Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. Sept. 2016 - L 5 KR 155/15

ECLI:ECLI:DE:LSGRLP:2016:0915.L5KR155.15.0A
bei uns veröffentlicht am15.09.2016

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 2.6.2015 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen die Beigeladene zu 2 wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Umstritten ist ein Anspruch auf Erstattung der Kosten von Linsenimplantationen in Höhe von 6.441,86 €.

2

Die 1981 geborene Klägerin, bei der Beklagten krankenversichert, beantragte mit Schreiben vom Juli 2013 die Übernahme der Kosten der Implantation von Vorderkammerlinsen an beiden Augen. In einer beigefügten Stellungnahme der Dres K und Kollegen vom Juni 2013 hieß es: Die Klägerin plane wegen beidseitiger hoher Myopie mit Astigmatismus an beiden Augen die Implantation von Vorderkammer-Intraocularlinsen. Wegen wiederkehrender Bindehautentzündungen und einer Allergie vertrage sie keine Kontaktlinsen. Das Tragen einer Brille mit einer Stärke von 14 Dioptrin im stärksten Hauptschnitt bringe eine Reihe von Nachteilen mit sich (peripher eingeschränktes Gesichtsfeld, Bildverkleinerung, hohes Gewicht der Brillengläser); nach Durchführung der begehrten Maßnahme sei allenfalls noch eine Brille mit sehr schwachen Gläsern notwendig. Beigefügt war eine von der Klägerin am 23.5.2013 unterzeichnete Honorarvereinbarung mit Prof Dr K (Klinik für Augenheilkunde der Universität F ) über eine Vergütung von 3.220,93 € pro Auge auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Mit Bescheid vom 4.7.2013 und Widerspruchsbescheid vom 21.8.2013 lehnte die Beklagte die begehrte Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte sie aus, bei der avisierten Maßnahme handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, für die es an der erforderlichen Empfehlung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) fehle, zumal sogar eine negative Entscheidung des GBA vorliege.

3

Die Implantation der Linsen erfolgte ambulant am 13.8.2013 (rechtes Auge) bzw 15.8.2013 (linkes Auge). Die Klägerin beglich die Rechnung wegen der Behandlungskosten vom 2.10.2013.

4

Mit ihrer am 16.9.2013 erhobenen Klage auf Kostenerstattung hat die Klägerin geltend gemacht: Bei ihr handele es sich um eine schwerwiegende Erkrankung, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stehe. Ihren Beruf aus Bankkauffrau habe sie vor der Operation nicht mehr hinreichend ausüben können, da die Erkrankung zu erheblichen Beeinträchtigungen bei der Bildschirmarbeit geführt habe. Die Klägerin hat eingehende Angaben zu ihrer beruflichen Tätigkeit in der P K eG gemacht. Die Beklagte hat eine Stellungnahme der Ärztin in Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom April 2014 vorgelegt, die ausgeführt hat: Aufgrund der Myopie könne nach Jahren eine Erblindung drohen, jedoch auch nach dem nun durchgeführten Eingriff, da dieser die degenerativen Prozesse an der Netzhaut nicht aufhalten könne; weder das Tragen einer Brille noch das Tragen von Kontaktlinsen hätten zu einer Gefährdung des Augenlichts geführt.

5

Die beigeladene Deutsche Rentenversicherung Bund hat vorgetragen: Ein Anspruch gegen sie scheitere an der fehlenden Erfüllung der Vorversicherungszeit von 180 Kalendermonaten. Im Übrigen überstiegen die Sehanforderungen an das zugrunde liegende spezifische Berufsbild und damit einen typischen Arbeitsplatz dieses Berufsbildes nicht die Anforderungen, denen Menschen täglich im privaten Lebensbereich ausgesetzt seien. Operative Maßnahmen seien keine rehabilitativen Maßnahmen, sodass auch aus diesem Grund keine Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers bestehe.

