einem Freibetrag von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners) greift nur für den Ehegatten, nicht aber für die Klägerin, weil diese nicht vor dem 1. Januar 1948 geboren worden ist. Vor diesem Hintergrund ist hier zunächst von Freibeträgen für die Klägerin von 53 x 200,00 EUR = 10.600,00 EUR und für ihren Ehemann in Höhe 59 x 520,00 EUR = 30.680,00 EUR, in der Summe also von einem Freibetrag in Höhe von 41.280,00 EUR auszugehen, wodurch sich das zu berücksichtigende Vermögen auf 17.626,80 EUR (58.906,80 EUR - 41.280,00 EUR) reduziert. Soweit die Beklagte und ihr folgend das SG für die Klägerin von einem Freibetrag von 54 x 200,00 EUR = 10.800,00 EUR und für den Ehegatten von einem Freibetrag von 60 x 520,00 EUR = 42.000,00 EUR ausgegangen sind, liegen Rechenfehler vor, weil die Klägerin das 54. Lebensjahr erst … 2004 und ihr Ehemann das 60. Lebensjahr erst am 24. März 2004 vollendet hatten, nicht jedoch bereits zu Beginn des hier streitigen Leistungszeitraums am 21. Dezember 2003.

31

Zwar hat das BSG (u. a.) in seinem Urteil vom 17. März 2005 (a.a.O., SozR 4-4300 § 193 Nr. 5) und 25. Mai 2005 (a.a.O.) festgestellt, dass die zum 1. Januar 2003 erfolgte Absenkung des generellen Freibetrages von 520,00 EUR auf 200,00 EUR in der AlhiV 2002 grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Zugleich hat es jedoch auch entschieden, dass in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 im Rahmen einer gesetzlichen Härteregelung nach § 193 Abs. 2 SGB III zusätzlich zum generellen Vermögensfreibetrag bei einer Lebensversicherung, die nach § 165 Abs. 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz gekündigt werden konnte, 200,00 EUR pro Lebensjahr des Leistungsempfängers und seines Partners (Höchstbetrag je 13.000,00 EUR) als Härtefall privilegiert sind, wenn die Lebensversicherung der Altersvorsorge dient. Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, dass bei der Berücksichtigung von Vermögen nach der AlhiV 2002 im Rahmen der Härtefallklausel zumindest die ab 1. Januar 2005 geltenden Grundfreibeträge des SGB II in entsprechender Anwendung zu beachten seien. Danach sind vom Vermögen abzusetzen ein Grundfreibetrag in Höhe von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) sowie - unter bestimmten Umständen - geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, in Höhe von abermals 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr der genannten Personen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung), insgesamt nach den genannten Bestimmungen also ein personenbezogener Gesamtfreibetrag von 400,00 EUR je vollendetem Lebensjahr. Dieser BSG-Rechtsprechung hat sich der Senat bereits wiederholt angeschlossen (Urteile vom 2. Dezember 2005, L 3 AL 100/04; 24. Februar 2006, a.a.O., 17. März 2006, L 3 AL 87/05 und 5. Mai 2006, L 3 AL 137/05). In seiner Entscheidung vom 17. März 2005 (a.a.O.) hat das BSG ausgeführt, dass eine Lebensversicherung nach ihrer subjektiven Zweckbestimmung der Altersvorsorge dient, wenn die Fälligkeit des Lebensversicherungsvertrages „in etwa auf den Zeitpunkt des 60. bis 65. Lebensjahres datiert ist“ (vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 19. Juli 1996, 7 RAr 116/95 SozR 3-4100 § 137 Nr. 6). Dies ist bei der Lebensversicherung der Klägerin der Fall, da das Vertragsende auf den 1. Mai 2012 (Endalter: 62) bestimmt ist. Bei Berücksichtigung eines weiteren Freibetrages, also nochmals 10.600,00 EUR zugunsten der Klägerin, verbleibt ein verwertbares Vermögen in Höhe von 7.026,80 EUR (58.906,80 EUR - 41.280,00 EUR - 10.600,00 EUR).

32

Dass im Übrigen die Verwertung der Lebensversicherung der Klägerin im Rahmen einer allgemeinen Härteklausel unbillig hart wäre, ist nicht ersichtlich. Dass eine Prüfung einer Verwertbarkeit von Vermögen im Rahmen einer allgemeinen Härteklausel auch bei der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung unter Geltung der AlhiV 2002 nicht entbehrlich ist, hat das BSG bereits mehrfach entschieden (z.B. Urteile vom 9. Dezember 2004, a.a.O., und 25. Mai 2005, a.a.O.). Es hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen des SGB II Regelungen getroffen hat, die auch zur Bestimmung der Grenzen der Ermächtigungsnorm des § 193 Abs. 2 SGB II fruchtbar gemacht werden können. So findet sich in § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II eine allgemeine Härteklausel, nach der als Vermögen nicht zu berücksichtigen sind „Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde“. Da das BSG (z.B. Urteile vom 9. Dezember 2004, a.a.O., und 25. Mai 2005, a.a.O.) es unter dem Gesichtspunkt der gesetzgeberischen Folgerichtigkeit für geboten gehalten hat, im Rahmen der AlhiV 2002 die später vom Gesetzgeber im SGB II gesetzten Standards zu berücksichtigen und der Senat sich dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung - wie oben bereits ausgeführt - wiederholt angeschlossen hat, ist zu prüfen, ob die Verwertung der Lebensversicherung der Klägerin eine besondere Härte bedeuten würde. Dies ist nicht der Fall. Die Berufsbiografie der Klägerin weist keine die Annahme einer besonderen Härte rechtfertigenden besonderen Versorgungslücken auf. Dass die Altersvorsorge der Klägerin durch die Zeiten ihrer Arbeitslosigkeit geschmälert wird, ist unerheblich. Der Arbeitslose wird hinsichtlich derartiger Lücken auf den durch die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezuges sowie durch die gesetzlich geregelten Freibeträge gewährleisteten Mindestschutz verwiesen (BSG, Urteil vom 14. September 2005, a.a.O.). Schließlich ist ein Härtefall auch nicht darin zu sehen, dass die Klägerin sich in ihrem Alter eine weiter gehende Altersvorsorge nicht mehr aufbauen kann. Dem trägt § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 dadurch Rechnung, dass älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt wird als jüngeren (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2005, a.a.O.).

33

Allerdings hat die Klägerin unter Hinweis auf das ihren Ehegatten betreffende Urteil des Senats vom 24. Februar 2006 zum Aktenzeichen L 3 AL 18/05 zu Recht darauf hingewiesen, dass die Verwertung der Lebensversicherung ihres Ehemanns im Rahmen der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung eine besondere Härte bedeutet und billigerweise nicht erwartet werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit vollinhaltlich Bezug auf seine Ausführungen in der vorgenannten Entscheidung. Da mithin die Verwertung der Lebensversicherung des Ehemanns in Anwendung der allgemeinen Härteklausel im Rahmen der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung ausscheidet und davon ausgehend die bereits beschriebenen Freibeträge für die Klägerin und ihren Ehemann in ihrer Summe das nach der vorstehenden Berechnung allein aus der Lebensversicherung der Klägerin bei der H.Lebensversicherung AG anzusetzende Vermögen der Eheleute deutlich übersteigen, ist mangels einzusetzenden Vermögens auch im Falle der Klägerin Bedürftigkeit nach §§ 190 Abs. 1 Nr. 5, 193 Abs. 2 SGB III gegeben.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

35

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.


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bei uns veröffentlicht am 24.02.2006

Tenor Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. November 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufgehoben. Die Beklagte wird

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 02. Dez. 2005 - L 3 AL 100/04

bei uns veröffentlicht am 02.12.2005

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. September 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatb

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Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. November 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht. Dabei geht es im Wesentlichen um Fragen der Bedürftigkeit.

2

Der 1944 geborene verheiratete Kläger, der aus Nigeria stammt und 1971 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, stand seit 1995 im Leistungsbezug der Beklagten. Seine Ehefrau ist 1950 geboren; sie bezog ab 1. März 2002 bis 20. Dezember 2003 Arbeitslosengeld (Alg). Der Kläger bezog zuletzt Alhi für den Bewilligungsabschnitt bis 17. Oktober 2003. Der wöchentliche Leistungssatz betrug ab 1. Januar 2003 117,18 € (Berechnungsgrundlagen: gerundetes Bemessungsentgelt 340,00 €, Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0). Eine Anrechnung von Vermögen erfolgte nicht.

3

Am 1. Oktober 2003 stellte der Kläger einen Fortzahlungsantrag. Dabei gab er - wie in früheren Leistungsanträgen - an, dass seine Ehefrau und er über folgende Kapitallebensversicherungen verfügten, die der Altersversorgung dienen sollten:

4

1. Lebensversicherung der Ehefrau des Klägers bei der H. (.),

5

Beginn 1. Mai 1982, Ablauf 1. Mai 2012,

6

Überschussguthaben zum 1. Mai 2002 9.702,00 €,

7

Rückkaufswert zum 1. November 2002 11.822,90 €,

8

Auszahlungsbetrag zum 1. November 2003 insgesamt 21.524,90 €.

9

2. Lebensversicherung des Klägers bei der A. ( ),

10

Beginn 1. September 1978, Ablauf 31. August 2004,

11

Rückkaufwert zum 1. November 2003 einschließlich

12

Überschussbeteiligung 36.823,80 €.

13

Mit Bescheid vom 12. November 2003 lehnte die Beklagte den Fortzahlungsantrag ab. Sie führte aus, dass der Kläger nicht bedürftig sei und deshalb keinen Leistungsanspruch habe (§§ 190, 193 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -). Er verfüge nämlich gemeinsam mit seiner Ehefrau über Vermögen in Höhe von 58.348,70 €, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für ihn in Höhe von 31.200,00 € und für seine Ehefrau in Höhe von 10.800,00 € verblieben 16.348,70 €. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.

14

Hiergegen legte der Kläger am 26. November 2003 Widerspruch ein. Er machte nochmals geltend, dass es sich bei dem berücksichtigten Vermögen um Rückkaufwerte aus zwei Lebensversicherungen handele, die der Altersversorgung dienen sollten. Er habe nur sehr geringe Rentenanwartschaften erworben; die zu erwartende Rente liege unter dem Sozialhilfesatz. Im Übrigen sei er mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 Schwerbehinderter. Er beanspruche Alhi lediglich bis zum voraussichtlichen Rentenbeginn am 1. April 2004. Nach Eintritt in das Rentenalter wolle er die Beträge aus den Lebensversicherungen dazu verwenden, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Seine Lebensversicherung werde im September 2004 fällig. Eine vorzeitige Kündigung sei wegen der damit verbundenen Verluste unwirtschaftlich. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die Lebensversicherungen bislang von der Beklagten nicht leistungsmindernd berücksichtigt worden seien.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2003, zugestellt am 16. Dezember 2003, wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Ergänzend begründete sie ihre Entscheidung mit den Bestimmungen der Arbeitslosenhilfe-Verordnung 2002 (AlhiV) und führte aus, dass danach nur das nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) geförderte Altersvorsorgevermögen und nachweislich für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte des Arbeitslosen und seines Partners, wenn diese nach § 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit seien, von der Berücksichtigung ausgenommen seien (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 AlhiV). In diesem Sinne privilegiertes Vermögen liege hier nicht vor. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Verwertung des Vermögens zumutbar. Die Verwertung der Lebensversicherung sei nur dann unwirtschaftlich und somit nicht zumutbar, wenn der Rückzahlungsbetrag nach Abzug eventueller Gebühren den Einzahlungsbetrag um mehr als 10 v. H. unterschreite. Das sei hier nicht der Fall. Da das verwertbare Vermögen des Klägers die nach § 1 Abs. 2 AlhiV maßgeblichen Freibeträge (Kläger: 60 x 520,00 € = 31.200,00 €; Ehefrau: 54 x 200,00 € = 10.800,00 €) übersteige, sei er nicht bedürftig. Es sei ihm zuzumuten, durch die Verwertung des Vermögens seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Alhi zu bestreiten.

16

Der Kläger hat am 13. Januar 2004 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Seit dem 1. April 2004 bezieht er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung Bund) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von 325,00 € monatlich.

17

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und unter Vorlage eines Schreibens der A. geltend gemacht, dass seine Lebensversicherung zum 1. September 2004 regulär ausgelaufen sei. Die Gesamtleistung zu diesem Stichtag habe 39.526,90 € betragen; der Rückkaufswert (Gesamtleistung) zum 1. Dezember 2003 habe sich auf 37.093,40 € belaufen. Bei vorzeitiger Kündigung dieser Versicherung hätte er somit einen Verlust von ca. 2.500,00 € erlitten.

18

Der Kläger hat beantragt,

19

den Bescheid vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe aufgrund seines Fortzahlungsantrages zu gewähren.

20

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Nach mündlicher Verhandlung am 30. November 2004 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen die in den angefochtenen Bescheiden vertretene Rechtsauffassung zu Eigen gemacht. Ergänzend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Entscheidungen der Beklagten auch mit den Bestimmungen der zum 1. Januar 2003 geänderten AlhiV in Einklang stünden. Die mit der geänderten Verordnung verbundenen Einschränkungen seien - insbesondere verfassungsrechtlich - nicht zu beanstanden.

23

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 21. Januar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Februar 2005 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers.

