Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.04.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten steht der Eintritt einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung für die Zeit vom 01.04.2015 bis 07.04.2015 sowie die Ablehnung der Gewährung von Arbeitslosengeld über diesen Zeitraum hinaus im Streit.
Die 1963 geborene Klägerin war vom 12.09.2007 bis 31.03.2015 als Haushalts- und Pflegehilfe in einem Privathaushalt (Frau Mechthild M.) sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Mit Schreiben vom 22.01.2015 (Bl. 12 der Verwaltungsakte), welches der Klägerin am 23.01.2015 zuging, kündigte der Bevollmächtigte der Frau M., Till S., das Arbeitsverhältnis wegen des Todes der Frau M. am 29.12.2014 fristgerecht zum 31.03.2015. Die Kündigung enthielt zugleich den Hinweis, dass die Klägerin verpflichtet sei, sich unverzüglich persönlich bei der Beklagten arbeitsuchend zu melden. Ein Verstoß gegen diese Pflichten könne zum Eintritt einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen.
Am 24.03.2015 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.04.2015 arbeitslos. In der Anhörung zum Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung gab die Klägerin unter dem 24.03.2015 an, sie habe die Kündigung am 23.01.2015 erhalten. Sie habe selbst eine neue Stelle gefunden, die jedoch wieder abgesagt worden sei.
Ab dem 07.04.2015 war die Klägerin ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Gemeinschaftspraxis Dr. B. (Bl. 18, 21, 29 ff. der Verwaltungsakten) arbeitsunfähig erkrankt.
Mit Bescheid vom 15.04.2015 (Bl. 1 der Verwaltungsakte) stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 01.04.2015 bis 07.04.2015 fest. Die Klägerin sei ihrer Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nach § 38 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht nachgekommen. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um sieben Tage. Darüber hinaus lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld auch für die Zeit nach Ablauf der Sperrzeit ab, weil die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt sei und keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung habe.
Mit Schreiben vom 24.04.2015 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und führte zur Begründung an, nach dem Ableben und vor Erhalt ihrer Kündigung sei ihr eine mögliche Arbeitsstelle durch die Personen Gabriele R. und Dr. L. vermittelt worden. Sie habe diesbezüglich eine mündliche Zusage erhalten. Mit der Arbeitgeberin, Frau Erika K., habe sie am 22.03.2015 ein persönliches Gespräch geführt, wobei sich herausgestellt habe, dass die Stelle bereits anderweitig vergeben worden sei. Dadurch habe sie erst am 22.03.2015 Kenntnis davon erhalten, dass sie ab dem 01.04.2015 arbeitslos sei.
Mit Widerspruchbescheid vom 29.04.2015 (Bl. 22 der Verwaltungsakte) wies die Rechtsbehelfsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III trete eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung ein, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III nicht nachgekommen sei. Die Klägerin habe am 23.01.2015 Kenntnis von der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhalten. Nachdem die Beklagte am 24.01.2015 sowie am 25.01.2015 nicht dienstbereit gewesen sei, hätte die Arbeitsuchendmeldung spätestens am 28.01.2015 erfolgen müssen. Der Einwand der Klägerin, sie habe eine Zusage für eine andere Stelle erhalten, könne nicht berücksichtigt werden. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes bestehe die Meldepflicht auch dann, wenn der Arbeitgeber den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in Aussicht stelle. Die Aussicht auf eine nahtlose andere Arbeitsstelle lasse die Meldepflicht nicht entfallen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13.05.2015 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung führte sie an, sie habe bereits seit Januar eine mündliche Zusage für eine neue Beschäftigung ab 01.04.2015 gehabt. Sie sei über eine Freundin, welche Sprechstundenhilfe bei Dr. L. sei, über eine Stelle bei Frau K., die wiederum Patientin bei Dr. L. sei, informiert worden. Auf die Frage, ob sie nach der Tätigkeit bei Frau M., Frau K. betreuen wolle, habe sie zugesagt. Ungefähr ein halbes Jahr vor dem Tode der Frau M., mithin Mitte 2014, habe sie die Tätigkeit mit Dr. L. besprochen. Für sie beide sei klar gewesen, dass sie die Tätigkeit aufnehmen werde. Erst bei dem ersten persönlichen Kontakt mit Frau K. im März habe sie erfahren, dass diese bereits eine andere Person eingestellt habe. Zudem beginne die Sperrzeit nach dem Wortlaut der Regelung jeweils mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Sperrzeit begründendes Ereignis sei die verspätete Arbeitsuchendmeldung. Zur Ablehnung des Arbeitslosengeldanspruches liege ihr kein Bescheid vor und sei von der Beklagten auch nicht ausgestellt worden. Unglücklicherweise sei sie innerhalb der falsch berechneten Sperrzeit erkrankt, diese Erkrankung halte weiterhin an. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld liege dennoch spätestens ab dem 02.04.2015 vor. Es werde daher die Zahlung von Arbeitslosengeld verlangt.
Nachdem die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 13.10.2015 endete, bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 21.10.2015 Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 14.10.2015 bis 05.01.2017 mit einem täglichen Leistungsbetrag von 47,66 Euro (Bl. 37 der Verwaltungsakte). Wegen der Aufnahme einer Beschäftigung hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 22.02.2016 wieder auf (Bl. 50 der Verwaltungsakte).
10 
Mit Urteil vom 14.04.2016 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin könne für ihr Verhalten keinen wichtigen Grund nachweisen. Aus den Angaben zu dem tatsächlichen Ablauf in Bezug auf die behauptete Stellenzusage ergebe sich, dass eine rechtsverbindliche Zusage in Bezug auf ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Beendigung desjenigen mit Frau M. nicht vorgelegen habe. Mit der angegebenen Arbeitgeberin Frau K. habe die Klägerin bis zum 22.03.2015 nicht persönlich gesprochen, auch eine verbindliche Aussage der Frau K. in Bezug auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses habe nach den eigenen Angaben der Klägerin nicht vorgelegen. Beginn und Umfang der Sperrzeit sei nicht zu beanstanden. Sperrzeitbegründendes Ereignis sei neben der verspäteten Arbeitsuchendmeldung der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit. Denn das versicherungswidrige Verhalten werde bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung nur und erst dann leistungsrechtlich relevant, wenn anschließend Beschäftigungslosigkeit eintrete. Die Beklagte habe es im Übrigen auch zu Recht abgelehnt, der Klägerin nach Ablauf der Sperrzeit Arbeitslosengeld zu bewilligen. Die Klägerin sei wegen der am 07.04.2015 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit nicht verfügbar im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 SGB III gewesen, so dass die Voraussetzungen für Arbeitslosengeld nicht vorlägen.
11 
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 18.05.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.06.2016 (per Fax und Seite 1) und am 10.06.2016 mit normaler Post Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Zur Begründung hat sie mitgeteilt, der Beginn der Sperrzeit sei unzutreffend festgestellt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes beginne diese jeweils mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründe. Dass neben der Pflichtverletzung noch der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit weitere Voraussetzung sei, könne dem Gesetzeswortlaut nicht entnommen werden. Dies habe auch das SG Dortmund (Az. S 31 AL 573/12) zutreffend entschieden. Sie habe daher – trotz ihrer Erkrankung – einen Anspruch auf Leistungsfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen.
12 
Die Klägerin beantragt,
13 
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.04.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.04.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit ab dem 01.04.2015 zu bewilligen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie beruft sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
17 
Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin angegeben, sie habe auch nach dem Tod von Frau M. bis zum 30.03.2016 weiter gearbeitet. Es seien zwei Haushalte, einer in Deutschland, einer in Mallorca aufzulösen gewesen. Darüber hinaus habe sie Sachen weggeschafft, Handwerker beaufsichtigt, aufgeräumt und geputzt. Sie sei letztlich bis zum letzten Tag beschäftigt gewesen und habe am 30.03.2016 den Schlüssel abgegeben.
18 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben des Beklagten vom 25.01.2017, Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 08.03.2017).
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Prozessakten des SG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht - jedenfalls am 10.06.2016 - eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Insbesondere wird der für das Berufungsverfahren erforderliche Streitwert in Höhe von 750 Euro (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) erreicht, nachdem neben der Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Dauer von sechs Wochen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Streit steht.
21 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angegriffene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zu Recht eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung für die Zeit vom 01.04.2015 bis zum 07.04.2015 festgestellt und die Bewilligung von Arbeitslosengeld darüber hinaus auch für die Zeit ab dem 08.04.2015 abgelehnt.
22 
1. Für die Zeit vom 01.04.2015 bis zum 07.04.2015 hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Bewilligung von Arbeitslosengeld, weil der Anspruch wegen des Eintritts einer Sperrzeit ruht.
23 
Gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 iVm. Abs. 6 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld eine Woche, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III nicht nachgekommen ist, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden (§ 38 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
24 
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin die in § 38 Abs. 1 SGB III geregelte Meldepflicht verletzt. Sie hat – nach eigenen Angaben – am 23.01.2015 Kenntnis von der Kündigung zum 31.03.2015 erlangt. Da zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mithin weniger als drei Monate lagen, hätte es der Klägerin oblegen, sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes bei der Beklagten arbeitsuchend zu melden. Der Senat kann dabei offen lassen, ob bei der Bestimmung dieser Drei-Tages-Frist auf Kalendertage, Werktage, Diensttage der Arbeitsagentur oder Tage, an denen dem Arbeitsuchenden eine Meldung möglich und zumutbar ist, abzustellen ist. Eine Meldung hätte – nachdem es sich bei dem 24./25.01.2015 um ein Wochenende handelte – spätestens am 28.01.2015 erfolgen müssen. Dass die Klägerin, die sich erst am 24.03.2015 bei der Beklagten persönlich arbeitslos gemeldet hat, ihre Meldepflicht verletzt hat, bedarf daher keiner weiteren Begründung. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin – ob zutreffend oder nicht – darauf berufen hat, eine Anschlussbeschäftigung in Aussicht gehabt zu haben. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 38 Abs. 1 Satz 4 SGB III besteht die Meldepflicht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Dass ein Dritter ein Folgearbeitsverhältnis in Aussicht stellt, ist wertungsmäßig nicht anders zu behandeln (Böttiger in Eicher/Schlegel, SGB III, § 38 Rdnr. 78; Harks in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 38 SGB III Rdnr. 33).
25 
Die Klägerin hatte für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund im Sinne des § 159 Abs. 1 SGB III.
26 
Ein solcher ist anzuerkennen, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen des Arbeitslosen mit denjenigen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte; die Sperrzeit setzt somit ein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus (BSG, Urteil vom 25.08.2011 - B 11 AL 30/10 R, juris). Erforderlich ist insoweit eine doppelte Verschuldensprüfung: Zum einen muss der Arbeitslose Kenntnis von der Obliegenheit zur Arbeitsuchendmeldung gehabt haben bzw. nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten fahrlässig darüber in Unkenntnis gewesen sein und zum zweiten muss er sich zumindest leicht fahrlässig nicht unmittelbar nach Kenntniserlangung arbeitsuchend gemeldet haben (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.09.2014, L 9 AL 236/13, juris, m.w.N.). Fahrlässig handelt in entsprechender Anwendung des § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
27 
Kenntnis von der Meldeobliegenheit hatte die Klägerin bereits aufgrund des Kündigungsschreibens vom 22.01.2015, welches der Klägerin nach eigenen Angaben am 23.01.2015 zugegangen ist und in welchem ausdrücklich auf die Meldepflicht und die Möglichkeit einer Sperrzeit bei einem Verstoß hiergegen hingewiesen wurde.
28 
Auch soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, dass sie eine Anschlussbeschäftigung in Aussicht hatte, konnte der Senat hierin keinen wichtigen Grund für die verspätete Arbeitsuchendmeldung erkennen. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich bereits aus den eigenen Angaben der Klägerin, dass eine rechtsverbindliche Zusage in Bezug auf ein Arbeitsverhältnis mit Frau K. nicht vorgelegen hat. Mit dieser hat die Klägerin erstmals am 22.03.2015 persönlich gesprochen. Eine verbindliche Aussage der Frau K. hinsichtlich der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zum 01.04.2015 lag nach den Schilderungen der Klägerin nicht vor. Auch ernstzunehmende Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz konnte der Senat unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin nicht feststellen. Nach ihren Schilderungen erfuhr sie über eine Freundin, Frau R., welche als Arzthelferin bei Dr. L. tätig ist, dass Frau K. eine Haushaltshilfe suche. Bereits ein halbes Jahr vor dem Tod der letzten Arbeitgeberin der Klägerin, Frau M., führte die Klägerin ein Gespräch mit Dr. L. wonach ihr klar gewesen sei, dass sie nach ihrer Tätigkeit für Frau M. eine Tätigkeit bei Frau K. aufnehme. Auch unter Berücksichtigung dieser Angaben kann der Senat hierin jedoch keine konkrete Aussicht auf ein Anschlussarbeitsverhältnis erkennen. Weder war zu diesem Zeitpunkt bereits absehbar, wann das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Frau M. enden würde, noch war Frau K. bei diesem Gespräch anwesend. Dass Dr. L. in irgendeiner Form bevollmächtigt gewesen wäre, entsprechende Erklärungen für Frau K. abzugeben, hat aber auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Darüber hinaus konnte auch die Klägerin nicht davon ausgehen, dass Frau K., die offensichtlich bereits zum damaligen Zeitpunkt eine Haushaltshilfe suchte, die Stelle auf unbestimmte Zeit freihalten würde, nachdem ein halbes Jahr vor dem Tod der letzten Arbeitgeberin der Klägerin noch offen war, wann die Klägerin die Stelle würde antreten können. Bei einer entsprechenden konkreten Aussicht wäre zudem davon auszugehen, dass sich die Klägerin zeitnah nach dem Tod ihrer letzten Arbeitgeberin im Dezember 2014 bzw. jedenfalls nach der Kündigung im Januar 2015 mit Frau K. als neuer Arbeitgeberin in Verbindung gesetzt hätte. Dies ist jedoch gerade nicht erfolgt. Die Klägerin hatte bis Ende März 2015 keinerlei persönlichen Kontakt mit Frau K., so dass sie nicht darauf vertrauen konnte, ab dem 01.04.2015 für diese tätig werden zu können.
29 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch der Beginn der Sperrzeit nicht zu beanstanden. Diese beginnt zur Überzeugung des Senats am 01.04.2015.
30 
Gemäß § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III beginnt die Sperrzeit mit dem Tage nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende der Sperrzeit. Der Wortlaut des § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III spricht – wie von der Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG Dortmund vom 13.10.2014, S 13 AL 573/12 vorgetragen – zunächst dafür, als Sperrzeitereignis die verspätete Arbeitsuchendmeldung anzusehen. Diese allgemeine Regelung in § 159 Abs. 2 S. 1 SGB III zum Beginn der Sperrzeit erfährt durch den Sperrzeittatbestand in § 159 Abs. 1 S. Nr. 7 SGB III eine Einschränkung, da Wortlaut des Sperrzeittatbestandes und der mit diesem Sperrzeittatbestand verfolgte Gesetzeszweck eine von der allgemeinen Regelung abweichenden Beginn der Sperrzeit ergeben. Die Formulierung „der Arbeitslose…“ bietet einen Anhaltspunkt dafür, dass die Sperrzeit nur dann leistungsrechtlich relevant werden kann, wenn im Anschluss an das Sperrzeitereignis Beschäftigungslosigkeit eingetreten ist (Coseriu in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2015, § 159 Rdnr. 526 m.w.N.). Anderenfalls würde die Sperrzeit regelmäßig zu einem Zeitpunkt ablaufen, in welchem ein Anspruch auf Arbeitslosengeld noch nicht bestünde. Die Sperrzeit würde mithin im Hinblick auf den Zahlungsanspruch auf Arbeitslosengeld ins Leere laufen. Auch wenn dies mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vereinbar wäre (Urteil vom 05.08.1999 – B 7 AL 14/99 R, juris), entspricht diese Auslegung nicht dem Willen des Gesetzgebers, welchen er anlässlich der Ergänzung des § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ab dem 01. 01.2009 in den Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente bestätigt und darauf hingewiesen hat, dass diese Sperrzeit trotz eines früheren Sperrzeitenereignisses mit Beginn der Beschäftigungslosigkeit eintritt (BR-Drucks. 755/08 S. 63 zu Nr. 41 Doppelbuchst. cc; vgl. zum Ganzen Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB, 09/14, § 159 SGB III Rdnr. 446). Der Sperrzeittatbestand soll i.V.m. der Hinweispflicht des Arbeitgebers auf die leistungsrelevante Arbeitssuchendmeldung eine frühzeitige Vermittlungstätigkeit der Arbeitsverwaltung ermöglichen, um den Eintritt der Arbeitslosigkeit nach Ende des gekündigten Arbeitsverhältnisses möglichst zu vermeiden. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte präventive Zweckrichtung der Sperrzeitregelung eröffnet die mit dem Wortlaut der Regelung vereinbare teleologischer Auslegung zum Beginn der Sperrzeit mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit.
31 
Entgegen der Ansicht der Klägerin wird damit auch nicht der Wortlaut des Gesetzes zum Nachteil der Versicherten ausgelegt, nachdem dieser – wie dargelegt – auch Anhaltspunkte für eine Bezugnahme auf den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit enthält.
32 
Beschäftigungslosigkeit ist vorliegend erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2015 eingetreten. Eine solche ist anzunehmen, wenn das bisherige Arbeitsverhältnis sein tatsächliches Ende gefunden und eine neue Beschäftigung nicht wieder aufgenommen worden ist. Nach den eigenen Angaben der Klägerin war sie nach dem Tod der Frau M. mit der Auflösung der zwei Haushalte in Deutschland und Mallorca beschäftigt. Die Klägerin hatte dabei „Sachen wegzuschaffen, Handwerker zu beaufsichtigen, aufzuräumen und zu putzen“. Sie war damit – nach eigenen Angaben – letztlich bis zum letzten Tag beschäftigt und gab auch den Schlüssel erst am 30.03.2016 ab.
33 
Nach alledem hat der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2015 eine Woche geruht (vgl. zum Ganzen auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.01.2017 – L 3 AL 8/15, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.09.2014 – L 9 AL 236/13, juris).
34 
2. Damit besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 08.04.2015.
35 
Nach § 137 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wer arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Arbeitslos ist – neben weiteren Voraussetzungen – nur derjenige, der den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit), § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. Nach § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung, wer – neben weiteren Voraussetzungen – eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Das Können setzt dabei voraus, dass der Beschäftigungslose physisch und psychisch fähig ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn räumlich und fachlich in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben (Öndül in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 138 SGB III Rdnr. 78). Die Klägerin war entsprechend ihrer eigenen Angaben ab dem 07.04.2015 arbeitsunfähig erkrankt. Dies belegen auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Gemeinschaftspraxis Dr. B. sowie der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie B.. Zwar bezieht sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in aller Regel nur auf die bisher ausgeübte Tätigkeit und lässt keine Schlüsse darauf zu, ob die Klägerin auch im Sinn der Arbeitsvermittlung als generell arbeitsunfähig einzustufen ist (LSG Bayern, Beschluss vom 25.02.2013 – L 9 AL 8/13 B ER, juris). Allerdings hat die Klägerin nichts Entsprechendes vorgetragen, so dass sich der Senat zu weiteren Ermittlungen nicht veranlasst sah. Der Ermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) begründet keine Pflicht, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern. Ermittlungen „ins Blaue hinein“ muss der Senat mangels entsprechenden Vortrags nicht anstellen.
36 
Die Klägerin war somit bereits objektiv nicht verfügbar.
37 
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB III, welcher die Verfügbarkeit fingiert.
38 
Nach dieser Regelung verliert derjenige, der während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig oder während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung mit einer Dauer von bis zu sechs Wochen (Leistungsfortzahlung). Eine Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit kann nur erfolgen, wenn „während“ des Bezugs von Arbeitslosengeld Arbeitsunfähigkeit eintritt. Zwar reicht es insoweit aus, dass ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld besteht; dass die Leistung etwa erst später bewilligt und gewährt wird, schließt die Anwendung der Vorschrift nicht aus (Lüdtke, in: LPK-SGB III, 2- Aufl. 2015, § 146 Rdnr. 4). Ein realisierbarer Anspruch auf Arbeitslosengeld hat hier aber am 07.04.2015 nicht bestanden, weil der Arbeitslosengeldanspruch der Klägerin trotz Bestehens des Stammrechts wegen Eintritts einer einwöchigen Sperrzeit geruht hat.
39 
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
40 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
41 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Eine Entscheidung des BSG zu der Frage, wann die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung eintritt, liegt bislang nicht vor.