6

Durch Urteil vom 2.6.2015 hat das Sozialgericht (SG) Koblenz die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch gemäß § 13 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auf Erstattung der Kosten der Linsenimplantationen. Denn sie habe vor der Durchführung der Behandlungen keinen entsprechenden Sachleistungsanspruch gehabt. Da es sich um eine neue Behandlungsmethode handele, wäre nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V eine positive Empfehlung des GBA erforderlich gewesen. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Ob sogar eine negative Entscheidung des GBA zur Linsenimplantation vorliege, könne offenbleiben. Die Voraussetzungen eines Seltenheitsfalls oder eines Systemversagens seien nicht erfüllt. Letztlich fehle es auch an den Voraussetzungen des § 2 Abs 1a SGB V, weil es sich bei der Klägerin nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig gleichzustellende Erkrankung handele. Die Klägerin habe auch keinen Kostenerstattungsanspruch gegen die beigeladene Deutsche Rentenversicherung Bund, da es an der erforderlichen Vorversicherungszeit fehle.

7

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 12.6.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.7.2015 (Montag) eingelegte Berufung der Klägerin. Der Senat hat auf deren Antrag die Bundesagentur für Arbeit als Beigeladene zu 2 zum Verfahren beigeladen.

8

Die Klägerin trägt vor: Das SG hätte hilfsweise die zu 2 beigeladene Bundesagentur für Arbeit zur Kostenerstattung verurteilen müssen, da die Linsenimplantationen zur weiteren Ausübung ihres Berufs erforderlich gewesen seien. Für die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 33 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) komme nach §§ 6 Abs 1, 6a Satz 1 iVm § 5 Nr 2 SGB IX die Beigeladene zu 2 in Betracht (§§ 112 ff Drittes Buch SozialgesetzbuchSGB III). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassten nach § 33 Abs 6 SGB IX ausdrücklich nicht nur technische, sondern auch medizinische Hilfen. Da die Beklagte als zuerst angegangener Leistungsträger den Leistungsantrag nicht an die Beigeladene zu 2 weitergeleitet habe, habe sie die beantragte medizinische Leistung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen (Hinweis auf LSG Rheinland-Pfalz 21.9.2011 – L 4 R 56/10). Nach dem Ergebnis der vorliegenden berufskundlichen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass ihr Arbeitsplatz besondere Anforderungen an das Sehvermögen stelle.

9

Die Klägerin beantragt,

10

das Urteil des SG Koblenz vom 2.6.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4.7.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.8.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die refraktive Implantation von Vorderkammerlinsen in Höhe von 6.441,86 € zu erstatten, hilfsweise die Beigeladene zu 2 zur Kostenerstattung zu verurteilen.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Berufung zurückzuweisen.

13

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

14

Die Beigeladene zu 1 schließt sich dem Antrag und Vorbringen der Beklagten an.

15

Die Beigeladene zu 2 trägt vor: Da eine Linsenimplantation eine medizinische Leistung sei, scheide die Leistungspflicht der Arbeitsverwaltung aus. Bei der Linsenimplantation handele es sich nicht um eine technische Arbeitshilfe, sondern um eine medizinische Leistung nach § 26 Abs 2 Nr 1 SGB IX. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Klägerin keine besonderen Ansprüche an das Sehen in dem Sinne stelle, dass die Erforderlichkeit einer Linsenimplantation nur beruflich bedingt sei.

16

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

17

Auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten hat der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

18

Die nach §§ 143 f, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Begründung verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs 2 SGG). Die Klage gegen die Beigeladene zu 2 ist abzuweisen.

19

Die Klägerin hat auch keinen Kostenerstattungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Durchführung der Linsenimplantation als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt unter diesem Aspekt weder ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte noch gegen die Beigeladene zu 2 in Betracht. Die Gewährung einer Operation, bei der das vorrangige Ziel der Behandlung die Heilung, Beseitigung oder Vermeidung einer Verschlimmerung einer Erkrankung ist, ist nicht als Leistung zur Teilhabe (vgl Nellissen in jurisPK-SGB IX, § 26 Rn 22), sondern nur als Leistung der Heilbehandlung durch die gesetzliche Krankenversicherung möglich. Zwar umfassen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs 6 SGB IX auch medizinische Leistungen. Dabei handelt es sich aber um Annexleistungen zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl Luik in jurisPK-SGB IX, § 33 Rn 183), nicht um eigenständige medizinische Leistungen, zu denen Operationen zählen. Unabhängig davon darf das Erfordernis einer positiven Empfehlung einer neuen Behandlungsmethode durch den GBA nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass die Maßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben qualifiziert wird.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

21

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.