24

Zur Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen und rügt, dass das Sozialgericht nicht geprüft habe, ob in seiner Person eine soziale Härte vorliege, die trotz vorhandenen Vermögens zu einem Alhi-Anspruch führe. Insoweit nehme er Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 30/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr. 2), wonach neben den starren Altersfreibeträgen auch eine solche Härtefallprüfung vorzunehmen sei. In seinem Fall sei folgendes zu berücksichtigen: Er sei in Nigeria am Agrarministerium tätig gewesen. In Deutschland habe er zunächst Agrarwissenschaften studiert; das Studium habe er schließlich zwecks Versorgung seiner Familie aufgegeben. Von 1982 bis 1984 habe er eine Ausbildung zum Zahntechniker absolviert. Er habe diesen Beruf allerdings nicht ausüben können, weil er durch den mit dieser Tätigkeit verbundenen Kontakt mit Chemikalien (z. B. Asbest) erkrankt sei. Seither leide er unter Bronchialasthma und Allergien und sei mit einem GdB von 70 schwerbehindert. Für seine Tätigkeiten in Nigeria habe er keine Rentenanwartschaften erworben. Im Hinblick auf die in Deutschland zu erwartende niedrige Rente habe er bereits nach seiner Erkrankung in den 80er Jahren durch Abschluss von Kapitallebensversicherungen eine private Altersvorsorge aufgebaut. Bei vorzeitiger Inanspruchnahme würde die Alterssicherung unzureichend sein. Angesichts der Umstände könne von ihm nicht erwartet werden, dass er seine Lebensversicherung vorab in Anspruch nehme. Aufgrund seines Lebensalters sei er nicht mehr in der Lage, sich zusätzliches Vermögen selbst aufzubauen.

25

Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

27

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie stützt das angefochtene Urteil und macht geltend, dass auch die von dem Kläger zitierte BSG-Rechtsprechung und weitere Entscheidungen des BSG zu keiner anderen Beurteilung führen könnten. Zwar habe das BSG entschieden, dass die AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsnorm insoweit nicht in Einklang stehe, als sie keine Regelung enthalte, nach der die besonderen Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden könnten. Der Freibetrag nach § 1 Abs. 2 AlhiV sei indessen - auch nach seiner 2003 und 2004 erfolgten Absenkung - ermächtigungs- und verfassungskonform. Vorliegend könne die Beklagte keinen (objektiven) Härtefall erkennen, der einer besonderen Würdigung bedürfe. Das BSG habe mit Urteil vom 27. Januar 2005 (B 7a/7 AL 34/04 R, veröffentlicht in juris) klargestellt, dass ein Härtefall nicht bereits darin zu sehen sei, dass sich der Arbeitslose angesichts seines fortgeschrittenen Alters keine weitergehende Altersversorgung mehr aufbauen könne. Diesem Aspekt werde nämlich bereits durch § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 (vorliegend zudem auch durch die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002) Rechnung getragen, indem älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt werde als jüngeren. Da die Vermögenswerte des Klägers und seiner Ehefrau deutlich über den erhöhten Freibeträgen gelegen hätten, gehe die Beklagte weiterhin von fehlender Bedürftigkeit des Klägers aus.

30

Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Denn unter Berücksichtigung der in der jüngsten Rechtsprechung des BSG entwickelten Maßstäbe hat der Kläger entgegen der von der Beklagten und - ihr folgend - von dem Sozialgericht vertretenen Auffassung Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 17. Oktober 2003 bis 31. März 2004 (§ 190 Abs. 1 Nr. 5, § 193 Abs. 2 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Dieser Anspruch ist insbesondere nicht wegen fehlender Bedürftigkeit ausgeschlossen.

32

Dass der Kläger die übrigen Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs. 1 SGB III für Alhi (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, fehlende Anwartschaftszeit auf Alg, Vorfrist) erfüllt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig und bedarf insoweit keiner weitern Begründung. Entgegen der vom Sozialgericht bestätigten Auffassung der Beklagten liegt auch Bedürftigkeit vor.

33

Nach § 193 Abs. 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. § 193 Abs. 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf u. a. sein Vermögen und das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. § 193 SGB III wird konkretisiert durch die AlhiV 2002, die für den hier streitigen Leistungszeitraum in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung zu Grunde zu legen ist.

34

Ausgehend von den seitens der Lebensversicherungsgesellschaften bescheinigten Rückkaufwerten zum 1. November 2003 (einschließlich Überschussbeteiligungen) von 21.524,90 € und 36.823,80 € (Summe: 58.348,70 €) sind danach zunächst die nach der AlhiV 2002 geltenden Freibeträge in Abzug zu bringen. Nach § 1 Abs. 2 AlhiV in der hier maßgeblichen Fassung ist Freibetrag ein Betrag von 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners (maximal jeweils 13.000,00 €); nach § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV ist abweichend davon der zuvor geltende Freibetrag von 520,00 € (Höchstbetrag: 33.800,00 €) weiterhin anzuwenden für Personen, die - wie der Kläger - bis zum 1. Januar 1948 geboren sind. Vor diesem Hintergrund ist hier zunächst von Freibeträgen für den Kläger in Höhe von 59 x 520,00 € = 30.680,00 € und für seine Ehefrau in Höhe von 54 x 200,00 € = 10.800,00 €, in der Summe also von einem Freibetrag in Höhe von 41.480,00 € auszugehen, wodurch sich das zu berücksichtigende Vermögen auf 16.868,70 € reduzierte. Soweit die Beklagte für den Kläger ursprünglich von einem Freibetrag von 60 x 520,00 € = 42.000,00 € ausgegangen war, lag - worauf in der Berufungserwiderung zu Recht hingewiesen wurde - ein Rechenfehler vor, weil der Kläger das 60. Lebensjahr erst am 24. März 2004 vollendet hat, nicht jedoch zu Beginn des hier streitigen Leistungszeitraums am 18. Oktober 2003.

35

Allerdings hat das BSG in jüngster Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass die Vorschriften der AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 193 SGB III nicht in Einklang stehen, weil in der AlhiV keine allgemeine Härteklausel (mehr) enthalten war (vgl. BSG, Urteile vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R und B 11a/11 AL 75/04 R; Urteile vom 25. Mai 2005, B 11a/11 AL 73/04 R und B 11a/11 AL 51/04 R, SozR 4-4220 § 6 Nr. 2; Urteil vom 17. März 2005, B 7a/7 AL 68/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr. 5; Urteil vom 9. Dezember 2004, B 7 AL 44/04 R, BSGE 94, 121 = SozR 4-4300 § 193 Nr. 3 - sämtlich auch veröffentlicht in juris -). Dies gilt auch für die - hier maßgebliche - zum 1. Januar 2003 geänderte Fassung der AlhiV (BSG, Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O., m.w.N.).

36

Mit Urteil vom 17. März 2005 (a.a.O.) hat das BSG entschieden, dass in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 im Rahmen einer gesetzlichen Härtefallregelung (§ 193 Abs. 2 SGB III) zusätzlich zum generellen Vermögensfreibetrag bei einer Lebensversicherung, die gemäß § 165 Abs. 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gekündigt werden konnte, 200,00 € pro Lebensjahr des Leistungsempfängers und seines Partners (Höchstbetrag je 13.000,00 €) als Härtefall privilegiert sind, wenn diese der Altersvorsorge dient. Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, dass bei der Berücksichtigung von Vermögen nach der AlhiV 2002 im Rahmen der Härtefallklausel zumindest die ab 1. Januar 2005 geltenden Grundfreibeträge des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in entsprechender Anwendung zu beachten seien. Dieser Rechtsprechung folgt der Senat (vgl. bereits Urteil des Senats vom 2. Dezember 2005, L 3 AL 100/04). Danach sind hier über die bereits beschriebenen Freibeträge hinaus auch die vom BSG in dem Urteil vom 17. März 2005 beschriebenen weiteren Freibeträge zu berücksichtigen, die in ihrer Summe das nach vorstehender Berechnung verbliebene Vermögen von 16.868,70 € übersteigen (59 x 200,00 € = 11.800,00 € zuzüglich 54 x 200,00 € = 10.800,00 €, Summe: 22.600,00 €).

37

Dass die Lebensversicherungen der Altersvorsorge dienen, ist nach Auffassung des Senats glaubhaft. Zum einen hat der Kläger stets eine entsprechende Zweckbestimmung geltend gemacht, zum anderen handelt es sich um Geldanlagen, die erst nach Eintritt des Rentenbezuges des Klägers fällig werden bzw. geworden sind. Die auf den Namen des Klägers lautende Lebensversicherung wurde zum 1. September 2004 ausgezahlt; die auf den Namen seiner Ehefrau lautende Lebensversicherung wird erst im Jahre 2012 fällig. Vor dem Hintergrund der Versorgungslücken, die sich aus dem besonderen beruflichen Werdegang des Klägers ergeben, ist die Zweckbestimmung der Lebensversicherungen zur Altersvorsorge ohne Weiteres nachvollziehbar.

38

Die in § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bezeichnete Unverwertbarkeit auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung kann in diesem Zusammenhang nicht uneingeschränkt gelten. Denn vor dem 1. Januar 2005 konnten bei Lebensversicherungen die Versicherungsnehmer die Voraussetzungen der erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschrift bei der damaligen Vertragsgestaltung, die eine Einschränkung der Verwertbarkeit üblicherweise nicht vorsah, von vornherein nicht erfüllen. Dies zwingt bei der entsprechenden Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der Zeit vor dem 1. Januar 2005 für die Härtefallprüfung des § 193 Abs. 2 SGB III dazu, auf die Voraussetzungen einer vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit jedenfalls für die von § 165 Abs. 1 und 2 VVG betroffenen Lebensversicherungen zu verzichten (BSG, Urteile vom 14. September 2005 und vom 17. März 2005, jeweils a.a.O.).

39

Der Senat bezieht die vorstehend zitierte BSG-Rechtsprechung auch auf Fälle wie den vorliegenden, in dem zugunsten des Arbeitslosen infolge der Übergangsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV weiterhin der höhere (allgemeine) Freibetrag von 520,00 € zum Tragen kommt. Zwar liegt der BSG-Entscheidung vom 17. März 2005 (a.a.O.), in der erstmals die Gewährung eines weiteren Freibetrages von 200,00 € bei der Altersvorsorge dienenden Lebensversicherungen entwickelt wurde, ein Sachverhalt zu Grunde, in dem diese Übergangsregelung wegen jüngeren Alters des Arbeitslosen nicht eingriff. Bereits mit Urteil vom 9. Dezember 2004 (a.a.O.) hatte das BSG das Erfordernis einer allgemeinen Härteklausel jedoch in einem Fall entwickelt, in dem der dortige Kläger - wie hier - 1944 geboren ist. Auch die BSG-Entscheidung vom 25. Mai 2005 (a.a.O.), die für die notwendige allgemeine Härteklausel nochmals als Mindeststandard die Maßstäbe des ab 1. Januar 2005 geltenden Rechts (§ 12 SGB II) betont, bezieht sich auf einen Sachverhalt, in dem der dortige Kläger - wie hier - 1944 geboren ist. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dafür, dass das BSG mit dieser Rechtsprechung nur in den Fällen, in denen die AlhiV 2002 in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung einen auf 200,00 € herabgesenkten allgemeinen Freibetrag vorsah, im Wege einer ermächtigungs- und verfassungskonformen Auslegung den vorstehend beschriebenen weiteren Freibetrag schaffen wollte.

40

Ob es nach dieser Rechtsprechung in Fällen wie dem vorliegenden noch der gesonderten Feststellung eines Härtefalles bedarf oder ob bereits der Umstand, dass die Verwertung einer der Altersvorsorge dienenden Kapitallebensversicherung in Rede steht, im Rahmen der aus § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II abgeleiteten Grenzen ohne Weiteres einen Härtefall begründet, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls liegen hier nach den vom BSG in den Urteilen vom 14. September 2005 (a.a.O.) beschriebenen Maßstäben für eine Härtefallprüfung, die insbesondere auf Besonderheiten der jeweiligen Berufsbiographie und daraus resultierende Versorgungslücken abstellen (Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O.), weitere Umstände vor, aufgrund derer unabhängig von der Anlageform der Lebensversicherung ein Härtefall anzunehmen ist. Dies folgt insbesondere daraus, dass der Kläger nach seinem Wechsel von Nigeria in die Bundesrepublik Deutschland hier nur sehr eingeschränkt Rentenanwartschaften erwerben konnte, wobei erschwerend hinzukam, dass er aus den in der Berufungsbegründung glaubhaft geschilderten gesundheitlichen Gründen an der Ausübung des hier erlernten Berufs des Zahntechnikers gehindert war. Gerade die nicht mit Rentenanwartschaften belegte Zeit bis 1971 in Nigeria lässt den beruflichen Werdegang des Klägers grundlegend anders erscheinen als denjenigen eines Arbeitnehmers, der in der Bundesrepublik Deutschland altersentsprechende Rentenanwartschaften erwerben konnte, selbst wenn er später arbeitslos wurde. Dass ein Härtefall nicht schon vorliegt, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit eines Arbeitnehmers geschmälert wird (BSG, Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O.), ist hier deshalb nicht von entscheidender Bedeutung. Gleiches gilt für den allgemeinen Umstand, dass ein 60 Jahre alter Arbeitsloser aus Altersgründen nicht mehr in der Lage ist, seine Altersversorgung entscheidend zu verbessern. Maßgebend sind vielmehr - wie ausgeführt - die aus der besonderen Berufsbiographie des Klägers folgenden Versorgungslücken.

41

Nach allem hat die Berufung des Klägers Erfolg.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

43

Der Senat hat vor dem Hintergrund der vorliegenden BSG-Rechtsprechung keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, zumal die hier maßgeblichen Alhi-Vorschriften mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten sind.


(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. November 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht. Dabei geht es im Wesentlichen um Fragen der Bedürftigkeit.

2

Der 1944 geborene verheiratete Kläger, der aus Nigeria stammt und 1971 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, stand seit 1995 im Leistungsbezug der Beklagten. Seine Ehefrau ist 1950 geboren; sie bezog ab 1. März 2002 bis 20. Dezember 2003 Arbeitslosengeld (Alg). Der Kläger bezog zuletzt Alhi für den Bewilligungsabschnitt bis 17. Oktober 2003. Der wöchentliche Leistungssatz betrug ab 1. Januar 2003 117,18 € (Berechnungsgrundlagen: gerundetes Bemessungsentgelt 340,00 €, Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0). Eine Anrechnung von Vermögen erfolgte nicht.

