Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt während Familienheimfahrten.
Der Kläger ist 1960 geboren und schwerbehindert (Trisomie 21). Er wohnt in K. in einer Einrichtung des betreuten Wohnens in Familien der Diakonie S. e.V. und bezieht Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sowie Hilfe zum Lebensunterhalt in Form eines Barbetrages vom Beklagten. Seit mehreren Jahren besucht der Kläger zweimal pro Jahr – einmal im Sommer und einmal zum Weihnachtsfest und Jahreswechsel – seinen Bruder, der zu seinem Betreuer bestellt ist, in B.. Der Kläger bezieht seit dem 1. September 2001 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung der Deutschen Rentenversicherung Bund.
Der Kläger beantragte am 17. Juni 2013 beim Beklagten einen Fahrtkostenzuschuss für die Familienheimfahrt vom 7. bis 19. Juli 2013 in Höhe von 44,00 Euro sowie Hilfe zum Lebensunterhalt für diesen Zeitraum. Der Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 24. Juni 2013 Fahrtkosten in Höhe von 44,00 Euro sowie Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 79,92 Euro. Bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt legte der Beklagte einen Regelbedarf in Höhe von 306,00 Euro, einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 52,02 Euro und Kosten der Unterkunft in Höhe von 259,20 Euro (insgesamt 617,22 Euro) zugrunde, zog hiervon den Mehrbedarf sowie den Barbetrag (103,14 Euro) ab (= 462,06 Euro), teilte diesen Betrag durch 30,42 Tage, so dass sich ein täglicher Betrag von 15,29 Euro und für 13 Tage ein Betrag von 197,47 Euro ergab, von dem der Beklagte anzurechnendes Einkommen in Höhe von 117,55 Euro abzog.
Der Kläger beantragte am 9. Dezember 2013 beim Beklagten einen Fahrtkostenzuschuss für die Familienheimfahrt vom 23. Dezember 2013 bis 3. Januar 2014 in Höhe von 44,00 Euro sowie Hilfe zum Lebensunterhalt für diesen Zeitraum. Der Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 20. Dezember 2013 Fahrtkosten in Höhe von 44,00 Euro sowie Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 18,23 Euro. Bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt legte der Beklagte für Dezember 2013 einen Regelbedarf in Höhe von 306,00 Euro, einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 52,02 Euro und Kosten der Unterkunft in Höhe von 259,20 Euro (insgesamt 617,22 Euro) zugrunde, zog hiervon den Mehrbedarf sowie den Barbetrag (103,14 Euro) ab (= 462,00 Euro), teilte diesen Betrag durch 30,42 Tage, so dass sich ein täglicher Betrag von 15,29 Euro und für neun Tage ein Betrag von 136,71 Euro ergab, von dem der Beklagte anzurechnendes Einkommen in Höhe von 118,48 Euro abzog. Für Januar 2014 legte der Beklagten einen Regelbedarf in Höhe von 313,00 Euro, einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 53,21 Euro und Kosten der Unterkunft in Höhe von 265,20 Euro (insgesamt 631,41 Euro) zugrunde, zog hiervon den Mehrbedarf sowie den Barbetrag (105,57 Euro) ab (= 472,63 Euro), teilte diesen Betrag durch 30,42 Tage, so dass sich ein täglicher Betrag von 15,54 Euro und für drei Tage ein Betrag von 46,62 Euro ergab, dem der Beklagte anzurechnendes Einkommen in Höhe von 118,48 Euro gegenüberstellte, so dass sich für Januar 2014 kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt ergab.
Der Kläger beantragte am 8. Juni 2014 beim Beklagten einen Fahrtkostenzuschuss für die Familienheimfahrt vom 6. bis 21. Juli 2014 in Höhe von 46,00 Euro sowie Hilfe zum Lebensunterhalt für diesen Zeitraum. Mit Bescheid vom 23. Juni 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger daraufhin Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 145,20 Euro sowie Fahrtkosten in Höhe von 46,00 Euro (zusammen 191,20 Euro). Bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt legte der Beklagte einen Regelbedarf in Höhe von 313,00 Euro, einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 53,21 Euro und Kosten der Unterkunft in Höhe von 265,20 Euro (insgesamt 631,41 Euro) zugrunde, zog hiervon den Mehrbedarf sowie den Barbetrag (105,57 Euro) ab (= 472,63 Euro), teilte diesen Betrag durch 30,42 Tage, so dass sich ein täglicher Betrag von 15,54 Euro und für 16 Tage ein Betrag von 248,64 Euro ergab, von dem der Beklagte anzurechnendes Einkommen in Höhe von 103,44 Euro abzog.
Gegen den Bescheid vom 23. Juni 2014 erhob der Kläger am 24. Juli 2014 Widerspruch und beantragte zugleich die Überprüfung der Bescheide vom 24. Juni 2013 und 20. Dezember 2013 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Das Bundessozialgericht (BSG) habe am 23. Juli 2014 (B 8 SO 31/12 R, B 8 SO 12/13 R und B 8 SO 14/13 R) entschieden, dass erwerbsunfähige behinderte Menschen, die nicht in einer Partnerschaft lebten, im Gegensatz zur weit verbreiteten Praxis nicht nur einen Anspruch auf Sozialhilfe nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 80 Prozent, sondern nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 100 Prozent hätten.
Am 4. Dezember 2014 beantragte der Kläger für eine Familienheimfahrt vom 22. Dezember 2014 bis 5. Januar 2015 einen Zuschuss in Höhe von insgesamt 46,00 Euro sowie für diesen Zeitraum Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 11. Dezember 2014 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 39,80 Euro sowie Fahrtkosten in Höhe von 46,00 Euro (insgesamt 85,80 Euro). Bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt legte der Beklagte für Dezember 2014 einen Regelbedarf in Höhe von 313,00 Euro, einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 53,21 Euro und Kosten der Unterkunft in Höhe von 265,20 Euro (insgesamt 631,41 Euro) zugrunde, zog hiervon den Mehrbedarf sowie den Barbetrag (105,57 Euro) ab (= 472,63 Euro), teilte diesen Betrag durch 30,42 Tage, so dass sich ein täglicher Betrag von 15,54 Euro und für zehn Tage ein Betrag von 155,40 Euro ergab, von dem der Beklagte anzurechnendes Einkommen in Höhe von 115,60 Euro abzog. Für Januar 2015 legte der Beklagten einen Regelbedarf in Höhe von 320,00 Euro, einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 54,40 Euro und Kosten der Unterkunft in Höhe von 265,20 Euro (insgesamt 639,60 Euro) zugrunde, zog hiervon den Mehrbedarf sowie den Barbetrag (107,73 Euro) ab (= 477,47 Euro), teilte diesen Betrag durch 30,42 Tage, so dass sich ein täglicher Betrag von 15,70 Euro und für fünf Tage ein Betrag von 78,75 Euro ergab, dem der Beklagte anzurechnendes Einkommen in Höhe von 106,66 Euro gegenüberstellte, so dass sich für Januar 2015 kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt ergab.
Der Kläger erhob am 23. Dezember 2014 Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Dezember 2014. Er verwies erneut auf die Urteile des BSG vom 23. Juli 2014 (B 8 SO 31/12 R, B 8 SO 12/13 R und B 8 SO 14/13 R).
Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2015 zurück. Der Kläger begründe während der besuchsweisen Kurzaufenthalte weder einen eigenen Hausstand noch bestehe entsprechend der Rechtsprechung des BSG vom 23. Juli 2014 ein Zusammenleben mit gemeinsamer Haushaltsführung zwischen Hilfeempfänger und dem besuchten Bruder. Für die Einstufung in Regelbedarfsstufe 1 müsse nach der Anlage zu § 28 SGB XII ein eigener Hausstand vorliegen. Ein eigener Hausstand setze eine eingerichtete, den Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung voraus. In dieser Wohnung müsse der Kläger einen Haushalt unterhalten, d. h. er müsse die Haushaltsführung zumindest wesentlich mitbestimmen. Ein eigener Hausstand liege nicht vor bei Personen, die in den Haushalt der Familie eingegliedert seien oder in der Wohnung der Familien lediglich ein Zimmer bewohnten. Alleinstehende müssten sich im Haushalt im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- oder urlaubsbedingte Abwesenheit aufhalten, damit ein eigener Hausstand vorliege. Allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte sei noch nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten. Darunter falle auch das Besitzen einer Wohnung oder eines Zimmers für gelegentliche Familienheimfahrten. Der Kläger unterhalte damit nach bisheriger Rechtslage keinen eigenen Haushalt und falle daher nicht unter die Regelbedarfsstufe 1. Auch die Entscheidung des BSG vom 23. Juli 2014 ändere nichts an der Einstufung des Klägers in die Regelbedarfsstufe 3. Mit den nur halbjährlich für wenige Tage stattfindenden Besuchen im familiären Haushalt könne der Kläger nicht eigenständig oder allenfalls unwesentlich an der alltäglichen Haushaltsführung beteiligt werden. Auch wenn der Kläger für den Zeitraum seines Aufenthaltes im Rahmen seiner Möglichkeiten in den Haushalt der Familie einbezogen sei, liege für diese Zeit nur eine vorübergehende, unwesentliche Haushaltsführung vor, die nicht für die Einstufung in Regelbedarfsstufe 1 sowohl nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut als auch nach der Rechtsprechung des BSG vom 23. Juli 2014 genüge.
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Am 28. März 2015 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage wegen der Familienheimfahrten vom 6. bis 21. Juli 2014 und vom 22. Dezember 2014 bis 5. Januar 2015 sowie Untätigkeitsklage wegen des Überprüfungsantrages vom 24. Juli 2014 bezüglich der beiden Familienheimfahrten vom 7. bis 19. Juli 2013 und vom 23. Dezember 2013 bis 3. Januar 2014 erhoben. Der Beklagte sei zu verpflichten, bei den Familienheimfahrten statt der Regelbedarfsstufe 3 die Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren und die Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt bei einer Familienheimfahrt, die sich über zwei Monate erstrecke, derart vorzunehmen, dass sich keine Nachteile gegenüber einer Familienheimfahrt ergeben, bei der nur ein Kalendermonat betroffen sei sowie zu verpflichten, die Überprüfungsanträge vom 24. Juli 2014 bezüglich des Bescheides vom 24. Juni 2013 (Familienheimfahrt vom 7. bis 19. Juli 2013) und vom 20. Dezember 2013 (Familienheimfahrt vom 23. Dezember 2013 bis 3. Januar 2014) zu bescheiden. Der Kläger hat erneut auf die Urteile des BSG vom 23. Juli 2014 verwiesen und die Ansicht vertreten, dass er der Regelbedarfsstufe 1 während der Familienheimfahrten zuzuordnen sei. Bei den Berechnungen des Beklagten sei zudem auffallend, dass sich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt bei der Familienheimfahrt im Winter ein erheblich niedrigerer Betrag ergebe als bei der Familienheimfahrt im Sommer, obwohl die Dauer der Familienheimfahrt wie auch sein Einkommen nahezu identisch seien. Wie den Berechnungen zu entnehmen sei, liege ein übersteigendes Einkommen vor. Auf Grund der systemimmanenten monatlichen Betrachtung werde das übersteigende Einkommen selbstverständlich in den Monaten eher überschritten, in welchen mehrere Tage von der Familienheimfahrt betroffen seien. Seien nur wenige Tage pro Monat von den Familienheimfahrten betroffen, so werde das anrechenbare Einkommen nicht oder nur geringfügig überschritten. Die Art der Berechnung wirke sich dabei erheblich auf die Hilfe zum Lebensunterhalt aus. Die Berechnung möge von dem Beklagten korrekt durchgeführt worden sein, es stelle sich aber die Frage, ob dies verfassungskonform sei.
11 
Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegengetreten. Ergänzend hat er ausgeführt, dass in den vom BSG am 23. Juli 2014 entschiedenen Fällen davon ausgegangen worden sei, dass die volljährigen behinderten Menschen dauerhaft bei ihren Eltern bzw. in einer Wohngemeinschaft lebten und der Leistungsberechtigte einen eigenen Haushalt gemeinsam mit einer Person, gegebenenfalls mit Eltern oder einem Elternteil, führe, die nicht sein Partner sei. Eine solche Fallgestaltung liege bei einem ein- bzw. zweiwöchigen Urlaubs- bzw. Besuchsaufenthalt bei Verwandten nicht vor. Der Besucher bzw. Urlauber sei Gast in einem fremden Haushalt und begründe gerade keinen eigenen gemeinsam geführten Hausstand. Der Kläger sei daher der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen. Der Kläger müsse sein den Bedarf übersteigendes Einkommen taganteilig während der Besuche einsetzen. Wenn sich ein Besuch auf zwei Monate verteile, führe dies zwangsläufig dazu, dass für die wenigen Tage des zweiten Monats der Lebensunterhalt in voller Höhe aus dem übersteigenden Einkommen bestritten werden könne. Über die Überprüfungsanträge vom 24. Juli 2014 werde entschieden, sobald eine Entscheidung des Gerichts über die Frage der anzuwendenden Regelbedarfsstufe vorliege.
12 
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. Juni 2016 abgewiesen. Er hat das Begehren des Klägers dahingehend ausgelegt, dass er beantrage, den Bescheid des Beklagten vom 23. Juni 2014 sowie den Bescheid vom 11. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2015 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, anstatt der darin gewährten Regelbedarfsstufe 3 die Regelbedarfsstufe 1 festzustellen. Die Klage sei unbegründet. Er habe keinen Anspruch auf eine Festsetzung der Regelbedarfsstufe 1. Sofern die klägerischen Anträge auch eine Untätigkeitsklage im Hinblick auf die Abrechnung der näher bezeichneten Familienheimfahrten beinhalten sollten, so wäre auch diese Untätigkeitsklage abzuweisen. Denn der Beklagte habe zutreffend deutlich gemacht, dass für die bisherige fehlende Bearbeitung der Überprüfungsbescheide bzw. Erlass der Widerspruchsbescheide erst die Klärung der zutreffenden Regelbedarfsstufe zu erfolgen habe. Dies geschehe mit der vorliegenden Entscheidung. Es liege daher ein zureichender Grund vor, noch nicht über die entsprechenden Anträge bzw. erhobenen Widersprüche zu entscheiden. Dem Gerichtsbescheid ist die Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach gegen den Gerichtsbescheid das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden könne.
13 
Gegen den ihm am 2. Juli 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27. Juli 2016 Berufung eingelegt. Der Kläger wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Berufung zulässig sei. Sie sei durch das SG zugelassen worden, wie sich aus der Rechtsmittelbelehrung, die dem Gerichtsbescheid beigefügt gewesen sei, ergebe. An diese Zulassung sei das Landessozialgericht gebunden. Auch habe die Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung. Außerdem liege der Streitwert über 750,00 Euro. Für die vier Familienheimfahrten ergäben sich noch Leistungsansprüche von insgesamt 2.208,01 Euro. Es gehe zudem um insgesamt vier Familienheimfahrten im Zeitraum vom 7. Juli 2013 bis 5. Januar 2015. Die Familienheimfahrten fänden regelmäßig seit über einem Jahrzehnt bis zum heutigen Zeitpunkt zweimal im Jahr statt und der Beklagte erbringe zweimal jährlich entsprechende Leistungen. Sein Bruder habe während der Zeit der Familienheimfahrt Anspruch auf ein „Betreuungsgeld“, das sich aus seinem Regelbedarf, einem Mehrbedarf, den Kosten der Unterkunft und Heizung (Pauschalmiete) sowie einer Vergütung/Entschädigung für Betreuung zusammensetze. Insgesamt ergebe sich so ein Leistungsanspruch von 2.208,01 Euro.
14 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
15 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2016 aufzuheben und
16 
1. den Bescheid des Beklagten vom 23. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm höhere Leistungen zu gewähren,
17 
2. den Bescheid des Beklagten vom 11. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm höhere Leistungen zu gewähren und
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3. den Beklagten zu verurteilen, über seine Überprüfungsanträge vom 24. Juli 2014 zu entscheiden.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Der Beklagte hält die Berufung für unbegründet.
22 
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Gegenstand des Verfahrens sind die auf die Gewährung höherer Leistungen für die Zeiträume vom 6. bis 21. Juli 2014 und vom 22. Dezember 2014 bis 5. Januar 2015 gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen des Klägers sowie seine auf die Bescheidung seiner Überprüfungsanträge vom 24. Juli 2014 gerichteten Untätigkeitsklagen. Zwar hat das SG in dem von ihm formulierten Antrag im angefochtenen Gerichtsbescheid die Untätigkeitsklagen nicht aufgeführt, aus den Gründen der Entscheidung geht aber noch hinreichend hervor, dass das SG auch hierüber entschieden hat.
24 
2. Die Berufung des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verwerfen.
25 
a) Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung, bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, ist der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – juris Rdnr. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – juris Rdnr. 13; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2015 – L 4 R 3257/13 – juris Rdnr. 41; Breitkreuz/Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 144 Rdnr. 6; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rdnr. 24). Der Beschwerdewert bemisst sich ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 6). Fallen mehrere Streitgegenstände in den Anwendungsbereich des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, sind die Beschwerdewerte zu addieren (BSG, Urteil vom 5. Februar 1998 – B 11 AL 19/97 – juris Rdnr. 15; BSG, Beschluss vom 18. April 2016 – B 14 AS 150/15 – juris Rdnr. 6).
26 
Auch Untätigkeitsklagen werden von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erfasst, weil sie entweder auf die Vornahme eines beantragten Verwaltungsaktes (§ 88 Abs. 1 SGG) oder den Erlass eines Widerspruchsbescheids (§ 88 Abs. 2 SGG) gerichtet sind. Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (BSG, Beschluss vom 6. Oktober 2011 – B 9 SB 45/11 B – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 – B 12 KR 3/16 R – juris Rdnr. 13; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. November 2015 – L 4 P 3460/15 – n.v.; a.A. noch Urteil des Senats vom 18. November 2010 – L 7 SO 2708/10 – juris Rdnr. 15). Bei einer Untätigkeitsklage ist auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 – B 12 KR 3/16 R – juris Rdnr. 14).
27 
b) Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Berufung nicht vor.
28 
aa) Gegenstand der Berufung ist eine Klage, die auf eine Geldleistung gerichtete Verwaltungsakte betreffen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anfechtungs- und Leistungsklage, mit der der Kläger höhere Leistungen für die Zeiträume vom 6. bis 21. Juli 2014 und vom 22. Dezember 2014 bis 5. Januar 2015 begehrt, als auch für die Untätigkeitsklagen, mit der er die Bescheidung seiner Überprüfungsanträge vom 24. Juli 2014 bzgl. der Bescheide vom 24. Juni 2013 (Zeitraum vom 7. bis 19. Juli 2013) und vom 20. Dezember 2013 (Zeitraum vom 23. Dezember 2013 bis 3. Januar 2014) begehrt.
29 
bb) Ein Beschwerdewert von mehr als 750,00 Euro wird nicht erreicht.
30 
Der Beschwerdegegenstand richtet sich danach, was durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts versagt, also abgelehnt worden ist, und mit der Berufung weiterverfolgt wird. Dies ist durch Vergleich des vor dem Sozialgericht beantragten Gegenstandes mit dem ausgeurteilten Gegenstand und dem in der Berufung weiterverfolgten Begehren zu bestimmen (Wehrhahn in jurisPK-SGG, 2017, § 144 Rdnr. 19).Maßgeblich ist insoweit, was der Berufungskläger in Wirklichkeit als sachlich verfolgtes Prozessziel anstrebt, was er unter den gegebenen Umständen allenfalls wollen kann (BSG, Urteil vom 5. März 1980 – 9 RV 44/78 – Rdnr. 14). Maßgebend ist der materielle „Kern“ des gerichtlichen Verfahrens (BSG, Urteil vom 5. März 1980 – 9 RV 44/78 – Rdnr. 14).
31 
Das Begehrten des Klägers zielte – jedenfalls bei Klageerhebung und auch noch bei Berufungseinlegung – zum einen darauf ab, dass bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt die Regelbedarfsstufe 1 statt der Regelbedarfsstufe 3 zugrundegelegt wird. Dies würde für alle vier Zeiträume zu einem höheren Anspruch von 142,23 Euro führen: Für 22 Tage im 2013 382/30 statt 306/30 (Unterschied: 55,73 Euro), für 28 Tage im Jahr 2014 391/30 statt 313/30 (Unterschied: 72,80 Euro) und für fünf Tage im Jahr 2015 399/30 statt 320/30 (Unterschied: 13,17 Euro)
32 
Zum anderen wendet sich der Kläger bei sinngemäßer Deutung seines Begehrens dagegen, dass bei den beiden Aufenthalten über den Jahreswechsel das Einkommen jeweils sowohl im Dezember als auch im Januar angerecht werde. Würde man – wofür es aber keine Rechtsgrundlage gibt – bei der Anspruchsberechnung dem Bedarf des Klägers im Januar 2014 und im Januar 2015 kein Einkommen gegenüberstellen, ergäbe sich bei Regelbedarfsstufe 3 für Januar 2014 ein Anspruch in Höhe von 46,62 Euro und für Januar 2015 ein Anspruch von 78,75 Euro. Bei Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 1 im Januar 2014 (monatlich 391,00 Euro) ergäbe sich für drei Tage ein weiterer Betrag von 7,69 Euro. Bei Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 1 im Januar 2015 (monatlich 399,00 Euro) ergäbe sich für fünf Tage ein weiterer Betrag von 12,98 Euro. Insgesamt hat der Kläger damit höhere Leistungen von 288,27 Euro begehrt. Der Betrag von 750,00 Euro wird mithin mit Abstand nicht erreicht.
33 
Soweit der Kläger zuletzt – nach Hinweis des Berichterstatters auf die Zulassungsbedürftigkeit der Berufung – behauptet hat, es gehe um Leistungen von 2.208,01 Euro, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Abgesehen davon, dass die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht dadurch umgangen werden können, dass „aus der Luft gegriffene Beträge“ genannt werden (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. November 2016 – L 2 SO 3282/16 NZB – juris Rdnr. 4; vgl. auch BSG, Urteil vom 26. Oktober 1983 – juris Rdnr. 10), kommt es hierauf schon deswegen nicht an, weil – wie oben darlegt – entscheidend ist, wie hoch der Beschwerdewert zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung war. Nachträgliche Erhöhungen der Klageforderung müssen insofern außer Betracht bleiben. Wird der Antrag nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erweitert, so handelt es sich um einen neuen Gegenstand, der bei der Ermittlung des Beschwerdewerts außer Betracht bleibt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Januar 2012 – L 19 AS 1836/11 – juris Rdnr. 25; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rdnr. 25; Wehrhahn in jurisPK-SGG, § 144 Rdnr. 19). Das Gleiche gilt für denkbare Folgewirkungen für folgende Bewilligungszeiträume (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 6; BSG, Beschluss vom 26. September 2013 – B 14 AS 148/13 B – juris Rdnr. 6 m.w.N.).
34 
cc) Die Berufung betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG.
35 
(1) Der Kläger begehrt Leistungen für die Zeit vom 7. bis 19. Juli 2013 (13 Tage), für die Zeit vom 23. Dezember 2013 bis 3. Januar 2014 (12 Tage), für die Zeit vom 8. bis 21. Juli 2014 (14 Tage) und für die Zeit vom 22. Dezember 2014 bis 5. Januar 2015 (15 Tage), insgesamt also für 54 Tage und damit für weniger als ein Jahr, so dass dahinstehen kann, ob derartige isolierte Zeiträume bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG vorliegen, überhaupt addiert werden können.
36 
(2) Die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegen auch nicht deshalb vor, weil die Zeitspanne zwischen dem ersten Tag des ersten streitigen Zeitraums (7. Juli 2013) und dem letzten Tag des letzten streitigen Zeitraums (5. Januar 2015) mehr als ein Jahr beträgt.
37 
Bei mehreren Streitgegenständen ist eine Addition verschiedener Bezugszeiträume unzulässig (Meyer-Ladewig, NZS 1993, 137 [140]; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rdnr. 30). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn wiederkehrende Leistungen für nicht zusammenhängende Zeiträume im Wesentlichen auf demselben Rechtsverhältnis (Stammrecht) beruhen bzw. denselben Entstehungsgrund haben (BSG, Urteil vom 18. März 1982 – 7 RAr 50/08 – juris Rdnr. 16). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 7). Der Gesetzgeber hat für Ansprüche von bestimmter – minderer – Bezugsdauer nur eine gerichtliche Instanz zur Verfügung stellen wollen. Insoweit kann hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung nichts anderes gelten, als wenn die streitigen Ansprüche ihrem Gegenstand nach unterschiedlicher Natur wären; die Gleichartigkeit der wiederkehrenden Bezüge allein vermag keinen sachlichen Grund abzugeben, der eine einheitliche Ermittlung der Beschwer rechtfertigt (BSG, Urteil vom 18. März 1982 – 7 RAr 50/08 – juris Rdnr. 16).
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Das BSG hat etwa die Zusammenrechnung von zwei Zeiträumen des Bezuges von Arbeitslosengeld abgelehnt, als zwei materiell-rechtlich selbständige, hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen voneinander unabhängige Ansprüche streitig waren (BSG, Urteil vom 18. März 1982 – 7 RAr 50/08 – juris Rdnr. 16). Auch wird in der Rechtsprechung angenommen, dass Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für mehrere Bewilligungszeiträume von jeweils sechs Monate gemäß § § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. (seit dem 1. August 2016 gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der Regel ein Jahr) keine wiederkehrenden Leistungen seien und zwar auch dann, wenn sich die Bewilligungszeiträume nahtlos anschließen (LSG Thüringen, Beschluss vom 16. April 2012 – L 4 AS 1389/11 NZB – juris Rdnr. 15 ff.; LSG Sachsen, Urteil vom 19. Juni 2012 – L 7 AS 115/11 – juris Rdnr. 21 ff.). Auch bei Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X sind nach überwiegender Auffassung mehrere Bewilligungszeiträume nach dem SGB II oder nach dem SGB XII nicht zusammenzurechnen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. März 2014 – L 2 SO 3177/13 – juris Rdnr. 27; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 5. Dezember 2011 – L 8 B 430/10 NZB – juris Rdnr. 16; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Dezember 2014 – L 2 AS 1828/14 – juris Rdnr. 1; a.A. LSG Thüringen, Urteil vom 10. Januar 2013 – L 9 AS 831/10 – juris Rdnr. 27 ff.)
39 
Im vorliegenden Fall gelten diese Erwägungen erst Recht. Es liegen vier getrennte Zeiträume vor, die zwar hinsichtlich des Lebenssachverhaltes ähnlich sind, die aber in zeitlicher Hinsicht doch voneinander getrennte Lebenssachverhalte darstellen. Die Beendigung der Familienheimfahrt und die Rückkehr des Klägers in das betreute Wohnen bewirkt jeweils eine wesentliche Zäsur. Es liegt damit weder ein einheitlicher ununterbrochener Bedarfsfall vor noch stellen sich die einzelnen Zeiträume als bloße Wiederholung auf der Grundlage desselben Rechtsverhältnisses dar. Das Rechtsverhältnis wird vielmehr durch den jeweiligen, auf einen bestimmten Zeitraum begrenzten Antrag des Klägers initiiert (vgl. § 18 SGB X). Entsprechend hat auch der Beklagte – zu Recht – mit getrennten Bescheiden über die Anträge des Klägers entschieden. Es liegen mithin auch getrennte Streitgegenstände vor. Der Kläger kann die Zulassungsfreiheit der Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht dadurch erreichen, dass er die vier getrennten Streitgegenstände in einer einzigen Klage zusammenfasst.
40 
c) Die Berufung ist auch – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht durch das SG zugelassen worden. Zwar hat das SG im angefochtenen Bescheid über das Rechtsmittel der Berufung belehrt. Das SG hat die Berufung aber weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung allein ersetzt nicht die Berufungszulassung (BSG, Urteil vom 28. März 1957 – 7 RAr 103/55 – juris Rdnr. 21; BSG Urteil vom 18. März 2004 – B 11 AL 53/03 R – juris Rdnr. 12; BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 8). Die Verwendung der für zulassungsfreie Berufungen üblichen Rechtsmittelbelehrung ist keine Entscheidung über die Zulassung, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die das Berufungsgericht nicht bindet (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 – juris Rdnr. 8).
41 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
42 
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

Gründe

23 
1. Gegenstand des Verfahrens sind die auf die Gewährung höherer Leistungen für die Zeiträume vom 6. bis 21. Juli 2014 und vom 22. Dezember 2014 bis 5. Januar 2015 gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen des Klägers sowie seine auf die Bescheidung seiner Überprüfungsanträge vom 24. Juli 2014 gerichteten Untätigkeitsklagen. Zwar hat das SG in dem von ihm formulierten Antrag im angefochtenen Gerichtsbescheid die Untätigkeitsklagen nicht aufgeführt, aus den Gründen der Entscheidung geht aber noch hinreichend hervor, dass das SG auch hierüber entschieden hat.
24 
2. Die Berufung des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verwerfen.
25 
a) Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung, bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, ist der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – juris Rdnr. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – juris Rdnr. 13; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2015 – L 4 R 3257/13 – juris Rdnr. 41; Breitkreuz/Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 144 Rdnr. 6; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rdnr. 24). Der Beschwerdewert bemisst sich ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 6). Fallen mehrere Streitgegenstände in den Anwendungsbereich des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, sind die Beschwerdewerte zu addieren (BSG, Urteil vom 5. Februar 1998 – B 11 AL 19/97 – juris Rdnr. 15; BSG, Beschluss vom 18. April 2016 – B 14 AS 150/15 – juris Rdnr. 6).
26 
Auch Untätigkeitsklagen werden von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erfasst, weil sie entweder auf die Vornahme eines beantragten Verwaltungsaktes (§ 88 Abs. 1 SGG) oder den Erlass eines Widerspruchsbescheids (§ 88 Abs. 2 SGG) gerichtet sind. Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (BSG, Beschluss vom 6. Oktober 2011 – B 9 SB 45/11 B – juris Rdnr. 10; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 – B 12 KR 3/16 R – juris Rdnr. 13; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. November 2015 – L 4 P 3460/15 – n.v.; a.A. noch Urteil des Senats vom 18. November 2010 – L 7 SO 2708/10 – juris Rdnr. 15). Bei einer Untätigkeitsklage ist auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 – B 12 KR 3/16 R – juris Rdnr. 14).
27 
b) Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Berufung nicht vor.
28 
aa) Gegenstand der Berufung ist eine Klage, die auf eine Geldleistung gerichtete Verwaltungsakte betreffen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anfechtungs- und Leistungsklage, mit der der Kläger höhere Leistungen für die Zeiträume vom 6. bis 21. Juli 2014 und vom 22. Dezember 2014 bis 5. Januar 2015 begehrt, als auch für die Untätigkeitsklagen, mit der er die Bescheidung seiner Überprüfungsanträge vom 24. Juli 2014 bzgl. der Bescheide vom 24. Juni 2013 (Zeitraum vom 7. bis 19. Juli 2013) und vom 20. Dezember 2013 (Zeitraum vom 23. Dezember 2013 bis 3. Januar 2014) begehrt.
29 
bb) Ein Beschwerdewert von mehr als 750,00 Euro wird nicht erreicht.
30 
Der Beschwerdegegenstand richtet sich danach, was durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts versagt, also abgelehnt worden ist, und mit der Berufung weiterverfolgt wird. Dies ist durch Vergleich des vor dem Sozialgericht beantragten Gegenstandes mit dem ausgeurteilten Gegenstand und dem in der Berufung weiterverfolgten Begehren zu bestimmen (Wehrhahn in jurisPK-SGG, 2017, § 144 Rdnr. 19).Maßgeblich ist insoweit, was der Berufungskläger in Wirklichkeit als sachlich verfolgtes Prozessziel anstrebt, was er unter den gegebenen Umständen allenfalls wollen kann (BSG, Urteil vom 5. März 1980 – 9 RV 44/78 – Rdnr. 14). Maßgebend ist der materielle „Kern“ des gerichtlichen Verfahrens (BSG, Urteil vom 5. März 1980 – 9 RV 44/78 – Rdnr. 14).
31 
Das Begehrten des Klägers zielte – jedenfalls bei Klageerhebung und auch noch bei Berufungseinlegung – zum einen darauf ab, dass bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt die Regelbedarfsstufe 1 statt der Regelbedarfsstufe 3 zugrundegelegt wird. Dies würde für alle vier Zeiträume zu einem höheren Anspruch von 142,23 Euro führen: Für 22 Tage im 2013 382/30 statt 306/30 (Unterschied: 55,73 Euro), für 28 Tage im Jahr 2014 391/30 statt 313/30 (Unterschied: 72,80 Euro) und für fünf Tage im Jahr 2015 399/30 statt 320/30 (Unterschied: 13,17 Euro)
32 
Zum anderen wendet sich der Kläger bei sinngemäßer Deutung seines Begehrens dagegen, dass bei den beiden Aufenthalten über den Jahreswechsel das Einkommen jeweils sowohl im Dezember als auch im Januar angerecht werde. Würde man – wofür es aber keine Rechtsgrundlage gibt – bei der Anspruchsberechnung dem Bedarf des Klägers im Januar 2014 und im Januar 2015 kein Einkommen gegenüberstellen, ergäbe sich bei Regelbedarfsstufe 3 für Januar 2014 ein Anspruch in Höhe von 46,62 Euro und für Januar 2015 ein Anspruch von 78,75 Euro. Bei Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 1 im Januar 2014 (monatlich 391,00 Euro) ergäbe sich für drei Tage ein weiterer Betrag von 7,69 Euro. Bei Zugrundelegung der Regelbedarfsstufe 1 im Januar 2015 (monatlich 399,00 Euro) ergäbe sich für fünf Tage ein weiterer Betrag von 12,98 Euro. Insgesamt hat der Kläger damit höhere Leistungen von 288,27 Euro begehrt. Der Betrag von 750,00 Euro wird mithin mit Abstand nicht erreicht.
33 
Soweit der Kläger zuletzt – nach Hinweis des Berichterstatters auf die Zulassungsbedürftigkeit der Berufung – behauptet hat, es gehe um Leistungen von 2.208,01 Euro, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Abgesehen davon, dass die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht dadurch umgangen werden können, dass „aus der Luft gegriffene Beträge“ genannt werden (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. November 2016 – L 2 SO 3282/16 NZB – juris Rdnr. 4; vgl. auch BSG, Urteil vom 26. Oktober 1983 – juris Rdnr. 10), kommt es hierauf schon deswegen nicht an, weil – wie oben darlegt – entscheidend ist, wie hoch der Beschwerdewert zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung war. Nachträgliche Erhöhungen der Klageforderung müssen insofern außer Betracht bleiben. Wird der Antrag nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erweitert, so handelt es sich um einen neuen Gegenstand, der bei der Ermittlung des Beschwerdewerts außer Betracht bleibt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Januar 2012 – L 19 AS 1836/11 – juris Rdnr. 25; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rdnr. 25; Wehrhahn in jurisPK-SGG, § 144 Rdnr. 19). Das Gleiche gilt für denkbare Folgewirkungen für folgende Bewilligungszeiträume (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 6; BSG, Beschluss vom 26. September 2013 – B 14 AS 148/13 B – juris Rdnr. 6 m.w.N.).
34 
cc) Die Berufung betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG.
35 
(1) Der Kläger begehrt Leistungen für die Zeit vom 7. bis 19. Juli 2013 (13 Tage), für die Zeit vom 23. Dezember 2013 bis 3. Januar 2014 (12 Tage), für die Zeit vom 8. bis 21. Juli 2014 (14 Tage) und für die Zeit vom 22. Dezember 2014 bis 5. Januar 2015 (15 Tage), insgesamt also für 54 Tage und damit für weniger als ein Jahr, so dass dahinstehen kann, ob derartige isolierte Zeiträume bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG vorliegen, überhaupt addiert werden können.
36 
(2) Die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegen auch nicht deshalb vor, weil die Zeitspanne zwischen dem ersten Tag des ersten streitigen Zeitraums (7. Juli 2013) und dem letzten Tag des letzten streitigen Zeitraums (5. Januar 2015) mehr als ein Jahr beträgt.
37 
Bei mehreren Streitgegenständen ist eine Addition verschiedener Bezugszeiträume unzulässig (Meyer-Ladewig, NZS 1993, 137 [140]; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rdnr. 30). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn wiederkehrende Leistungen für nicht zusammenhängende Zeiträume im Wesentlichen auf demselben Rechtsverhältnis (Stammrecht) beruhen bzw. denselben Entstehungsgrund haben (BSG, Urteil vom 18. März 1982 – 7 RAr 50/08 – juris Rdnr. 16). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 7). Der Gesetzgeber hat für Ansprüche von bestimmter – minderer – Bezugsdauer nur eine gerichtliche Instanz zur Verfügung stellen wollen. Insoweit kann hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung nichts anderes gelten, als wenn die streitigen Ansprüche ihrem Gegenstand nach unterschiedlicher Natur wären; die Gleichartigkeit der wiederkehrenden Bezüge allein vermag keinen sachlichen Grund abzugeben, der eine einheitliche Ermittlung der Beschwer rechtfertigt (BSG, Urteil vom 18. März 1982 – 7 RAr 50/08 – juris Rdnr. 16).
38 
Das BSG hat etwa die Zusammenrechnung von zwei Zeiträumen des Bezuges von Arbeitslosengeld abgelehnt, als zwei materiell-rechtlich selbständige, hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen voneinander unabhängige Ansprüche streitig waren (BSG, Urteil vom 18. März 1982 – 7 RAr 50/08 – juris Rdnr. 16). Auch wird in der Rechtsprechung angenommen, dass Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für mehrere Bewilligungszeiträume von jeweils sechs Monate gemäß § § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. (seit dem 1. August 2016 gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der Regel ein Jahr) keine wiederkehrenden Leistungen seien und zwar auch dann, wenn sich die Bewilligungszeiträume nahtlos anschließen (LSG Thüringen, Beschluss vom 16. April 2012 – L 4 AS 1389/11 NZB – juris Rdnr. 15 ff.; LSG Sachsen, Urteil vom 19. Juni 2012 – L 7 AS 115/11 – juris Rdnr. 21 ff.). Auch bei Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X sind nach überwiegender Auffassung mehrere Bewilligungszeiträume nach dem SGB II oder nach dem SGB XII nicht zusammenzurechnen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. März 2014 – L 2 SO 3177/13 – juris Rdnr. 27; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 5. Dezember 2011 – L 8 B 430/10 NZB – juris Rdnr. 16; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Dezember 2014 – L 2 AS 1828/14 – juris Rdnr. 1; a.A. LSG Thüringen, Urteil vom 10. Januar 2013 – L 9 AS 831/10 – juris Rdnr. 27 ff.)
39 
Im vorliegenden Fall gelten diese Erwägungen erst Recht. Es liegen vier getrennte Zeiträume vor, die zwar hinsichtlich des Lebenssachverhaltes ähnlich sind, die aber in zeitlicher Hinsicht doch voneinander getrennte Lebenssachverhalte darstellen. Die Beendigung der Familienheimfahrt und die Rückkehr des Klägers in das betreute Wohnen bewirkt jeweils eine wesentliche Zäsur. Es liegt damit weder ein einheitlicher ununterbrochener Bedarfsfall vor noch stellen sich die einzelnen Zeiträume als bloße Wiederholung auf der Grundlage desselben Rechtsverhältnisses dar. Das Rechtsverhältnis wird vielmehr durch den jeweiligen, auf einen bestimmten Zeitraum begrenzten Antrag des Klägers initiiert (vgl. § 18 SGB X). Entsprechend hat auch der Beklagte – zu Recht – mit getrennten Bescheiden über die Anträge des Klägers entschieden. Es liegen mithin auch getrennte Streitgegenstände vor. Der Kläger kann die Zulassungsfreiheit der Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht dadurch erreichen, dass er die vier getrennten Streitgegenstände in einer einzigen Klage zusammenfasst.
40 
c) Die Berufung ist auch – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht durch das SG zugelassen worden. Zwar hat das SG im angefochtenen Bescheid über das Rechtsmittel der Berufung belehrt. Das SG hat die Berufung aber weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung allein ersetzt nicht die Berufungszulassung (BSG, Urteil vom 28. März 1957 – 7 RAr 103/55 – juris Rdnr. 21; BSG Urteil vom 18. März 2004 – B 11 AL 53/03 R – juris Rdnr. 12; BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 8). Die Verwendung der für zulassungsfreie Berufungen üblichen Rechtsmittelbelehrung ist keine Entscheidung über die Zulassung, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die das Berufungsgericht nicht bindet (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 – juris Rdnr. 8).
41 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
42 
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 19. Apr. 2018 - L 7 SO 2772/16 zitiert 15 §§.

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

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(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht. (2) Berechnungen werd

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(1) Für Personen, die1.die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder2.die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sindund durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunte

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(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 18 Beginn des Verfahrens


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(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. September 2012 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.5.2011 bis 30.11.2011.

2

Der 1981 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 80; Merkzeichen "G", "H" und "B"). Er leidet ua an einer mittleren Intelligenzminderung (Intelligenzquotient von höchstens 50) und Grand-Mal-Epilepsie. Er lebt gemeinsam mit seiner Mutter, die auch seine Betreuerin ist, in einer Wohnung.

3

Der Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst für die Zeit von Dezember 2010 bis November 2011 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 665,69 Euro unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs in Höhe von 359 Euro nebst eines Mehrbedarfs für Erwerbsgeminderte mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 61,03 Euro und anteiliger Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 257,09 Euro, abzüglich eines anrechenbaren Einkommens aus einer Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) in Höhe von 11,43 Euro (Bescheide vom 23.9.2010 und 20.12.2010). Ab 1.5.2011 hob der Beklagte diese Bescheide unter Hinweis auf die geänderten Regelbedarfsstufen teilweise auf, bewilligte dem Kläger nur noch Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 565,57 Euro und legte dabei ua lediglich noch einen Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro (80 vH) sowie einen Mehrbedarf für behinderte Menschen in Höhe von 49,47 Euro zugrunde (Bescheid vom 19.4.2011; Widerspruchsbescheid vom 22.9.2011). Für August 2011 bewilligte der Beklagte aufgrund eines um einen Cent höheren Freibetrags für Werkstatteinkommen insgesamt 565,58 Euro (Bescheid vom 25.7.2011).

4

Die Klage gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27.9.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Beklagte habe dem Kläger ab Mai 2011 zu Recht nur noch Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro gewährt. Der Kläger unterfalle der Regelbedarfsstufe 3, weil er im Haushalt seiner Mutter lebe und damit keinen eigenen Haushalt führe. Die Höhe der seit dem 1.1.2011 geltenden Regelbedarfssätze sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ab Vollendung des 25. Lebensjahrs Anspruch auf den vollen Regelsatz hätten, beruhe auf Systemunterschieden zwischen dem SGB II und SGB XII.

5

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger, die Regelbedarfsstufe 3 sei verfassungswidrig. Sie verstoße insbesondere gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, weil ihr keine spezielle Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 zugrunde liege. Außerdem sei der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) dadurch verletzt, dass über 25jährige Leistungsbezieher nach dem SGB II den vollen Regelsatz erhielten. Schließlich verstoße der geringere Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG, weil der Gesetzgeber dadurch einen erwachsenen behinderten Menschen in eine Abhängigkeit zu anderen Haushaltsangehörigen zwinge, die seinem Selbstbestimmungsrecht widerspreche. Der Gesetzgeber dürfe nicht unterstellen, dass die übrigen erwachsenen Haushaltsmitglieder die überwiegenden Kosten der Haushaltsführung übernehmen wollten.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG und die Bescheide des Beklagten vom 19.4.2011 und 25.7.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1.5. bis 30.11.2011 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die vom SG zugelassene Sprungrevision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 19.4.2011 und 25.7.2011, letzterer gemäß § 86 SGG als Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2011 (§ 95 SGG) - und zwar in der Sache unbeschränkt. Ob der nach § 86 SGG Gegenstand gewordene Bescheid vom 25.7.2011 allerdings eine Regelung für die Zeit ab August 2011 oder nur für August selbst (so die Auslegung des SG) oder gar für die Zeit davor trifft, wird das SG im wiedereröffneten Verfahren genauer zu prüfen haben; ggf wird es auch zu beachten haben, ob im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte gemäß § 116 Abs 2 SGB XII beteiligt worden sind. Gegen die Bescheide wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinieren Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), obwohl sich die Rechtmäßigkeit beider angefochtenen Entscheidungen an § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst. Denn der Kläger macht nicht nur geltend, es sei mit Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453; RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) zum 1.1.2011 (vgl Art 14 Abs 1 RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) keine Änderung zu seinen Lasten eingetreten. Vielmehr macht er höhere Grundsicherungsleistungen unter jedem denkbaren Gesichtspunkt geltend. Dieses Ziel kann er nicht allein mit der Anfechtung der Bescheide erreichen.