Gründe

 
20 
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht - jedenfalls am 10.06.2016 - eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Insbesondere wird der für das Berufungsverfahren erforderliche Streitwert in Höhe von 750 Euro (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) erreicht, nachdem neben der Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Dauer von sechs Wochen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Streit steht.
21 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 29.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angegriffene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zu Recht eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung für die Zeit vom 01.04.2015 bis zum 07.04.2015 festgestellt und die Bewilligung von Arbeitslosengeld darüber hinaus auch für die Zeit ab dem 08.04.2015 abgelehnt.
22 
1. Für die Zeit vom 01.04.2015 bis zum 07.04.2015 hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Bewilligung von Arbeitslosengeld, weil der Anspruch wegen des Eintritts einer Sperrzeit ruht.
23 
Gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 iVm. Abs. 6 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld eine Woche, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III nicht nachgekommen ist, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden (§ 38 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
24 
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin die in § 38 Abs. 1 SGB III geregelte Meldepflicht verletzt. Sie hat – nach eigenen Angaben – am 23.01.2015 Kenntnis von der Kündigung zum 31.03.2015 erlangt. Da zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mithin weniger als drei Monate lagen, hätte es der Klägerin oblegen, sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes bei der Beklagten arbeitsuchend zu melden. Der Senat kann dabei offen lassen, ob bei der Bestimmung dieser Drei-Tages-Frist auf Kalendertage, Werktage, Diensttage der Arbeitsagentur oder Tage, an denen dem Arbeitsuchenden eine Meldung möglich und zumutbar ist, abzustellen ist. Eine Meldung hätte – nachdem es sich bei dem 24./25.01.2015 um ein Wochenende handelte – spätestens am 28.01.2015 erfolgen müssen. Dass die Klägerin, die sich erst am 24.03.2015 bei der Beklagten persönlich arbeitslos gemeldet hat, ihre Meldepflicht verletzt hat, bedarf daher keiner weiteren Begründung. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin – ob zutreffend oder nicht – darauf berufen hat, eine Anschlussbeschäftigung in Aussicht gehabt zu haben. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 38 Abs. 1 Satz 4 SGB III besteht die Meldepflicht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Dass ein Dritter ein Folgearbeitsverhältnis in Aussicht stellt, ist wertungsmäßig nicht anders zu behandeln (Böttiger in Eicher/Schlegel, SGB III, § 38 Rdnr. 78; Harks in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 38 SGB III Rdnr. 33).
25 
Die Klägerin hatte für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund im Sinne des § 159 Abs. 1 SGB III.
26 
Ein solcher ist anzuerkennen, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen des Arbeitslosen mit denjenigen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte; die Sperrzeit setzt somit ein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus (BSG, Urteil vom 25.08.2011 - B 11 AL 30/10 R, juris). Erforderlich ist insoweit eine doppelte Verschuldensprüfung: Zum einen muss der Arbeitslose Kenntnis von der Obliegenheit zur Arbeitsuchendmeldung gehabt haben bzw. nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten fahrlässig darüber in Unkenntnis gewesen sein und zum zweiten muss er sich zumindest leicht fahrlässig nicht unmittelbar nach Kenntniserlangung arbeitsuchend gemeldet haben (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.09.2014, L 9 AL 236/13, juris, m.w.N.). Fahrlässig handelt in entsprechender Anwendung des § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
27 
Kenntnis von der Meldeobliegenheit hatte die Klägerin bereits aufgrund des Kündigungsschreibens vom 22.01.2015, welches der Klägerin nach eigenen Angaben am 23.01.2015 zugegangen ist und in welchem ausdrücklich auf die Meldepflicht und die Möglichkeit einer Sperrzeit bei einem Verstoß hiergegen hingewiesen wurde.
28 
Auch soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, dass sie eine Anschlussbeschäftigung in Aussicht hatte, konnte der Senat hierin keinen wichtigen Grund für die verspätete Arbeitsuchendmeldung erkennen. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich bereits aus den eigenen Angaben der Klägerin, dass eine rechtsverbindliche Zusage in Bezug auf ein Arbeitsverhältnis mit Frau K. nicht vorgelegen hat. Mit dieser hat die Klägerin erstmals am 22.03.2015 persönlich gesprochen. Eine verbindliche Aussage der Frau K. hinsichtlich der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zum 01.04.2015 lag nach den Schilderungen der Klägerin nicht vor. Auch ernstzunehmende Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz konnte der Senat unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin nicht feststellen. Nach ihren Schilderungen erfuhr sie über eine Freundin, Frau R., welche als Arzthelferin bei Dr. L. tätig ist, dass Frau K. eine Haushaltshilfe suche. Bereits ein halbes Jahr vor dem Tod der letzten Arbeitgeberin der Klägerin, Frau M., führte die Klägerin ein Gespräch mit Dr. L. wonach ihr klar gewesen sei, dass sie nach ihrer Tätigkeit für Frau M. eine Tätigkeit bei Frau K. aufnehme. Auch unter Berücksichtigung dieser Angaben kann der Senat hierin jedoch keine konkrete Aussicht auf ein Anschlussarbeitsverhältnis erkennen. Weder war zu diesem Zeitpunkt bereits absehbar, wann das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Frau M. enden würde, noch war Frau K. bei diesem Gespräch anwesend. Dass Dr. L. in irgendeiner Form bevollmächtigt gewesen wäre, entsprechende Erklärungen für Frau K. abzugeben, hat aber auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Darüber hinaus konnte auch die Klägerin nicht davon ausgehen, dass Frau K., die offensichtlich bereits zum damaligen Zeitpunkt eine Haushaltshilfe suchte, die Stelle auf unbestimmte Zeit freihalten würde, nachdem ein halbes Jahr vor dem Tod der letzten Arbeitgeberin der Klägerin noch offen war, wann die Klägerin die Stelle würde antreten können. Bei einer entsprechenden konkreten Aussicht wäre zudem davon auszugehen, dass sich die Klägerin zeitnah nach dem Tod ihrer letzten Arbeitgeberin im Dezember 2014 bzw. jedenfalls nach der Kündigung im Januar 2015 mit Frau K. als neuer Arbeitgeberin in Verbindung gesetzt hätte. Dies ist jedoch gerade nicht erfolgt. Die Klägerin hatte bis Ende März 2015 keinerlei persönlichen Kontakt mit Frau K., so dass sie nicht darauf vertrauen konnte, ab dem 01.04.2015 für diese tätig werden zu können.
29 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch der Beginn der Sperrzeit nicht zu beanstanden. Diese beginnt zur Überzeugung des Senats am 01.04.2015.
30 
Gemäß § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III beginnt die Sperrzeit mit dem Tage nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende der Sperrzeit. Der Wortlaut des § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III spricht – wie von der Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG Dortmund vom 13.10.2014, S 13 AL 573/12 vorgetragen – zunächst dafür, als Sperrzeitereignis die verspätete Arbeitsuchendmeldung anzusehen. Diese allgemeine Regelung in § 159 Abs. 2 S. 1 SGB III zum Beginn der Sperrzeit erfährt durch den Sperrzeittatbestand in § 159 Abs. 1 S. Nr. 7 SGB III eine Einschränkung, da Wortlaut des Sperrzeittatbestandes und der mit diesem Sperrzeittatbestand verfolgte Gesetzeszweck eine von der allgemeinen Regelung abweichenden Beginn der Sperrzeit ergeben. Die Formulierung „der Arbeitslose…“ bietet einen Anhaltspunkt dafür, dass die Sperrzeit nur dann leistungsrechtlich relevant werden kann, wenn im Anschluss an das Sperrzeitereignis Beschäftigungslosigkeit eingetreten ist (Coseriu in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2015, § 159 Rdnr. 526 m.w.N.). Anderenfalls würde die Sperrzeit regelmäßig zu einem Zeitpunkt ablaufen, in welchem ein Anspruch auf Arbeitslosengeld noch nicht bestünde. Die Sperrzeit würde mithin im Hinblick auf den Zahlungsanspruch auf Arbeitslosengeld ins Leere laufen. Auch wenn dies mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vereinbar wäre (Urteil vom 05.08.1999 – B 7 AL 14/99 R, juris), entspricht diese Auslegung nicht dem Willen des Gesetzgebers, welchen er anlässlich der Ergänzung des § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ab dem 01. 01.2009 in den Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente bestätigt und darauf hingewiesen hat, dass diese Sperrzeit trotz eines früheren Sperrzeitenereignisses mit Beginn der Beschäftigungslosigkeit eintritt (BR-Drucks. 755/08 S. 63 zu Nr. 41 Doppelbuchst. cc; vgl. zum Ganzen Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB, 09/14, § 159 SGB III Rdnr. 446). Der Sperrzeittatbestand soll i.V.m. der Hinweispflicht des Arbeitgebers auf die leistungsrelevante Arbeitssuchendmeldung eine frühzeitige Vermittlungstätigkeit der Arbeitsverwaltung ermöglichen, um den Eintritt der Arbeitslosigkeit nach Ende des gekündigten Arbeitsverhältnisses möglichst zu vermeiden. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte präventive Zweckrichtung der Sperrzeitregelung eröffnet die mit dem Wortlaut der Regelung vereinbare teleologischer Auslegung zum Beginn der Sperrzeit mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit.
31 
Entgegen der Ansicht der Klägerin wird damit auch nicht der Wortlaut des Gesetzes zum Nachteil der Versicherten ausgelegt, nachdem dieser – wie dargelegt – auch Anhaltspunkte für eine Bezugnahme auf den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit enthält.
32 
Beschäftigungslosigkeit ist vorliegend erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2015 eingetreten. Eine solche ist anzunehmen, wenn das bisherige Arbeitsverhältnis sein tatsächliches Ende gefunden und eine neue Beschäftigung nicht wieder aufgenommen worden ist. Nach den eigenen Angaben der Klägerin war sie nach dem Tod der Frau M. mit der Auflösung der zwei Haushalte in Deutschland und Mallorca beschäftigt. Die Klägerin hatte dabei „Sachen wegzuschaffen, Handwerker zu beaufsichtigen, aufzuräumen und zu putzen“. Sie war damit – nach eigenen Angaben – letztlich bis zum letzten Tag beschäftigt und gab auch den Schlüssel erst am 30.03.2016 ab.
33 
Nach alledem hat der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ab dem 01.04.2015 eine Woche geruht (vgl. zum Ganzen auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.01.2017 – L 3 AL 8/15, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.09.2014 – L 9 AL 236/13, juris).
34 
2. Damit besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 08.04.2015.
35 
Nach § 137 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wer arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Arbeitslos ist – neben weiteren Voraussetzungen – nur derjenige, der den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit), § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. Nach § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung, wer – neben weiteren Voraussetzungen – eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Das Können setzt dabei voraus, dass der Beschäftigungslose physisch und psychisch fähig ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn räumlich und fachlich in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben (Öndül in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 138 SGB III Rdnr. 78). Die Klägerin war entsprechend ihrer eigenen Angaben ab dem 07.04.2015 arbeitsunfähig erkrankt. Dies belegen auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Gemeinschaftspraxis Dr. B. sowie der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie B.. Zwar bezieht sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in aller Regel nur auf die bisher ausgeübte Tätigkeit und lässt keine Schlüsse darauf zu, ob die Klägerin auch im Sinn der Arbeitsvermittlung als generell arbeitsunfähig einzustufen ist (LSG Bayern, Beschluss vom 25.02.2013 – L 9 AL 8/13 B ER, juris). Allerdings hat die Klägerin nichts Entsprechendes vorgetragen, so dass sich der Senat zu weiteren Ermittlungen nicht veranlasst sah. Der Ermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) begründet keine Pflicht, Tatsachen zu ermitteln, für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern. Ermittlungen „ins Blaue hinein“ muss der Senat mangels entsprechenden Vortrags nicht anstellen.
36 
Die Klägerin war somit bereits objektiv nicht verfügbar.
37 
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB III, welcher die Verfügbarkeit fingiert.
38 
Nach dieser Regelung verliert derjenige, der während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig oder während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung mit einer Dauer von bis zu sechs Wochen (Leistungsfortzahlung). Eine Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit kann nur erfolgen, wenn „während“ des Bezugs von Arbeitslosengeld Arbeitsunfähigkeit eintritt. Zwar reicht es insoweit aus, dass ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld besteht; dass die Leistung etwa erst später bewilligt und gewährt wird, schließt die Anwendung der Vorschrift nicht aus (Lüdtke, in: LPK-SGB III, 2- Aufl. 2015, § 146 Rdnr. 4). Ein realisierbarer Anspruch auf Arbeitslosengeld hat hier aber am 07.04.2015 nicht bestanden, weil der Arbeitslosengeldanspruch der Klägerin trotz Bestehens des Stammrechts wegen Eintritts einer einwöchigen Sperrzeit geruht hat.
39 
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
40 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
41 
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Eine Entscheidung des BSG zu der Frage, wann die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung eintritt, liegt bislang nicht vor.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 02. Mai 2017 - L 8 AL 2132/16 zitiert 17 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 124


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. (3) Entscheidungen des Gerichts, d

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 138 Arbeitslosigkeit


(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und1.nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),2.sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und3.den Vermittlungsbemühungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 159 Ruhen bei Sperrzeit


(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 38 Rechte und Pflichten der Ausbildung- und Arbeitsuchenden


(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Ar

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 137 Anspruchsvoraussetzungen bei Arbeitslosigkeit


(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer1.arbeitslos ist,2.sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und3.die Anwartschaftszeit erfüllt hat. (2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Pers

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 146 Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit


(1) Wer während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig oder während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, verliert dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 02. Mai 2017 - L 8 AL 2132/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Tenor Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 23. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2012verurteilt, der Klägerin bereits ab 26. Mai 2012 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen

Landessozialgericht NRW Urteil, 25. Sept. 2014 - L 9 AL 236/13

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.02.2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatb

Bundessozialgericht Urteil, 25. Aug. 2011 - B 11 AL 30/10 R

bei uns veröffentlicht am 25.08.2011

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. August 2010 wird zurückgewiesen.

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(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis. Im Übrigen gelten für Ausbildung- und Arbeitsuchende die Meldepflichten im Leistungsverfahren nach den §§ 309 und 310 entsprechend.

(1a) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der nach Absatz 1 arbeitsuchend gemeldeten Person unverzüglich nach der Arbeitsuchendmeldung ein erstes Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen, das persönlich oder bei Einvernehmen zwischen Agentur für Arbeit und der arbeitsuchenden Person auch per Videotelefonie erfolgen kann.

(2) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Meldung nach Absatz 1 auch Berufsberatung durchzuführen.

(3) Ausbildung- und Arbeitsuchende, die Dienstleistungen der Bundesagentur in Anspruch nehmen, haben dieser die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. Sie können die Weitergabe ihrer Unterlagen von deren Rückgabe an die Agentur für Arbeit abhängig machen oder ihre Weitergabe an namentlich benannte Arbeitgeber ausschließen. Die Anzeige- und Bescheinigungspflichten im Leistungsverfahren bei Arbeitsunfähigkeit nach § 311 gelten entsprechend.

(4) Die Arbeitsvermittlung ist durchzuführen,

1.
solange die oder der Arbeitsuchende Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit oder Transferkurzarbeitergeld beansprucht oder
2.
bis bei Meldepflichtigen nach Absatz 1 der angegebene Beendigungszeitpunkt des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses erreicht ist.
Im Übrigen kann die Agentur für Arbeit die Arbeitsvermittlung einstellen, wenn die oder der Arbeitsuchende die ihr oder ihm nach Absatz 3 oder der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Absatz 3 Satz 4 obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die oder der Arbeitsuchende kann die Arbeitsvermittlung erneut nach Ablauf von zwölf Wochen in Anspruch nehmen.

(5) Die Ausbildungsvermittlung ist durchzuführen,

1.
bis die oder der Ausbildungsuchende in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit einmündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt oder
2.
solange die oder der Ausbildungsuchende dies verlangt.
Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis. Im Übrigen gelten für Ausbildung- und Arbeitsuchende die Meldepflichten im Leistungsverfahren nach den §§ 309 und 310 entsprechend.

(1a) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der nach Absatz 1 arbeitsuchend gemeldeten Person unverzüglich nach der Arbeitsuchendmeldung ein erstes Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen, das persönlich oder bei Einvernehmen zwischen Agentur für Arbeit und der arbeitsuchenden Person auch per Videotelefonie erfolgen kann.

(2) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Meldung nach Absatz 1 auch Berufsberatung durchzuführen.

(3) Ausbildung- und Arbeitsuchende, die Dienstleistungen der Bundesagentur in Anspruch nehmen, haben dieser die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. Sie können die Weitergabe ihrer Unterlagen von deren Rückgabe an die Agentur für Arbeit abhängig machen oder ihre Weitergabe an namentlich benannte Arbeitgeber ausschließen. Die Anzeige- und Bescheinigungspflichten im Leistungsverfahren bei Arbeitsunfähigkeit nach § 311 gelten entsprechend.

(4) Die Arbeitsvermittlung ist durchzuführen,

1.
solange die oder der Arbeitsuchende Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit oder Transferkurzarbeitergeld beansprucht oder
2.
bis bei Meldepflichtigen nach Absatz 1 der angegebene Beendigungszeitpunkt des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses erreicht ist.
Im Übrigen kann die Agentur für Arbeit die Arbeitsvermittlung einstellen, wenn die oder der Arbeitsuchende die ihr oder ihm nach Absatz 3 oder der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Absatz 3 Satz 4 obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die oder der Arbeitsuchende kann die Arbeitsvermittlung erneut nach Ablauf von zwölf Wochen in Anspruch nehmen.

(5) Die Ausbildungsvermittlung ist durchzuführen,

1.
bis die oder der Ausbildungsuchende in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit einmündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt oder
2.
solange die oder der Ausbildungsuchende dies verlangt.
Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und

1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),
2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und
3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.

(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.

(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung,
2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und
3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.

(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer

1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,
2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann,
3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und
4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

Tenor

Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 23. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2012verurteilt, der Klägerin bereits ab 26. Mai 2012 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt ½ der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis. Im Übrigen gelten für Ausbildung- und Arbeitsuchende die Meldepflichten im Leistungsverfahren nach den §§ 309 und 310 entsprechend.

(1a) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der nach Absatz 1 arbeitsuchend gemeldeten Person unverzüglich nach der Arbeitsuchendmeldung ein erstes Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen, das persönlich oder bei Einvernehmen zwischen Agentur für Arbeit und der arbeitsuchenden Person auch per Videotelefonie erfolgen kann.

(2) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Meldung nach Absatz 1 auch Berufsberatung durchzuführen.

(3) Ausbildung- und Arbeitsuchende, die Dienstleistungen der Bundesagentur in Anspruch nehmen, haben dieser die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. Sie können die Weitergabe ihrer Unterlagen von deren Rückgabe an die Agentur für Arbeit abhängig machen oder ihre Weitergabe an namentlich benannte Arbeitgeber ausschließen. Die Anzeige- und Bescheinigungspflichten im Leistungsverfahren bei Arbeitsunfähigkeit nach § 311 gelten entsprechend.

(4) Die Arbeitsvermittlung ist durchzuführen,

1.
solange die oder der Arbeitsuchende Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit oder Transferkurzarbeitergeld beansprucht oder
2.
bis bei Meldepflichtigen nach Absatz 1 der angegebene Beendigungszeitpunkt des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses erreicht ist.
Im Übrigen kann die Agentur für Arbeit die Arbeitsvermittlung einstellen, wenn die oder der Arbeitsuchende die ihr oder ihm nach Absatz 3 oder der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Absatz 3 Satz 4 obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die oder der Arbeitsuchende kann die Arbeitsvermittlung erneut nach Ablauf von zwölf Wochen in Anspruch nehmen.

(5) Die Ausbildungsvermittlung ist durchzuführen,

1.
bis die oder der Ausbildungsuchende in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit einmündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt oder
2.
solange die oder der Ausbildungsuchende dies verlangt.
Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. August 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis im Zeitraum vom 15. bis 21.5.2007 geruht hat, sich die Anspruchsdauer entsprechend gemindert hat und die Beklagte zur (nachträglichen) Aufhebung der Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum berechtigt war.

2

Die 1952 geborene Klägerin, von Beruf Altenpflegerin, bezog seit dem 2.8.2006 Alg (Bewilligungsbescheid vom 23.8.2006). Unter dem 18.4.2007 lud die Beklagte sie zu einem Termin am 14.5.2007 um 11:00 Uhr ein; Gegenstand des Termins sollten die berufliche Situation der Klägerin und ihr Bewerberangebot sein. Das Einladungsschreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung. Infolge fehlerhafter Notierung dieses Termins erschien die Klägerin nicht am 14.5.2007, sondern am Folgetag um 11:00 Uhr bei der Beklagten. An diesem Tag fand kein Gespräch zwischen ihr und der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten statt; stattdessen erhielt die Klägerin eine erneute Einladung zum 21.5.2007. Diesen Termin nahm die Klägerin pünktlich wahr.

3

Mit Bescheid vom 24.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.6.2007 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 15. bis zum 21.5.2007 auf und stellte eine entsprechende Minderung der Anspruchsdauer fest, weil der Anspruch der Klägerin wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis für eine Woche ruhe (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6, § 128 Abs 1 Nr 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch).