3

Am 1. Oktober 2003 stellte der Kläger einen Fortzahlungsantrag. Dabei gab er - wie in früheren Leistungsanträgen - an, dass seine Ehefrau und er über folgende Kapitallebensversicherungen verfügten, die der Altersversorgung dienen sollten:

4

1. Lebensversicherung der Ehefrau des Klägers bei der H. (.),

5

Beginn 1. Mai 1982, Ablauf 1. Mai 2012,

6

Überschussguthaben zum 1. Mai 2002 9.702,00 €,

7

Rückkaufswert zum 1. November 2002 11.822,90 €,

8

Auszahlungsbetrag zum 1. November 2003 insgesamt 21.524,90 €.

9

2. Lebensversicherung des Klägers bei der A. ( ),

10

Beginn 1. September 1978, Ablauf 31. August 2004,

11

Rückkaufwert zum 1. November 2003 einschließlich

12

Überschussbeteiligung 36.823,80 €.

13

Mit Bescheid vom 12. November 2003 lehnte die Beklagte den Fortzahlungsantrag ab. Sie führte aus, dass der Kläger nicht bedürftig sei und deshalb keinen Leistungsanspruch habe (§§ 190, 193 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -). Er verfüge nämlich gemeinsam mit seiner Ehefrau über Vermögen in Höhe von 58.348,70 €, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für ihn in Höhe von 31.200,00 € und für seine Ehefrau in Höhe von 10.800,00 € verblieben 16.348,70 €. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.

14

Hiergegen legte der Kläger am 26. November 2003 Widerspruch ein. Er machte nochmals geltend, dass es sich bei dem berücksichtigten Vermögen um Rückkaufwerte aus zwei Lebensversicherungen handele, die der Altersversorgung dienen sollten. Er habe nur sehr geringe Rentenanwartschaften erworben; die zu erwartende Rente liege unter dem Sozialhilfesatz. Im Übrigen sei er mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 Schwerbehinderter. Er beanspruche Alhi lediglich bis zum voraussichtlichen Rentenbeginn am 1. April 2004. Nach Eintritt in das Rentenalter wolle er die Beträge aus den Lebensversicherungen dazu verwenden, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Seine Lebensversicherung werde im September 2004 fällig. Eine vorzeitige Kündigung sei wegen der damit verbundenen Verluste unwirtschaftlich. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die Lebensversicherungen bislang von der Beklagten nicht leistungsmindernd berücksichtigt worden seien.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2003, zugestellt am 16. Dezember 2003, wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Ergänzend begründete sie ihre Entscheidung mit den Bestimmungen der Arbeitslosenhilfe-Verordnung 2002 (AlhiV) und führte aus, dass danach nur das nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) geförderte Altersvorsorgevermögen und nachweislich für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte des Arbeitslosen und seines Partners, wenn diese nach § 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit seien, von der Berücksichtigung ausgenommen seien (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 AlhiV). In diesem Sinne privilegiertes Vermögen liege hier nicht vor. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Verwertung des Vermögens zumutbar. Die Verwertung der Lebensversicherung sei nur dann unwirtschaftlich und somit nicht zumutbar, wenn der Rückzahlungsbetrag nach Abzug eventueller Gebühren den Einzahlungsbetrag um mehr als 10 v. H. unterschreite. Das sei hier nicht der Fall. Da das verwertbare Vermögen des Klägers die nach § 1 Abs. 2 AlhiV maßgeblichen Freibeträge (Kläger: 60 x 520,00 € = 31.200,00 €; Ehefrau: 54 x 200,00 € = 10.800,00 €) übersteige, sei er nicht bedürftig. Es sei ihm zuzumuten, durch die Verwertung des Vermögens seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Alhi zu bestreiten.

16

Der Kläger hat am 13. Januar 2004 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Seit dem 1. April 2004 bezieht er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung Bund) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von 325,00 € monatlich.

17

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und unter Vorlage eines Schreibens der A. geltend gemacht, dass seine Lebensversicherung zum 1. September 2004 regulär ausgelaufen sei. Die Gesamtleistung zu diesem Stichtag habe 39.526,90 € betragen; der Rückkaufswert (Gesamtleistung) zum 1. Dezember 2003 habe sich auf 37.093,40 € belaufen. Bei vorzeitiger Kündigung dieser Versicherung hätte er somit einen Verlust von ca. 2.500,00 € erlitten.

18

Der Kläger hat beantragt,

19

den Bescheid vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe aufgrund seines Fortzahlungsantrages zu gewähren.

20

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Nach mündlicher Verhandlung am 30. November 2004 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen die in den angefochtenen Bescheiden vertretene Rechtsauffassung zu Eigen gemacht. Ergänzend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Entscheidungen der Beklagten auch mit den Bestimmungen der zum 1. Januar 2003 geänderten AlhiV in Einklang stünden. Die mit der geänderten Verordnung verbundenen Einschränkungen seien - insbesondere verfassungsrechtlich - nicht zu beanstanden.

23

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 21. Januar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Februar 2005 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers.

24

Zur Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen und rügt, dass das Sozialgericht nicht geprüft habe, ob in seiner Person eine soziale Härte vorliege, die trotz vorhandenen Vermögens zu einem Alhi-Anspruch führe. Insoweit nehme er Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 30/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr. 2), wonach neben den starren Altersfreibeträgen auch eine solche Härtefallprüfung vorzunehmen sei. In seinem Fall sei folgendes zu berücksichtigen: Er sei in Nigeria am Agrarministerium tätig gewesen. In Deutschland habe er zunächst Agrarwissenschaften studiert; das Studium habe er schließlich zwecks Versorgung seiner Familie aufgegeben. Von 1982 bis 1984 habe er eine Ausbildung zum Zahntechniker absolviert. Er habe diesen Beruf allerdings nicht ausüben können, weil er durch den mit dieser Tätigkeit verbundenen Kontakt mit Chemikalien (z. B. Asbest) erkrankt sei. Seither leide er unter Bronchialasthma und Allergien und sei mit einem GdB von 70 schwerbehindert. Für seine Tätigkeiten in Nigeria habe er keine Rentenanwartschaften erworben. Im Hinblick auf die in Deutschland zu erwartende niedrige Rente habe er bereits nach seiner Erkrankung in den 80er Jahren durch Abschluss von Kapitallebensversicherungen eine private Altersvorsorge aufgebaut. Bei vorzeitiger Inanspruchnahme würde die Alterssicherung unzureichend sein. Angesichts der Umstände könne von ihm nicht erwartet werden, dass er seine Lebensversicherung vorab in Anspruch nehme. Aufgrund seines Lebensalters sei er nicht mehr in der Lage, sich zusätzliches Vermögen selbst aufzubauen.

25

Der Kläger beantragt,

26

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie stützt das angefochtene Urteil und macht geltend, dass auch die von dem Kläger zitierte BSG-Rechtsprechung und weitere Entscheidungen des BSG zu keiner anderen Beurteilung führen könnten. Zwar habe das BSG entschieden, dass die AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsnorm insoweit nicht in Einklang stehe, als sie keine Regelung enthalte, nach der die besonderen Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden könnten. Der Freibetrag nach § 1 Abs. 2 AlhiV sei indessen - auch nach seiner 2003 und 2004 erfolgten Absenkung - ermächtigungs- und verfassungskonform. Vorliegend könne die Beklagte keinen (objektiven) Härtefall erkennen, der einer besonderen Würdigung bedürfe. Das BSG habe mit Urteil vom 27. Januar 2005 (B 7a/7 AL 34/04 R, veröffentlicht in juris) klargestellt, dass ein Härtefall nicht bereits darin zu sehen sei, dass sich der Arbeitslose angesichts seines fortgeschrittenen Alters keine weitergehende Altersversorgung mehr aufbauen könne. Diesem Aspekt werde nämlich bereits durch § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 (vorliegend zudem auch durch die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002) Rechnung getragen, indem älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt werde als jüngeren. Da die Vermögenswerte des Klägers und seiner Ehefrau deutlich über den erhöhten Freibeträgen gelegen hätten, gehe die Beklagte weiterhin von fehlender Bedürftigkeit des Klägers aus.

30

Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Denn unter Berücksichtigung der in der jüngsten Rechtsprechung des BSG entwickelten Maßstäbe hat der Kläger entgegen der von der Beklagten und - ihr folgend - von dem Sozialgericht vertretenen Auffassung Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 17. Oktober 2003 bis 31. März 2004 (§ 190 Abs. 1 Nr. 5, § 193 Abs. 2 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Dieser Anspruch ist insbesondere nicht wegen fehlender Bedürftigkeit ausgeschlossen.

32

Dass der Kläger die übrigen Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs. 1 SGB III für Alhi (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, fehlende Anwartschaftszeit auf Alg, Vorfrist) erfüllt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig und bedarf insoweit keiner weitern Begründung. Entgegen der vom Sozialgericht bestätigten Auffassung der Beklagten liegt auch Bedürftigkeit vor.

33

Nach § 193 Abs. 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. § 193 Abs. 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf u. a. sein Vermögen und das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. § 193 SGB III wird konkretisiert durch die AlhiV 2002, die für den hier streitigen Leistungszeitraum in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung zu Grunde zu legen ist.

34

Ausgehend von den seitens der Lebensversicherungsgesellschaften bescheinigten Rückkaufwerten zum 1. November 2003 (einschließlich Überschussbeteiligungen) von 21.524,90 € und 36.823,80 € (Summe: 58.348,70 €) sind danach zunächst die nach der AlhiV 2002 geltenden Freibeträge in Abzug zu bringen. Nach § 1 Abs. 2 AlhiV in der hier maßgeblichen Fassung ist Freibetrag ein Betrag von 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners (maximal jeweils 13.000,00 €); nach § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV ist abweichend davon der zuvor geltende Freibetrag von 520,00 € (Höchstbetrag: 33.800,00 €) weiterhin anzuwenden für Personen, die - wie der Kläger - bis zum 1. Januar 1948 geboren sind. Vor diesem Hintergrund ist hier zunächst von Freibeträgen für den Kläger in Höhe von 59 x 520,00 € = 30.680,00 € und für seine Ehefrau in Höhe von 54 x 200,00 € = 10.800,00 €, in der Summe also von einem Freibetrag in Höhe von 41.480,00 € auszugehen, wodurch sich das zu berücksichtigende Vermögen auf 16.868,70 € reduzierte. Soweit die Beklagte für den Kläger ursprünglich von einem Freibetrag von 60 x 520,00 € = 42.000,00 € ausgegangen war, lag - worauf in der Berufungserwiderung zu Recht hingewiesen wurde - ein Rechenfehler vor, weil der Kläger das 60. Lebensjahr erst am 24. März 2004 vollendet hat, nicht jedoch zu Beginn des hier streitigen Leistungszeitraums am 18. Oktober 2003.

35

Allerdings hat das BSG in jüngster Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass die Vorschriften der AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 193 SGB III nicht in Einklang stehen, weil in der AlhiV keine allgemeine Härteklausel (mehr) enthalten war (vgl. BSG, Urteile vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R und B 11a/11 AL 75/04 R; Urteile vom 25. Mai 2005, B 11a/11 AL 73/04 R und B 11a/11 AL 51/04 R, SozR 4-4220 § 6 Nr. 2; Urteil vom 17. März 2005, B 7a/7 AL 68/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr. 5; Urteil vom 9. Dezember 2004, B 7 AL 44/04 R, BSGE 94, 121 = SozR 4-4300 § 193 Nr. 3 - sämtlich auch veröffentlicht in juris -). Dies gilt auch für die - hier maßgebliche - zum 1. Januar 2003 geänderte Fassung der AlhiV (BSG, Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O., m.w.N.).

36

Mit Urteil vom 17. März 2005 (a.a.O.) hat das BSG entschieden, dass in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 im Rahmen einer gesetzlichen Härtefallregelung (§ 193 Abs. 2 SGB III) zusätzlich zum generellen Vermögensfreibetrag bei einer Lebensversicherung, die gemäß § 165 Abs. 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gekündigt werden konnte, 200,00 € pro Lebensjahr des Leistungsempfängers und seines Partners (Höchstbetrag je 13.000,00 €) als Härtefall privilegiert sind, wenn diese der Altersvorsorge dient. Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, dass bei der Berücksichtigung von Vermögen nach der AlhiV 2002 im Rahmen der Härtefallklausel zumindest die ab 1. Januar 2005 geltenden Grundfreibeträge des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in entsprechender Anwendung zu beachten seien. Dieser Rechtsprechung folgt der Senat (vgl. bereits Urteil des Senats vom 2. Dezember 2005, L 3 AL 100/04). Danach sind hier über die bereits beschriebenen Freibeträge hinaus auch die vom BSG in dem Urteil vom 17. März 2005 beschriebenen weiteren Freibeträge zu berücksichtigen, die in ihrer Summe das nach vorstehender Berechnung verbliebene Vermögen von 16.868,70 € übersteigen (59 x 200,00 € = 11.800,00 € zuzüglich 54 x 200,00 € = 10.800,00 €, Summe: 22.600,00 €).

37

Dass die Lebensversicherungen der Altersvorsorge dienen, ist nach Auffassung des Senats glaubhaft. Zum einen hat der Kläger stets eine entsprechende Zweckbestimmung geltend gemacht, zum anderen handelt es sich um Geldanlagen, die erst nach Eintritt des Rentenbezuges des Klägers fällig werden bzw. geworden sind. Die auf den Namen des Klägers lautende Lebensversicherung wurde zum 1. September 2004 ausgezahlt; die auf den Namen seiner Ehefrau lautende Lebensversicherung wird erst im Jahre 2012 fällig. Vor dem Hintergrund der Versorgungslücken, die sich aus dem besonderen beruflichen Werdegang des Klägers ergeben, ist die Zweckbestimmung der Lebensversicherungen zur Altersvorsorge ohne Weiteres nachvollziehbar.