11

Ob mit den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des (begünstigenden) Verwaltungsaktes vom 23.9. bzw 20.12.2010 unter Berücksichtigung des Bescheids vom 25.7.2011 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, wie dies § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X voraussetzt, und ob diese in Bezug auf die Höhe der bewilligten Leistungen (ggf ausschließlich) begünstigenden oder belastenden Charakter haben, also einen Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen gegen den örtlich und sachlich zuständigen Beklagten begründen, kann nicht abschließend entschieden werden, weil ausreichende Feststellungen des SG zur Anspruchshöhe fehlen. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 3 SGB XII(jeweils idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen dem Grunde nach erfüllte der Kläger, weil er nach den Feststellungen des SG neben dem Einkommen aus seiner Tätigkeit in einer WfbM kein weiteres Einkommen bezog und vermögenslos war.

12

Die Höhe der Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.1.2011 richtet sich nach § 42 Nr 1 SGB XII in der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, wobei sich eine Verminderung des Regelbedarfs aus Anlass der Neuregelung wegen der Übergangsregelung in § 137 SGB XII vor dem 1.4.2011 nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken kann. Danach umfassen die Grundsicherungsleistungen unter anderem die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII; ergänzend ist § 27a Abs 3 und Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XII(in der Normfassung dieses Gesetzes) anzuwenden. Zur Deckung des Regelbedarfs sind danach monatliche Regelsätze zu gewähren, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben(§ 27a Abs 3 Satz 1 SGB XII). Gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII erhält seit dem 1.1.2011 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364 Euro eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind. Leistungen der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 Euro (mithin 90 vH der Regelbedarfsstufe 1) werden demgegenüber gewährt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Regelbedarfsstufe 3, die Leistungen in Höhe von 291 Euro (80 vH der Regelbedarfsstufe 1) vorsieht, gilt für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Für Kinder und Jugendliche sind - abhängig von ihrem Alter - die weiteren Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gebildet.

13

Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) - Merkzeichen "G" - ab, der dem Kläger zustand, sofern nicht - wofür bislang keine Anhaltspunkte vorliegen - ein abweichender Bedarf bestand. Entgegen der Auffassung des Beklagten wird der notwendige Regelbedarf des Klägers, der mit seiner Mutter in einem Haushalt lebt, nicht von vornherein mit der Regelbedarfsstufe 3 beschrieben. Diese Auslegung legt schon der Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII nahe; aus der Systematik des Gesetzes und seinem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschriften folgt dies vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 und Abs 3 Satz 2 GG zwingend, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 23.7.2014 (B 8 SO 14/13 R) ausführlich dargestellt hat; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf verwiesen.

14

Leben erwachsene nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte zusammen mit ihren Eltern in einem Haushalt, gilt Gleiches, selbst wenn diese Konstellation nach der Begründung der entsprechenden Regelungen im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales angeblich der Hauptanwendungsfall für die Regelbedarfsstufe 3 ist (vgl BT-Drucks 17/4095, S 27 f und S 40 f). Es muss indes typisierend bei familienhaftem Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten Menschen, gerade auch beim Zusammenleben von Eltern mit ihren behinderten erwachsenen Kindern, davon ausgegangen werden, dass die hilfebedürftige Person der Regelbedarfsstufe 1 (gemeinsamer eigener, kein fremder Haushalt) unterfällt, ergänzt durch die gesetzliche Vermutungsregelung des § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO). Denn die zu fordernde Beteiligung an der Haushaltsführung muss sich auch hier an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten des behinderten Menschen orientieren.

15

Das entsprechende Leitbild normiert § 1626 Abs 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Pflege und Erziehung des (minderjährigen) Kindes, wonach Eltern dabei die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigen. Gegenüber einer (nach heutigen Maßstäben entwicklungsgefährdenden) Inanspruchnahme elterlicher Befugnisse, als die die elterliche Sorge noch vor wenigen Jahrzehnten verstanden wurde, stellt sich § 1626 Abs 2 Satz 1 BGB als bewusste Selbstbeschränkung der Eltern zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung ihres Kindes dar(vgl etwa Huber in Münchener Komm zum BGB, 6. Aufl 2012, § 1626 BGB RdNr 61 mwN). Dieses gesetzgeberische Verständnis von Elternverantwortung findet wegen der Volljährigkeit des Klägers zwar unmittelbar auf die zur Entscheidung stehende Konstellation keine Anwendung; es entspricht gleichwohl typisierend dem Bild eines familienhaften Zusammenlebens auch mit behinderten erwachsenen Kindern, und zwar insbesondere dann, wenn das Kind - wie hier - bei der Aufenthaltsbestimmung unter Betreuung durch das Elternteil steht, mit dem es zusammen lebt. Denn auch das Handeln des Betreuers ist am Wohl des Betreuten auszurichten und nach dessen Fähigkeiten entsprechend seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten; die Ziele der Rehabilitation behinderter Menschen sind dabei besonders in den Blick zu nehmen (vgl § 1901 Abs 2 und 4 BGB).

16

Dem Bestreben, das Kind über seine Volljährigkeit hinaus mit dem Ziel der größtmöglichen Selbständigkeit zumindest in Teilbereichen des Lebens zu fördern, stünde die Annahme entgegen, anknüpfend an die Schwere einer dauerhaften körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung, damit an die Auswirkungen einer Behinderung, würde einem Kind im elterlichen Haushalt per se eine geringere Selbständigkeit als zB in einer ambulant betreuten Wohngruppe zukommen. Ein solches Verständnis liefe neben dem Verbot der Benachteiligung von behinderten Menschen aus Art 3 Abs 3 GG und dem Diskriminierungsverbot auch der Verpflichtung des Staates aus Art 23 Abs 3 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention iVm dem Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812) zuwider, wonach die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleiche Rechte in Bezug auf das Familienleben haben. Ein "fremder Haushalt" kann mithin nur vorliegen, wenn bei dem behinderten Menschen entgegen der gesetzlichen Vermutung keinerlei eigenständige oder nur eine gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorläge. Die materielle Beweislast liegt insoweit bei dem Beklagten; allerdings bedürfte es zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt noch eines qualifizierten Vortrags, damit das SG überhaupt in weitere Ermittlungen eintreten muss.

17

Soweit in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass (jedenfalls) weit überwiegend "haushaltsführende" Eltern im Haushalt mit ihren erwachsenen nicht erwerbsfähigen Kindern die Kosten der Haushaltsführung allein tragen (BT-Drucks 17/4095, S 40 f), ist dies ohne Bedeutung. Auf die Frage, wer die Kosten der Haushaltsführung trägt, kommt es bei der Zuordnung der Leistungsberechtigten zur Regelbedarfsstufe 1 gerade nicht an (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO).

18

Das SG wird über die Leistungshöhe insgesamt und ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. März 2013 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.6.2011 bis zum 28.2.2013.

2

Die 1985 geborene Klägerin ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "B", "H" und "G"). Sie wohnte im streitbefangenen Zeitraum gemeinsam mit ihrer als Betreuerin bestellten Mutter und ihrem Bruder in einer Wohnung. Sie war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig und erzielte dort Einkünfte in unterschiedlicher Höhe. Seit dem 1.3.2013 lebt sie in einer stationären Einrichtung.

3

Die Beklagte bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 1.1. bis 30.11.2011 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 534,47 Euro monatlich, wobei sie einen Regelbedarf in Höhe von 359 Euro sowie einen behinderungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 61,03 Euro monatlich zugrunde legte. Für die Zeit ab dem 1.6.2011 hob sie die entsprechende Bewilligung teilweise auf und gewährte nur noch Leistungen in Höhe von 461,94 Euro; sie berücksichtigte dabei (neben den unverändert gebliebenen Leistungen für Unterkunft und Heizung) einen Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro sowie einen Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 49,47 Euro (Bescheid vom 20.5.2011; Widerspruchsbescheid vom 28.6.2011). Für die anschließende Zeit vom 1.12.2011 bis 30.11.2012 gewährte sie Grundsicherungsleistungen monatlich in derselben Höhe und passte diese Leistungen zum 1.1.2012 wegen der Erhöhung des Regelbedarfs an (Bescheide vom 20.10.2011 und vom 23.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2012). Schließlich bewilligte sie für Dezember 2012 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 472,14 Euro und ab dem 1.1.2013 in Höhe von 481,18 Euro (Bescheide vom 7.11.2012 und vom 10.12.2012; Widerspruchsbescheid vom 28.1.2013).

4

Die Klagen gegen diese Bescheide, die das Sozialgericht Magdeburg (SG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, blieben im Ergebnis ohne Erfolg (Urteil vom 19.3.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dass die Beklagte der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum zutreffend nur einen Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 3 gewährt habe. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass die Klägerin keinen eigenen Haushalt führe. Sie werde entweder in der WfbM, in der sie arbeite, oder von ihrer Mutter zu Hause betreut. Es habe daher keine Veranlassung bestanden zu ermitteln, ob die Klägerin einen eigenen Haushalt führe. Weder die Höhe des Regelbedarfs nach der Regelbedarfsstufe 3 noch die Tatsache, dass Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ab Vollendung des 25. Lebensjahrs den vollen Regelbedarf erhielten, sei verfassungsrechtlich zu beanstanden. Denn die unterschiedliche Höhe des Regelbedarfs beruhe auf Systemunterschieden zwischen SGB II und SGB XII.

5

Mit der Sprungrevision rügt die Klägerin, dass die Regelbedarfsstufe 3 verfassungswidrig sei. Der Gesetzgeber habe unzutreffend im Rahmen einer Pauschalierung eine Haushaltsersparnis von 20 vH angenommen, ohne dies ermittelt zu haben. Im Übrigen verstoße die Höhe der Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil SGB-II-Leistungsempfänger ab Vollendung des 25. Lebensjahrs Anspruch auf den vollen Regelbedarf hätten.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 20.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.6.2011 aufzuheben, sowie die Bescheide der Beklagten vom 20.10.2011, 23.12.2011, 7.11.2012 und 10.12.2012 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 28.2.2012 und vom 28.1.2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.6.2011 bis 28.2.2013 zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Gegenstand des Verfahrens sind nach Verbindung der Klagen (§ 113 SGG)durch das SG jedenfalls der Bescheid vom 20.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids - nach Landesrecht ohne Beteiligung sozial erfahrener Dritter - vom 28.6.2011 (§ 95 SGG), die Bescheide vom 20.10.2011 und vom 23.12.2011 - letzterer gemäß § 86 SGG als Gegenstand des Widerspruchsverfahrens - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2012 und schließlich die Bescheide vom 7.11.2012 und 10.12.2012 - letzterer ebenfalls nach § 86 SGG als Gegenstand des Widerspruchsverfahrens - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.1.2013. Ob weitere Bescheide Gegenstand des Verfahrens geworden sind, kann der Senat abschließend nicht beurteilen. Das SG wird dies zu überprüfen haben; insoweit hat es nur mitgeteilt, dass die Klägerin wechselndes Einkommen erzielt hat, was den Erlass weiterer Bescheide nahelegt. Gegen alle diese Bescheide wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinieren Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), auch wenn sich die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vom 20.5.2011 an § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst. Denn sie macht insoweit nicht nur geltend, es sei mit Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453; RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) zum 1.1.2011 (vgl Art 14 Abs 1 RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) keine Änderung zu ihren Lasten eingetreten, sondern es bestehe auch für die Zeit vom 1.6. bis zum 30.11.2011 Anspruch auf höhere Leistungen wegen der Erhöhung der Regelbedarfe für Alleinstehende um 5 Euro und damit des Mehrbedarfs für schwerbehinderte Leistungsberechtigte mit Merkzeichen "G". Dieses Ziel kann sie nicht allein mit der Anfechtung der Bescheide erreichen. Entgegen der Ansicht des SG hat die Klägerin jedoch den Streitgegenstand in der Sache nicht beschränkt, sodass über die gesamten Grundsicherungsleistungen zu befinden ist.

11

Ob mit den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des ursprünglichen (begünstigenden) Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, wie dies § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X für die (teilweise) Aufhebung der Bewilligung für den Zeitraum vom 1.6. bis zum 30.11.2011 voraussetzt, und ob diese in Bezug auf die Höhe der bewilligten Leistungen nach den Vorschriften des SGB XII (ggf ausschließlich) begünstigenden oder belastenden Charakter haben, also einen Anspruch der Klägerin auf höhere Leistungen gegen die örtlich und sachlich zuständige Beklagte begründen, kann abschließend nicht entschieden werden, weil ausreichende Feststellungen des SG zur Anspruchshöhe fehlen. Eine abschließende Entscheidung kann für den streitbefangenen Zeitraum vom 1.12.2011 bis zum 28.2.2013 ebenso wenig getroffen werden. Insoweit finden die Vorschriften des SGB XII allerdings ohne Rücksicht auf § 48 SGB X Anwendung. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 3 SGB XII(jeweils idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen dem Grunde nach erfüllte die Klägerin, weil sie nach den Feststellungen des SG neben dem Einkommen aus der Tätigkeit in einer WfbM kein weiteres Einkommen bezog und vermögenslos war.

12

Die Höhe der Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.1.2011 richtet sich nach § 42 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG und ab 1.1.2013 des Gesetzes zur Änderung des SGB XII vom 20.12.2012 - BGBl I 2783), wobei sich eine Verminderung des Regelbedarfs aus Anlass der Neuregelung wegen der Übergangsrege-lung in § 137 SGB XII vor dem 1.4.2011 nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken kann. Da-nach umfassen die Grundsicherungsleistungen unter anderem die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII; daneben ist § 27a Abs 3 und Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) anzuwenden. Zur Deckung des Regelbedarfs sind danach monatliche Regelsätze zu gewähren (§ 27a Abs 3 Satz 1 SGB XII). Gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII erhält seit dem 1.1.2011 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364 Euro eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind. Leistungen der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 Euro (mithin 90 vH der Regelbedarfsstufe 1) werden demgegenüber gewährt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Regelbedarfsstufe 3, die Leistungen in Höhe von 291 Euro (80 vH der Regelbedarfsstufe 1) vorsieht, gilt für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Für Kinder und Jugendliche sind - abhängig von ihrem Alter - die weiteren Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gebildet.

13

Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) - Merkzeichen "G" - ab, der der Klägerin zustand, sofern nicht - wofür bislang keine Anhaltspunkte vorliegen - ein abweichender Bedarf bestand. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der notwendige Regelbedarf der Klägerin, die mit ihrer Mutter und ihrem Bruder in einem Haushalt lebt, nicht von vornherein mit der Regelbedarfsstufe 3 beschrieben. Dies legt schon der Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII nahe; aus der Systematik des Gesetzes und seinem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschriften folgt diese Auslegung vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 und Abs 3 Satz 2 GG zwingend, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 23.7.2014 (B 8 SO 14/13 R) ausführlich dargestellt hat; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf verwiesen.

14

Leben erwachsene nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte zusammen mit ihren Eltern in einem Haushalt, gilt Gleiches, selbst wenn diese Konstellation nach der Begründung der entsprechenden Regelungen im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales angeblich der Hauptanwendungsfall für die Regelbedarfsstufe 3 ist (vgl BT-Drucks 17/4095, S 27 f und S 40 f). Es muss indes typisierend bei familienhaftem Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten Menschen, gerade auch beim Zusammenleben von Eltern mit ihren behinderten erwachsenen Kindern, davon ausgegangen werden, dass die hilfebedürftige Person der Regelbedarfsstufe 1 (gemeinsamer eigener, kein fremder Haushalt) unterfällt, ergänzt durch die gesetzliche Vermutungsregelung des § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO). Denn die zu fordernde Beteiligung an der Haushaltsführung muss sich auch hier an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten des behinderten Menschen orientieren.

15

Das entsprechende Leitbild normiert § 1626 Abs 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Pflege und Erziehung des (minderjährigen) Kindes, wonach Eltern dabei die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigen. Gegenüber einer (nach heutigen Maßstäben entwicklungsgefährdenden) Inanspruchnahme elterlicher Befugnisse, als die die elterliche Sorge noch vor wenigen Jahrzehnten verstanden wurde, stellt sich § 1626 Abs 2 Satz 1 BGB als bewusste Selbstbeschränkung der Eltern zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung ihres Kindes dar(vgl etwa Huber in Münchener Komm zum BGB, 6. Aufl 2012, § 1626 BGB RdNr 61 mwN). Dieses gesetzgeberische Verständnis von Elternverantwortung findet zwar wegen der Volljährigkeit der Leistungsbezieherin unmittelbar auf die zur Entscheidung stehende Konstellation keine Anwendung; es entspricht gleichwohl typisierend dem Bild eines familienhaften Zusammenlebens auch mit behinderten erwachsenen Kindern, und zwar insbesondere dann, wenn es - wie hier - bei der Aufenthaltsbestimmung und den Wohnungsangelegenheiten unter Betreuung der Mutter steht. Denn auch das Handeln des Betreuers ist am Wohl des Betreuten auszurichten und nach dessen Fähigkeiten entsprechend seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten; die Ziele der Rehabilitation behinderter Menschen sind dabei besonders in den Blick zu nehmen (vgl § 1901 Abs 2 und Abs 4 BGB).

16

Dem Bestreben, das Kind über seine Volljährigkeit hinaus möglichst weitgehend mit dem Ziel der größtmöglichen Selbständigkeit zumindest in Teilbereichen des Lebens zu fördern, stünde die Annahme entgegen, anknüpfend an die Schwere einer dauerhaften körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung, damit an die Auswirkungen einer Behinderung, würde einem Kind im elterlichen Haushalt per se eine geringere Selbständigkeit als zB in einer ambulant betreuten Wohngruppe zukommen. Ein solches Verständnis liefe neben dem Verbot der Benachteiligung von behinderten Menschen aus Art 3 Abs 3 GG und dem Diskriminierungsverbot auch der Verpflichtung des Staates aus Art 23 Abs 3 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention , Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812) zuwider, wonach die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleiche Rechte in Bezug auf das Familienleben haben. Ein "fremder Haushalt" kann mithin nur vorliegen, wenn bei dem behinderten Menschen entgegen der gesetzlichen Vermutung keinerlei eigenständige oder nur eine gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorläge. Die materielle Beweislast liegt insoweit bei der Beklagten; allerdings bedürfte es zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt noch eines qualifizierten Vortrags, damit das SG überhaupt in weitere Ermittlungen eintreten kann.

17

Soweit in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass (jedenfalls) weit überwiegend "haushaltsführende" Eltern im Haushalt mit ihren erwachsenen nicht erwerbsfähigen Kindern die Kosten der Haushaltsführung allein tragen (BT-Drucks 17/4095, S 40 f), ist dies ohne Bedeutung. Auf die Frage, wer die Kosten der Haushaltsführung trägt, kommt es bei der Zuordnung der Leistungsberechtigten zur Regelbedarfsstufe 1 gerade nicht an (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO).

18

Das SG wird über die Leistungshöhe insgesamt und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23. Mai 2013 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.5. bis 30.9.2011.

2

Die 1921 geborene und im Februar 2014 verstorbene E S (S) war schwerbehindert (Grad der Behinderung 60; Merkzeichen "G"); sie erhielt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) entsprechend der Pflegestufe II. Sie wohnte seit 2009 bei ihrer 1940 geborenen Freundin E W (W) in deren Wohnung; W hatte sich bereit erklärt, die notwendige Pflege zu übernehmen.

3

Die Beklagte bewilligte S Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.1. bis 30.9.2011 (Bescheid vom 24.2.2011) in Höhe von 773,54 Euro monatlich (Regelbedarf in Höhe von 359 Euro; Mehrbedarf für ältere Menschen mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 61,03 Euro; Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 143,51 Euro; Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 210 Euro). Ab dem 1.4.2011 hob die Beklagte die Bewilligung unter Hinweis auf die geänderten Regelbedarfsstufen teilweise auf und bewilligte S nur noch Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 693,98 Euro, dabei (neben den unverändert gebliebenen Leistungen für Unterkunft und den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung) nur noch einen Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro sowie einen Mehrbedarf für ältere Menschen mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 49,47 Euro (Bescheid vom 29.3.2011); in der Folge gewährte sie für Juli, August und September 2011 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für die dezentrale Warmwassererzeugung in Höhe von 6,69 Euro monatlich Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 700,67 Euro (Bescheid vom 28.7.2011). Der zeitlich vor diesem Bescheid erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 14.10.2011 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).

4

Das Sozialgericht (SG) Detmold hat auf die dagegen erhobene Klage den Bescheid vom 29.3.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.7.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 14.10.2011 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "S für den Zeitraum April bis September 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren" (Urteil vom 23.5.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, es könne offenbleiben, ob S einen eigenen Haushalt oder einen gemeinsamen Haushalt mit W führe oder in dem Haushalt der W lebe und wie diese Konstellationen voneinander abzugrenzen seien. Denn S habe unabhängig davon einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1. Die Regelbedarfsstufe 3 verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG), weil die Leistungen für haushaltsangehörige Leistungsberechtigte nach dem SGB XII ab Vollendung des 25. Lebensjahrs geringer seien als für vergleichbare Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II); diese hätten Anspruch auf den vollen Regelbedarf. Einsparungen bei Führung eines gemeinsamen Haushalts könnten nur angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des SGB XII bildeten, was bei S und W nicht der Fall sei. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art 100 Abs 1 GG sei entbehrlich, weil es sich bei der Anlage nach § 28 SGB XII, die die Regelbedarfsstufen enthalte, um eine Rechtsverordnung und nicht um ein förmliches Gesetz handele.

5

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Sprungrevision. Nachdem sie den Bescheid vom 29.3.2011 für April 2011 aufgehoben hat, macht sie wegen der Zeit ab 1.5.2011 geltend, dass die Regelbedarfsstufe 3 nicht gegen Art 3 Abs 1 GG verstoße, weil die Systemunterschiede zwischen SGB II und SGB XII eine unterschiedliche Behandlung der Leistungsempfänger rechtfertigten. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende wende sich an einen dem Grunde nach erwerbsfähigen Personenkreis, der nur vorübergehend der Unterstützung durch steuerfinanzierte Sozialleistungen bedürfe. Mit der Erwerbsfähigkeit gingen zahlreiche Pflichten bzw Obliegenheiten einher, die bei schuldhafter Verletzung Sanktionen nach sich zögen. Diese Pflichten träfen die Berechtigten nach dem SGB XII nicht. Schließlich werde das menschenwürdige Existenzminimum ua dadurch gesichert, dass der individuelle Bedarf im Einzelfall abweichend vom Regelsatz nach Maßgabe des § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII festzulegen sei.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7
        

Der Prozessbevollmächtigte der früheren Klägerin beantragt, nachdem er die Klage für April 2011 zurückgenommen hat,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Er trägt vor, S habe sich von W Geld leihen müssen, weil sie, die S, von der Beklagten die notwendigen Mittel zum Lebensunterhalt nicht erhalten habe; der vom SG zutreffend zugesprochene Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen sei also an die noch nicht bekannten Rechtsnachfolger vererbt worden.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Mit dem Tod von S im Revisionsverfahren hat auf Klägerseite zwar ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden. Eine Unterbrechung des Verfahrens (vgl § 202 SGG iVm § 239 Zivilprozessordnung) ist jedoch nicht eingetreten, weil S durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten war (§ 246 ZPO). Er führt den Rechtsstreit für die noch unbekannten Rechtsnachfolger fort (vgl BGHZ 121, 263 ff, unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 5.2.1958 - IV ZR 204/57 -, LM Nr 10 zu § 325 ZPO).

11

Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 29.3.2011 und der während des Widerspruchsverfahrens erlassene Änderungsbescheid vom 28.7.2011 (vgl § 86 SGG) - wobei das SG prüfen mag, ob dieser den vorangegangenen Bescheid lediglich für Juli bis September 2011 oder bereits für die Zeit davor ersetzt und damit erledigt hat - beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2011 (§ 95 SGG), gegen die sich der/die Rechtsnachfolger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage wenden (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG). Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist die richtige Klageart, obwohl sich die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen an § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst. Geltend gemacht wird nämlich nicht nur, es sei mit Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) vom 24.3.2011 (BGBl I 453) zum 1.1.2011 (vgl Art 14 Abs 1 RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) keine Änderung zu Lasten der S, sondern wegen der Erhöhung der Regelbedarfe für Alleinstehende um 5 Euro und damit des Mehrbedarfs für ältere Leistungsberechtigte mit dem Merkzeichen "G" sowie der Einführung eines Mehrbedarfs für dezentrale Warmwasserbereitung zum selben Zeitpunkt eine Änderung zu ihren Gunsten eingetreten, der mit den angegriffenen Entscheidungen hätte Rechnung getragen werden müssen. Dieses Ziel (höhere Leistungen) kann nicht allein mit der Anfechtungsklage verwirklicht werden. Weder die verstorbene Klägerin noch deren Rechtsnachfolger haben den Streitgegenstand in der Sache beschränkt, sodass über die gesamten Grundsicherungsleistungen zu befinden ist.

12

Ob den unbekannten Rechtsnachfolgern/dem unbekannten Rechtsnachfolger in der Sache Ansprüche auf höhere Grundsicherungsleistungen gegen die kraft Heranziehung durch den zuständigen örtlichen Sozialhilfeträger in eigenem Namen handelnde Beklagte aus übergegangenem Recht zustehen, kann nicht entschieden werden. Das SG wird die bzw den Rechtsnachfolger zu ermitteln haben und sodann ggf die zur Akte gereichten Erklärungen der W auf inhaltliche Richtigkeit überprüfen müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 96, 18 ff), der sich der Senat anschließt, sind Sozialhilfeansprüche nach Maßgabe der §§ 58, 59 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) nämlich (nur) vererblich, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mithilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat. Dem Erben obliegt auch die Begleichung der Nachlassschulden, und die Sozialhilfeleistungen fließen ihm in solchen Fällen gerade deshalb zu, um ihn in den Stand zu setzen, die aus der Hilfe des Dritten entstandenen Schulden des Sozialhilfeempfängers zu tilgen. Ein entsprechender Sachverhalt ist hier vorgetragen worden. Ist jedoch der Fiskus der gesetzliche Erbe, kann dieser die Ansprüche von vornherein nicht geltend machen (vgl § 58 Satz 2 SGB I). Bei der Tenorierung wird das SG zu beachten haben, dass eine Zahlung von Leistungen nur an die Rechtsnachfolger in Betracht kommt.

13

Es kann ebenfalls nicht abschließend entschieden werden, ob mit den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des (begünstigenden) Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, wie dies § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X voraussetzt, und ob diese in Bezug auf die Höhe der bewilligten Leistungen (ggf ausschließlich) begünstigenden oder belastenden Charakter haben, weil ausreichende Feststellungen des SG zur Anspruchshöhe insgesamt fehlen. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 2 SGB XII(jeweils in der Fassung, die die Norm mit dem RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG erhalten hat) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die die maßgebliche Altersgrenze - hier das 65. Lebensjahr - erreicht haben, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen dem Grunde nach erfüllte S, weil sie nach den Feststellungen des SG neben den - nicht zu berücksichtigenden (§ 13 Abs 5 SGB XI) - Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung kein Einkommen bezog und vermögenslos war.

14

Die Höhe der Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.1.2011 richtet sich nach § 42 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG), wobei sich eine Verminderung des Regelbedarfs aus Anlass der Neuregelung wegen der Übergangsregelung in § 137 SGB XII vor dem 1.4.2011 nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken kann. Danach umfassen die Grundsicherungsleistungen unter anderem die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII; daneben ist § 27a Abs 3 und Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XII(jeweils in der Normfassung dieses Gesetzes) anzuwenden. Zur Deckung des Regelbedarfs sind danach monatliche Regelsätze zu gewähren (§ 27a Abs 3 Satz 1 SGB XII). Gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII erhält seit dem 1.1.2011 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364 Euro eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind. Leistungen der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 Euro (mithin 90 vH der Regelbedarfsstufe 1) werden demgegenüber gewährt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Regelbedarfsstufe 3, die Leistungen in Höhe von 291 Euro (80 vH der Regelbedarfsstufe 1) vorsieht, gilt für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Für Kinder und Jugendliche sind - abhängig von ihrem Alter - die weiteren Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gebildet.

15

Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 30 Abs 1 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) - Merkzeichen "G" - ab, der S zustand, sofern nicht - wofür bislang keine Anhaltspunkte vorliegen - ein abweichender Bedarf bestand. Seit dem 1.1.2011 ist zudem für den Fall, dass Kosten für die Bereitung von Warmwasser wegen einer dezentralen Warmwasserversorgung nicht als Kosten der Heizung nach § 35 Abs 4 SGB XII abgedeckt werden, ein Mehrbedarf nach § 30 Abs 7 SGB XII iVm § 42 Nr 2 SGB XII zu bewilligen, dessen Höhe sich im Ausgangspunkt ebenfalls prozentual (2,3 vH) von der Höhe der maßgeblichen Regelbedarfsstufe ableitet(vgl § 30 Abs 7 Satz 2 Nr 1 SGB XII). Das SG wird deshalb ggf Feststellungen dazu nachholen müssen, ob die Wohnung der W im maßgeblichen Zeitraum über eine dezentrale Warmwasserversorgung verfügte. In letzterem Fall stand S ein (dann auch im Hinblick auf eine abweichende Höhe iS des § 30 Abs 7 Satz 2 SGB XII zu überprüfender) Mehrbedarf wegen der dezentralen Warmwasserversorgung schon von Mai 2011 an zu. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, würde sich dies ggf kompensatorisch gegenüber sonstigen höheren Leistungen auswirken können.

16

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der notwendige Regelbedarf von S, die mit W in einem Haushalt lebte, ohne deren Partnerin zu sein, nicht von vornherein mit der Regelbedarfsstufe 3 beschrieben. Im Grundsatz richtet sich der Bedarf einer erwachsenen leistungsberechtigten Person nach der Regelbedarfsstufe 1 vielmehr auch dann, wenn sie mit einer anderen Person in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, ohne dass eine Partnerschaft im Sinne der Regelbedarfsstufe 2 - also eine Ehe, eine eingetragene Lebenspartnerschaft oder eine eheähnliche bzw lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft - besteht. Dem gesetzlichen Leitbild liegt dabei die Vorstellung zugrunde, dass bei Zusammenleben mit anderen Personen in einer Wohnung in der Regel gemeinsam gewirtschaftet wird und also eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt. Dementsprechend wird in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII nF (ab 1.1.2011) vermutet, dass Personen bei Zusammenleben in einer Wohnung gemeinsam einen Haushalt führen. Diese Vermutung, die nicht durch § 43 Abs 1 2. Halbsatz bzw § 39 Satz 3 Nr 2 SGB XII ausgeschlossen wird, ist nicht schon dann widerlegt, wenn eine Person gegenüber anderen einen geringeren Beitrag an der Haushaltsführung leistet, selbst wenn für eine umfassende Haushaltsführung notwendige Fähigkeiten fehlen. Die Regelbedarfsstufe 3 kommt also im Falle des Zusammenlebens mit anderen (außerhalb von stationären Einrichtungen) erst zur Anwendung, wenn keinerlei eigenständige oder eine nur gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorliegt. Ausschließlich in diesem Fall ist der Haushalt, in dem die leistungsberechtigte Person lebt, ein "fremder Haushalt".

17

Dieses Ergebnis legt schon der Wortlaut der Vorschriften nahe; aus der Systematik des Gesetzes und seinem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschriften folgt eine entsprechende Auslegung vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 und Abs 3 Satz 2 GG indes zwingend. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/4095, S 39 ff) findet sich zwar ein weiter gehendes Verständnis (ebenso: Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 28 SGB XII RdNr 61; Bieback, ASR 2013, 15 ff; kritisch dagegen: Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Anh 2 zu § 28 SGB XII RdNr 70 ff, Stand November 2011; Gutzler in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 27a SGB XII RdNr 79 ff; Münder, Soziale Sicherheit Extra, Sonderheft September 2011, 63, 82 f; Sartorius in Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 24 RdNr 51; Lenze in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, Anh § 28 SGB XII RdNr 4 ff; Dauber in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Anlage § 28 SGB XII RdNr 3, Stand August 2013). Hiernach wird die Haushaltsgemeinschaft typisierend als Zusammenleben eines Haushaltsvorstands mit weiteren erwachsenen Haushaltsangehörigen verstanden, von denen der zuerst genannte die haushaltsgebundenen Kosten alleine trägt, während die weiteren Haushaltsangehörigen deshalb einen geringeren Bedarf haben. Allein auf die Gesetzesbegründung kann bei der Auslegung aber nicht abgestellt werden; denn diese weiter gehende Wirkung würde zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen. Ist von mehreren Auslegungen aber nur eine mit dem Grundgesetz vereinbar, muss diese gewählt werden (BVerfGE 112, 164, 182 f = SozR 4-7410 § 32 Nr 1 RdNr 32; vgl auch BSG SozR 4-5870 § 1 Nr 2 RdNr 19 mwN). Die Vorschriften sind deshalb orientiert an dem Gesetzeszweck einschränkend auszulegen; nur diese Auslegung belässt ihnen einen vernünftigen, dem erkennbaren Gesetzeszweck jedenfalls nicht zuwiderlaufenden Sinn.

18

Dem Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII lässt sich nicht entnehmen, dass in Haushaltsgemeinschaften zwischen Erwachsenen, die nicht Partner sind, typisierend die eine Person der Regelbedarfsstufe 1 und die andere Person der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen wäre und im Ergebnis also Bedarfe nur in Höhe von 180 vH anerkannt würden; überdies findet sich keine Bestimmung, die erkennen ließe, dass in der vorliegenden Konstellation der S (und nicht der W im Falle ihrer Bedürftigkeit) lediglich Bedarfe nach der Regelbedarfsstufe 3 zustünden. Die vorliegende Gesetzesfassung beschreibt zunächst nur, dass die Regelbedarfsstufe 1 einer "alleinstehenden" Person auch dann zusteht, "wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind". Dabei bringt das Merkmal "alleinstehend", das die Regelbedarfsstufe 1 kennzeichnet, zum Ausdruck, dass diese Person ohne festen Partner im Sinne der Regelbedarfsstufe 2, nicht dagegen ohne jeden (erwachsenen) Mitbewohner in dem Haushalt lebt; denn der Begriff "Alleinstehend" wird im allgemeinen Sprachgebrauch mit unverheiratet gleichgesetzt, also in Abgrenzung zu einer festen Partnerschaft gebraucht. Die Rechtsprechung zum SGB II, die wegen der Besonderheiten der Bedarfsgemeinschaft von einem normativen Verständnis des Begriffs ausgeht (BSG SozR 4-4200 § 20 Nr 2 RdNr 18), ist auf das SGB XII nicht zu übertragen. Dem zweiten Halbsatz kann andererseits nicht entnommen werden, dass ein Zusammenleben in Haushaltsgemeinschaft außerhalb einer Partnerschaft notwendig das Zusammenleben mit einer Person bedeutet, die dann der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen wäre. Die Formulierung verweist lediglich auf die Regelbedarfsstufe 3, ohne diese näher zu erläutern; sie kann nur klarstellende Bedeutung haben.

19

Aus der Formulierung der Regelbedarfsstufe 3 folgt nicht das Gegenteil. Die Regelbedarfsstufe 3 knüpft zunächst an das Leben in einem "fremden" Haushalt an, was das Zusammenleben in einer Haushaltsgemeinschaft im Grundsatz nicht erfasst. "Fremd" drückt als Adjektiv aus, dass eine Sache einem anderen gehört. Leben zwei erwachsene Personen in einem Haushalt, lebt jede Person nach dem allgemeinen Sprachverständnis aber weiterhin in ihrem eigenen, dh in einem ihr selbst zugehörigen Haushalt. Das Zusammenleben allein macht einen Haushalt nicht (schon) zu einem "fremden" Haushalt. Der Wortlaut der Regelbedarfsstufe 3 ließe in seiner 2. Alternative ("noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt") zwar die Auslegung zu, dass zwei Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, ohne Partner zu sein, nur die Regelbedarfsstufe 3 zukommt. Eine solche Auslegung, die bei zwei Haushaltsangehörigen denknotwendig zur Folge hätte, dass beiden Personen lediglich die Regelbedarfsstufe 3 zustünde, weil bei beiden keine Partnerschaft vorliegt, führt aber zu einem erkennbar verfassungswidrigen Ergebnis (im Einzelnen später).

20

Ausschließlich der Wortlaut der Regelbedarfsstufe 2 knüpft ausdrücklich an ein bestimmtes gemeinsames Zusammenleben (das nämlich zusätzlich die Kriterien einer Partnerschaft erfüllen muss) einen Regelbedarf von jeweils nur 90 vH für jede in der Partnerschaft lebende Person. Die Beschränkung auf diese Rechtsfolge nur bei Zusammenleben in Partnerschaften ist eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, wie die Entwicklung der Vorschriften im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zeigt. Bereits im ursprünglichen Entwurf zum RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG ist an dem Begriff des Haushaltsvorstands, der bis zum 31.12.2010 noch in § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung (RSV) verankert war, den das SGB II aber schon seit dem 1.1.2005 nicht mehr kannte (vgl im Einzelnen BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2), nicht mehr festgehalten worden. An seine Stelle ist der alleinstehende (bzw alleinerziehende) Leistungsberechtigte getreten. Demgegenüber war für alle Fälle der Haushaltsgemeinschaft die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 2 vorgesehen ("Ehegatten und Lebenspartner sowie andere erwachsene Leistungsberechtigte, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften"; vgl BT-Drucks 17/3404, S 36, und zur Begründung S 130). Diese Fassung hätte mithin Fälle wie den vorliegenden dahin geregelt, dass in der Haushaltsgemeinschaft für beide Mitglieder der gleiche Bedarf besteht und dieser - wegen typisierend unterstellter Einsparmöglichkeiten - jeweils um 10 vH abgesenkt ist. Sie ist aber nicht Gesetz geworden; mit der endgültigen Fassung, die das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG im Zuge der Ausschussberatungen erhalten hat, werden die Fälle der gemeinsamen Haushaltsführung außerhalb von Partnerschaften gerade nicht mehr in der Regelbedarfsstufe 2 der Anlage zu § 28 SGB XII erfasst.

21

Soweit in der Gesetzesbegründung zur Neufassung der Anlage zu § 28 SGB XII, die im Zuge der Beratungen des 11. Ausschusses für Arbeit und Soziales erfolgt ist, ausgeführt wird, mit der Umformulierung der Regelbedarfsstufe 1 - mithin der Anfügung des Halbsatzes "dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind" - werde "folglich" an der im geltenden Recht als Haushaltsvorstand bezeichneten Funktion und der damit verbundenen Stellung im Haushalt außerhalb von Partnerkonstellationen festgehalten (BT-Drucks 17/4095, S 39), kommt dies in den Gesetz gewordenen Fassungen der Regelbedarfsstufen gerade nicht zum Ausdruck. Der Gesetzesbegründung lässt sich zwar die Vorstellung entnehmen, jedes Zusammenleben von Erwachsenen außerhalb von Partnerschaften, insbesondere, aber nicht ausschließlich im Familienverbund, sei typisierend dadurch gekennzeichnet, dass die mit der Führung des Haushalts verbundenen Kosten nur bei einer Person anfallen (BT-Drucks 17/4095, S 40). Ein Tatbestand im Gesetz, der diese typisierende Grundannahme - wie zuvor § 3 Abs 1 Satz 1 RSV - deutlich macht, ist jedoch nicht Gesetz geworden; er entspricht auch nicht dem neueren Verständnis des "Haushaltsvorstands".

22

Auf die bisherige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Begriff (vgl nur BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242) kann damit - entgegen der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Auffassung - nicht zurückgegriffen werden. Es ist dem Zusammenleben in Haushaltsgemeinschaften nach § 39 Satz 1 SGB XII, die durch das gemeinsame Wirtschaften aus einem Topf gekennzeichnet sind, im Grundsatz fremd, dass ein bestimmtes, nach generell-abstrakten Kriterien umschriebenes Mitglied (etwa das erwerbsfähige oder körperlich und/oder geistig nicht eingeschränkte Mitglied oder ein Elternteil) von vornherein einen höheren Beitrag zur Führung des Haushalts erbringt oder zu erbringen hätte, wie es der Begriff des "Haushaltsvorstands" voraussetzt. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger zwar in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war. Der Gesetzgeber des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG hat aber die Annahme einer Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben mit einem "Haushaltsvorstand" gerade nicht regelhaft mit der Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden; eine entsprechende Prüfungsnotwendigkeit widerspräche auch der typisierenden Beschreibung von Bedarfen in den genannten Regelbedarfsstufen, die der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität vorgenommen hat.

23

Das SGB II sieht folgerichtig eine Stellung des "Haushaltsvorstands" im Haushalt unverändert nicht vor (zur Problematik des Zusammenlebens von Leistungsberechtigten nach dem SGB XII und Leistungsberechtigten nach dem SGB II bereits BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3, geknüpft an den Begriff des "Haushaltsvorstands" im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, würde zudem einen Zirkelschluss bedeuten: Es kann die Bestimmung des Bedarfs der Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft (im Sinne der Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 1 oder 3) nicht im Ausgangspunkt in Abhängigkeit davon erfolgen, welche Entscheidung über die Verteilung von Mitteln ggf getroffen würde, wenn ein Mitglied seinen Bedarf nicht in gleichem Maße decken kann wie das andere Mitglied. Eine solche Entscheidung kann in Haushaltsgemeinschaften überhaupt erst getroffen werden, wenn entsprechende Mittel nicht gleichmäßig zufließen.

24

Allein die vom Senat vorgenommene Auslegung sichert die sozialrechtliche Funktion der Leistungen nach dem SGB XII, nämlich die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG (vgl dazu: BVerfGE 132, 134 ff RdNr 62 ff = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 88 ff; BVerfGE 125, 175, 221 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 132 ff). Auch nach der Gesetzesbegründung soll die Regelbedarfsstufe 3 deshalb nur für Personen gelten, denen tatsächlich keine haushaltsgebundenen Kosten entstehen; es sollen ausdrücklich nur Konstellationen erfasst werden, "in denen es keine gemeinsame Tragung von Ausgaben zu gleichen Teilen gibt" (BT-Drucks 17/4095, S 40). Wie dargelegt kann aber allein aus dem Zusammenleben in einem Haushalt nicht typisierend geschlossen werden, dass die haushaltsgebundenen Kosten nur bei einer Person anfallen. Die gegenteilige, zwar in der Gesetzesbegründung, nicht hingegen im Wortlaut zum Ausdruck kommende Auffassung führt zu erkennbar verfassungswidrigen Ergebnissen. Sie hätte zur Folge, dass zwei Personen, die die Kosten des Haushalts gemeinsam tragen, beide also den Haushalt nicht als Haushaltsvorstand im hergebrachten Sinne führen, im Falle ihres Zusammenlebens, etwa in einer Wohngemeinschaft, lediglich die Regelbedarfsstufe 3 zustünde. Eine solche Schlechterstellung gegenüber Partnerschaften kann und soll erkennbar mit der Gesetzesneufassung nicht verbunden sein. Wie der ungedeckte Bedarf in solchen Fällen gesichert werden sollte, erschließt sich weder aus der Gesetzesbegründung noch aus dem Gesetz selbst. Die Möglichkeit der Bildung von Mischregelsätzen in solchen Fällen ist aber angesichts der dargestellten Gesetzgebungsgeschichte vom Willen des Gesetzgebers nicht gedeckt (so zum Ganzen auch Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Stand November 2011, Anh 2 zu § 28 SGB XII RdNr 70). Schließlich reicht auch die abweichende Regelsatzfestlegung nach § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII nicht aus, um tatsächlichen Verhältnissen in einem Haushalt, die regelmäßig denkbar sind, Rechnung zu tragen; denn diese setzt die zutreffende Typisierung der Lebensverhältnisse durch den Gesetzgeber voraus, weil sie eine Regelung ausdrücklich nur für atypische Situationen trifft ("seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht").

25

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Gesetz den Begriff der eigenen "Haushaltsführung" im Anschluss an die Formulierung der Regelbedarfsstufen in dem Sinne versteht, dass nur die hilfebedürftige Person, die die einzelnen Verrichtungen in einem Haushalt in einem gewissen Maße auch tatsächlich ausüben kann, der Regelbedarfsstufe 1 (und nicht der Regelbedarfsstufe 3) unterfallen soll (in diesem Sinne etwa LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.7.2012 - L 8 SO 13/12 B ER; zweifelnd Gutzler in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 27a SGB XII RdNr 80). Die zu fordernde Beteiligung an der Haushaltsführung muss sich vielmehr gerade an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten orientieren. Eine andere Auslegung würde zu einer (indirekten) Ungleichbehandlung von behinderten Menschen führen und verstieße gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG und damit gleichzeitig gegen das Diskriminierungsverbot in Art 5 Abs 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention , Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812). Denn das Benachteiligungsverbot des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG erschöpft sich nicht in der Anordnung, behinderte und nichtbehinderte Menschen rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein (vgl nur BVerfGE 128, 138 ff = SozR 4-2600 § 77 Nr 9 mwN).