4

Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 27.8.2009). Auf die - vom SG zugelassene - Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Aufhebungsentscheidung (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch) sei rechtmäßig. Nach § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III sei zwar eine Meldung zu einer anderen als der bestimmten Tageszeit ausreichend, wenn sie "am selben Tag" erfolge und der Zweck der Meldung erreicht werden könne. Diese Bestimmung sei über ihren Wortlaut hinaus nicht iS einer erweiternden Auslegung auf Fälle einer um 24 Stunden verspäteten Meldung am Folgetag anwendbar. Einer analogen Anwendung sei die Vorschrift aufgrund ihres eindeutigen Wortlauts ("zu einer anderen Zeit am selben Tag") nicht zugänglich. Daher sei auch nicht aufzuklären, ob der Zweck der Meldung iS des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III durch die Vorsprache der Klägerin am 15.5.2007 noch habe erreicht werden können. Der Klägerin habe kein wichtiger Grund zur Seite gestanden. Die Klägerin habe lediglich - fahrlässig - den Meldetermin unzutreffend erinnert. Die Sperrzeit führe zum Ruhen des Anspruchs auf Alg; zudem mindere sich die Anspruchsdauer um die Tage der Sperrzeit. Die Sanktionsfolge des § 144 Abs 6 SGB III sei auch nicht verfassungswidrig. oder unverhältnismäßig.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung materiellen Rechts (§ 309 Abs 2 Satz 3 SGB III; Art 3 Abs 1, Art 14 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz ) und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit eine ausnahmslose pauschale Kürzung des Alg als unzumutbar erachtet, soweit ein Arbeitsloser aus Unerfahrenheit, Unverständnis für Verwaltungsvorgänge, aus Unachtsamkeit oder aus anderen Gründen seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Auch die Sanktion von einer Woche stelle vor diesem Hintergrund einen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum dar und müsse unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit beurteilt werden. Gemäß § 144 Abs 6 SGB II sei Folge des Meldeversäumnisses eine pauschale Sperrzeit; eine Abwägung im Einzelfall lasse das Gesetz nicht zu. Überdies sei ein versehentliches Terminversäumnis kein vorwerfbares versicherungswidriges Verhalten iS des § 144 Abs 1 iVm § 309 SGB III; die Versichertengemeinschaft werde nicht tangiert, weil der Zweck ihrer, der Klägerin, Meldung lediglich in der Besprechung ihrer beruflichen Situation und des Bewerberangebots gelegen habe. Dieser Zweck habe bei der Besprechung eine Woche später nachgeholt werden können. Im Übrigen bestehe bei der Meldung einen Tag später kein Unterschied zu dem von § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III umfassten Fall, in dem ein Betroffener noch am selben Tag - aber nach Dienstschluss des Sachbearbeiters - die Meldung nachhole; auch in diesem Fall könne der Meldezweck erst bei dem - nachgeholten - Gespräch mit dem Sachbearbeiter erfüllt werden.

6

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. August 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. August 2009 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).

10

Das LSG hat zutreffend die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids der Beklagten vom 24.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.6.2007 bestätigt.

11

1. Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) sind die Verfügungen der Beklagten vom 24.5.2007 betreffend den Eintritt einer Sperrzeit bzw das Vorliegen eines Ruhenszeitraums vom 15. bis 21.5.2007, die Aufhebung des Alg für diesen Zeitraum und die Minderung der Anspruchsdauer (vgl ua BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 10 mwN).

12

2. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 24.5.2007 misst sich an § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 SGB III. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

13

Der Bescheid der Beklagten vom 23.8.2006 war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; er hatte die Bewilligung von Alg ab August 2006 für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen zum Gegenstand. Wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt(vgl nur BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 15). Hier ist wegen des Eintritts einer Sperrzeit ein Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 144 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr 6 SGB III eingetreten(dazu sogleich unter 3). Schließlich sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X gegeben. Das LSG hat dabei entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit einen subjektiven Maßstab angelegt (vgl BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 24 mwN). Soweit sich die Klägerin gegen die Feststellungen des subjektiven Verschuldens wendet, ist zu beachten, dass die Entscheidung über das Vorliegen grober Fahrlässigkeit nur in engen Grenzen revisionsrechtlich nachprüfbar ist. Das Revisionsgericht prüft insoweit lediglich, ob das LSG den Begriff der groben Fahrlässigkeit als solchen verkannt hat, sowie, ob es beachtet hat, dass sich die Bösgläubigkeit grundsätzlich auf den zurückzunehmenden Teil des Verwaltungsakts erstrecken muss (vgl BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 14 mwN). Insofern ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden. Es hat bei der Prüfung des subjektiven Verschuldens nicht nur auf den Erhalt und Inhalt des "Merkblatt 1 für Arbeitslose" und die der Klägerin im Einladungsschreiben vom 18.4.2007 übermittelte Rechtsfolgenbelehrung abgestellt, sondern sich einen eigenen Eindruck von der persönlichen Einsichtsfähigkeit der im Termin anwesenden Klägerin verschafft (vgl dazu auch Senatsurteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - Juris, RdNr 16, 19). Danach war es der Klägerin möglich und zumutbar, die Hinweise nachzuvollziehen und wusste sie - oder hätte zumindest im Sinne grober Fahrlässigkeit ohne Weiteres erkennen können -, welche Folgen das Meldeversäumnis haben konnte. Diese Würdigung der tatsächlichen Feststellungen durch das LSG entzieht sich der revisionsrechtlichen Überprüfung, wenn sie nicht mit zulässigen Verfahrensrügen (zB Verstoß gegen Denkgesetze) angegriffen wird (vgl § 163 SGG), was hier nicht der Fall ist.

14

a) Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 in Kraft getretenen Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Ein versicherungswidriges Verhalten liegt nach Satz 2 Nr 6 der Vorschrift ua dann vor, wenn der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309 SGB III), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis). Die Voraussetzungen für die Feststellung einer solchen Sperrzeit, dh pflichtwidriges Verhalten und Fehlen eines wichtigen Grundes, liegen vor.

15

Gemäß § 309 Abs 2 SGB III kann die Aufforderung zur Meldung ua zum Zwecke der Berufsberatung(Nr 1), der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit (Nr 2) und der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch (Nr 5) erfolgen. An diesen Anforderungen orientiert sich die Aufforderung der Beklagten vom 18.4.2007, mit der sie die Klägerin zwecks Erörterung ihrer beruflichen Situation und ihres Bewerberangebots zum Termin am 14.5.2007 um 11:00 Uhr einlud. Es bestehen insbesondere keine Anhaltspunkte für eine zweckwidrige Aufforderung (vgl dazu Düe in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 309 RdNr 10 ff). Gemäß § 309 Abs 3 Satz 1 SGB III idF des Gesetzes vom 23.12.2003 hat sich der Arbeitslose zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit zu melden. Nach Satz 2 des § 309 Abs 3 SGB III ist er seiner allgemeinen Meldepflicht (nur) dann auch nachgekommen, wenn diese nach Tag und Tageszeit bestimmt war und er sich zu einer anderen Zeit am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung erreicht wird. Diese Voraussetzungen treffen auf das Meldeversäumnis der Klägerin nicht zu.

16

Die Meldung der Klägerin erfolgte am 15.5.2007 und damit nicht mehr "am selben Tag", der in der Meldeaufforderung bestimmt war. Der Begriff "am selben Tag" ist fest bestimmt; er ist weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes und dem damit zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers kann eine Meldung am Folgetag nicht mehr als rechtzeitig angesehen werden. Demgemäß hat die Beklagte entsprechend ihrer, in § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB III zum Ausdruck gebrachten Belehrungs- und Hinweispflicht vor Eintritt einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis klargestellt, dass "vom Tag nach dem Meldeversäumnis an für die Dauer von einer Woche" Alg nicht gezahlt wird. Die Meldeaufforderung und die Rechtsfolgenbelehrung entsprechen auch im Übrigen - wie bereits das LSG ausgeführt hat - den gesetzlichen Anforderungen; insbesondere wird der Arbeitslose in verständlicher und klarer Form darüber informiert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus dem Meldeversäumnis resultieren (vgl Senatsurteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - RdNr 17; ebenso bereits BSG SozR 4100 § 132 Nr 1; vgl ferner BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6 RdNr 26).

17

b) Entgegen der Ansicht des SG, auf die sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung gestützt hat, kann die Klägerin auch nicht kraft richterlicher Rechtsfortbildung, insbesondere mittels einer analogen Anwendung des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III, so behandelt werden, als sei sie ihrer Rechtspflicht nachgekommen. Ein Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte Norm analogiefähig ist, das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, er wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Analogie ist mithin die Übertragung der Rechtsfolge eines geregelten Tatbestands auf einen ihm ähnlichen, aber ungeregelten Sachverhalt (vgl zuletzt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 25 und Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = demnächst in SozR 4-4300 § 132 Nr 4; vgl auch BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 1 RdNr 16 und Nr 3 RdNr 18; BVerfGE 82, 6, 11 f; 116, 69, 83, 84; BVerfG NJW 2011, 836 unter B I 3b = RdNr 53 mwN). Sie beruht - in Anlehnung an Art 3 Abs 1 Grundgesetz - auf der Forderung normativer Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln (vgl BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 4 RdNr 15). Aus der Rechtsentwicklung sowie aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergeben sich jedoch keine Hinweise auf das Bestehen einer Gesetzeslücke.

18

§ 309 SGB III entspricht nahezu wortgleich der Vorgängerregelung in § 132 Abs 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm mit § 5 Satz 2 der Meldeanordnung vom 14.12.1972 (ANBA 1973, 245). Die Begrenzung einer sanktionslosen Nachholung der Meldung nur am selben Tag ist mithin bewusst in das SGB III übernommen worden. Im Übrigen fehlt es für eine analoge Anwendung des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III auch an einer Vergleichbarkeit der zu regelnden Sachverhalte; die Meldung am selben Tag ist etwas anderes als das Aufsuchen der Beklagten an einem späteren Tag.

19

Ebenso wie zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage eingeführt werden dürfen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7; stRspr), können Vorschriften einzelne Personengruppen begünstigen und andere von der Begünstigung ausnehmen (vgl BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Zu prüfen ist lediglich, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl BVerfGE 80, 297 = SozR 5795 § 4 Nr 8; BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1; stRspr). Daran, dass die Datumsgleichheit ein - leicht überprüfbares - sachliches Kriterium darstellt, um den Versicherten vor Rechtsnachteilen zu bewahren, hat der Senat keinen Zweifel; eine willkürlich unterschiedliche Behandlung liegt nicht vor.

20

Es kann deshalb dahinstehen, ob der Zweck der Meldung iS des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III auch durch die Vorsprache der Klägerin am 15.5.2007 um 11:00 Uhr noch hätte erreicht werden können (aA Geiger, info also 2011, 22 f). Die mögliche Zweckerreichung kann allenfalls bei der Frage eine Rolle spielen, ob die festgestellte Sperrzeit von einer Woche unverhältnismäßig war (dazu unten zu 3c).

21

c) Die Klägerin kann sich für ihr pflichtwidriges Verhalten auch auf keinen wichtigen Grund iS des § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III berufen. Ein solcher ist anzunehmen, wenn durch diesen die Meldung oder das Erscheinen unmöglich oder erschwert wurde, sodass dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen, mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (vgl BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 12 mwN; Karmanski in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 144 RdNr 112; Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 144 SGB III RdNr 198, Stand Einzelkommentierung Juli 2009). Die Sperrzeit greift dabei Obliegenheitsverletzungen des Versicherten auf (BSG aaO; vgl auch Bieback, SR 2011, 21, 22 ff) und setzt - ebenso wie der Sperrzeittatbestand des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III (verspätete Arbeitsuchendmeldung) - ein subjektiv vorwerfbares Verhalten (mindestens leichte Fahrlässigkeit nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab) voraus(vgl ua BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 2 RdNr 21, 22; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 446, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat und die damit für den Senat bindend sind (vgl § 163 SGG), war ihr ein rechtmäßiges Verhalten objektiv möglich und subjektiv zumutbar. Seitens der Versichertengemeinschaft kann von einem Berechtigten erwartet werden, dass er Termine zur Einhaltung einer eigenen Mitwirkungsobliegenheit korrekt notiert und einhält; beides liegt allein im Verantwortungsbereich des Versicherten. Aus der Sicht eines objektiven Dritten konnte die Klägerin den Meldetermin am 14.5.2007 ohne Weiteres wahrnehmen und ist ihr, wie vom LSG festgestellt, jedenfalls Fahrlässigkeit zur Last zu legen.

22

d) Die Sperrzeit führt zum Ruhen des Anspruchs auf Alg gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III. Nach § 128 Abs 1 Nr 3 SGB III mindert sich der Alg-Anspruch um die Tage der Sperrzeit. Diese Rechtsfolgen sind im angefochtenen Bescheid der Beklagten zutreffend umgesetzt worden. Nach § 144 Abs 6 SGB III idF des Gesetzes vom 23.12.2003 beträgt die Dauer der Sperrzeit bei Meldeversäumnis eine Woche. Nach § 144 Abs 2 Satz 1 SGB III begann die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das sie begründet. Zutreffend hat die Beklagte daher die Dauer der Sperrzeit vom 15. bis zum 21.5.2007 festgestellt.

23

3a) Die Sanktionsfolge des § 144 Abs 6 SGB III als Folge des Meldeversäumnisses verstößt auch im Lichte der Eigentumsgarantie des Art 14 GG nicht gegen Verfassungsrecht. Zwar ist der Anspruch auf Alg - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - durch die Eigentumsgarantie geschützt (vgl nur BVerfG SozR 4100 § 104 Nr 13 S 12; SozR 3-4100 § 116 Nr 3 S 124; BVerfG Beschluss vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - SozR 4100 § 120 Nr 2, RdNr 36 mwN; BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 19 mwN). Zu Recht hat das LSG aber einen Eingriff in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie verneint. Denn es fehlt bereits daran, dass eine geschützte vermögenswerte Position der Klägerin (also ihr Alg-Anspruch) durch eine Maßnahme der Beklagten beeinträchtigt worden wäre (zu diesen Voraussetzungen vgl BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 19 und SozR 4-4300 § 223 Nr 1 RdNr 13 mwN; BVerfG SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 14). Der Klägerin ist im Sinne einer solchen geschützten vermögenswerten Rechtsposition keine stärkere konkrete Rechtsposition "genommen" worden. Denn sie hat mit ihrer letzten Beschäftigung als Altenpflegerin einen (neuen) Alg-Anspruch als Stammrecht erworben, der von vornherein mit der Möglichkeit der Sanktion in Form einer Sperrzeit auch nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB III belastet war. Die Realisierung dieser Belastung im Einzelfall ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten lediglich festgestellt worden.

24

b) Selbst wenn aber der Schutzbereich des Art 14 GG tangiert wäre, ist der dann anzunehmende "Eingriff" durch § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6 iVm Abs 6 SGB III lediglich eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums(Art 14 Abs 1 Satz 2 GG). Insoweit kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsmöglichkeit zu, auch zur Beschneidung von Leistungsansprüchen zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der Sozialleistungsverwaltung (vgl BVerfGE 53, 257 ff, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfGE 74, 203 = SozR 4100 § 120 Nr 2). Das BVerfG hat diesbezüglich - worauf das LSG zu Recht hinweist - zu der für verfassungswidrig erklärten Ruhensvorschrift des § 120 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), welche zunächst keine Härtefallregelung enthielt, entschieden, dass, soweit ein Arbeitsloser aus Unerfahrenheit, Unverständnis für Verwaltungsvorgänge, aus Unachtsamkeit oder aus anderen Gründen, welche nicht als "wichtig" iS des § 120 Abs 1 AFG zu qualifizieren seien, seine Meldepflicht nicht einhalte, die ausnahmslos pauschale Kürzung des Alg unzumutbar sei. Dies gelte erst recht, wenn sich die Säumnis dieses Arbeitslosen nicht nachteilig für die Arbeitslosenversicherung auswirke (BVerfGE 74, 203 = SozR 4100 § 120 Nr 2 S 4). Im Einzelnen hat das BVerfG ausgeführt, bei missbräuchlicher Inanspruchnahme des Alg sei weder etwas gegen die zeitweise Versagung des Alg noch dagegen etwas einzuwenden, dass die Sanktion pauschal einen zweiwöchigen Wegfall des Alg anordne. Es fehlten aber hinreichend Gründe, die Rechte aus dem durch Beitragszahlung erworbenen Versicherungsschutz so weitgehend und undifferenziert einzuschränken. Nicht zu entscheiden sei, ob für Bezieher von Alg auch ein pauschales Ruhen des Alg von sechs Tagen noch hinnehmbar wäre; ein Wegfall des Alg von zwei Wochen sei diesem Personenkreis gegenüber nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil das eigentumsgeschützte Alg der Existenzsicherung des Berechtigten diene und eine auf eigenen Beiträgen beruhende lohnbezogene Versicherungsleistung sei (Hinweis auf BVerfGE 72, 9, 18 ff). In Reaktion auf diese Rechtsprechung des BVerfG ist mit Wirkung ab 1.1.1988 in § 120 Abs 3 AFG idF des Gesetzes vom 14.12.1987 (BGBl I 2602) eine Härteklausel angefügt worden, wonach sich - in Anlehnung an die für Sperrzeiten getroffene Härteregelung in § 119 Abs 2 AFG - die Säumniszeit von regelmäßig zwei Wochen auf eine Woche verkürzt. Diese Regelung ist insoweit unverändert in § 145 Abs 3 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.3.1997 (BGBl I 594) mit Wirkung vom 1.1.1998 übernommen und durch das Gesetz vom 23.12.2003 mit Wirkung vom 1.1.2005 aufgehoben worden.

25

c) Die nunmehr in § 144 Abs 6 SGB III vorgenommene pauschale Regelung ("die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis … beträgt eine Woche") ist iS der vorstehend zitierten Rechtsprechung des BVerfG verhältnismäßig(vgl auch BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 21 f - zur Regelung der §§ 37b, 140 SGB III aF). Denn die Dauer der Sperrzeit von einer Woche beträgt im Vergleich zu der früheren Regelung in § 120 AFG bzw § 145 SGB III nur noch die Hälfte der Zeit und bringt mithin eine geringere Belastung des Arbeitslosen mit sich. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Wahl des geringsten Mittels nicht aus den Augen verloren hat (BSG, aaO; vgl auch Karmanski in Niesel/Brand, 5. Aufl 2010, § 144 RdNr 170; Lüdtke in LPK-SGB III, 2008, § 144 RdNr 52; Marschner in Gemeinschaftskommentar zum SGB III, § 144 RdNr 144, Stand Einzelkommentierung März 2009; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 453, Stand Einzelkommentierung März 2006; zweifelnd Geiger, info also 2011, 22 f). Die von § 144 Abs 5 SGB III vorgesehene Sanktionsfolge einer einwöchigen Sperrzeit ist auch in dieser pauschalierten Form angemessen. Denn die Sperrzeitfeststellung ist nicht Ausdruck individueller Schadensfeststellung, sondern Folge versicherungswidrigen Verhaltens (vgl BT-Drucks 15/1515 S 87 zu Nr 76 = § 144; vgl ferner BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 16). Schließlich ist die pauschalierte Sperrzeit auch verhältnismäßig im engeren Sinne (= zumutbar). Sie ermöglicht einerseits der Beklagten, im Rahmen einer Massenverwaltung auf versicherungswidriges Verhalten ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand zu reagieren; andererseits setzt die Verletzung der Obliegenheit des § 309 Abs 3 Satz 1 SGB III auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus und schafft damit ein Korrektiv(vgl BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 22; ebenso Coseriu in Eicher/Schlegel § 144 RdNr 446, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Eine unverschuldete Unkenntnis von der Obliegenheit führt damit nicht zum Eintritt einer Sperrzeit, die schuldhafte Unkenntnis führt indes - auch unter Berücksichtigung der mit der Sperrzeit verbundenen weiteren Rechtsfolge der Anspruchsminderung nach § 128 Abs 1 Nr 3 SGB III - nicht zu einer Existenzgefährdung, ist aber geeignet, den Versicherten zu einem der Versichertengemeinschaft gegenüber verantwortungsbewussten Verhalten anzuhalten. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Zweck der Belehrung durch ein Beratungsgespräch vor Ablauf des Termins hätte erreicht werden können. Denn die insoweit erforderlichen Feststellungen wären in der Regel mit einem erheblichen Verwaltungs- bzw Ermittlungsaufwand verbunden und stünden im Widerspruch zu der klaren verwaltungspraktikablen Regelung des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.02.2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Januar 2015 aufgehoben, soweit damit der Klage teilweise stattgegeben worden ist. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit sowie über den Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld (Alg) wegen der Sperrzeit, einer Erkrankung der Klägerin und einer Urlaubsabgeltung.

2

Die 1970 geborene Klägerin war bis zum 30. April 2005 bei der X. als Meisterin beschäftigt. Danach war sie arbeitslos und bezog im Anschluss an eine eingetretene Sperrzeit ab 24. Juli 2005 bis zur Erschöpfung des Anspruchs ab 22. April 2006 Alg. Zum 1. Dezember 2008 trat die Klägerin eine nach dem Arbeitsvertrag bis zum 30. November 2010 befristete Vollzeitstelle im Rahmen eines Forschungsvorhabens bei der H / U in H. an.