38

Die in § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bezeichnete Unverwertbarkeit auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung kann in diesem Zusammenhang nicht uneingeschränkt gelten. Denn vor dem 1. Januar 2005 konnten bei Lebensversicherungen die Versicherungsnehmer die Voraussetzungen der erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschrift bei der damaligen Vertragsgestaltung, die eine Einschränkung der Verwertbarkeit üblicherweise nicht vorsah, von vornherein nicht erfüllen. Dies zwingt bei der entsprechenden Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der Zeit vor dem 1. Januar 2005 für die Härtefallprüfung des § 193 Abs. 2 SGB III dazu, auf die Voraussetzungen einer vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit jedenfalls für die von § 165 Abs. 1 und 2 VVG betroffenen Lebensversicherungen zu verzichten (BSG, Urteile vom 14. September 2005 und vom 17. März 2005, jeweils a.a.O.).

39

Der Senat bezieht die vorstehend zitierte BSG-Rechtsprechung auch auf Fälle wie den vorliegenden, in dem zugunsten des Arbeitslosen infolge der Übergangsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV weiterhin der höhere (allgemeine) Freibetrag von 520,00 € zum Tragen kommt. Zwar liegt der BSG-Entscheidung vom 17. März 2005 (a.a.O.), in der erstmals die Gewährung eines weiteren Freibetrages von 200,00 € bei der Altersvorsorge dienenden Lebensversicherungen entwickelt wurde, ein Sachverhalt zu Grunde, in dem diese Übergangsregelung wegen jüngeren Alters des Arbeitslosen nicht eingriff. Bereits mit Urteil vom 9. Dezember 2004 (a.a.O.) hatte das BSG das Erfordernis einer allgemeinen Härteklausel jedoch in einem Fall entwickelt, in dem der dortige Kläger - wie hier - 1944 geboren ist. Auch die BSG-Entscheidung vom 25. Mai 2005 (a.a.O.), die für die notwendige allgemeine Härteklausel nochmals als Mindeststandard die Maßstäbe des ab 1. Januar 2005 geltenden Rechts (§ 12 SGB II) betont, bezieht sich auf einen Sachverhalt, in dem der dortige Kläger - wie hier - 1944 geboren ist. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dafür, dass das BSG mit dieser Rechtsprechung nur in den Fällen, in denen die AlhiV 2002 in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung einen auf 200,00 € herabgesenkten allgemeinen Freibetrag vorsah, im Wege einer ermächtigungs- und verfassungskonformen Auslegung den vorstehend beschriebenen weiteren Freibetrag schaffen wollte.

40

Ob es nach dieser Rechtsprechung in Fällen wie dem vorliegenden noch der gesonderten Feststellung eines Härtefalles bedarf oder ob bereits der Umstand, dass die Verwertung einer der Altersvorsorge dienenden Kapitallebensversicherung in Rede steht, im Rahmen der aus § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II abgeleiteten Grenzen ohne Weiteres einen Härtefall begründet, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls liegen hier nach den vom BSG in den Urteilen vom 14. September 2005 (a.a.O.) beschriebenen Maßstäben für eine Härtefallprüfung, die insbesondere auf Besonderheiten der jeweiligen Berufsbiographie und daraus resultierende Versorgungslücken abstellen (Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O.), weitere Umstände vor, aufgrund derer unabhängig von der Anlageform der Lebensversicherung ein Härtefall anzunehmen ist. Dies folgt insbesondere daraus, dass der Kläger nach seinem Wechsel von Nigeria in die Bundesrepublik Deutschland hier nur sehr eingeschränkt Rentenanwartschaften erwerben konnte, wobei erschwerend hinzukam, dass er aus den in der Berufungsbegründung glaubhaft geschilderten gesundheitlichen Gründen an der Ausübung des hier erlernten Berufs des Zahntechnikers gehindert war. Gerade die nicht mit Rentenanwartschaften belegte Zeit bis 1971 in Nigeria lässt den beruflichen Werdegang des Klägers grundlegend anders erscheinen als denjenigen eines Arbeitnehmers, der in der Bundesrepublik Deutschland altersentsprechende Rentenanwartschaften erwerben konnte, selbst wenn er später arbeitslos wurde. Dass ein Härtefall nicht schon vorliegt, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit eines Arbeitnehmers geschmälert wird (BSG, Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O.), ist hier deshalb nicht von entscheidender Bedeutung. Gleiches gilt für den allgemeinen Umstand, dass ein 60 Jahre alter Arbeitsloser aus Altersgründen nicht mehr in der Lage ist, seine Altersversorgung entscheidend zu verbessern. Maßgebend sind vielmehr - wie ausgeführt - die aus der besonderen Berufsbiographie des Klägers folgenden Versorgungslücken.

41

Nach allem hat die Berufung des Klägers Erfolg.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

43

Der Senat hat vor dem Hintergrund der vorliegenden BSG-Rechtsprechung keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, zumal die hier maßgeblichen Alhi-Vorschriften mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten sind.


(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. September 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) in der Zeit vom 14. März bis 2. Oktober 2003.

2

Der 1948 geborene Kläger bezog ab 9. Februar 2000 bis 13. März 2002 (mit Unterbrechung durch eine selbstständige Tätigkeit) Arbeitslosengeld (Alg). Am 14. Februar 2002 beantragte er die Gewährung von Alhi. In einem Zusatzfragebogen Lebensversicherung gab das Versorgungsamt der P. GmbH an, dass für den Kläger eine Lebensversicherung über 43.153,00 € mit Fälligkeitsdatum 1. Juni 2013 für ihn abgeschlossen sei. Es seien Beiträge in Höhe von 42.808,96 DM und 794,82 € gezahlt worden, der Rückkaufwert belaufe sich am 1. März 2002 auf 61.238,20 €, davon seien Darlehen in Höhe von 10.225,48 € sowie die Kapitalerträge abzuziehen. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin Alhi ab 14. März 2002 bis 13. März 2003. Am 11. Februar 2003 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Alhi. Dazu reichte er eine Bescheinigung des Versorgungswerks der P. GmbH ein, wonach der Rückkaufwert der Lebensversicherung am 1. März 2003 65.156,70 € betrage. Der Kläger führte dazu mit Schreiben vom 1. März 2003 aus, dass die Lebensversicherung ursprünglich seiner Altersversorgung habe dienen sollen. Um seine Arbeitslosigkeit zu beenden, benötige er das Geld nunmehr, um eine Pension zu finanzieren. Mit Bescheid vom 6. März 2003 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger verfüge über ein Vermögen von 65.156,70 €, dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für den Kläger in Höhe von 10.800,00 € und in Höhe von 9.200,00 € für seine Ehefrau verbleibe ein Betrag von 45.146,70 €, der bei der Bedürftigkeit zu berücksichtigen sei. Dagegen erhob der Kläger am 11. März 2003 Widerspruch und übersandte dazu eine Mitteilung der P.-Versorgung GmbH, wonach der Rückkaufwert der Lebensversicherung 47.772,90 € betrage. Nachdem der Kläger den Widerspruch mit Schreiben vom 25. März 2003 zunächst zurückgenommen hatte, erhielt er ihn mit am 2. April 2003 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben aufrecht. Mit Bescheid vom 25. Juni 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Nach der ab 1. Januar 2003 geltenden Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) sei das gesamte verwertbare Vermögen nach Abzug des Freibetrages von 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Ehegatten, höchstens jeweils 13.000,00 €, zur Bestreitung des Lebensunterhalts von dem Arbeitslosen zu verwenden. Die angefochtene Entscheidung entspreche der ab 1. Januar 2003 geänderten neuen Rechtslage.

3

Aus einem Schreiben der P.-Versorgung GmbH geht hervor, dass der Kläger am 4. April 2003 einen Teilrückkauf der Lebensversicherung in Höhe von 27.800,00 € durchführte. Das verbliebene Gesamtkapital betrug 25.139,00 €. Am 29. August 2003 verzog der Kläger nach Bad E. und beantragte dort am 2. Oktober 2003 die Weitergewährung von Alhi. Dies wurde wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt. Dagegen hat der Kläger Klage erhoben. Ein Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz ist insoweit anhängig. Dort ist Streitgegenstand ein Anspruch auf Alhi ab 2. Oktober 2003.

4

Am 15. Juli 2003 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Schleswig Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2003 erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Verwertung der Lebensversicherung mache eine angemessene Alterssicherung unmöglich. Er könne auch bei einer dauerhaften Wiedereingliederung ins Erwerbsleben keine Rente oberhalb der Sozialhilfe erhalten. Im Übrigen würde er gegenüber solchen Arbeitslosenhilfebeziehern benachteiligt, die ihre Alterssicherung durch eine Riester-Rente abgesichert hätten. Außerdem bestünden Bedenken gegen die Gültigkeit der AlhiV. Diese habe ab 1. Januar 2003 die Anrechnung von Vermögen massiv zu Lasten der Arbeitslosen verschlechtert. Die Herabsetzung der Freibeträge sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht mehr gedeckt. Der verbleibende Vermögensschutz werde der Alhi in Abgrenzung zur Sozialhilfe nicht mehr gerecht. Er habe die obligatorische Versicherung bei dem Versorgungswerk der P. GmbH abschließen müssen und dabei darauf vertraut, dass er für den Fall von Arbeitslosigkeit nicht gezwungen werde, diese Altersvorsorge vorzeitig angreifen zu müssen. Dieses schutzwürdige Vertrauen werde durch den Verordnungsgeber verletzt und damit Art. 20 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Dadurch, dass er gezwungen werde, seine Lebensversicherung aufzulösen, werde auch der Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG verletzt. Außerdem verstoße die Verordnung auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da sie verschiedene Formen der Alterssicherung unterschiedlich behandele, ohne dass hierfür ein Rechtsgrund vorgelegen habe.

5

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

6

den Bescheid vom 6. März 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2003 abzuändern und ihm Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.

7

Die Beklagte hat sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen und beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. September 2004 mit Urteil vom selben Tage die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zu Recht habe die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Alhi ab dem 14. März 2003 abgelehnt. Gemäß § 1 Abs. 1 der AlhiV vom 23. Dezember 2002 sei das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteige. Nach Abs. 2 sei ein Freibetrag in Höhe von 200,00 € je Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners zu berücksichtigen, soweit diese jeweils den Betrag von 13.000,00 € nicht überstiegen. In Abs. 3 sei abschließend das Vermögen aufgeführt, welches bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden dürfe. Diese Vorschriften habe die Beklagte rechtsfehlerfrei angewendet. Streitig sei zwischen den Beteiligten allein, ob die Beklagte zu Recht die Kapitallebensversicherung, die beim Versorgungswerk der P. GmbH abgeschlossen worden sei, habe mitberücksichtigen dürfen. Hiervon sei nach den o.g. maßgeblichen Vorschriften auszugehen. Die Lebensversicherung falle nicht unter § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 AlhiV 2002, da es sich weder um nach § 10a oder dem 11. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes gefördertes Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge und der geforderten laufenden Altersvorsorgebeiträge handele und der Kläger auch nicht nach § 231 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Nach den vorliegenden Daten der Lebensversicherung sei auch nicht davon auszugehen, dass der Erlös aus der Verwertung in einem deutlichen Missverhältnis zu dem tatsächlichen Wert des einzusetzenden Vermögens stehe. Soweit der Kläger meine, auch unter Geltung der AlhiV 2002 sei nachgewiesenes Altersvorsorgevermögen, das die Freibetragsgrenze übersteige, vor einer Anrechnung geschützt, wenn anderenfalls die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung erschwert wäre und sich hierzu auf die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2003 - S 58 AL 2208/02 - berufe, habe dies die Kammer nicht überzeugt. Auch habe sie sich der Argumentation des Klägers nicht anschließen können, dass die AlhiV gegen das GG verstoße, weil die Ermächtigungsnorm des § 206 Nr. 1 SGB III keine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Erlass der Verordnung darstelle und dass die neue AlhiV einen Eingriff in Art. 14 GG darstelle, weil sie durch die Anrechung des Vermögens die Situation für die Arbeitslosen massiv verschlechtert habe. Nach Auffassung der Kammer bestünden gegen die Gültigkeit der AlhiV 2002 keine durchgreifenden Bedenken. Sie beruhe auf einer gültigen Ermächtigungsgrundlage und genüge dem Zitiergebot. Die die Berücksichtigung von Altersvorsorgevermögen betreffenden Bestimmungen stünden mit der Ermächtigungsgrundlage in Einklang und verstießen weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen das Rechtsstaatsprinzip oder den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Berücksichtigung der kapitalbildenden Lebensversicherung stehe nicht eine fehlende Verwertbarkeit i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AlhiV 2002 entgegen. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung übersteige in jedem Falle den hier zu berücksichtigenden Freibetrag des Klägers sowie den seiner Ehefrau (54 x 200,00 € = 10.800,00 € für den Kläger + 46 x 200,00 € = 9.200,00 € für die Ehefrau des Klägers), unabhängig davon, ob als Rückkaufswert nach den Angaben des Versorgungswerks der P. GmbH im Verwaltungsverfahren ein Betrag von 61.238,20 € zu Grunde zu legen sei oder ein Rückkaufswert in Höhe von 47.772,90 €.

10

Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26. November 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 8. Dezember 2004 eingegangene Berufung des Klägers. Damit macht er geltend, die AlhiV in der Fassung vom 23. Dezember 2002 gehe nicht auf eine gültige Ermächtigung zurück. Denn § 206 Nr. 1 des SGB III genüge nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Dadurch sei die massive Verschlechterung der Vermögensanrechnung der Arbeitslosen massiv zu deren Lasten verschlechtert worden. Diese Verschlechterung greife in seine - des Klägers - Eigentumsrechte ein und habe sein schutzwürdiges Vertrauen enttäuscht. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass die Alhi der Sozialhilfe praktisch angeglichen werde. Es bestehe außerdem eine massive Ungleichbehandlung zwischen solchen Alhi-Beziehern, die ihre Alterssicherung durch eine Riester-Rente abgesichert hätten und solchen, die, wie er, ihre Alterssicherung in Form von Lebensversicherungen aufgebaut hätten. Darauf sei das Sozialgericht nicht eingegangen. Mittlerweile habe das Bundessozialgericht (BSG) im Übrigen entschieden, dass die Vorschriften der ab 1. Januar 2002 in Kraft getretenen AlhiV nicht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 193 Abs. 2 SGB III in Einklang stünden, weil in der AlhiV 2002 keine allgemeine Härteklausel enthalten sei. Dies gelte auch für die zum 1. Januar 2003 geänderte Fassung der AlhiV.