26

Eine Auslegung, nach der entscheidend für die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3 eine in bestimmter Weise dauerhaft eingeschränkte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit des Leistungsberechtigten maßgeblich wäre, träfe zwar nicht alle behinderten Menschen gleichermaßen. Sie würde gleichwohl an die Schwere einer dauerhaften körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkung und damit an die Auswirkungen einer Behinderung anknüpfen (vgl den Behinderungsbegriff in § 2 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -). Eine entsprechende Differenzierung fände auch keine Rechtfertigung gerade in den eingeschränkten Fähigkeiten der behinderten Person (dazu etwa BVerfGE 99, 341 ff); für die Wahrnehmung des in Rede stehenden Rechts sind bestimmte Fähigkeiten nicht unerlässliche Voraussetzung. Das mit Art 1 GG iVm Art 20 GG gewährleistete Recht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz knüpft insbesondere nicht an die Erwerbsfähigkeit an. Es ist aber nicht erkennbar, welche Kompensation sich auf der Bedarfsseite für behinderte Menschen mit Beeinträchtigungen, die sich auf die Fähigkeit einen Haushalt zu führen auswirken, gerade durch das Zusammenleben mit einer anderen Person ergeben sollten, die eine Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3 rechtfertigen würde. Dies wird besonders deutlich, wenn beide Mitglieder des Haushalts einer ambulanten Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch eine außenstehende Person bedürfen: Hier würde eine andere Sichtweise sogar zu der nicht zu rechtfertigenden Annahme führen, keiner dieser behinderten Personen stünde die Regelbedarfsstufe 1 zu. Soweit sich schließlich in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/4095, S 27 und 41) der Hinweis auf elterliche Unterhaltspflichten in Haushaltsgemeinschaften findet, sind solche Überlegungen von vornherein zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung einer Regelung ungeeignet, die gerade nicht typisierend an das Zusammenleben im Familienverbund anknüpft.

27

Eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Schlechterstellung von Partnerschaften ist mit dieser Auslegung nicht verbunden. Es ist kein verfassungsrechtliches Gebot erkennbar, wonach für eine zusätzliche erwachsene Person im Haushalt, die in keiner partnerschaftlichen Beziehung zu einer anderen Person in diesem Haushalt steht, vor dem Hintergrund der Regelung für Paare und der Regelbedarfsermittlung für Einpersonenhaushalte gelten müsste, dass diese sozialhilferechtlich nicht als alleinstehende Person betrachtet werden kann (so aber wohl BT-Drucks 17/4095, S 40; wie hier Münder, Soziale Sicherheit Extra, Sonderheft September 2011, 63, 82). Zwar werden bei Partnern einer Lebensgemeinschaft im Sinne der Regelbedarfsstufe 2 insgesamt nur Bedarfe in Höhe von 180 vH anerkannt. Die besondere Stellung von Partnerschaften beruht indes nicht allein auf der Annahme der gemeinsamen Haushaltsführung, sondern auf der typisierenden Annahme eines Einstandswillens in dieser Partnerschaft, der darauf schließen lässt, dass nicht nur aus einem Topf gewirtschaftet wird, sondern das Ausgabeverhalten auch erkennen lässt, dass der Partner zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellt, bevor die Mittel für eigene Bedürfnisse eingesetzt werden (zur Zulässigkeit einer entsprechend typisierenden Annahme in Partnerschaften BVerfGE 87, 234 ff = SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Dies rechtfertigt nicht nur die gesteigerten Einstandspflichten innerhalb von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft (vgl § 27 Abs 2 Satz 2 SGB XII und ergänzend das Verbot der Besserstellung von eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft in § 20 SGB XII).

28

Bereits nach der bisherigen Gesetzesfassung - im SGB XII wie im SGB II - war auch die Annahme einer weiter gehenden Einsparung bei den Ausgaben, als sie aus dem bloßen gemeinsamen Wirtschaften folgt, typisierend an eine solche Partnerschaft, also an das Bestehen des partnerschaftstypischen Einstandswillens, geknüpft (vgl BSGE 103, 181 ff RdNr 24 = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Es ist nicht erkennbar, dass insoweit nach der alten Rechtslage eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Partnerschaften vorlag, die mit der Neufassung hätte beseitigt werden müssen. Das BVerfG hat die Annahme einer besonderen Ersparnis in Partnerschaften auch auf der Bedarfsseite, die in den 1990er Jahren auf Grundlage einer Auswertung des Ausgabeverhaltens in Partnerschaften - nicht in anderen Mehrpersonenhaushalten - entwickelt worden war, ausdrücklich gebilligt ( BVerfGE 125, 175 ff RdNr 189 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12); eine Ausweitung auf jede Mehrpersonenkonstellation unter Erwachsenen, die nicht Bedarfs- bzw Einsatzgemeinschaften sind und die auch in den zur Überprüfung stehenden Fassungen des SGB II und des SGB XII abweichend behandelt worden waren, hat es aber nicht gefordert. Ob die ursprünglich geplante Fassung der Regelbedarfsstufe 2, die jede Haushaltsführung in einer Mehrpersonenkonstellation erfasst hätte, verfassungsgemäß gewesen wäre, weil jede gemeinsame Haushaltsführung außerhalb von Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften eine Ersparnis in gerade dieser Höhe mit sich bringt - wozu indes statistische Auswertungen fehlen (vgl BT-Drucks 17/3404, S 130, und BT-Drucks 17/4095, S 27) -, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Ebenso kann offen bleiben, ob die Einbeziehung erwerbsfähiger Erwachsener, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in die Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II unter bestimmten Voraussetzungen verfassungsgemäß ist (dazu BSGE 110, 204 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 10).

29

Dem mit dieser Auslegung gewonnenen Ergebnis, wonach ein Zusammenleben auch außerhalb von Partnerschaften im Grundsatz eine gemeinschaftliche, gleichberechtigte Haushaltsführung ist, und das folglich bei beiden Personen dieselben Bedarfe annimmt, entspricht die gesetzliche Vermutung in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII, wonach Personen (seit dem 1.1.2005 auch solche, die nicht miteinander verwandt oder verschwägert sind), die gemeinsam in einer Wohnung leben, gemeinsam wirtschaften und damit eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Ob die doppelte Vermutungsregelung - die nämlich in § 39 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII um eine Unterhaltsvermutung ergänzt ist - in allen Punkten verfassungsgemäß ist, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben. Nach den insoweit normierten Rückausnahmen (§ 39 Satz 3 Nr 2 SGB XII und § 43 Abs 1 2. Halbsatz SGB XII) kommt lediglich die belastende Auswirkung des § 39 Satz 1 SGB XII für Haushaltsgemeinschaften, die beispielsweise zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung von behinderten oder älteren Menschen als Wohngemeinschaften gebildet werden, nicht zur Anwendung. Denn die Rückausnahme soll ambulante Wohnformen, die durch Unterstützungsleistungen gekennzeichnet sind, finanziell stärken (vgl BT-Drucks 15/1514, S 61). Insoweit kommt nur die Unterhaltsvermutung des § 39 Satz 1 SGB XII nicht zur Anwendung; dementsprechend ist allein die Nichtgeltung dieser Unterhaltsvermutung in der Gesetzesbegründung zur Einführung der Regelbedarfsstufe 3 in Bezug genommen (vgl BT-Drucks 17/4095, S 40 f). Dies lässt die normative Grundannahme unberührt, wonach allein aus dem Sachverhalt des gemeinsamen Wohnens der Schluss auf das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zu ziehen ist, in der auch gemeinsam gewirtschaftet wird.

30

Dem kann schließlich nicht entgegengehalten werden, es verbleibe im Ergebnis der vom Senat vorgenommenen Auslegung für die Regelbedarfsstufe 3 kein Anwendungsbereich mehr. Die Regelbedarfsstufe 3 findet nämlich als Rechengröße bei der Bestimmung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in stationären Einrichtungen Anwendung; denn in diesem Fall trägt der Leistungsberechtigte keinerlei Verantwortung für einen "Haushalt" und hierfür auch keine (unmittelbaren) Kosten.

31

Im Übrigen kommt die Regelbedarfsstufe 3 zur Anwendung, wenn abweichend von der dargelegten gesetzlichen Vermutung in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII keine Haushaltsgemeinschaft besteht. Ob dies bei klassischen Untermietverhältnissen, die sich durch die (vertraglich) ausgeschlossene Möglichkeit der Beteiligung an der Haushaltsführung auszeichnen, regelmäßig der Fall ist (so die Gesetzesbegründung; BT-Drucks 17/4095, S 40), kann offen bleiben; denn für eine solche Fallgestaltung ergeben sich hier keine Anhaltspunkte. Bei einem Zusammenleben, das anders als ein bloßes Untermietverhältnis gerade (auch) durch verstärkte Unterstützungsleistungen des einen Haushaltsangehörigen für den anderen gekennzeichnet ist, kann ein solcher Fall nur vorliegen, wenn bei dem körperlich und/oder geistig behinderten Mitbewohner keinerlei eigenständige oder eine nur gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorliegt. Ausschließlich in diesem Fall ist der Haushalt, in dem die leistungsberechtigte Person lebt, ein "fremder Haushalt". Ein solcher Sachverhalt wird nur ausnahmsweise vorliegen; denn schon die von den zusammenlebenden Personen gewünschte und geförderte Beteiligung an der Haushaltsführung im Rahmen der jeweiligen körperlich und/oder geistigen Fähigkeiten und ein darauf abgestimmter Ablauf in der Haushaltsführung genügen. Dies hat der Senat für die Konstellation des Zusammenlebens von Eltern mit ihren erwachsenen behinderten Kindern im Einzelnen dargestellt (Urteil vom 23.7.2014 - B 8 SO 31/12 R); entsprechende Vorstellungen über ein im Ausgangspunkt gleichberechtigtes Miteinanderleben mit der Folge eines gemeinsamen Haushalts iS des § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII sind auch auf Wohngemeinschaften, die durch (gegenseitige) Unterstützungsleistungen gekennzeichnet sind, übertragbar. Ob ein hiervon ausnahmsweise abweichender Sachverhalt überhaupt vorliegt, wird das SG nur zu prüfen haben, wenn zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt qualifizierter Vortrag der Beklagten erfolgt. Die Beweislast liegt insoweit bei der Beklagten, die sich auf das Vorliegen eines von der gesetzlichen Typik abweichenden Falls beruft.

32

Das SG wird über die Leistungshöhe insgesamt und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für Personen, die

1.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
2.
die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind
und durch einen Bescheid der nach § 152 Absatz 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 152 Absatz 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(2) Für werdende Mütter nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

(3) Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder
2.
in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(4) § 42b Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden auf Leistungsberechtigte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben.

(5) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, wenn deren Ernährungsbedarf aus medizinischen Gründen von allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweicht und die Aufwendungen für die Ernährung deshalb unausweichlich und in mehr als geringem Umfang oberhalb eines durchschnittlichen Bedarfs für Ernährung liegen (ernährungsbedingter Mehrbedarf). Dies gilt entsprechend für aus medizinischen Gründen erforderliche Aufwendungen für Produkte zur erhöhten Versorgung des Stoffwechsels mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen, soweit hierfür keine vorrangigen Ansprüche bestehen. Die medizinischen Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind auf der Grundlage aktueller medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestimmen. Dabei sind auch die durchschnittlichen Mehraufwendungen zu ermitteln, die für die Höhe des anzuerkennenden ernährungsbedingten Mehrbedarfs zugrunde zu legen sind, soweit im Einzelfall kein abweichender Bedarf besteht.

(6) Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe nicht übersteigen.

(7) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Wohnung, in der besonderen Wohnform oder der sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb kein Bedarf für Warmwasser nach § 35 Absatz 5 anerkannt wird. Der Mehrbedarf beträgt für jede leistungsberechtigte Person entsprechend der für sie geltenden Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 jeweils

1.
2,3 Prozent der Regelbedarfsstufen 1 und 2,
2.
1,4 Prozent der Regelbedarfsstufe 4,
3.
1,2 Prozent der Regelbedarfsstufe 5 oder
4.
0,8 Prozent der Regelbedarfsstufe 6.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) § 42b Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(9) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(10) Für Leistungsberechtigte wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein einmaliger, unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht, der auf keine andere Weise gedeckt werden kann und ein Darlehen nach § 37 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. September 2012 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.5.2011 bis 30.11.2011.

2

Der 1981 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 80; Merkzeichen "G", "H" und "B"). Er leidet ua an einer mittleren Intelligenzminderung (Intelligenzquotient von höchstens 50) und Grand-Mal-Epilepsie. Er lebt gemeinsam mit seiner Mutter, die auch seine Betreuerin ist, in einer Wohnung.

3

Der Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst für die Zeit von Dezember 2010 bis November 2011 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 665,69 Euro unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs in Höhe von 359 Euro nebst eines Mehrbedarfs für Erwerbsgeminderte mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 61,03 Euro und anteiliger Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 257,09 Euro, abzüglich eines anrechenbaren Einkommens aus einer Tätigkeit in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) in Höhe von 11,43 Euro (Bescheide vom 23.9.2010 und 20.12.2010). Ab 1.5.2011 hob der Beklagte diese Bescheide unter Hinweis auf die geänderten Regelbedarfsstufen teilweise auf, bewilligte dem Kläger nur noch Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 565,57 Euro und legte dabei ua lediglich noch einen Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro (80 vH) sowie einen Mehrbedarf für behinderte Menschen in Höhe von 49,47 Euro zugrunde (Bescheid vom 19.4.2011; Widerspruchsbescheid vom 22.9.2011). Für August 2011 bewilligte der Beklagte aufgrund eines um einen Cent höheren Freibetrags für Werkstatteinkommen insgesamt 565,58 Euro (Bescheid vom 25.7.2011).

4

Die Klage gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27.9.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Beklagte habe dem Kläger ab Mai 2011 zu Recht nur noch Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro gewährt. Der Kläger unterfalle der Regelbedarfsstufe 3, weil er im Haushalt seiner Mutter lebe und damit keinen eigenen Haushalt führe. Die Höhe der seit dem 1.1.2011 geltenden Regelbedarfssätze sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ab Vollendung des 25. Lebensjahrs Anspruch auf den vollen Regelsatz hätten, beruhe auf Systemunterschieden zwischen dem SGB II und SGB XII.

5

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger, die Regelbedarfsstufe 3 sei verfassungswidrig. Sie verstoße insbesondere gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, weil ihr keine spezielle Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 zugrunde liege. Außerdem sei der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) dadurch verletzt, dass über 25jährige Leistungsbezieher nach dem SGB II den vollen Regelsatz erhielten. Schließlich verstoße der geringere Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG, weil der Gesetzgeber dadurch einen erwachsenen behinderten Menschen in eine Abhängigkeit zu anderen Haushaltsangehörigen zwinge, die seinem Selbstbestimmungsrecht widerspreche. Der Gesetzgeber dürfe nicht unterstellen, dass die übrigen erwachsenen Haushaltsmitglieder die überwiegenden Kosten der Haushaltsführung übernehmen wollten.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG und die Bescheide des Beklagten vom 19.4.2011 und 25.7.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1.5. bis 30.11.2011 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die vom SG zugelassene Sprungrevision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 19.4.2011 und 25.7.2011, letzterer gemäß § 86 SGG als Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2011 (§ 95 SGG) - und zwar in der Sache unbeschränkt. Ob der nach § 86 SGG Gegenstand gewordene Bescheid vom 25.7.2011 allerdings eine Regelung für die Zeit ab August 2011 oder nur für August selbst (so die Auslegung des SG) oder gar für die Zeit davor trifft, wird das SG im wiedereröffneten Verfahren genauer zu prüfen haben; ggf wird es auch zu beachten haben, ob im Widerspruchsverfahren sozial erfahrene Dritte gemäß § 116 Abs 2 SGB XII beteiligt worden sind. Gegen die Bescheide wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinieren Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), obwohl sich die Rechtmäßigkeit beider angefochtenen Entscheidungen an § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst. Denn der Kläger macht nicht nur geltend, es sei mit Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453; RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) zum 1.1.2011 (vgl Art 14 Abs 1 RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) keine Änderung zu seinen Lasten eingetreten. Vielmehr macht er höhere Grundsicherungsleistungen unter jedem denkbaren Gesichtspunkt geltend. Dieses Ziel kann er nicht allein mit der Anfechtung der Bescheide erreichen.

11

Ob mit den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des (begünstigenden) Verwaltungsaktes vom 23.9. bzw 20.12.2010 unter Berücksichtigung des Bescheids vom 25.7.2011 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, wie dies § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X voraussetzt, und ob diese in Bezug auf die Höhe der bewilligten Leistungen (ggf ausschließlich) begünstigenden oder belastenden Charakter haben, also einen Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen gegen den örtlich und sachlich zuständigen Beklagten begründen, kann nicht abschließend entschieden werden, weil ausreichende Feststellungen des SG zur Anspruchshöhe fehlen. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 3 SGB XII(jeweils idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen dem Grunde nach erfüllte der Kläger, weil er nach den Feststellungen des SG neben dem Einkommen aus seiner Tätigkeit in einer WfbM kein weiteres Einkommen bezog und vermögenslos war.

12

Die Höhe der Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.1.2011 richtet sich nach § 42 Nr 1 SGB XII in der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Fassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, wobei sich eine Verminderung des Regelbedarfs aus Anlass der Neuregelung wegen der Übergangsregelung in § 137 SGB XII vor dem 1.4.2011 nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken kann. Danach umfassen die Grundsicherungsleistungen unter anderem die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII; ergänzend ist § 27a Abs 3 und Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XII(in der Normfassung dieses Gesetzes) anzuwenden. Zur Deckung des Regelbedarfs sind danach monatliche Regelsätze zu gewähren, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben(§ 27a Abs 3 Satz 1 SGB XII). Gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII erhält seit dem 1.1.2011 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364 Euro eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind. Leistungen der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 Euro (mithin 90 vH der Regelbedarfsstufe 1) werden demgegenüber gewährt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Regelbedarfsstufe 3, die Leistungen in Höhe von 291 Euro (80 vH der Regelbedarfsstufe 1) vorsieht, gilt für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Für Kinder und Jugendliche sind - abhängig von ihrem Alter - die weiteren Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gebildet.

13

Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) - Merkzeichen "G" - ab, der dem Kläger zustand, sofern nicht - wofür bislang keine Anhaltspunkte vorliegen - ein abweichender Bedarf bestand. Entgegen der Auffassung des Beklagten wird der notwendige Regelbedarf des Klägers, der mit seiner Mutter in einem Haushalt lebt, nicht von vornherein mit der Regelbedarfsstufe 3 beschrieben. Diese Auslegung legt schon der Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII nahe; aus der Systematik des Gesetzes und seinem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschriften folgt dies vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 und Abs 3 Satz 2 GG zwingend, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 23.7.2014 (B 8 SO 14/13 R) ausführlich dargestellt hat; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf verwiesen.

14

Leben erwachsene nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte zusammen mit ihren Eltern in einem Haushalt, gilt Gleiches, selbst wenn diese Konstellation nach der Begründung der entsprechenden Regelungen im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales angeblich der Hauptanwendungsfall für die Regelbedarfsstufe 3 ist (vgl BT-Drucks 17/4095, S 27 f und S 40 f). Es muss indes typisierend bei familienhaftem Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten Menschen, gerade auch beim Zusammenleben von Eltern mit ihren behinderten erwachsenen Kindern, davon ausgegangen werden, dass die hilfebedürftige Person der Regelbedarfsstufe 1 (gemeinsamer eigener, kein fremder Haushalt) unterfällt, ergänzt durch die gesetzliche Vermutungsregelung des § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO). Denn die zu fordernde Beteiligung an der Haushaltsführung muss sich auch hier an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten des behinderten Menschen orientieren.

15

Das entsprechende Leitbild normiert § 1626 Abs 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Pflege und Erziehung des (minderjährigen) Kindes, wonach Eltern dabei die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigen. Gegenüber einer (nach heutigen Maßstäben entwicklungsgefährdenden) Inanspruchnahme elterlicher Befugnisse, als die die elterliche Sorge noch vor wenigen Jahrzehnten verstanden wurde, stellt sich § 1626 Abs 2 Satz 1 BGB als bewusste Selbstbeschränkung der Eltern zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung ihres Kindes dar(vgl etwa Huber in Münchener Komm zum BGB, 6. Aufl 2012, § 1626 BGB RdNr 61 mwN). Dieses gesetzgeberische Verständnis von Elternverantwortung findet wegen der Volljährigkeit des Klägers zwar unmittelbar auf die zur Entscheidung stehende Konstellation keine Anwendung; es entspricht gleichwohl typisierend dem Bild eines familienhaften Zusammenlebens auch mit behinderten erwachsenen Kindern, und zwar insbesondere dann, wenn das Kind - wie hier - bei der Aufenthaltsbestimmung unter Betreuung durch das Elternteil steht, mit dem es zusammen lebt. Denn auch das Handeln des Betreuers ist am Wohl des Betreuten auszurichten und nach dessen Fähigkeiten entsprechend seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten; die Ziele der Rehabilitation behinderter Menschen sind dabei besonders in den Blick zu nehmen (vgl § 1901 Abs 2 und 4 BGB).

16

Dem Bestreben, das Kind über seine Volljährigkeit hinaus mit dem Ziel der größtmöglichen Selbständigkeit zumindest in Teilbereichen des Lebens zu fördern, stünde die Annahme entgegen, anknüpfend an die Schwere einer dauerhaften körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung, damit an die Auswirkungen einer Behinderung, würde einem Kind im elterlichen Haushalt per se eine geringere Selbständigkeit als zB in einer ambulant betreuten Wohngruppe zukommen. Ein solches Verständnis liefe neben dem Verbot der Benachteiligung von behinderten Menschen aus Art 3 Abs 3 GG und dem Diskriminierungsverbot auch der Verpflichtung des Staates aus Art 23 Abs 3 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention iVm dem Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812) zuwider, wonach die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleiche Rechte in Bezug auf das Familienleben haben. Ein "fremder Haushalt" kann mithin nur vorliegen, wenn bei dem behinderten Menschen entgegen der gesetzlichen Vermutung keinerlei eigenständige oder nur eine gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorläge. Die materielle Beweislast liegt insoweit bei dem Beklagten; allerdings bedürfte es zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt noch eines qualifizierten Vortrags, damit das SG überhaupt in weitere Ermittlungen eintreten muss.

17

Soweit in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass (jedenfalls) weit überwiegend "haushaltsführende" Eltern im Haushalt mit ihren erwachsenen nicht erwerbsfähigen Kindern die Kosten der Haushaltsführung allein tragen (BT-Drucks 17/4095, S 40 f), ist dies ohne Bedeutung. Auf die Frage, wer die Kosten der Haushaltsführung trägt, kommt es bei der Zuordnung der Leistungsberechtigten zur Regelbedarfsstufe 1 gerade nicht an (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO).

18

Das SG wird über die Leistungshöhe insgesamt und ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. März 2013 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.6.2011 bis zum 28.2.2013.

2

Die 1985 geborene Klägerin ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "B", "H" und "G"). Sie wohnte im streitbefangenen Zeitraum gemeinsam mit ihrer als Betreuerin bestellten Mutter und ihrem Bruder in einer Wohnung. Sie war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig und erzielte dort Einkünfte in unterschiedlicher Höhe. Seit dem 1.3.2013 lebt sie in einer stationären Einrichtung.

3

Die Beklagte bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 1.1. bis 30.11.2011 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 534,47 Euro monatlich, wobei sie einen Regelbedarf in Höhe von 359 Euro sowie einen behinderungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 61,03 Euro monatlich zugrunde legte. Für die Zeit ab dem 1.6.2011 hob sie die entsprechende Bewilligung teilweise auf und gewährte nur noch Leistungen in Höhe von 461,94 Euro; sie berücksichtigte dabei (neben den unverändert gebliebenen Leistungen für Unterkunft und Heizung) einen Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro sowie einen Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 49,47 Euro (Bescheid vom 20.5.2011; Widerspruchsbescheid vom 28.6.2011). Für die anschließende Zeit vom 1.12.2011 bis 30.11.2012 gewährte sie Grundsicherungsleistungen monatlich in derselben Höhe und passte diese Leistungen zum 1.1.2012 wegen der Erhöhung des Regelbedarfs an (Bescheide vom 20.10.2011 und vom 23.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2012). Schließlich bewilligte sie für Dezember 2012 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 472,14 Euro und ab dem 1.1.2013 in Höhe von 481,18 Euro (Bescheide vom 7.11.2012 und vom 10.12.2012; Widerspruchsbescheid vom 28.1.2013).

4

Die Klagen gegen diese Bescheide, die das Sozialgericht Magdeburg (SG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, blieben im Ergebnis ohne Erfolg (Urteil vom 19.3.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dass die Beklagte der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum zutreffend nur einen Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 3 gewährt habe. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass die Klägerin keinen eigenen Haushalt führe. Sie werde entweder in der WfbM, in der sie arbeite, oder von ihrer Mutter zu Hause betreut. Es habe daher keine Veranlassung bestanden zu ermitteln, ob die Klägerin einen eigenen Haushalt führe. Weder die Höhe des Regelbedarfs nach der Regelbedarfsstufe 3 noch die Tatsache, dass Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ab Vollendung des 25. Lebensjahrs den vollen Regelbedarf erhielten, sei verfassungsrechtlich zu beanstanden. Denn die unterschiedliche Höhe des Regelbedarfs beruhe auf Systemunterschieden zwischen SGB II und SGB XII.

5

Mit der Sprungrevision rügt die Klägerin, dass die Regelbedarfsstufe 3 verfassungswidrig sei. Der Gesetzgeber habe unzutreffend im Rahmen einer Pauschalierung eine Haushaltsersparnis von 20 vH angenommen, ohne dies ermittelt zu haben. Im Übrigen verstoße die Höhe der Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil SGB-II-Leistungsempfänger ab Vollendung des 25. Lebensjahrs Anspruch auf den vollen Regelbedarf hätten.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 20.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.6.2011 aufzuheben, sowie die Bescheide der Beklagten vom 20.10.2011, 23.12.2011, 7.11.2012 und 10.12.2012 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 28.2.2012 und vom 28.1.2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.6.2011 bis 28.2.2013 zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Gegenstand des Verfahrens sind nach Verbindung der Klagen (§ 113 SGG)durch das SG jedenfalls der Bescheid vom 20.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids - nach Landesrecht ohne Beteiligung sozial erfahrener Dritter - vom 28.6.2011 (§ 95 SGG), die Bescheide vom 20.10.2011 und vom 23.12.2011 - letzterer gemäß § 86 SGG als Gegenstand des Widerspruchsverfahrens - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2012 und schließlich die Bescheide vom 7.11.2012 und 10.12.2012 - letzterer ebenfalls nach § 86 SGG als Gegenstand des Widerspruchsverfahrens - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.1.2013. Ob weitere Bescheide Gegenstand des Verfahrens geworden sind, kann der Senat abschließend nicht beurteilen. Das SG wird dies zu überprüfen haben; insoweit hat es nur mitgeteilt, dass die Klägerin wechselndes Einkommen erzielt hat, was den Erlass weiterer Bescheide nahelegt. Gegen alle diese Bescheide wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinieren Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), auch wenn sich die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vom 20.5.2011 an § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst. Denn sie macht insoweit nicht nur geltend, es sei mit Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453; RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) zum 1.1.2011 (vgl Art 14 Abs 1 RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) keine Änderung zu ihren Lasten eingetreten, sondern es bestehe auch für die Zeit vom 1.6. bis zum 30.11.2011 Anspruch auf höhere Leistungen wegen der Erhöhung der Regelbedarfe für Alleinstehende um 5 Euro und damit des Mehrbedarfs für schwerbehinderte Leistungsberechtigte mit Merkzeichen "G". Dieses Ziel kann sie nicht allein mit der Anfechtung der Bescheide erreichen. Entgegen der Ansicht des SG hat die Klägerin jedoch den Streitgegenstand in der Sache nicht beschränkt, sodass über die gesamten Grundsicherungsleistungen zu befinden ist.

11

Ob mit den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des ursprünglichen (begünstigenden) Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, wie dies § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X für die (teilweise) Aufhebung der Bewilligung für den Zeitraum vom 1.6. bis zum 30.11.2011 voraussetzt, und ob diese in Bezug auf die Höhe der bewilligten Leistungen nach den Vorschriften des SGB XII (ggf ausschließlich) begünstigenden oder belastenden Charakter haben, also einen Anspruch der Klägerin auf höhere Leistungen gegen die örtlich und sachlich zuständige Beklagte begründen, kann abschließend nicht entschieden werden, weil ausreichende Feststellungen des SG zur Anspruchshöhe fehlen. Eine abschließende Entscheidung kann für den streitbefangenen Zeitraum vom 1.12.2011 bis zum 28.2.2013 ebenso wenig getroffen werden. Insoweit finden die Vorschriften des SGB XII allerdings ohne Rücksicht auf § 48 SGB X Anwendung. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 3 SGB XII(jeweils idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen dem Grunde nach erfüllte die Klägerin, weil sie nach den Feststellungen des SG neben dem Einkommen aus der Tätigkeit in einer WfbM kein weiteres Einkommen bezog und vermögenslos war.

12

Die Höhe der Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.1.2011 richtet sich nach § 42 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG und ab 1.1.2013 des Gesetzes zur Änderung des SGB XII vom 20.12.2012 - BGBl I 2783), wobei sich eine Verminderung des Regelbedarfs aus Anlass der Neuregelung wegen der Übergangsrege-lung in § 137 SGB XII vor dem 1.4.2011 nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken kann. Da-nach umfassen die Grundsicherungsleistungen unter anderem die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII; daneben ist § 27a Abs 3 und Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) anzuwenden. Zur Deckung des Regelbedarfs sind danach monatliche Regelsätze zu gewähren (§ 27a Abs 3 Satz 1 SGB XII). Gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII erhält seit dem 1.1.2011 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364 Euro eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind. Leistungen der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 Euro (mithin 90 vH der Regelbedarfsstufe 1) werden demgegenüber gewährt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Regelbedarfsstufe 3, die Leistungen in Höhe von 291 Euro (80 vH der Regelbedarfsstufe 1) vorsieht, gilt für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Für Kinder und Jugendliche sind - abhängig von ihrem Alter - die weiteren Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gebildet.

13

Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) - Merkzeichen "G" - ab, der der Klägerin zustand, sofern nicht - wofür bislang keine Anhaltspunkte vorliegen - ein abweichender Bedarf bestand. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der notwendige Regelbedarf der Klägerin, die mit ihrer Mutter und ihrem Bruder in einem Haushalt lebt, nicht von vornherein mit der Regelbedarfsstufe 3 beschrieben. Dies legt schon der Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII nahe; aus der Systematik des Gesetzes und seinem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschriften folgt diese Auslegung vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 und Abs 3 Satz 2 GG zwingend, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 23.7.2014 (B 8 SO 14/13 R) ausführlich dargestellt hat; zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf verwiesen.

14

Leben erwachsene nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte zusammen mit ihren Eltern in einem Haushalt, gilt Gleiches, selbst wenn diese Konstellation nach der Begründung der entsprechenden Regelungen im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales angeblich der Hauptanwendungsfall für die Regelbedarfsstufe 3 ist (vgl BT-Drucks 17/4095, S 27 f und S 40 f). Es muss indes typisierend bei familienhaftem Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten Menschen, gerade auch beim Zusammenleben von Eltern mit ihren behinderten erwachsenen Kindern, davon ausgegangen werden, dass die hilfebedürftige Person der Regelbedarfsstufe 1 (gemeinsamer eigener, kein fremder Haushalt) unterfällt, ergänzt durch die gesetzliche Vermutungsregelung des § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO). Denn die zu fordernde Beteiligung an der Haushaltsführung muss sich auch hier an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten des behinderten Menschen orientieren.

15

Das entsprechende Leitbild normiert § 1626 Abs 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Pflege und Erziehung des (minderjährigen) Kindes, wonach Eltern dabei die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigen. Gegenüber einer (nach heutigen Maßstäben entwicklungsgefährdenden) Inanspruchnahme elterlicher Befugnisse, als die die elterliche Sorge noch vor wenigen Jahrzehnten verstanden wurde, stellt sich § 1626 Abs 2 Satz 1 BGB als bewusste Selbstbeschränkung der Eltern zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung ihres Kindes dar(vgl etwa Huber in Münchener Komm zum BGB, 6. Aufl 2012, § 1626 BGB RdNr 61 mwN). Dieses gesetzgeberische Verständnis von Elternverantwortung findet zwar wegen der Volljährigkeit der Leistungsbezieherin unmittelbar auf die zur Entscheidung stehende Konstellation keine Anwendung; es entspricht gleichwohl typisierend dem Bild eines familienhaften Zusammenlebens auch mit behinderten erwachsenen Kindern, und zwar insbesondere dann, wenn es - wie hier - bei der Aufenthaltsbestimmung und den Wohnungsangelegenheiten unter Betreuung der Mutter steht. Denn auch das Handeln des Betreuers ist am Wohl des Betreuten auszurichten und nach dessen Fähigkeiten entsprechend seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten; die Ziele der Rehabilitation behinderter Menschen sind dabei besonders in den Blick zu nehmen (vgl § 1901 Abs 2 und Abs 4 BGB).

16

Dem Bestreben, das Kind über seine Volljährigkeit hinaus möglichst weitgehend mit dem Ziel der größtmöglichen Selbständigkeit zumindest in Teilbereichen des Lebens zu fördern, stünde die Annahme entgegen, anknüpfend an die Schwere einer dauerhaften körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung, damit an die Auswirkungen einer Behinderung, würde einem Kind im elterlichen Haushalt per se eine geringere Selbständigkeit als zB in einer ambulant betreuten Wohngruppe zukommen. Ein solches Verständnis liefe neben dem Verbot der Benachteiligung von behinderten Menschen aus Art 3 Abs 3 GG und dem Diskriminierungsverbot auch der Verpflichtung des Staates aus Art 23 Abs 3 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention , Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812) zuwider, wonach die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleiche Rechte in Bezug auf das Familienleben haben. Ein "fremder Haushalt" kann mithin nur vorliegen, wenn bei dem behinderten Menschen entgegen der gesetzlichen Vermutung keinerlei eigenständige oder nur eine gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorläge. Die materielle Beweislast liegt insoweit bei der Beklagten; allerdings bedürfte es zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt noch eines qualifizierten Vortrags, damit das SG überhaupt in weitere Ermittlungen eintreten kann.

17

Soweit in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass (jedenfalls) weit überwiegend "haushaltsführende" Eltern im Haushalt mit ihren erwachsenen nicht erwerbsfähigen Kindern die Kosten der Haushaltsführung allein tragen (BT-Drucks 17/4095, S 40 f), ist dies ohne Bedeutung. Auf die Frage, wer die Kosten der Haushaltsführung trägt, kommt es bei der Zuordnung der Leistungsberechtigten zur Regelbedarfsstufe 1 gerade nicht an (Senatsentscheidung vom 23.7.2014, aaO).

18

Das SG wird über die Leistungshöhe insgesamt und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23. Mai 2013 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.5. bis 30.9.2011.

2

Die 1921 geborene und im Februar 2014 verstorbene E S (S) war schwerbehindert (Grad der Behinderung 60; Merkzeichen "G"); sie erhielt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) entsprechend der Pflegestufe II. Sie wohnte seit 2009 bei ihrer 1940 geborenen Freundin E W (W) in deren Wohnung; W hatte sich bereit erklärt, die notwendige Pflege zu übernehmen.

3

Die Beklagte bewilligte S Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.1. bis 30.9.2011 (Bescheid vom 24.2.2011) in Höhe von 773,54 Euro monatlich (Regelbedarf in Höhe von 359 Euro; Mehrbedarf für ältere Menschen mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 61,03 Euro; Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 143,51 Euro; Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 210 Euro). Ab dem 1.4.2011 hob die Beklagte die Bewilligung unter Hinweis auf die geänderten Regelbedarfsstufen teilweise auf und bewilligte S nur noch Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 693,98 Euro, dabei (neben den unverändert gebliebenen Leistungen für Unterkunft und den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung) nur noch einen Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 291 Euro sowie einen Mehrbedarf für ältere Menschen mit dem Merkzeichen "G" in Höhe von 49,47 Euro (Bescheid vom 29.3.2011); in der Folge gewährte sie für Juli, August und September 2011 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für die dezentrale Warmwassererzeugung in Höhe von 6,69 Euro monatlich Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von insgesamt 700,67 Euro (Bescheid vom 28.7.2011). Der zeitlich vor diesem Bescheid erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 14.10.2011 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter).

4

Das Sozialgericht (SG) Detmold hat auf die dagegen erhobene Klage den Bescheid vom 29.3.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.7.2011 und den Widerspruchsbescheid vom 14.10.2011 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "S für den Zeitraum April bis September 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren" (Urteil vom 23.5.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, es könne offenbleiben, ob S einen eigenen Haushalt oder einen gemeinsamen Haushalt mit W führe oder in dem Haushalt der W lebe und wie diese Konstellationen voneinander abzugrenzen seien. Denn S habe unabhängig davon einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1. Die Regelbedarfsstufe 3 verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG), weil die Leistungen für haushaltsangehörige Leistungsberechtigte nach dem SGB XII ab Vollendung des 25. Lebensjahrs geringer seien als für vergleichbare Leistungsberechtigte nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II); diese hätten Anspruch auf den vollen Regelbedarf. Einsparungen bei Führung eines gemeinsamen Haushalts könnten nur angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des SGB XII bildeten, was bei S und W nicht der Fall sei. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art 100 Abs 1 GG sei entbehrlich, weil es sich bei der Anlage nach § 28 SGB XII, die die Regelbedarfsstufen enthalte, um eine Rechtsverordnung und nicht um ein förmliches Gesetz handele.

5

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Sprungrevision. Nachdem sie den Bescheid vom 29.3.2011 für April 2011 aufgehoben hat, macht sie wegen der Zeit ab 1.5.2011 geltend, dass die Regelbedarfsstufe 3 nicht gegen Art 3 Abs 1 GG verstoße, weil die Systemunterschiede zwischen SGB II und SGB XII eine unterschiedliche Behandlung der Leistungsempfänger rechtfertigten. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende wende sich an einen dem Grunde nach erwerbsfähigen Personenkreis, der nur vorübergehend der Unterstützung durch steuerfinanzierte Sozialleistungen bedürfe. Mit der Erwerbsfähigkeit gingen zahlreiche Pflichten bzw Obliegenheiten einher, die bei schuldhafter Verletzung Sanktionen nach sich zögen. Diese Pflichten träfen die Berechtigten nach dem SGB XII nicht. Schließlich werde das menschenwürdige Existenzminimum ua dadurch gesichert, dass der individuelle Bedarf im Einzelfall abweichend vom Regelsatz nach Maßgabe des § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII festzulegen sei.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7
        

Der Prozessbevollmächtigte der früheren Klägerin beantragt, nachdem er die Klage für April 2011 zurückgenommen hat,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Er trägt vor, S habe sich von W Geld leihen müssen, weil sie, die S, von der Beklagten die notwendigen Mittel zum Lebensunterhalt nicht erhalten habe; der vom SG zutreffend zugesprochene Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen sei also an die noch nicht bekannten Rechtsnachfolger vererbt worden.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

10

Mit dem Tod von S im Revisionsverfahren hat auf Klägerseite zwar ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden. Eine Unterbrechung des Verfahrens (vgl § 202 SGG iVm § 239 Zivilprozessordnung) ist jedoch nicht eingetreten, weil S durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten war (§ 246 ZPO). Er führt den Rechtsstreit für die noch unbekannten Rechtsnachfolger fort (vgl BGHZ 121, 263 ff, unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 5.2.1958 - IV ZR 204/57 -, LM Nr 10 zu § 325 ZPO).

11

Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 29.3.2011 und der während des Widerspruchsverfahrens erlassene Änderungsbescheid vom 28.7.2011 (vgl § 86 SGG) - wobei das SG prüfen mag, ob dieser den vorangegangenen Bescheid lediglich für Juli bis September 2011 oder bereits für die Zeit davor ersetzt und damit erledigt hat - beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2011 (§ 95 SGG), gegen die sich der/die Rechtsnachfolger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage wenden (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 56 SGG). Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist die richtige Klageart, obwohl sich die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen an § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst. Geltend gemacht wird nämlich nicht nur, es sei mit Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) vom 24.3.2011 (BGBl I 453) zum 1.1.2011 (vgl Art 14 Abs 1 RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) keine Änderung zu Lasten der S, sondern wegen der Erhöhung der Regelbedarfe für Alleinstehende um 5 Euro und damit des Mehrbedarfs für ältere Leistungsberechtigte mit dem Merkzeichen "G" sowie der Einführung eines Mehrbedarfs für dezentrale Warmwasserbereitung zum selben Zeitpunkt eine Änderung zu ihren Gunsten eingetreten, der mit den angegriffenen Entscheidungen hätte Rechnung getragen werden müssen. Dieses Ziel (höhere Leistungen) kann nicht allein mit der Anfechtungsklage verwirklicht werden. Weder die verstorbene Klägerin noch deren Rechtsnachfolger haben den Streitgegenstand in der Sache beschränkt, sodass über die gesamten Grundsicherungsleistungen zu befinden ist.

12

Ob den unbekannten Rechtsnachfolgern/dem unbekannten Rechtsnachfolger in der Sache Ansprüche auf höhere Grundsicherungsleistungen gegen die kraft Heranziehung durch den zuständigen örtlichen Sozialhilfeträger in eigenem Namen handelnde Beklagte aus übergegangenem Recht zustehen, kann nicht entschieden werden. Das SG wird die bzw den Rechtsnachfolger zu ermitteln haben und sodann ggf die zur Akte gereichten Erklärungen der W auf inhaltliche Richtigkeit überprüfen müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 96, 18 ff), der sich der Senat anschließt, sind Sozialhilfeansprüche nach Maßgabe der §§ 58, 59 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) nämlich (nur) vererblich, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mithilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat. Dem Erben obliegt auch die Begleichung der Nachlassschulden, und die Sozialhilfeleistungen fließen ihm in solchen Fällen gerade deshalb zu, um ihn in den Stand zu setzen, die aus der Hilfe des Dritten entstandenen Schulden des Sozialhilfeempfängers zu tilgen. Ein entsprechender Sachverhalt ist hier vorgetragen worden. Ist jedoch der Fiskus der gesetzliche Erbe, kann dieser die Ansprüche von vornherein nicht geltend machen (vgl § 58 Satz 2 SGB I). Bei der Tenorierung wird das SG zu beachten haben, dass eine Zahlung von Leistungen nur an die Rechtsnachfolger in Betracht kommt.

13

Es kann ebenfalls nicht abschließend entschieden werden, ob mit den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des (begünstigenden) Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, wie dies § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X voraussetzt, und ob diese in Bezug auf die Höhe der bewilligten Leistungen (ggf ausschließlich) begünstigenden oder belastenden Charakter haben, weil ausreichende Feststellungen des SG zur Anspruchshöhe insgesamt fehlen. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 2 SGB XII(jeweils in der Fassung, die die Norm mit dem RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG erhalten hat) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die die maßgebliche Altersgrenze - hier das 65. Lebensjahr - erreicht haben, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für solche Leistungen dem Grunde nach erfüllte S, weil sie nach den Feststellungen des SG neben den - nicht zu berücksichtigenden (§ 13 Abs 5 SGB XI) - Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung kein Einkommen bezog und vermögenslos war.

14

Die Höhe der Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1.1.2011 richtet sich nach § 42 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG), wobei sich eine Verminderung des Regelbedarfs aus Anlass der Neuregelung wegen der Übergangsregelung in § 137 SGB XII vor dem 1.4.2011 nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken kann. Danach umfassen die Grundsicherungsleistungen unter anderem die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII; daneben ist § 27a Abs 3 und Abs 4 Satz 1 und 2 SGB XII(jeweils in der Normfassung dieses Gesetzes) anzuwenden. Zur Deckung des Regelbedarfs sind danach monatliche Regelsätze zu gewähren (§ 27a Abs 3 Satz 1 SGB XII). Gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII erhält seit dem 1.1.2011 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 364 Euro eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind. Leistungen der Regelbedarfsstufe 2 in Höhe von 328 Euro (mithin 90 vH der Regelbedarfsstufe 1) werden demgegenüber gewährt für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Regelbedarfsstufe 3, die Leistungen in Höhe von 291 Euro (80 vH der Regelbedarfsstufe 1) vorsieht, gilt für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt. Für Kinder und Jugendliche sind - abhängig von ihrem Alter - die weiteren Regelbedarfsstufen 4 bis 6 gebildet.