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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

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(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

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(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen. (2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus geme

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Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht: 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,3. unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,4. Leistungen zur Teilhabe an Bildung und5. L

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Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 18.08.2009 insoweit abgeändert, als die Beklagte zur Erstattung der Kosten für selbstangeschaffte Hörgeräte vom Typ „cielo life“ in Höhe von 1.342,00 Euro ve

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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

Zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden erbracht:

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
3.
unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen,
4.
Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
5.
Leistungen zur sozialen Teilhabe.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 18.08.2009 insoweit abgeändert, als die Beklagte zur Erstattung der Kosten für selbstangeschaffte Hörgeräte vom Typ „cielo life“ in Höhe von 1.342,00 Euro verurteilt worden ist.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Rechtszüge trägt die Beklagte ein Viertel.

Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Mehrkosten für die Anschaffung eines Hörgerätes nach dem Sozialgesetzbuch — Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

2

Die im Jahr 1958 geborene Klägerin arbeitet seit dem Jahr 1999 als Bürofachkraft in einer Bäckerei. Zu ihren Aufgaben gehörten die Lohn- und Finanzbuchhaltung, Schreib- und Büroaufgaben, Pflege des Kunden- und Lieferantenbestellwesens, Telefondienst.

3

Der Hals-Nasen-Ohren (HNO)-Arzt Dr. S... verordnete der Klägerin auf Grund einer leichtgradigen mediocochleären Schwerhörigkeit eine beidseitige Hörhilfe. Die Klägerin testete daraufhin bei der a T...-H... G... in I... -O... verschiedene Hörgeräte und entschied sich für das Hörgerät Siemens "Cielo Life" mit dem sie die besten Testergebnisse erzielt hatte. Mit Schreiben vom 02.04.2007 legte die Firma a... der Beigeladenen ihren Abschlussbericht über die Versorgung mit dem Geräte "Cielo Life" vor.

4

Dr. S... bescheinigte, dass durch dieses Hörgerät eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig sei.

5

Im Mai 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der die von der Beigeladenen getragenen Festpreis übersteigenden Kosten für die beidseitige Hörgeräteversorgung mit dem Gerät " Cielo Life " als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Abzug der gesetzlichen Zuzahlung von zweimal 10,00 € in Höhe von 1.713,00 €.

6

Die Bäckerei J...G... bescheinigte, dass die Klägerin auf Grund ihres Aufgabenbereiches in ständigem Kontakt mit dem Personal, Ämtern, Krankenkassen, Lieferanten, Kunden, Behörden, Steuerberatern und der Geschäftsleitung stehe, weshalb es sehr wichtig sei, ein gutes Hörvermögen und -verstehen zu haben. Seitdem die Klägerin die Hörgeräte trage, könne sie den täglichen Arbeitsablauf in der Firma viel besser meistern und verstehen; sie müsse nicht ständig nachfragen, was bisher zu Verzögerungen im Arbeitsablauf geführt habe.

7

Mit Bescheid vom 07.06.2007 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Bei der Klägerin bestehe eine beidseitige leichtgradige Schwerhörigkeit. Zum Tätigkeitsbild einer Bürofachkraft gehörten allerdings keine besonderen Höranforderungen, so dass eine wesentliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit in dem Beruf der Klägerin nicht anzunehmen sei. Daher bestehe keine Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers für höherwertige Hörhilfen über die Grundversorgung der Krankenkasse hinaus.

8

Zudem gab die Beklagte die Antragsunterlagen an die Beigeladene weiter.

9

Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin ein Attest des Dr. S... vor, der bescheinigte, dass nach der Stellenbeschreibung der Arbeitgeberin der Klägerin besondere Anforderungen an das Hörvermögen gegeben seien.

10

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Bürofachkraft lägen keine speziellen beruflichen Anforderungen an das Hörvermögen vor, die eine Hörgeräteversorgung über die durch die gesetzliche Krankenversicherung zu leistende medizinische Grundversorgung erforderten. Dass das Hörvermögen durch spezielle Hörgeräte, die über der Festbetragsregelung der Krankenkasse lägen, verbessert werden könne, könne den Rentenversicherungsträger nicht zur Leistung verpflichten. Dies sei nur möglich, wenn am Arbeitsplatz Anforderungen beständen, die über die Anforderungen für jeden Arbeitsplatz hinausgingen.