3

Am 9. September 2010 meldete die Klägerin sich persönlich arbeitsuchend. Gleichzeitig meldete sie sich mit Wirkung zum 1. Dezember 2010 erneut arbeitslos und beantragte Alg. Am 9. September 2010 wurde ihr ein Termin bei der Arbeitsvermittlung am 1. Dezember 2010 aufgegeben. In einem Aktenvermerk des Mitarbeiters M der Beklagten vom 1. Dezember 2010 heißt es:

4

„kurze Vorsprache – Kundin erscheint erheblich verspätet nach vorgesehenen Termin. Entschuldigt sich, gibt als Grund gesundheitliche Gründe an.
Ein MV liegt nicht vor, obwohl der heute Termin nicht mehr durchgeführt werden kann. Kunde macht sichtlich gesundheitlich angeschlagenen Eindruck ohne sich genauer zu offenbaren.
Sie wird noch heute einen Arzt aufsuchen und voraussichtlich auch AU geschrieben. Sie rechnet selbst mit einer längeren AU-Zeit.
Aufgeklärt, dass bei AU ab heute keine Arbeitslosigkeit vorliegen würde, sie sich an die KK wenden müsse, um KG zu beantragen.
Seitens der Arbeitsagentur würde eine Abmeldung erfolgen. Eine erneute pers. Arbeitslosmeldung nach Genesung wäre dann erforderlich.
Aus den o.a. Gründen heute keinen neuen Termin vergeben.
Kundin wird bis zum 03.12.10 eine Rückmeldung geben.
Vor weiteren Veranlassungen wird dies Rückmeldung abgewartet.“

5

Am 3. Dezember 2010 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass sie nicht genau wisse, wie lange sie arbeitsunfähig geschrieben sei. Wahrscheinlich sei sie ab dem 1. Dezember 2010 arbeitsunfähig, nähere Angaben dazu wolle sie nicht machen (Aktenvermerk vom 3. Dezember 2010).

6

Am 15. Februar 2011 reichte die Klägerin den ausgefüllten Vordruck zu ihrem Alg-Antrag ein und gab dabei an, seit dem 1. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben zu sein. Sie erhalte von ihrem ehemaligen Arbeitgeber noch Zahlungen für Zeiten nach ihrem Ausscheiden (z.B. Urlaubsabgeltung) und mache in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend. Im Dezember 2010 habe sie Krankengeld beantragt. Sie reichte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) des sie behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin F vom 17. Januar 2011 ein.

7

Die Universität teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15. Februar 2011 mit, dass die Klägerin im Rahmen ihrer dortigen Einstellung ab 1. Dezember 2008 darauf hingewiesen worden sei, dass sie nach § 38 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dazu verpflichtet sei, sich spätestens drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Bundesagentur für Arbeit persönlich arbeitssuchend zu melden. Die Beklagte hörte die Klägerin zum Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung an. Die Klägerin gab dazu an, dass sie in der Urlaubszeit unabkömmlich gewesen sei. Im Übrigen reichte sie das ihr am 1. Dezember 2008 zur Kenntnis gegebene Merkblatt ein, in dem es unter anderem heißt:

8

… „Weiterhin sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtet, sich spätestens 3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beschäftigungsverhältnisses zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird (§ 37b SGB III).“ …

9

Ergänzend teilte die Klägerin mit Schreiben vom 16. Februar 2011 mit, dass Sachgrund der Befristung ihres Arbeitsvertrages die Projektdauer gewesen sei. Tatsächlich habe das Projekt allerdings mit Stand vom 25. November 2010 eine voraussichtliche Laufzeit bis September 2011 mit Überleitung in ein weiteres Projekt bis mindestens November 2012 gehabt. Am 26. November 2010 habe sie mit Schreiben der Universität vom 24. November 2010 Kenntnis von der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2010 erhalten.

10

Am 1. Februar 2011 meldete die Klägerin sich mit Wirkung vom selben Tage erneut arbeitslos und beantragte Alg; die Fragen nach einer Krankschreibung oder anderen Gründen für eine Verfügbarkeitseinschränkung verneinte sie in dem ebenfalls am 15. Februar 2011 zurückgereichten ausgefüllten Antrag.

11

Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Universität mit Schreiben vom 7. März 2011 mit, dass die Klägerin noch einen Anspruch auf ein Leistungsentgelt nach § 18 TVöD in Höhe von 375,38 EUR gehabt habe. Der Betrag sei zur Zahlung angewiesen worden. Darüber hinaus sei die Wehrbereichsverwaltung angewiesen worden, einen Urlaubsanspruch in Höhe von 3 Urlaubstagen abzugelten.

12

Mit Bescheid vom 15. Februar 2011 stellte die Beklagte den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit vom 1. bis 7. Januar 2011 wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung und die Minderung des Anspruchs auf Alg um sieben Tage fest. Gleichzeitig führte die Beklagte aus, dass der Klägerin auch nach Ablauf der Sperrzeit keine Leistungen gezahlt würden, weil sie arbeitsunfähig erkrankt sei und keinen Anspruch auf Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall habe. Sollte die Klägerin wieder arbeitsfähig sein, möge sie die Leistung erneut beantragen.

13

Mit weiterem Bescheid vom 16. Februar 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 23. Januar 2012 (353 Kalendertage, täglicher Leistungsbetrag 39,53 EUR).

14

Das nach Erlass dieses Bescheides eingegangene Schreiben der Klägerin vom 16. Februar 2011 wertete die Beklagte als Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Februar 2011 wegen verspäteter Meldung sowie wegen der Ablehnung von Leistungen. Mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 16. März 2011 legte die Klägerin noch einmal ausdrücklich gegen den Bescheid vom 15. Februar sowie auch gegen den Bescheid vom 16. Februar 2011 Widerspruch ein.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2011 (Az. W 257/11) wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid mit der Maßgabe zurück, dass die Sperrzeit bereits für die Zeit vom 1. bis 7. Dezember 2010 eingetreten sei. Die Klägerin habe sich ohne wichtigen Grund verspätet arbeitsuchend gemeldet, so dass gemäß §§ 144 Abs. 1 i.V.m. § 144 Abs. 6 und § 38 SGB III in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung eine einwöchige Sperrzeit eingetreten sei. Die Klägerin sei durch das ihr ausgehändigte Merkblatt auf ihre Meldepflicht hingewiesen worden; Kenntnis vom Ende des Beschäftigungsverhältnisses habe seit dem Tag des Vertragsabschlusses bestanden. Dass in dem Merkblatt fehlerhaft die Vorschrift des § 37b SGB III benannt worden sei, ändere an der getroffenen Entscheidung nichts. Aus § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ergebe sich eine entsprechende Minderung der Anspruchsdauer.

16

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 21. März 2011 (Az. 258/11) lehnte die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 15. Februar 2011 den in dem Bescheid so beschriebenen „Antrag auf Gewährung von Alg vom 8. Dezember 2010“ (gemeint: ab 8. Dezember 2010) ab und wies gleichzeitig den gegen die Leistungsversagung eingelegten Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte insoweit zur Begründung aus, dass die Klägerin aufgrund der vom 1. Dezember 2010 bis 31. Januar 2011 bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht verfügbar gewesen sei und deshalb keinen Anspruch auf Alg gehabt habe. Wegen des Eintritts der einwöchigen Sperrzeit mit der Folge des Ruhens des Anspruchs bis 7. Dezember 2010 komme auch eine Fortzahlung von Alg ab 8. Dezember 2010 gemäß § 126 SGB III nicht in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf beide Widerspruchsbescheide (der Klägerin zugegangen jeweils am 24. März 2011) Bezug genommen.

17

Am 26. April 2011 – Dienstag nach Ostern – hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Kiel zum einen Klage gegen den Sperrzeitbescheid vom 15. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2011 (S 9 AL 65/11) und zum anderen Klage gegen den Bewilligungsbescheid vom 16. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2011 (S 6 AL 64/11) erhoben. Beide Verfahren sind zunächst zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Schleswig verwiesen worden (Az. S 3 AL 73/11 und S 3 AL 70/11) und dort mit Beschluss vom 4. August 2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. S 3 AL 73/11 fortgeführt worden. Zu dem ursprünglich unter dem Az. S 3 AL 70/11 geführten Verfahren haben die Beteiligten im erstinstanzlichen Verhandlungstermin am 23. Januar 2015 übereinstimmend erklärt, dass diese Klage sich nicht gegen den Bescheid vom 16. Februar 2011 richte, sondern ebenfalls gegen den Bescheid vom 15. Februar 2011, soweit damit ein Alg-Anspruch aufgrund der seinerzeitigen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin auch nach Ablauf der Sperrzeit in Abrede gestellt wurde.

18

Zur Begründung der Klagen hat die Klägerin geltend gemacht: Eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung sei nicht eingetreten. Sowohl § 38 SGB III als auch die Vorgängerregelung des § 37b SGB III setzten eine Kenntnis der Meldepflicht und die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht voraus. Zwar sei sie im Dezember 2008 auf die damals geltende Regelung des § 37b SGB III hingewiesen worden. Diese Vorschrift habe nach ihrem Wortlaut aber vorgesehen, dass die Arbeitsuchendmeldung „frühestens“ drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erfolgen habe. Insoweit habe sie davon ausgehen können, dass ihre Meldung vom 9. September 2010 rechtzeitig gewesen sei. Auf den anderslautenden Inhalt eines Merkblatts könne die Beklagte sich nicht berufen, wenn das Merkblatt – wie hier – im Gegensatz zu der gesetzlichen Regelung stehe. Im Übrigen sei die Lage einer etwaigen Sperrzeit falsch bestimmt: Sperrzeitbegründendes Ereignis bei einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung sei die verspätete Meldung. Ausgehend von einer Meldepflicht am 31. August oder 1. September 2010 habe eine etwaige Sperrzeit am 1. oder 2. September 2010 zu laufen begonnen, so dass ein Ruhen ihres Alg-Anspruchs ab 1. Dezember 2010 insoweit nicht mehr habe eintreten können.

19

Die Beklagte habe ihr ab dem 1. Dezember 2010 Alg zu gewähren, wobei der Anspruch aufgrund ihrer Erkrankung gemäß § 126 SGB III auf die ersten sechs Wochen beschränkt sei. Ihre Verfügbarkeit sei nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen. Vielmehr habe sie sich im Anschluss an ihre Arbeitslosmeldung am 1. Dezember 2010 unwohl gefühlt und einen Arzt aufgesucht, der sie schließlich für arbeitsunfähig gehalten und eine entsprechende Bescheinigung ausgefüllt habe. Dabei beinhalte der Begriff der Arbeitsunfähigkeit nicht eine Vermittlungsunfähigkeit im Sinne von § 119 SGB III. Die von dem Arzt F festgestellte Arbeitsunfähigkeit habe sich auf die letzte Tätigkeit der Klägerin an der Universität bezogen; hieraus ergebe sich allerdings keine Vermittlungsbeeinträchtigung für andere Arbeitgeber oder andere Berufe. Dies werde in das Zeugnis des Herrn F gestellt.

20

Der Umstand, dass ihr eine Urlaubsabgeltung für drei Urlaubstage gewährt worden sei, führe nicht zum Ruhen des Alg-Anspruchs, weil diese Leistung erst zum 31. März 2011 ausgezahlt worden sei. Insoweit habe sie einen Alg-Anspruch nach den Maßstäben der sog. Gleichwohlgewährung.

21

Zu den mit ihrer Arbeitsunfähigkeit zusammenhängenden Fragen und einem möglichen Anspruch auf Krankengeld habe der Mitarbeiter M der Beklagten sie fehlerhaft beraten. Denn einen Krankengeldanspruch habe sie nicht gehabt. Wäre sie über die Möglichkeiten der Gewährung von Alg und Krankengeld zutreffend aufgeklärt worden, hätte sie keinen Arzt aufgesucht, um ihre Erkrankung als Arbeitsunfähigkeit attestieren zu lassen. Insoweit mache sie nunmehr einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend.

22

Die Klägerin hat beantragt,

23

den Bescheid vom 15. Februar 2011 in der Fassung der beiden Widerspruchsbescheide vom 18. März 2011 und 21. März 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2010 zu gewähren.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Zur Begründung hat sie auf die Gründe der Widerspruchsbescheide vom 18. und 21. März 2011 Bezug genommen. Ergänzend hat sie ausgeführt: Sie halte an ihrer Auffassung fest, dass eine einwöchige Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung eingetreten sei. Die Klägerin sei hinreichend darüber aufgeklärt worden, dass sie sich drei Monate vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses habe arbeitsuchend melden müssen. Zum einen sei ihr dies im Leistungsnachweis (Rückseite) vom 24. April 2006 (vorgelegt mit Anwaltsschriftsatz vom 22. Dezember 2011, Vordruckmuster Bl. 38/39 der Gerichtsakte) mitgeteilt worden, zum anderen habe ihr ihr damaliger Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag vom 1. Dezember 2008 entsprechende Hinweise gegeben.

27

Auch nach Ablauf der Sperrzeit stehe der Klägerin Alg nicht zu. Ein Anspruch auf Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall entstehe nur, wenn das Stammrecht auf Alg bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bereits bestehe. Zugunsten der Klägerin nehme die Beklagte eine Entstehung des Stammrechts am 1. Dezember 2010 an und gehe nicht von anfänglicher Arbeitsunfähigkeit bereits bei Arbeitslosmeldung aus (vgl. Beratungsvermerk vom 1. Dezember 2010). Da jedoch der Anspruch infolge der Sperrzeit bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit geruht habe, seien die Voraussetzungen für die Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall nach § 126 SGB III (a.F.) nicht erfüllt. Insoweit werde auch auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Bezug genommen (Urteil vom 7. Februar 2002, B 7 AL 28/01 R). Rein vorsorglich werde noch darauf hingewiesen, dass auch die Urlaubsabgeltung einen Ruhenstatbestand herbeigeführt habe.

28

Das Sozialgericht hat eine Kopie der von dem Arzt F geführten Krankenbehandlungskarte der Klägerin beigezogen. Daraus ergibt sich die erstmalige Feststellung von Arbeitsunfähigkeit am 1. Dezember 2010 bis 10. Dezember 2010, Diagnosen: F43.0 G (akute Belastungsreaktion) und R53 G (Erschöpfungszustand). Die AU-Bescheinigung ist in der Folgezeit bis zum 31. Januar 2011 verlängert worden.

29

Nach mündlicher Verhandlung am 23. Januar 2015 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide in Bezug auf die Lage der Sperrzeit vom 1. bis 7. Dezember 2010 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht unter Darlegung im Einzelnen im Wesentlichen ausgeführt: Die Klagen seien zulässig und zu einem geringen Teil begründet. Die Sperrzeit sei eingetreten, liege jedoch zeitlich falsch, weshalb nur die Anspruchsverkürzung nach § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III (a.F.), jedoch kein Ruhen des Anspruchs vom 1. bis 7. Dezember 2010 eintrete. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 1. Dezember 2010 bis 31. Januar 2011 liege jedoch mangels Verfügbarkeit keine Arbeitslosigkeit vor; eine Weiterzahlung des Alg nach § 126 SGB III scheide mangels Vorbezug von Alg aus. Auf die weitere Frage eines Ruhens wegen Urlaubsabgeltung komme es nicht mehr an.

30

Zur Lage der Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Sozialgerichts Dortmund ausgeführt: Die Beklagte habe die Lage dieser Sperrzeit auch nach Korrektur im Widerspruchsverfahren falsch bestimmt. Gemäß § 144 Abs. 2 SGB III (a.F.) beginne die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründe. Eine Definition des Ereignisses selbst enthalte die Vorschrift nicht. Es sei allerdings mit dem Wortlaut nicht vereinbar, den rechtlichen Beginn der Arbeitslosigkeit als Auslöser für die Sperrzeit zu definieren. Der Eintritt der Arbeitslosigkeit begründe nicht die Sperrzeit, sondern nach § 37b SGB III (a.F.) die verspätete Meldung. Sanktioniert werde nicht der Eintritt der Arbeitslosigkeit, sondern die Pflichtverletzung bezüglich der rechtzeitigen Meldung. Die Meldung hätte bis zum 30. August 2010 erfolgen müssen, so dass mit fruchtlosem Ablauf das sperrzeitauslösende Ereignis eingetreten sei. Anderslautende Entscheidungen stellten zu Unrecht allein auf die ansonsten fehlende Spürbarkeit der Sperrzeit ab. Zum einen sei dies nicht in Gänze zutreffend, da die Anspruchsminderungswirkung des § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III (a.F.) trotzdem eintrete, zum anderen bilde der Wortlaut die Grenze der Auslegung. Anders als bei pflichtwidrigem Verhalten im Arbeitsverhältnis selbst, das den Verlust des Arbeitsplatzes erst herbeiführe, bestehe bei der verspäteten Arbeitsuchendmeldung keine kausale Verknüpfung zwischen dem Eintritt der Arbeitslosigkeit und der Pflichtverletzung. Der Eintritt von Arbeitslosigkeit sei für die Verwirkung einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 7 SGB III nicht erforderlich. Das BSG habe auch für andere Konstellationen entschieden, dass eine Bindung der Sperrzeit an Entstehung und Fortbestand des Leistungsanspruchs nicht bestehe (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999, B 7 AL 14/99 R).

31

Gegen diese ihrem Prozessbevollmächtigten am 4. Februar 2015 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 2. März 2015 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Die Beklagte, der das Urteil am 6. Februar 2015 zugestellt worden ist, hat am 23. April 2015 Anschlussberufung eingelegt.

32

Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Sie stützt die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, dass eine etwaige Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung bereits abgelaufen gewesen sei, so dass ab 1. Dezember 2010 insoweit keine Ruhenswirkung habe eintreten können. Unabhängig davon liege in Bezug auf das angebliche Meldeversäumnis ein wichtiger Grund vor, weil ihr eine persönliche Vorsprache vor dem 9. September 2010 wegen der täglichen Pendelfahrten nach H. nicht möglich gewesen sei. Ihr damaliger Disziplinar- und Fachvorgesetzter M könne ihre damalige Unabkömmlichkeit bestätigen.

33

Auch der Umstand, dass sie am 31. März 2011 eine Urlaubsabgeltung für drei Urlaubstage erhalten habe, führe nicht zum Ruhen ihres Alg-Anspruchs; insoweit hätte die Beklagte ihr zunächst Leistungen im Rahmen der sog. Gleichwohl-Gewährung bewilligen müssen.

34

Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung habe sie auch ab dem 1. Dezember 2010 für eine Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Eine Arbeitsunfähigkeit schließe nicht in jedem Fall die Verfügbarkeit aus. Das gelte auch in ihrem Fall, weil die von dem Arzt F bescheinigte Arbeitsunfähigkeit sich auf ihre Tätigkeit bei der Universität bezogen habe und nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt oder andere Berufe. Es sei zu berücksichtigen, dass sie bereits seit 1994 unter einer depressiven Störung leide, die allerdings vor dem Jahr 2010 nie zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen geführt habe. Dies habe sich erst anlässlich ihres Arbeitsrechtsstreits mit der Universität geändert. Das Sozialgericht hätte den Zeugen F ergänzend vernehmen müssen.

35

Die Klägerin beantragt,

36

1. das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Januar 2015 zu ändern,
den Bescheid vom 15. Februar 2011 in der Fassung der beiden Widerspruchsbescheide vom 18. März 2011 und 21. März 2011 insgesamt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2010 zu gewähren,
2. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

37

Die Beklagte beantragt,

38

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,
2. das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Januar 2015 zu ändern
und die Klage insgesamt abzuweisen.

39

Sie stützt das angefochtene Urteil, soweit das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, und vertieft ihre bisherige Rechtsauffassung. Ergänzend führt sie aus: Es sei darauf hinzuweisen, dass das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide in ihrem Verfügungssatz nicht geändert habe; die Teilstattgabe betreffe allein die Begründung. Insoweit sei sie – die Beklagte – letztlich nicht beschwert. Es gehe ihr aber um Klärung der Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung, wann eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beginne. Aus ihrer Sicht trete ein Sperrzeitereignis erst ein, wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt seien. Werde ein Beschäftigungsverhältnis beendet, beginne die Sperrzeit an dem Tag, ab dem Beschäftigungslosigkeit vorliege.

40

In der Berufungsverhandlung hat der Vertreter der Beklagten ergänzend die seinerzeitige subjektive Verfügbarkeit der Klägerin in Zweifel gezogen.

41

Der Senat hat den Arzt F mit Verfügung vom 7. Januar 2016 um Erläuterung der AU-Bescheinigungen für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 gebeten und dazu folgende Fragen gestellt:

42

• Aus welchen Gründen hat aus Ihrer Sicht Arbeitsunfähigkeit vorgelegen?
• Haben Sie Ihre Einschätzung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit bezogen?
• Hätte Frau S auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können?
• Ist Ihnen bekannt gewesen, ob Frau S Anfang Dezember 2010 in einem Beschäftigungsverhältnis stand?