15

Von der jeweils maßgeblichen Regelbedarfsstufe leitet sich auch die Höhe des Mehrbedarfs nach § 42 Nr 2 SGB XII iVm § 30 Abs 1 Nr 1 SGB XII(in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) - Merkzeichen "G" - ab, der S zustand, sofern nicht - wofür bislang keine Anhaltspunkte vorliegen - ein abweichender Bedarf bestand. Seit dem 1.1.2011 ist zudem für den Fall, dass Kosten für die Bereitung von Warmwasser wegen einer dezentralen Warmwasserversorgung nicht als Kosten der Heizung nach § 35 Abs 4 SGB XII abgedeckt werden, ein Mehrbedarf nach § 30 Abs 7 SGB XII iVm § 42 Nr 2 SGB XII zu bewilligen, dessen Höhe sich im Ausgangspunkt ebenfalls prozentual (2,3 vH) von der Höhe der maßgeblichen Regelbedarfsstufe ableitet(vgl § 30 Abs 7 Satz 2 Nr 1 SGB XII). Das SG wird deshalb ggf Feststellungen dazu nachholen müssen, ob die Wohnung der W im maßgeblichen Zeitraum über eine dezentrale Warmwasserversorgung verfügte. In letzterem Fall stand S ein (dann auch im Hinblick auf eine abweichende Höhe iS des § 30 Abs 7 Satz 2 SGB XII zu überprüfender) Mehrbedarf wegen der dezentralen Warmwasserversorgung schon von Mai 2011 an zu. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, würde sich dies ggf kompensatorisch gegenüber sonstigen höheren Leistungen auswirken können.

16

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der notwendige Regelbedarf von S, die mit W in einem Haushalt lebte, ohne deren Partnerin zu sein, nicht von vornherein mit der Regelbedarfsstufe 3 beschrieben. Im Grundsatz richtet sich der Bedarf einer erwachsenen leistungsberechtigten Person nach der Regelbedarfsstufe 1 vielmehr auch dann, wenn sie mit einer anderen Person in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, ohne dass eine Partnerschaft im Sinne der Regelbedarfsstufe 2 - also eine Ehe, eine eingetragene Lebenspartnerschaft oder eine eheähnliche bzw lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft - besteht. Dem gesetzlichen Leitbild liegt dabei die Vorstellung zugrunde, dass bei Zusammenleben mit anderen Personen in einer Wohnung in der Regel gemeinsam gewirtschaftet wird und also eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt. Dementsprechend wird in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII nF (ab 1.1.2011) vermutet, dass Personen bei Zusammenleben in einer Wohnung gemeinsam einen Haushalt führen. Diese Vermutung, die nicht durch § 43 Abs 1 2. Halbsatz bzw § 39 Satz 3 Nr 2 SGB XII ausgeschlossen wird, ist nicht schon dann widerlegt, wenn eine Person gegenüber anderen einen geringeren Beitrag an der Haushaltsführung leistet, selbst wenn für eine umfassende Haushaltsführung notwendige Fähigkeiten fehlen. Die Regelbedarfsstufe 3 kommt also im Falle des Zusammenlebens mit anderen (außerhalb von stationären Einrichtungen) erst zur Anwendung, wenn keinerlei eigenständige oder eine nur gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorliegt. Ausschließlich in diesem Fall ist der Haushalt, in dem die leistungsberechtigte Person lebt, ein "fremder Haushalt".

17

Dieses Ergebnis legt schon der Wortlaut der Vorschriften nahe; aus der Systematik des Gesetzes und seinem Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschriften folgt eine entsprechende Auslegung vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 und Abs 3 Satz 2 GG indes zwingend. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/4095, S 39 ff) findet sich zwar ein weiter gehendes Verständnis (ebenso: Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 28 SGB XII RdNr 61; Bieback, ASR 2013, 15 ff; kritisch dagegen: Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Anh 2 zu § 28 SGB XII RdNr 70 ff, Stand November 2011; Gutzler in juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 27a SGB XII RdNr 79 ff; Münder, Soziale Sicherheit Extra, Sonderheft September 2011, 63, 82 f; Sartorius in Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl 2013, Kap 24 RdNr 51; Lenze in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, Anh § 28 SGB XII RdNr 4 ff; Dauber in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Anlage § 28 SGB XII RdNr 3, Stand August 2013). Hiernach wird die Haushaltsgemeinschaft typisierend als Zusammenleben eines Haushaltsvorstands mit weiteren erwachsenen Haushaltsangehörigen verstanden, von denen der zuerst genannte die haushaltsgebundenen Kosten alleine trägt, während die weiteren Haushaltsangehörigen deshalb einen geringeren Bedarf haben. Allein auf die Gesetzesbegründung kann bei der Auslegung aber nicht abgestellt werden; denn diese weiter gehende Wirkung würde zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen. Ist von mehreren Auslegungen aber nur eine mit dem Grundgesetz vereinbar, muss diese gewählt werden (BVerfGE 112, 164, 182 f = SozR 4-7410 § 32 Nr 1 RdNr 32; vgl auch BSG SozR 4-5870 § 1 Nr 2 RdNr 19 mwN). Die Vorschriften sind deshalb orientiert an dem Gesetzeszweck einschränkend auszulegen; nur diese Auslegung belässt ihnen einen vernünftigen, dem erkennbaren Gesetzeszweck jedenfalls nicht zuwiderlaufenden Sinn.

18

Dem Wortlaut der Anlage zu § 28 SGB XII lässt sich nicht entnehmen, dass in Haushaltsgemeinschaften zwischen Erwachsenen, die nicht Partner sind, typisierend die eine Person der Regelbedarfsstufe 1 und die andere Person der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen wäre und im Ergebnis also Bedarfe nur in Höhe von 180 vH anerkannt würden; überdies findet sich keine Bestimmung, die erkennen ließe, dass in der vorliegenden Konstellation der S (und nicht der W im Falle ihrer Bedürftigkeit) lediglich Bedarfe nach der Regelbedarfsstufe 3 zustünden. Die vorliegende Gesetzesfassung beschreibt zunächst nur, dass die Regelbedarfsstufe 1 einer "alleinstehenden" Person auch dann zusteht, "wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind". Dabei bringt das Merkmal "alleinstehend", das die Regelbedarfsstufe 1 kennzeichnet, zum Ausdruck, dass diese Person ohne festen Partner im Sinne der Regelbedarfsstufe 2, nicht dagegen ohne jeden (erwachsenen) Mitbewohner in dem Haushalt lebt; denn der Begriff "Alleinstehend" wird im allgemeinen Sprachgebrauch mit unverheiratet gleichgesetzt, also in Abgrenzung zu einer festen Partnerschaft gebraucht. Die Rechtsprechung zum SGB II, die wegen der Besonderheiten der Bedarfsgemeinschaft von einem normativen Verständnis des Begriffs ausgeht (BSG SozR 4-4200 § 20 Nr 2 RdNr 18), ist auf das SGB XII nicht zu übertragen. Dem zweiten Halbsatz kann andererseits nicht entnommen werden, dass ein Zusammenleben in Haushaltsgemeinschaft außerhalb einer Partnerschaft notwendig das Zusammenleben mit einer Person bedeutet, die dann der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen wäre. Die Formulierung verweist lediglich auf die Regelbedarfsstufe 3, ohne diese näher zu erläutern; sie kann nur klarstellende Bedeutung haben.

19

Aus der Formulierung der Regelbedarfsstufe 3 folgt nicht das Gegenteil. Die Regelbedarfsstufe 3 knüpft zunächst an das Leben in einem "fremden" Haushalt an, was das Zusammenleben in einer Haushaltsgemeinschaft im Grundsatz nicht erfasst. "Fremd" drückt als Adjektiv aus, dass eine Sache einem anderen gehört. Leben zwei erwachsene Personen in einem Haushalt, lebt jede Person nach dem allgemeinen Sprachverständnis aber weiterhin in ihrem eigenen, dh in einem ihr selbst zugehörigen Haushalt. Das Zusammenleben allein macht einen Haushalt nicht (schon) zu einem "fremden" Haushalt. Der Wortlaut der Regelbedarfsstufe 3 ließe in seiner 2. Alternative ("noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt") zwar die Auslegung zu, dass zwei Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, ohne Partner zu sein, nur die Regelbedarfsstufe 3 zukommt. Eine solche Auslegung, die bei zwei Haushaltsangehörigen denknotwendig zur Folge hätte, dass beiden Personen lediglich die Regelbedarfsstufe 3 zustünde, weil bei beiden keine Partnerschaft vorliegt, führt aber zu einem erkennbar verfassungswidrigen Ergebnis (im Einzelnen später).

20

Ausschließlich der Wortlaut der Regelbedarfsstufe 2 knüpft ausdrücklich an ein bestimmtes gemeinsames Zusammenleben (das nämlich zusätzlich die Kriterien einer Partnerschaft erfüllen muss) einen Regelbedarf von jeweils nur 90 vH für jede in der Partnerschaft lebende Person. Die Beschränkung auf diese Rechtsfolge nur bei Zusammenleben in Partnerschaften ist eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, wie die Entwicklung der Vorschriften im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zeigt. Bereits im ursprünglichen Entwurf zum RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG ist an dem Begriff des Haushaltsvorstands, der bis zum 31.12.2010 noch in § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung (RSV) verankert war, den das SGB II aber schon seit dem 1.1.2005 nicht mehr kannte (vgl im Einzelnen BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2), nicht mehr festgehalten worden. An seine Stelle ist der alleinstehende (bzw alleinerziehende) Leistungsberechtigte getreten. Demgegenüber war für alle Fälle der Haushaltsgemeinschaft die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 2 vorgesehen ("Ehegatten und Lebenspartner sowie andere erwachsene Leistungsberechtigte, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften"; vgl BT-Drucks 17/3404, S 36, und zur Begründung S 130). Diese Fassung hätte mithin Fälle wie den vorliegenden dahin geregelt, dass in der Haushaltsgemeinschaft für beide Mitglieder der gleiche Bedarf besteht und dieser - wegen typisierend unterstellter Einsparmöglichkeiten - jeweils um 10 vH abgesenkt ist. Sie ist aber nicht Gesetz geworden; mit der endgültigen Fassung, die das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG im Zuge der Ausschussberatungen erhalten hat, werden die Fälle der gemeinsamen Haushaltsführung außerhalb von Partnerschaften gerade nicht mehr in der Regelbedarfsstufe 2 der Anlage zu § 28 SGB XII erfasst.

21

Soweit in der Gesetzesbegründung zur Neufassung der Anlage zu § 28 SGB XII, die im Zuge der Beratungen des 11. Ausschusses für Arbeit und Soziales erfolgt ist, ausgeführt wird, mit der Umformulierung der Regelbedarfsstufe 1 - mithin der Anfügung des Halbsatzes "dies gilt auch dann, wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind" - werde "folglich" an der im geltenden Recht als Haushaltsvorstand bezeichneten Funktion und der damit verbundenen Stellung im Haushalt außerhalb von Partnerkonstellationen festgehalten (BT-Drucks 17/4095, S 39), kommt dies in den Gesetz gewordenen Fassungen der Regelbedarfsstufen gerade nicht zum Ausdruck. Der Gesetzesbegründung lässt sich zwar die Vorstellung entnehmen, jedes Zusammenleben von Erwachsenen außerhalb von Partnerschaften, insbesondere, aber nicht ausschließlich im Familienverbund, sei typisierend dadurch gekennzeichnet, dass die mit der Führung des Haushalts verbundenen Kosten nur bei einer Person anfallen (BT-Drucks 17/4095, S 40). Ein Tatbestand im Gesetz, der diese typisierende Grundannahme - wie zuvor § 3 Abs 1 Satz 1 RSV - deutlich macht, ist jedoch nicht Gesetz geworden; er entspricht auch nicht dem neueren Verständnis des "Haushaltsvorstands".

22

Auf die bisherige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Begriff (vgl nur BVerwG, Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242) kann damit - entgegen der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Auffassung - nicht zurückgegriffen werden. Es ist dem Zusammenleben in Haushaltsgemeinschaften nach § 39 Satz 1 SGB XII, die durch das gemeinsame Wirtschaften aus einem Topf gekennzeichnet sind, im Grundsatz fremd, dass ein bestimmtes, nach generell-abstrakten Kriterien umschriebenes Mitglied (etwa das erwerbsfähige oder körperlich und/oder geistig nicht eingeschränkte Mitglied oder ein Elternteil) von vornherein einen höheren Beitrag zur Führung des Haushalts erbringt oder zu erbringen hätte, wie es der Begriff des "Haushaltsvorstands" voraussetzt. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger zwar in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war. Der Gesetzgeber des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG hat aber die Annahme einer Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben mit einem "Haushaltsvorstand" gerade nicht regelhaft mit der Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden; eine entsprechende Prüfungsnotwendigkeit widerspräche auch der typisierenden Beschreibung von Bedarfen in den genannten Regelbedarfsstufen, die der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität vorgenommen hat.

23

Das SGB II sieht folgerichtig eine Stellung des "Haushaltsvorstands" im Haushalt unverändert nicht vor (zur Problematik des Zusammenlebens von Leistungsberechtigten nach dem SGB XII und Leistungsberechtigten nach dem SGB II bereits BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3, geknüpft an den Begriff des "Haushaltsvorstands" im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, würde zudem einen Zirkelschluss bedeuten: Es kann die Bestimmung des Bedarfs der Mitglieder einer Haushaltsgemeinschaft (im Sinne der Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 1 oder 3) nicht im Ausgangspunkt in Abhängigkeit davon erfolgen, welche Entscheidung über die Verteilung von Mitteln ggf getroffen würde, wenn ein Mitglied seinen Bedarf nicht in gleichem Maße decken kann wie das andere Mitglied. Eine solche Entscheidung kann in Haushaltsgemeinschaften überhaupt erst getroffen werden, wenn entsprechende Mittel nicht gleichmäßig zufließen.

24

Allein die vom Senat vorgenommene Auslegung sichert die sozialrechtliche Funktion der Leistungen nach dem SGB XII, nämlich die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG (vgl dazu: BVerfGE 132, 134 ff RdNr 62 ff = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 88 ff; BVerfGE 125, 175, 221 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 132 ff). Auch nach der Gesetzesbegründung soll die Regelbedarfsstufe 3 deshalb nur für Personen gelten, denen tatsächlich keine haushaltsgebundenen Kosten entstehen; es sollen ausdrücklich nur Konstellationen erfasst werden, "in denen es keine gemeinsame Tragung von Ausgaben zu gleichen Teilen gibt" (BT-Drucks 17/4095, S 40). Wie dargelegt kann aber allein aus dem Zusammenleben in einem Haushalt nicht typisierend geschlossen werden, dass die haushaltsgebundenen Kosten nur bei einer Person anfallen. Die gegenteilige, zwar in der Gesetzesbegründung, nicht hingegen im Wortlaut zum Ausdruck kommende Auffassung führt zu erkennbar verfassungswidrigen Ergebnissen. Sie hätte zur Folge, dass zwei Personen, die die Kosten des Haushalts gemeinsam tragen, beide also den Haushalt nicht als Haushaltsvorstand im hergebrachten Sinne führen, im Falle ihres Zusammenlebens, etwa in einer Wohngemeinschaft, lediglich die Regelbedarfsstufe 3 zustünde. Eine solche Schlechterstellung gegenüber Partnerschaften kann und soll erkennbar mit der Gesetzesneufassung nicht verbunden sein. Wie der ungedeckte Bedarf in solchen Fällen gesichert werden sollte, erschließt sich weder aus der Gesetzesbegründung noch aus dem Gesetz selbst. Die Möglichkeit der Bildung von Mischregelsätzen in solchen Fällen ist aber angesichts der dargestellten Gesetzgebungsgeschichte vom Willen des Gesetzgebers nicht gedeckt (so zum Ganzen auch Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Stand November 2011, Anh 2 zu § 28 SGB XII RdNr 70). Schließlich reicht auch die abweichende Regelsatzfestlegung nach § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII nicht aus, um tatsächlichen Verhältnissen in einem Haushalt, die regelmäßig denkbar sind, Rechnung zu tragen; denn diese setzt die zutreffende Typisierung der Lebensverhältnisse durch den Gesetzgeber voraus, weil sie eine Regelung ausdrücklich nur für atypische Situationen trifft ("seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht").

25

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Gesetz den Begriff der eigenen "Haushaltsführung" im Anschluss an die Formulierung der Regelbedarfsstufen in dem Sinne versteht, dass nur die hilfebedürftige Person, die die einzelnen Verrichtungen in einem Haushalt in einem gewissen Maße auch tatsächlich ausüben kann, der Regelbedarfsstufe 1 (und nicht der Regelbedarfsstufe 3) unterfallen soll (in diesem Sinne etwa LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.7.2012 - L 8 SO 13/12 B ER; zweifelnd Gutzler in jurisPK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 27a SGB XII RdNr 80). Die zu fordernde Beteiligung an der Haushaltsführung muss sich vielmehr gerade an den jeweiligen individuellen Fähigkeiten orientieren. Eine andere Auslegung würde zu einer (indirekten) Ungleichbehandlung von behinderten Menschen führen und verstieße gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG und damit gleichzeitig gegen das Diskriminierungsverbot in Art 5 Abs 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention , Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl II 812). Denn das Benachteiligungsverbot des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG erschöpft sich nicht in der Anordnung, behinderte und nichtbehinderte Menschen rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein (vgl nur BVerfGE 128, 138 ff = SozR 4-2600 § 77 Nr 9 mwN).

26

Eine Auslegung, nach der entscheidend für die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3 eine in bestimmter Weise dauerhaft eingeschränkte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit des Leistungsberechtigten maßgeblich wäre, träfe zwar nicht alle behinderten Menschen gleichermaßen. Sie würde gleichwohl an die Schwere einer dauerhaften körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkung und damit an die Auswirkungen einer Behinderung anknüpfen (vgl den Behinderungsbegriff in § 2 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -). Eine entsprechende Differenzierung fände auch keine Rechtfertigung gerade in den eingeschränkten Fähigkeiten der behinderten Person (dazu etwa BVerfGE 99, 341 ff); für die Wahrnehmung des in Rede stehenden Rechts sind bestimmte Fähigkeiten nicht unerlässliche Voraussetzung. Das mit Art 1 GG iVm Art 20 GG gewährleistete Recht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz knüpft insbesondere nicht an die Erwerbsfähigkeit an. Es ist aber nicht erkennbar, welche Kompensation sich auf der Bedarfsseite für behinderte Menschen mit Beeinträchtigungen, die sich auf die Fähigkeit einen Haushalt zu führen auswirken, gerade durch das Zusammenleben mit einer anderen Person ergeben sollten, die eine Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 3 rechtfertigen würde. Dies wird besonders deutlich, wenn beide Mitglieder des Haushalts einer ambulanten Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch eine außenstehende Person bedürfen: Hier würde eine andere Sichtweise sogar zu der nicht zu rechtfertigenden Annahme führen, keiner dieser behinderten Personen stünde die Regelbedarfsstufe 1 zu. Soweit sich schließlich in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/4095, S 27 und 41) der Hinweis auf elterliche Unterhaltspflichten in Haushaltsgemeinschaften findet, sind solche Überlegungen von vornherein zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung einer Regelung ungeeignet, die gerade nicht typisierend an das Zusammenleben im Familienverbund anknüpft.

27

Eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Schlechterstellung von Partnerschaften ist mit dieser Auslegung nicht verbunden. Es ist kein verfassungsrechtliches Gebot erkennbar, wonach für eine zusätzliche erwachsene Person im Haushalt, die in keiner partnerschaftlichen Beziehung zu einer anderen Person in diesem Haushalt steht, vor dem Hintergrund der Regelung für Paare und der Regelbedarfsermittlung für Einpersonenhaushalte gelten müsste, dass diese sozialhilferechtlich nicht als alleinstehende Person betrachtet werden kann (so aber wohl BT-Drucks 17/4095, S 40; wie hier Münder, Soziale Sicherheit Extra, Sonderheft September 2011, 63, 82). Zwar werden bei Partnern einer Lebensgemeinschaft im Sinne der Regelbedarfsstufe 2 insgesamt nur Bedarfe in Höhe von 180 vH anerkannt. Die besondere Stellung von Partnerschaften beruht indes nicht allein auf der Annahme der gemeinsamen Haushaltsführung, sondern auf der typisierenden Annahme eines Einstandswillens in dieser Partnerschaft, der darauf schließen lässt, dass nicht nur aus einem Topf gewirtschaftet wird, sondern das Ausgabeverhalten auch erkennen lässt, dass der Partner zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellt, bevor die Mittel für eigene Bedürfnisse eingesetzt werden (zur Zulässigkeit einer entsprechend typisierenden Annahme in Partnerschaften BVerfGE 87, 234 ff = SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Dies rechtfertigt nicht nur die gesteigerten Einstandspflichten innerhalb von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft (vgl § 27 Abs 2 Satz 2 SGB XII und ergänzend das Verbot der Besserstellung von eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft in § 20 SGB XII).

28

Bereits nach der bisherigen Gesetzesfassung - im SGB XII wie im SGB II - war auch die Annahme einer weiter gehenden Einsparung bei den Ausgaben, als sie aus dem bloßen gemeinsamen Wirtschaften folgt, typisierend an eine solche Partnerschaft, also an das Bestehen des partnerschaftstypischen Einstandswillens, geknüpft (vgl BSGE 103, 181 ff RdNr 24 = SozR 4-3500 § 42 Nr 2). Es ist nicht erkennbar, dass insoweit nach der alten Rechtslage eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Partnerschaften vorlag, die mit der Neufassung hätte beseitigt werden müssen. Das BVerfG hat die Annahme einer besonderen Ersparnis in Partnerschaften auch auf der Bedarfsseite, die in den 1990er Jahren auf Grundlage einer Auswertung des Ausgabeverhaltens in Partnerschaften - nicht in anderen Mehrpersonenhaushalten - entwickelt worden war, ausdrücklich gebilligt ( BVerfGE 125, 175 ff RdNr 189 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12); eine Ausweitung auf jede Mehrpersonenkonstellation unter Erwachsenen, die nicht Bedarfs- bzw Einsatzgemeinschaften sind und die auch in den zur Überprüfung stehenden Fassungen des SGB II und des SGB XII abweichend behandelt worden waren, hat es aber nicht gefordert. Ob die ursprünglich geplante Fassung der Regelbedarfsstufe 2, die jede Haushaltsführung in einer Mehrpersonenkonstellation erfasst hätte, verfassungsgemäß gewesen wäre, weil jede gemeinsame Haushaltsführung außerhalb von Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften eine Ersparnis in gerade dieser Höhe mit sich bringt - wozu indes statistische Auswertungen fehlen (vgl BT-Drucks 17/3404, S 130, und BT-Drucks 17/4095, S 27) -, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Ebenso kann offen bleiben, ob die Einbeziehung erwerbsfähiger Erwachsener, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in die Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II unter bestimmten Voraussetzungen verfassungsgemäß ist (dazu BSGE 110, 204 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr 10).

29

Dem mit dieser Auslegung gewonnenen Ergebnis, wonach ein Zusammenleben auch außerhalb von Partnerschaften im Grundsatz eine gemeinschaftliche, gleichberechtigte Haushaltsführung ist, und das folglich bei beiden Personen dieselben Bedarfe annimmt, entspricht die gesetzliche Vermutung in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII, wonach Personen (seit dem 1.1.2005 auch solche, die nicht miteinander verwandt oder verschwägert sind), die gemeinsam in einer Wohnung leben, gemeinsam wirtschaften und damit eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Ob die doppelte Vermutungsregelung - die nämlich in § 39 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII um eine Unterhaltsvermutung ergänzt ist - in allen Punkten verfassungsgemäß ist, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben. Nach den insoweit normierten Rückausnahmen (§ 39 Satz 3 Nr 2 SGB XII und § 43 Abs 1 2. Halbsatz SGB XII) kommt lediglich die belastende Auswirkung des § 39 Satz 1 SGB XII für Haushaltsgemeinschaften, die beispielsweise zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung von behinderten oder älteren Menschen als Wohngemeinschaften gebildet werden, nicht zur Anwendung. Denn die Rückausnahme soll ambulante Wohnformen, die durch Unterstützungsleistungen gekennzeichnet sind, finanziell stärken (vgl BT-Drucks 15/1514, S 61). Insoweit kommt nur die Unterhaltsvermutung des § 39 Satz 1 SGB XII nicht zur Anwendung; dementsprechend ist allein die Nichtgeltung dieser Unterhaltsvermutung in der Gesetzesbegründung zur Einführung der Regelbedarfsstufe 3 in Bezug genommen (vgl BT-Drucks 17/4095, S 40 f). Dies lässt die normative Grundannahme unberührt, wonach allein aus dem Sachverhalt des gemeinsamen Wohnens der Schluss auf das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zu ziehen ist, in der auch gemeinsam gewirtschaftet wird.

30

Dem kann schließlich nicht entgegengehalten werden, es verbleibe im Ergebnis der vom Senat vorgenommenen Auslegung für die Regelbedarfsstufe 3 kein Anwendungsbereich mehr. Die Regelbedarfsstufe 3 findet nämlich als Rechengröße bei der Bestimmung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in stationären Einrichtungen Anwendung; denn in diesem Fall trägt der Leistungsberechtigte keinerlei Verantwortung für einen "Haushalt" und hierfür auch keine (unmittelbaren) Kosten.

31

Im Übrigen kommt die Regelbedarfsstufe 3 zur Anwendung, wenn abweichend von der dargelegten gesetzlichen Vermutung in § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII keine Haushaltsgemeinschaft besteht. Ob dies bei klassischen Untermietverhältnissen, die sich durch die (vertraglich) ausgeschlossene Möglichkeit der Beteiligung an der Haushaltsführung auszeichnen, regelmäßig der Fall ist (so die Gesetzesbegründung; BT-Drucks 17/4095, S 40), kann offen bleiben; denn für eine solche Fallgestaltung ergeben sich hier keine Anhaltspunkte. Bei einem Zusammenleben, das anders als ein bloßes Untermietverhältnis gerade (auch) durch verstärkte Unterstützungsleistungen des einen Haushaltsangehörigen für den anderen gekennzeichnet ist, kann ein solcher Fall nur vorliegen, wenn bei dem körperlich und/oder geistig behinderten Mitbewohner keinerlei eigenständige oder eine nur gänzlich unwesentliche Beteiligung an der Haushaltsführung vorliegt. Ausschließlich in diesem Fall ist der Haushalt, in dem die leistungsberechtigte Person lebt, ein "fremder Haushalt". Ein solcher Sachverhalt wird nur ausnahmsweise vorliegen; denn schon die von den zusammenlebenden Personen gewünschte und geförderte Beteiligung an der Haushaltsführung im Rahmen der jeweiligen körperlich und/oder geistigen Fähigkeiten und ein darauf abgestimmter Ablauf in der Haushaltsführung genügen. Dies hat der Senat für die Konstellation des Zusammenlebens von Eltern mit ihren erwachsenen behinderten Kindern im Einzelnen dargestellt (Urteil vom 23.7.2014 - B 8 SO 31/12 R); entsprechende Vorstellungen über ein im Ausgangspunkt gleichberechtigtes Miteinanderleben mit der Folge eines gemeinsamen Haushalts iS des § 39 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII sind auch auf Wohngemeinschaften, die durch (gegenseitige) Unterstützungsleistungen gekennzeichnet sind, übertragbar. Ob ein hiervon ausnahmsweise abweichender Sachverhalt überhaupt vorliegt, wird das SG nur zu prüfen haben, wenn zu diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt qualifizierter Vortrag der Beklagten erfolgt. Die Beweislast liegt insoweit bei der Beklagten, die sich auf das Vorliegen eines von der gesetzlichen Typik abweichenden Falls beruft.

32

Das SG wird über die Leistungshöhe insgesamt und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Dezember 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Kläger Anschlussübergangsgeld unter Anrechnung von Arbeitslosengeld II zu zahlen ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt für die Zeit vom 23.3. bis 12.4.2005 die Zahlung von Übergangsgeld (Übg) im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.

2

Der Kläger ist ausgebildeter Maler. Ab Januar 2003 nahm er an einer Umschulung zum Automobilkaufmann teil, wofür ihm die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97 ff Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) iVm §§ 33, 44 ff Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) gewährte (ua Übergangsgeld). Nachdem der Kläger die Umschulung am 13.1.2005 erfolgreich abgeschlossen und sich zum 14.1.2005 arbeitslos gemeldet hatte, bewilligte ihm die Beklagte für die Zeit ab 14.1. bis 12.4.2005 Anschluss-Übg in Höhe von täglich 28,01 Euro.

3

Ab 3.3.2005 war der Kläger bei dem Autohaus H. als Automobilkaufmann beschäftigt, was er der Beklagten am gleichen Tag anzeigte. Das Autohaus kündigte jedoch bereits am 9.3.2005 das Arbeitsverhältnis zum 22.3.2005. Der Kläger meldete sich deshalb am 10.3.2005 bei der Beklagten wieder arbeitslos und beantragte zugleich die Wiederbewilligung des Anschluss-Übg.

4

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 15.3.2005 die Entscheidung über die Bewilligung von Anschluss-Übg ab 3.3.2005 auf. Mit weiterem Bescheid vom 22.3.2005 lehnte sie die erneute Bewilligung von Anschluss-Übg ab. Der Widerspruch des Klägers vom 14.4.2005, mit dem dieser geltend machte, er habe noch einen Restanspruch auf Anschluss-Übg bis 12.4.2005, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.7.2005).

5

Das Sozialgericht (SG) hat die auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Anschluss-Übg für die Zeit vom 23.3. bis 12.4.2005 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 9.10.2007). Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger, der im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen hatte, seinen Antrag auf die Gewährung von Anschluss-Übg unter Anrechnung von Arbeitslosengeld II (Alg II) beschränkt. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 22.3.2005 idF des Widerspruchsbescheids vom 21.7.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 23.3.2005 bis 12.4.2005 Anschluss-Übg abzüglich des gezahlten Alg II zu zahlen (Urteil vom 16.12.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die Berufung sei nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Der bis 31.3.2008 geltende Beschwerdewert von 500 Euro werde bei 28,01 Euro für 21 Tage erreicht; auf die Differenz zwischen Anschluss-Übg und Alg II könne es nicht ankommen. Obwohl wegen der unstreitigen Erfüllungswirkung gemäß § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) der wirtschaftliche Wert für den Kläger unterhalb von 500 Euro liege, müsse das erstinstanzliche Urteil so ausgelegt werden, dass das komplett ausstehende Übg im Streit gestanden habe. Die Berufung sei auch begründet; der Kläger habe einen Anspruch auf Übg nach § 51 Abs 4 SGB IX. Er habe sich unmittelbar nach Beendigung der als Rehabilitationsleistung erbrachten beruflichen Ausbildung arbeitslos gemeldet. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) sei seit 23.7.2000 erschöpft gewesen. Nach dem neuerlichen Verlust der Arbeit habe sich der Kläger innerhalb der Dreimonatsfrist noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses unverzüglich arbeitslos gemeldet. Entgegen der Auffassung der Beklagten führe die Unterbrechung der Gewährung von Anschluss-Übg durch die Aufnahme einer nur wenige Tage dauernden Beschäftigung nicht zu einem Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum früheren § 156 SGB III sei § 51 Abs 4 SGB IX dahingehend auszulegen, dass die von der Beklagten geforderte Nahtlosigkeit keine zwingende Voraussetzung sei.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 51 SGB IX. Anspruch auf Weiterzahlung von Übg bestehe nach § 51 Abs 4 SGB IX nur, wenn der Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe arbeitslos werde. Komme es aber zur Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung, erlösche der Anspruch auf Anschluss-Übg und könne auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht wieder aufleben. Dies entspreche der Ratio des § 51 SGB IX. Denn bereits durch die Beschäftigungsaufnahme sei der Zweck der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, nämlich die Integration in den Arbeitsmarkt, als erreicht anzusehen. Verliere der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz wieder, stelle sich dies als Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos dar, und zwar unabhängig davon, ob dies nach oder noch vor Ablauf der Dreimonatsfrist erfolge. Hieran ändere auch nichts das vom LSG herangezogene Urteil des BSG zu § 156 SGB III, das nur die Frage betreffe, zu welchem Zeitpunkt nach Abschluss der Maßnahme spätestens eine Arbeitslosmeldung erfolgen müsse; nicht entschieden worden sei die hier streitige Frage, ob eine (kurze) Beschäftigung innerhalb der Dreimonatsfrist den Anspruch endgültig erlöschen lasse.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend trägt er vor, die Aussicht auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt könne erst dann bejaht werden, wenn auch eine angemessene Zeit zur Neuorientierung unter Berücksichtigung der neu erworbenen Qualifikation finanziell abgesichert sei. Solange der Dreimonatszeitraum nicht abgelaufen sei, widerspreche eine Wiederbewilligung nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger für den beantragten Zeitraum Anschluss-Übg zu zahlen. Die erhaltenen Leistungen nach dem SGB II sind wegen der Erfüllungsfiktion gemäß § 107 SGB X anzurechnen; dies hat der Senat im Urteilstenor klargestellt.

11

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.

12

a) Die Berufung des Klägers ist ohne Zulassung statthaft, weil der aus der erstinstanzlichen Entscheidung und dem Begehren des Klägers im Berufungsverfahren folgende Wert des Beschwerdegegenstandes 500 Euro übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der bis 31.3.2008 geltenden Fassung).

13

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass dem Kläger nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag durch das SG eine Geldleistung im Wert von mehr als 500 Euro (28,01 Euro für 21 Tage) versagt worden ist. Gegen die ihn in diesem Umfang beschwerende Entscheidung des SG hat der Kläger zunächst unbeschränkt Berufung eingelegt; er hat auch danach noch im Berufungsbegründungsschriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 20.5.2008 die Verurteilung der Beklagten zur uneingeschränkten Gewährung von Anschluss-Übg beantragt. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung ist aber deren Einlegung (ua BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 14; SozR 4-1500 § 144 Nr 4 RdNr 13; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 144 RdNr 19, jeweils mwN). Die Statthaftigkeit der Berufung entfällt somit nicht deswegen, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 16.12.2009 nur noch die Gewährung von Anschluss-Übg unter Anrechnung von Alg II beantragt hat. Ein Fall willkürlicher Beschränkung (vgl dazu BSG SozR 1500 § 146 Nr 7 und SozR 1500 § 144 Nr 24) liegt unter den gegebenen Umständen nicht vor.

14

Dahinstehen kann deshalb, ob nicht ohnehin beim Streit um eine Geldleistung deren voller Wert auch dann maßgebend ist, wenn bei Erfolg des klagenden Leistungsempfängers der nachrangig verpflichtete Träger vom Beklagten Erstattung gemäß § 104 SGB X verlangen kann und die Leistung nach Maßgabe des § 107 SGB X teilweise als erfüllt gilt.

15

b) Einer Sachentscheidung steht auch nicht entgegen, dass das LSG von einer Beiladung des Grundsicherungsträgers abgesehen hat, obwohl dieser von der Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit betroffen ist (Entstehung eines Erstattungsanspruchs nach § 104 SGB X; zum Nachrang des SGB II vgl Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 5 RdNr 9, 10). Es kann insoweit offen bleiben, ob mit der Entscheidung über den vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch zugleich unmittelbar iS des § 75 Abs 2 SGG in die Rechtssphäre des anderen Trägers eingegriffen wird(vgl BSGE 93, 283, 285 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1; BSGE 97, 242, 247 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG zieht eine unterbliebene notwendige Beiladung dann keine Aufhebung des angefochtenen Urteils und keine Zurückverweisung nach sich, wenn sich im Revisionsverfahren ergibt, dass die zu treffende Entscheidung aus Sicht des Revisionsgerichts den Beizuladenden nicht benachteiligen kann (BSGE 66, 144, 146 = SozR 3-5795 § 6 Nr 1; SozR 3-1500 § 55 Nr 34 S 68; BSGE 96, 190, 195 f = SozR 4-4300 § 421g Nr 1). Hiervon ist auszugehen, weil der Kläger nach der Auffassung des Senats einen vorrangigen Anspruch gegen die Beklagte hat und diese folglich dem nachrangig verpflichteten Grundsicherungsträger erstattungspflichtig ist.

16

2. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger für die Zeit vom 23.3.2005 bis 12.4.2005 dem Grunde nach (§ 130 SGG) Anspruch auf Anschluss-Übg gemäß § 103 Satz 1 Nr 1, § 160 Satz 2 SGB III iVm § 51 Abs 4 SGB IX hat, wobei die erhaltenen SGB II-Leistungen entsprechend dem Zweck des § 107 SGB X (Vermeidung von Doppelleistungen) anzurechnen sind.

17

Nach § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX wird an Leistungsempfänger, die im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos sind, ua Übg während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Alg von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

18

a) Der Kläger ist Leistungsempfänger iS des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX. Er hat nach den getroffenen Feststellungen an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben erfolgreich teilgenommen und wegen der Teilnahme Übg bezogen (§ 103 Nr 1, § 160 SGB III iVm §§ 46 ff SGB IX; zur Akzessorietät vgl Luik in Eicher/Schlegel, SGB III, § 160 RdNr 24, Stand 2009; zum Erfordernis des erfolgreichen Abschlusses vgl BSG, Urteil vom 23.2.2000, B 5 RJ 38/98 R, DRV 2001, 119; Böttiger in Eicher/Schlegel, SGB III, RdNr 25 zu § 51 SGB IX, Stand 2007; zum Meinungsstand, ob Maßnahme erfolgreich beendet worden sein muss, vgl Nachweise bei Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 55).

19

b) Der Kläger war im Anschluss an die abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos und er hat sich auch iS des § 54 Abs 4 Satz 1 SGB IX bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zunächst zu entnehmen, dass sich der Kläger am 14.1.2005, also am Tag nach der Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme, arbeitslos gemeldet und dass er ab diesem Zeitpunkt bis zur Beschäftigungsaufnahme am 3.3.2005 auch die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit (insbesondere Beschäftigungslosigkeit und Verfügbarkeit) erfüllt hat. Den Feststellungen des LSG ist weiter das Vorliegen einer erneuten Arbeitslosmeldung am 10.3.2005 und jedenfalls ab dem 23.3.2005 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) wieder das Vorliegen von Arbeitslosigkeit zu entnehmen.

20

Da der Kläger die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit und der Arbeitslosmeldung schon ab 14.1.2005, also im unmittelbaren Anschluss an den Abschluss der Weiterbildung mit Bezug von Übg, und dann wieder sofort nach Beendigung der nur kurz ausgeübten Beschäftigung erfüllt hat, stellt sich nicht die im Urteil des BSG zum früheren § 156 SGB III erörterte Frage, ob eine "nahtlose" Arbeitslosmeldung zu verlangen ist(vgl BSGE 86, 147, 148 ff = SozR 3-4300 § 156 Nr 1; vgl auch zum früheren § 59d Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz Niesel, AFG, 2. Aufl 1997, § 59d RdNr 26; zu § 59c AFG s BSG SozR 3-4100 § 59c Nr 3). Der Kläger hat vielmehr nach den getroffenen Feststellungen alles getan, um die Arbeitsverwaltung in die Lage zu versetzen, mit den Vermittlungsbemühungen zu beginnen und die Arbeitslosigkeit möglichst rasch zu beenden (vgl BSGE aaO S 149). Ihm kann deshalb auch für den streitigen Zeitraum ab 23.3.2005 nicht entgegengehalten werden, es fehle an einer Arbeitslosigkeit oder der Arbeitslosmeldung "im Anschluss" an die abgeschlossene Leistung.

21

c) Auch die Voraussetzung des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX, dass der Leistungsempfänger einen Anspruch auf Alg von mindestens drei Monaten nicht geltend machen kann, ist unzweifelhaft erfüllt. Denn nach den Feststellungen des LSG war der frühere Alg-Anspruch des Klägers bereits seit 23.7.2000 erschöpft.

22

d) Der von der Beklagten und teilweise auch im Schrifttum vertretenen Auffassung, mit der Aufnahme einer Arbeit ende der Anspruch auf Anschluss-Übg endgültig (vgl etwa Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 69; Schütze in Hauck/Noftz, SGB IX, § 51 RdNr 27; ebenso wohl Karmanski in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 160 RdNr 103, der nur geringfügige Beschäftigungen bzw den missglückten Arbeitsversuch als Ausnahmetatbestände erwähnt), folgt der Senat nicht. Dem Wortlaut des § 51 Abs 4 SGB IX lässt sich eine solche Beschränkung nicht entnehmen. Soweit nach § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB IX Arbeitslosigkeit "im Anschluss" an eine abgeschlossene Teilhabeleistung erforderlich ist, folgt hieraus nicht zwingend der endgültige Ausschluss des Anspruchs auf Übg für den Fall, dass zunächst Arbeitslosigkeit vorliegt, dann eine Beschäftigung aufgenommen wird und danach erneut Arbeitslosigkeit eintritt. Denn nach § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB IX ist das Übg "bis zu drei Monaten" weiter zu zahlen, und § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGB IX vermindert die Dauer von drei Monaten für den Fall, dass zeitweise noch ein Anspruch auf Alg geltend gemacht werden kann. Der Gesetzeswortlaut lässt somit durchaus die Weiterzahlung von Übg für insgesamt längstens drei Monate mit Unterbrechungen wegen vorübergehender Nichterfüllung einzelner Voraussetzungen zu.

23

Für die Auffassung der Beklagten sprechen auch nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX entspricht dem früheren § 160 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 594) und ist seit 1.7.2001 an dessen Stelle getreten. Die Vorschrift knüpft an frühere Regelungen des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) bzw des AFG an und erweitert diese (vgl § 17 Abs 3 RehaAnglG und § 59d Abs 2 AFG: Weitergewährung von Übg bis zu sechs Wochen). Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien zu den Vorgängerregelungen ist vom Zweck des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX auszugehen, behinderten Menschen, die durch den Bezug von Übg einen Anspruch auf Alg nicht begründen und oftmals nach dem Ende der Weiterbildungsmaßnahme eine Arbeit nicht sofort aufnehmen können, die soziale Sicherung durch Anschluss-Übg bis zur Dauer von drei Monaten zu gewährleisten(vgl zum AFRG: BT-Drucks 13/4941 S 183, zu § 160, und S 182, zu § 156; zum SGB IX: BT-Drucks 14/5074 S 110, zu §§ 50 bis 52; vgl auch Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 51 mit Hinweis auf BR-Drucks 517/73 S 60 zum RehaAnglG; Schütze in Hauck/Noftz, SGB III, § 51 RdNr 20).

24

Aus Sinn und Zweck des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX folgt somit, dass der Leistungsempfänger, der während der Weiterbildung einen neuen Anspruch auf Alg nicht erwerben konnte, sich aber nach Abschluss der Maßnahme wie ein Alg-Bezieher hinreichend um eine neue Beschäftigung bemüht, jedenfalls für die Dauer von drei Monaten in Höhe des zuvor bezogenen Übg sozial abgesichert sein soll. Es ist nicht zu erkennen, weshalb diese vom Gesetz vorgesehene Sicherung nicht mehr gelten soll, wenn zunächst die Aufnahme einer Beschäftigung gelingt, diese jedoch später, aber noch innerhalb des Dreimonatszeitraums wieder endet (zur Unschädlichkeit einer Unterbrechung vgl auch LSG Niedersachsen, Urteil vom 17.8.2000, L 8 AL 475/99, Breith 2000, 1059). Eine derartige Begrenzung des Anspruchs würde, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, die Leistungsempfänger unangemessen benachteiligen, die sich zunächst mit Erfolg um eine Beschäftigung bemüht haben.

25

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, es handele sich um die "Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos", verkennt sie, dass soeben umgeschulte behinderte Menschen insoweit nicht mit Personen gleichgestellt werden können, die bereits im Arbeitsmarkt etabliert sind. Gerade für Personen wie den Kläger, die keinen Alg-Anspruch haben, wollte der Gesetzgeber einen besonderen Schutz für den Zeitraum von drei Monaten vorsehen. Der Erhalt des Anspruchs auf Anschluss-Übg auch bei einer Unterbrechung durch Aufnahme einer kurzfristigen Beschäftigung vermeidet außerdem Schwierigkeiten, die sich anderenfalls bei der Prüfung eines etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Beratungspflichten ergeben könnten. Dies zeigt gerade die vorliegende Fallgestaltung, in der die vom Kläger über die Arbeitsaufnahme informierte Beklagte ihrerseits die Förderung dieses Arbeitsplatzes durch einen Eingliederungszuschuss in Aussicht gestellt hatte.

26

e) Dem Kläger kann auch nicht - wie vom SG - entgegengehalten werden, er habe den Bescheid vom 15.3.2005, mit dem die Beklagte die frühere Bewilligung aufgehoben hat, nicht mit Widerspruch angegriffen, weshalb der Anspruch auf Anschluss-Übg erloschen sei. Denn unabhängig davon, ob nicht der Widerspruch des Klägers vom 14.4.2005 sinngemäß auch als Widerspruch bzw Überprüfungsantrag hinsichtlich des Bescheids vom 15.3.2005 aufzufassen ist, muss es dem Kläger unbenommen bleiben, dann einen neuen Antrag auf Wiederbewilligung von Übg zu stellen, wenn die zeitweise nicht mehr gegebenen Anspruchsvoraussetzungen erneut erfüllt sind. Letzteres ist - wie ausgeführt - der Fall.

27

f) Auch die vom LSG - entsprechend dem Antrag des Klägers - zugrunde gelegte Leistungsdauer bis 12.4.2005 ist nicht zu beanstanden (vgl dazu auch BSGE 86, 147, 152 f = SozR 3-4300 § 156 Nr 1).