11

Der Kläger beantragt,

12

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. September 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 14. März 2003 bis 2. Oktober 2003 Arbeitslosenhilfe zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie erwidert: Das BSG habe in mehreren Entscheidungen zur rechtlichen Einordnung der AlhiV entschieden, dass die AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsnorm des § 193 Abs. 2 i.V.m. § 206 Nr. 3 SGB III insoweit nicht in Einklang stehe, als sie keine Regelung enthalte, nach der besondere Umstände eines Einzelfalles berücksichtigt werden könnten. Der generelle Freibetrag nach § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 vom 520,00 € wie auch die Absenkung dieses Betrages auf 200,00 € seien ermächtigungs- und verfassungskonform, wenn für die Entscheidung im Einzelfall auf Grund einer Härteklausel noch ein individueller Entscheidungsfreiraum verbleibe. Im vorliegenden Fall seien keine besonderen Umstände, die einer besonderen Würdigung bedürften, zu erkennen. Die Tatsache als solche, dass der Antrag auf Alhi abgelehnt worden sei, stelle objektiv keinen Härtefall dar. Außerdem sei ein Härtefall nicht bereits darin zu sehen, dass der Arbeitslose sich angesichts seines fortgeschrittenen Alters keine weiter gehende Altersversorgung mehr aufbauen könne. Diesem Aspekt werde bereits durch die Vorschrift des § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 dadurch Rechnung getragen, dass älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt werde als jüngeren. Andere Gründe, vorliegend von einem Härtefall auszugehen, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Selbst wenn man dem Kläger einen weiteren Freibetrag von 20.000,00 € einräumen wollte, müsste man feststellen, dass auch bei einem Freibetrag von (zusammen) 40.000,00 € immer noch ein übersteigendes Vermögen festzustellen wäre.

16

Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Akten der Beklagten vorgelegen. Diese sind Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen. Darauf sowie auf die Gerichtsakten wird im Übrigen wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

18

Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch auf Alhi verneint. Auch nach der neuesten Rechtsprechung des BSG liegen dessen Voraussetzungen nicht vor. Das Urteil des Sozialgerichts war deshalb zu bestätigen.

19

Streitig ist hier nur der Zeitraum bis zum 2. Oktober 2003, da der Kläger nach Bad E. verzogen ist und dort einen neuen Alhi-Antrag gestellt hat, den die Beklagte ebenfalls abgelehnt hat. Ein gerichtliches Verfahren ist insoweit vor dem LSG Rheinland-Pfalz anhängig. Der Rechtsstreit ist nach Auskunft des LSG noch nicht entscheidungsreif.

20

Nach § 190 Abs. 1 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung hat Anspruch auf Alhi, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat, 3. einen Anspruch auf Alg nicht hat, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat, 4. in der Vorfrist Alg bezogen hat, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, und 5. bedürftig ist. Nach § 193 Abs. 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Nicht bedürftig ist nach Abs. 2 der Vorschrift ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. § 193 SGB III wird konkretisiert durch die AlhiV 2002 i.d.F. vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4607). Nach § 1 Abs. 1 ist das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen, soweit dessen Wert den Freibetrag nicht übersteigt. Freibetrag ist nach Abs. 2 der Vorschrift ein Betrag von 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 € nicht übersteigen. Die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 1 AlhiV greift zwar zugunsten des Klägers ein, weil er in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2002 Alhi bezogen hat. Dies führt jedoch nur zur Anwendung der Vorgängervorschrift des § 1 Abs. 2, d. h. zur Berücksichtigung des höheren Freibetrags von 520,00 €, für den laufenden Bewilligungszeitraum, also bis zum 13. März 2003. Für die Zeit danach greift Satz 2 der Vorschrift, d. h. die Weiteranwendung der Vorgängervorschrift, nicht ein, weil der Kläger nach dem 1. Januar 1948, nämlich 1948, geboren ist.

21

Dass die Lebensversicherung verwertbar ist, ist unter den Beteiligten zu Recht unstreitig und auch durch den tatsächlichen Geschehensablauf bestätigt. Dass am 11. Februar 2003 (zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt, s. § 2 Abs. 2 AlhiV) der Rückkaufswert jedenfalls 47.772,90 € betrug, ergibt sich aus dem Schreiben der P.-Versorgung GmbH vom 19. März 2003. Zwar hatte die P.-Versorgung GmbH in einem Schreiben vom 14. Februar 2003 den Rückkaufswert mit 65.146,70 € angegeben. Aber auch wenn man den geringeren Wert zu Grunde legt, überstieg das vorhandene Vermögen (47.772,90 € - 10.800,00 € für den Kläger und 9.200,00 € für die Ehefrau = 27.772,90 €) die Freibeträge nach § 1 Abs. 2 AlhiV.

22

Dass die Absenkung des generellen Freibetrages von 520,00 € auf 200,00 € verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und ermächtigungskonform ist, hat das BSG im Urteil vom 17. März 2005 (Az.: B 7a/7 AL 68/04 R) entschieden. Dem schließt sich der Senat an. Schon zuvor hatte das BSG allerdings mehrfach entschieden, dass die AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsgrundlage in §§ 206 Nr. 1, 193 SGB III insoweit nicht in Einklang stehe, als sie keine Regelung enthalte, nach der die besonderen Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden könnten (allgemeine Härteklausel - vergl. z. B. BSG vom 27. Januar 2005 - B 7a/7 AL 34/04 R - m.w.N.). Im Urteil vom 17. März 2005 (a.a.O.) hat das BSG weiter entschieden, dass in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 zusätzlich zum generellen Vermögensfreibetrag bei einer Lebensversicherung, die gemäß § 165 Abs. 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz gekündigt werden konnte, 200,00 € pro Lebensjahr des Leistungsempfängers und seines Partners (Höchstbetrag je 13.000,00 €) als Härtefall privilegiert sind, wenn die Versicherung der Altersvorsorge dient. Das BSG hat dies mit der Regelung in § 12 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) begründet. Danach werden vom Vermögen einerseits die Grundfreibeträge und andererseits geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, nochmals in Höhe der Grundfreibeträge abgesetzt. Von einer subjektiven Zweckbestimmung zur Altersvorsorge sei auszugehen, wenn die Fälligkeit der Verträge auf das 60. bis 65. Lebensjahr datiert sind. Dies ist im Falle des 1948 geborenen Klägers bei einem Fälligkeitszeitraum im Juni 2013 der Fall. Aber auch wenn zusätzliche 20.000,00 € als anrechnungsfrei, also insgesamt 40.000,00 € berücksichtigt werden, übersteigt der Rückkaufswert von 47.772,90 € zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung diesen Betrag.

23

Die Verwertung ist auch nicht unwirtschaftlich, weil der Rückkaufswert die geleisteten Beiträge (ca. 29.563,96 €) übersteigt (vergl. dazu BSG vom 27. Januar 2005, a.a.O.).

24

Dass im Übrigen die Verwertung unbillig hart wäre, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist ein Härtefall nicht bereits darin zu sehen, dass der Kläger sich in seinem Alter eine weiter gehende Altersversorgung nicht mehr aufbauen kann (vergl. so BSG vom 27. Januar 2005, a.a.O.).

25

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. August 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 22. März 2004 bis 31. Dezember 2004 hat.

2

Der ... 1949 geborene Kläger ist seit 1973 mit der am 17. April 1956 geborenen L.M.. verheiratet. Die Eheleute haben zwei gemeinsame Kinder (geb. ... 1974 und ... 1979). Der Kläger hat nach Abschluss seiner Lehre zum Kfz-Mechaniker zunächst ca. 14 Jahre in seiner Lehrfirma und bei einem Großhändler im Ersatzteillager gearbeitet. Zuletzt war er vom 1. Oktober 1985 bis 31. Januar 2002 als Lagerverwalter im Ersatzteillager der Firma B. GmbH in Norderstedt beschäftigt.

3

Am 23. Januar 2002 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung vom 1. Februar 2002 arbeitslos und stellte einen Antrag auf Arbeitslosengeld (Alg). Der Kläger bezog Alg vom 1. Februar 2002 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 21. März 2004.

4

Am 19. März 2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Alhi. Er gab an, dass er gemeinsam mit seiner Ehefrau über sechs Lebensversicherungen bei der B.B. LEBENSVERSICHERUNG a.G. verfüge. Zum 31. März 2004 stellten sich bei diesen Versicherungen die Versicherungssumme (einschließlich der aus Überschussanteilen gebildeten Bonussumme), der Versicherungsbeginn, der Versicherungsablauf, der Rückkaufswert aus der jeweiligen Hauptversicherung sowie der Rückkaufswert aus der Bonussumme, der Stornoabzug bei vorzeitiger Auflösung zum 31. März 2004 und die Summe der ab Versicherungsbeginn bis zum 31. März 2004 eingezahlten Beiträge im Einzelnen wie folgt dar:

5

1. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825601

6
Versicherungssumme (einschließlich Bonussumme):

5.301,40 EUR

Versicherungsbeginn: 1. März 1966;

Versicherungsablauf: 28. Februar 2014;

Versicherte Person: Kläger;

Versicherungsnehmer: Kläger;

Rückkaufswert aus der Hauptversicherung und der Bonussumme:

3.796,80 EUR;

Stornoabzug bei vorzeitiger Auflösung zum 31. März 2004:

66,80 EUR;

Summe der vom 1. März 1966 bis 31. März 2004 eingezahlten Beiträge:

1.752,18 EUR (Bl. 71, 72, 73 d. Gerichtsakten - GA)

7

2. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825602

8
Versicherungssumme (einschließlich Bonussumme):

7.784,15 EUR

Versicherungsbeginn: 1. März 1968;

Versicherungsablauf: 28. Februar 2014

Versicherte Person: Kläger

Versicherungsnehmer: Kläger

Rückkaufswert aus der Hauptversicherung und der Bonussumme:

5.459,70 EUR

Stornoabzug bei vorzeitiger Auflösung zum 31. März 2004:

115,50 EUR

Summe der vom 1. März 1968 bis 31. März 2004 eingezahlten Beiträge:

2.944,40 EUR (Bl. 71, 72, 74 d. GA)

9

3. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825605

10
Versicherungssumme (einschließlich Bonussumme):

46.298,33 EUR

Versicherungsbeginn: 1. Juni 1978

Versicherungsablauf: 31. Mai 2014

Versicherte Person: Kläger

Versicherungsnehmer: Kläger

Rückkaufswert aus der Hauptversicherung und der Bonussumme:

26.133,90 EUR

Stornoabzug bei vorzeitiger Auflösung zum 31. März 2004:

840,40 EUR

Summe der vom 1. Juni 1978 bis 31. März 2004 eingezahlten Beiträge:

19.520,76 EUR (Bl. 71, 72, 75 d. GA).

11

4. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825610

12
Versicherungssumme (einschließlich Bonussumme):

32.845,01 EUR

Versicherungsbeginn: 1. März 1983

Versicherungsablauf: 28. Februar 2014

Versicherte Person: Kläger

Versicherungsnehmer: Kläger

Rückkaufswert aus der Hauptversicherung und der Bonussumme:

15.592,20 EUR

Stornoabzug bei vorzeitiger Auflösung zum 31. März 2004:

648,50 EUR

Summe der vom 1. März 1983 bis 31. März 2004 eingezahlten Beiträge:

15.862,07 EUR (Bl. 71, 72, 76 d. GA).

13

5. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825611

14
Versicherungssumme (einschließlich Bonussumme):

43.485,65 EUR

Versicherungsbeginn: 1. Januar 1983

Versicherungsablauf: 31. Dezember 2015

Versicherte Person: Ehefrau

Versicherungsnehmer: Kläger

Rückkaufswert aus der Hauptversicherung und der Bonussumme:

20.094,50 EUR

Stornoabzug bei vorzeitiger Auflösung zum 31. März 2004:

724,30 EUR

Summe der vom 1. Januar 1983 bis 31. März 2004 eingezahlten Beiträge:

17.231,94 EUR (Bl. 71, 72, 77 d. GA).

15

6. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825637

16
Versicherungssumme (einschließlich Bonussumme):

7.038,46 EUR

Versicherungsbeginn: 1. November 1992

Versicherungsablauf: 31. Oktober 2004

Versicherte Person: Kläger

Versicherungsnehmer: Kläger

Rückkaufswert aus der Hauptversicherung und der Bonussumme:

6.649,73 EUR

Stornoabzug bei vorzeitiger Auflösung:

0,00 EUR

Summe der vom 1. November 1992 bis 31. März 2004 eingezahlten Beiträge:

5.463,56 EUR (Bl. 71, 72, 78 d. GA).

17

Mit Bescheid vom 7. April 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Alhi wegen fehlender Bedürftigkeit ab. Zur Begründung führte sie aus: Der Kläger verfüge gemeinsam mit seiner Ehefrau über ein Vermögen in Höhe von 77.726,83 EUR, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für den Kläger in Höhe von 11.000,00 EUR und für die Ehefrau in Höhe von 9.600,00 EUR (insgesamt 20.600,00 EUR) verblieben 57.126,83 EUR. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.

18

Hiergegen erhob der Kläger am 30. April 2004 Widerspruch. Zur Begründung gab er an: Seine Lebensversicherungen dürften bei der Bedürftigkeitsprüfung nicht berücksichtigt werden. Es handele sich um Altersvorsorgevermögen. Die Verwertung sei mit erheblichen Verlusten verbunden. Die Verwertung dieser Lebensversicherungen sei zudem unzumutbar, da drastische Einschnitte in der gesetzlichen Altersrente zu erwarten seien.

19

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2004 im Wesentlichen aus den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück.