11

Am 16.06.2008 erhielt die Klägerin die Hörgeräte und bestätigte gegenüber der Firma a..., sie habe sich für die Versorgung mit Eigenanteil entschieden und sei mit der Zahlung der Mehrkosten einverstanden. Ihre Leistungen rechnete die Firma a... dann mit Rechnung vom 16.06.2008 gegenüber der Beigeladenen ab.

12

Im vor dem Sozialgericht Mainz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht die Klägerin angehört, die ausgesagt hat, bei ihr sei ein Eigenanteil von 1.342,00 € zuzüglich jeweils 10,00 € Eigenanteil verblieben, den sie in vier Raten vollständig bezahlt habe. Sie arbeite in einer Großbäckerei mit etwa 45 bis 50 Mitarbeitern und sei dort im Wesentlichen alleine zuständig für Buchhaltung, Personal, Steuern, Sozialversicherung, Bestellungen sowie Kundenbetreuung. Zur Ausübung ihrer Tätigkeit müsse sie etwa für drei Stunden am Tag telefonieren, etwa die Hälfte ihrer Arbeitszeit. Wichtig sei, dass sie bei Kontakt mit den verschiedenen Stellen die Zahlen richtig verstehe, was mit den Hörgeräten, die sie jetzt habe, deutlich besser gehe.

13

Mit Urteil vom 18.08.2009 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Anschaffung der beiden Hörgeräte vom Typ " Cielo Life " Kosten in Höhe von 1.342,00 € zu erstatten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Erstattung der von ihr aufgewendeten, den in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Festbetrag übersteigenden Kosten für die selbst beschafften Hörgeräte vom Typ " Cielo Life " in Höhe von 1.342,00 € zu. Die vom Träger der Rentenversicherung zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben würden erbracht, um die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen, wiederherzustellen oder ihre Teilnahme am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Zu den zu erbringenden Leistungen gehörten auch die Kosten für Hilfsmittel, die wegen der Art und Schwere der Behinderung zur Berufsausbildung, Teilhabe an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg von und zum Arbeitsplatz sowie am Arbeitsplatz erforderlich seien. Dabei bestimme grundsätzlich der Rentenversicherungsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und die Durchführung der Leistungen, wobei im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensentscheidung persönliche sowie familiäre Bedürfnisse und Gegebenheiten berücksichtigt würden. Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfüllten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert sei und bei denen voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden könne bzw. bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden könne bzw. bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden könne. Hierbei reiche nicht jede Minderung oder Gefährdung der Erwerbsfähigkeit aus, diese müsse vielmehr von beachtlichem Gewicht oder gewisser Dauer sein. Hierbei sei auch das Berufsbild der Versicherten im Ganzen und auf die zuletzt konkret ausgeübte berufliche Tätigkeit in der Ausgestaltung des konkreten Arbeitsplatzes abzustellen.

14

Die Klägerin sei ohne die beiderseitige Versorgung mit den Hörgeräten vom Typ "Cielo Life " nicht mehr in der Lage, weiterhin in normalem Umfang als Bürofachkraft bei der Bäckerei J... bzw. als Steuerfachgehilfin tätig zu sein. Das ergebe sich für das Gericht zweifelsfrei aus der Arbeitgeberauskunft sowie den glaubhaften und glaubwürdigen Darlegungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung. Allein mit den von der Klägerin getesteten Hörgeräten sei am Telefon eine normale Unterhaltung ohne ständige Nachfrage möglich. Gleichzeitig seien die gewählten Hörgeräte in der Lage, den bestehenden Tinnitus zu überdecken, so dass die Klägerin konzentrierter arbeiten könne. Dies zeige, dass die Klägerin zur vollwertigen Ausübung ihres Berufes eine individuelle und vollständige Korrektur ihrer Hörbehinderung benötige. Unerheblich sei, dass die Klägerin das Hörgerät eventuell auch im Privatleben benötige und auch benutze. Entscheidend sei ausschließlich, dass das selbst beschaffte Hörgerät notwendig sei, um die Tätigkeit als Bürofachkraft vollwertig ausüben zu können.