28

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Juni 2013 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011, soweit darin Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 51,05 wegen Sachzuwendungen für den Beigeladenen zu 1) festgesetzt worden sind, aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 4).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 1.885,05 festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Rechtsstreit betrifft die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und die Umlage für das Insolvenzgeld in Höhe von noch EUR 92,22 auf Grund von Sachzuwendungen der Landesbausparkasse Baden-Württemberg (LBS) und der DekaBank Deutsche Girozentrale (DekaBank) an den bei der Klägerin beschäftigten Beigeladenen zu 1). Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin, die LBS und die DekaBank verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (SozialversicherungsentgeltverordnungSvEV) sind.
Die Klägerin ist eine öffentlich-rechtlich verfasste Sparkasse mit Sitz in Baden-Württemberg. Träger der Klägerin sind kommunale Gebietskörperschaften des Landes Baden-Württemberg, nämlich die Städte B. und S. sowie die Gemeinden G., Ü.-B., E. und W.. Die Klägerin und ihre Träger sind – wie alle (insgesamt 53) Sparkassen und ihre Träger, die ihren Sitz in Baden-Württemberg haben – gemäß § 37 Sparkassengesetz Baden-Württemberg (SpkG BW) Mitglieder des Sparkassenverbandes (im Folgenden: Sparkassenverband BW), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der Stimmanteil der Klägerin in der Verbandsversammlung des Sparkassenverbandes BW beträgt etwa 0,3 Prozent.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ist ein rechtsfähiger Verein. Der DSGV ist der Dachverband der Sparkassen-Finanzgruppe. Zu dieser Gruppe gehören 416 Sparkassen, sieben Landesbanken-Konzerne, die DekaBank, neun Landesbausparkassen, elf Erstversicherergruppen der Sparkassen und zahlreiche weitere Finanzdienstleistungsunternehmen (Stand Mai 2015). Mitglieder des DSGV sind indes nur die regionalen Sparkassen- und Giroverbände – darunter der Sparkassenverband BW – und die Landesbanken. Der DSGV ist Träger der zentralen Bildungseinrichtungen der Sparkassen-Finanzgruppe: der Management-Akademie und der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe (University of Applied Sciences). Weitere Gemeinschaftseinrichtungen sind zum Beispiel der Verein Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe, die E.-B.-Stiftung sowie die Sparkassenstiftung für internationale Kooperation. Der DSGV verwaltet zudem die institutssichernden Einrichtungen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz und den hierzu gebildeten Haftungsverbund sowie den Sicherungsfonds der Girozentralen und den Sicherungsfonds der Landesbausparkassen. Die Satzung des DSGV in der weiterhin gültigen Fassung vom 18. Dezember 2003 enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 2 Zweck
(1) Der Verband bezweckt nach Maßgabe dieser Satzung die Förderung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder und der angeschlossenen Sparkassen durch Beratung, Erfahrungsaustausch und Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und sonstigen Anordnungen. Insbesondere obliegt ihm
a) die Vertretung der gemeinsamen Interessen bei Behörden und in der Öffentlichkeit,
b) die Festlegung der strategischen Ausrichtung der Sparkassenorganisation,
c) die Förderung und Vervollkommnung des Sparkassenwesens,
d) die Pflege des kommunalen Geld- und Kreditwesens,
e) die Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, insbesondere des Giroverkehrs, bei den Sparkassen und Girozentralen (Spargiroverkehr),
f) die Förderung des öffentlich-rechtlichen Bausparwesens,
g) die Förderung der Aus- und Fortbildung der Beamten und Angestellten der Sparkassen, Mitgliedsverbände und Girozentralen.
(2) […]
§ 2a Sicherungssystem der Sparkassenorganisation
Zur Sicherung ihrer Mitgliedsinstitute unterhält die Sparkassenorganisation Sicherungseinrichtungen, die die Institute selbst schützen und insbesondere deren Liquidität und Solvenz gewährleisten. [...].
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§ 3 Mitgliedschaft
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(1) Die Aufnahme als ordentliche Mitglieder können die für die deutschen Länder und Landesteile gebildeten rechtsfähigen Sparkassen- und Giroverbände sowie die Girozentralen beim Vorstand des Verbandes unter ausdrücklicher Anerkennung der Satzung schriftlich beantragen […].
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(2) […]
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§ 6 Organe des Verbandes
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Die Organe des Verbandes sind
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a) die Mitgliederversammlung,
b) der Vorstand.
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§ 11 Aufgaben des Vorstandes
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(1) Der Vorstand beschließt über alle Angelegenheiten, soweit nicht die Mitgliederversammlung zuständig ist. Er bestimmt insbesondere die Linien der Verbandspolitik auf allen Gebieten des Sparkassen- und Girowesens. […]
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Der DSGV ist zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, dem Bundesverband deutscher Banken, dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands und dem Verband deutscher Pfandbriefbanken in dem im August 2011 aus dem Zentralen Kreditausschuss (ZKA) hervorgegangenen Verband „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ zusammengeschlossen. Der DSGV ist zudem außerordentliches Mitglied des Österreichischen Sparkassenverbandes und des Verbandes Schweizerischer Kantonalbanken. Diese beiden Verbände wiederum sind außerordentliche Mitglieder des DSGV. Neben dem DSGV (Verein) existiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband ö. K. (öffentliche Körperschaft), in dem nur die regionalen Sparkassenverbände Mitglieder sind.
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Die LBS ist eine nach dem Sparkassenrecht des Landes Baden-Württemberg errichtete rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Träger der LBS sind der Sparkassenverband BW mit einem Stammkapitalanteil von 93,33 Prozent und die Landesbank Baden-Württemberg mit einem Stammkapitalanteil von 6,67 Prozent. Aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Sparkassenverband BW hat die Klägerin einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent an der LBS. Die Klägerin vertreibt unter anderem die Bausparverträge der LBS. Grundlage hierfür sind Vertriebsvereinbarungen zwischen der Klägerin und der LBS.
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Die DekaBank ist eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin und Frankfurt am Main. Anstaltsträger waren im streitgegenständlichen Zeitraum der DSGV ö. K. und über die GLB GmbH & Co. OHG verschiedene Landesbanken mit jeweils hälftiger Beteiligung am Stammkapital. Der über die Mitgliedschaft im Sparkassenverband BW und dessen Mitgliedschaft im DSGV vermittelte rechnerische Anteil der Klägerin an der DekaBank beträgt 0,13 Prozent. Die Klägerin vertreibt die Fondsprodukte der DekaBank auf Grundlage entsprechender Vertriebsvereinbarungen.
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Beschäftigte der Klägerin erhielten in den Jahren 2007 bis 2010 Sachleistungen der LBS und der DekaBank, hierunter der Beigeladene zu 1), der in den Jahren 2007, 2008 und 2010 Sachleistungen der LBS erhielt. Sachzuwendungen seitens der DekaBank erhielt der Beigeladene zu 1) in den Jahren 2007 bis 2010 nicht.
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Vom 1. März 2011 bis zum 20. April 2011 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2010 durch. Mit Schreiben vom 6. April 2011 kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin an, Nachforderungen zur Sozialversicherung für den Prüfzeitraum in Höhe von insgesamt EUR 1.885,05 zu erheben. Die den Arbeitnehmern der Klägerin gewährten Sachleistungen stammten von sogenannten verbundenen Unternehmen. Die Sachleistungen würden zwar nach § 37b Einkommensteuergesetz (EStG) pauschal versteuert. Es handele sich jedoch um Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung, so dass Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern seien. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung verträten den Standpunkt, dass die Pauschalbesteuerung von Sachzuwendungen nach § 37b EStG keinerlei Auswirkung für die Sozialversicherung habe, denn die SvEV sehe für den Fall der Pauschalierung derartiger Sachzuwendungen keine Beitragsfreiheit vor. Die nach § 37b EStG pauschal versteuerten Sachzuwendungen gehörten daher zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung. Dabei liege in den Fällen, in denen das Unternehmen die Sachzuwendungen nicht an seine eigene Arbeitnehmer, sondern an Arbeitnehmer anderer Unternehmen leisten, eine Arbeitsentgeltzahlung durch Dritte vor. Dies bedeute, dass der Arbeitgeber, bei dem der betroffene Arbeitnehmer beschäftigt sei, die aus der Sachzuwendung anfallenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu zahlen habe, obwohl er die Sachzuwendung gar nicht gewährt habe. Das Unternehmen, das die Sachzuwendung an die Mitarbeiter anderer Unternehmen leistet, habe daraus keine Beiträge abzuführen, denn der Erhalt solcher Sachzuwendungen begründe zu dem fremden Unternehmen kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Durch eine Änderung der SvEV sei ab dem 1. Januar 2009 geregelt, dass nach § 37 EStG pauschal besteuerte Sachleistungen an Arbeitnehmer eines Dritten sozialversicherungsfrei seien, soweit es sich nicht um Beschäftigte eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens handele. Bei Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen bestehe nach Meinung des Gesetzgebers kein Bedürfnis, diese von der Beitragspflicht auszunehmen, da auf Grund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könnte.
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Die Klägerin verwies mit Schreiben vom 19. April 2011 darauf, dass es sich bei der LBS und der DekaBank nicht um mit ihr verbundene Unternehmen im Sinne des § 15 ff. Aktiengesetz (AktG) oder „§ 251“ (richtig § 271) Handelsgesetzbuch (HGB) handele.
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Mit Bescheid vom 28. April 2011 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 1.885,05 fest. Davon entfallen auf die Zeit ab dem 1. Januar 2009 Beiträge in Höhe von insgesamt EUR 724,89. In der Gesamtforderung sind aufgrund der Sachleistungen an den Beigeladenen zu 1) (2007: EUR 40,23; 2008; EUR 60,69; 2010: EUR 127,78) Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie die Umlage für das Insolvenzgeld (für den Monat Dezember 2010) in Höhe von EUR 92,22 (2007: EUR 16,56; 2008: EUR 24,61; 2010: EUR 51,05) enthalten. Zur Begründung wiederholte die Beklagte ihre Ausführungen aus dem Schreiben vom 6. April 2011. Ergänzend führte sie aus, dass gemäß § 271 Abs. 1 HGB Beteiligungen an anderen Unternehmen, die bestimmt seien, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenem Unternehmen zu dienen, verbundene Unternehmen seien. Dabei sei es unerheblich, ob die Anteile in Wertpapieren verbrieft seien oder nicht. Träger der DekaBank sei unter anderem der Deutsche Sparkassenverband. Die LBS gehöre zur Sparkassen-Finanzgruppe. Hieraus ergebe sich, dass die DekaBank und die LBS verbundene Unternehmen der Klägerin seien.
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Hiergegen erhob die Klägerin am 1. Juni 2011 Widerspruch, soweit die Beitragsnachforderungen die Jahre 2009 und 2010 betreffen. Der Begriff der verbundenen Unternehmen sei ein feststehender Begriff, der in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV verwendet, aber dort nicht erläutert werde. Die Überlegung des Gesetzgebers sei gewesen, dass im Sinne eines Mutter-Tochter-Verhältnisses miteinander verbundene Unternehmen die zur Lohnsteuerabführung oder Sozialversicherungsbeitragserhebung relevanten Daten bei Tochter- bzw. Mutternehmen leichter feststellen könnten. Das Missverständnis der Beklagten rühre daher, dass in dem Bescheid der Begriff der Beteiligungen nach § 271 Abs. 1 HGB nicht vom Begriff der verbundenen Unternehmen unterschieden werde. Entscheidend sei allein § 271 Abs. 2 HGB, der den Begriff der verbundenen Unternehmen definiere. Verbundene Unternehmen seien demnach nur Mutter- oder Tochterunternehmen (mit gemeinsamem Konzernabschluss etc.). Mangels entsprechender Beteiligungsverhältnisse sei sie sicher kein mit der LBS oder DekaBank im Sinne des § 271 Abs. 2 HGB verbundenes Unternehmen.
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Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2011 zurück. Die DekaBank und die LBS seien verbundene Unternehmen der Klägerin im Sinne der §§ 15 ff. AktG. Die DekaBank sei der zentrale Vermögensverwalter der Deutschen Sparkassen-Finanzgruppe. Die Vertriebspartner für die Fonds seien Sparkassen und Landesbanken in Deutschland. Anteilseigner seien zu jeweils 50 Prozent die Landesbanken und die regionalen Sparkassenverbände. Die LBS gehöre ebenfalls zur Sparkassen-Finanzgruppe und werde von der Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen betreut. Die DekaBank sowie die LBS seien zwar rechtlich selbständige Unternehmen, jedoch seien sie als Mitglieder der Sparkassen-Finanzgruppe wirtschaftlich miteinander verbunden. Sofern bei einem Mitglied wirtschaftliche Schwierigkeiten bestünden, werde die Liquidität dieses Mitglieds durch die weiteren Mitglieder der Sparkassen-Finanzgruppe gewährleistet.
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Hiergegen erhob die Klägerin am 12. August 2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Sie und die LBS bzw. die DekaBank seien keine verbundenen Unternehmen. Sie habe keine unmittelbaren Mitwirkungs- und Besetzungsrechte in den Organen der LBS. Eine gesellschafterähnliche Einflussmöglichkeit habe sie allenfalls durch die Mitgliedschaft im Sparkassenverband BW, wo ihr Stimmenanteil in der Mitgliederversammlung jedoch nur 0,3 Prozent betrage. Ihr rechnerischer Anteil an der LBS betrage 0,17 Prozent. Sie und die LBS seien auch nicht Teil eines Konzerns, denn sie unterstünden keiner einheitlichen Leitung. Der Sparkassenverband BW sei keine Instanz, die gegenüber der Klägerin eine Leitungsfunktion ausübe. Er vertrete die Interessen seiner Mitgliedssparkassen. Dies sei eine dienende Rolle. Zwischen ihr – der Klägerin – und der LBS bestünden auch keine Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291, 292 AktG. Ihr rechnerischer Anteil an der DekaBank betrage 0,13 Prozent. Der Umstand, dass sie die Kapitalanlageprodukte (Investmentfonds) der DekaBank aufgrund einer Vertriebsvereinbarung vertreibe, begründe für keine der Parteien einen beherrschenden Einfluss auf die jeweils andere Partei. Sie und die DekaBank seien auch nicht Teil eines Konzerns, denn sie unterständen keiner einheitlichen Leitung. Zwischen ihr und der DekaBank bestünden auch keine Unternehmensverträge. Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, dass Leistungen Dritter nicht in das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt einzurechnen seien. Die Durchbrechung des Grundsatzes solle auf verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG bzw. des § 271 Abs. 2 HGB beschränkt bleiben, weil nur in diesen Fällen ein wechselseitiger Zugriff auf die für die Beitragsermittlung relevanten Daten leicht herstellbar sei. Einen solchen Zugriff auf die für die Sozialversicherungsabgaben relevanten Daten der LBS und der DekaBank habe sie – die Klägerin – nicht. Der Hinweis der Beklagten, dass die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe einem gemeinsamen Anlagensicherungssystem angehörten und dazu Beiträge in einen gemeinsamen Stützungsfonds zahlten, sei zwar richtig, trage jedoch zur Frage, ob die Tatbestandsmerkmale der §§ 15 ff. AktG oder des § 271 Abs. 2 HGB erfüllt seien, nichts bei. Die Beklagte scheine (inzwischen) eingesehen zu haben, dass gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen ihr – der Klägerin – und der LBS bzw. zwischen ihr – der Klägerin – und der DekaBank, die eine Einordnung als verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG bzw. § 271 HGB tragen könnten, nicht bestünden. Sie verkenne aber weiterhin grundlegend die Struktur der Sparkassen-Finanzgruppe und die Rolle des DSGV. Bei der Sparkassen-Finanzgruppe handele es sich nicht etwa um eine juristische Person, sondern um die Bezeichnung für ein Netzwerk rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Unternehmen der Finanzbranche. Das Gesamtbild des DSGV ergebe keine Leitungsmacht gegenüber den Instituten der Sparkassen-Finanzgruppe. Der DSGV sei der bundesweite Spitzenverband der 429 deutschen Sparkassen und ihrer Verbundunternehmen. Als Dachverband vertrete er die gemeinsamen politischen Interessen der Sparkassen und Verbundunternehmen, wie Landesbanken, Landesbausparkassen und öffentlichen Versicherern, in der Öffentlichkeit sowie gegenüber Parlamenten, Regierungen und Behörden. Leitungsmacht im konzernrechtlichen Sinne sei damit nicht verbunden. In der Vertretung gegenüber der Politik organisiere der DSGV auch die strategische Ausrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe. Gemeint sei damit jedoch lediglich, dass der DSGV ein gemeinsames politisches Grundverständnis der Sparkassen organisiere. Zudem erarbeite der DSGV in Abstimmung mit seinen Mitgliedern Konzepte, Lösungsvorschläge und Strategien. Diese Verbundzusammenarbeit bedeute jedoch genau das Gegenteil einer Konzernleitung. Während dem Konzern die Willensbildung von der Spitze nach unten zur Basis erfolge, erfolge die Willensbildung im Verbund in umgekehrter Richtung. Der DSGV als Dachverband erfülle dabei ebenso wie die Verbundunternehmen eine dienende Funktion für die Sparkassen. Außerdem entscheide jede einzelne Sparkasse frei und eigenständig, ob sie im DSGV erarbeitete Vorschläge in der Praxis umsetzen wolle. Ein „Durchregieren“ vom Dachverband zu den einzelnen Sparkassen, wie es für die Leitungsmacht im Konzern erforderlich wäre, gebe es nicht. Das gelte für alle von der Beklagten angesprochenen Themenfelder des Bankgeschäfts. Auch ein zentrales Finanzmanagement in dem Sinne, dass eine Stelle für alle Mitglieder der Gruppe die Finanzmittel zuteile, gebe es im Verhältnis des DSGV zu den Sparkassen nicht. Insbesondere stelle das Institutssicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe kein zentrales Finanzmanagementsystem dar. Die Zugehörigkeit der Sparkassen zum gemeinsamen Haftungsverbund, einem Institutssicherungssystem nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, begründe auch sonst keine Konzernstruktur. Hiervon gehe auch das Bankenaufsichtsrecht aus. Es unterscheide z.B. in § 10c Gesetz über das Kreditwesen (KWG) in den Abs. 1 und 2 zwischen Konzernstrukturen auf der einen Seite und Unternehmen, die Mitglieder derselben institutsbezogenen Sicherungssysteme seien, auf der anderen Seite. § 10c Abs. 1 KWG erfasse die Konzernstrukturen. § 10c Abs. 2 KWG fasse die Fälle der Mitgliedschaft in einem gemeinsamen Institutssicherungssystem. Diese Unterscheidung wäre überflüssig, wenn das gemeinsame Institutssicherungssystem zugleich zu einer Konzernbildung führen würde. Die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe bildeten einen Verband, seien jedoch keine verbundene Unternehmen im Sinne des Konzernrechts, da eine einheitliche Leitung fehle. Von dieser Unterscheidung gehe das Bankaufsichtsrecht auch in anderem Zusammenhang aus. Es unterscheide etwa in § 7 Abs. 4 Nr. 2 Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG) zwischen einer Unternehmensgruppe, bei der „eines der verbundenen Unternehmen die tatsächliche Kontrolle über die anderen ausübt“ und „kreditwirtschaftlichen Verbundgruppen“, die diese Voraussetzungen nicht erfüllten.
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Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der DSGV vertrete die Interessen der Sparkassen-Finanzgruppe und organisiere die Willensbildung innerhalb der Gruppe. Darüber hinaus lege er die strategische Ausrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe fest. Hierzu erarbeite er in Abstimmung mit seinen Mitgliedern und den Verbundunternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe Konzepte und Strategien für eine erfolgreiche Marktbearbeitung der Sparkassen. Dies betreffe die gesamte Breite der markt- und betriebsstrategischen Themen, angefangen von der Produktentwicklung und Abwicklung über das Risikomanagement und die Gesamtbanksteuerung, dem Karten- und Zahlungsverkehr bis hin zur ganzheitlichen Beratungsansätzen für alle Kundensegmente. Zudem verwalte er die institutssichernden Einrichtungen nach dem Einlagensicherungs- und Anlageentschädigungsgesetz und den hierzu gebildeten Haftungsverbund sowie den Sicherungsfonds der Girozentralen und den Sicherungsfonds der Landesbausparkassen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AktG sei entscheidend für das Vorliegen eines Konzernes die Zusammenfassung mehrerer Unternehmen unter einheitlicher Leitung, nicht begriffsnotwendig sei dagegen das Vorhandensein von Abhängigkeit. Deshalb werde zwischen Unterordnungskonzern (mit Abhängigkeit) und Gleichordnungskonzern (ohne Abhängigkeit) unterschieden. Eine einheitliche Leitung liege insbesondere dann vor, wenn die Unternehmen der Gruppe in ein einheitliches Finanzmanagement eingebunden seien; bei der Koordination anderer Führungsbereiche (Produktion, Vertrieb, Datenverarbeitung u.a.) komme es auf das Gesamtbild an. Sie sehe eine einheitliche Leitung als gegeben an. Eine einheitliche Leitung beinhalte kein generelles Weisungsrecht. Die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe seien Konzernunternehmen, die unter dem Dach des DSGV einen Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG darstellten. Für eine einheitliche Leitung genüge es bereits, wenn wesentliche Leitlinien der Unternehmenspolitik der Konzernunternehmen zentral erarbeitet würden und die Koordination grundsätzlicher und strategischer Fragen „unter einem Dach“ erfolge. „Leitung“ sei nicht allein im Sinne von unmittelbarer Führung mit Weisungsmacht und Kontrollrechten zu verstehen, sondern zur „Leitung“ gehörten auch Planungs-, Organisations- und Koordinationsfunktionen. Derartige Funktionen nehme der DSGV für die gesamte Sparkassen-Finanzgruppe wahr. Unabhängig davon sei der Begriff der „verbundenen Unternehmen“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 14 SvEV im Rahmen einer teleologischen Auslegung nicht allein auf verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG oder § 271 HGB zu beschränken.
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Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27. Juni 2013 ab. Bei den Zuwendungen an die Mitarbeiter der Klägerin handele es sich um der Beitragsbemessung unterliegendes Arbeitsentgelt. Die Zuwendungen stünden nämlich in einem ursächlichen Zusammenhang zu dem Beschäftigungsverhältnis der Mitarbeiter der Klägerin und seien damit im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt. Da es sich bei der DekaBank und der LBS um der Klägerin verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV handele, seien sie von der Berücksichtigung als Arbeitsentgelt auch nicht ausgeschlossen. Nach der Begründung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV solle die Neuregelung sicherstellen, dass pauschal besteuerte Zuwendungen, die an Arbeitnehmer eines fremden Dritten – mit Ausnahme der Arbeitnehmer verbundener Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG oder § 251 HGB (gemeint sei offensichtlich § 271 HGB) – geleistet würden, nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen seien. Mit der Ausnahme der Arbeitnehmer verbundenen Unternehmen werde dem Umstand Rechnung getragen, dass in diesem Fall kein Bedürfnis für eine Ausnahme von der Beitragspflicht bestehe, da aufgrund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe der beitragspflichtigen Entgelte ebenso wie bei den eigenen Unternehmen ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könne. Der DSGV vertrete die Interessen der Sparkassen-Finanzgruppe und organisiere die Willensbildung innerhalb der Gruppe. Darüber hinaus lege er die strategische Ausrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe fest. Hierzu erarbeite er in Abstimmung mit seinen Mitgliedern und Verbundunternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe Konzepte und Strategien für die erfolgreiche Marktbearbeitung der Sparkassen. Damit sei vom Vorliegen einer einheitlichen strategischen Ausrichtung, einheitlichen Zielvorgaben und damit eines in wesentlichen Bereichen gleichgerichteten Verhaltens der Verbundunternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe auszugehen. Aufgrund dieser Umstände sei die Annahme einer einheitlichen Leitung gerechtfertigt. Der Begriff des Gleichordnungskonzerns sei dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Unternehmen, die vertraglich oder auch nur faktisch verbunden seien, unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst seien, ohne dass das eine Unternehmen zu dem anderen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehe. Sei eine vertragliche Absprache nicht festzustellen, komme ein faktischer Gleichordnungskonzern dann in Betracht, wenn die Begründung einer einheitlichen Leitung der nicht abhängigen Unternehmen aus den Gesamtumständen, insbesondere aufgrund personeller Verpflichtung, einheitlicher Zielvorgaben und eines gleich gerichteten Falls der Konzerngesellschaften geschlossen werden könne.
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Gegen das ihr am 8. Juli 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. August 2013 Berufung eingelegt. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV erfasse keine Gleichordnungskonzerne. Die Begründung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV verweise auf §§ 15 ff. AktG sowie auf § 251 HGB, wobei es sich bei letzterem offensichtlich um ein Redaktionsversehen handele und § 271 HGB gemeint sei. Wenn dies so sei, dann würden nur Unterordnungskonzerne erfasst. Gleichordnungskonzerne würden hingegen von § 271 Abs. 2, § 290 HGB unstreitig nicht erfasst. Was unter verbundenen Unternehmen außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereiches der §§ 15 ff. AktG zu verstehen sei, stehe nicht einmal bei einem ausdrücklichen Verweis auf die §§ 15 ff. AktG fest. Das zutreffende Begriffsverständnis der verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG sei daher anhand des jeweils einschlägigen spezifischen Normzwecks zu ermitteln. Die steuerliche Pauschalierungsvorschrift des § 37b EStG sei ursprünglich ohne die sozialversicherungsrechtliche Komponente geschaffen worden. Die Sozialversicherungspflicht habe jedoch bei eigenen Mitarbeitern des Unternehmens greifen sollen, da die sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse der Zuwendungsempfänger ohne Weiteres bekannt seien. Dem Arbeitgeber gleichgestellt würden durch die SvEV solche Unternehmen, die – auf rechtlich gesichertem Wege – Einblick in die sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse erhalten könnten. Zum Normzweck der Rückausnahme heiße es in der Begründung zur SvEV, dass bei Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen kein Bedürfnis bestehe, diese von der Beitragspflicht auszunehmen, da aufgrund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Unternehmen ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könne. Aus diesem Normzweck folge, dass verbundene Unternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV nur abhängige und herrschende Unternehmen in einem Unterordnungskonzern im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG sein könnten. Es sei nämlich nur für Unterordnungskonzerne anzunehmen, dass aufgrund der inneren Verflechtung der Unternehmen eine Ermittlung des beitragspflichtigen Entgelts wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand möglich sei. Für den Zugriff auf solche Informationen sei erforderlich, dass die betroffenen Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Dies sei nur der Fall bei Abhängigkeitsbeziehungen im Sinne des § 17 AktG, nicht jedoch beim Gleichordnungskonzern. Die Weitergabe von Daten innerhalb eines Konzernes, also etwa von einer Konzerntochter an die Konzernmutter, sei eine Weitergabe an Dritte und damit datenschutzrechtlich grundsätzlich unzulässig, solange keine Einwilligung der betroffenen Einzelpersonen vorliege oder eine Rechtsvorschrift die Weitergabe erlaube (§ 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz [BDSG]). Eine gängige Lösung dieses Problems liege im Abschluss einer Konzernbetriebsvereinbarung über den Datenaustausch, die Erlaubnisnorm im Sinne von § 4 Abs. 1 BDSG sei. Handele es sich um ein konzernweites Personalinformationssystem – und nur ein solches ermögliche eine Ermittlung der beitragspflichtigen Entgelte ohne erhöhten Aufwand – falle der Abschluss der Betriebsvereinbarung in die Zuständigkeit eines Konzernbetriebsrats (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz [BetrVG]). Ein Konzernbetriebsrat könne gemäß § 54 Abs. 1 BetrVG wiederum nur in einem Konzern im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG gebildet werden, also im Unterordnungskonzern. Im Gleichordnungskonzern und in den anderen Fällen des § 15 AktG könne ein Konzernbetriebsrat nicht errichtet werden. Auch im Mitbestimmungsrecht werde der Gleichordnungskonzern nicht dem Unterordnungskonzern gleichgesetzt. Schon diese Überlegungen zeigten, dass der Normzweck in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV typischerweise nur in einem Unterordnungskonzern im Sinne von § 17, § 18 Abs. 1 AktG erreichbar sei. Nur im Unterordnungskonzern bestünden die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten, um die Höhe des beitragspflichtigen Entgeltes ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermitteln zu können. Nachdem die Beklagte ihr im Rahmen der Betriebsprüfung aufgegeben habe zu ermitteln, welche pauschal versteuerten Zuwendungen die LBS und die DekaBank an Mitarbeiter gezahlt habe, habe sie die Personalabteilungen der LBS und der DekaBank angeschrieben und die von der Beklagten erwähnten Auskünfte bekommen. Auf diesem Wege hätte die Klägerin die Informationen wohl auch bei jedem anderen Unternehmen erfragen können, das dem deutschen Steuer- und Sozialversicherungsrecht unterworfen sei. Im Übrigen bildeten sie und die LBS bzw. die DekaBank keinen Gleichordnungskonzern. Ein Gleichordnungskonzern nach § 18 Abs. 2 AktG entstehe durch einheitliche Leitung mehrerer Unternehmen ohne Beherrschung und Abhängigkeit. Ein vertraglicher Gleichordnungskonzern komme hier nicht in Betracht, weil keine Vereinbarung existiere, nach der sie und die anderen betroffenen Unternehmen sich einer einheitlichen Leitung durch ein besonderes Leitungsunternehmen unterstellten. Sie habe sich auch nicht der einheitlichen Leitung des DSGV oder eines anderen Unternehmens der Sparkassenorganisation in einem faktischen Gleichordnungskonzern unterstellt. Ein faktischer Gleichordnungskonzern mit einheitlicher Leitung bestehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 1/10 R – in juris), wenn die Unternehmensleitungen ganz oder überwiegend personenidentisch besetzt seien und diese durch einen gemeinsamen Allein- oder Mehrheitsgesellschafter oder eine Gesellschaftergruppe koordiniert würden. Keine einzige dieser Voraussetzungen sei hier erfüllt. Sie – die Klägerin – habe keinen Allein- oder Mehrheitsgesellschafter, der auch an anderen Unternehmen der Sparkassenorganisation beteiligt sei. Als Anstalt des öffentlichen Rechts habe sie schon keine Gesellschafter. Ihre Träger seien an keiner anderen Sparkasse oder dem DSGV als Träger oder kapitalmäßig beteiligt. Zudem sei weder die LBS, die DekaBank oder der DSGV noch irgendein anderes Mitglied der Sparkassenorganisation an ihr beteiligt. Ein faktischer Gleichordnungskonzern ohne gesellschaftsrechtliche Verpflichtung bzw. ohne gemeinsame Mehrheitsbeteiligung eines dritten Unternehmens sei nur in Ausnahmefällen denkbar. Ein solcher Ausnahmefall liege hier nicht vor. Auch personelle Verflechtungen zwischen ihr und dem DSGV gebe es nicht. Das SG gehe zudem zu Unrecht davon aus, dass der DSGV gegenüber ihr die einheitliche Leitung im konzernrechtlichen Sinne ausübe. Voraussetzung für die einheitliche Leitung eines Konzerns im Sinne von § 18 AktG sei, dass wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen in zentralen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus einheitlich bzw. koordiniert wahrgenommen würden. Für die einheitliche Leitung verlange der Gesetzgeber, dass die Geschäftspolitik der Unternehmen in großen Linien einheitlich festgelegt werde und wichtige Fragen der Geschäftsführung aufeinander abgestimmt würden, also eine koordinierte Planung in Zentralunternehmensbereichen wie z.B. Finanzen, Einkauf oder Verkauf. Eine einheitliche Leitung zeige sich vor allem in der Festlegung der strategischen Unternehmensziele und in einer konzerneinheitlichen Investitions- und Finanzpolitik, in der letzten Entscheidung über Maßnahmen von besonderer Bedeutung und in der Besetzung der Führungspositionen. Gleichordnungskonzerne seien von einer bloßen Unternehmenskooperation abzugrenzen. Ein Gleichordnungskonzern könne deshalb grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die einheitliche Leitung die verbundenen Unternehmen in ihrer Gesamtheit erfasse, während es nicht genüge, wenn sich die Koordinierung der Geschäftspolitik der Unternehmen auf einzelne Aspekte der Unternehmenspolitik beschränke. Die informelle Koordination einzelner Bereiche genüge nicht. Auch im Gleichordnungskonzern müsse die Zusammenfassung ein tendenziell organisatorisches Gepräge aufweisen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Zusammenarbeit innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe sei nicht gleichzusetzen mit einem Konzern unter einheitlicher Leitung. Aufgrund einer dezentralen regionalen Ausrichtung der Sparkassen gebe es schon kein übergreifendes Konzerninteresse, aus dem sich eine übergreifende Zielkonzeption für die Leitung der einzelnen Sparkassen ergeben könnte. Der DSGV wäre auch nicht zur Durchführung und Kontrolle einer solchen konzernweiten Zielkonzeption in der Lage. Dafür seien andere Stellen, insbesondere die Trägerversammlung und/oder der Verwaltungsrat der Sparkassen zuständig. Eine einheitliche Leitung würde im Übrigen unstreitig voraussetzen, dass jedenfalls der Finanzbereich der verbundenen Unternehmen zentral koordiniert werde. Ihre – der Klägerin – jährliche Budget- und Finanzplanung obliege ihrem Vorstand; der Verwaltungsrat stelle diese fest. Der DSGV habe hierauf keinerlei Einfluss. Eine andere Betrachtung wäre auch nicht gerechtfertigt, wenn – wie vom SG behauptet – der DSGV die Strategie der Sparkassen-Finanzgruppe festlegen würde. Denn dies könne nicht die Annahme einer einheitlichen Leitung im konzernrechtlichen Sinne begründen. Wie sich aus der Satzung des DSGV ergebe, könne der DSGV allenfalls die Strategie der Sparkassenorganisation als solche festlegen, keinesfalls aber die unternehmerische Strategie der einzelnen Sparkassen. Die Betrachtung der kartellrechtlichen Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zu Sparkassen zeige, dass die Einschätzung des SG unhaltbar sei, aufgrund des Bestehens eines gemeinsamen Dachverbandes liege ein faktischer Gleichordnungskonzern vor. Die Kartellbehörden und die kartellrechtliche Rechtsprechung sähen die Sparkassen nämlich nicht als Mitglieder eines Gleichordnungskonzerns. Die Grundnorm der materiellen Fusionskontrolle (§ 36 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen [GWB]) enthalte in ihrem Abs. 2 die sogenannte Verbundklausel, die darüber entscheide, ob verbundene Unternehmen vorliegen, die kartellrechtlich als Einheit anzusehen seien. Die Verbundklausel knüpfe an die aktienrechtlichen Bestimmungen über abhängige und herrschende Unternehmen sowie bei Konzernunternehmen (§§ 17, 18 AktG) an. Die Praxis des Bundeskartellamts zur Sparkassenfusionskontrolle widerlege die Behauptung des SG, dass alle Sparkassen zusammen mit den Landesbanken und Landesbausparkassen einen Gleichordnungskonzern bildeten. Denn eine Fusionskontrolle wäre bei bereits als Gleichordnungskonzern verbundenen Unternehmen nicht erforderlich. So führe das Bundeskartellamt regelmäßig Fusionskontrollen zu Zusammenschlüssen einzelner Sparkassen oberhalb der relevanten Umsatzschwellen durch. Die Beklagte verkenne die Organisationsstruktur und die Aufgabenverteilung in der Sparkassen-Finanzgruppe mit ihren mehr als 400 Sparkassen. Die Sparkassen-Finanzgruppe sei ein Netzwerk dezentral geführter Unternehmen, die in einzelnen Bereichen zusammenarbeiteten.
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Die Klägerin beantragt,
32 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 aufzuheben, soweit die Beklagte wegen des Beigeladenen zu 1) Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie die Umlage für das Insolvenzgeld in Höhe von EUR 92,22 nachfordert.
33 
Die Beklagte beantragt,
34 
die Berufung zurückzuweisen.
35 
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Sie ist der Ansicht, dass lediglich zu entscheiden sei, ob ein Gleichordnungskonzern nach § 18 Abs. 2 AktG bestehe. Sie verkenne nicht, dass es sich bei dem DSGV um einen eingetragenen Verein handle, der von den Mitgliedern auf freiwilliger Grundlage gebildet werde. Gleichwohl betrachte sie diesen für den Fall einer Mitgliedschaft als Gleichordnungskonzern. Ein Gleichordnungskonzern bestehe bei einheitlicher Leitung mehrerer Unternehmen ohne gleichzeitige Abhängigkeit. Ein Gleichordnungskonzern liege bereits darin begründet, dass ein freiwilliger Zusammenschluss unter einer gemeinsamen Verbandsleitung gebildet worden sei, welche die Interessen der Mitglieder vertrete.
36 
Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
37 
Die Klägerin und die Beklagte haben auf Vorschlag des früheren Berichterstatters unter dem 25. August bzw. 4. September 2014 vereinbart, den Streitstoff auf die Forderung der Beklagten hinsichtlich der Sachleistungen an den Beigeladenen zu 1) zu begrenzen und eine rechtskräftige Entscheidung in diesem Verfahren auf die Forderung hinsichtlich aller weiteren in Anlage 1 der Vereinbarung genannten Mitarbeiter der Klägerin zu übertragen.
38 
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
39 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Beschwerdewert bei Einlegung der Berufung EUR 1.885,05 betrug und damit der Betrag von EUR 750,00 überschritten ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Dabei ist unschädlich, dass im Vorverfahren dieser Betrag nicht erreicht war (dazu unter a) und im Berufungsverfahren inzwischen nicht mehr erreicht wird (dazu unter b).
40 
a) Die Klägerin hat den Bescheid vom 28. April 2011 mit ihrem Widerspruch vom 1. Juni 2011 nur insoweit angegriffen, als die Beitragsforderungen die Jahre 2009 und 2010 betreffen. Für diese Jahre hatte die Beklagte nur einen Betrag von EUR 724,89 festgesetzt. Im Klageverfahren hat die Klägerin indes den Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 ohne Einschränkung angegriffen, so dass der Ausgangsbescheid vollumfänglich zum Gegenstand des Rechtsstreites geworden ist, auch wenn die Klage hinsichtlich der Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2007 und 2008 (in Höhe von EUR 1.160,16) unzulässig war, weil der Bescheid vom 28. April 2011 insoweit bestandskräftig geworden ist. Auch mit der Berufung griff die Klägerin den Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 ohne Einschränkung an, so dass diese Bescheide insgesamt und damit mit einem Beschwerdewert von EUR 1.885,05 Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind.