43

In der von Herrn F übersandten Antwort vom 29. Januar 2016 heißt es wörtlich:

44

1. Depressiver Störungen und Erschöpfungszustände, Rippenfraktur
2. Auf Grund beider obigen Gesundheitsstörungen
3. Nein
4. Das ist mir aus der Erinnerung nicht bekannt. Nach meinen alten Unterlagen war sie vom 01.12.2010 bis 07.01.2011 AU wegen o.g. Störungen.

45

Ausweislich einer im Internet veröffentlichten Traueranzeige ist Herr F am 18. Mai 2016 verstorben. Auf eine Nachfrage des Senats an die Praxisnachfolgerin, D, vom 28. August 2016 hat diese mit Schreiben vom 13. September 2016 mitgeteilt:

46

Der einzige Eintrag, der ggf. behilflich sein könnte, ist ein handschriftlicher Eintrag in die Karteikarte vom 10.12.2010. Demgemäß wurde die Patientin entlassen (Zeitpunkt?), stand psychisch unter starkem Druck (siehe Kopie).
Weitere Angaben/ Einträge zum entsprechenden Zeitraum sind nicht vorhanden.

47

Von der AOK N hat der Senat mit Schreiben vom 26. August 2016 die dort vorliegenden Übersichten über Arbeitsunfähigkeitszeiten und Behandlungen der Klägerin für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 erbeten. Hierzu hat die AOK mit Schreiben vom 31. August 2016 die für diesen Zeitraum ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit Angabe der jeweils verschlüsselten Diagnosen zur Akte gereicht. Ergänzend hat die AOK ausgeführt, dass zur Frage der Behandlungen keine Angaben gemacht werden könnten.

48

Zu den im Berufungsverfahren eingeholten Auskünften macht die Klägerin geltend, dass die Angaben des Herrn F nicht mit den Angaben in ihrer Patientenkartei übereinstimmten und die Anfragen des Senats nicht vollständig beantworteten. Tatsächlich sei es so gewesen, dass sie nach Auslaufen ihres befristeten Arbeitsvertrages, der erforderlichen Auseinandersetzung mit der Beklagten wegen ihres Anspruchs auf Alg und wegen der Auseinandersetzungen mit ihrem bisherigen Arbeitgeber nicht gewusst habe, wo ihr der Kopf gestanden habe. Entgegen der von Herrn F mitgeteilten Einschätzung sei sie aber sehr wohl in der Lage gewesen, ihre Arbeitskraft dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen. Sie habe sich seinerzeit auch aktiv um eine neue Arbeitsstelle bemüht, wie sich auch aus einem zur Akte gereichten Bewerbungsschreiben vom 15. Januar 2011 ergebe.

49

Die Beklagte verweist demgegenüber darauf, dass die jetzige Einlassung der Klägerin ihren zeitnahen Einlassungen gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten widerspreche. Im Übrigen liege es in der Natur der Sache, dass die von einem Arzt geführten Unterlagen (tabellarische Patientenkarte, Übersicht) nicht sämtliche maßgeblichen Detailinformationen enthalte.

50

Dem Senat haben die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Eine Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes angesichts eines strittigen Leistungszeitraums von mindestens sechs Wochen und einem täglichen Alg-Leistungsbetrag von 39,53 EUR den Wert von 750,00 EUR deutlich übersteigt.

52

Die Berufung der Beklagten, die nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist eingelegt wurde, ist als Anschlussberufung (vgl. dazu allg. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 143 Rz. 5ff.) in Abhängigkeit von der Hauptberufung zulässig (§ 202 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung); einer Prüfung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG oder des Vorliegens einer Beschwer bedarf es insoweit nicht (vgl. Leitherer a.a.O. Rz. 5a m.w.N.).

53

Zur Überzeugung des Senats ist die Berufung der Klägerin nicht begründet; die Anschlussberufung der Beklagten hat hingegen Erfolg. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Alg bereits ab 1. Dezember 2010 hat. Nach § 117 Abs. 1 SGB III a.F. hat Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit, wer arbeitslos ist und die weiteren in der Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllt. Arbeitslos ist – neben weiteren Voraussetzungen – nur derjenige, der den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit), § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III a.F., wobei § 118 Abs. 5 SGB III insoweit nähere Einzelheiten zur objektiven und subjektiven Verfügbarkeit regelt. Nach § 118 Abs. 5 Nr. 1 SGB III a.F. steht den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung, wer – neben weiteren Voraussetzungen – eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Ein Arbeitsloser kann eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben, wenn er hierzu geistig und körperlich in der Lage ist und durch nichts gehindert wird. Das objektive Tatbestandsmerkmal „können“ umfasst unter anderem den Gesundheitszustand des Arbeitslosen. Die Vorlage einer AU-Bescheinigung schließt die Verfügbarkeit nicht von vornherein aus, da sich eine AU-Bescheinigung in aller Regel nur auf die bisher ausgeübte Tätigkeit bezieht (Öndül in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. § 138 Rz 79; Brand, SGB III, 7. Aufl. § 138 Rz 66, LSG Bayern, Beschluss vom 25. Februar 2013, L 9 ALÖ 8/13 B ER, juris). Gleichwohl bestehen im vorliegenden Fall keine Zweifel daran, dass die Klägerin nicht nur für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit arbeitsunfähig war. Hierfür sprechen bereits die von dem Mitarbeiter M der Beklagten in seinem Vermerk vom 1. Dezember 2010 beschriebenen Umstände, insbesondere der Hinweis der Klägerin, wonach sie selbst mit einer längeren AU-Zeit rechnete. Dabei ist sie ausweislich des Vermerks ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass bei Arbeitsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2010 keine Arbeitslosigkeit vorliegen würde. Gleichwohl hat die Klägerin nach dem 1. Dezember 2010 bis zur Rückgabe des ausgefüllten Antragsvordrucks zunächst bis Februar 2011 keinen weiteren Kontakt zu der Beklagten aufgenommen und auch bei der Antragsrückgabe auf ihre zweimonatige Arbeitsunfähigkeit bei dokumentierter Krankschreibung hingewiesen; auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil kann insoweit Bezug genommen werden. Der Senat teilt ausdrücklich die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, wonach der sich aus den Akten ergebene Geschehensablauf für eine umfassende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin spricht und ihre erst im Dezember 2014 (Schriftsatz vom 12. Dezember 2014) bzw. im erstinstanzlichen Verhandlungstermin abgegebenen Erklärung, wonach sie aus verschiedenen Gründen doch nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, nicht überzeugen kann. Hier drängt sich eher der Eindruck einer verfahrensangepassten Erklärung auf.

54

Die im Berufungsverfahren unternommenen Bemühungen nach weiterer Aufklärung der ärztlichen Hintergründe für die erfolgte Krankschreibung sind weitgehend ohne Erfolg geblieben; nach dem Tod des Herrn F sind insoweit weitere Ermittlungen nicht möglich. Immerhin hat sich – wie die Praxisnachfolgerin D mitgeteilt hat – jedoch in den Unterlagen des Herrn F ein Hinweis vom 10. Dezember 2010 auf eine Entlassung der Klägerin gefunden. Vor dem Hintergrund, dass Herr F die erfolgte Krankschreibung wiederholt verlängert hat, ohne dass sich – was den Grund der Arbeitsunfähigkeit betrifft – erkennbar wesentliche Umstände verändert hätten, spricht dies allerdings nach Auffassung des Senats deutlich dagegen, dass Herr F nur die Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Klägerin attestieren wollte.

55

Neben der objektiven Verfügbarkeit dürfte hier auch die subjektive Verfügbarkeit der Klägerin im Sinne ihrer Bereitschaft, ihr angebotene Beschäftigungen anzunehmen und auszuüben, nicht vorgelegen haben. Hierfür sprechen bereits die Hinweise der Klägerin auf eine voraussichtlich längere Arbeitsunfähigkeit bei ihrer Vorsprache am 1. Dezember 2010. Dies bedarf allerdings nach Vorstehendem keiner Vertiefung.

56

Fragen des von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind hier nicht zu erörtern. Denn es ist ausgeschlossen, das Vorliegen von Arbeitslosigkeit bzw. Verfügbarkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Alg nachträglich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu fingieren (BSG, Beschluss vom 7. Mai 2009, B 11 AL 72/08 B, juris, m.w.N.). Ob der Mitarbeiter M die Klägerin – wie sie meint – fehlerhaft beraten hat, kann deshalb ohne jede weitere Sachprüfung dahinstehen.

57

Das Sozialgericht hat auch zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Weiterzahlung von Alg im Krankheitsfall nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. hat. Eine Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit kann nur erfolgen, wenn „während“ des Bezugs von Alg Arbeitsunfähigkeit eintritt. Zwar reicht es insoweit aus, dass ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung von Alg besteht; dass die Leistung etwa erst später bewilligt und gewährt wird, schließt die Anwendung der Vorschrift nicht aus (Brand a.a.O. m.w.N.). Ein realisierbarer Anspruch auf Alg hat hier aber am 1. Dezember 2010 nicht bestanden, weil der Alg-Anspruch der Klägerin trotz Bestehens des Stammrechts wegen Eintritts einer einwöchigen Sperrzeit geruht hat. Unbeschadet der Frage, ob sich der Ruhenszeitraum wegen des Anspruchs der Klägerin auf eine Urlaubsabgeltung verlängert hat, lagen die Voraussetzungen des § 125 SGB III a.F. auch nach Ablauf des Ruhens nicht vor, weil insoweit die Arbeitsunfähigkeit nicht „während des Bezugs“ von Alg eingetreten ist.

58

Dass hier eine einwöchige Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung eingetreten ist, hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt; insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden. Anders als das Sozialgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, dass die Sperrzeit erst bei Beginn der Beschäftigungslosigkeit der Klägerin ab 1. Dezember 2010 zu laufen begonnen hat.

59

Nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, Abs. 6 SGB III a.F. tritt eine einwöchige Sperrzeit ein, wenn der Arbeitsuchende seine Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung verletzt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die Obliegenheit der Klägerin, sich spätestens drei Monate vor Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, folgt aus § 38 Abs. 1 SGB III in der am 1. Januar 2009 geltenden Fassung. Dass die Klägerin objektiv ihre Meldepflicht verletzt hat, ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Begründung. Sie hatte für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund. Ein solcher ist anzuerkennen, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen des Arbeitslosen mit denjenigen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte; die Sperrzeit setzt somit ein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus (BSG, Urteil vom 25. August 2011, B 11 AL 30/10 R, juris). Erforderlich ist insoweit eine doppelte Verschuldensprüfung: Zum einen muss der Arbeitslose Kenntnis von der Obliegenheit zur Arbeitsuchendmeldung gehabt haben bzw. nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten fahrlässig darüber in Unkenntnis gewesen sein und zum zweiten muss er sich zumindest leicht fahrlässig nicht unmittelbar nach Kenntniserlangung arbeitsuchend gemeldet haben (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2014, L 9 AL 236/13, juris, m.w.N.). Kenntnis von der Meldeobliegenheit hatte die Klägerin bereits aufgrund der ihr bei Begründung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses gegebenen Hinweise (dass dabei die nicht mehr geltende Vorgängervorschrift - § 37b SGB III a.F. – genannt war, ist angesichts des aus sich heraus ohne Weiteres verständlichen Wortlauts des ausgehändigten Merkblatts unerheblich). Darüber hinaus fanden sich entsprechende Hinweise in dem der Klägerin im April 2006 übersandten Leistungsnachweis (vgl. Rückseite des Bescheidvordrucks Bl. 39 der Gerichtsakte). Soweit die Klägerin sich darauf beruft, im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses bei der Universität unabkömmlich gewesen zu sein, vermag dies nicht zu überzeugen; ein wichtiger Grund im Sinne der Sperrzeitvorschrift ist damit nicht ausreichend dargetan. Abgesehen davon, dass zur Wahrung der Frist eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunkts ausreicht, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird (§ 38 Abs. 1 Satz 3 SGB III), hatte der Arbeitgeber (Universität) selbst der Klägerin die Hinweise auf die Notwendigkeit der Arbeitsuchendmeldung gegeben. Vor diesem Hintergrund ist es nicht glaubhaft, dass der Arbeitgeber die Meldung durch Unabkömmlichstellung der Klägerin vereitelt hat. Zumindest wäre es der Klägerin möglich gewesen, insoweit zunächst schriftlich oder fernmündlich Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen. Im Übrigen hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren bei ihrer Anhörung zum Eintritt einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung angegeben, in der Urlaubszeit unabkömmlich gewesen zu sein. Sollten sich diese Angaben auf einen eigenen Urlaub bezogen haben, wäre ihr Vorbringen widersprüchlich, was hier allerdings nach Vorstehendem keiner Vertiefung bedarf.

60

Dass die Klägerin zunächst davon ausging, ihr Beschäftigungsverhältnis könnte verlängert werden, ist unerheblich, weil ihr aufgrund der eindeutigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages bewusst sein musste, dass es sich lediglich um ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat. Der Beendigungszeitpunkt ergab sich ebenfalls eindeutig aus dem Arbeitsvertrag. Ebenso wenig sind rechtliche Unklarheiten bei Geltung der Vorläuferregelung, ob die Meldung spätestens oder frühestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen musste, hier geeignet, die Klägerin vom Verschuldensvorwurf zu befreien, weil die Regelung in § 38 SGB III einschließlich der ihr gegebenen Hinweise auf die Meldepflicht inhaltlich eindeutig waren.

61

Sperrzeitbeginn war hier zur Überzeugung des Senats der 1. Dezember 2010. Nach § 144 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB III a.F. beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Zwar kann mit dem Sozialgericht und der von ihm zitierten Rechtsprechung des Sozialgerichts Dortmund erwogen werden, in Fällen wie dem vorliegenden als Sperrzeitereignis den Tag anzusehen, an dem spätestens die Meldung zur frühzeitigen Arbeitssuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hätte erfolgen müssen. Dies würde die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung allerdings – zumindest, was den Zahlungsanspruch auf Alg betrifft – völlig ins Leere laufen lassen. Dies wäre zwar mit der BSG-Rechtsprechung vereinbar (Urteil vom 5. August 1999, B 7 AL 14/99 R, juris), wohl aber nicht mit der Intention des Gesetzgebers, diese Obliegenheitsverletzung im Vorfeld der Arbeitslosigkeit mit allen Rechtsfolgen einer Sperrzeit zu sanktionieren (vgl. so Valgolio in Hauck/Noftz, SGB, Stand September 2014, K § 159 SGB III Rz 445 unter Hinweis auf BT-Drucks. 16/109 Seite 7). Aus diesem Grund wird es für sachgerecht gehalten, die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung erst mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses beginnen zu lassen, weil davor nachteilige leistungsrechtliche Folgen nicht eintreten können (Valgolio a.a.O. Rz 446 unter Hinweis auf die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente, BR-Drucks. 755/08, Seite 63 zu Nr. 41 (§ 144), wo es heißt, die Sperrzeit (gemeint ist eine Sperrzeit wegen Versäumung einer Meldung nach § 309 SGB III) beginne – wie auch im Falle des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 – mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2014, L 9 AL 236/13, juris; Rademacker in Hauck/Noftz, a.a.O., K § 38 Rz 49; Karmanski in Brand, SGB III, a.a.O., § 159 Rz 153; Scholz in Mutschler u.a., SGB III, 5. Aufl. § 159 Rz 183; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2015, § 159 Rz 526, jeweils m.w.N.).

62

Für die vorstehende Auslegung der Vorschrift spricht bereits der Wortlaut, in dem die Formulierung „der Arbeitslose …“ einen entsprechenden Anhaltspunkt bietet (Coseriu a.a.O., der auch darauf hinweist, dass der Gesetzgeber offenbar, solange der Versicherungsfall nicht eingetreten sei, die reine Risikoerhöhung (noch) nicht genügen lassen wolle. Dies sei allerdings vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass die Regelung des § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III den vor dem 1. Januar 2005 geltenden § 140 SGB III ablösen solle (BT-Drucks. 16/109 Seite 7). Auch bei § 140 SGB III a.F. sei die Rechtsfolge – Minderung des Alg – nicht vor Eintritt der Beschäftigungslosigkeit eingetreten. Ziel der Neuregelung sei aber ausdrücklich eine Vereinfachung und bessere Überschaubarkeit des Rechts (BT-Drucks. a.a.O.), so dass der Gesetzesbegründung zum Beginn der Sperrzeit gefolgt werden müsse, zumal ansonsten die Sperrzeit regelmäßig nur für § 161 Abs. 1 Nr. 2 SGB III Bedeutung hätte, weil sie bei Entstehung des Zahlungsanspruchs regelmäßig bereits abgelaufen sein dürfte. Damit werde der Eintritt von Beschäftigungslosigkeit nach dem Ende des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses zur ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzung in Form einer teleologischen Reduktion; dies verkenne die Rechtsprechung des Sozialgerichts Dortmund). Der Senat hält diese Kommentierung, die auch für die wortgleiche Vorläuferregelung des § 144 SGB III a.F. gilt, für überzeugend und schließt sich dieser Rechtsauffassung ausdrücklich an.

63

Nach allem hat der Alg-Anspruch der Klägerin jedenfalls eine Woche ab dem 1. Dezember 2010 geruht, so dass die Voraussetzungen der Fortgewährung von Alg wegen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit – wie ausgeführt – nicht vorgelegen haben. Auf die mit der Urlaubsabgeltung zusammenhängenden Fragen kommt es nach Vorstehendem nicht an.

64

Die Alg-Gewährung nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit ab 1. Februar 2011 ist nicht im Streit und nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Rechtsstreits.

66

Der Senat lässt die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zu, weil er der Frage der zeitlichen Lage einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung grundsätzliche Bedeutung beimisst. Rechtsprechung des BSG ist zu dieser Frage – soweit ersichtlich – nicht vorhanden.


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.02.2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer

1.
arbeitslos ist,
2.
sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
3.
die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

(2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.

(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und

1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),
2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und
3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.

(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.

(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung,
2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und
3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.

(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer

1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,
2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann,
3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und
4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Wer während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig oder während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, verliert dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung mit einer Dauer von bis zu sechs Wochen (Leistungsfortzahlung). Als unverschuldet im Sinne des Satzes 1 gilt auch eine Arbeitsunfähigkeit, die infolge einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation durch eine Ärztin oder einen Arzt oder infolge eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch eine Ärztin oder einen Arzt abgebrochen wird, die Schwangere den Abbruch verlangt und der Ärztin oder dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle beraten lassen hat.

(2) Eine Leistungsfortzahlung erfolgt auch im Fall einer nach ärztlichem Zeugnis erforderlichen Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes der oder des Arbeitslosen mit einer Dauer von bis zu zehn Tagen, bei alleinerziehenden Arbeitslosen mit einer Dauer von bis zu 20 Tagen für jedes Kind in jedem Kalenderjahr, wenn eine andere im Haushalt der oder des Arbeitslosen lebende Person diese Aufgabe nicht übernehmen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Arbeitslosengeld wird jedoch für nicht mehr als 25 Tage, für alleinerziehende Arbeitslose für nicht mehr als 50 Tage in jedem Kalenderjahr fortgezahlt.

(3) Die Vorschriften des Fünften Buches, die bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall sowie bei Zahlung von Krankengeld im Fall der Erkrankung eines Kindes anzuwenden sind, gelten entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis. Im Übrigen gelten für Ausbildung- und Arbeitsuchende die Meldepflichten im Leistungsverfahren nach den §§ 309 und 310 entsprechend.

(1a) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der nach Absatz 1 arbeitsuchend gemeldeten Person unverzüglich nach der Arbeitsuchendmeldung ein erstes Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen, das persönlich oder bei Einvernehmen zwischen Agentur für Arbeit und der arbeitsuchenden Person auch per Videotelefonie erfolgen kann.

(2) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Meldung nach Absatz 1 auch Berufsberatung durchzuführen.

(3) Ausbildung- und Arbeitsuchende, die Dienstleistungen der Bundesagentur in Anspruch nehmen, haben dieser die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. Sie können die Weitergabe ihrer Unterlagen von deren Rückgabe an die Agentur für Arbeit abhängig machen oder ihre Weitergabe an namentlich benannte Arbeitgeber ausschließen. Die Anzeige- und Bescheinigungspflichten im Leistungsverfahren bei Arbeitsunfähigkeit nach § 311 gelten entsprechend.

(4) Die Arbeitsvermittlung ist durchzuführen,

1.
solange die oder der Arbeitsuchende Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit oder Transferkurzarbeitergeld beansprucht oder
2.
bis bei Meldepflichtigen nach Absatz 1 der angegebene Beendigungszeitpunkt des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses erreicht ist.
Im Übrigen kann die Agentur für Arbeit die Arbeitsvermittlung einstellen, wenn die oder der Arbeitsuchende die ihr oder ihm nach Absatz 3 oder der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Absatz 3 Satz 4 obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die oder der Arbeitsuchende kann die Arbeitsvermittlung erneut nach Ablauf von zwölf Wochen in Anspruch nehmen.

(5) Die Ausbildungsvermittlung ist durchzuführen,

1.
bis die oder der Ausbildungsuchende in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit einmündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt oder
2.
solange die oder der Ausbildungsuchende dies verlangt.
Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. August 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis im Zeitraum vom 15. bis 21.5.2007 geruht hat, sich die Anspruchsdauer entsprechend gemindert hat und die Beklagte zur (nachträglichen) Aufhebung der Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum berechtigt war.