20

Hiergegen hat der Kläger am 12. August 2004 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Lübeck erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und bekräftigt. Ergänzend hat er ausgeführt: Seine Ehefrau habe in der Vergangenheit kaum Erwerbseinkommen erzielt, so dass sie selbst fast keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwarten habe. Insofern sei sein eigener lückenloser Versicherungsverlauf nicht ausschlaggebend.

21

Der Kläger hat beantragt,

22

den Bescheid vom 7. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Alhi in gesetzlicher Höhe ab Antragstellung zu gewähren.

23

Die Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Sie hat auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

26

Nach mündlicher Verhandlung vom 29. August 2005 hat das SG die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Kläger stehe Alhi auf Grund mangelnder Bedürftigkeit nicht zu. Die Verwertung der Lebensversicherungen sei nicht offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 6 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002. Der Kläger erhalte bei einem Rückkauf der Lebensversicherungen mehr zurück, als er zum Stichtag des 31. März 2004 eingezahlt habe. Dem erzielbaren Vermögen bei Rückkauf in Höhe von 77.726,83 EUR stünden bisher eingezahlte 62.774,91 EUR gegenüber. Es liege auch keine Härte im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei deren Verwertung für den Kläger vor. Der doppelte Freibetrag betrage 41.200,00 EUR, so dass bei Abzug dieses Freibetrages von dem Gesamtrückkaufswert immer noch ein Vermögen in Höhe von 36.526,83 EUR verbleibe. Auch die Berufsbiografie des Klägers gebe keinen Anlass, eine Härte festzustellen, da diese lückenlos sei. Schließlich gebe auch die Berufsbiografie seiner Ehefrau keinen Anlass, einen Härtefall anzunehmen. Diese sei nach Angaben des Klägers über die Ehejahre hinweg nahezu nicht erwerbstätig gewesen, so dass unterstellt werden könne, dass die Ehefrau des Klägers nur eine geringe eigene Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung erwirtschaftet habe. Die Ehefrau des Klägers sei im Hinblick auf ihre Alterssicherung darauf zu verweisen, dass sie bei der mit ihrem Ehemann, dem Kläger, vereinbarten Rollenverteilung auch im Alter ihren Lebensstandard von ihrem Ehemann ableite. Bei einer „Haushaltsführungsehe“ verdiene der im aktiven Erwerbsleben beschäftigte Ehegatte den Familienunterhalt, während der andere seiner Verpflichtung zum Familienunterhalt durch die Haushaltsführung nachgehe. In diesem Fall entstünden naturgemäß bei dem nicht erwerbstätigen oder nur geringfügig bzw. episodisch erwerbstätigen Ehegatten massive Lücken in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Folge, dass möglicherweise überhaupt kein eigener Rentenanspruch entstehe. Dieses Resultat der zwischen Ehegatten vereinbarten Lebensführung könne aber nicht zu einem Härtefall führen. Im Übrigen sei die Ehefrau des Klägers bereits über die Freibetragsregelung bzw. die Heranziehung eines doppelten Freibetrages mit in die Bedürftigkeitsprüfung einbezogen.

27

Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 27. Oktober 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. November 2005 (Montag) bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er vor: Auch wenn seine Berufsbiografie lückenlos erscheine, treffe dies auf die Biografie seiner Ehefrau nicht zu. Sofern das SG auf die unterhaltsrechtliche Ausgestaltung der Ehe in der Vergangenheit abstelle und daraus auch eine Reduzierung des Lebensstandards im Alter herleite, sei dies zu kurz gedacht. Die Versicherungsverträge, die er mit der B.B. VERSICHERUNG a.G. abgeschlossen habe, reichten zum Teil sehr weit in die Vergangenheit zurück und seien schon in den 60er Jahren abgeschlossen worden. Er habe schon zu einem frühen Zeitpunkt während der Ehe Vorsorge für eine angemessene Alterssicherung getroffen und diese im Laufe der gemeinsamen Ehezeit immer weiter ausgebaut, damit seine Ehefrau im Alter entsprechend abgesichert sei, gerade weil sie nur geringe Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe. Damit sei während der gesamten Ehezeit auch für seine Ehefrau eine eigenständige private Absicherung der Altersvorsorge erfolgt, die nunmehr durch die Anrechnung des Vermögens zwar nicht wertlos, aber deutlich entwertet worden sei. Gerade wegen der Abhängigkeit seiner Ehefrau auch bei der Altersvorsorge stelle es eine unbillige Härte dar, wenn man nur von den Freibeträgen ausgehe, wie sie in der AlhiV in der im Jahre 2004 maßgeblichen Fassung festgeschrieben seien. Seine Ehefrau erreiche nicht einmal eine durchschnittliche Altersabsicherung, während der Freibetrag, wie er vom BSG entwickelt worden sei, auf den Unterschied zwischen der gesetzlichen (Mindest-)Absicherung und der angemessenen Absicherung abstelle. Sowohl er als auch seine Ehefrau hätten während der Ehezeit durch den Abschluss der Versicherungsverträge Verzicht geübt, um auch im Alter eine entsprechende Absicherung zu erhalten. Die Anwendung der in der AlhiV 2002 in der hier maßgeblichen Fassung vorgesehenen Freibeträge stelle sich in seinem besonderen Fall als Härte dar, die auch nicht durch die Anwendung des doppelten Freibetrages abgemildert werden könne.

28

Der Kläger beantragt,

29

das Urteil des SG Lübeck vom 29. August 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Alhi ab 22. März 2004 bis 31. Dezember 2004 zu gewähren.

30

Die Beklagte beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor: Die Einlassungen des Klägers ergäben keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte. Es komme nicht darauf an, ob das zu verwertende Vermögen unter Konsumverzicht erworben worden sei. Die Berufsbiografie des Klägers und daraus möglicherweise resultierende Versorgungslücken könnten keine besondere Härte begründen. Denn als Gründe für im Rahmen der Härtefallregelung zu berücksichtigende Lücken beim Aufbau einer Versorgungsanwartschaft seien nur Umstände zu berücksichtigen, die auf bestimmten, von der Rechtsordnung gebilligten Dispositionen beruhten, die zumindest mit denjenigen Gründen vergleichbar seien, die den Tatbeständen der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu Grunde lägen. Kein derartiger Sachverhalt liege vor, wenn die Altersvorsorge durch Zeiten der Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers geschmälert werde. Die Arbeitslosigkeit beruhe in der Regel nicht auf einer Willensentscheidung des Betroffenen und könne jedenfalls nicht als schützenswerte (berufliche) Disposition anerkannt werden. Der Arbeitslose werde hinsichtlich derartiger Lücken auf den durch die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezuges sowie durch die gesetzlich geregelten Freibeträge gewährleisteten Mindestschutz verwiesen. Das Argument des Klägers, dass seine Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung zukünftig entwertet würden, stelle eine generelle Entwicklung dar, die für die Beurteilung einer besonderen Härte nicht beachtlich sei. Ob mit Rücksicht auf eine nicht einmal durchschnittliche Altersabsicherung für die Ehefrau des Klägers eine besondere Härte anzuerkennen sei, sei fraglich. Das BSG habe mit Urteil vom 14. September 2005 (Az.: B 11a/11 AL 71/04 R) zum Ausdruck gebracht, dass die Anwendung der allgemeinen Härteklausel nur für mit Rücksicht auf Zeiten der Kindererziehung eines Elternteils gebildetes Altersvorsorgevermögen in einem Umfang in Betracht komme, der durch die rentenversicherungsrechtlichen Nachteile geboten sei. Ein über die gesetzlichen Freibeträge hinausgehendes Altersvorsorgevermögen sei, so das BSG (a.a.O.), in dem Umfang zu schützen, der geeignet sei, den durch die Aufgabe der Erwerbstätigkeit konkret entstehenden Nachteil auszugleichen. Hierbei seien Vorteile, z.B. in der gesetzlichen Rentenversicherung gutgeschriebene Kindererziehungszeiten, in Ansatz zu bringen. Ob vorliegend rentenversicherungsrechtliche Nachteile vorlägen und diese ausreichten, um von einem zu berücksichtigenden Vermögen von weit über 30.000,00 EUR absehen zu können, sei nicht ersichtlich. Schließlich sei die Verwertung der sechs Kapitallebensversicherungen des Klägers nicht offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002.

33

Der Berichterstatter hat zur weiteren Sachaufklärung Auskünfte über die vom Kläger bei der B.B. LEBENSVERSICHERUNG a.G. abgeschlossenen Lebensversicherungen hinsichtlich Versicherungssumme, Versicherungsbeginn, Versicherungsablauf, Rückkaufswert und Beitragszahlungen eingeholt. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das Schreiben der B.B. LEBENSVERSICHERUNG a.G. vom 12. April 2006 und den dortigen Anlagen Bezug genommen (Bl. 71 - 78 d. GA). Der Kläger hat einen Versicherungsverlauf und eine Rentenauskunft für sich und seine Ehefrau vom 14. Oktober 2003 bzw. 11. April 2002 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu den GA gereicht. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Bl. 82 bis 108 d. GA verwiesen.

34

Dem Senat haben die den Kläger betreffende Leistungsakte der Beklagten und die GA vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

35

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

36

Zu Recht hat das SG einen Anspruch des Klägers auf Alhi für die Zeit vom 22. März 2004 bis 31. Dezember 2004 verneint. Der Bescheid der Beklagten vom 7. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2004, mit dem sie einen Anspruch auf Gewährung von Alhi ab 22. März 2004 wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

37

Nach § 193 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (a.F.) ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das Vermögen seines Partners die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs. 2 SGB III a.F.). § 193 Abs. 2 SGB III a.F. wird konkretisiert durch die AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734) in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848). Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines in § 1 Abs. 1 Nr. 2 AlhiV 2002 näher umschriebenen Partners zu berücksichtigen, soweit dessen Wert den Freibetrag nicht übersteigt.

38

Zum hier maßgeblichen Stichtag, dem 22. März 2004, verfügte der Kläger (zusammen mit seiner Ehefrau) über folgende Vermögenswerte:

39
1. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825601
Rückkaufswert einschließlich
Überschussbeteiligung 3.796,80 EUR
Kosten bei vorzeitiger Auflösung -66,80 EUR
3.730,00 EUR
2. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825602
Rückkaufswert einschließlich
Überschussbeteiligung 5.459,70 EUR
Kosten bei vorzeitiger Auflösung -115,50 EUR
5.344,20 EUR
3. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825605
Rückkaufswert einschließlich
Überschussbeteiligung 26.133,90 EUR
Kosten bei vorzeitiger Auflösung -840,40 EUR
25.293,50 EUR
4. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825610
Rückkaufswert einschließlich
Überschussbeteiligung 15.592,20 EUR
Kosten bei vorzeitiger Auflösung -648,50 EUR
14.943,70 EUR
5. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825611
Rückkaufswert einschließlich
Überschussbeteiligung 20.094,50 EUR
Kosten bei vorzeitiger Auflösung - 724,30 EUR
19.370,20 EUR
6. Kapitallebensversicherung Vertrag Nr.: V 0101825637
Rückkaufswert einschließlich
Überschussbeteiligung 6.649,73 EUR
Kosten bei vorzeitiger Auflösung - 0,00 EUR
6.649,73 EUR
Gesamt: 75.331,33 EUR
40

Der Verwertung dieser Lebensversicherungen steht nicht die Bestimmung des § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 entgegen. Danach sind Sachen und Rechte als Vermögen nicht zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist. Offensichtlich unwirtschaftlich ist eine Verwertung nur dann, wenn der dadurch erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005, B 11a/11 AL 51/04 R, SozR 4-4220 § 6 Nr. 2; Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, veröffentlicht in juris). Umgekehrt ist offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005, a.a.O.). Das BSG hat eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 stets verneint, wenn der Rückkaufswert der Lebensversicherung (nach Abzug von Gebühren) die Summe der eingezahlten Beiträge übersteigt (BSG, Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 75/04 R, veröffentlicht in juris). Dies ist vorliegend bei fünf der sechs o.g. Versicherungen der Fall (Nr. V 0101825601: Rückkaufswert [nach Abzug von Gebühren]: 3.730,00 EUR, Summe der eingezahlten Beiträge zum 22. März 2004: 1.752,18 EUR; Nr. V 0101825602: Rückkaufswert [nach Abzug von Gebühren]: 5.344,20 EUR, Summe der eingezahlten Beiträge zum 22. März 2004: 2.944,40 EUR; Nr. V 0101825605: Rückkaufswert [nach Abzug von Gebühren]: 25.293,50 EUR, Summe der eingezahlten Beiträge zum 22. März 2004: 19.520,76 EUR; Nr. V 0101825611: Rückkaufswert [nach Abzug von Gebühren]: 19.370,20 EUR, Summe der eingezahlten Beiträge zum 22. März 2004: 17.231,94 EUR; Nr. V 0101825637: Rückkaufswert [nach Abzug von Gebühren]: 6.649,73 EUR, Summe der eingezahlten Beiträge zum 22. März 2004: 5.463,56 EUR). Lediglich bei der Kapitallebensversicherung (Nr. V 0101825610) sind die vom Kläger zum 22. März 2004 eingezahlten Beiträge (15.862,07 EUR) höher als der Rückkaufswert (nach Abzug von Gebühren) bei einer unterstellten Verwertung dieser Versicherung zum 22. März 2004 (14.943,70 EUR). Der wirtschaftliche Verlust würde insoweit 918,37 EUR (ca. 5,8 v.H.) betragen. Eine Vermögensreduzierung in dieser Größenordnung ist jedoch nach Auffassung des Senats nicht so erheblich, dass schon von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ausgegangen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 25. Mai 2005, a.a.O.).