41 
b) Zwar sind aufgrund der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 25. August bzw. 4. September 2014 nur noch die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) streitig; diese betragen für die Jahre 2007, 2008 und 2010 lediglich EUR 92,22. Indes ist für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – in juris, Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – in juris, Rn. 13; Breitkreuz/Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 144 Rn. 6; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24). Erfolgt anschließend eine Abtrennung von Verfahrensteilen, die zur Folge hat, dass der Beschwerdewert den für eine zulassungsfreie Berufung maßgeblichen Wert nicht mehr übersteigt, führt dies nicht nachträglich dazu, dass die Berufung zulassungsbedürftig würde (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – in juris, Rn. 17). Das Gleiche gilt, wenn der Rechtsmittelführer im Berufungsverfahren seinen Anspruch reduziert (BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – in juris, Rn. 13; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24). Deswegen ist es unschädlich, dass die Klägerin ihre Klage auf Vorschlag des früheren Berichterstatters zur Vermeidung der Notwendigkeit der Beiladung aller von der Beitragsnachforderung betroffenen Beschäftigten auf der Grundlage der Verfahrensvereinbarung mit der Beklagten reduziert hat. Ein Fall willkürlicher Beschränkung, der ausnahmsweise zum Wegfall der Zulässigkeit der Berufung führen könnte (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 65/82 – in juris, Rn. 16 m.w.N.; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24), aber nur dann anzunehmen ist, wenn es an einem vernünftigen Grund für die Einschränkung des Rechtsmittel fehlt (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 65/82 – in juris, Rn. 16), liegt damit hier ersichtlich nicht vor.
II.
42 
Die Berufung ist teilweise begründet. Das SG hat die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen.
43 
Das SG hat die Klage nur insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen, als die Beklagte im Bescheid vom 28. April 2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzt hat. Denn in diesem Umfang ist der Bescheid vom 28. April 2011 bestandskräftig geworden und die Klage mangels Durchführung des Vorverfahrens unzulässig gewesen, weil die Klägerin den Bescheid nur hinsichtlich der Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 mit dem Widerspruch angefochten hat.
44 
Soweit der Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 die Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 betrifft, war die Klage indes zulässig und begründet. Dabei ist aufgrund des zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vergleiches nur noch streitgegenständlich, ob die dem Beigeladenen zu 1) gewährten Sachzuwendungen sozialversicherungspflichtig sind. Im zulässigerweise streitgegenständlichen Zeitraum betrifft dies nur Sachzuwendungen der LBS (in Höhe von EUR 127,78 im Jahr 2010) und hierauf beruhende Beitragsforderungen in Höhe von EUR 51,05. Zuwendungen der DekaBank hat der Beigeladene zu 1) in den Jahren 2009 und 2010 nicht erhalten. Diese Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 51,05 aufgrund der Sachzuwendung des LBS an den Beigeladenen zu 1) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Sachzuwendung ist nicht sozialversicherungspflichtig.
45 
1. Rechtsgrundlage für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen durch die Beklagte ist § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5).
46 
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichten aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden durch eine monatliche Umlage, die nach einem Prozentsatz des Arbeitsentgelts (Umlagesatz) zu erheben ist, von den Arbeitgebern aufgebracht und sind zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen (§§ 358 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 359 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung [UVMG] vom 30. Oktober 2008 [BGBl. I S. 2130]).
47 
2. Im zulässigerweise streitigen Zeitraum (1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010) war der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin beschäftigt (§ 7 Abs. 1 SGB IV) und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – m.w.N., in juris, Rn. 8).
48 
a) Der Höhe nach bestimmt sich der geschuldete Gesamtsozialversicherungsbeitrag in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich dem Recht der Arbeitsförderung nach dem Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 161 Abs. 1, § 162 Nr. 2 SGB VI, § 57 Abs. 1 SGB XI, § 341 Abs. 3 Satz 1, § 342 SGB III, § 358 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
49 
Durch § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der bis zum 10. August 2010 geltenden Fassung war die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, (1.) dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten, (2.) dass Beiträge an Direktversicherungen und Zuwendungen an Pensionskassen oder Pensionsfonds ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten, (3.) wie das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen und das Gesamteinkommen zu ermitteln und zeitlich zuzurechnen sind, (4.) den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus für jedes Kalenderjahr. Dabei ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen.
50 
Von dieser Verordnungsermächtigung hat die Bundesregierung durch die Verordnung zur Neuordnung der Regelungen über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt vom 21. Dezember 2006 Gebrauch gemacht, deren Bestandteil als Art. 1 die SvEV ist (BGBl. I S. 3385). Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 14 SvEV in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung (geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 18. November 2008, BGBl. I S. 2220) sind dem Arbeitsentgelt Zuwendungen nach § 37b Abs. 1 EStG nicht zuzurechnen, soweit die Zuwendungen an Arbeitnehmer eines Dritten erbracht werden und diese Arbeitnehmer nicht Arbeitnehmer eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens sind. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der seit dem 11. August 2010 geltenden Fassung (geändert durch Art.1 Nr. 5 Drittes Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 5. August 2010, BGBl. I S. 1127) obliegt die Verordnungsbefugnis dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Wirksamkeit der zuvor erlassenen Verordnung bleibt davon unberührt.
51 
b) Bei den Zuwendungen der LBS an den Beigeladenen zu 1) handelt es sich um Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 EStG (dazu unter aa). Der Beigeladene zu 1) ist für die LBS Arbeitnehmer eines Dritten im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV (dazu unter bb). Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind keine verbundenen Unternehmen (dazu unter cc).
52 
aa) Bei den Zuwendungen der LBS an den Beigeladenen zu 1) handelt es sich um Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG. Zuwendungen in diesem Sinne sind betrieblich veranlasste Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleitung erbracht worden sind und Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht in Geld bestehen. Diese Voraussetzungen sind – dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, so dass sich auch insoweit eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt – erfüllt.
53 
bb) Dritter im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV ist, wer Arbeitgeber des Zuwendungsempfängers ist. Der Beigeladene zu 1) war zum Zuwendungszeitpunkt nicht Arbeitnehmer der LBS, sondern der Klägerin, so dass er für die LBS Arbeitnehmer eines Dritten war.
54 
cc) Die Klägerin und die LBS (ebenso wie die DekaBank) sind keine verbundenen Unternehmen.
55 
§ 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV definiert den Begriff des „verbundenen Unternehmens“ nicht. Übereinstimmende Vorgaben für die Auslegung dieses Begriffes lassen sich aber sowohl aus den entstehungsgeschichtlichen Materialien zu § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV als auch aus dem Umstand gewinnen, dass § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auf § 37b Abs. 1 EStG verweist, der den Begriff ebenfalls verwendet.
56 
Die Nr. 14 ist in § 1 Satz 1 SvEV durch Art. 1 Nr. 1 Buchstabe b die Erste Verordnung zur Änderung der SvEV vom 18. November 2008 (BGBl. I S. 2220) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eingefügt worden. In der Begründung der Bundesregierung zum Verordnungsentwurf wird ausgeführt, dass mit der neuen Nr. 14 geregelt werde, dass nach § 37b Abs. 1 EStG pauschal besteuerte Zuwendungen, „die an Arbeitnehmer eines fremden Dritten – mit Ausnahme der Arbeitnehmer verbundener Unternehmen i.S.d. §§ 15 ff. AktG oder § 251 HGB – geleistet werden,“ nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind (Bundesrats-Drucksache 652/08, S. 3). Bei Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen bestehe kein Bedürfnis, diese von der Beitragspflicht auszunehmen, da auf Grund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könne. Dies sei bei Arbeitnehmern eines fremden Dritten nicht der Fall.
57 
Die Begründung des Verordnungsentwurfes verweist also zum einen auf die Definition des Begriffs der „verbundenen Unternehmen“ in §§ 15 ff. AktG. Zum anderen verweist die Begründung auf die entsprechende Definition im HGB, wobei offenbar aufgrund eines Schreibfehlers § 251 HGB genannt wird; tatsächlich ist der Begriff in § 271 Abs. 2 HGB definiert. Die Begründung geht dabei zugleich davon aus, dass auf diesem Wege auch der Begriff des „verbundenen Unternehmens“ im Sinne des § 37b Abs. 1 EStG definiert wird. In der Tat geht auch die steuerrechtliche Literatur zu § 37 Abs. 1 EStG davon aus, dass der Begriff dort durch die Begriffsbestimmungen in den §§ 15 ff. AktG, § 271 HGB ausgefüllt wird (vgl. Ettlich, in: Blümich, EStG/KStG,GewStG, § 37b Rn. 62 [August 2014]). In § 38 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG verweist im Übrigen bereits der Gesetzeswortlaut für die Umschreibung des Begriffs „verbundene Unternehmen“ selbst auf § 15 AktG. Es ist kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, dass bei § 37b Abs. 1 EStG – und in der Folge § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV – ein hiervon abweichendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden sollte. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass der Wille des Gesetzgebers – hier des Verordnungsgebers – in methodischer Hinsicht eine Auslegungsgrenze bildet (vgl. etwa BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. September 2007 – 2 BvF 3/02 – in juris, Rn. 92 ff., insbes. 105; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. März 2008 – 2 BvF 4/03 – in juris, Rn. 140; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 2310/06 – in juris, Rn. 57, 59 m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 1741/09 – in juris, Rn. 78), kann kein Zweifel bestehen, dass verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV allenfalls dann vorliegen, wenn es sich auch um verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG oder des § 271 Abs. 2 HGB handelt. Einschränkungen – nicht aber Erweiterungen des Begriffsverständnisses – können sich indes aus dem konkreten sozialversicherungsrechtlichen Kontext des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV und damit einhergehenden datenschutzrechtlichen Vorgaben ergeben (dazu noch unten). Soweit die Beklagte in ihrem Bescheid vom 28. April 2011 für die Definition verbundener Unternehmen auf § 271 Abs. 1 HGB abgestellt und die dort angesprochenen Unternehmensbeteiligungen mit verbundenen Unternehmen gleichgesetzt hat, entspricht dies nicht dem Regelungsgegenstand des § 271 Abs. 1 HGB. Während Abs. 1 des § 271 HGB (nur) den Begriff der Beteiligung definiert, ist die Definition verbundener Unternehmen ausschließlich in Abs. 2 geregelt.
58 
Gemäß § 15 AktG sind verbundene Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG), Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292 AktG) sind. Die Aufzählung ist abschließend (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 21).
59 
Keine dieser Voraussetzungen liegt im Verhältnis zwischen der Klägerin und der LBS – im Übrigen auch nicht im Verhältnis zwischen der Klägerin und der DekaBank – vor. Dabei ist schon zweifelhaft, ob §§ 15 ff. AktG auf die Klägerin und die LBS (und die DekaBank) überhaupt (unmittelbar) anwendbar sind. Denn die Regelungen der § 15 ff. AktG sind zwar rechtsformneutral formuliert, der Regelungsgegenstand des Aktiengesetzes, der sich schon aus dem Gesetzesnamen erschließt, spricht allerdings dafür, dass es sich zumindest bei dem Unternehmen, um dessen Verbindung in einen Konzern es geht, um eine Aktiengesellschaft handeln muss (Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 15 Rn. 6; a.A. Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 6). Erforderlich wäre damit, dass zumindest die Klägerin oder die LBS (bzw. die DekaBank) eine Aktiengesellschaft wäre. Dies ist indes nicht der Fall; denn die genannten juristischen Personen sind Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Frage des (unmittelbaren) Anwendungsbereiches der §§ 15 ff. AktG kann indes dahinstehen. Denn selbst wenn man die implizite Bezugnahme in § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auf § 15 ff. AktG als rechtsformneutral ansehen würde oder §§ 15 ff. AktG entsprechend anzuwenden wären, lägen keine verbundenen Unternehmen vor.
60 
(1) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind keine in Mehrbesitz stehende Unternehmen oder mit Mehrheit beteiligte Unternehmen im Sinne des § 16 AktG.
61 
Gehört die Mehrheit der Anteile eines rechtlich selbständigen Unternehmens einem anderen Unternehmen oder steht einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu (Mehrheitsbeteiligung), so ist gemäß § 16 Abs. 1 AktG das Unternehmen ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen, das andere ein an ihm mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen (vgl. zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen etwa Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 16 Rn. 3 ff.).
62 
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass diese Voraussetzungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und der LBS (ebenso wie im Verhältnis der Klägerin zur DekaBank) nicht vorliegen. Weder gehört der Klägerin die Mehrheit der Anteile an der LBS (oder der DekaBank) noch stehen ihr in diesen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu. Das Gleiche gilt auch in umgekehrter Richtung: Weder gehören der LBS (oder der DekaBank) die Mehrheit der Anteile an der Klägerin noch stehen ihnen in diesem Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu. An der LBS hat die Klägerin lediglich einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent, an der DekaBank von 0,13 Prozent. Abgesehen davon kann an Anstalten des öffentlichen Rechts ohnehin keine Mehrheitsbeteiligung bestehen (Oberlandesgericht [OLG] Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 20 f.; Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 16 Rn. 7; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 16 Rn. 4), denn eine Anstalt öffentlichen Rechts besteht aus selbständigen Personal- und Sachmitteln. Sie hat keine Mitglieder, sondern Nutzer. Eine (sonstige) Beteiligung am Anstaltskapital kommt nicht in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 21).
63 
(2) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine abhängigen oder herrschenden Unternehmen im Sinne des § 17 AktG.
64 
Gemäß § 17 Abs. 1 AktG sind abhängige Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Erforderlich ist in jedem Fall, dass die Einwirkungsmöglichkeiten gesellschaftsrechtlich bedingt oder zumindest vermittelt sind (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 26. März 1984 – II ZR 171/83 – in juris, Rn. 33; BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 – KVR 32/91 – in juris, Rn. 38; BGH – Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 129/10 – in juris, Rn. 16; Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 17 Rn. 6; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 8). Nicht gesellschaftsrechtliche Einflüsse können allenfalls in Verbindung mit der Ausübung von Beteiligungsrechten, nicht jedoch losgelöst von diesen einen beherrschenden Einfluss im Sinne von § 17 AktG begründen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 – KVR 32/91 – in juris, Rn. 38 m.w.N.).
65 
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Klägerin mit der LBS (bzw. der DekaBank) kein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 17 AktG bilden. Weder verfügt die Klägerin gegenüber der LBS (oder der DekaBank) über gesellschaftsrechtlich bedingte oder vermittelte Einwirkungsmöglichkeiten noch verfügen LBS oder DekaBank über solche Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber der Klägerin, die zu einem herrschenden Einfluss führen. An der LBS hat die Klägerin lediglich einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent, an der DekaBank von 0,13 Prozent. Im Übrigen gilt für die Vermutungsregelung des § 17 Abs. 2 AktG wiederum, dass sie mangels Möglichkeit des Mehrheitsbesitzes auf Anstalten des öffentlichen Rechts nicht anwendbar ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 20 f.; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 17).
66 
(3) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG.
67 
Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst, so bilden sie gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 einen Konzern. Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist (§ 319 AktG), sind als unter einheitlicher Leitung zusammengefasst anzusehen (sog. Unterordnungskonzern). Gemäß § 18 Abs. 2 AktG bilden rechtlich selbständige Unternehmen, wenn sie unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind, ohne dass das eine Unternehmen von dem anderen abhängig ist, auch einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen (sog. Gleichordnungskonzern).
68 
Entgegen der Auffassung der Beklagten bildet die Klägerin mit der LBS (bzw. der DekaBank) mangels einheitlicher Leitung keinen Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 AktG). Entsprechend liegt erst recht kein Fall des § 18 Abs. 1 AktG vor.
69 
Ein Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG setzt eine einheitliche Leitung voraus. Entgegen der von der Beklagten offenbar vertretenen Auffassung ist das Merkmal einer einheitlichen Leitung angesichts des eindeutigen Normwortlauts auch bei § 18 Abs. 2 AktG Tatbestandsvoraussetzung (Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 18 Rn. 17, 19; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 20), nicht verzichtbar oder durch Merkmale bloßer koordinierender Tätigkeit relativierbar oder substituierbar. Eine einheitliche Leitung kann auf entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen beruhen; möglich ist aber auch der faktische Gleichordnungskonzern, namentlich durch personelle Verflechtung der Leitungsorgane (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – KVR 31/97 – in juris, Rn. 38 m.w.N.; Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 54; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21), einheitliche Zielvorgaben und ein gleichgerichtetes Verhalten der Konzerngesellschaften (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – KVR 31/97 – in juris, Rn. 38 m.w.N.). In einem Konzern im Sinne von § 18 Abs. 2 AktG werden wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen in zentralen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus einheitlich bzw. koordiniert wahrgenommen (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 1/10 R – in juris, Rn. 30). Keine einheitliche Konzernleitung und daher kein Gleichordnungskonzern liegt dagegen vor, wenn lediglich im Hinblick auf einen Teilbereich eine gemeinsame Unternehmenspolitik verfolgt und zu diesem Zweck etwa auch ein Gemeinschaftsunternehmen errichtet wird (Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 51; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21). Die bloße Koordination der Herrschaftsmacht mehrerer Unternehmen über beherrschte Gesellschaften ergibt noch keinen Gleichordnungskonzern (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21).
70 
Nach diesen Maßstäben besteht keine einheitliche Leitung der Klägerin und der DekaBank oder der Klägerin und der LBS. Der Annahme, die Klägerin stehe unter einer einheitlichen Leitung einer anderen Organisation, stehen schon die für sie zwingenden sparkassenrechtlichen Vorgaben entgegen. Die Beklagte verkennt nicht zuletzt diese einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorgaben.
71 
Die Klägerin ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW ein selbständiges Wirtschaftsunternehmen in kommunaler Trägerschaft mit der Aufgabe, auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse vorrangig in ihrem Wirtschaftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise, der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen. Organe der Sparkasse sind gemäß § 11 SpkG BW (nur) der Verwaltungsrat, der Kreditausschuss und der Vorstand. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW leitet der (jeweilige) Vorstand die Sparkasse – und so auch die Klägerin – in eigener Verantwortung. Er vertritt die Sparkasse und führt ihre Geschäfte (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SpkG BW). Der Vorstand ist für alle Angelegenheiten zuständig, die nicht durch oder aufgrund des SpkG BW anderen Organen zugewiesen sind (§ 23 Abs. 1 Satz 3 SpkG BW). Der Vorstand hat gemäß § 26 SpkG BW an den Verwaltungsrat zu berichten. Letzterer bestimmt die Richtlinien für die Geschäfte der Sparkasse und erlässt Geschäftsanweisungen für den Kreditausschuss sowie den Vorstand und überwacht ihre Tätigkeit (§ 12 Abs. 1 SpkG BW). Eine Einflussnahme Dritter auf die Leitung der Klägerin wäre mit diesen gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Die Klägerin untersteht nur der Rechtsaufsicht des Landes (§ 48 SpkG BW).
72 
Aufgabe des Sparkassenverbandes BW ist gemäß § 36 Abs. 1 SpkG BW die Förderung des Sparkassenwesens und die Beratung der Rechtsaufsichtsbehörden. Er unterhält die für die Ausbildung und Weiterbildung der Beschäftigen der Sparkassen erforderlichen Einrichtungen oder beteiligt sich an solchen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW). Eine Weisungs- oder sonstige Leitungsbefugnis gegenüber den einzelnen Sparkassen ist dem Sparkassenverband BW nicht übertragen (so auch Klüpfel/Gaberdiel/Gnamm/Höppel, Kommentar zum Sparkassengesetz, Das Sparkassenrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2006, § 36 Anm. 2). Die Funktion des Sparkassenverbandes BW ist dienender, nicht leitender Natur (vgl. § 36 SpkG BW). Insbesondere bestehen keinerlei rechtliche oder tatsächliche Grundlagen dafür, dass der Sparkassenverband BW Zugriff auf die unternehmerischen Entscheidungen der Klägerin nehmen könnte. Der Sparkassenverband BW ist auf Beratung, Empfehlung und Anregung beschränkt (Klüpfel/Gaber-diel/Gnamm/Höppel, Kommentar zum Sparkassengesetz, Das Sparkassenrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2006, § 36 Anm. 2).
73 
Entsprechend kann auch die LBS keine leitende Funktion gegenüber der Klägerin ausüben. Gesetzliche Aufgabe der LBS ist gemäß § 41 SpkG BW die Pflege des Bausparens und die Förderung des Wohnungsbaus. Träger der LBS ist der Sparkassenverband BW (§ 42 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW). Es existiert keine Rechtsgrundlage dafür, dass die LBS unmittelbar oder mittelbar durch den Sparkassenverband BW leitende Funktionen gegenüber der Klägerin ausübt.
74 
Auch umgekehrt ist die Klägerin nicht in der Lage, über den Sparkassenverband BW Einfluss auf die Tätigkeit der LBS auszuüben. Die Klägerin ist als Mitglied des Sparkassenverbandes BW (§ 37 SpkG BW) zwar Mitglied der Verbandsversammlung (§ 38 Abs. 1 SpkG BW), hierin aber nur mit einem Stimmanteil von 0,3 Prozent vertreten. Sie kann daher weder auf die Entscheidungen des Sparkassenverbandes BW noch auf die Entscheidungen der LBS einen wesentlichen Einfluss ausüben. Auch liegt weder eine personelle Verflechtung vor, die zu einer einheitlichen Leitung führen würde, noch besteht für eine einheitliche Leitung die notwendige gesetzliche Grundlage.
75 
Mit Blick auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem DSGV gilt erst Recht nichts anderes. Die Klägerin ist selbst gar nicht Mitglied des DSGV, sondern mit dem DSGV nur dadurch verbunden, dass der Sparkassenverband BW Mitglied des DSGV ist. Der DSGV kann aber gegenüber der Klägerin nicht mehr Rechte haben als der Sparkassenverband BW. Es gibt entsprechend auch weder eine gesetzliche noch ein vertragliche Grundlage für die Ausübung leitender Tätigkeit der DSGV gegenüber der Klägerin; eine vertragliche Grundlage müssten sich im Übrigen auch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben halten. Dem DSGV kommt auf Bundesebene in gleicher Weise wie dem Sparkassenverband BW auf Landesebene (nur) die Funktion einer Service- und Lobbyvereinigung zu. Der Servicecharakter kommt insbesondere in der Errichtung von Ausbildungseinrichtungen (Management-Akademie und Hochschule der Sparkassen-Finanz-gruppe) zum Ausdruck. Dass von einander unabhängige Unternehmen gemeinsame Ausbildungseinrichtungen nutzen, führt nicht zur einer Leitungsfunktion im Verhältnis zwischen dem Träger der Ausbildungseinrichtung und dem Unternehmen, das die Ausbildungseinrichtung in Anspruch nimmt.
76 
Die Erarbeitung von Strategien für die Sparkassen-Finanzgruppe durch die DSGV bzw. der Verbandspolitik (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des DSGV) ist nicht identisch mit der Gestaltung der konkreten Unternehmenspolitik der einzelnen Sparkassen. Die Beklagte überspielt diesen Unterschied, wenn sie in der Tätigkeit des DSGV die Erarbeitung wesentlicher Leitlinien der Unternehmenspolitik (der Klägerin) sieht.
77 
Nichts anderes gilt mit Blick auf die Lobbyfunktion des DSGV. Nach § 2 Abs. 1 seiner Satzung bezweckt der DSGV nach Maßgabe der Satzung die Förderung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder und der angeschlossenen Sparkassen durch Beratung, Erfahrungsaustausch und Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und sonstigen Anordnungen. Insbesondere obliegt ihm die Vertretung der gemeinsamen Interessen bei Behörden und in der Öffentlichkeit sowie die Festlegung der strategischen Ausrichtung der Sparkassenorganisation. Diese Wahrnehmung einer gemeinsamen Interessenvertretung des DSGV für seine Mitglieder begründet keine einheitliche Leitung. Würde allein die gemeinsame Interessenvertretung durch einen Verband unterschiedliche Unternehmen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG machen, wären etwa auch alle Privatbanken in Deutschland, die Mitglied im Bundesverband deutscher Banken sind, solche verbundenen Unternehmen. Die Klägerin wäre dann auch ein mit Privatbanken verbundenes Unternehmen, denn der DSGV ist zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, dem Bundesverband deutscher Banken, dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands und dem Verband deutscher Pfandbriefbanken in dem Verband „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ zusammengeschlossen, der ähnliche übergreifende Aufgaben hat wie der DSGV für die Sparkassen-Finanzgruppe. Würde man die Auffassung der Beklagten noch weiter zu Ende denken, wären letztliche alle Unternehmen, die etwa Arbeitgeberfachverbänden und dadurch vermittelt der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände oder dem Bundesverband der deutschen Industrie angehören, allein deswegen miteinander verbundene Unternehmen. Die Abwegigkeit dieser Beispiele belegt, dass die Auffassung der Beklagten keine tragfähige Grundlage hat.
78 
Im Übrigen ist der DSGV außerordentliches Mitglied des Österreichisches Sparkassenverbandes BW und des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken. Im Gegenzug sind beide Verbände ebenfalls außerordentliche Mitglieder des DSGV. Auch die Beklagte wird kaum davon ausgehen, dass die Klägerin und etwa die österreichischen Sparkassen oder schweizerischen Kantonalbanken miteinander verbundene Unternehmen wären.
79 
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass der DSGV institutssichernde Einrichtungen verwaltet. Aufgrund § 6 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) sind bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau Entschädigungseinrichtungen als nicht rechtsfähige Sondervermögen des Bundes errichtet, denen jeweils eine der in Satz 2 genannten Institutgruppen zugeordnet wird. Institutsgruppen sind (1.) privatrechtliche Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG, (2.) öffentlich-rechtliche Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG und (3.) andere Institute. Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG, die den Sicherungseinrichtungen der regionalen Sparkassen-und Giroverbände oder der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken angeschlossen sind, sind gemäß § 12 Abs. 1 EAEG keiner Entschädigungseinrichtung zugeordnet, solange diese Sicherungseinrichtungen auf Grund ihrer Satzungen die angeschlossenen Institute selbst schützen, insbesondere deren Liquidität und Solvenz gewährleisten, und über die dazu erforderlichen Mittel verfügen (institutssichernde Einrichtungen). Aus der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer solchen institutssichernden Einrichtung folgt aber keine Leitungsbefugnis bzw. Weisungsgebundenheit, so dass der Tatbestand des § 18 Abs. 2 AktG hierdurch nicht erfüllt wird.
80 
Die Klägerin hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung zwischen verbundenen Unternehmen und den Mitgliedern einer Verbundgruppe auch sonst in der Rechtsordnung existiert: § 7 Abs. 4 Nr. 2 ZAG unterscheidet zwischen Zahlungssystemen, die ausschließlich zwischen den einer einzigen Unternehmensgruppe angehörenden Zahlungsdienstleistern bestehen, sofern zwischen diesen Einzelunternehmen Kapitalverbindungen vorhanden sind und eines der verbundenen Unternehmen die tatsächliche Kontrolle über die anderen ausübt, einerseits sowie Zahlungssystemen, die innerhalb einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe bestehen, andererseits.
81 
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für das Verhältnis zwischen der Klägerin und der DekaBank nichts anderes gilt. Träger der DekaBank ist nicht der DSGV e. V., sondern der DSGV ö. K. Die DekaBank ist Mitglied im DSGV e. V. Eine eigentumsrechtliche Verbindung zwischen der Klägerin und der DekaBank besteht lediglich insoweit als der Sparkassenverband BW zu einem Anteil von 7,71 Prozent Eigentümer der DekaBank ist, so dass die Klägerin einen mittelbaren rechnerischen Anteil von 0,13 Prozent an der DekaBank hat. Jedenfalls aber weil der Sparkassenverband BW keine leitende Funktion gegenüber der Klägerin hat, besteht damit auch keine Verbindung der Klägerin zur DekaBank im Sinne eines verbundenen Unternehmens. Vor diesem rechtlichen Hintergrund missdeutet die Beklagte die Art der Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und der LBS bzw. der DekaBank auch in tatsächlicher Hinsicht. Dass etwa die Klägerin die Produkte der DekaBank vertreibt, reicht – selbst wenn man das Problem der fehlenden Rechtsgrundlage für eine einheitliche Leitung außenvorlassen würde – nicht aus, um von einem verbundenen Unternehmen auszugehen. Dass ein Unternehmen die Produkte eines anderes vertreibt, ist normaler wirtschaftlicher Alltag, ohne dass Produzent und Verkäufer allein deswegen ein verbundenes Unternehmen bilden würden.
82 
Die Klägerin hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Annahme eines verbundenen Unternehmens im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auch voraussetzt, dass aufgrund der engen Verpflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden kann (Bundesrats-Drucksache 652/08, S. 3), dass also die Klägerin ohne Weiteres die ihren Arbeitnehmern durch die LBS oder die DekaBank gewährten Zuwendungen ermitteln kann. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich bereits unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 15 ff. AktG nicht um verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV, denn dann liegt eine Konstellation vor, die erstens nicht von der Ratio des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV erfasst wird und deren Umsetzung zweitens gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechen würde. Ob dies hier das Fall wäre, weil datenschutzrechtliche Bestimmungen der Weitergabe der für die Ermittlung des Arbeitsentgelts notwendigen Daten von der LBS (oder der DekaBank) an die Klägerin entgegenstehen oder die Klägerin mangels Anspruchsgrundlage die Herausgabe der Daten von der LBS (oder der DekaBank) jedenfalls nicht erzwingen kann, kann hier indes nach dem oben Dargelegten dahinstehen. Entsprechend kann auch offen bleiben, ob dies dazu führen würde, dass Gleichordnungskonzerne im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG generell keine verbundenen Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV sein können.
83 
(4) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine wechselseitig beteiligten Unternehmen im Sinne des § 19 AktG.
84 
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 AktG sind wechselseitig beteiligte Unternehmen Unternehmen mit Sitz im Inland in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, die dadurch verbunden sind, dass jedem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile des anderen Unternehmens gehören. Jedenfalls der Anwendungsbereich des § 19 AktG ist auf Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH) beschränkt (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 19 Rn. 2).
85 
Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis von Klägerin und LBS (bzw. DekaBank) – unstreitig – nicht vor. Weder handelt es sich bei den drei genannten juristischen Personen um Kapitalgesellschaften (sondern – siehe oben – um Anstalten des öffentlichen Rechts) noch besteht ein anteilsmäßiges Eigentum aneinander in Höhe von mehr als einem Viertel der Anteile.
86 
(5) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine Vertragsteile eines Unternehmensvertrages im Sinne der §§ 291, 292 AktG.
87 
Unternehmensverträge im Sinne des § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (Gewinnabführungsvertrag). Als Vertrag über die Abführung des ganzen Gewinns gilt auch ein Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG). Unternehmensverträge im Sinne des § 292 Abs. 2 AktG sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (1.) sich verpflichtet, ihren Gewinn oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil mit dem Gewinn anderer Unternehmen oder einzelner Betriebe anderer Unternehmen zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns zusammenzulegen (Gewinngemeinschaft), (2.) sich verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen (Teilgewinnabführungsvertrag), (3.) den Betrieb ihres Unternehmens einem anderen verpachtet oder sonst überlässt (Betriebspachtvertrag, Betriebsüberlassungsvertrag).
88 
Solche Verträge bestehen zwischen der Klägerin und der LBS (bzw. der DekaBank) nicht. Im Übrigen handelt es sich weder bei der Klägerin noch der LBS oder der DekaBank um eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien.
89 
(6) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind schließlich auch keine verbundenen Unternehmen im Sinne des HGB.
90 
Verbundene Unternehmen sind gemäß § 271 Abs. 2 HGB solche Unternehmen, die als Mutter- oder Tochterunternehmen (§ 290 HGB) in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens nach den Vorschriften über die Vollkonsolidierung einzubeziehen sind, das als oberstes Mutterunternehmen den am weitestgehenden Konzernabschluss nach dem Zweiten Unterabschnitt aufzustellen hat, auch wenn die Aufstellung unterbleibt, oder das einen befreienden Konzernabschluss nach § 291 HGB oder nach einer nach § 292 HGB erlassenen Rechtsverordnung aufstellt oder aufstellen könnte; Tochterunternehmen, die nach § 296 HGB nicht einbezogen werden, sind ebenfalls verbundene Unternehmen.
91 
Gemäß § 290 Abs. 1 Satz 1 HGB haben die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft (Mutterunternehmen) mit Sitz im Inland in den ersten fünf Monaten des Konzerngeschäftsjahrs für das vergangene Konzerngeschäftsjahr einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufzustellen, wenn diese auf ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens besteht gemäß § 290 Abs. 2 Satz 1 HGB stets, wenn (1.) ihm bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht, (2.) ihm bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist, (3.) ihm das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen, oder (4.) es bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft).
92 
Abgesehen davon, dass die von § 15 AktG abweichende Definition verbundener Unternehmen nur für die Rechnungslegungsvorschriften des Dritten Buches des HGB gilt, aber die aktienrechtliche Begriffsdefinition ansonsten unberührt lässt (Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 271 Rn. 9; Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl. 2011, § 271 Rn. 6 m.w.N.), steht die Klägerin – nach den bereits oben erfolgten Darlegungen – schon mangels beherrschendem Einfluss auf oder durch die LSB (bzw. die DekaBank) nicht in einem Mutter-/Tochterunternehmensverhältnis, so dass sie bereits deshalb zueinander nicht im Verhältnis verbundener Unternehmen stehen.
93 
c) Vor diesem gesamten Hintergrund kann offen bleiben, ob die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV geregelte Ausnahme von dem Ausschluss der Einbeziehung von Zuwendungen in das Arbeitsentgelt überhaupt dazu führt, dass der Arbeitgeber der betroffenen Beschäftigten beitragspflichtig würde. Der aus der Perspektive des Zuwendenden formulierte Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV spricht eher dafür, dass das Arbeitsentgelt zu einer Sozialversicherungspflicht des Zuwendenden führen soll.
III.
94 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Dabei entsprach es billigem Ermessen, keine Kostenquotelung vorzunehmen, da die Klägerin hinsichtlich der eigentlich zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfrage vollständig obsiegt hat. Der Beigeladene zu 1) ist aufgrund der rechtswidrigen Bescheide der Beklagten in den Rechtsstreit einbezogen worden, so dass es billig ist, auch seine Kosten der Beklagten aufzuerlegen, obwohl er keinen Antrag gestellt hat (vgl. Urteil des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 – nicht veröffentlicht).
IV.
95 
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
V.
96 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Dabei hat der Senat den Betrag von EUR 1.885,05 zugrunde gelegt, der ursprünglich Gegenstand des Berufungsverfahrens war.