2

Die 1952 geborene Klägerin, von Beruf Altenpflegerin, bezog seit dem 2.8.2006 Alg (Bewilligungsbescheid vom 23.8.2006). Unter dem 18.4.2007 lud die Beklagte sie zu einem Termin am 14.5.2007 um 11:00 Uhr ein; Gegenstand des Termins sollten die berufliche Situation der Klägerin und ihr Bewerberangebot sein. Das Einladungsschreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung. Infolge fehlerhafter Notierung dieses Termins erschien die Klägerin nicht am 14.5.2007, sondern am Folgetag um 11:00 Uhr bei der Beklagten. An diesem Tag fand kein Gespräch zwischen ihr und der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten statt; stattdessen erhielt die Klägerin eine erneute Einladung zum 21.5.2007. Diesen Termin nahm die Klägerin pünktlich wahr.

3

Mit Bescheid vom 24.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.6.2007 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 15. bis zum 21.5.2007 auf und stellte eine entsprechende Minderung der Anspruchsdauer fest, weil der Anspruch der Klägerin wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis für eine Woche ruhe (§ 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6, § 128 Abs 1 Nr 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch).

4

Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 27.8.2009). Auf die - vom SG zugelassene - Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Aufhebungsentscheidung (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch) sei rechtmäßig. Nach § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III sei zwar eine Meldung zu einer anderen als der bestimmten Tageszeit ausreichend, wenn sie "am selben Tag" erfolge und der Zweck der Meldung erreicht werden könne. Diese Bestimmung sei über ihren Wortlaut hinaus nicht iS einer erweiternden Auslegung auf Fälle einer um 24 Stunden verspäteten Meldung am Folgetag anwendbar. Einer analogen Anwendung sei die Vorschrift aufgrund ihres eindeutigen Wortlauts ("zu einer anderen Zeit am selben Tag") nicht zugänglich. Daher sei auch nicht aufzuklären, ob der Zweck der Meldung iS des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III durch die Vorsprache der Klägerin am 15.5.2007 noch habe erreicht werden können. Der Klägerin habe kein wichtiger Grund zur Seite gestanden. Die Klägerin habe lediglich - fahrlässig - den Meldetermin unzutreffend erinnert. Die Sperrzeit führe zum Ruhen des Anspruchs auf Alg; zudem mindere sich die Anspruchsdauer um die Tage der Sperrzeit. Die Sanktionsfolge des § 144 Abs 6 SGB III sei auch nicht verfassungswidrig. oder unverhältnismäßig.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung materiellen Rechts (§ 309 Abs 2 Satz 3 SGB III; Art 3 Abs 1, Art 14 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz ) und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit eine ausnahmslose pauschale Kürzung des Alg als unzumutbar erachtet, soweit ein Arbeitsloser aus Unerfahrenheit, Unverständnis für Verwaltungsvorgänge, aus Unachtsamkeit oder aus anderen Gründen seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Auch die Sanktion von einer Woche stelle vor diesem Hintergrund einen Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum dar und müsse unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit beurteilt werden. Gemäß § 144 Abs 6 SGB II sei Folge des Meldeversäumnisses eine pauschale Sperrzeit; eine Abwägung im Einzelfall lasse das Gesetz nicht zu. Überdies sei ein versehentliches Terminversäumnis kein vorwerfbares versicherungswidriges Verhalten iS des § 144 Abs 1 iVm § 309 SGB III; die Versichertengemeinschaft werde nicht tangiert, weil der Zweck ihrer, der Klägerin, Meldung lediglich in der Besprechung ihrer beruflichen Situation und des Bewerberangebots gelegen habe. Dieser Zweck habe bei der Besprechung eine Woche später nachgeholt werden können. Im Übrigen bestehe bei der Meldung einen Tag später kein Unterschied zu dem von § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III umfassten Fall, in dem ein Betroffener noch am selben Tag - aber nach Dienstschluss des Sachbearbeiters - die Meldung nachhole; auch in diesem Fall könne der Meldezweck erst bei dem - nachgeholten - Gespräch mit dem Sachbearbeiter erfüllt werden.

6

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. August 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27. August 2009 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz).

10

Das LSG hat zutreffend die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids der Beklagten vom 24.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.6.2007 bestätigt.

11

1. Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) sind die Verfügungen der Beklagten vom 24.5.2007 betreffend den Eintritt einer Sperrzeit bzw das Vorliegen eines Ruhenszeitraums vom 15. bis 21.5.2007, die Aufhebung des Alg für diesen Zeitraum und die Minderung der Anspruchsdauer (vgl ua BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 10 mwN).

12

2. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 24.5.2007 misst sich an § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 SGB III. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

13

Der Bescheid der Beklagten vom 23.8.2006 war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; er hatte die Bewilligung von Alg ab August 2006 für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen zum Gegenstand. Wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt(vgl nur BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 15). Hier ist wegen des Eintritts einer Sperrzeit ein Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 144 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr 6 SGB III eingetreten(dazu sogleich unter 3). Schließlich sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X gegeben. Das LSG hat dabei entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit einen subjektiven Maßstab angelegt (vgl BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 24 mwN). Soweit sich die Klägerin gegen die Feststellungen des subjektiven Verschuldens wendet, ist zu beachten, dass die Entscheidung über das Vorliegen grober Fahrlässigkeit nur in engen Grenzen revisionsrechtlich nachprüfbar ist. Das Revisionsgericht prüft insoweit lediglich, ob das LSG den Begriff der groben Fahrlässigkeit als solchen verkannt hat, sowie, ob es beachtet hat, dass sich die Bösgläubigkeit grundsätzlich auf den zurückzunehmenden Teil des Verwaltungsakts erstrecken muss (vgl BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 14 mwN). Insofern ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden. Es hat bei der Prüfung des subjektiven Verschuldens nicht nur auf den Erhalt und Inhalt des "Merkblatt 1 für Arbeitslose" und die der Klägerin im Einladungsschreiben vom 18.4.2007 übermittelte Rechtsfolgenbelehrung abgestellt, sondern sich einen eigenen Eindruck von der persönlichen Einsichtsfähigkeit der im Termin anwesenden Klägerin verschafft (vgl dazu auch Senatsurteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - Juris, RdNr 16, 19). Danach war es der Klägerin möglich und zumutbar, die Hinweise nachzuvollziehen und wusste sie - oder hätte zumindest im Sinne grober Fahrlässigkeit ohne Weiteres erkennen können -, welche Folgen das Meldeversäumnis haben konnte. Diese Würdigung der tatsächlichen Feststellungen durch das LSG entzieht sich der revisionsrechtlichen Überprüfung, wenn sie nicht mit zulässigen Verfahrensrügen (zB Verstoß gegen Denkgesetze) angegriffen wird (vgl § 163 SGG), was hier nicht der Fall ist.

14

a) Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2005 in Kraft getretenen Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Ein versicherungswidriges Verhalten liegt nach Satz 2 Nr 6 der Vorschrift ua dann vor, wenn der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309 SGB III), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis). Die Voraussetzungen für die Feststellung einer solchen Sperrzeit, dh pflichtwidriges Verhalten und Fehlen eines wichtigen Grundes, liegen vor.

15

Gemäß § 309 Abs 2 SGB III kann die Aufforderung zur Meldung ua zum Zwecke der Berufsberatung(Nr 1), der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit (Nr 2) und der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch (Nr 5) erfolgen. An diesen Anforderungen orientiert sich die Aufforderung der Beklagten vom 18.4.2007, mit der sie die Klägerin zwecks Erörterung ihrer beruflichen Situation und ihres Bewerberangebots zum Termin am 14.5.2007 um 11:00 Uhr einlud. Es bestehen insbesondere keine Anhaltspunkte für eine zweckwidrige Aufforderung (vgl dazu Düe in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 309 RdNr 10 ff). Gemäß § 309 Abs 3 Satz 1 SGB III idF des Gesetzes vom 23.12.2003 hat sich der Arbeitslose zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit zu melden. Nach Satz 2 des § 309 Abs 3 SGB III ist er seiner allgemeinen Meldepflicht (nur) dann auch nachgekommen, wenn diese nach Tag und Tageszeit bestimmt war und er sich zu einer anderen Zeit am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung erreicht wird. Diese Voraussetzungen treffen auf das Meldeversäumnis der Klägerin nicht zu.

16

Die Meldung der Klägerin erfolgte am 15.5.2007 und damit nicht mehr "am selben Tag", der in der Meldeaufforderung bestimmt war. Der Begriff "am selben Tag" ist fest bestimmt; er ist weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes und dem damit zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers kann eine Meldung am Folgetag nicht mehr als rechtzeitig angesehen werden. Demgemäß hat die Beklagte entsprechend ihrer, in § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB III zum Ausdruck gebrachten Belehrungs- und Hinweispflicht vor Eintritt einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis klargestellt, dass "vom Tag nach dem Meldeversäumnis an für die Dauer von einer Woche" Alg nicht gezahlt wird. Die Meldeaufforderung und die Rechtsfolgenbelehrung entsprechen auch im Übrigen - wie bereits das LSG ausgeführt hat - den gesetzlichen Anforderungen; insbesondere wird der Arbeitslose in verständlicher und klarer Form darüber informiert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus dem Meldeversäumnis resultieren (vgl Senatsurteil vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 44/06 R - RdNr 17; ebenso bereits BSG SozR 4100 § 132 Nr 1; vgl ferner BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6 RdNr 26).

17

b) Entgegen der Ansicht des SG, auf die sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung gestützt hat, kann die Klägerin auch nicht kraft richterlicher Rechtsfortbildung, insbesondere mittels einer analogen Anwendung des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III, so behandelt werden, als sei sie ihrer Rechtspflicht nachgekommen. Ein Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte Norm analogiefähig ist, das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, er wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Analogie ist mithin die Übertragung der Rechtsfolge eines geregelten Tatbestands auf einen ihm ähnlichen, aber ungeregelten Sachverhalt (vgl zuletzt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 25 und Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - BSGE 105, 94 = demnächst in SozR 4-4300 § 132 Nr 4; vgl auch BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 1 RdNr 16 und Nr 3 RdNr 18; BVerfGE 82, 6, 11 f; 116, 69, 83, 84; BVerfG NJW 2011, 836 unter B I 3b = RdNr 53 mwN). Sie beruht - in Anlehnung an Art 3 Abs 1 Grundgesetz - auf der Forderung normativer Gerechtigkeit, Gleichartiges gleich zu behandeln (vgl BSGE 77, 102, 104 = SozR 3-2500 § 38 Nr 1 S 3; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 4 RdNr 15). Aus der Rechtsentwicklung sowie aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergeben sich jedoch keine Hinweise auf das Bestehen einer Gesetzeslücke.

18

§ 309 SGB III entspricht nahezu wortgleich der Vorgängerregelung in § 132 Abs 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm mit § 5 Satz 2 der Meldeanordnung vom 14.12.1972 (ANBA 1973, 245). Die Begrenzung einer sanktionslosen Nachholung der Meldung nur am selben Tag ist mithin bewusst in das SGB III übernommen worden. Im Übrigen fehlt es für eine analoge Anwendung des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III auch an einer Vergleichbarkeit der zu regelnden Sachverhalte; die Meldung am selben Tag ist etwas anderes als das Aufsuchen der Beklagten an einem späteren Tag.

19

Ebenso wie zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage eingeführt werden dürfen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7; stRspr), können Vorschriften einzelne Personengruppen begünstigen und andere von der Begünstigung ausnehmen (vgl BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Zu prüfen ist lediglich, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl BVerfGE 80, 297 = SozR 5795 § 4 Nr 8; BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1; stRspr). Daran, dass die Datumsgleichheit ein - leicht überprüfbares - sachliches Kriterium darstellt, um den Versicherten vor Rechtsnachteilen zu bewahren, hat der Senat keinen Zweifel; eine willkürlich unterschiedliche Behandlung liegt nicht vor.

20

Es kann deshalb dahinstehen, ob der Zweck der Meldung iS des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III auch durch die Vorsprache der Klägerin am 15.5.2007 um 11:00 Uhr noch hätte erreicht werden können (aA Geiger, info also 2011, 22 f). Die mögliche Zweckerreichung kann allenfalls bei der Frage eine Rolle spielen, ob die festgestellte Sperrzeit von einer Woche unverhältnismäßig war (dazu unten zu 3c).

21

c) Die Klägerin kann sich für ihr pflichtwidriges Verhalten auch auf keinen wichtigen Grund iS des § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III berufen. Ein solcher ist anzunehmen, wenn durch diesen die Meldung oder das Erscheinen unmöglich oder erschwert wurde, sodass dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen, mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (vgl BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 12 mwN; Karmanski in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 144 RdNr 112; Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 144 SGB III RdNr 198, Stand Einzelkommentierung Juli 2009). Die Sperrzeit greift dabei Obliegenheitsverletzungen des Versicherten auf (BSG aaO; vgl auch Bieback, SR 2011, 21, 22 ff) und setzt - ebenso wie der Sperrzeittatbestand des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III (verspätete Arbeitsuchendmeldung) - ein subjektiv vorwerfbares Verhalten (mindestens leichte Fahrlässigkeit nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab) voraus(vgl ua BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 2 RdNr 21, 22; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 446, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat und die damit für den Senat bindend sind (vgl § 163 SGG), war ihr ein rechtmäßiges Verhalten objektiv möglich und subjektiv zumutbar. Seitens der Versichertengemeinschaft kann von einem Berechtigten erwartet werden, dass er Termine zur Einhaltung einer eigenen Mitwirkungsobliegenheit korrekt notiert und einhält; beides liegt allein im Verantwortungsbereich des Versicherten. Aus der Sicht eines objektiven Dritten konnte die Klägerin den Meldetermin am 14.5.2007 ohne Weiteres wahrnehmen und ist ihr, wie vom LSG festgestellt, jedenfalls Fahrlässigkeit zur Last zu legen.

22

d) Die Sperrzeit führt zum Ruhen des Anspruchs auf Alg gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III. Nach § 128 Abs 1 Nr 3 SGB III mindert sich der Alg-Anspruch um die Tage der Sperrzeit. Diese Rechtsfolgen sind im angefochtenen Bescheid der Beklagten zutreffend umgesetzt worden. Nach § 144 Abs 6 SGB III idF des Gesetzes vom 23.12.2003 beträgt die Dauer der Sperrzeit bei Meldeversäumnis eine Woche. Nach § 144 Abs 2 Satz 1 SGB III begann die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das sie begründet. Zutreffend hat die Beklagte daher die Dauer der Sperrzeit vom 15. bis zum 21.5.2007 festgestellt.

23

3a) Die Sanktionsfolge des § 144 Abs 6 SGB III als Folge des Meldeversäumnisses verstößt auch im Lichte der Eigentumsgarantie des Art 14 GG nicht gegen Verfassungsrecht. Zwar ist der Anspruch auf Alg - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - durch die Eigentumsgarantie geschützt (vgl nur BVerfG SozR 4100 § 104 Nr 13 S 12; SozR 3-4100 § 116 Nr 3 S 124; BVerfG Beschluss vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - SozR 4100 § 120 Nr 2, RdNr 36 mwN; BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 19 mwN). Zu Recht hat das LSG aber einen Eingriff in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie verneint. Denn es fehlt bereits daran, dass eine geschützte vermögenswerte Position der Klägerin (also ihr Alg-Anspruch) durch eine Maßnahme der Beklagten beeinträchtigt worden wäre (zu diesen Voraussetzungen vgl BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 19 und SozR 4-4300 § 223 Nr 1 RdNr 13 mwN; BVerfG SozR 4-4300 § 434c Nr 6 RdNr 14). Der Klägerin ist im Sinne einer solchen geschützten vermögenswerten Rechtsposition keine stärkere konkrete Rechtsposition "genommen" worden. Denn sie hat mit ihrer letzten Beschäftigung als Altenpflegerin einen (neuen) Alg-Anspruch als Stammrecht erworben, der von vornherein mit der Möglichkeit der Sanktion in Form einer Sperrzeit auch nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB III belastet war. Die Realisierung dieser Belastung im Einzelfall ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten lediglich festgestellt worden.

24

b) Selbst wenn aber der Schutzbereich des Art 14 GG tangiert wäre, ist der dann anzunehmende "Eingriff" durch § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6 iVm Abs 6 SGB III lediglich eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums(Art 14 Abs 1 Satz 2 GG). Insoweit kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsmöglichkeit zu, auch zur Beschneidung von Leistungsansprüchen zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der Sozialleistungsverwaltung (vgl BVerfGE 53, 257 ff, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfGE 74, 203 = SozR 4100 § 120 Nr 2). Das BVerfG hat diesbezüglich - worauf das LSG zu Recht hinweist - zu der für verfassungswidrig erklärten Ruhensvorschrift des § 120 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), welche zunächst keine Härtefallregelung enthielt, entschieden, dass, soweit ein Arbeitsloser aus Unerfahrenheit, Unverständnis für Verwaltungsvorgänge, aus Unachtsamkeit oder aus anderen Gründen, welche nicht als "wichtig" iS des § 120 Abs 1 AFG zu qualifizieren seien, seine Meldepflicht nicht einhalte, die ausnahmslos pauschale Kürzung des Alg unzumutbar sei. Dies gelte erst recht, wenn sich die Säumnis dieses Arbeitslosen nicht nachteilig für die Arbeitslosenversicherung auswirke (BVerfGE 74, 203 = SozR 4100 § 120 Nr 2 S 4). Im Einzelnen hat das BVerfG ausgeführt, bei missbräuchlicher Inanspruchnahme des Alg sei weder etwas gegen die zeitweise Versagung des Alg noch dagegen etwas einzuwenden, dass die Sanktion pauschal einen zweiwöchigen Wegfall des Alg anordne. Es fehlten aber hinreichend Gründe, die Rechte aus dem durch Beitragszahlung erworbenen Versicherungsschutz so weitgehend und undifferenziert einzuschränken. Nicht zu entscheiden sei, ob für Bezieher von Alg auch ein pauschales Ruhen des Alg von sechs Tagen noch hinnehmbar wäre; ein Wegfall des Alg von zwei Wochen sei diesem Personenkreis gegenüber nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil das eigentumsgeschützte Alg der Existenzsicherung des Berechtigten diene und eine auf eigenen Beiträgen beruhende lohnbezogene Versicherungsleistung sei (Hinweis auf BVerfGE 72, 9, 18 ff). In Reaktion auf diese Rechtsprechung des BVerfG ist mit Wirkung ab 1.1.1988 in § 120 Abs 3 AFG idF des Gesetzes vom 14.12.1987 (BGBl I 2602) eine Härteklausel angefügt worden, wonach sich - in Anlehnung an die für Sperrzeiten getroffene Härteregelung in § 119 Abs 2 AFG - die Säumniszeit von regelmäßig zwei Wochen auf eine Woche verkürzt. Diese Regelung ist insoweit unverändert in § 145 Abs 3 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.3.1997 (BGBl I 594) mit Wirkung vom 1.1.1998 übernommen und durch das Gesetz vom 23.12.2003 mit Wirkung vom 1.1.2005 aufgehoben worden.

25

c) Die nunmehr in § 144 Abs 6 SGB III vorgenommene pauschale Regelung ("die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis … beträgt eine Woche") ist iS der vorstehend zitierten Rechtsprechung des BVerfG verhältnismäßig(vgl auch BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 21 f - zur Regelung der §§ 37b, 140 SGB III aF). Denn die Dauer der Sperrzeit von einer Woche beträgt im Vergleich zu der früheren Regelung in § 120 AFG bzw § 145 SGB III nur noch die Hälfte der Zeit und bringt mithin eine geringere Belastung des Arbeitslosen mit sich. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Wahl des geringsten Mittels nicht aus den Augen verloren hat (BSG, aaO; vgl auch Karmanski in Niesel/Brand, 5. Aufl 2010, § 144 RdNr 170; Lüdtke in LPK-SGB III, 2008, § 144 RdNr 52; Marschner in Gemeinschaftskommentar zum SGB III, § 144 RdNr 144, Stand Einzelkommentierung März 2009; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 453, Stand Einzelkommentierung März 2006; zweifelnd Geiger, info also 2011, 22 f). Die von § 144 Abs 5 SGB III vorgesehene Sanktionsfolge einer einwöchigen Sperrzeit ist auch in dieser pauschalierten Form angemessen. Denn die Sperrzeitfeststellung ist nicht Ausdruck individueller Schadensfeststellung, sondern Folge versicherungswidrigen Verhaltens (vgl BT-Drucks 15/1515 S 87 zu Nr 76 = § 144; vgl ferner BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 16). Schließlich ist die pauschalierte Sperrzeit auch verhältnismäßig im engeren Sinne (= zumutbar). Sie ermöglicht einerseits der Beklagten, im Rahmen einer Massenverwaltung auf versicherungswidriges Verhalten ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand zu reagieren; andererseits setzt die Verletzung der Obliegenheit des § 309 Abs 3 Satz 1 SGB III auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus und schafft damit ein Korrektiv(vgl BSG SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 22; ebenso Coseriu in Eicher/Schlegel § 144 RdNr 446, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Eine unverschuldete Unkenntnis von der Obliegenheit führt damit nicht zum Eintritt einer Sperrzeit, die schuldhafte Unkenntnis führt indes - auch unter Berücksichtigung der mit der Sperrzeit verbundenen weiteren Rechtsfolge der Anspruchsminderung nach § 128 Abs 1 Nr 3 SGB III - nicht zu einer Existenzgefährdung, ist aber geeignet, den Versicherten zu einem der Versichertengemeinschaft gegenüber verantwortungsbewussten Verhalten anzuhalten. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Zweck der Belehrung durch ein Beratungsgespräch vor Ablauf des Termins hätte erreicht werden können. Denn die insoweit erforderlichen Feststellungen wären in der Regel mit einem erheblichen Verwaltungs- bzw Ermittlungsaufwand verbunden und stünden im Widerspruch zu der klaren verwaltungspraktikablen Regelung des § 309 Abs 3 Satz 2 SGB III.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.02.2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Januar 2015 aufgehoben, soweit damit der Klage teilweise stattgegeben worden ist. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit sowie über den Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld (Alg) wegen der Sperrzeit, einer Erkrankung der Klägerin und einer Urlaubsabgeltung.