15

Soweit die Beigeladene lediglich die Kosten eines Festbetrags-Hörgerätes erstattet habe, habe sie damit gemäß § 12 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in vollem Umfang ihre Sachleistungsverpflichtung gegenüber der Klägerin erfüllt. Gegenüber der Beklagten bestehe damit noch ein Anspruch auf Übernahme der berufsbedingten Mehrkosten für die erforderliche Hörgeräteversorgung mit einem selbst beschafften Hörgerät, die von der Beigeladenen nicht getragen würden. Eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Ausstattung der Klägerin mit dem erforderlichen Hörgerät sei nicht ersichtlich. Damit habe die Beklagte hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin eine spezielle Hörgeräteversorgung am Arbeitsplatz benötige, kein Auswahlermessen mehr, so dass sie nicht rechtmäßig zu dem Ergebnis habe gelangen können, ein Festbetrags-Hörgerät sei ausreichend. Schließlich habe die Beklagte auch kein Auswahlermessen hinsichtlich des der Klägerin zur Verfügung zu stellenden konkreten Hörgerätes. Durch die Testungen sei herausgefunden worden, dass das von der Klägerin angeschaffte Hörgerät dasjenige sei, das ihre Hörbeeinträchtigung am besten ausgleiche. Dies hatten der Hörakustiker der Firma a...-H... und der behandelnde HNO-Arzt Dr. S... bestätigt. Die Beklagte habe insoweit auch keine Bedenken erhoben und nicht geltend gemacht, dass es Hörgeräte anderer Hersteller gebe, die eine vergleichbar gute Hörverbesserung zu niedrigeren Kosten erzielen würden. Damit habe die Beklagte auch hinsichtlich des Gerätetyps kein Auswahlermessen mehr. Dieses sei daher auf Null reduziert,... weshalb der zu erstattende Eigenanteil von 1.342,00 € von der Beklagten zu tragen sei.

16

Am 02.02.2010 hat die Beklagte gegen das ihr am 08.01.2010 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

17

Die Beklagte trägt vor,

18

die von der Klägerin beschriebenen Tätigkeiten kämen sowohl im Alltag als auch in jedweder beruflichen Tätigkeit vor. Auf ein gutes Hörvermögen und das exakte Verstehen von Zahlen sei die Klägerin nicht nur im beruflichen Alltag, sondern auch bei eigenen Bankgeschäften und Telefonaten mit Versicherungen, Finanzamt oder Sozialversicherungsträger angewiesen, wobei die Höranforderung bei diesen Tätigkeiten im privaten sowie im beruflichen Bereich identisch seien. Es könne daher auch kein berufsbedingter Mehrbedarf vorliegen.

19

Im Übrigen sei die Beigeladene nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.12.2009 für die Versorgung mit solchen Hörgeräten zuständig, die nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen gesunder Menschen erlaubten und gegenüber anderen Hörhilfen erhebliche Gebrauchsvorteile im Alltag bieten würden. Im Übrigen müsse der Hörgeräteakustiker zwei eigenanteilsfreie Geräte anbieten, die dem Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen entsprechen würden, wozu auf jeden Fall das Hören und Verstehen von Sprache und Zahlen zu verstehen sei. Insoweit sei der Hinweis auf die Feststellungen des Hörgeräteakustikers der Firma a...-H... nicht nachzuvollziehen, der im Übrigen der Einzige sei, der ein finanzielles Eigeninteresse am Verkauf möglichst hochpreisiger Hörgeräte habe.

20

Eine Erstattung sei zudem deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin sich, wie sich aus dem Versorgungsvertrag ergebe, ausdrücklich für eine Versorgung mit Eigenanteil entschieden und schriftlich bereit erklärt habe, die Mehrkosten zu übernehmen.

21

Die Beklagte beantragt,

22

das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 18.08.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

23

Die Klägerin beantragt,

24

die Berufung zurückzuweisen.

25

Die Klägerin trägt vor,

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dass sie sich nach dem Versorgungsvertrag für eine Versorgung mit Eigenanteil entschieden habe, schließe eine Erstattung durch die Beklagte nicht aus, sondern habe vielmehr Bedeutung hinsichtlich der Leistungen der Beigeladenen. Im vorliegenden Fall handele es sich um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die sie benötige, um weiterhin in normalem Umfang als Bürofachkraft tätig zu sein.

27

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und trägt vor,

28

im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Versorgung mit Hörgeräten zum Festbetrag, sondern um eine vertragsgemäße Versorgung. Bei der Klägerin bestehe eine leichtgradige Schwerhörigkeit und keine Fast-Taubheit, so dass sich aus dem Urteil des BSG vom 17.12.2009 nichts anderes ergebe.