Gründe

 
I.
39 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Beschwerdewert bei Einlegung der Berufung EUR 1.885,05 betrug und damit der Betrag von EUR 750,00 überschritten ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Dabei ist unschädlich, dass im Vorverfahren dieser Betrag nicht erreicht war (dazu unter a) und im Berufungsverfahren inzwischen nicht mehr erreicht wird (dazu unter b).
40 
a) Die Klägerin hat den Bescheid vom 28. April 2011 mit ihrem Widerspruch vom 1. Juni 2011 nur insoweit angegriffen, als die Beitragsforderungen die Jahre 2009 und 2010 betreffen. Für diese Jahre hatte die Beklagte nur einen Betrag von EUR 724,89 festgesetzt. Im Klageverfahren hat die Klägerin indes den Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 ohne Einschränkung angegriffen, so dass der Ausgangsbescheid vollumfänglich zum Gegenstand des Rechtsstreites geworden ist, auch wenn die Klage hinsichtlich der Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2007 und 2008 (in Höhe von EUR 1.160,16) unzulässig war, weil der Bescheid vom 28. April 2011 insoweit bestandskräftig geworden ist. Auch mit der Berufung griff die Klägerin den Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 ohne Einschränkung an, so dass diese Bescheide insgesamt und damit mit einem Beschwerdewert von EUR 1.885,05 Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind.
41 
b) Zwar sind aufgrund der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 25. August bzw. 4. September 2014 nur noch die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) streitig; diese betragen für die Jahre 2007, 2008 und 2010 lediglich EUR 92,22. Indes ist für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – in juris, Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – in juris, Rn. 13; Breitkreuz/Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 144 Rn. 6; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24). Erfolgt anschließend eine Abtrennung von Verfahrensteilen, die zur Folge hat, dass der Beschwerdewert den für eine zulassungsfreie Berufung maßgeblichen Wert nicht mehr übersteigt, führt dies nicht nachträglich dazu, dass die Berufung zulassungsbedürftig würde (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – in juris, Rn. 17). Das Gleiche gilt, wenn der Rechtsmittelführer im Berufungsverfahren seinen Anspruch reduziert (BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – in juris, Rn. 13; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24). Deswegen ist es unschädlich, dass die Klägerin ihre Klage auf Vorschlag des früheren Berichterstatters zur Vermeidung der Notwendigkeit der Beiladung aller von der Beitragsnachforderung betroffenen Beschäftigten auf der Grundlage der Verfahrensvereinbarung mit der Beklagten reduziert hat. Ein Fall willkürlicher Beschränkung, der ausnahmsweise zum Wegfall der Zulässigkeit der Berufung führen könnte (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 65/82 – in juris, Rn. 16 m.w.N.; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24), aber nur dann anzunehmen ist, wenn es an einem vernünftigen Grund für die Einschränkung des Rechtsmittel fehlt (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 65/82 – in juris, Rn. 16), liegt damit hier ersichtlich nicht vor.
II.
42 
Die Berufung ist teilweise begründet. Das SG hat die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen.
43 
Das SG hat die Klage nur insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen, als die Beklagte im Bescheid vom 28. April 2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzt hat. Denn in diesem Umfang ist der Bescheid vom 28. April 2011 bestandskräftig geworden und die Klage mangels Durchführung des Vorverfahrens unzulässig gewesen, weil die Klägerin den Bescheid nur hinsichtlich der Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 mit dem Widerspruch angefochten hat.
44 
Soweit der Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 die Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 betrifft, war die Klage indes zulässig und begründet. Dabei ist aufgrund des zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vergleiches nur noch streitgegenständlich, ob die dem Beigeladenen zu 1) gewährten Sachzuwendungen sozialversicherungspflichtig sind. Im zulässigerweise streitgegenständlichen Zeitraum betrifft dies nur Sachzuwendungen der LBS (in Höhe von EUR 127,78 im Jahr 2010) und hierauf beruhende Beitragsforderungen in Höhe von EUR 51,05. Zuwendungen der DekaBank hat der Beigeladene zu 1) in den Jahren 2009 und 2010 nicht erhalten. Diese Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 51,05 aufgrund der Sachzuwendung des LBS an den Beigeladenen zu 1) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Sachzuwendung ist nicht sozialversicherungspflichtig.
45 
1. Rechtsgrundlage für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen durch die Beklagte ist § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5).
46 
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichten aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden durch eine monatliche Umlage, die nach einem Prozentsatz des Arbeitsentgelts (Umlagesatz) zu erheben ist, von den Arbeitgebern aufgebracht und sind zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen (§§ 358 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 359 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung [UVMG] vom 30. Oktober 2008 [BGBl. I S. 2130]).
47 
2. Im zulässigerweise streitigen Zeitraum (1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010) war der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin beschäftigt (§ 7 Abs. 1 SGB IV) und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – m.w.N., in juris, Rn. 8).
48 
a) Der Höhe nach bestimmt sich der geschuldete Gesamtsozialversicherungsbeitrag in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich dem Recht der Arbeitsförderung nach dem Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 161 Abs. 1, § 162 Nr. 2 SGB VI, § 57 Abs. 1 SGB XI, § 341 Abs. 3 Satz 1, § 342 SGB III, § 358 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
49 
Durch § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der bis zum 10. August 2010 geltenden Fassung war die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, (1.) dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten, (2.) dass Beiträge an Direktversicherungen und Zuwendungen an Pensionskassen oder Pensionsfonds ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten, (3.) wie das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen und das Gesamteinkommen zu ermitteln und zeitlich zuzurechnen sind, (4.) den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus für jedes Kalenderjahr. Dabei ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen.
50 
Von dieser Verordnungsermächtigung hat die Bundesregierung durch die Verordnung zur Neuordnung der Regelungen über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt vom 21. Dezember 2006 Gebrauch gemacht, deren Bestandteil als Art. 1 die SvEV ist (BGBl. I S. 3385). Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 14 SvEV in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung (geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 18. November 2008, BGBl. I S. 2220) sind dem Arbeitsentgelt Zuwendungen nach § 37b Abs. 1 EStG nicht zuzurechnen, soweit die Zuwendungen an Arbeitnehmer eines Dritten erbracht werden und diese Arbeitnehmer nicht Arbeitnehmer eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens sind. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der seit dem 11. August 2010 geltenden Fassung (geändert durch Art.1 Nr. 5 Drittes Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 5. August 2010, BGBl. I S. 1127) obliegt die Verordnungsbefugnis dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Wirksamkeit der zuvor erlassenen Verordnung bleibt davon unberührt.
51 
b) Bei den Zuwendungen der LBS an den Beigeladenen zu 1) handelt es sich um Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 EStG (dazu unter aa). Der Beigeladene zu 1) ist für die LBS Arbeitnehmer eines Dritten im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV (dazu unter bb). Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind keine verbundenen Unternehmen (dazu unter cc).
52 
aa) Bei den Zuwendungen der LBS an den Beigeladenen zu 1) handelt es sich um Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG. Zuwendungen in diesem Sinne sind betrieblich veranlasste Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleitung erbracht worden sind und Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht in Geld bestehen. Diese Voraussetzungen sind – dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, so dass sich auch insoweit eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt – erfüllt.
53 
bb) Dritter im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV ist, wer Arbeitgeber des Zuwendungsempfängers ist. Der Beigeladene zu 1) war zum Zuwendungszeitpunkt nicht Arbeitnehmer der LBS, sondern der Klägerin, so dass er für die LBS Arbeitnehmer eines Dritten war.
54 
cc) Die Klägerin und die LBS (ebenso wie die DekaBank) sind keine verbundenen Unternehmen.
55 
§ 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV definiert den Begriff des „verbundenen Unternehmens“ nicht. Übereinstimmende Vorgaben für die Auslegung dieses Begriffes lassen sich aber sowohl aus den entstehungsgeschichtlichen Materialien zu § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV als auch aus dem Umstand gewinnen, dass § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auf § 37b Abs. 1 EStG verweist, der den Begriff ebenfalls verwendet.
56 
Die Nr. 14 ist in § 1 Satz 1 SvEV durch Art. 1 Nr. 1 Buchstabe b die Erste Verordnung zur Änderung der SvEV vom 18. November 2008 (BGBl. I S. 2220) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eingefügt worden. In der Begründung der Bundesregierung zum Verordnungsentwurf wird ausgeführt, dass mit der neuen Nr. 14 geregelt werde, dass nach § 37b Abs. 1 EStG pauschal besteuerte Zuwendungen, „die an Arbeitnehmer eines fremden Dritten – mit Ausnahme der Arbeitnehmer verbundener Unternehmen i.S.d. §§ 15 ff. AktG oder § 251 HGB – geleistet werden,“ nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind (Bundesrats-Drucksache 652/08, S. 3). Bei Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen bestehe kein Bedürfnis, diese von der Beitragspflicht auszunehmen, da auf Grund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könne. Dies sei bei Arbeitnehmern eines fremden Dritten nicht der Fall.
57 
Die Begründung des Verordnungsentwurfes verweist also zum einen auf die Definition des Begriffs der „verbundenen Unternehmen“ in §§ 15 ff. AktG. Zum anderen verweist die Begründung auf die entsprechende Definition im HGB, wobei offenbar aufgrund eines Schreibfehlers § 251 HGB genannt wird; tatsächlich ist der Begriff in § 271 Abs. 2 HGB definiert. Die Begründung geht dabei zugleich davon aus, dass auf diesem Wege auch der Begriff des „verbundenen Unternehmens“ im Sinne des § 37b Abs. 1 EStG definiert wird. In der Tat geht auch die steuerrechtliche Literatur zu § 37 Abs. 1 EStG davon aus, dass der Begriff dort durch die Begriffsbestimmungen in den §§ 15 ff. AktG, § 271 HGB ausgefüllt wird (vgl. Ettlich, in: Blümich, EStG/KStG,GewStG, § 37b Rn. 62 [August 2014]). In § 38 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG verweist im Übrigen bereits der Gesetzeswortlaut für die Umschreibung des Begriffs „verbundene Unternehmen“ selbst auf § 15 AktG. Es ist kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, dass bei § 37b Abs. 1 EStG – und in der Folge § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV – ein hiervon abweichendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden sollte. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass der Wille des Gesetzgebers – hier des Verordnungsgebers – in methodischer Hinsicht eine Auslegungsgrenze bildet (vgl. etwa BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. September 2007 – 2 BvF 3/02 – in juris, Rn. 92 ff., insbes. 105; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. März 2008 – 2 BvF 4/03 – in juris, Rn. 140; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 2310/06 – in juris, Rn. 57, 59 m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 1741/09 – in juris, Rn. 78), kann kein Zweifel bestehen, dass verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV allenfalls dann vorliegen, wenn es sich auch um verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG oder des § 271 Abs. 2 HGB handelt. Einschränkungen – nicht aber Erweiterungen des Begriffsverständnisses – können sich indes aus dem konkreten sozialversicherungsrechtlichen Kontext des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV und damit einhergehenden datenschutzrechtlichen Vorgaben ergeben (dazu noch unten). Soweit die Beklagte in ihrem Bescheid vom 28. April 2011 für die Definition verbundener Unternehmen auf § 271 Abs. 1 HGB abgestellt und die dort angesprochenen Unternehmensbeteiligungen mit verbundenen Unternehmen gleichgesetzt hat, entspricht dies nicht dem Regelungsgegenstand des § 271 Abs. 1 HGB. Während Abs. 1 des § 271 HGB (nur) den Begriff der Beteiligung definiert, ist die Definition verbundener Unternehmen ausschließlich in Abs. 2 geregelt.
58 
Gemäß § 15 AktG sind verbundene Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG), Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292 AktG) sind. Die Aufzählung ist abschließend (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 21).
59 
Keine dieser Voraussetzungen liegt im Verhältnis zwischen der Klägerin und der LBS – im Übrigen auch nicht im Verhältnis zwischen der Klägerin und der DekaBank – vor. Dabei ist schon zweifelhaft, ob §§ 15 ff. AktG auf die Klägerin und die LBS (und die DekaBank) überhaupt (unmittelbar) anwendbar sind. Denn die Regelungen der § 15 ff. AktG sind zwar rechtsformneutral formuliert, der Regelungsgegenstand des Aktiengesetzes, der sich schon aus dem Gesetzesnamen erschließt, spricht allerdings dafür, dass es sich zumindest bei dem Unternehmen, um dessen Verbindung in einen Konzern es geht, um eine Aktiengesellschaft handeln muss (Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 15 Rn. 6; a.A. Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 6). Erforderlich wäre damit, dass zumindest die Klägerin oder die LBS (bzw. die DekaBank) eine Aktiengesellschaft wäre. Dies ist indes nicht der Fall; denn die genannten juristischen Personen sind Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Frage des (unmittelbaren) Anwendungsbereiches der §§ 15 ff. AktG kann indes dahinstehen. Denn selbst wenn man die implizite Bezugnahme in § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auf § 15 ff. AktG als rechtsformneutral ansehen würde oder §§ 15 ff. AktG entsprechend anzuwenden wären, lägen keine verbundenen Unternehmen vor.
60 
(1) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind keine in Mehrbesitz stehende Unternehmen oder mit Mehrheit beteiligte Unternehmen im Sinne des § 16 AktG.
61 
Gehört die Mehrheit der Anteile eines rechtlich selbständigen Unternehmens einem anderen Unternehmen oder steht einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu (Mehrheitsbeteiligung), so ist gemäß § 16 Abs. 1 AktG das Unternehmen ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen, das andere ein an ihm mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen (vgl. zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen etwa Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 16 Rn. 3 ff.).
62 
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass diese Voraussetzungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und der LBS (ebenso wie im Verhältnis der Klägerin zur DekaBank) nicht vorliegen. Weder gehört der Klägerin die Mehrheit der Anteile an der LBS (oder der DekaBank) noch stehen ihr in diesen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu. Das Gleiche gilt auch in umgekehrter Richtung: Weder gehören der LBS (oder der DekaBank) die Mehrheit der Anteile an der Klägerin noch stehen ihnen in diesem Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu. An der LBS hat die Klägerin lediglich einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent, an der DekaBank von 0,13 Prozent. Abgesehen davon kann an Anstalten des öffentlichen Rechts ohnehin keine Mehrheitsbeteiligung bestehen (Oberlandesgericht [OLG] Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 20 f.; Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 16 Rn. 7; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 16 Rn. 4), denn eine Anstalt öffentlichen Rechts besteht aus selbständigen Personal- und Sachmitteln. Sie hat keine Mitglieder, sondern Nutzer. Eine (sonstige) Beteiligung am Anstaltskapital kommt nicht in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 21).
63 
(2) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine abhängigen oder herrschenden Unternehmen im Sinne des § 17 AktG.
64 
Gemäß § 17 Abs. 1 AktG sind abhängige Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Erforderlich ist in jedem Fall, dass die Einwirkungsmöglichkeiten gesellschaftsrechtlich bedingt oder zumindest vermittelt sind (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 26. März 1984 – II ZR 171/83 – in juris, Rn. 33; BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 – KVR 32/91 – in juris, Rn. 38; BGH – Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 129/10 – in juris, Rn. 16; Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 17 Rn. 6; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 8). Nicht gesellschaftsrechtliche Einflüsse können allenfalls in Verbindung mit der Ausübung von Beteiligungsrechten, nicht jedoch losgelöst von diesen einen beherrschenden Einfluss im Sinne von § 17 AktG begründen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 – KVR 32/91 – in juris, Rn. 38 m.w.N.).
65 
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Klägerin mit der LBS (bzw. der DekaBank) kein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 17 AktG bilden. Weder verfügt die Klägerin gegenüber der LBS (oder der DekaBank) über gesellschaftsrechtlich bedingte oder vermittelte Einwirkungsmöglichkeiten noch verfügen LBS oder DekaBank über solche Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber der Klägerin, die zu einem herrschenden Einfluss führen. An der LBS hat die Klägerin lediglich einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent, an der DekaBank von 0,13 Prozent. Im Übrigen gilt für die Vermutungsregelung des § 17 Abs. 2 AktG wiederum, dass sie mangels Möglichkeit des Mehrheitsbesitzes auf Anstalten des öffentlichen Rechts nicht anwendbar ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 20 f.; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 17).
66 
(3) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG.
67 
Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst, so bilden sie gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 einen Konzern. Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist (§ 319 AktG), sind als unter einheitlicher Leitung zusammengefasst anzusehen (sog. Unterordnungskonzern). Gemäß § 18 Abs. 2 AktG bilden rechtlich selbständige Unternehmen, wenn sie unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind, ohne dass das eine Unternehmen von dem anderen abhängig ist, auch einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen (sog. Gleichordnungskonzern).
68 
Entgegen der Auffassung der Beklagten bildet die Klägerin mit der LBS (bzw. der DekaBank) mangels einheitlicher Leitung keinen Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 AktG). Entsprechend liegt erst recht kein Fall des § 18 Abs. 1 AktG vor.
69 
Ein Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG setzt eine einheitliche Leitung voraus. Entgegen der von der Beklagten offenbar vertretenen Auffassung ist das Merkmal einer einheitlichen Leitung angesichts des eindeutigen Normwortlauts auch bei § 18 Abs. 2 AktG Tatbestandsvoraussetzung (Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 18 Rn. 17, 19; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 20), nicht verzichtbar oder durch Merkmale bloßer koordinierender Tätigkeit relativierbar oder substituierbar. Eine einheitliche Leitung kann auf entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen beruhen; möglich ist aber auch der faktische Gleichordnungskonzern, namentlich durch personelle Verflechtung der Leitungsorgane (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – KVR 31/97 – in juris, Rn. 38 m.w.N.; Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 54; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21), einheitliche Zielvorgaben und ein gleichgerichtetes Verhalten der Konzerngesellschaften (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – KVR 31/97 – in juris, Rn. 38 m.w.N.). In einem Konzern im Sinne von § 18 Abs. 2 AktG werden wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen in zentralen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus einheitlich bzw. koordiniert wahrgenommen (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 1/10 R – in juris, Rn. 30). Keine einheitliche Konzernleitung und daher kein Gleichordnungskonzern liegt dagegen vor, wenn lediglich im Hinblick auf einen Teilbereich eine gemeinsame Unternehmenspolitik verfolgt und zu diesem Zweck etwa auch ein Gemeinschaftsunternehmen errichtet wird (Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 51; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21). Die bloße Koordination der Herrschaftsmacht mehrerer Unternehmen über beherrschte Gesellschaften ergibt noch keinen Gleichordnungskonzern (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21).
70 
Nach diesen Maßstäben besteht keine einheitliche Leitung der Klägerin und der DekaBank oder der Klägerin und der LBS. Der Annahme, die Klägerin stehe unter einer einheitlichen Leitung einer anderen Organisation, stehen schon die für sie zwingenden sparkassenrechtlichen Vorgaben entgegen. Die Beklagte verkennt nicht zuletzt diese einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorgaben.
71 
Die Klägerin ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW ein selbständiges Wirtschaftsunternehmen in kommunaler Trägerschaft mit der Aufgabe, auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse vorrangig in ihrem Wirtschaftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise, der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen. Organe der Sparkasse sind gemäß § 11 SpkG BW (nur) der Verwaltungsrat, der Kreditausschuss und der Vorstand. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW leitet der (jeweilige) Vorstand die Sparkasse – und so auch die Klägerin – in eigener Verantwortung. Er vertritt die Sparkasse und führt ihre Geschäfte (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SpkG BW). Der Vorstand ist für alle Angelegenheiten zuständig, die nicht durch oder aufgrund des SpkG BW anderen Organen zugewiesen sind (§ 23 Abs. 1 Satz 3 SpkG BW). Der Vorstand hat gemäß § 26 SpkG BW an den Verwaltungsrat zu berichten. Letzterer bestimmt die Richtlinien für die Geschäfte der Sparkasse und erlässt Geschäftsanweisungen für den Kreditausschuss sowie den Vorstand und überwacht ihre Tätigkeit (§ 12 Abs. 1 SpkG BW). Eine Einflussnahme Dritter auf die Leitung der Klägerin wäre mit diesen gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Die Klägerin untersteht nur der Rechtsaufsicht des Landes (§ 48 SpkG BW).
72 
Aufgabe des Sparkassenverbandes BW ist gemäß § 36 Abs. 1 SpkG BW die Förderung des Sparkassenwesens und die Beratung der Rechtsaufsichtsbehörden. Er unterhält die für die Ausbildung und Weiterbildung der Beschäftigen der Sparkassen erforderlichen Einrichtungen oder beteiligt sich an solchen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW). Eine Weisungs- oder sonstige Leitungsbefugnis gegenüber den einzelnen Sparkassen ist dem Sparkassenverband BW nicht übertragen (so auch Klüpfel/Gaberdiel/Gnamm/Höppel, Kommentar zum Sparkassengesetz, Das Sparkassenrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2006, § 36 Anm. 2). Die Funktion des Sparkassenverbandes BW ist dienender, nicht leitender Natur (vgl. § 36 SpkG BW). Insbesondere bestehen keinerlei rechtliche oder tatsächliche Grundlagen dafür, dass der Sparkassenverband BW Zugriff auf die unternehmerischen Entscheidungen der Klägerin nehmen könnte. Der Sparkassenverband BW ist auf Beratung, Empfehlung und Anregung beschränkt (Klüpfel/Gaber-diel/Gnamm/Höppel, Kommentar zum Sparkassengesetz, Das Sparkassenrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2006, § 36 Anm. 2).
73 
Entsprechend kann auch die LBS keine leitende Funktion gegenüber der Klägerin ausüben. Gesetzliche Aufgabe der LBS ist gemäß § 41 SpkG BW die Pflege des Bausparens und die Förderung des Wohnungsbaus. Träger der LBS ist der Sparkassenverband BW (§ 42 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW). Es existiert keine Rechtsgrundlage dafür, dass die LBS unmittelbar oder mittelbar durch den Sparkassenverband BW leitende Funktionen gegenüber der Klägerin ausübt.
74 
Auch umgekehrt ist die Klägerin nicht in der Lage, über den Sparkassenverband BW Einfluss auf die Tätigkeit der LBS auszuüben. Die Klägerin ist als Mitglied des Sparkassenverbandes BW (§ 37 SpkG BW) zwar Mitglied der Verbandsversammlung (§ 38 Abs. 1 SpkG BW), hierin aber nur mit einem Stimmanteil von 0,3 Prozent vertreten. Sie kann daher weder auf die Entscheidungen des Sparkassenverbandes BW noch auf die Entscheidungen der LBS einen wesentlichen Einfluss ausüben. Auch liegt weder eine personelle Verflechtung vor, die zu einer einheitlichen Leitung führen würde, noch besteht für eine einheitliche Leitung die notwendige gesetzliche Grundlage.
75 
Mit Blick auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem DSGV gilt erst Recht nichts anderes. Die Klägerin ist selbst gar nicht Mitglied des DSGV, sondern mit dem DSGV nur dadurch verbunden, dass der Sparkassenverband BW Mitglied des DSGV ist. Der DSGV kann aber gegenüber der Klägerin nicht mehr Rechte haben als der Sparkassenverband BW. Es gibt entsprechend auch weder eine gesetzliche noch ein vertragliche Grundlage für die Ausübung leitender Tätigkeit der DSGV gegenüber der Klägerin; eine vertragliche Grundlage müssten sich im Übrigen auch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben halten. Dem DSGV kommt auf Bundesebene in gleicher Weise wie dem Sparkassenverband BW auf Landesebene (nur) die Funktion einer Service- und Lobbyvereinigung zu. Der Servicecharakter kommt insbesondere in der Errichtung von Ausbildungseinrichtungen (Management-Akademie und Hochschule der Sparkassen-Finanz-gruppe) zum Ausdruck. Dass von einander unabhängige Unternehmen gemeinsame Ausbildungseinrichtungen nutzen, führt nicht zur einer Leitungsfunktion im Verhältnis zwischen dem Träger der Ausbildungseinrichtung und dem Unternehmen, das die Ausbildungseinrichtung in Anspruch nimmt.
76 
Die Erarbeitung von Strategien für die Sparkassen-Finanzgruppe durch die DSGV bzw. der Verbandspolitik (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des DSGV) ist nicht identisch mit der Gestaltung der konkreten Unternehmenspolitik der einzelnen Sparkassen. Die Beklagte überspielt diesen Unterschied, wenn sie in der Tätigkeit des DSGV die Erarbeitung wesentlicher Leitlinien der Unternehmenspolitik (der Klägerin) sieht.
77 
Nichts anderes gilt mit Blick auf die Lobbyfunktion des DSGV. Nach § 2 Abs. 1 seiner Satzung bezweckt der DSGV nach Maßgabe der Satzung die Förderung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder und der angeschlossenen Sparkassen durch Beratung, Erfahrungsaustausch und Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und sonstigen Anordnungen. Insbesondere obliegt ihm die Vertretung der gemeinsamen Interessen bei Behörden und in der Öffentlichkeit sowie die Festlegung der strategischen Ausrichtung der Sparkassenorganisation. Diese Wahrnehmung einer gemeinsamen Interessenvertretung des DSGV für seine Mitglieder begründet keine einheitliche Leitung. Würde allein die gemeinsame Interessenvertretung durch einen Verband unterschiedliche Unternehmen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG machen, wären etwa auch alle Privatbanken in Deutschland, die Mitglied im Bundesverband deutscher Banken sind, solche verbundenen Unternehmen. Die Klägerin wäre dann auch ein mit Privatbanken verbundenes Unternehmen, denn der DSGV ist zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, dem Bundesverband deutscher Banken, dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands und dem Verband deutscher Pfandbriefbanken in dem Verband „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ zusammengeschlossen, der ähnliche übergreifende Aufgaben hat wie der DSGV für die Sparkassen-Finanzgruppe. Würde man die Auffassung der Beklagten noch weiter zu Ende denken, wären letztliche alle Unternehmen, die etwa Arbeitgeberfachverbänden und dadurch vermittelt der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände oder dem Bundesverband der deutschen Industrie angehören, allein deswegen miteinander verbundene Unternehmen. Die Abwegigkeit dieser Beispiele belegt, dass die Auffassung der Beklagten keine tragfähige Grundlage hat.
78 
Im Übrigen ist der DSGV außerordentliches Mitglied des Österreichisches Sparkassenverbandes BW und des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken. Im Gegenzug sind beide Verbände ebenfalls außerordentliche Mitglieder des DSGV. Auch die Beklagte wird kaum davon ausgehen, dass die Klägerin und etwa die österreichischen Sparkassen oder schweizerischen Kantonalbanken miteinander verbundene Unternehmen wären.
79 
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass der DSGV institutssichernde Einrichtungen verwaltet. Aufgrund § 6 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) sind bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau Entschädigungseinrichtungen als nicht rechtsfähige Sondervermögen des Bundes errichtet, denen jeweils eine der in Satz 2 genannten Institutgruppen zugeordnet wird. Institutsgruppen sind (1.) privatrechtliche Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG, (2.) öffentlich-rechtliche Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG und (3.) andere Institute. Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG, die den Sicherungseinrichtungen der regionalen Sparkassen-und Giroverbände oder der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken angeschlossen sind, sind gemäß § 12 Abs. 1 EAEG keiner Entschädigungseinrichtung zugeordnet, solange diese Sicherungseinrichtungen auf Grund ihrer Satzungen die angeschlossenen Institute selbst schützen, insbesondere deren Liquidität und Solvenz gewährleisten, und über die dazu erforderlichen Mittel verfügen (institutssichernde Einrichtungen). Aus der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer solchen institutssichernden Einrichtung folgt aber keine Leitungsbefugnis bzw. Weisungsgebundenheit, so dass der Tatbestand des § 18 Abs. 2 AktG hierdurch nicht erfüllt wird.
80 
Die Klägerin hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung zwischen verbundenen Unternehmen und den Mitgliedern einer Verbundgruppe auch sonst in der Rechtsordnung existiert: § 7 Abs. 4 Nr. 2 ZAG unterscheidet zwischen Zahlungssystemen, die ausschließlich zwischen den einer einzigen Unternehmensgruppe angehörenden Zahlungsdienstleistern bestehen, sofern zwischen diesen Einzelunternehmen Kapitalverbindungen vorhanden sind und eines der verbundenen Unternehmen die tatsächliche Kontrolle über die anderen ausübt, einerseits sowie Zahlungssystemen, die innerhalb einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe bestehen, andererseits.
81 
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für das Verhältnis zwischen der Klägerin und der DekaBank nichts anderes gilt. Träger der DekaBank ist nicht der DSGV e. V., sondern der DSGV ö. K. Die DekaBank ist Mitglied im DSGV e. V. Eine eigentumsrechtliche Verbindung zwischen der Klägerin und der DekaBank besteht lediglich insoweit als der Sparkassenverband BW zu einem Anteil von 7,71 Prozent Eigentümer der DekaBank ist, so dass die Klägerin einen mittelbaren rechnerischen Anteil von 0,13 Prozent an der DekaBank hat. Jedenfalls aber weil der Sparkassenverband BW keine leitende Funktion gegenüber der Klägerin hat, besteht damit auch keine Verbindung der Klägerin zur DekaBank im Sinne eines verbundenen Unternehmens. Vor diesem rechtlichen Hintergrund missdeutet die Beklagte die Art der Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und der LBS bzw. der DekaBank auch in tatsächlicher Hinsicht. Dass etwa die Klägerin die Produkte der DekaBank vertreibt, reicht – selbst wenn man das Problem der fehlenden Rechtsgrundlage für eine einheitliche Leitung außenvorlassen würde – nicht aus, um von einem verbundenen Unternehmen auszugehen. Dass ein Unternehmen die Produkte eines anderes vertreibt, ist normaler wirtschaftlicher Alltag, ohne dass Produzent und Verkäufer allein deswegen ein verbundenes Unternehmen bilden würden.
82 
Die Klägerin hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Annahme eines verbundenen Unternehmens im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auch voraussetzt, dass aufgrund der engen Verpflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden kann (Bundesrats-Drucksache 652/08, S. 3), dass also die Klägerin ohne Weiteres die ihren Arbeitnehmern durch die LBS oder die DekaBank gewährten Zuwendungen ermitteln kann. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich bereits unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 15 ff. AktG nicht um verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV, denn dann liegt eine Konstellation vor, die erstens nicht von der Ratio des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV erfasst wird und deren Umsetzung zweitens gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechen würde. Ob dies hier das Fall wäre, weil datenschutzrechtliche Bestimmungen der Weitergabe der für die Ermittlung des Arbeitsentgelts notwendigen Daten von der LBS (oder der DekaBank) an die Klägerin entgegenstehen oder die Klägerin mangels Anspruchsgrundlage die Herausgabe der Daten von der LBS (oder der DekaBank) jedenfalls nicht erzwingen kann, kann hier indes nach dem oben Dargelegten dahinstehen. Entsprechend kann auch offen bleiben, ob dies dazu führen würde, dass Gleichordnungskonzerne im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG generell keine verbundenen Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV sein können.
83 
(4) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine wechselseitig beteiligten Unternehmen im Sinne des § 19 AktG.
84 
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 AktG sind wechselseitig beteiligte Unternehmen Unternehmen mit Sitz im Inland in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, die dadurch verbunden sind, dass jedem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile des anderen Unternehmens gehören. Jedenfalls der Anwendungsbereich des § 19 AktG ist auf Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH) beschränkt (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 19 Rn. 2).
85 
Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis von Klägerin und LBS (bzw. DekaBank) – unstreitig – nicht vor. Weder handelt es sich bei den drei genannten juristischen Personen um Kapitalgesellschaften (sondern – siehe oben – um Anstalten des öffentlichen Rechts) noch besteht ein anteilsmäßiges Eigentum aneinander in Höhe von mehr als einem Viertel der Anteile.
86 
(5) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine Vertragsteile eines Unternehmensvertrages im Sinne der §§ 291, 292 AktG.
87 
Unternehmensverträge im Sinne des § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (Gewinnabführungsvertrag). Als Vertrag über die Abführung des ganzen Gewinns gilt auch ein Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG). Unternehmensverträge im Sinne des § 292 Abs. 2 AktG sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (1.) sich verpflichtet, ihren Gewinn oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil mit dem Gewinn anderer Unternehmen oder einzelner Betriebe anderer Unternehmen zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns zusammenzulegen (Gewinngemeinschaft), (2.) sich verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen (Teilgewinnabführungsvertrag), (3.) den Betrieb ihres Unternehmens einem anderen verpachtet oder sonst überlässt (Betriebspachtvertrag, Betriebsüberlassungsvertrag).
88 
Solche Verträge bestehen zwischen der Klägerin und der LBS (bzw. der DekaBank) nicht. Im Übrigen handelt es sich weder bei der Klägerin noch der LBS oder der DekaBank um eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien.
89 
(6) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind schließlich auch keine verbundenen Unternehmen im Sinne des HGB.
90 
Verbundene Unternehmen sind gemäß § 271 Abs. 2 HGB solche Unternehmen, die als Mutter- oder Tochterunternehmen (§ 290 HGB) in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens nach den Vorschriften über die Vollkonsolidierung einzubeziehen sind, das als oberstes Mutterunternehmen den am weitestgehenden Konzernabschluss nach dem Zweiten Unterabschnitt aufzustellen hat, auch wenn die Aufstellung unterbleibt, oder das einen befreienden Konzernabschluss nach § 291 HGB oder nach einer nach § 292 HGB erlassenen Rechtsverordnung aufstellt oder aufstellen könnte; Tochterunternehmen, die nach § 296 HGB nicht einbezogen werden, sind ebenfalls verbundene Unternehmen.
91 
Gemäß § 290 Abs. 1 Satz 1 HGB haben die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft (Mutterunternehmen) mit Sitz im Inland in den ersten fünf Monaten des Konzerngeschäftsjahrs für das vergangene Konzerngeschäftsjahr einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufzustellen, wenn diese auf ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens besteht gemäß § 290 Abs. 2 Satz 1 HGB stets, wenn (1.) ihm bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht, (2.) ihm bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist, (3.) ihm das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen, oder (4.) es bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft).
92 
Abgesehen davon, dass die von § 15 AktG abweichende Definition verbundener Unternehmen nur für die Rechnungslegungsvorschriften des Dritten Buches des HGB gilt, aber die aktienrechtliche Begriffsdefinition ansonsten unberührt lässt (Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 271 Rn. 9; Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl. 2011, § 271 Rn. 6 m.w.N.), steht die Klägerin – nach den bereits oben erfolgten Darlegungen – schon mangels beherrschendem Einfluss auf oder durch die LSB (bzw. die DekaBank) nicht in einem Mutter-/Tochterunternehmensverhältnis, so dass sie bereits deshalb zueinander nicht im Verhältnis verbundener Unternehmen stehen.
93 
c) Vor diesem gesamten Hintergrund kann offen bleiben, ob die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV geregelte Ausnahme von dem Ausschluss der Einbeziehung von Zuwendungen in das Arbeitsentgelt überhaupt dazu führt, dass der Arbeitgeber der betroffenen Beschäftigten beitragspflichtig würde. Der aus der Perspektive des Zuwendenden formulierte Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV spricht eher dafür, dass das Arbeitsentgelt zu einer Sozialversicherungspflicht des Zuwendenden führen soll.
III.
94 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Dabei entsprach es billigem Ermessen, keine Kostenquotelung vorzunehmen, da die Klägerin hinsichtlich der eigentlich zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfrage vollständig obsiegt hat. Der Beigeladene zu 1) ist aufgrund der rechtswidrigen Bescheide der Beklagten in den Rechtsstreit einbezogen worden, so dass es billig ist, auch seine Kosten der Beklagten aufzuerlegen, obwohl er keinen Antrag gestellt hat (vgl. Urteil des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 – nicht veröffentlicht).
IV.
95 
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
V.
96 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Dabei hat der Senat den Betrag von EUR 1.885,05 zugrunde gelegt, der ursprünglich Gegenstand des Berufungsverfahrens war.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2010 (L 12 AS 388/10) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Übernahme von Stromkosten in Höhe von 179,73 Euro als Leistung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2009 bis 30.11.2009. Im Verwaltungs- und Klageverfahren ist er insoweit erfolglos geblieben. Das SG Köln hat die Beklagte durch Urteil vom 10.2.2010 entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verpflichtet, weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 12,09 Euro für den Monat Juni 2009 und insgesamt 11,95 Euro für die Monate Juli bis September 2009 sowie 31,95 Euro für die Monate Oktober und November 2009 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Im Tenor hat das SG die Berufung nicht zugelassen, jedoch eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung beigefügt. Die Berufung hiergegen hat das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 28.5.2010 verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausdrücklich vom Kläger eingelegte Berufung sei wegen des Unterschreitens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unzulässig. Der Beschwerdewert betrage im konkreten Fall 179,73 Euro und nicht, wie für eine zulassungsfreie Berufung erforderlich, 750 Euro. Es handele sich bei den geltend gemachten Stromkosten auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG. Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Dieses sei nicht geschehen. Eine ausdrückliche Zulassung ergebe sich weder aus der Urteilsformel, noch den Entscheidungsgründen. Die Rechtsmittelbelehrung ersetze die Entscheidung des SG nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

2

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er privatschriftlich an das BSG gesandt hat. Zugleich beantragt er die Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

4

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, einen Verfahrensfehler des LSG darzulegen, insbesondere dass das LSG verfahrensfehlerhaft ein Prozess- anstatt ein Sachurteil erlassen habe. Das LSG ist nach Aktenlage zutreffend davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen des § 144 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 SGG für eine zulassungsfreie Berufung gegeben sind, noch das SG die Berufung an das LSG zugelassen hat.

6

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf es der Zulassung der Berufung durch das SG, wenn der Beschwerdewert 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall. Der Beschwerdewert beträgt 179,73 Euro. Der Kläger verkennt insoweit den Begriff des Beschwerdewertes. Beim Beschwerdewert kommt es nur auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an. Der Beschwerdewert bemisst sich demnach ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (stRspr des BSG, s nur BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R). Sonstige denkbare Folgewirkungen bleiben außer Betracht.

7

Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt(vgl zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 17)und auf die Dauer um sechs bzw maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt ua deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B). Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt, also hier auf den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009.

8

Das LSG folgt zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der die für die zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung keine Entscheidung über die Zulassung ist, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die es nicht bindet (BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R; BSG Urteil vom 19.11.1996, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; s zur Rechtsmittelbelehrung als alleinige Zulassungsentscheidung BSG Urteil vom 28.3.1957, BSGE 5, 92, 95; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; stRspr). Gründe, die auf Umstände hindeuten, warum im vorliegenden Fall dennoch von einer Zulassung der Berufung durch das SG auszugehen war, sind nicht ersichtlich. Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die Berufungszulassung.

9

Die Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits - wie zuvor dargelegt - höchstrichterlich geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig. Hinweise für eine Divergenz sind nicht ersichtlich.Selbst wenn der Rechtsstreit jedoch - wie der Kläger vorträgt - Fragen grundsätzlicher Bedeutung bergen sollte oder eine Divergenz - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung - dargelegt werden könnte, wäre ein zugelassener Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage, Zulassungsgründe insoweit ordnungsgemäß darzulegen. Die grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt. Hieran fehlt es vorliegend. In einem Revisionsverfahren wäre es dem Revisionsgericht angesichts der Unzulässigkeit der Berufung und damit dem zutreffenden Erlass eines Prozessurteils verwehrt, über die aufgeworfenen Fragen zu entscheiden.

10

Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

11

Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. April 2011 abgeändert.

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für das Berufungs- und das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage.

2

Nachdem das Sozialgericht Hildesheim (SG) mit Beschluss vom 19.6.2009 die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen hatte, beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1.7.2009 beim beklagten Land, die Gebühren für ihre Tätigkeit im Erinnerungsverfahren auf 124,95 Euro festzusetzen. Dieses teilte daraufhin mit Schreiben vom 4.8.2009 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass es nicht bereit sei, Gebühren für das Erinnerungsverfahren zu erstatten. Das SG habe mit Beschluss vom 19.6.2009 entschieden, dass im Erinnerungsverfahren keine Kostenentscheidung ergehe und insofern auch kein Kostenerstattungsanspruch bestehe. Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten am 13.8.2009 Widerspruch ein.

3

Nachdem der Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 19.8.2009 und 3.12.2009 die Auffassung geäußert hatte, bei dem Schreiben vom 4.8.2009 habe es sich nicht um einen Bescheid, sondern nur um eine Mitteilung gehandelt, sodass der Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht in Betracht komme, erhoben die Prozessbevollmächtigten am 11.12.2009 (Untätigkeits-)Klage zum SG mit dem Ziel, den Beklagten zur Bescheidung des Widerspruchs zu verpflichten. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2010 der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch zu bescheiden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) mit Urteil vom 11.4.2011 die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die (Untätigkeits-)Klage abgewiesen, weil diese unzulässig sei.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, die sie mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),dem Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)begründet. Das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des beklagten Landes als unzulässig verwerfen müssen.

5

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist unter Verstoß gegen Verfahrensrecht ergangen. Das LSG hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen. Der von der Klägerin schlüssig gerügte Verfahrensmangel führt entsprechend § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Abänderung des Urteils des LSG und zur Verwerfung der Berufung des Beklagten.

6

Die Klägerin hat den als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)formgerecht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)gerügt. Mit ihrer Rüge, das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des Beklagten als unzulässig verwerfen müssen, macht die Klägerin sinngemäß geltend, dass statt der Entscheidung in der Sache ein Prozessurteil hätte ergehen müssen. Damit hat sie einen Verfahrensmangel bezeichnet (vgl BSGE 34, 236, 237 = SozR Nr 57 zu § 51 SGG; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 16; BSG SozR 4-1750 § 174 Nr 1 RdNr 4).

7

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt auch vor, denn das LSG hat zu Unrecht in der Sache entschieden. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 13.12.2010 war nicht zulässig, sie hätte gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung bedurft.

8

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG(in der hier anwendbaren Fassung des Art 1 Nr 24 Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 - BGBl I 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt.

9

Verschiedene Senate der Landessozialgerichte (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 8.11.2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - RdNr 2; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.9.2009 - L 5 AS 925/09 NZB - RdNr 8; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.9.2010 - L 10 AS 886/10 - RdNr 23, 27; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.11.2010 - L 7 SO 2708/10 - RdNr 15) sind zwar der Auffassung, dass die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG nicht für Untätigkeitsklagen gelte, weil mit diesen nur der Erlass eines beantragten, aber bisher nicht ergangenen Verwaltungsakts oder die Bescheidung eines Widerspruchs begehrt werden könne; eine Untätigkeitsklage sei demnach nicht auf eine Geld- oder Sachleistung gerichtet. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass der Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG zwei Alternativen enthält, zum einen Klagen, "die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung" betreffen (1. Alt), zum anderen Klagen, die "einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt" betreffen (2. Alt).

10

Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, denn diese sind entweder auf die Vornahme eines beantragten, aber ohne zureichenden Grund innerhalb von sechs Monaten nicht erlassenen Verwaltungsakts gerichtet (§ 88 Abs 1 SGG), oder sie haben den Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Gegenstand, wenn ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist (§ 88 Abs 2 SGG). Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung.

11

Diese sich aus dem Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG ergebende Auslegung wird auch vom Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl I 50) eingeführten Regelung gestützt. Danach sollen die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sog Bagatellfälle) entlastet werden (vgl BT-Drucks 12/1217, S 52, 71; BT-Drucks 16/7716, S 21; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 16 S 45; BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 8 S 40). Die gewählte Klageart ist mithin für die Anwendung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedeutungslos(so bereits Kummer, NZS 1993, 285, 288; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 144 RdNr 8). Entscheidend ist, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem Wert betrifft. Demnach kann auch eine Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unterliegen, etwa wenn die Untätigkeit der Verwaltung darin besteht, dass sie über einen geltend gemachten Leistungsanspruch von geringem Wert nicht entscheidet oder einen Widerspruch, der einen sog Bagatellfall betrifft, nicht bescheidet(im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 5.9.2008 - L 1 KR 13/08 NZB - RdNr 11; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 29.4.2010 - L 12 AL 5449/09 - Breith 2010, 877, 879 = NZS 2011, 77, 78). So liegt der Fall hier.

12

Die Klägerin hat, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 4.8.2009 mitgeteilt hatte, es bestehe kein Kostenerstattungsanspruch (in Höhe der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachten 124,95 Euro), Widerspruch eingelegt und, nachdem dieser nach Ablauf von drei Monaten nicht beschieden worden war, Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 2 SGG erhoben. Die Berufung des Beklagten gegen den der Untätigkeitsklage stattgebenden Gerichtsbescheid hätte mithin im Hinblick auf den Rechtsmittelstreitwert von 124,95 Euro nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung im Gerichtsbescheid des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG bedurft. Eine solche Zulassung liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides zu entnehmen. Das SG hat dem Gerichtsbescheid lediglich die bei zulässiger Berufung übliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Diese genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl etwa BSGE 5, 92, 95; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 13). Das LSG hätte deshalb die Berufung des Beklagten nach § 158 SGG als unzulässig verwerfen müssen. Zugleich hätte es diesen darauf hinweisen können, dass innerhalb der noch offenen Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde(§ 145 SGG) eingelegt werden kann.

13

Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles von dieser Möglichkeit insoweit Gebrauch, als er das in der Sache entscheidende Urteil des LSG abändert. Von einer Zurückverweisung sieht er deshalb ab, weil das LSG - wie ausgeführt - die Berufung nur als unzulässig verwerfen könnte. Unter diesen Umständen kann der Senat die gebotene Entscheidung auch selbst treffen (zum ausnahmsweise zulässigen Durchentscheiden bei unzulässiger Klage: BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 22 f; BSG Beschluss vom 30.11.2006 - B 9a VJ 7/05 B - RdNr 18).

14

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis gerichtete Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 als unzulässig verworfen wird.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Verfahren über eine Untätigkeitsklage durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist.

2

Der Kläger - seinerzeit bereits vertreten durch seinen noch heute prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt - wandte sich mit Widersprüchen gegen zwei Bescheide der beklagten Krankenkasse, mit denen diese seine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt und das Ruhen seines Leistungsanspruchs festgestellt hatte. Die Beklagte half den Widersprüchen ab, woraufhin der Prozessbevollmächtigte um "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X, Anerkennung des Erstattungsanspruchs und Kostenfestsetzung" iHv 499,80 Euro bat(Kostennote vom 12.10.2010). Die Beklagte lehnte zunächst eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 14.10.2010). Auf den auch hiergegen erhobenen Widerspruch nahm sie - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch den Kläger - ihre die Kostenübernahme ablehnende Entscheidung zurück; die mit der Kostennote geltend gemachte Rechtsanwaltsvergütung werde auf ein Konto des Prozessbevollmächtigten angewiesen (Abhilfebescheid vom 31.5.2011).

3

Die Beklagte hat dem SG Hamburg mitgeteilt, dass dem Widerspruch mittlerweile abgeholfen worden sei und das Klageverfahren damit seine Erledigung gefunden haben dürfte (Schriftsatz vom 31.5.2011). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin erklärt, das Anerkenntnis werde angenommen, und zugleich gebeten, seine Erklärung "nicht in eine sonstige Erledigterklärung umzudeuten" (Schriftsatz vom 18.4.2012). Das SG hat die Beteiligten zunächst darauf hingewiesen, dass der Kläger eine prozessbeendende Erklärung abgegeben habe, und auf Antrag des Klägers, den Rechtsstreit fortzusetzen, festgestellt, dass das Verfahren durch die Prozesserklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.4.2011 beendet sei. Ob eine Erledigungserklärung oder Annahme eines Anerkenntnisses vorliege, sei in dem beendeten Verfahren nicht mehr zu klären (Gerichtsbescheid vom 2.7.2015). Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis, hilfsweise, dass es gar nicht beendet sei. Daraufhin hat das LSG Hamburg den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und festgestellt, dass das Verfahren nicht beendet sei; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Berufung sei zulässig, aber lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Während die Beklagte kein Anerkenntnis abgegeben habe, auch nicht konkludent, habe der Kläger keine Erledigungserklärung abgegeben, sondern ausdrücklich nur die Annahme eines - vermeintlichen - Anerkenntnisses erklärt (Urteil vom 18.12.2015).

4

Der Kläger rügt mit seiner gegen die Abweisung des Hauptantrags gerichteten Revision die Verletzung des § 101 Abs 2 SGG. Er habe das von der Beklagten konkludent abgegebene Anerkenntnis angenommen. Die Berufung sei auch zulässig eingelegt worden. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei allein die Erledigungsfeststellung gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 aufzuheben sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 abzuändern und festzustellen, dass das Verfahren S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis beendet ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Die Berufung ist im Hauptantrag im Ergebnis zu Recht ohne Erfolg geblieben. Soweit das LSG der Berufung im Hilfsantrag stattgegeben und unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG festgestellt hat, dass der Rechtsstreit nicht erledigt sei, ist das Urteil nicht mit der Revision angegriffen worden und daher nicht vom Senat zu überprüfen.

9

Das LSG hätte die Berufung des Klägers im Hauptantrag allerdings bereits als unzulässig verwerfen müssen (§ 158 S 1 SGG), weil sie nicht statthaft war. Dieser Verfahrensfehler ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 20.5.2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 6). Die insoweit vom Senat vorgenommene Klarstellung des LSG-Urteils - Verwerfung statt Zurückweisung der Berufung im Hauptantrag - verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, weil der Kläger hierdurch nicht zusätzlich beschwert wird (vgl BSG Urteil vom 31.7.1985 - 2 RU 51/84 - Juris RdNr 10 f mwN). Sowohl bei der Verwerfung als auch bei der Zurückweisung der Berufung bleibt es, auch was die Reichweite der Rechtskraft angeht, bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG war mangels Zulassung nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, und die Berufung - wie hier - weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft(§ 144 Abs 1 S 2 SGG). Diese Berufungsbeschränkung ist im vorliegenden Fall zu beachten (dazu a). Auch überstieg der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht (dazu b) und weder das SG noch das LSG haben die Berufung zugelassen (dazu c).

11

a) Gegenstand der Berufung im Hauptantrag war eine Klage, die einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betraf. Der Begriff der Geldleistung iS des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist nicht auf Sozialleistungen gemäß § 11 S 1 SGB I beschränkt(Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 144 RdNr 13). Er umfasst auch die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 9).

12

Die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist auch auf Berufungen anzuwenden, die sich gegen die Feststellung eines SG wenden, ein Verfahren sei erledigt(so auch Bienert, NZS 2017, 727, 729 mwN). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass in diesen Fällen allein die Frage, ob der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht aber der streitige Anspruch in der Sache selbst Gegenstand des Berufungsverfahrens wäre (so aber Groth in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap VIII RdNr 8a mwN). Unabhängig davon, ob diese Einschätzung zutrifft (aA etwa LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.10.2015 - L 6 AS 432/14 - Juris RdNr 19), kommt es hierauf für die Anwendbarkeit des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht an. Bei einem Verfahren, das mit dem Ziel fortgesetzt wird, die (Nicht-)Erledigung der zunächst erhobenen Klage feststellen zu lassen, ist vielmehr auf diese ursprüngliche Klage abzustellen. Andernfalls hinge der Gegenstandswert von der Entscheidung des SG über das Feststellungsbegehren ab: Stellte dieses die Erledigung des Verfahrens fest, wäre nach der Gegenansicht die Berufung ohne Zulassung statthaft. Würde es das Verfahren als nicht erledigt ansehen und daher über den Anspruch in der Sache entscheiden, hinge die Statthaftigkeit der Berufung dagegen vom Gegenstandswert der Klage ab. Entscheidend ist vielmehr das ursprüngliche Klageziel. Nichts anderes gilt, wenn eine Klage als unzulässig abgewiesen wird. Weshalb für die Feststellung, dass ein Verfahren erledigt sei, andere Maßstäbe gelten sollen als für sonstige Prozessurteile (zur Einordnung der Erledigungsfeststellung als Prozessurteil s BGH Urteil vom 15.1.1985 - X ZR 16/83 - Juris RdNr 13), ist nicht ersichtlich. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet keine andere Auslegung.

13

Unschädlich ist ferner, dass das hier fortgesetzte Verfahren ursprünglich eine Untätigkeitsklage zum Gegenstand hatte. Auch Untätigkeitsklagen werden von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG erfasst, weil sie entweder auf die Vornahme eines beantragten Verwaltungsaktes(§ 88 Abs 1 SGG) oder den Erlass eines Widerspruchsbescheids (§ 88 Abs 2 SGG)gerichtet sind. Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 10 f).

14

b) Der Wert des Beschwerdegegenstands entspricht der mit der Kostennote vom 12.10.2010 angesetzten Vergütungsforderung über insgesamt 499,80 Euro und übersteigt damit nicht 750 Euro. Bei einer Untätigkeitsklage ist auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12). Da sie vorliegend auf Bescheidung des gegen den Bescheid vom 14.10.2010 erhobenen Widerspruchs gerichtet war, mit dem die Beklagte die Erstattung von Kosten über 499,80 Euro abgelehnt hatte, ist dieser Betrag maßgebend. Dass hinter dem Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens erkennbar das Interesse steht, eine Terminsgebühr bei Erledigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis (Nr 3106 Ziff 3 VV RVG) zu erzielen, ist ohne Belang. Die Kosten eines laufenden Verfahrens sind bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 15a). Dies war hier der Fall, weil mit der Fortsetzung des Untätigkeitsklageverfahrens dessen Rechtshängigkeit wieder auflebte (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 94 RdNr 4b). Ein anwaltliches Vergütungsinteresse zugrunde zu legen verbietet sich regelmäßig auch deshalb, weil andernfalls die Bestimmung des Gegenstandswerts davon abhinge, ob der jeweilige Beteiligte anwaltlich vertreten ist oder nicht.

15

Bei dem Wert von 499,80 Euro bleibt es, obwohl die Berufung einen Haupt- und einen Hilfsantrag umfasste. Eine Addition der Streitwerte von Hauptantrag einerseits und Hilfsantrag andererseits scheidet aus, weil beide Anträge auf dasselbe Interesse, die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits allein durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG, gerichtet waren, sie also keinen jeweils eigenständigen Wert haben, sondern vielmehr zwischen beiden eine wirtschaftliche Identität besteht(vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 18; Cantzler in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 7 RdNr 49; jeweils mwN). Dass der Kläger mit seinem Berufungshauptantrag nicht nur die Feststellung begehrte, dass, sondern auch wie das Verfahren seine Erledigung gefunden habe, veranlasst nicht zu einer anderen Beurteilung. Entscheidend sind allein die mit dem Streitgegenstand unmittelbar verknüpften Interessen. Das anwaltliche Vergütungsinteresse zu berücksichtigen verbietet sich aus den oben dargelegten Gründen auch hier. Unerheblich ist schließlich, dass aus einem angenommenen Anerkenntnis vollstreckt werden könnte (§ 199 Abs 1 Nr 3 Alt 1 SGG), während im Fall einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung das Verfahren ohne Vollstreckungstitel endet. Maßgeblich ist nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG allein, ob die Klage eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft. Die gewählte Klageart (dazu BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 11; BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - BSGE 42, 212, 213 = SozR 1500 § 144 Nr 5 S 13; jeweils mwN) und damit auch die Frage, ob am Ende eines Klageverfahrens überhaupt ein Vollstreckungstitel stehen kann, ist für die Anwendung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG unerheblich.

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Ohne Bedeutung ist ferner, dass der Kläger mit seiner Kostennote vom 12.10.2010 nicht nur um Kostenfestsetzung, sondern auch um eine "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X" gebeten hatte. Kostengrundentscheidung und Kostenfestsetzung sind auf dasselbe wirtschaftliche Ziel, die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs aus § 63 Abs 1 S 1 SGB X, gerichtet(so auch BVerwG Urteil vom 16.12.1988 - 7 C 93.86 - Juris RdNr 12). Die damit auch insoweit bestehende wirtschaftliche Identität steht wiederum einer Erhöhung des Gegenstandswerts entgegen. Dass im Rahmen einer Entscheidung über die Zulässigkeit der eine Kostengrundentscheidung nach § 63 Abs 1 SGB X betreffenden Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden, sondern grundsätzlich von den Höchstgebühren auszugehen ist(vgl BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 ff = SozR 4-1300 § 63 Nr 23, RdNr 11), führt zu keiner anderen Beurteilung. Legt der Kostenerstattungsberechtigte - wie hier - mit dem Antrag auf Kostengrundentscheidung bereits eine Kostennote vor, aus der sich die Gebührenforderung seines verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts ergibt, werden die Kostenerstattungsforderung und damit der Berufungsstreitwert fixiert. Hat ein Rechtsanwalt bei der Berechnung von Rahmengebühren sein ihm eingeräumtes Ermessen ausgeübt, ist er daran gebunden (OLG Düsseldorf vom 24.6.2008 - I-24 U 204/07 - Juris RdNr 15; Onderka/Schneider in AnwK-RVG, 8. Aufl 2017, § 14 RdNr 93). Rahmengebühren sind auch in den der Kostennote des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.10.2010 zugrundeliegenden Widerspruchsverfahren angefallen (§ 3 Abs 2 RVG) und mit der Kostennote gefordert worden.

17

c) Die nach alledem zulassungsbedürftige Berufung haben weder das SG noch das LSG zugelassen. Dass das SG den Kläger in seinem Gerichtsbescheid unzutreffend dahingehend belehrt hat, die Berufung sei statthaft, ist in Ermangelung weitergehender Anhaltspunkte nicht als gleichsam konkludente Zulassung der Berufung zu werten (BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12 mwN). Ebenso wenig ist eine Zulassung der Berufung darin zu sehen, dass das LSG in der Sache über sie befunden hat. Für eine Zulassung des Rechtsmittels fehlt dem LSG im Berufungsverfahren die Entscheidungsmacht (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG Urteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 19/01 R - Juris RdNr 19). Das LSG darf über die Zulassung der Berufung nur auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin und durch Beschluss (§ 145 Abs 4 S 1 SGG) entscheiden.

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2. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nicht von einer Erledigung des Rechtsstreits durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG auszugehen sein dürfte. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob überhaupt die gerichtliche Feststellung der Erledigung eines Verfahrens gerade durch ein bestimmtes Erledigungsereignis begehrt werden kann (vgl BSG Beschluss vom 27.2.2014 - B 5 RE 3/14 B - BeckRS 2014, 67167 RdNr 8). Eventuelle kosten- oder vollstreckungsrechtliche Folgefragen dürften sich im Rahmen der insoweit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe klären lassen. Abgesehen davon ordnet § 88 Abs 1 S 3 SGG als Sonderregelung für den Fall einer Untätigkeitsklage (so auch Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 101 RdNr 21; Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 101 RdNr 28; Roller in HK-SGG, 5. Aufl 2017, § 101 RdNr 32; aus der Rspr vgl etwa LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 5.2.2016 - L 19 AS 1130/15 B - Juris RdNr 28; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 2.9.2015 - L 32 AS 456/15 B - Juris RdNr 38 ff; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 7.1.2015 - L 12 SO 302/14 B - Juris RdNr 7; Sächsisches LSG Beschluss vom 18.10.2013 - L 8 AS 1254/12 B KO - Juris RdNr 25; Thüringer LSG Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - Juris RdNr 32; aA Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl 2015, § 3 RdNr 59; Hessisches LSG Beschluss vom 28.11.2016 - L 2 AS 184/16 B - Juris RdNr 21) an, dass bei fristgerechter Stattgabe des Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsakts die Hauptsache für erledigt zu erklären ist.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Mai 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, den Widerspruch der Klägerin vom 11. September 2010 zu bescheiden.