2

Die 1970 geborene Klägerin war bis zum 30. April 2005 bei der X. als Meisterin beschäftigt. Danach war sie arbeitslos und bezog im Anschluss an eine eingetretene Sperrzeit ab 24. Juli 2005 bis zur Erschöpfung des Anspruchs ab 22. April 2006 Alg. Zum 1. Dezember 2008 trat die Klägerin eine nach dem Arbeitsvertrag bis zum 30. November 2010 befristete Vollzeitstelle im Rahmen eines Forschungsvorhabens bei der H / U in H. an.

3

Am 9. September 2010 meldete die Klägerin sich persönlich arbeitsuchend. Gleichzeitig meldete sie sich mit Wirkung zum 1. Dezember 2010 erneut arbeitslos und beantragte Alg. Am 9. September 2010 wurde ihr ein Termin bei der Arbeitsvermittlung am 1. Dezember 2010 aufgegeben. In einem Aktenvermerk des Mitarbeiters M der Beklagten vom 1. Dezember 2010 heißt es:

4

„kurze Vorsprache – Kundin erscheint erheblich verspätet nach vorgesehenen Termin. Entschuldigt sich, gibt als Grund gesundheitliche Gründe an.
Ein MV liegt nicht vor, obwohl der heute Termin nicht mehr durchgeführt werden kann. Kunde macht sichtlich gesundheitlich angeschlagenen Eindruck ohne sich genauer zu offenbaren.
Sie wird noch heute einen Arzt aufsuchen und voraussichtlich auch AU geschrieben. Sie rechnet selbst mit einer längeren AU-Zeit.
Aufgeklärt, dass bei AU ab heute keine Arbeitslosigkeit vorliegen würde, sie sich an die KK wenden müsse, um KG zu beantragen.
Seitens der Arbeitsagentur würde eine Abmeldung erfolgen. Eine erneute pers. Arbeitslosmeldung nach Genesung wäre dann erforderlich.
Aus den o.a. Gründen heute keinen neuen Termin vergeben.
Kundin wird bis zum 03.12.10 eine Rückmeldung geben.
Vor weiteren Veranlassungen wird dies Rückmeldung abgewartet.“

5

Am 3. Dezember 2010 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass sie nicht genau wisse, wie lange sie arbeitsunfähig geschrieben sei. Wahrscheinlich sei sie ab dem 1. Dezember 2010 arbeitsunfähig, nähere Angaben dazu wolle sie nicht machen (Aktenvermerk vom 3. Dezember 2010).

6

Am 15. Februar 2011 reichte die Klägerin den ausgefüllten Vordruck zu ihrem Alg-Antrag ein und gab dabei an, seit dem 1. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben zu sein. Sie erhalte von ihrem ehemaligen Arbeitgeber noch Zahlungen für Zeiten nach ihrem Ausscheiden (z.B. Urlaubsabgeltung) und mache in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend. Im Dezember 2010 habe sie Krankengeld beantragt. Sie reichte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) des sie behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin F vom 17. Januar 2011 ein.

7

Die Universität teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15. Februar 2011 mit, dass die Klägerin im Rahmen ihrer dortigen Einstellung ab 1. Dezember 2008 darauf hingewiesen worden sei, dass sie nach § 38 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dazu verpflichtet sei, sich spätestens drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Bundesagentur für Arbeit persönlich arbeitssuchend zu melden. Die Beklagte hörte die Klägerin zum Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung an. Die Klägerin gab dazu an, dass sie in der Urlaubszeit unabkömmlich gewesen sei. Im Übrigen reichte sie das ihr am 1. Dezember 2008 zur Kenntnis gegebene Merkblatt ein, in dem es unter anderem heißt:

8

… „Weiterhin sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtet, sich spätestens 3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beschäftigungsverhältnisses zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird (§ 37b SGB III).“ …

9

Ergänzend teilte die Klägerin mit Schreiben vom 16. Februar 2011 mit, dass Sachgrund der Befristung ihres Arbeitsvertrages die Projektdauer gewesen sei. Tatsächlich habe das Projekt allerdings mit Stand vom 25. November 2010 eine voraussichtliche Laufzeit bis September 2011 mit Überleitung in ein weiteres Projekt bis mindestens November 2012 gehabt. Am 26. November 2010 habe sie mit Schreiben der Universität vom 24. November 2010 Kenntnis von der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2010 erhalten.

10

Am 1. Februar 2011 meldete die Klägerin sich mit Wirkung vom selben Tage erneut arbeitslos und beantragte Alg; die Fragen nach einer Krankschreibung oder anderen Gründen für eine Verfügbarkeitseinschränkung verneinte sie in dem ebenfalls am 15. Februar 2011 zurückgereichten ausgefüllten Antrag.

11

Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Universität mit Schreiben vom 7. März 2011 mit, dass die Klägerin noch einen Anspruch auf ein Leistungsentgelt nach § 18 TVöD in Höhe von 375,38 EUR gehabt habe. Der Betrag sei zur Zahlung angewiesen worden. Darüber hinaus sei die Wehrbereichsverwaltung angewiesen worden, einen Urlaubsanspruch in Höhe von 3 Urlaubstagen abzugelten.

12

Mit Bescheid vom 15. Februar 2011 stellte die Beklagte den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit vom 1. bis 7. Januar 2011 wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung und die Minderung des Anspruchs auf Alg um sieben Tage fest. Gleichzeitig führte die Beklagte aus, dass der Klägerin auch nach Ablauf der Sperrzeit keine Leistungen gezahlt würden, weil sie arbeitsunfähig erkrankt sei und keinen Anspruch auf Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall habe. Sollte die Klägerin wieder arbeitsfähig sein, möge sie die Leistung erneut beantragen.

13

Mit weiterem Bescheid vom 16. Februar 2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 23. Januar 2012 (353 Kalendertage, täglicher Leistungsbetrag 39,53 EUR).

14

Das nach Erlass dieses Bescheides eingegangene Schreiben der Klägerin vom 16. Februar 2011 wertete die Beklagte als Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Februar 2011 wegen verspäteter Meldung sowie wegen der Ablehnung von Leistungen. Mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 16. März 2011 legte die Klägerin noch einmal ausdrücklich gegen den Bescheid vom 15. Februar sowie auch gegen den Bescheid vom 16. Februar 2011 Widerspruch ein.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2011 (Az. W 257/11) wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid mit der Maßgabe zurück, dass die Sperrzeit bereits für die Zeit vom 1. bis 7. Dezember 2010 eingetreten sei. Die Klägerin habe sich ohne wichtigen Grund verspätet arbeitsuchend gemeldet, so dass gemäß §§ 144 Abs. 1 i.V.m. § 144 Abs. 6 und § 38 SGB III in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung eine einwöchige Sperrzeit eingetreten sei. Die Klägerin sei durch das ihr ausgehändigte Merkblatt auf ihre Meldepflicht hingewiesen worden; Kenntnis vom Ende des Beschäftigungsverhältnisses habe seit dem Tag des Vertragsabschlusses bestanden. Dass in dem Merkblatt fehlerhaft die Vorschrift des § 37b SGB III benannt worden sei, ändere an der getroffenen Entscheidung nichts. Aus § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ergebe sich eine entsprechende Minderung der Anspruchsdauer.

16

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 21. März 2011 (Az. 258/11) lehnte die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 15. Februar 2011 den in dem Bescheid so beschriebenen „Antrag auf Gewährung von Alg vom 8. Dezember 2010“ (gemeint: ab 8. Dezember 2010) ab und wies gleichzeitig den gegen die Leistungsversagung eingelegten Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte insoweit zur Begründung aus, dass die Klägerin aufgrund der vom 1. Dezember 2010 bis 31. Januar 2011 bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht verfügbar gewesen sei und deshalb keinen Anspruch auf Alg gehabt habe. Wegen des Eintritts der einwöchigen Sperrzeit mit der Folge des Ruhens des Anspruchs bis 7. Dezember 2010 komme auch eine Fortzahlung von Alg ab 8. Dezember 2010 gemäß § 126 SGB III nicht in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf beide Widerspruchsbescheide (der Klägerin zugegangen jeweils am 24. März 2011) Bezug genommen.

17

Am 26. April 2011 – Dienstag nach Ostern – hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Kiel zum einen Klage gegen den Sperrzeitbescheid vom 15. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2011 (S 9 AL 65/11) und zum anderen Klage gegen den Bewilligungsbescheid vom 16. Februar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2011 (S 6 AL 64/11) erhoben. Beide Verfahren sind zunächst zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Schleswig verwiesen worden (Az. S 3 AL 73/11 und S 3 AL 70/11) und dort mit Beschluss vom 4. August 2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. S 3 AL 73/11 fortgeführt worden. Zu dem ursprünglich unter dem Az. S 3 AL 70/11 geführten Verfahren haben die Beteiligten im erstinstanzlichen Verhandlungstermin am 23. Januar 2015 übereinstimmend erklärt, dass diese Klage sich nicht gegen den Bescheid vom 16. Februar 2011 richte, sondern ebenfalls gegen den Bescheid vom 15. Februar 2011, soweit damit ein Alg-Anspruch aufgrund der seinerzeitigen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin auch nach Ablauf der Sperrzeit in Abrede gestellt wurde.

18

Zur Begründung der Klagen hat die Klägerin geltend gemacht: Eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung sei nicht eingetreten. Sowohl § 38 SGB III als auch die Vorgängerregelung des § 37b SGB III setzten eine Kenntnis der Meldepflicht und die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht voraus. Zwar sei sie im Dezember 2008 auf die damals geltende Regelung des § 37b SGB III hingewiesen worden. Diese Vorschrift habe nach ihrem Wortlaut aber vorgesehen, dass die Arbeitsuchendmeldung „frühestens“ drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erfolgen habe. Insoweit habe sie davon ausgehen können, dass ihre Meldung vom 9. September 2010 rechtzeitig gewesen sei. Auf den anderslautenden Inhalt eines Merkblatts könne die Beklagte sich nicht berufen, wenn das Merkblatt – wie hier – im Gegensatz zu der gesetzlichen Regelung stehe. Im Übrigen sei die Lage einer etwaigen Sperrzeit falsch bestimmt: Sperrzeitbegründendes Ereignis bei einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung sei die verspätete Meldung. Ausgehend von einer Meldepflicht am 31. August oder 1. September 2010 habe eine etwaige Sperrzeit am 1. oder 2. September 2010 zu laufen begonnen, so dass ein Ruhen ihres Alg-Anspruchs ab 1. Dezember 2010 insoweit nicht mehr habe eintreten können.

19

Die Beklagte habe ihr ab dem 1. Dezember 2010 Alg zu gewähren, wobei der Anspruch aufgrund ihrer Erkrankung gemäß § 126 SGB III auf die ersten sechs Wochen beschränkt sei. Ihre Verfügbarkeit sei nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen. Vielmehr habe sie sich im Anschluss an ihre Arbeitslosmeldung am 1. Dezember 2010 unwohl gefühlt und einen Arzt aufgesucht, der sie schließlich für arbeitsunfähig gehalten und eine entsprechende Bescheinigung ausgefüllt habe. Dabei beinhalte der Begriff der Arbeitsunfähigkeit nicht eine Vermittlungsunfähigkeit im Sinne von § 119 SGB III. Die von dem Arzt F festgestellte Arbeitsunfähigkeit habe sich auf die letzte Tätigkeit der Klägerin an der Universität bezogen; hieraus ergebe sich allerdings keine Vermittlungsbeeinträchtigung für andere Arbeitgeber oder andere Berufe. Dies werde in das Zeugnis des Herrn F gestellt.

20

Der Umstand, dass ihr eine Urlaubsabgeltung für drei Urlaubstage gewährt worden sei, führe nicht zum Ruhen des Alg-Anspruchs, weil diese Leistung erst zum 31. März 2011 ausgezahlt worden sei. Insoweit habe sie einen Alg-Anspruch nach den Maßstäben der sog. Gleichwohlgewährung.

21

Zu den mit ihrer Arbeitsunfähigkeit zusammenhängenden Fragen und einem möglichen Anspruch auf Krankengeld habe der Mitarbeiter M der Beklagten sie fehlerhaft beraten. Denn einen Krankengeldanspruch habe sie nicht gehabt. Wäre sie über die Möglichkeiten der Gewährung von Alg und Krankengeld zutreffend aufgeklärt worden, hätte sie keinen Arzt aufgesucht, um ihre Erkrankung als Arbeitsunfähigkeit attestieren zu lassen. Insoweit mache sie nunmehr einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend.

22

Die Klägerin hat beantragt,

23

den Bescheid vom 15. Februar 2011 in der Fassung der beiden Widerspruchsbescheide vom 18. März 2011 und 21. März 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2010 zu gewähren.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Zur Begründung hat sie auf die Gründe der Widerspruchsbescheide vom 18. und 21. März 2011 Bezug genommen. Ergänzend hat sie ausgeführt: Sie halte an ihrer Auffassung fest, dass eine einwöchige Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung eingetreten sei. Die Klägerin sei hinreichend darüber aufgeklärt worden, dass sie sich drei Monate vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses habe arbeitsuchend melden müssen. Zum einen sei ihr dies im Leistungsnachweis (Rückseite) vom 24. April 2006 (vorgelegt mit Anwaltsschriftsatz vom 22. Dezember 2011, Vordruckmuster Bl. 38/39 der Gerichtsakte) mitgeteilt worden, zum anderen habe ihr ihr damaliger Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag vom 1. Dezember 2008 entsprechende Hinweise gegeben.

27

Auch nach Ablauf der Sperrzeit stehe der Klägerin Alg nicht zu. Ein Anspruch auf Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall entstehe nur, wenn das Stammrecht auf Alg bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bereits bestehe. Zugunsten der Klägerin nehme die Beklagte eine Entstehung des Stammrechts am 1. Dezember 2010 an und gehe nicht von anfänglicher Arbeitsunfähigkeit bereits bei Arbeitslosmeldung aus (vgl. Beratungsvermerk vom 1. Dezember 2010). Da jedoch der Anspruch infolge der Sperrzeit bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit geruht habe, seien die Voraussetzungen für die Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall nach § 126 SGB III (a.F.) nicht erfüllt. Insoweit werde auch auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Bezug genommen (Urteil vom 7. Februar 2002, B 7 AL 28/01 R). Rein vorsorglich werde noch darauf hingewiesen, dass auch die Urlaubsabgeltung einen Ruhenstatbestand herbeigeführt habe.

28

Das Sozialgericht hat eine Kopie der von dem Arzt F geführten Krankenbehandlungskarte der Klägerin beigezogen. Daraus ergibt sich die erstmalige Feststellung von Arbeitsunfähigkeit am 1. Dezember 2010 bis 10. Dezember 2010, Diagnosen: F43.0 G (akute Belastungsreaktion) und R53 G (Erschöpfungszustand). Die AU-Bescheinigung ist in der Folgezeit bis zum 31. Januar 2011 verlängert worden.

29

Nach mündlicher Verhandlung am 23. Januar 2015 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide in Bezug auf die Lage der Sperrzeit vom 1. bis 7. Dezember 2010 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht unter Darlegung im Einzelnen im Wesentlichen ausgeführt: Die Klagen seien zulässig und zu einem geringen Teil begründet. Die Sperrzeit sei eingetreten, liege jedoch zeitlich falsch, weshalb nur die Anspruchsverkürzung nach § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III (a.F.), jedoch kein Ruhen des Anspruchs vom 1. bis 7. Dezember 2010 eintrete. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 1. Dezember 2010 bis 31. Januar 2011 liege jedoch mangels Verfügbarkeit keine Arbeitslosigkeit vor; eine Weiterzahlung des Alg nach § 126 SGB III scheide mangels Vorbezug von Alg aus. Auf die weitere Frage eines Ruhens wegen Urlaubsabgeltung komme es nicht mehr an.

30

Zur Lage der Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Sozialgerichts Dortmund ausgeführt: Die Beklagte habe die Lage dieser Sperrzeit auch nach Korrektur im Widerspruchsverfahren falsch bestimmt. Gemäß § 144 Abs. 2 SGB III (a.F.) beginne die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründe. Eine Definition des Ereignisses selbst enthalte die Vorschrift nicht. Es sei allerdings mit dem Wortlaut nicht vereinbar, den rechtlichen Beginn der Arbeitslosigkeit als Auslöser für die Sperrzeit zu definieren. Der Eintritt der Arbeitslosigkeit begründe nicht die Sperrzeit, sondern nach § 37b SGB III (a.F.) die verspätete Meldung. Sanktioniert werde nicht der Eintritt der Arbeitslosigkeit, sondern die Pflichtverletzung bezüglich der rechtzeitigen Meldung. Die Meldung hätte bis zum 30. August 2010 erfolgen müssen, so dass mit fruchtlosem Ablauf das sperrzeitauslösende Ereignis eingetreten sei. Anderslautende Entscheidungen stellten zu Unrecht allein auf die ansonsten fehlende Spürbarkeit der Sperrzeit ab. Zum einen sei dies nicht in Gänze zutreffend, da die Anspruchsminderungswirkung des § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB III (a.F.) trotzdem eintrete, zum anderen bilde der Wortlaut die Grenze der Auslegung. Anders als bei pflichtwidrigem Verhalten im Arbeitsverhältnis selbst, das den Verlust des Arbeitsplatzes erst herbeiführe, bestehe bei der verspäteten Arbeitsuchendmeldung keine kausale Verknüpfung zwischen dem Eintritt der Arbeitslosigkeit und der Pflichtverletzung. Der Eintritt von Arbeitslosigkeit sei für die Verwirkung einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 7 SGB III nicht erforderlich. Das BSG habe auch für andere Konstellationen entschieden, dass eine Bindung der Sperrzeit an Entstehung und Fortbestand des Leistungsanspruchs nicht bestehe (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999, B 7 AL 14/99 R).

31

Gegen diese ihrem Prozessbevollmächtigten am 4. Februar 2015 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 2. März 2015 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Die Beklagte, der das Urteil am 6. Februar 2015 zugestellt worden ist, hat am 23. April 2015 Anschlussberufung eingelegt.

32

Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Sie stützt die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, dass eine etwaige Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung bereits abgelaufen gewesen sei, so dass ab 1. Dezember 2010 insoweit keine Ruhenswirkung habe eintreten können. Unabhängig davon liege in Bezug auf das angebliche Meldeversäumnis ein wichtiger Grund vor, weil ihr eine persönliche Vorsprache vor dem 9. September 2010 wegen der täglichen Pendelfahrten nach H. nicht möglich gewesen sei. Ihr damaliger Disziplinar- und Fachvorgesetzter M könne ihre damalige Unabkömmlichkeit bestätigen.

33

Auch der Umstand, dass sie am 31. März 2011 eine Urlaubsabgeltung für drei Urlaubstage erhalten habe, führe nicht zum Ruhen ihres Alg-Anspruchs; insoweit hätte die Beklagte ihr zunächst Leistungen im Rahmen der sog. Gleichwohl-Gewährung bewilligen müssen.

34

Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung habe sie auch ab dem 1. Dezember 2010 für eine Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Eine Arbeitsunfähigkeit schließe nicht in jedem Fall die Verfügbarkeit aus. Das gelte auch in ihrem Fall, weil die von dem Arzt F bescheinigte Arbeitsunfähigkeit sich auf ihre Tätigkeit bei der Universität bezogen habe und nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt oder andere Berufe. Es sei zu berücksichtigen, dass sie bereits seit 1994 unter einer depressiven Störung leide, die allerdings vor dem Jahr 2010 nie zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen geführt habe. Dies habe sich erst anlässlich ihres Arbeitsrechtsstreits mit der Universität geändert. Das Sozialgericht hätte den Zeugen F ergänzend vernehmen müssen.