29

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des Zeugen Ch... B... .

30

Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und die Klägerin betreffende Verwaltungsakten der Beklagten (Az.: ...) und der Beigeladenen sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

31

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch überwiegend begründet, da der Klägerin kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der von der Beigeladenen nicht getragenen Kosten für ihre selbst beschafften Hörgeräte zusteht. Soweit das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat, ist die Berufung dagegen nicht begründet und zurückzuweisen.

32

Da die Klägerin die begehrten Hörgeräte selbst beschafft hat, ist Anspruchsgrundlage § 15 Abs. 1 SGB IX (vgl. BSG, SozR 4-3250 § 14 Nr. 8). Nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX besteht eine Erstattungspflicht, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Dabei ist § 15 Abs.1 Satz 3 SGB IX zu beachten, wonach eine Erstattung unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfolgt.

33

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin den Antrag auf Hörgeräteversorgung über die Fa. a... G... am 15.02.2007 an die Beigeladene und am 30.05.2007 an die Beklagte gestellt. Da die Beklagte schon mit Bescheid vom 07.06.2007 den Antrag abgelehnt hat, und den Antrag zugleich an die Beigeladene abgegeben hatte (§ 14 Abs. 1 SGB IX) richtet sich der Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit digitalen Hörgeräten nach den §§ 9 ff SGB VI. Dabei ist ausschließlich zuständiger Rehabilitationsträger die Beigeladene, die aufgrund der Anfrage der Firma a... vom 17.02.2007 erstangegangener Rehabilitationsträger war (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.11.2010, AZ.: L 31 R 37/10 - juris). Darauf, ob dieser Antrag „vollständig“ war und ob die Beigeladene diesem Antrag entnehmen konnte, dass eine über den Festbetrag hinausgehende Versorgung begehrt war, kommt es nicht an.

34

Die Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX ist gegenüber dem behinderten Menschen eine ausschließliche Zuständigkeit. § 14 SGB IX zielt darauf ab, zwischen den behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären. Die Vorschrift trägt dem Bedürfnis Rechnung, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken. Diesem Gesetzeszweck liefe es zuwider, für das Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten neben der Zuständigkeit eines Trägers nach § 14 SGB IX eine Zuständigkeit des nach den Leistungsgesetzen „eigentlich“ verpflichteten Trägers für möglich zu halten (so: BSG, 5. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2009, Az.: B 5 R 5/07 R - JURIS). Daraus folgt, dass es für die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte geben kann.

35

Aufgrund der Zuständigkeit der Beigeladenen als erstangegangene Trägerin hatte die Beklagte zudem die Entscheidungsbefugnis über die Gewährung von Rehabilitationsleistungen verloren. Denn aus der Zuständigkeit eines Trägers im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX folgt, dass gleichzeitig alle anderen Träger die Entscheidungsbefugnis über die Gewährung von Rehabilitationsleistungen verlieren, so dass demnach ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit rechtswidrig und aufzuheben sind (BSG, SozR 4-3250 § 14 Nr. 7), weshalb vorliegend der Bescheid der Beklagten vom 07.06.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufzuheben ist. Insoweit ist das Urteil des Sozialgerichts daher im Ergebnis zutreffend und die Berufung der Beklagten nicht begründet.

36

Aber auch gegenüber der Beigeladenen steht der Klägerin kein weiterer Anspruch zu.

37

Wird die Zuständigkeit eines Trägers im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX festgestellt, so hat das zwingend zur Folge, dass im Verhältnis zwischen diesem und dem Leistungsberechtigten der Anspruch an Hand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen ist, die in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind (so: BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R -JURIS, Rn. 16; BSG,...Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - JURIS). Dies gilt nach der Rechtsprechung des BSG unabhängig davon, ob die Beigeladene „eigentlich“ (nur oder auch) zur Leistungserbringung zuständig war. Ist der erstangegangene Träger für eine Leistung der beantragten Art gar nicht zuständig, hat er die Leistung dem Antragsteller gegenüber nach den Vorschriften des „eigentlich“ zuständigen Leistungsträgers zu erbringen und gegebenenfalls einen Erstattungsanspruch gegenüber dem „eigentlich“ zuständigen Träger geltend zu machen (vgl. BSG, a.a.O.).