41

Freibetrag ist nach dem bereits am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 i.d.F. vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4607) ein Betrag von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 EUR nicht übersteigen. Die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 AlhiV 2002 (mit einem Freibetrag von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners) greift vorliegend nicht, weil der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2002 keinen Anspruch auf Alhi hatte und auch nicht bis zum 1. Januar 1948 geboren wurde. Vor diesem Hintergrund ist hier zunächst von Freibeträgen für den Kläger von 54 x 200,00 EUR = 11.000,00 EUR und für seine Ehefrau in Höhe von 48 x 200,00 EUR = 9.600,00 EUR, in der Summe also von einem Freibetrag in Höhe von 20.600,00 EUR auszugehen, wodurch sich das zu berücksichtigende Vermögen auf 54.731,33 EUR (75.331,33 EUR - 20.600,00 EUR) reduziert.

42

Zwar hat das BSG (u.a.) in seinen Urteilen vom 17. März 2005 (B 7a/7 AL 68/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr. 5) und 25. Mai 2005 (a.a.O.) festgestellt, dass die zum 1. Januar 2003 erfolgte Absenkung des generellen Freibetrages von 520,00 EUR auf 200,00 EUR in der AlhiV 2002 grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Zugleich hat es jedoch auch entschieden, dass in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 im Rahmen einer gesetzlichen Härteregelung nach § 193 Abs. 2 SGB III zusätzlich zum generellen Vermögensfreibetrag bei einer Lebensversicherung, die nach § 165 Abs. 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gekündigt werden konnte, 200,00 EUR pro Lebensjahr des Leistungsempfängers und seines Partners (Höchstbetrag je 13.000,00 EUR) als Härtefall privilegiert sind, wenn die Lebensversicherung der Altersvorsorge dient. Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, dass bei der Berücksichtigung von Vermögen nach der AlhiV 2002 im Rahmen der Härtefallklausel zumindest die ab 1. Januar 2005 geltenden Grundfreibeträge des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in entsprechender Anwendung zu beachten seien. Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat wiederholt angeschlossen (Urteile vom 2. Dezember 2005, L 3 AL 100/04; 24. Februar 2006, L 3 AL 18/05 und 17. März 2006, L 3 AL 87/05). In seiner Entscheidung vom 17. März 2005 (a.a.O.) hat das BSG ausgeführt, dass eine Lebensversicherung nach ihrer subjektiven Zweckbestimmung der Altersvorsorge dient, wenn die Fälligkeit des Lebensversicherungsvertrages „in etwa auf den Zeitpunkt des 60. bis 65. Lebensjahres datiert ist“ (vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 19. Juni 1996, 7 RAr 116/95, SozR 3-4100 § 137 Nr. 6). Dies ist bei den vorliegenden Lebensversicherungen des Klägers mit Ausnahme der Lebensversicherung Nr. V 0101825637 der Fall, bei der das Vertragsende bereits auf den 31. Oktober 2004 bestimmt war. Auch bei Berücksichtigung dieses weiteren Freibetrages, also nochmals 20.600,00 EUR für den Kläger und seine Ehefrau, verbleibt noch ein verwertbares Vermögen in Höhe von 34.131,33 EUR (54.731,33 EUR – 20.600,00 EUR).

43

Dass im Übrigen die Verwertung der Lebensversicherungen unbillig hart wäre, ist nicht ersichtlich. Die Berufsbiografie des Klägers weist - worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat - keine die Annahme einer besonderen Härte rechtfertigende Versorgungslücken auf. Dass die Altersversorgung des Klägers und (mittelbar auch die seiner Ehefrau) durch die Zeiten seiner Arbeitslosigkeit geschmälert wird, ist unerheblich. Der Arbeitslose wird hinsichtlich derartiger Lücken auf den durch die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezuges sowie durch die gesetzlich geregelten Freibeträge gewährleisteten Mindestschutz verwiesen (BSG, Urteil vom 14. September 2005, a.a.O.). Schließlich ist ein Härtefall auch nicht darin zu sehen, dass der Kläger sich in seinem Alter eine weiter gehende Altersvorsorge nicht mehr aufbauen kann. Dem trägt § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 dadurch Rechnung, dass älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt wird als jüngeren (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2005, a.a.O.).

44

Sofern der Kläger darauf hinweist, dass durch die Anrechnung der Lebensversicherungen auch die Altersversorgung seiner Ehefrau geschmälert werde, die - wie aus dem zu den GA gereichten Versicherungsverlauf ersichtlich ist - lediglich geringe Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, ist zunächst anzumerken, dass die Ehefrau des Klägers bereits durch die doppelte Freibetragsregelung (hier: 2 x 9.600,00 EUR = 19.200,00 EUR) privilegierend in die Alhi-Bedürftigkeitsprüfung einbezogen worden ist.

45

Allerdings hat das BSG in seiner Entscheidung vom 14. September 2005 (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass auch die Aufgabe einer Beschäftigung zum Zwecke der Kindererziehung und daraus resultierende Lücken im Versicherungsverlauf Grundlage für die Bejahung einer allgemeinen Härte sein könne. Der betroffene Personenkreis werde durch seine Entscheidung, sich innerhalb der Familie der Kindererziehung zu widmen, gegenüber Personen, die durchgängig einer Erwerbstätigkeit nachgingen, hinsichtlich seiner Altersversorgung benachteiligt. Dem Bedürfnis, die durch Kinderziehung bedingten Lücken im Versicherungsverlauf zu schließen, trage der Gesetzgeber durch den rentenversicherungsrechtlichen Nachteilausgleich der Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI), der zudem für Geburten vor dem 1. Januar 1992 nach § 249 Abs. 1 SGB VI auf zwölf Monate begrenzt sei, nur unvollkommen Rechnung. Auch wenn sich Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eine Verpflichtung des Gesetzgebers nicht entnehmen lasse, eine optimale Altersversorgung von Erziehenden sicherzustellen, müsse er jedenfalls eine Benachteiligung gegenüber durchgehend Erwerbstätigen vermeiden, soweit die Nachteile durch private Anstrengungen ausgeglichen werden sollen. Denn eine Anrechnung des Altersvorsorgevermögens von Eltern, die Erziehungsleistungen erbracht haben, auf die Alhi enthalte sowohl im Verhältnis zu den nach § 231 SGB VI in der Rentenversicherung Befreiten, als auch im Verhältnis zu den durchgängig Beschäftigten eine Benachteiligung, die sich in Widerspruch zu den Wertungen des Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG setzen würde. Diesem Umstand müsse, so das BSG, deshalb im Rahmen der allgemeinen Härteklausel Rechnung getragen werden. Allerdings hat das BSG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anwendung der allgemeinen Härteklausel nur für mit Rücksicht auf Zeiten der Kindererziehung gebildetes Altersvorsorgevermögen in einem Umfang in Betracht kommt, der durch die rentenversicherungsrechtlichen Nachteile geboten ist. Ein über die gesetzlichen Freibeträge hinausgehendes Altersvorsorgevermögen ist nur in dem Umfang zu schützen, der geeignet ist, den durch die Aufgabe der Erwerbstätigkeit konkret entstehenden Nachteil auszugleichen. Hierbei sind Vorteile - z.B. in der gesetzlichen Rentenversicherung gutgeschriebene Kindererziehungszeiten - in Ansatz zu bringen. Dabei hat das BSG der vom Gesetzgeber in § 26 Abs. 2a SGB III (eingefügt durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente [Job-AQTIV-Gesetz] vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443) vorgenommenen Wertungen entnommen, dass jedenfalls die rentenversicherungsrechtlichen Nachteile von Erziehenden bis zur Vollendung des drittes Lebensjahres eines Kindes Berücksichtigung finden müssen. Aber selbst wenn der Senat in Würdigung dieser BSG-Rechtsprechung und in Anerkennung der Kindererziehungsleistungen der Ehefrau des Klägers die Kapitallebensversicherung Nr. V 0101825611 (Versicherungssumme [einschließlich Bonussumme]: 43.485,65 EUR; Rückkaufswert [nach Abzug der Gebühren]: 19.370,20 EUR), in der als versicherte Person die Ehefrau des Klägers benannt ist, sogar voll – d.h. ohne Berücksichtigung der rentenversicherungsrechtlichen Vorteile der Ehefrau des Klägers durch die dort für sie „gutgeschriebenen“ Kindererziehungszeiten - aus der Bedürftigkeitsprüfung herausnähme, verbliebe zum hier maßgeblichen Stichtag (22. März 2004) immer noch ein im Rahmen der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung verwertbares Vermögen in Höhe von 14.761,13 EUR (34.131,33 EUR - 19.370,20 EUR).

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.

47

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).


(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. November 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht. Dabei geht es im Wesentlichen um Fragen der Bedürftigkeit.

2

Der 1944 geborene verheiratete Kläger, der aus Nigeria stammt und 1971 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, stand seit 1995 im Leistungsbezug der Beklagten. Seine Ehefrau ist 1950 geboren; sie bezog ab 1. März 2002 bis 20. Dezember 2003 Arbeitslosengeld (Alg). Der Kläger bezog zuletzt Alhi für den Bewilligungsabschnitt bis 17. Oktober 2003. Der wöchentliche Leistungssatz betrug ab 1. Januar 2003 117,18 € (Berechnungsgrundlagen: gerundetes Bemessungsentgelt 340,00 €, Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0). Eine Anrechnung von Vermögen erfolgte nicht.

3

Am 1. Oktober 2003 stellte der Kläger einen Fortzahlungsantrag. Dabei gab er - wie in früheren Leistungsanträgen - an, dass seine Ehefrau und er über folgende Kapitallebensversicherungen verfügten, die der Altersversorgung dienen sollten:

4

1. Lebensversicherung der Ehefrau des Klägers bei der H. (.),

5

Beginn 1. Mai 1982, Ablauf 1. Mai 2012,

6

Überschussguthaben zum 1. Mai 2002 9.702,00 €,

7

Rückkaufswert zum 1. November 2002 11.822,90 €,

8

Auszahlungsbetrag zum 1. November 2003 insgesamt 21.524,90 €.

9

2. Lebensversicherung des Klägers bei der A. ( ),

10

Beginn 1. September 1978, Ablauf 31. August 2004,

11

Rückkaufwert zum 1. November 2003 einschließlich

12

Überschussbeteiligung 36.823,80 €.

13

Mit Bescheid vom 12. November 2003 lehnte die Beklagte den Fortzahlungsantrag ab. Sie führte aus, dass der Kläger nicht bedürftig sei und deshalb keinen Leistungsanspruch habe (§§ 190, 193 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -). Er verfüge nämlich gemeinsam mit seiner Ehefrau über Vermögen in Höhe von 58.348,70 €, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für ihn in Höhe von 31.200,00 € und für seine Ehefrau in Höhe von 10.800,00 € verblieben 16.348,70 €. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.

14

Hiergegen legte der Kläger am 26. November 2003 Widerspruch ein. Er machte nochmals geltend, dass es sich bei dem berücksichtigten Vermögen um Rückkaufwerte aus zwei Lebensversicherungen handele, die der Altersversorgung dienen sollten. Er habe nur sehr geringe Rentenanwartschaften erworben; die zu erwartende Rente liege unter dem Sozialhilfesatz. Im Übrigen sei er mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 Schwerbehinderter. Er beanspruche Alhi lediglich bis zum voraussichtlichen Rentenbeginn am 1. April 2004. Nach Eintritt in das Rentenalter wolle er die Beträge aus den Lebensversicherungen dazu verwenden, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Seine Lebensversicherung werde im September 2004 fällig. Eine vorzeitige Kündigung sei wegen der damit verbundenen Verluste unwirtschaftlich. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die Lebensversicherungen bislang von der Beklagten nicht leistungsmindernd berücksichtigt worden seien.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2003, zugestellt am 16. Dezember 2003, wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Ergänzend begründete sie ihre Entscheidung mit den Bestimmungen der Arbeitslosenhilfe-Verordnung 2002 (AlhiV) und führte aus, dass danach nur das nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) geförderte Altersvorsorgevermögen und nachweislich für die Alterssicherung bestimmte Sachen und Rechte des Arbeitslosen und seines Partners, wenn diese nach § 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit seien, von der Berücksichtigung ausgenommen seien (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 AlhiV). In diesem Sinne privilegiertes Vermögen liege hier nicht vor. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Verwertung des Vermögens zumutbar. Die Verwertung der Lebensversicherung sei nur dann unwirtschaftlich und somit nicht zumutbar, wenn der Rückzahlungsbetrag nach Abzug eventueller Gebühren den Einzahlungsbetrag um mehr als 10 v. H. unterschreite. Das sei hier nicht der Fall. Da das verwertbare Vermögen des Klägers die nach § 1 Abs. 2 AlhiV maßgeblichen Freibeträge (Kläger: 60 x 520,00 € = 31.200,00 €; Ehefrau: 54 x 200,00 € = 10.800,00 €) übersteige, sei er nicht bedürftig. Es sei ihm zuzumuten, durch die Verwertung des Vermögens seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Alhi zu bestreiten.

16

Der Kläger hat am 13. Januar 2004 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Seit dem 1. April 2004 bezieht er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung Bund) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von 325,00 € monatlich.

17

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und unter Vorlage eines Schreibens der A. geltend gemacht, dass seine Lebensversicherung zum 1. September 2004 regulär ausgelaufen sei. Die Gesamtleistung zu diesem Stichtag habe 39.526,90 € betragen; der Rückkaufswert (Gesamtleistung) zum 1. Dezember 2003 habe sich auf 37.093,40 € belaufen. Bei vorzeitiger Kündigung dieser Versicherung hätte er somit einen Verlust von ca. 2.500,00 € erlitten.

18

Der Kläger hat beantragt,

19

den Bescheid vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe aufgrund seines Fortzahlungsantrages zu gewähren.

20

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Nach mündlicher Verhandlung am 30. November 2004 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen die in den angefochtenen Bescheiden vertretene Rechtsauffassung zu Eigen gemacht. Ergänzend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Entscheidungen der Beklagten auch mit den Bestimmungen der zum 1. Januar 2003 geänderten AlhiV in Einklang stünden. Die mit der geänderten Verordnung verbundenen Einschränkungen seien - insbesondere verfassungsrechtlich - nicht zu beanstanden.

