Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Juli 2009 - L 1 SF 30/09 KO

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2009:0717.L1SF30.09KO.0A
bei uns veröffentlicht am17.07.2009

Tenor

Der Sachverständige ist mit 2.382,25 EUR zu vergüten.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

In dem Berufungsverfahren L 8 U 13/06 geht es um die Frage, ob eine Polyneuropathie und eine Parkinson-Erkrankung als Berufskrankheiten anzuerkennen sind, weil der Kläger als Maler schädigenden Stoffen ausgesetzt war.

2

Der Senat beauftragte den Antragsteller am 11. Dezember 2008, unter Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen und nach Untersuchung des Klägers ein internistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten gemäß § 109 SGG zu den geltend gemachten Erkrankungen, zur Kausalität zwischen diesen und den schädigenden Einwirkungen und schließlich zur Höhe der MdE zu erstellen. Der Antragsteller erhielt hierzu von der Serviceeinheit 183 Seiten Verwaltungsakten und 286 Seiten Gerichtsakten übersandt. Darin waren drei medizinische Gutachten und eine Krankenakte (zusammen gut 100 Seiten) und außerdem sehr viele ärztliche Berichte, Arztbriefe und Stellungnahmen enthalten. Der Antragsteller untersuchte den Kläger und recherchierte in der einschlägigen medizinischen Literatur. Er erstattete ein Gutachten von 22 Seiten. Das Gutachten verzichtet auf die Wiedergabe des Akteninhalts. Die Ergebnisse der persönlichen Befragung und der Untersuchung umfassen sechs Seiten, die Beurteilung und Zusammenfassung mit Diskussion der zum Teil fremdsprachigen medizinischen Literatur erstreckt sich über 12 Seiten. Das Gutachten beruht nach den Angaben des Antragstellers auf insgesamt 33.427 Schreibmaschinenanschlägen.

3

Mit der Kostenrechnung vom 23. April 2009 machte der Antragsteller insgesamt eine Forderung von 2.409,54 EUR geltend. Der Kostenbeamte kürzte diese Rechnung im Wesentlichen wegen überhöhter Stundenansätze auf 2.028,22 EUR (Feststellung vom 29. April 2009).

4

Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit dem Antrag auf richterliche Festsetzung. Er machte geltend: Für das Aktenstudium würden üblicherweise 100 Seiten in einer Stunde abgegolten. Bei 469 Seiten Akten insgesamt seien 4,5 Stunden ein angemessener Ansatz. Die gutachtlichen Ausführungen würden sich über 12 Seiten erstrecken. Einleitend seien schon wertende Ausführungen zu Fakten betreffend die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität gemacht. Sie hingen mit den nachfolgenden Darlegungen innerlich zusammen. Die Beurteilung habe einen Umfang von 21.738 Anschlägen, was bei einer Norm von 1.800 Anschlägen eine Stundenzahl von 12 ergebe.

5

Der Kostenprüfungsbeamte hat an seiner Festsetzung festgehalten.

6

Auf den Inhalt der Streitakte und die gewechselten Schriftsätze wird im Übrigen verwiesen.

II.

7

Der Antragsteller ist mit 2.382,24 EUR zu vergüten.

8

Nach § 8 Abs. 2 JVEG richtet sich die Entschädigung des Sachverständigen nach der erforderlichen Zeit. Nach diesem Gesetzeswortlaut kommt es nicht auf die individuell tatsächlich aufgewandte Zeit an. Entscheidend ist, wie viel Zeit durchschnittlich und objektiv für die Gutachtenerstattung erforderlich ist (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 8 JVEG Rz. 35, 36). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die vom Sachverständigen angegebene Zeit auch erforderlich war. Dementsprechend beschränkt sich der Kostenbeamte regelmäßig auf eine Plausibilitätsprüfung, indem er die angegebene Zeit mit den allgemeinen Erfahrungswerten vergleicht. Fallen die Angaben aus dem Rahmen, prüft er, ob Besonderheiten des Falles den Ansatz rechtfertigen.

9

Nach diesen Grundsätzen ist Folgendes festzustellen:

10

1. Für das Aktenstudium sind 4,5 Stunden anzusetzen. Insgesamt hatte der Antragsteller ca. 470 Blatt Akten auszuwerten. Bei der Frage, wie viele Stunden normalerweise erforderlich sind, um 470 Blatt Akten auszuwerten, ist entscheidend, wie viele Blatt aus medizinischer Sicht für ihn interessant sind. Denn erfahrungsgemäß enthalten die Verwaltungs- und Gerichtsakten auch eine große Zahl von Seiten, die für die medizinische Fragestellung uninteressant sind und nach kurzem Anlesen überblättert werden können. Jede Akte ist anders zusammengesetzt und eine allgemeingültige Zahl über die erforderlichen Stunden des Aktenstudiums kann nicht festgelegt werden. Dennoch hat sich im Lauf der Jahre herausgestellt, dass ein Sachverständiger zwischen 100 und 150 Blatt je Stunde auswerten kann. Je mehr handschriftliche Notizen, schwer lesbare Kopien, eng oder klein beschriebene Seiten, fremdsprachliche Texte, medizinische Befunde, Arztbriefe oder ärztliche Gutachten und Stellungnahme die Akte enthält und je mehr Seiten beidseitig beschrieben sind, desto mehr verringert sich die Blattzahl, die der Sachverständige in einer Stunde auswerten kann. Andererseits wird aber auch ein Facharzt, der auf einem eng begrenzten medizinischen Gebiet ein Gutachten mit enger Fragestellung oder nur einen kleinen Zeitraum betreffend erstatten soll, medizinische Unterlagen aus anderen, nicht berührten Fachgebieten schnell überschlagen und daher eine größere Blattzahl auswerten können. Gleiches gilt von berufskundigen Sachverständigen, die bei einiger Erfahrung wissen, wo die für sie interessanten Fakten in den Akten zu finden sind. Bei einem punktuell ausgerichteten Aktenstudium wird eher eine Blattzahl von 150 je Stunde zu bewältigen sein. Starre Grenzen kann es daher nicht geben, wohl aber Anhaltspunkte, von denen Kostenbeamte und Gerichte nur in gutbegründbaren Fällen abweichen sollten. Vorliegend machen es drei medizinische Gutachten und die Kopie einer Krankenakte (zusammen ca. 100 Blatt) und ungewöhnlich viele weitere ärztliche Berichte, Arztbriefe und Laborwerte plausibel, dass das Aktenstudium 4,5 Stunden dauerte.

11

2. Bei der Frage, wie viele Stunden für die Ausarbeitung des Gutachtens und die Beantwortung der Beweisfragen üblicherweise nötig sind, ergibt sich die Schwierigkeit, die gelieferten Seiten in eine Standardseite umzurechnen. Erfahrungsgemäß werden nämlich die Seiten eines Gutachtens sehr individuell und oftmals mit sehr großzügigen Schriftbildern und Rändern gestaltet. Es ist daher erforderlich, eine Standardseite festzusetzen. Hierfür geht der Senat von der heute leicht zu ermittelnden Anschlagszahl einschließlich der Leerzeichen aus. Die Standardseite ist linksbündig geschrieben. Sie hat in Anlehnung an die DIN 5008 rechts und links sowie oben und unten einen Abstand von 2,5 cm zum Blattrand. Der Zeilenabstand beträgt 1,5 (vgl. hierzu das Doktoranden-Merkblatt der Medizinischen Fakultät Kiel vom April 2008). Die Schriftgröße soll wegen der besseren Lesbarkeit 12 betragen. Hiernach gehen 34 Zeilen auf eine Seite. Die Zeile umfasst nach den Auszählungen des Senats ca. 60 Anschläge. Demgemäß enthält eine Standardseite gerundet 2.000 Anschläge. Wenn der Antragsteller für seine gutachtlichen Ausführungen 21.738 Anschläge angegeben hat, so errechnen sich daraus 10,86 - aufgerundet - elf Standardseiten.

12

Im zweiten Schritt ist zu ermitteln, wie viel Zeit es in Anspruch nimmt, elf Standardseiten gutachterliche Ausführungen zu verfassen. Das kann von der Schwierigkeit der Beweisfrage, von der Komplexität des medizinischen Sachverhalts, vom Erfordernis und Umfang der Literaturauswertung und von anderen Faktoren abhängen. Bei schwierigen Gutachten im Sinne der Honorargruppe M3 (§ 9 JVEG) ist der Vergleich mit dem Anfertigen eines schwierigen Urteils in der zweiten Instanz angebracht. Der Senat geht nach seinen Erfahrungen davon aus, dass das Verfassen einer Standardseite einschließlich einer Literatur- oder Rechtsprechungsrecherche und deren Auswertung etwa eine Stunde dauert (so auch schon die Beschlüsse des Senats vom 31. März 2006 - L 1 B 381/05 SF SK - und vom 2. Juni 2006 - L 1 SF 13/06 SG -). Der Senat lässt es offen, ob für die Ausarbeitung eines Gutachtens nach der Honorargruppe M2 1,5 Seiten pro Stunde als durchschnittlich anzusetzen sind. Dazu bedarf es vorliegend keiner Entscheidung.

13

Da der Antragsteller elf Standardseiten geliefert hat, erscheint unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrades M3 der Ansatz von elf Stunden plausibel. Zu seinen Gunsten fällt vorliegend aber ins Gewicht, dass er sich auf 3,5 Gutachtenseiten mit fremdsprachiger medizinisch-wissenschaftlicher Literatur ausführlich auseinandergesetzt hat. Unter Berücksichtigung dessen hält der Senat die geltend gemachten 12 Stunden für die Ausarbeitung der gutachtlichen Ausführungen für nachvollziehbar.

14

3. Auch bei den Posten Diktat und Korrektur des Gutachtens ist nicht die Zahl der gelieferten Gutachtenseiten, sondern die Zahl der Standardseiten zugrunde zu legen. Bei insgesamt 33.427 Anschlägen beträgt vorliegend die Zahl der Standardseiten 16,7.