38

Ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten für die Hörgeräte als Leistungen zur Teilhabe § 9 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 SGB VI steht der Klägerin nicht zu. Danach können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die Gewährung dieser Leistung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Versicherungsträgers. Auf ihre Gewährung besteht grundsätzlich mithin kein Rechtsanspruch. Gemäß § 16 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den Vorschriften der §§ 33 bis 38 SGB IX. § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX bestimmt, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch die Kosten für Hilfsmittel umfassen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind, es sei denn der Arbeitgeber ist zur Bereitstellung der Hilfsmitte! verpflichtet oder es handelt sich um eine medizinische Leistung. Letzteres ist hier der Fall. Denn die Hörgeräteversorgung ist eine medizinische Leistung, die von den Krankenkassen gewährt wird (§ 33 Abs. 1 SGB V). Ob deren Voraussetzungen im Hinblick auf den Grad der Einschränkung des Hörvermögens der Klägerin gegeben waren, erscheint zweifelhaft. Denn nach § 12 Abs. 1 SGB V müssen Leistungen „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte daher nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demnach verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind somit Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Dies kann aber hier letztlich dahinstehen.

39

Denn der Klägerin steht materiell kein Anspruch gegen die Beklagte zu. Sie hat die Hörgeräte "Cielo Life" am 02.04.2007 bereits vor einer ablehnenden Entscheidung der Beigeladenen selbst beschafft, also vor dem Widerspruchsbescheid der Beklagten und vor der Entscheidung der Beigeladenen. Der Beigeladenen wurden zudem erst mit Schreiben vom 16.06.2008 die Kosten der Hörgeräte cielo life in Rechnung gestellt und lediglich zu den Kosten eines Festbetragsgerätes, nachdem die Klägerin sich schon am 02.04.2007 für die Hörgeräte cielo life entschieden hatte.

40

Eine Kostenerstattung setzt voraus, dass dem Rehabilitationsträger, hier der Beigeladenen, zuvor die Möglichkeit gegeben wurde, selbst über den Antrag oder eine Weiterleitung an einen anderen Rehabilitationsträger zu entscheiden, und ihm bei Nichtfortgang eine Frist gesetzt wird, verbunden mit der Ankündigung, sich die Leistung nach Ablauf der Frist selbst zu beschaffen. Einen Kostenerstattungsanspruch für Leistungen, die vor einer Entscheidung des Kostenträgers erbracht wurden, sieht das Gesetz in § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nicht vor.

41

Selbst wenn erst auf den späteren Zeitpunkt der Rechnungsstellung abgestellt würde, die der Beigeladenen erst am 16.06.2008 erteilt wurde, am gleichen Tage, als sich die Klägerin gegenüber der Fa. a... zur Tragung der Mehrkosten verpflichtet hatte, ergibt sich nichts anderes. Da die Beklagte wie oben ausgeführt, für die Rehabilitationsmaßnahme nicht zuständig war, käme ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin nur in Betracht, wenn zuvor die Beigeladene darüber entschieden hätte. Dies hatte sie mit der Entscheidung über die Kostentragung von Hörgeräten zum Festpreis noch nicht getan, als die Klägerin sich bereits am 16.06.2008 endgültig für die Hörgeräte cielo entschieden hatte. Dies musste der Klägerin auch bekannt sein, zumal im Bescheid der Beklagten vom 07.06.2007 ausdrücklich vermerkt ist, dass die Antragsunterlagen an die Beigeladene abgegeben worden seien. Dennoch hat die Klägerin weder vorgetragen, noch finden sich Hinweise in den beigezogenen Verwaltungsunterlagen, dass die Klägerin etwa der Beigeladenen eine Frist nach § 15 Abs.1 Satz 2 SGB IX gesetzt hätte.

42

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

43

Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen,

1.
welche Maßnahmen nach § 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden,
2.
in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern,
3.
über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens,
4.
in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 zu beteiligen ist,
5.
wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 koordiniert werden,
6.
in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden,
7.
für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13,
8.
in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind,
9.
zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie
10.
über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.

(3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher.

(4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen ab, soweit die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind.

(5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen beteiligt. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten.

(6) Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder.

(7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu einem Vorschlag aufgefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen.

(8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation alle zwei Jahre ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung.

(9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.