35

Die Klägerin beantragt,

36

1. das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Januar 2015 zu ändern,
den Bescheid vom 15. Februar 2011 in der Fassung der beiden Widerspruchsbescheide vom 18. März 2011 und 21. März 2011 insgesamt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2010 zu gewähren,
2. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

37

Die Beklagte beantragt,

38

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,
2. das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Januar 2015 zu ändern
und die Klage insgesamt abzuweisen.

39

Sie stützt das angefochtene Urteil, soweit das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, und vertieft ihre bisherige Rechtsauffassung. Ergänzend führt sie aus: Es sei darauf hinzuweisen, dass das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide in ihrem Verfügungssatz nicht geändert habe; die Teilstattgabe betreffe allein die Begründung. Insoweit sei sie – die Beklagte – letztlich nicht beschwert. Es gehe ihr aber um Klärung der Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung, wann eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beginne. Aus ihrer Sicht trete ein Sperrzeitereignis erst ein, wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt seien. Werde ein Beschäftigungsverhältnis beendet, beginne die Sperrzeit an dem Tag, ab dem Beschäftigungslosigkeit vorliege.

40

In der Berufungsverhandlung hat der Vertreter der Beklagten ergänzend die seinerzeitige subjektive Verfügbarkeit der Klägerin in Zweifel gezogen.

41

Der Senat hat den Arzt F mit Verfügung vom 7. Januar 2016 um Erläuterung der AU-Bescheinigungen für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 gebeten und dazu folgende Fragen gestellt:

42

• Aus welchen Gründen hat aus Ihrer Sicht Arbeitsunfähigkeit vorgelegen?
• Haben Sie Ihre Einschätzung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit bezogen?
• Hätte Frau S auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können?
• Ist Ihnen bekannt gewesen, ob Frau S Anfang Dezember 2010 in einem Beschäftigungsverhältnis stand?

43

In der von Herrn F übersandten Antwort vom 29. Januar 2016 heißt es wörtlich:

44

1. Depressiver Störungen und Erschöpfungszustände, Rippenfraktur
2. Auf Grund beider obigen Gesundheitsstörungen
3. Nein
4. Das ist mir aus der Erinnerung nicht bekannt. Nach meinen alten Unterlagen war sie vom 01.12.2010 bis 07.01.2011 AU wegen o.g. Störungen.

45

Ausweislich einer im Internet veröffentlichten Traueranzeige ist Herr F am 18. Mai 2016 verstorben. Auf eine Nachfrage des Senats an die Praxisnachfolgerin, D, vom 28. August 2016 hat diese mit Schreiben vom 13. September 2016 mitgeteilt:

46

Der einzige Eintrag, der ggf. behilflich sein könnte, ist ein handschriftlicher Eintrag in die Karteikarte vom 10.12.2010. Demgemäß wurde die Patientin entlassen (Zeitpunkt?), stand psychisch unter starkem Druck (siehe Kopie).
Weitere Angaben/ Einträge zum entsprechenden Zeitraum sind nicht vorhanden.

47

Von der AOK N hat der Senat mit Schreiben vom 26. August 2016 die dort vorliegenden Übersichten über Arbeitsunfähigkeitszeiten und Behandlungen der Klägerin für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 erbeten. Hierzu hat die AOK mit Schreiben vom 31. August 2016 die für diesen Zeitraum ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit Angabe der jeweils verschlüsselten Diagnosen zur Akte gereicht. Ergänzend hat die AOK ausgeführt, dass zur Frage der Behandlungen keine Angaben gemacht werden könnten.

48

Zu den im Berufungsverfahren eingeholten Auskünften macht die Klägerin geltend, dass die Angaben des Herrn F nicht mit den Angaben in ihrer Patientenkartei übereinstimmten und die Anfragen des Senats nicht vollständig beantworteten. Tatsächlich sei es so gewesen, dass sie nach Auslaufen ihres befristeten Arbeitsvertrages, der erforderlichen Auseinandersetzung mit der Beklagten wegen ihres Anspruchs auf Alg und wegen der Auseinandersetzungen mit ihrem bisherigen Arbeitgeber nicht gewusst habe, wo ihr der Kopf gestanden habe. Entgegen der von Herrn F mitgeteilten Einschätzung sei sie aber sehr wohl in der Lage gewesen, ihre Arbeitskraft dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen. Sie habe sich seinerzeit auch aktiv um eine neue Arbeitsstelle bemüht, wie sich auch aus einem zur Akte gereichten Bewerbungsschreiben vom 15. Januar 2011 ergebe.

49

Die Beklagte verweist demgegenüber darauf, dass die jetzige Einlassung der Klägerin ihren zeitnahen Einlassungen gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten widerspreche. Im Übrigen liege es in der Natur der Sache, dass die von einem Arzt geführten Unterlagen (tabellarische Patientenkarte, Übersicht) nicht sämtliche maßgeblichen Detailinformationen enthalte.

50

Dem Senat haben die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Eine Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes angesichts eines strittigen Leistungszeitraums von mindestens sechs Wochen und einem täglichen Alg-Leistungsbetrag von 39,53 EUR den Wert von 750,00 EUR deutlich übersteigt.

52

Die Berufung der Beklagten, die nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist eingelegt wurde, ist als Anschlussberufung (vgl. dazu allg. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 143 Rz. 5ff.) in Abhängigkeit von der Hauptberufung zulässig (§ 202 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung); einer Prüfung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG oder des Vorliegens einer Beschwer bedarf es insoweit nicht (vgl. Leitherer a.a.O. Rz. 5a m.w.N.).

53

Zur Überzeugung des Senats ist die Berufung der Klägerin nicht begründet; die Anschlussberufung der Beklagten hat hingegen Erfolg. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Alg bereits ab 1. Dezember 2010 hat. Nach § 117 Abs. 1 SGB III a.F. hat Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit, wer arbeitslos ist und die weiteren in der Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllt. Arbeitslos ist – neben weiteren Voraussetzungen – nur derjenige, der den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit), § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III a.F., wobei § 118 Abs. 5 SGB III insoweit nähere Einzelheiten zur objektiven und subjektiven Verfügbarkeit regelt. Nach § 118 Abs. 5 Nr. 1 SGB III a.F. steht den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung, wer – neben weiteren Voraussetzungen – eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Ein Arbeitsloser kann eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben, wenn er hierzu geistig und körperlich in der Lage ist und durch nichts gehindert wird. Das objektive Tatbestandsmerkmal „können“ umfasst unter anderem den Gesundheitszustand des Arbeitslosen. Die Vorlage einer AU-Bescheinigung schließt die Verfügbarkeit nicht von vornherein aus, da sich eine AU-Bescheinigung in aller Regel nur auf die bisher ausgeübte Tätigkeit bezieht (Öndül in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. § 138 Rz 79; Brand, SGB III, 7. Aufl. § 138 Rz 66, LSG Bayern, Beschluss vom 25. Februar 2013, L 9 ALÖ 8/13 B ER, juris). Gleichwohl bestehen im vorliegenden Fall keine Zweifel daran, dass die Klägerin nicht nur für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit arbeitsunfähig war. Hierfür sprechen bereits die von dem Mitarbeiter M der Beklagten in seinem Vermerk vom 1. Dezember 2010 beschriebenen Umstände, insbesondere der Hinweis der Klägerin, wonach sie selbst mit einer längeren AU-Zeit rechnete. Dabei ist sie ausweislich des Vermerks ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass bei Arbeitsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2010 keine Arbeitslosigkeit vorliegen würde. Gleichwohl hat die Klägerin nach dem 1. Dezember 2010 bis zur Rückgabe des ausgefüllten Antragsvordrucks zunächst bis Februar 2011 keinen weiteren Kontakt zu der Beklagten aufgenommen und auch bei der Antragsrückgabe auf ihre zweimonatige Arbeitsunfähigkeit bei dokumentierter Krankschreibung hingewiesen; auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil kann insoweit Bezug genommen werden. Der Senat teilt ausdrücklich die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, wonach der sich aus den Akten ergebene Geschehensablauf für eine umfassende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin spricht und ihre erst im Dezember 2014 (Schriftsatz vom 12. Dezember 2014) bzw. im erstinstanzlichen Verhandlungstermin abgegebenen Erklärung, wonach sie aus verschiedenen Gründen doch nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, nicht überzeugen kann. Hier drängt sich eher der Eindruck einer verfahrensangepassten Erklärung auf.

54

Die im Berufungsverfahren unternommenen Bemühungen nach weiterer Aufklärung der ärztlichen Hintergründe für die erfolgte Krankschreibung sind weitgehend ohne Erfolg geblieben; nach dem Tod des Herrn F sind insoweit weitere Ermittlungen nicht möglich. Immerhin hat sich – wie die Praxisnachfolgerin D mitgeteilt hat – jedoch in den Unterlagen des Herrn F ein Hinweis vom 10. Dezember 2010 auf eine Entlassung der Klägerin gefunden. Vor dem Hintergrund, dass Herr F die erfolgte Krankschreibung wiederholt verlängert hat, ohne dass sich – was den Grund der Arbeitsunfähigkeit betrifft – erkennbar wesentliche Umstände verändert hätten, spricht dies allerdings nach Auffassung des Senats deutlich dagegen, dass Herr F nur die Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Klägerin attestieren wollte.

55

Neben der objektiven Verfügbarkeit dürfte hier auch die subjektive Verfügbarkeit der Klägerin im Sinne ihrer Bereitschaft, ihr angebotene Beschäftigungen anzunehmen und auszuüben, nicht vorgelegen haben. Hierfür sprechen bereits die Hinweise der Klägerin auf eine voraussichtlich längere Arbeitsunfähigkeit bei ihrer Vorsprache am 1. Dezember 2010. Dies bedarf allerdings nach Vorstehendem keiner Vertiefung.

56

Fragen des von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind hier nicht zu erörtern. Denn es ist ausgeschlossen, das Vorliegen von Arbeitslosigkeit bzw. Verfügbarkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Alg nachträglich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu fingieren (BSG, Beschluss vom 7. Mai 2009, B 11 AL 72/08 B, juris, m.w.N.). Ob der Mitarbeiter M die Klägerin – wie sie meint – fehlerhaft beraten hat, kann deshalb ohne jede weitere Sachprüfung dahinstehen.

57

Das Sozialgericht hat auch zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Weiterzahlung von Alg im Krankheitsfall nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. hat. Eine Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit kann nur erfolgen, wenn „während“ des Bezugs von Alg Arbeitsunfähigkeit eintritt. Zwar reicht es insoweit aus, dass ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung von Alg besteht; dass die Leistung etwa erst später bewilligt und gewährt wird, schließt die Anwendung der Vorschrift nicht aus (Brand a.a.O. m.w.N.). Ein realisierbarer Anspruch auf Alg hat hier aber am 1. Dezember 2010 nicht bestanden, weil der Alg-Anspruch der Klägerin trotz Bestehens des Stammrechts wegen Eintritts einer einwöchigen Sperrzeit geruht hat. Unbeschadet der Frage, ob sich der Ruhenszeitraum wegen des Anspruchs der Klägerin auf eine Urlaubsabgeltung verlängert hat, lagen die Voraussetzungen des § 125 SGB III a.F. auch nach Ablauf des Ruhens nicht vor, weil insoweit die Arbeitsunfähigkeit nicht „während des Bezugs“ von Alg eingetreten ist.

58

Dass hier eine einwöchige Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung eingetreten ist, hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt; insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden. Anders als das Sozialgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, dass die Sperrzeit erst bei Beginn der Beschäftigungslosigkeit der Klägerin ab 1. Dezember 2010 zu laufen begonnen hat.

59

Nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, Abs. 6 SGB III a.F. tritt eine einwöchige Sperrzeit ein, wenn der Arbeitsuchende seine Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung verletzt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die Obliegenheit der Klägerin, sich spätestens drei Monate vor Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, folgt aus § 38 Abs. 1 SGB III in der am 1. Januar 2009 geltenden Fassung. Dass die Klägerin objektiv ihre Meldepflicht verletzt hat, ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Begründung. Sie hatte für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund. Ein solcher ist anzuerkennen, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen des Arbeitslosen mit denjenigen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte; die Sperrzeit setzt somit ein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus (BSG, Urteil vom 25. August 2011, B 11 AL 30/10 R, juris). Erforderlich ist insoweit eine doppelte Verschuldensprüfung: Zum einen muss der Arbeitslose Kenntnis von der Obliegenheit zur Arbeitsuchendmeldung gehabt haben bzw. nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten fahrlässig darüber in Unkenntnis gewesen sein und zum zweiten muss er sich zumindest leicht fahrlässig nicht unmittelbar nach Kenntniserlangung arbeitsuchend gemeldet haben (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2014, L 9 AL 236/13, juris, m.w.N.). Kenntnis von der Meldeobliegenheit hatte die Klägerin bereits aufgrund der ihr bei Begründung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses gegebenen Hinweise (dass dabei die nicht mehr geltende Vorgängervorschrift - § 37b SGB III a.F. – genannt war, ist angesichts des aus sich heraus ohne Weiteres verständlichen Wortlauts des ausgehändigten Merkblatts unerheblich). Darüber hinaus fanden sich entsprechende Hinweise in dem der Klägerin im April 2006 übersandten Leistungsnachweis (vgl. Rückseite des Bescheidvordrucks Bl. 39 der Gerichtsakte). Soweit die Klägerin sich darauf beruft, im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses bei der Universität unabkömmlich gewesen zu sein, vermag dies nicht zu überzeugen; ein wichtiger Grund im Sinne der Sperrzeitvorschrift ist damit nicht ausreichend dargetan. Abgesehen davon, dass zur Wahrung der Frist eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunkts ausreicht, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird (§ 38 Abs. 1 Satz 3 SGB III), hatte der Arbeitgeber (Universität) selbst der Klägerin die Hinweise auf die Notwendigkeit der Arbeitsuchendmeldung gegeben. Vor diesem Hintergrund ist es nicht glaubhaft, dass der Arbeitgeber die Meldung durch Unabkömmlichstellung der Klägerin vereitelt hat. Zumindest wäre es der Klägerin möglich gewesen, insoweit zunächst schriftlich oder fernmündlich Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen. Im Übrigen hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren bei ihrer Anhörung zum Eintritt einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung angegeben, in der Urlaubszeit unabkömmlich gewesen zu sein. Sollten sich diese Angaben auf einen eigenen Urlaub bezogen haben, wäre ihr Vorbringen widersprüchlich, was hier allerdings nach Vorstehendem keiner Vertiefung bedarf.

60

Dass die Klägerin zunächst davon ausging, ihr Beschäftigungsverhältnis könnte verlängert werden, ist unerheblich, weil ihr aufgrund der eindeutigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages bewusst sein musste, dass es sich lediglich um ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat. Der Beendigungszeitpunkt ergab sich ebenfalls eindeutig aus dem Arbeitsvertrag. Ebenso wenig sind rechtliche Unklarheiten bei Geltung der Vorläuferregelung, ob die Meldung spätestens oder frühestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen musste, hier geeignet, die Klägerin vom Verschuldensvorwurf zu befreien, weil die Regelung in § 38 SGB III einschließlich der ihr gegebenen Hinweise auf die Meldepflicht inhaltlich eindeutig waren.

61

Sperrzeitbeginn war hier zur Überzeugung des Senats der 1. Dezember 2010. Nach § 144 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB III a.F. beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Zwar kann mit dem Sozialgericht und der von ihm zitierten Rechtsprechung des Sozialgerichts Dortmund erwogen werden, in Fällen wie dem vorliegenden als Sperrzeitereignis den Tag anzusehen, an dem spätestens die Meldung zur frühzeitigen Arbeitssuche nach § 38 Abs. 1 SGB III hätte erfolgen müssen. Dies würde die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung allerdings – zumindest, was den Zahlungsanspruch auf Alg betrifft – völlig ins Leere laufen lassen. Dies wäre zwar mit der BSG-Rechtsprechung vereinbar (Urteil vom 5. August 1999, B 7 AL 14/99 R, juris), wohl aber nicht mit der Intention des Gesetzgebers, diese Obliegenheitsverletzung im Vorfeld der Arbeitslosigkeit mit allen Rechtsfolgen einer Sperrzeit zu sanktionieren (vgl. so Valgolio in Hauck/Noftz, SGB, Stand September 2014, K § 159 SGB III Rz 445 unter Hinweis auf BT-Drucks. 16/109 Seite 7). Aus diesem Grund wird es für sachgerecht gehalten, die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung erst mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses beginnen zu lassen, weil davor nachteilige leistungsrechtliche Folgen nicht eintreten können (Valgolio a.a.O. Rz 446 unter Hinweis auf die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente, BR-Drucks. 755/08, Seite 63 zu Nr. 41 (§ 144), wo es heißt, die Sperrzeit (gemeint ist eine Sperrzeit wegen Versäumung einer Meldung nach § 309 SGB III) beginne – wie auch im Falle des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 – mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2014, L 9 AL 236/13, juris; Rademacker in Hauck/Noftz, a.a.O., K § 38 Rz 49; Karmanski in Brand, SGB III, a.a.O., § 159 Rz 153; Scholz in Mutschler u.a., SGB III, 5. Aufl. § 159 Rz 183; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2015, § 159 Rz 526, jeweils m.w.N.).

62

Für die vorstehende Auslegung der Vorschrift spricht bereits der Wortlaut, in dem die Formulierung „der Arbeitslose …“ einen entsprechenden Anhaltspunkt bietet (Coseriu a.a.O., der auch darauf hinweist, dass der Gesetzgeber offenbar, solange der Versicherungsfall nicht eingetreten sei, die reine Risikoerhöhung (noch) nicht genügen lassen wolle. Dies sei allerdings vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass die Regelung des § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III den vor dem 1. Januar 2005 geltenden § 140 SGB III ablösen solle (BT-Drucks. 16/109 Seite 7). Auch bei § 140 SGB III a.F. sei die Rechtsfolge – Minderung des Alg – nicht vor Eintritt der Beschäftigungslosigkeit eingetreten. Ziel der Neuregelung sei aber ausdrücklich eine Vereinfachung und bessere Überschaubarkeit des Rechts (BT-Drucks. a.a.O.), so dass der Gesetzesbegründung zum Beginn der Sperrzeit gefolgt werden müsse, zumal ansonsten die Sperrzeit regelmäßig nur für § 161 Abs. 1 Nr. 2 SGB III Bedeutung hätte, weil sie bei Entstehung des Zahlungsanspruchs regelmäßig bereits abgelaufen sein dürfte. Damit werde der Eintritt von Beschäftigungslosigkeit nach dem Ende des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses zur ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzung in Form einer teleologischen Reduktion; dies verkenne die Rechtsprechung des Sozialgerichts Dortmund). Der Senat hält diese Kommentierung, die auch für die wortgleiche Vorläuferregelung des § 144 SGB III a.F. gilt, für überzeugend und schließt sich dieser Rechtsauffassung ausdrücklich an.

63

Nach allem hat der Alg-Anspruch der Klägerin jedenfalls eine Woche ab dem 1. Dezember 2010 geruht, so dass die Voraussetzungen der Fortgewährung von Alg wegen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit – wie ausgeführt – nicht vorgelegen haben. Auf die mit der Urlaubsabgeltung zusammenhängenden Fragen kommt es nach Vorstehendem nicht an.

64

Die Alg-Gewährung nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit ab 1. Februar 2011 ist nicht im Streit und nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Rechtsstreits.

66

Der Senat lässt die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zu, weil er der Frage der zeitlichen Lage einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung grundsätzliche Bedeutung beimisst. Rechtsprechung des BSG ist zu dieser Frage – soweit ersichtlich – nicht vorhanden.


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.02.2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer

1.
arbeitslos ist,
2.
sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
3.
die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

(2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.

(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und

1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),
2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und
3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.

(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.

(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung,
2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und
3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.

(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer

1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,
2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann,
3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und
4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Wer während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig oder während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, verliert dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung mit einer Dauer von bis zu sechs Wochen (Leistungsfortzahlung). Als unverschuldet im Sinne des Satzes 1 gilt auch eine Arbeitsunfähigkeit, die infolge einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation durch eine Ärztin oder einen Arzt oder infolge eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch eine Ärztin oder einen Arzt abgebrochen wird, die Schwangere den Abbruch verlangt und der Ärztin oder dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle beraten lassen hat.

(2) Eine Leistungsfortzahlung erfolgt auch im Fall einer nach ärztlichem Zeugnis erforderlichen Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes der oder des Arbeitslosen mit einer Dauer von bis zu zehn Tagen, bei alleinerziehenden Arbeitslosen mit einer Dauer von bis zu 20 Tagen für jedes Kind in jedem Kalenderjahr, wenn eine andere im Haushalt der oder des Arbeitslosen lebende Person diese Aufgabe nicht übernehmen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Arbeitslosengeld wird jedoch für nicht mehr als 25 Tage, für alleinerziehende Arbeitslose für nicht mehr als 50 Tage in jedem Kalenderjahr fortgezahlt.

(3) Die Vorschriften des Fünften Buches, die bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall sowie bei Zahlung von Krankengeld im Fall der Erkrankung eines Kindes anzuwenden sind, gelten entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.