23

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 21. Januar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Februar 2005 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers.

24

Zur Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen und rügt, dass das Sozialgericht nicht geprüft habe, ob in seiner Person eine soziale Härte vorliege, die trotz vorhandenen Vermögens zu einem Alhi-Anspruch führe. Insoweit nehme er Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Dezember 2004 (B 7 AL 30/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr. 2), wonach neben den starren Altersfreibeträgen auch eine solche Härtefallprüfung vorzunehmen sei. In seinem Fall sei folgendes zu berücksichtigen: Er sei in Nigeria am Agrarministerium tätig gewesen. In Deutschland habe er zunächst Agrarwissenschaften studiert; das Studium habe er schließlich zwecks Versorgung seiner Familie aufgegeben. Von 1982 bis 1984 habe er eine Ausbildung zum Zahntechniker absolviert. Er habe diesen Beruf allerdings nicht ausüben können, weil er durch den mit dieser Tätigkeit verbundenen Kontakt mit Chemikalien (z. B. Asbest) erkrankt sei. Seither leide er unter Bronchialasthma und Allergien und sei mit einem GdB von 70 schwerbehindert. Für seine Tätigkeiten in Nigeria habe er keine Rentenanwartschaften erworben. Im Hinblick auf die in Deutschland zu erwartende niedrige Rente habe er bereits nach seiner Erkrankung in den 80er Jahren durch Abschluss von Kapitallebensversicherungen eine private Altersvorsorge aufgebaut. Bei vorzeitiger Inanspruchnahme würde die Alterssicherung unzureichend sein. Angesichts der Umstände könne von ihm nicht erwartet werden, dass er seine Lebensversicherung vorab in Anspruch nehme. Aufgrund seines Lebensalters sei er nicht mehr in der Lage, sich zusätzliches Vermögen selbst aufzubauen.

25

Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 17. Oktober 2003 hinaus Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie stützt das angefochtene Urteil und macht geltend, dass auch die von dem Kläger zitierte BSG-Rechtsprechung und weitere Entscheidungen des BSG zu keiner anderen Beurteilung führen könnten. Zwar habe das BSG entschieden, dass die AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsnorm insoweit nicht in Einklang stehe, als sie keine Regelung enthalte, nach der die besonderen Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden könnten. Der Freibetrag nach § 1 Abs. 2 AlhiV sei indessen - auch nach seiner 2003 und 2004 erfolgten Absenkung - ermächtigungs- und verfassungskonform. Vorliegend könne die Beklagte keinen (objektiven) Härtefall erkennen, der einer besonderen Würdigung bedürfe. Das BSG habe mit Urteil vom 27. Januar 2005 (B 7a/7 AL 34/04 R, veröffentlicht in juris) klargestellt, dass ein Härtefall nicht bereits darin zu sehen sei, dass sich der Arbeitslose angesichts seines fortgeschrittenen Alters keine weitergehende Altersversorgung mehr aufbauen könne. Diesem Aspekt werde nämlich bereits durch § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 (vorliegend zudem auch durch die Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002) Rechnung getragen, indem älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt werde als jüngeren. Da die Vermögenswerte des Klägers und seiner Ehefrau deutlich über den erhöhten Freibeträgen gelegen hätten, gehe die Beklagte weiterhin von fehlender Bedürftigkeit des Klägers aus.

30

Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Denn unter Berücksichtigung der in der jüngsten Rechtsprechung des BSG entwickelten Maßstäbe hat der Kläger entgegen der von der Beklagten und - ihr folgend - von dem Sozialgericht vertretenen Auffassung Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 17. Oktober 2003 bis 31. März 2004 (§ 190 Abs. 1 Nr. 5, § 193 Abs. 2 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Dieser Anspruch ist insbesondere nicht wegen fehlender Bedürftigkeit ausgeschlossen.

32

Dass der Kläger die übrigen Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs. 1 SGB III für Alhi (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, fehlende Anwartschaftszeit auf Alg, Vorfrist) erfüllt, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig und bedarf insoweit keiner weitern Begründung. Entgegen der vom Sozialgericht bestätigten Auffassung der Beklagten liegt auch Bedürftigkeit vor.

33

Nach § 193 Abs. 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. § 193 Abs. 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf u. a. sein Vermögen und das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. § 193 SGB III wird konkretisiert durch die AlhiV 2002, die für den hier streitigen Leistungszeitraum in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung zu Grunde zu legen ist.

34

Ausgehend von den seitens der Lebensversicherungsgesellschaften bescheinigten Rückkaufwerten zum 1. November 2003 (einschließlich Überschussbeteiligungen) von 21.524,90 € und 36.823,80 € (Summe: 58.348,70 €) sind danach zunächst die nach der AlhiV 2002 geltenden Freibeträge in Abzug zu bringen. Nach § 1 Abs. 2 AlhiV in der hier maßgeblichen Fassung ist Freibetrag ein Betrag von 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners (maximal jeweils 13.000,00 €); nach § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV ist abweichend davon der zuvor geltende Freibetrag von 520,00 € (Höchstbetrag: 33.800,00 €) weiterhin anzuwenden für Personen, die - wie der Kläger - bis zum 1. Januar 1948 geboren sind. Vor diesem Hintergrund ist hier zunächst von Freibeträgen für den Kläger in Höhe von 59 x 520,00 € = 30.680,00 € und für seine Ehefrau in Höhe von 54 x 200,00 € = 10.800,00 €, in der Summe also von einem Freibetrag in Höhe von 41.480,00 € auszugehen, wodurch sich das zu berücksichtigende Vermögen auf 16.868,70 € reduzierte. Soweit die Beklagte für den Kläger ursprünglich von einem Freibetrag von 60 x 520,00 € = 42.000,00 € ausgegangen war, lag - worauf in der Berufungserwiderung zu Recht hingewiesen wurde - ein Rechenfehler vor, weil der Kläger das 60. Lebensjahr erst am 24. März 2004 vollendet hat, nicht jedoch zu Beginn des hier streitigen Leistungszeitraums am 18. Oktober 2003.

35

Allerdings hat das BSG in jüngster Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass die Vorschriften der AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 193 SGB III nicht in Einklang stehen, weil in der AlhiV keine allgemeine Härteklausel (mehr) enthalten war (vgl. BSG, Urteile vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R und B 11a/11 AL 75/04 R; Urteile vom 25. Mai 2005, B 11a/11 AL 73/04 R und B 11a/11 AL 51/04 R, SozR 4-4220 § 6 Nr. 2; Urteil vom 17. März 2005, B 7a/7 AL 68/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr. 5; Urteil vom 9. Dezember 2004, B 7 AL 44/04 R, BSGE 94, 121 = SozR 4-4300 § 193 Nr. 3 - sämtlich auch veröffentlicht in juris -). Dies gilt auch für die - hier maßgebliche - zum 1. Januar 2003 geänderte Fassung der AlhiV (BSG, Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O., m.w.N.).

36

Mit Urteil vom 17. März 2005 (a.a.O.) hat das BSG entschieden, dass in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 im Rahmen einer gesetzlichen Härtefallregelung (§ 193 Abs. 2 SGB III) zusätzlich zum generellen Vermögensfreibetrag bei einer Lebensversicherung, die gemäß § 165 Abs. 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gekündigt werden konnte, 200,00 € pro Lebensjahr des Leistungsempfängers und seines Partners (Höchstbetrag je 13.000,00 €) als Härtefall privilegiert sind, wenn diese der Altersvorsorge dient. Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, dass bei der Berücksichtigung von Vermögen nach der AlhiV 2002 im Rahmen der Härtefallklausel zumindest die ab 1. Januar 2005 geltenden Grundfreibeträge des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in entsprechender Anwendung zu beachten seien. Dieser Rechtsprechung folgt der Senat (vgl. bereits Urteil des Senats vom 2. Dezember 2005, L 3 AL 100/04). Danach sind hier über die bereits beschriebenen Freibeträge hinaus auch die vom BSG in dem Urteil vom 17. März 2005 beschriebenen weiteren Freibeträge zu berücksichtigen, die in ihrer Summe das nach vorstehender Berechnung verbliebene Vermögen von 16.868,70 € übersteigen (59 x 200,00 € = 11.800,00 € zuzüglich 54 x 200,00 € = 10.800,00 €, Summe: 22.600,00 €).

37

Dass die Lebensversicherungen der Altersvorsorge dienen, ist nach Auffassung des Senats glaubhaft. Zum einen hat der Kläger stets eine entsprechende Zweckbestimmung geltend gemacht, zum anderen handelt es sich um Geldanlagen, die erst nach Eintritt des Rentenbezuges des Klägers fällig werden bzw. geworden sind. Die auf den Namen des Klägers lautende Lebensversicherung wurde zum 1. September 2004 ausgezahlt; die auf den Namen seiner Ehefrau lautende Lebensversicherung wird erst im Jahre 2012 fällig. Vor dem Hintergrund der Versorgungslücken, die sich aus dem besonderen beruflichen Werdegang des Klägers ergeben, ist die Zweckbestimmung der Lebensversicherungen zur Altersvorsorge ohne Weiteres nachvollziehbar.

38

Die in § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bezeichnete Unverwertbarkeit auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung kann in diesem Zusammenhang nicht uneingeschränkt gelten. Denn vor dem 1. Januar 2005 konnten bei Lebensversicherungen die Versicherungsnehmer die Voraussetzungen der erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Vorschrift bei der damaligen Vertragsgestaltung, die eine Einschränkung der Verwertbarkeit üblicherweise nicht vorsah, von vornherein nicht erfüllen. Dies zwingt bei der entsprechenden Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der Zeit vor dem 1. Januar 2005 für die Härtefallprüfung des § 193 Abs. 2 SGB III dazu, auf die Voraussetzungen einer vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit jedenfalls für die von § 165 Abs. 1 und 2 VVG betroffenen Lebensversicherungen zu verzichten (BSG, Urteile vom 14. September 2005 und vom 17. März 2005, jeweils a.a.O.).

39

Der Senat bezieht die vorstehend zitierte BSG-Rechtsprechung auch auf Fälle wie den vorliegenden, in dem zugunsten des Arbeitslosen infolge der Übergangsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV weiterhin der höhere (allgemeine) Freibetrag von 520,00 € zum Tragen kommt. Zwar liegt der BSG-Entscheidung vom 17. März 2005 (a.a.O.), in der erstmals die Gewährung eines weiteren Freibetrages von 200,00 € bei der Altersvorsorge dienenden Lebensversicherungen entwickelt wurde, ein Sachverhalt zu Grunde, in dem diese Übergangsregelung wegen jüngeren Alters des Arbeitslosen nicht eingriff. Bereits mit Urteil vom 9. Dezember 2004 (a.a.O.) hatte das BSG das Erfordernis einer allgemeinen Härteklausel jedoch in einem Fall entwickelt, in dem der dortige Kläger - wie hier - 1944 geboren ist. Auch die BSG-Entscheidung vom 25. Mai 2005 (a.a.O.), die für die notwendige allgemeine Härteklausel nochmals als Mindeststandard die Maßstäbe des ab 1. Januar 2005 geltenden Rechts (§ 12 SGB II) betont, bezieht sich auf einen Sachverhalt, in dem der dortige Kläger - wie hier - 1944 geboren ist. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dafür, dass das BSG mit dieser Rechtsprechung nur in den Fällen, in denen die AlhiV 2002 in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung einen auf 200,00 € herabgesenkten allgemeinen Freibetrag vorsah, im Wege einer ermächtigungs- und verfassungskonformen Auslegung den vorstehend beschriebenen weiteren Freibetrag schaffen wollte.

40

Ob es nach dieser Rechtsprechung in Fällen wie dem vorliegenden noch der gesonderten Feststellung eines Härtefalles bedarf oder ob bereits der Umstand, dass die Verwertung einer der Altersvorsorge dienenden Kapitallebensversicherung in Rede steht, im Rahmen der aus § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II abgeleiteten Grenzen ohne Weiteres einen Härtefall begründet, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls liegen hier nach den vom BSG in den Urteilen vom 14. September 2005 (a.a.O.) beschriebenen Maßstäben für eine Härtefallprüfung, die insbesondere auf Besonderheiten der jeweiligen Berufsbiographie und daraus resultierende Versorgungslücken abstellen (Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O.), weitere Umstände vor, aufgrund derer unabhängig von der Anlageform der Lebensversicherung ein Härtefall anzunehmen ist. Dies folgt insbesondere daraus, dass der Kläger nach seinem Wechsel von Nigeria in die Bundesrepublik Deutschland hier nur sehr eingeschränkt Rentenanwartschaften erwerben konnte, wobei erschwerend hinzukam, dass er aus den in der Berufungsbegründung glaubhaft geschilderten gesundheitlichen Gründen an der Ausübung des hier erlernten Berufs des Zahntechnikers gehindert war. Gerade die nicht mit Rentenanwartschaften belegte Zeit bis 1971 in Nigeria lässt den beruflichen Werdegang des Klägers grundlegend anders erscheinen als denjenigen eines Arbeitnehmers, der in der Bundesrepublik Deutschland altersentsprechende Rentenanwartschaften erwerben konnte, selbst wenn er später arbeitslos wurde. Dass ein Härtefall nicht schon vorliegt, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit eines Arbeitnehmers geschmälert wird (BSG, Urteil vom 14. September 2005, B 11a/11 AL 71/04 R, a.a.O.), ist hier deshalb nicht von entscheidender Bedeutung. Gleiches gilt für den allgemeinen Umstand, dass ein 60 Jahre alter Arbeitsloser aus Altersgründen nicht mehr in der Lage ist, seine Altersversorgung entscheidend zu verbessern. Maßgebend sind vielmehr - wie ausgeführt - die aus der besonderen Berufsbiographie des Klägers folgenden Versorgungslücken.

41

Nach allem hat die Berufung des Klägers Erfolg.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

43

Der Senat hat vor dem Hintergrund der vorliegenden BSG-Rechtsprechung keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, zumal die hier maßgeblichen Alhi-Vorschriften mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten sind.


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.