15

Bei Diktat und Korrektur ist es ebenfalls schwierig, den erforderlichen Zeitaufwand zu objektivieren. Denn dieser Aufwand hängt von der individuellen Diktierweise des Gutachters und den Fähigkeiten der eingesetzten Schreibkraft ab. Wenn man bedenkt, dass das Ausformulieren des Textes zur Ausarbeitung des Gutachtens gehört, liegt beim Diktieren in aller Regel ein fertiger Text vor. Das Diktieren einer Standardseite nimmt dann nach den Erfahrungen des Senats etwa fünf Minuten bei langsamer Sprechweise und Mitdiktieren der Satzzeichen in Anspruch.

16

Beim Zeitaufwand für das Korrigieren ist zu berücksichtigen, dass ein häufig eingesetzter medizinischer Sachverständiger üblicherweise eine eingearbeitete Schreibkraft beschäftigt, die sich mit medizinischen Fachbegriffen auskennt. Außerdem gibt es heute in jedem PC Korrekturprogramme, die schreibtechnische Fehler anzeigen. Demgemäß erhält der Sachverständige in aller Regel schon einen Text, der von schreibtechnischen und Zeichensetzungsfehlern weitgehend frei ist. Selbst wenn beim Korrigieren noch kleinere Umformulierungen und Ergänzungen oder sprachliche Verbesserungen anfallen, werden in der Regel nicht mehr als weitere fünf Minuten pro Seite benötigt. Daher ist die Annahme des Kostenbeamten, dass ein Gutachter üblicherweise sechs Seiten in einer Stunde diktiert und korrigiert, begründet. Hat der Antragsteller demnach 16,7 Standardseiten diktiert und korrigiert, erscheint ein Ansatz von 3,5 Stunden hierfür überhöht und der vom Kostenbeamte angesetzte Wert von 3 Stunden als angemessen.

17

Nach alldem sind dem Antragsteller insgesamt 21,5 Stunden nach der Honorargruppe M3 zu vergüten. Zusammen mit den nicht beanstandeten Kürzungen und unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer von 19 % ergibt sich daher insgesamt der Anspruch auf eine Vergütung von 2.382,24 EUR.

18

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

19

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten als Vergütung

1.
ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11),
2.
Fahrtkostenersatz (§ 5),
3.
Entschädigung für Aufwand (§ 6) sowie
4.
Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12).

(2) Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.

(3) Soweit vergütungspflichtige Leistungen oder Aufwendungen auf die gleichzeitige Erledigung mehrerer Angelegenheiten entfallen, ist die Vergütung nach der Anzahl der Angelegenheiten aufzuteilen.

(4) Den Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, kann unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihres regelmäßigen Erwerbseinkommens, nach billigem Ermessen eine höhere als die in Absatz 1 bestimmte Vergütung gewährt werden.

(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen.

(2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbringen, das nicht in der Anlage 1 aufgeführt ist, so ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen mit einem Stundensatz zu vergüten, der den höchsten Stundensatz nach der Anlage 1 jedoch nicht übersteigen darf. Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft ein medizinisches oder psychologisches Gutachten mehrere Gegenstände und sind diesen Sachgebieten oder Gegenständen verschiedene Stundensätze zugeordnet, so bemisst sich das Honorar für die gesamte erforderliche Zeit einheitlich nach dem höchsten dieser Stundensätze. Würde die Bemessung des Honorars nach Satz 2 mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen, so ist der Stundensatz nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(3) Für die Festsetzung des Stundensatzes nach Absatz 2 gilt § 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung auch dann zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Die Beschwerde ist nur zulässig, solange der Anspruch auf Vergütung noch nicht geltend gemacht worden ist.

(4) Das Honorar des Sachverständigen für die Prüfung, ob ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, beträgt 120 Euro je Stunde. Ist der Sachverständige zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter oder der vorläufige Sachwalter, so beträgt sein Honorar 95 Euro je Stunde.

(5) Das Honorar des Dolmetschers beträgt für jede Stunde 85 Euro. Der Dolmetscher erhält im Fall der Aufhebung eines Termins, zu dem er geladen war, eine Ausfallentschädigung, wenn

1.
die Aufhebung nicht durch einen in seiner Person liegenden Grund veranlasst war,
2.
ihm die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist und
3.
er versichert, in welcher Höhe er durch die Terminsaufhebung einen Einkommensverlust erlitten hat.
Die Ausfallentschädigung wird bis zu einem Betrag gewährt, der dem Honorar für zwei Stunden entspricht.

(6) Erbringt der Sachverständige oder der Dolmetscher seine Leistung zwischen 23 und 6 Uhr oder an Sonn- oder Feiertagen, so erhöht sich das Honorar um 20 Prozent, wenn die heranziehende Stelle feststellt, dass es notwendig ist, die Leistung zu dieser Zeit zu erbringen. § 8 Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß.

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.