Der Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Beklagte wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Bescheidung eines Widerspruches.
Mit Bescheid vom 13. August 2008 bewilligte der Beklagte der am … 1944 geborenen Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 31. August 2009. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2009 zurück. Im dagegen angestrengten, noch anhängigen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg ( S 4 SO 629/09) macht die Klägerin nach Annahme eines Teilanerkenntnisses hinsichtlich der Nebenkosten für den Kabelanschluss noch die Übernahme der tatsächlichen und nicht der vom Beklagten als angemessen erachteten Grundmiete sowie der vollständigen Betreuungspauschale im Rahmen des betreuten Seniorenwohnens geltend.
Auf ihren Weiterbewilligungsantrag bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. August 2009 Leistungen der Grundsicherung auch für den Folgezeitraum vom 1. September 2009 bis 31. August 2010. Mit dem am 11. September 2009 per Fax beim Beklagten eingegangenen Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die vorgenommene Einkommensanrechnung und machte wiederum die Übernahme der Miete und der Betreuungspauschale in vollständiger Höhe geltend. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 verwies der Beklagte gegenüber dem Bevollmächtigten der Klägerin hinsichtlich der Punkte Miete und Betreuungsentgelt auf das bereits anhängige Klageverfahren; im Falle eines Obsiegens der Klägerin werde der Beklagte auch den nun mit Widerspruch angefochtenen Bescheid aufheben und entsprechend der gerichtlichen Entscheidung korrigieren. Unter Hinweis auf die nicht absehbare Dauer des sozialgerichtlichen Verfahrens bat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. November 2009 um baldige Entscheidung über den Widerspruch.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 berücksichtigte der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. August 2009 monatliche Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die Kabelanschlussgebühren von EUR 5.-. Ein Widerspruchsbescheid erging nicht.
Am 30. Dezember 2009 hat die Klägerin Untätigkeitsklage beim SG erhoben, auf die das SG den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2010 verurteilte, den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 11. August 2009 innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung zu bescheiden.
Am 7. Juni 2010 hat der Beklagte hiergegen Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zu deren Begründung ausgeführt, entgegen der noch im sozialgerichtlichen Verfahren vertretenen Auffassung sei der Bewilligungsbescheid über den Folgezeitraum zwar nicht kraft Gesetzes Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden. Die Untätigkeitsklage sei bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, da der Klägerin mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 die Korrektur auch des Bescheides vom 11. August 2009 im Falle eines Obsiegens der Klägerin im Verfahren S 4 SO 629/09 verbindlich zugesichert worden sei. Die Bescheidung des Widerspruches vom 11. September 2009 erbrächte der Klägerin mithin keinerlei eigenen Vorteil; die Gebühreninteressen ihres Bevollmächtigten könnten nicht als eigene Interessen der Klägerin gewertet werden. Andererseits werde er durch die Vermehrung von Gerichtsverfahren, denen im Kern derselbe Streitpunkt zugrunde liege, einer vielfachen Kostenbelastung ausgesetzt. Dieser könne er nicht ausweichen, weil der Gesetzgeber den Grundsicherungsträger zwinge, Leistungen jeweils (nur) auf ein Jahr zu bewilligen, so dass eigenständige Gerichtsverfahren über Folgezeiträume bei konsequentem Festhalten an der jeweiligen Rechtsauffassung unvermeidlich seien. Schließlich könne die Klägerin ihre Interessen auch in einem Zugunstenverfahren nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) wahren, weshalb sowohl der Klage als auch bereits dem Widerspruch das Rechtsschutzbedürfnis fehle.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und hat ergänzend ausgeführt, der Beklagte könne auch durch eine Zusicherung nach § 34 SGB X nicht ihr Widerspruchsrecht ausschließen. Ein gerichtliches Verfahren könne sich über Jahre hinziehen, ohne dass sichergestellt werden kann, dass die gerichtliche Entscheidung tatsächlich präjudiziell für den Folgezeitraum werde, der Änderungen unterliegen könne, z.B. hinsichtlich einer neuen Mietobergrenze.
12 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des Senats, des SG und des Beklagten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, insbesondere auch statthaft. Sie unterliegt nicht der Beschwerdewert bezogenen Zulässigkeitsbegrenzung des § 144 Abs. 1 SGG.
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Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nach Abs. 1 Satz 2 nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen die der Untätigkeitsklage der Klägerin stattgebende Entscheidung des SG, in dem dieser zum Erlass eines Widerspruchsbescheides verpflichtet worden war. Wie sich aus dem Wortlaut des § 131 Abs. 3 SGG ergibt, ist Gegenstand der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG nur die Bescheidung des Antrags (§ 88 Abs. 1 SGG) bzw. des Widerspruches (Abs. 2), also die Erteilung eines Bescheides, nicht der materielle (Leistungs-)Anspruch, auf den sich der Antrag oder Widerspruch bezieht (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts , vgl. SozR 3-1500 § 88 Nr. 2; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 88 Rdnr. 2; Hk-SGG, 3. Aufl., § 88 Rdnr. 4). Eine unmittelbare Klage auf Leistung oder den Erlass eines Verwaltungsaktes mit bestimmtem Inhalt ist im Gegensatz zu den Parallelvorschriften des § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung oder des § 46 der Finanzgerichtsordnung ausgeschlossen. Im Rahmen des § 144 Abs. 1 SGG kann somit nicht auf den materiellen Anspruch abgestellt werden, da dieser nicht Streitgegenstand der Untätigkeitsklage ist (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. November 2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - ; a.A. LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 2010, 877). Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass auf diese Weise gegen die Wertung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG Bagatellstreitigkeiten an das Berufungsgericht gelangen. Denn § 88 SGG geht über den Schutz eines materiellen Anspruches hinaus, sichert den Bürger davor, durch bloßes Untätigbleiben der Verwaltung in seinen Rechten verletzt zu werden und eröffnet auf diese Weise erst dessen Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung (ggf. allein durch ein erstinstanzliches Gericht). Schutzgut des § 88 SGG ist somit auch die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Der Erlass eines Verwaltungsaktes ist auch nicht als „Dienstleistung“ i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG anzusehen. Bereits der Wortlaut (Klage, die eine … Dienstleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft“) zeigt, dass der Erlass eines Verwaltungsakts gerade nicht die Dienstleistung selbst darstellt. Nicht dieser Beschränkung der Berufung unterfallen, wie bereits nach dem bis zum 31. März 2008 geltenden Recht, Dienstleistungen, die in keiner Hinsicht unter einen Sachleistungsbegriff fallen können, wie gerade der Erlass eines Widerspruchsbescheides im Rahmen des § 88 Abs. 2 SGG. Die Erweiterung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG um den Begriff der Dienstleistung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) zum 1. April 2008 sollte nach gesetzgeberischer Wertung nur klarstellen, dass solche Leistungen bereits nach altem Recht von der Ratio der Norm erfasst seien (BT-Drucks. 16/7716 S. 21 zu Nr. 24). Somit geben die Materialien zur Neuregelung keinen Anhalt zur Annahme, dass nunmehr auch solches nicht als Sachleistung im weiteren Sinne zu verstehendes Verwaltungshandeln der Beschränkung unterworfen werden sollte (wie hier Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 9b; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, § 144 Rdnr. 10). Ohnehin ist das Schutzgut „Sicherung des Rechtswegs“ nicht wirtschaftlich bewertbar.
16 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht zur Bescheidung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 11. August 2009 verpflichtet. Nach § 88 Abs. 1 SGG ist die Klage, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist, nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Das Gleiche gilt nach Abs. 2, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
17 
Über den am 11. September 2009 gegen den Bescheid vom 11. August 2009 eingelegten Widerspruch hat der Beklagte bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht entschieden. Die dreimonatige Frist des § 88 Abs. 2 SGG ist somit längst verstrichen. Im Übrigen hat der Beklagte den Erlass eines Widerspruchsbescheides ausdrücklich abgelehnt, so dass die Erhebung der Untätigkeitsklage schon vor Ablauf dieser Frist zulässig gewesen wäre. Zutreffend ist das SG im Übrigen davon ausgegangen, dass der Bewilligungsbescheid vom 11. August 2009 über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII vom 1. September 2009 bis 31. August 2010 nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens S 4 SO 629/09 geworden ist, das den Bewilligungszeitraum vom 1. September 2008 bis 31. August 2009 zum Gegenstand hat. Auch wenn „im Kern“ in beiden Bewilligungszeiträumen derselbe Punkt streitig ist, findet § 96 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume keine Anwendung (so schon BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 zur Grundsicherung für Arbeitsuchende). Durch die Neuregelung des § 96 Abs. 1 SGG zum 1. April 2008 ist einer erweiterten Anwendung des § 96 SGG nach dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen ohnehin die Grundlage entzogen (BT-Drucks. 16/7716 S. 22 zu Nr. 16). Auch der Beklagte hat an seiner abweichenden Auffassung nicht mehr festgehalten. Im Übrigen hätte auch dies den Beklagten nicht berechtigt, den Widerspruch nicht zu bescheiden; vielmehr hätte er ihn, wenn die Klägerin daran festgehalten hätte, als unzulässig verwerfen müssen.
18 
Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt der erhobenen Untätigkeitsklage nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Zutreffend weist er zunächst darauf hin, dass der durch § 88 SGG abgesicherte Bescheidungsanspruch kein Selbstzweck ist. Vielmehr dient er letztlich dem Schutz des Klägers davor, durch die Untätigkeit der Verwaltung gerade in seinen materiellen Rechten verletzt zu werden. Auch wenn der materiell-rechtliche Anspruch nicht Gegenstand der Untätigkeitsklage ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf sachliche Bescheidung, wenn der beantragte Bescheid keinerlei materiell-rechtliche Wirkung für ihn haben kann (vgl. Hk-SGG, a.a.O., § 88 Rdnr. 3). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Frage, ob eine Betroffenheit und Verletzung in einem materiellen Recht vorliegt, gerade der gerichtlichen Beurteilung unterliegen muss, die die entsprechenden Verwaltungsakte darauf überprüft. Der betroffene Bürger hat daher zunächst einen grundsätzlichen Anspruch auf Bescheiderteilung, um diese gerichtliche Kontrolle zu eröffnen. Diesen Anspruch sichert die Untätigkeitsklage. Einer solchen kann daher nur dann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch offensichtlich unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ausscheidet und die Erhebung der Untätigkeitsklage sich lediglich als Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ohne eigenen Nutzen und zum Schaden für den anderen Beteiligten darstellt (Gedanke des Rechtsmissbrauchs; LSG Bremen, Beschluss vom 3. Juli 1996 - L 4 BR 39/95 - ; LSG Niedersachsen NZS 98, 448; Leitherer a.a.O., § 88 Rdnr. 4a; offengelassen BSG SozR 4-1500 § 88 Nr. 1).
19 
Eine solche Konstellation liegt aber im Falle der Klägerin nicht vor. Der hinter dem Bescheidungsgehren stehende materielle Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft, insbesondere auch unter Berücksichtigung der vertraglich geschuldeten Betreuungspauschale, ist bereits aufgrund des Wortlauts des § 29 SGB XII nicht ausgeschlossen; die grundsätzliche Leistungsberechtigung der Klägerin steht ohnehin nicht in Zweifel. Dem Begehren auf Erteilung gerade auch des ausstehenden Widerspruchsbescheides kann der Beklagte nicht entgegenhalten, ein Bedürfnis für diesen bestehe nicht, weil er der Klägerin zugesichert habe, bei Erfolg im gerichtlichen Verfahren über den vorangegangen Bewilligungszeitraum die Leistungen auch für den vom angefochtenen Bewilligungsbescheid erfassten Zeitraum entsprechend der gerichtlichen Entscheidung zu bewilligen. Der Klägerin ist durch die Einlegung des Widerspruches ein Anspruch auf Bescheidung entstanden. Das Gesetz sieht weder im SGG noch im SGB X eine Befugnis der Verwaltung vor, ein Widerspruchsverfahren von sich aus auszusetzen oder ohne Einverständnis des Widerspruchsführers ruhen zu lassen und ihm auf diese Weise die Möglichkeit zu nehmen, eine unmittelbare Klärung durch ein Gericht herbeizuführen. Diese Möglichkeit ist auch dann nicht vorgesehen, wenn bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, in dem es „im Kern“ um dieselben Streitpunkte geht. Vielmehr regelt § 9 Satz 2 SGB X die Vorgabe u.a. einer „zügigen“ Durchführung des Verwaltungsverfahrens, was nach § 62 SGB X auch für das Widerspruchsverfahren gilt. Lediglich in sog. Massenverfahren im Rahmen des § 85 Abs. 4 SGG spricht das Gesetz die Möglichkeit ausdrücklich an, einen Widerspruch ruhend zu stellen. Auch dort findet sich aber keinerlei Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Berechtigung der Widerspruchsbehörde annimmt, ein solches Ruhen einseitig und ohne Einverständnis des Widerspruchsführers anzuordnen (vgl. Hk-SGG, a.a.O., § 85 Rdnr. 22).
20 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann nicht angenommen werden, hinter dem Bescheidungsbegehren der Klägerin stünden keine eigenen Interessen. Die Erteilung des Widerspruchsbescheides ermöglicht ihr die unmittelbare gerichtliche Klärung auch für den Folgezeitraum. Es kann zwar im Interesse der Klägerin - und des Beklagten - liegen, weitere gerichtliche Verfahren zu vermeiden und den Streit in einem Verfahren - quasi musterhaft - klären zu lassen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass ein abweichendes Verhalten rechtsmissbräuchlich wäre. Die Klägerin muss sich nicht mit der „Zusicherung“ der Übernahme des Verfahrensergebnisses durch den Beklagten zufrieden geben, wie auch das Abwarten eines Musterverfahrens allgemein nicht als sachlicher Grund für die Nichtbescheidung angesehen wird (vgl. Leitherer, a.a.O., Rdnr. 7b). Sucht die Klägerin die unmittelbare gerichtliche Klärung auch des Folgezeitraums, wozu sie den Widerspruchsbescheid als Sachurteilsvoraussetzung benötigt, kann sie Auslegungsschwierigkeiten bei der Übertragung des gerichtlichen Urteils auf den Folgezeitraum vermeiden oder Änderungen unmittelbar - und damit - zeitnah geltend machen. Dabei geht sie selbst auch das Risiko ein, in mehreren gerichtlichen Verfahren zu unterliegen und ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu müssen. Da der Beklagte im vorliegenden Fall im Übrigen u.a. auch die Notwendigkeit der Unterkunft mit Betreuungsangebot aus gesundheitlichen Gründen verneint, ist es nicht fern liegend, dass eine von der Klägerin ggf. angenommene Veränderung im Gesundheitszustand eine wesentliche Abweichung von einem Bewilligungszeitraum zum anderen darstellt, die der Beklagte unter Umständen bei der Übertragung des Verfahrensergebnisses nicht anerkennt. Das Interesse des Beklagten, Verfahrensgebühren zu vermeiden, kann nicht zur Bewertung des klägerischen Begehrens als rechtsmissbräuchlich führen. Ohnehin ist der Grundsicherungsträger selbst gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Pauschgebühr nach § 184 SGG befreit.
21 
Fehl geht schließlich auch die Annahme des Beklagten, die „Zusicherung“ der späteren Anpassung würde sogar das Rechtsschutzbedürfnis für den Widerspruch entfallen lassen. Dieser ist aus Sicht der Klägerin schon unabdingbar notwendig, um die Bestandskraft des Bescheides zu verhindern. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Klägerin habe über § 44 SGB X die Möglichkeit einer Korrektur auch bestandskräftiger Entscheidungen. Ein solcher Vorrang des § 44 SGB X gegenüber dem Rechtsbehelf gegen die Ausgangsentscheidung widerspricht dem gesamten Rechtsschutzsystem. Im Übrigen wäre der Beklagte auch dann zur Bescheidung verpflichtet, nämlich der Verwerfung als unzulässig.
22 
Da für das Unterbleiben der Widerspruchsentscheidung auch kein sachlicher Grund vorliegt, konnte die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben. Da die vom SG gesetzte Frist zur Bescheidung bereits verstrichen ist und §§ 88, 131 Abs. 2 SGG die Möglichkeit einer Fristsetzung bei Verurteilung zur Bescheiderteilung nicht vorsehen, war der Tenor entsprechend neu zu fassen.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
24 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Zwar ist angesichts der divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen die Frage der Zulässigkeit der Berufung bei Untätigkeitsklagen nicht geklärt. Diese Frage ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Berufung im Falle ihrer Unzulässigkeit ohnehin keinen Erfolg hätte.

Gründe

 
14 
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, insbesondere auch statthaft. Sie unterliegt nicht der Beschwerdewert bezogenen Zulässigkeitsbegrenzung des § 144 Abs. 1 SGG.
15 
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nach Abs. 1 Satz 2 nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen die der Untätigkeitsklage der Klägerin stattgebende Entscheidung des SG, in dem dieser zum Erlass eines Widerspruchsbescheides verpflichtet worden war. Wie sich aus dem Wortlaut des § 131 Abs. 3 SGG ergibt, ist Gegenstand der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG nur die Bescheidung des Antrags (§ 88 Abs. 1 SGG) bzw. des Widerspruches (Abs. 2), also die Erteilung eines Bescheides, nicht der materielle (Leistungs-)Anspruch, auf den sich der Antrag oder Widerspruch bezieht (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts , vgl. SozR 3-1500 § 88 Nr. 2; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 88 Rdnr. 2; Hk-SGG, 3. Aufl., § 88 Rdnr. 4). Eine unmittelbare Klage auf Leistung oder den Erlass eines Verwaltungsaktes mit bestimmtem Inhalt ist im Gegensatz zu den Parallelvorschriften des § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung oder des § 46 der Finanzgerichtsordnung ausgeschlossen. Im Rahmen des § 144 Abs. 1 SGG kann somit nicht auf den materiellen Anspruch abgestellt werden, da dieser nicht Streitgegenstand der Untätigkeitsklage ist (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. November 2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - ; a.A. LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 2010, 877). Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass auf diese Weise gegen die Wertung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG Bagatellstreitigkeiten an das Berufungsgericht gelangen. Denn § 88 SGG geht über den Schutz eines materiellen Anspruches hinaus, sichert den Bürger davor, durch bloßes Untätigbleiben der Verwaltung in seinen Rechten verletzt zu werden und eröffnet auf diese Weise erst dessen Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung (ggf. allein durch ein erstinstanzliches Gericht). Schutzgut des § 88 SGG ist somit auch die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Der Erlass eines Verwaltungsaktes ist auch nicht als „Dienstleistung“ i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG anzusehen. Bereits der Wortlaut (Klage, die eine … Dienstleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft“) zeigt, dass der Erlass eines Verwaltungsakts gerade nicht die Dienstleistung selbst darstellt. Nicht dieser Beschränkung der Berufung unterfallen, wie bereits nach dem bis zum 31. März 2008 geltenden Recht, Dienstleistungen, die in keiner Hinsicht unter einen Sachleistungsbegriff fallen können, wie gerade der Erlass eines Widerspruchsbescheides im Rahmen des § 88 Abs. 2 SGG. Die Erweiterung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG um den Begriff der Dienstleistung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) zum 1. April 2008 sollte nach gesetzgeberischer Wertung nur klarstellen, dass solche Leistungen bereits nach altem Recht von der Ratio der Norm erfasst seien (BT-Drucks. 16/7716 S. 21 zu Nr. 24). Somit geben die Materialien zur Neuregelung keinen Anhalt zur Annahme, dass nunmehr auch solches nicht als Sachleistung im weiteren Sinne zu verstehendes Verwaltungshandeln der Beschränkung unterworfen werden sollte (wie hier Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 9b; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, § 144 Rdnr. 10). Ohnehin ist das Schutzgut „Sicherung des Rechtswegs“ nicht wirtschaftlich bewertbar.
16 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht zur Bescheidung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 11. August 2009 verpflichtet. Nach § 88 Abs. 1 SGG ist die Klage, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist, nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Das Gleiche gilt nach Abs. 2, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
17 
Über den am 11. September 2009 gegen den Bescheid vom 11. August 2009 eingelegten Widerspruch hat der Beklagte bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht entschieden. Die dreimonatige Frist des § 88 Abs. 2 SGG ist somit längst verstrichen. Im Übrigen hat der Beklagte den Erlass eines Widerspruchsbescheides ausdrücklich abgelehnt, so dass die Erhebung der Untätigkeitsklage schon vor Ablauf dieser Frist zulässig gewesen wäre. Zutreffend ist das SG im Übrigen davon ausgegangen, dass der Bewilligungsbescheid vom 11. August 2009 über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII vom 1. September 2009 bis 31. August 2010 nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens S 4 SO 629/09 geworden ist, das den Bewilligungszeitraum vom 1. September 2008 bis 31. August 2009 zum Gegenstand hat. Auch wenn „im Kern“ in beiden Bewilligungszeiträumen derselbe Punkt streitig ist, findet § 96 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume keine Anwendung (so schon BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 zur Grundsicherung für Arbeitsuchende). Durch die Neuregelung des § 96 Abs. 1 SGG zum 1. April 2008 ist einer erweiterten Anwendung des § 96 SGG nach dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen ohnehin die Grundlage entzogen (BT-Drucks. 16/7716 S. 22 zu Nr. 16). Auch der Beklagte hat an seiner abweichenden Auffassung nicht mehr festgehalten. Im Übrigen hätte auch dies den Beklagten nicht berechtigt, den Widerspruch nicht zu bescheiden; vielmehr hätte er ihn, wenn die Klägerin daran festgehalten hätte, als unzulässig verwerfen müssen.
18 
Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt der erhobenen Untätigkeitsklage nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Zutreffend weist er zunächst darauf hin, dass der durch § 88 SGG abgesicherte Bescheidungsanspruch kein Selbstzweck ist. Vielmehr dient er letztlich dem Schutz des Klägers davor, durch die Untätigkeit der Verwaltung gerade in seinen materiellen Rechten verletzt zu werden. Auch wenn der materiell-rechtliche Anspruch nicht Gegenstand der Untätigkeitsklage ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf sachliche Bescheidung, wenn der beantragte Bescheid keinerlei materiell-rechtliche Wirkung für ihn haben kann (vgl. Hk-SGG, a.a.O., § 88 Rdnr. 3). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Frage, ob eine Betroffenheit und Verletzung in einem materiellen Recht vorliegt, gerade der gerichtlichen Beurteilung unterliegen muss, die die entsprechenden Verwaltungsakte darauf überprüft. Der betroffene Bürger hat daher zunächst einen grundsätzlichen Anspruch auf Bescheiderteilung, um diese gerichtliche Kontrolle zu eröffnen. Diesen Anspruch sichert die Untätigkeitsklage. Einer solchen kann daher nur dann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch offensichtlich unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ausscheidet und die Erhebung der Untätigkeitsklage sich lediglich als Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ohne eigenen Nutzen und zum Schaden für den anderen Beteiligten darstellt (Gedanke des Rechtsmissbrauchs; LSG Bremen, Beschluss vom 3. Juli 1996 - L 4 BR 39/95 - ; LSG Niedersachsen NZS 98, 448; Leitherer a.a.O., § 88 Rdnr. 4a; offengelassen BSG SozR 4-1500 § 88 Nr. 1).
19 
Eine solche Konstellation liegt aber im Falle der Klägerin nicht vor. Der hinter dem Bescheidungsgehren stehende materielle Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft, insbesondere auch unter Berücksichtigung der vertraglich geschuldeten Betreuungspauschale, ist bereits aufgrund des Wortlauts des § 29 SGB XII nicht ausgeschlossen; die grundsätzliche Leistungsberechtigung der Klägerin steht ohnehin nicht in Zweifel. Dem Begehren auf Erteilung gerade auch des ausstehenden Widerspruchsbescheides kann der Beklagte nicht entgegenhalten, ein Bedürfnis für diesen bestehe nicht, weil er der Klägerin zugesichert habe, bei Erfolg im gerichtlichen Verfahren über den vorangegangen Bewilligungszeitraum die Leistungen auch für den vom angefochtenen Bewilligungsbescheid erfassten Zeitraum entsprechend der gerichtlichen Entscheidung zu bewilligen. Der Klägerin ist durch die Einlegung des Widerspruches ein Anspruch auf Bescheidung entstanden. Das Gesetz sieht weder im SGG noch im SGB X eine Befugnis der Verwaltung vor, ein Widerspruchsverfahren von sich aus auszusetzen oder ohne Einverständnis des Widerspruchsführers ruhen zu lassen und ihm auf diese Weise die Möglichkeit zu nehmen, eine unmittelbare Klärung durch ein Gericht herbeizuführen. Diese Möglichkeit ist auch dann nicht vorgesehen, wenn bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, in dem es „im Kern“ um dieselben Streitpunkte geht. Vielmehr regelt § 9 Satz 2 SGB X die Vorgabe u.a. einer „zügigen“ Durchführung des Verwaltungsverfahrens, was nach § 62 SGB X auch für das Widerspruchsverfahren gilt. Lediglich in sog. Massenverfahren im Rahmen des § 85 Abs. 4 SGG spricht das Gesetz die Möglichkeit ausdrücklich an, einen Widerspruch ruhend zu stellen. Auch dort findet sich aber keinerlei Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Berechtigung der Widerspruchsbehörde annimmt, ein solches Ruhen einseitig und ohne Einverständnis des Widerspruchsführers anzuordnen (vgl. Hk-SGG, a.a.O., § 85 Rdnr. 22).
20 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann nicht angenommen werden, hinter dem Bescheidungsbegehren der Klägerin stünden keine eigenen Interessen. Die Erteilung des Widerspruchsbescheides ermöglicht ihr die unmittelbare gerichtliche Klärung auch für den Folgezeitraum. Es kann zwar im Interesse der Klägerin - und des Beklagten - liegen, weitere gerichtliche Verfahren zu vermeiden und den Streit in einem Verfahren - quasi musterhaft - klären zu lassen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass ein abweichendes Verhalten rechtsmissbräuchlich wäre. Die Klägerin muss sich nicht mit der „Zusicherung“ der Übernahme des Verfahrensergebnisses durch den Beklagten zufrieden geben, wie auch das Abwarten eines Musterverfahrens allgemein nicht als sachlicher Grund für die Nichtbescheidung angesehen wird (vgl. Leitherer, a.a.O., Rdnr. 7b). Sucht die Klägerin die unmittelbare gerichtliche Klärung auch des Folgezeitraums, wozu sie den Widerspruchsbescheid als Sachurteilsvoraussetzung benötigt, kann sie Auslegungsschwierigkeiten bei der Übertragung des gerichtlichen Urteils auf den Folgezeitraum vermeiden oder Änderungen unmittelbar - und damit - zeitnah geltend machen. Dabei geht sie selbst auch das Risiko ein, in mehreren gerichtlichen Verfahren zu unterliegen und ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu müssen. Da der Beklagte im vorliegenden Fall im Übrigen u.a. auch die Notwendigkeit der Unterkunft mit Betreuungsangebot aus gesundheitlichen Gründen verneint, ist es nicht fern liegend, dass eine von der Klägerin ggf. angenommene Veränderung im Gesundheitszustand eine wesentliche Abweichung von einem Bewilligungszeitraum zum anderen darstellt, die der Beklagte unter Umständen bei der Übertragung des Verfahrensergebnisses nicht anerkennt. Das Interesse des Beklagten, Verfahrensgebühren zu vermeiden, kann nicht zur Bewertung des klägerischen Begehrens als rechtsmissbräuchlich führen. Ohnehin ist der Grundsicherungsträger selbst gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Pauschgebühr nach § 184 SGG befreit.
21 
Fehl geht schließlich auch die Annahme des Beklagten, die „Zusicherung“ der späteren Anpassung würde sogar das Rechtsschutzbedürfnis für den Widerspruch entfallen lassen. Dieser ist aus Sicht der Klägerin schon unabdingbar notwendig, um die Bestandskraft des Bescheides zu verhindern. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Klägerin habe über § 44 SGB X die Möglichkeit einer Korrektur auch bestandskräftiger Entscheidungen. Ein solcher Vorrang des § 44 SGB X gegenüber dem Rechtsbehelf gegen die Ausgangsentscheidung widerspricht dem gesamten Rechtsschutzsystem. Im Übrigen wäre der Beklagte auch dann zur Bescheidung verpflichtet, nämlich der Verwerfung als unzulässig.
22 
Da für das Unterbleiben der Widerspruchsentscheidung auch kein sachlicher Grund vorliegt, konnte die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben. Da die vom SG gesetzte Frist zur Bescheidung bereits verstrichen ist und §§ 88, 131 Abs. 2 SGG die Möglichkeit einer Fristsetzung bei Verurteilung zur Bescheiderteilung nicht vorsehen, war der Tenor entsprechend neu zu fassen.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
24 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Zwar ist angesichts der divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen die Frage der Zulässigkeit der Berufung bei Untätigkeitsklagen nicht geklärt. Diese Frage ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Berufung im Falle ihrer Unzulässigkeit ohnehin keinen Erfolg hätte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis gerichtete Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 als unzulässig verworfen wird.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Verfahren über eine Untätigkeitsklage durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist.

2

Der Kläger - seinerzeit bereits vertreten durch seinen noch heute prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt - wandte sich mit Widersprüchen gegen zwei Bescheide der beklagten Krankenkasse, mit denen diese seine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt und das Ruhen seines Leistungsanspruchs festgestellt hatte. Die Beklagte half den Widersprüchen ab, woraufhin der Prozessbevollmächtigte um "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X, Anerkennung des Erstattungsanspruchs und Kostenfestsetzung" iHv 499,80 Euro bat(Kostennote vom 12.10.2010). Die Beklagte lehnte zunächst eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 14.10.2010). Auf den auch hiergegen erhobenen Widerspruch nahm sie - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch den Kläger - ihre die Kostenübernahme ablehnende Entscheidung zurück; die mit der Kostennote geltend gemachte Rechtsanwaltsvergütung werde auf ein Konto des Prozessbevollmächtigten angewiesen (Abhilfebescheid vom 31.5.2011).

3

Die Beklagte hat dem SG Hamburg mitgeteilt, dass dem Widerspruch mittlerweile abgeholfen worden sei und das Klageverfahren damit seine Erledigung gefunden haben dürfte (Schriftsatz vom 31.5.2011). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin erklärt, das Anerkenntnis werde angenommen, und zugleich gebeten, seine Erklärung "nicht in eine sonstige Erledigterklärung umzudeuten" (Schriftsatz vom 18.4.2012). Das SG hat die Beteiligten zunächst darauf hingewiesen, dass der Kläger eine prozessbeendende Erklärung abgegeben habe, und auf Antrag des Klägers, den Rechtsstreit fortzusetzen, festgestellt, dass das Verfahren durch die Prozesserklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.4.2011 beendet sei. Ob eine Erledigungserklärung oder Annahme eines Anerkenntnisses vorliege, sei in dem beendeten Verfahren nicht mehr zu klären (Gerichtsbescheid vom 2.7.2015). Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis, hilfsweise, dass es gar nicht beendet sei. Daraufhin hat das LSG Hamburg den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und festgestellt, dass das Verfahren nicht beendet sei; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Berufung sei zulässig, aber lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Während die Beklagte kein Anerkenntnis abgegeben habe, auch nicht konkludent, habe der Kläger keine Erledigungserklärung abgegeben, sondern ausdrücklich nur die Annahme eines - vermeintlichen - Anerkenntnisses erklärt (Urteil vom 18.12.2015).

4

Der Kläger rügt mit seiner gegen die Abweisung des Hauptantrags gerichteten Revision die Verletzung des § 101 Abs 2 SGG. Er habe das von der Beklagten konkludent abgegebene Anerkenntnis angenommen. Die Berufung sei auch zulässig eingelegt worden. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei allein die Erledigungsfeststellung gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 aufzuheben sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 abzuändern und festzustellen, dass das Verfahren S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis beendet ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Die Berufung ist im Hauptantrag im Ergebnis zu Recht ohne Erfolg geblieben. Soweit das LSG der Berufung im Hilfsantrag stattgegeben und unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG festgestellt hat, dass der Rechtsstreit nicht erledigt sei, ist das Urteil nicht mit der Revision angegriffen worden und daher nicht vom Senat zu überprüfen.

9

Das LSG hätte die Berufung des Klägers im Hauptantrag allerdings bereits als unzulässig verwerfen müssen (§ 158 S 1 SGG), weil sie nicht statthaft war. Dieser Verfahrensfehler ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 20.5.2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 6). Die insoweit vom Senat vorgenommene Klarstellung des LSG-Urteils - Verwerfung statt Zurückweisung der Berufung im Hauptantrag - verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, weil der Kläger hierdurch nicht zusätzlich beschwert wird (vgl BSG Urteil vom 31.7.1985 - 2 RU 51/84 - Juris RdNr 10 f mwN). Sowohl bei der Verwerfung als auch bei der Zurückweisung der Berufung bleibt es, auch was die Reichweite der Rechtskraft angeht, bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG war mangels Zulassung nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, und die Berufung - wie hier - weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft(§ 144 Abs 1 S 2 SGG). Diese Berufungsbeschränkung ist im vorliegenden Fall zu beachten (dazu a). Auch überstieg der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht (dazu b) und weder das SG noch das LSG haben die Berufung zugelassen (dazu c).

11

a) Gegenstand der Berufung im Hauptantrag war eine Klage, die einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betraf. Der Begriff der Geldleistung iS des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist nicht auf Sozialleistungen gemäß § 11 S 1 SGB I beschränkt(Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 144 RdNr 13). Er umfasst auch die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 9).

12

Die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist auch auf Berufungen anzuwenden, die sich gegen die Feststellung eines SG wenden, ein Verfahren sei erledigt(so auch Bienert, NZS 2017, 727, 729 mwN). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass in diesen Fällen allein die Frage, ob der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht aber der streitige Anspruch in der Sache selbst Gegenstand des Berufungsverfahrens wäre (so aber Groth in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap VIII RdNr 8a mwN). Unabhängig davon, ob diese Einschätzung zutrifft (aA etwa LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.10.2015 - L 6 AS 432/14 - Juris RdNr 19), kommt es hierauf für die Anwendbarkeit des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht an. Bei einem Verfahren, das mit dem Ziel fortgesetzt wird, die (Nicht-)Erledigung der zunächst erhobenen Klage feststellen zu lassen, ist vielmehr auf diese ursprüngliche Klage abzustellen. Andernfalls hinge der Gegenstandswert von der Entscheidung des SG über das Feststellungsbegehren ab: Stellte dieses die Erledigung des Verfahrens fest, wäre nach der Gegenansicht die Berufung ohne Zulassung statthaft. Würde es das Verfahren als nicht erledigt ansehen und daher über den Anspruch in der Sache entscheiden, hinge die Statthaftigkeit der Berufung dagegen vom Gegenstandswert der Klage ab. Entscheidend ist vielmehr das ursprüngliche Klageziel. Nichts anderes gilt, wenn eine Klage als unzulässig abgewiesen wird. Weshalb für die Feststellung, dass ein Verfahren erledigt sei, andere Maßstäbe gelten sollen als für sonstige Prozessurteile (zur Einordnung der Erledigungsfeststellung als Prozessurteil s BGH Urteil vom 15.1.1985 - X ZR 16/83 - Juris RdNr 13), ist nicht ersichtlich. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet keine andere Auslegung.

13

Unschädlich ist ferner, dass das hier fortgesetzte Verfahren ursprünglich eine Untätigkeitsklage zum Gegenstand hatte. Auch Untätigkeitsklagen werden von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG erfasst, weil sie entweder auf die Vornahme eines beantragten Verwaltungsaktes(§ 88 Abs 1 SGG) oder den Erlass eines Widerspruchsbescheids (§ 88 Abs 2 SGG)gerichtet sind. Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 10 f).

14

b) Der Wert des Beschwerdegegenstands entspricht der mit der Kostennote vom 12.10.2010 angesetzten Vergütungsforderung über insgesamt 499,80 Euro und übersteigt damit nicht 750 Euro. Bei einer Untätigkeitsklage ist auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12). Da sie vorliegend auf Bescheidung des gegen den Bescheid vom 14.10.2010 erhobenen Widerspruchs gerichtet war, mit dem die Beklagte die Erstattung von Kosten über 499,80 Euro abgelehnt hatte, ist dieser Betrag maßgebend. Dass hinter dem Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens erkennbar das Interesse steht, eine Terminsgebühr bei Erledigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis (Nr 3106 Ziff 3 VV RVG) zu erzielen, ist ohne Belang. Die Kosten eines laufenden Verfahrens sind bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 15a). Dies war hier der Fall, weil mit der Fortsetzung des Untätigkeitsklageverfahrens dessen Rechtshängigkeit wieder auflebte (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 94 RdNr 4b). Ein anwaltliches Vergütungsinteresse zugrunde zu legen verbietet sich regelmäßig auch deshalb, weil andernfalls die Bestimmung des Gegenstandswerts davon abhinge, ob der jeweilige Beteiligte anwaltlich vertreten ist oder nicht.

15

Bei dem Wert von 499,80 Euro bleibt es, obwohl die Berufung einen Haupt- und einen Hilfsantrag umfasste. Eine Addition der Streitwerte von Hauptantrag einerseits und Hilfsantrag andererseits scheidet aus, weil beide Anträge auf dasselbe Interesse, die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits allein durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG, gerichtet waren, sie also keinen jeweils eigenständigen Wert haben, sondern vielmehr zwischen beiden eine wirtschaftliche Identität besteht(vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 18; Cantzler in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 7 RdNr 49; jeweils mwN). Dass der Kläger mit seinem Berufungshauptantrag nicht nur die Feststellung begehrte, dass, sondern auch wie das Verfahren seine Erledigung gefunden habe, veranlasst nicht zu einer anderen Beurteilung. Entscheidend sind allein die mit dem Streitgegenstand unmittelbar verknüpften Interessen. Das anwaltliche Vergütungsinteresse zu berücksichtigen verbietet sich aus den oben dargelegten Gründen auch hier. Unerheblich ist schließlich, dass aus einem angenommenen Anerkenntnis vollstreckt werden könnte (§ 199 Abs 1 Nr 3 Alt 1 SGG), während im Fall einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung das Verfahren ohne Vollstreckungstitel endet. Maßgeblich ist nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG allein, ob die Klage eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft. Die gewählte Klageart (dazu BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 11; BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - BSGE 42, 212, 213 = SozR 1500 § 144 Nr 5 S 13; jeweils mwN) und damit auch die Frage, ob am Ende eines Klageverfahrens überhaupt ein Vollstreckungstitel stehen kann, ist für die Anwendung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG unerheblich.

16

Ohne Bedeutung ist ferner, dass der Kläger mit seiner Kostennote vom 12.10.2010 nicht nur um Kostenfestsetzung, sondern auch um eine "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X" gebeten hatte. Kostengrundentscheidung und Kostenfestsetzung sind auf dasselbe wirtschaftliche Ziel, die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs aus § 63 Abs 1 S 1 SGB X, gerichtet(so auch BVerwG Urteil vom 16.12.1988 - 7 C 93.86 - Juris RdNr 12). Die damit auch insoweit bestehende wirtschaftliche Identität steht wiederum einer Erhöhung des Gegenstandswerts entgegen. Dass im Rahmen einer Entscheidung über die Zulässigkeit der eine Kostengrundentscheidung nach § 63 Abs 1 SGB X betreffenden Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden, sondern grundsätzlich von den Höchstgebühren auszugehen ist(vgl BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 ff = SozR 4-1300 § 63 Nr 23, RdNr 11), führt zu keiner anderen Beurteilung. Legt der Kostenerstattungsberechtigte - wie hier - mit dem Antrag auf Kostengrundentscheidung bereits eine Kostennote vor, aus der sich die Gebührenforderung seines verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts ergibt, werden die Kostenerstattungsforderung und damit der Berufungsstreitwert fixiert. Hat ein Rechtsanwalt bei der Berechnung von Rahmengebühren sein ihm eingeräumtes Ermessen ausgeübt, ist er daran gebunden (OLG Düsseldorf vom 24.6.2008 - I-24 U 204/07 - Juris RdNr 15; Onderka/Schneider in AnwK-RVG, 8. Aufl 2017, § 14 RdNr 93). Rahmengebühren sind auch in den der Kostennote des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.10.2010 zugrundeliegenden Widerspruchsverfahren angefallen (§ 3 Abs 2 RVG) und mit der Kostennote gefordert worden.

17

c) Die nach alledem zulassungsbedürftige Berufung haben weder das SG noch das LSG zugelassen. Dass das SG den Kläger in seinem Gerichtsbescheid unzutreffend dahingehend belehrt hat, die Berufung sei statthaft, ist in Ermangelung weitergehender Anhaltspunkte nicht als gleichsam konkludente Zulassung der Berufung zu werten (BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12 mwN). Ebenso wenig ist eine Zulassung der Berufung darin zu sehen, dass das LSG in der Sache über sie befunden hat. Für eine Zulassung des Rechtsmittels fehlt dem LSG im Berufungsverfahren die Entscheidungsmacht (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG Urteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 19/01 R - Juris RdNr 19). Das LSG darf über die Zulassung der Berufung nur auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin und durch Beschluss (§ 145 Abs 4 S 1 SGG) entscheiden.

18

2. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nicht von einer Erledigung des Rechtsstreits durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG auszugehen sein dürfte. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob überhaupt die gerichtliche Feststellung der Erledigung eines Verfahrens gerade durch ein bestimmtes Erledigungsereignis begehrt werden kann (vgl BSG Beschluss vom 27.2.2014 - B 5 RE 3/14 B - BeckRS 2014, 67167 RdNr 8). Eventuelle kosten- oder vollstreckungsrechtliche Folgefragen dürften sich im Rahmen der insoweit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe klären lassen. Abgesehen davon ordnet § 88 Abs 1 S 3 SGG als Sonderregelung für den Fall einer Untätigkeitsklage (so auch Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 101 RdNr 21; Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 101 RdNr 28; Roller in HK-SGG, 5. Aufl 2017, § 101 RdNr 32; aus der Rspr vgl etwa LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 5.2.2016 - L 19 AS 1130/15 B - Juris RdNr 28; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 2.9.2015 - L 32 AS 456/15 B - Juris RdNr 38 ff; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 7.1.2015 - L 12 SO 302/14 B - Juris RdNr 7; Sächsisches LSG Beschluss vom 18.10.2013 - L 8 AS 1254/12 B KO - Juris RdNr 25; Thüringer LSG Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - Juris RdNr 32; aA Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl 2015, § 3 RdNr 59; Hessisches LSG Beschluss vom 28.11.2016 - L 2 AS 184/16 B - Juris RdNr 21) an, dass bei fristgerechter Stattgabe des Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsakts die Hauptsache für erledigt zu erklären ist.

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2010 (L 12 AS 388/10) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Übernahme von Stromkosten in Höhe von 179,73 Euro als Leistung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2009 bis 30.11.2009. Im Verwaltungs- und Klageverfahren ist er insoweit erfolglos geblieben. Das SG Köln hat die Beklagte durch Urteil vom 10.2.2010 entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verpflichtet, weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 12,09 Euro für den Monat Juni 2009 und insgesamt 11,95 Euro für die Monate Juli bis September 2009 sowie 31,95 Euro für die Monate Oktober und November 2009 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Im Tenor hat das SG die Berufung nicht zugelassen, jedoch eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung beigefügt. Die Berufung hiergegen hat das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 28.5.2010 verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausdrücklich vom Kläger eingelegte Berufung sei wegen des Unterschreitens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unzulässig. Der Beschwerdewert betrage im konkreten Fall 179,73 Euro und nicht, wie für eine zulassungsfreie Berufung erforderlich, 750 Euro. Es handele sich bei den geltend gemachten Stromkosten auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG. Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Dieses sei nicht geschehen. Eine ausdrückliche Zulassung ergebe sich weder aus der Urteilsformel, noch den Entscheidungsgründen. Die Rechtsmittelbelehrung ersetze die Entscheidung des SG nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

2

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er privatschriftlich an das BSG gesandt hat. Zugleich beantragt er die Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

4

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, einen Verfahrensfehler des LSG darzulegen, insbesondere dass das LSG verfahrensfehlerhaft ein Prozess- anstatt ein Sachurteil erlassen habe. Das LSG ist nach Aktenlage zutreffend davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen des § 144 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 SGG für eine zulassungsfreie Berufung gegeben sind, noch das SG die Berufung an das LSG zugelassen hat.

6

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf es der Zulassung der Berufung durch das SG, wenn der Beschwerdewert 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall. Der Beschwerdewert beträgt 179,73 Euro. Der Kläger verkennt insoweit den Begriff des Beschwerdewertes. Beim Beschwerdewert kommt es nur auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an. Der Beschwerdewert bemisst sich demnach ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (stRspr des BSG, s nur BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R). Sonstige denkbare Folgewirkungen bleiben außer Betracht.

7

Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt(vgl zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 17)und auf die Dauer um sechs bzw maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt ua deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B). Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt, also hier auf den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009.

8

Das LSG folgt zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der die für die zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung keine Entscheidung über die Zulassung ist, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die es nicht bindet (BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R; BSG Urteil vom 19.11.1996, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; s zur Rechtsmittelbelehrung als alleinige Zulassungsentscheidung BSG Urteil vom 28.3.1957, BSGE 5, 92, 95; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; stRspr). Gründe, die auf Umstände hindeuten, warum im vorliegenden Fall dennoch von einer Zulassung der Berufung durch das SG auszugehen war, sind nicht ersichtlich. Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die Berufungszulassung.

9

Die Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits - wie zuvor dargelegt - höchstrichterlich geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig. Hinweise für eine Divergenz sind nicht ersichtlich.Selbst wenn der Rechtsstreit jedoch - wie der Kläger vorträgt - Fragen grundsätzlicher Bedeutung bergen sollte oder eine Divergenz - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung - dargelegt werden könnte, wäre ein zugelassener Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage, Zulassungsgründe insoweit ordnungsgemäß darzulegen. Die grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt. Hieran fehlt es vorliegend. In einem Revisionsverfahren wäre es dem Revisionsgericht angesichts der Unzulässigkeit der Berufung und damit dem zutreffenden Erlass eines Prozessurteils verwehrt, über die aufgeworfenen Fragen zu entscheiden.

10

Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

11

Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. März 2013 werden als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Sozialgerichtsgesetz). Die Kläger haben zur Begründung ihrer Beschwerden keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Abweichung oder Verfahrensmangel) gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG schlüssig dargelegt oder bezeichnet.

2

Die Kläger stützen ihre Beschwerden zunächst auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG und rügen eine Verletzung des § 144 Abs 1 SGG. Zur Bestimmung des Beschwerdewerts habe das LSG sich ausschließlich an dem geforderten Zahlbetrag orientiert, aber nicht beachtet, dass die strittige Anrechnung des Kindergeldes für den Kläger zu 2 bei der Klägerin zu 1 als Einkommen nicht nur zu einer Verringerung der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei dieser führe, sondern auch zu einer Beschwer des Klägers zu 2, weil dieser seinen Bedarf nicht aus dem Kindergeld, sondern seinem Vermögen decken müsse.

3

Mit diesem Vortrag wird jedoch kein Verfahrensmangel bezeichnet. Der Beschwerdewert von 750 Euro wird auch nach dem Vortrag der Kläger in diesem Rechtsstreit nicht erreicht. Zur Berechnung des Beschwerdewertes ist nach § 144 Abs 1 SGG bei Geldleistungen auf den unmittelbar strittigen Betrag abzustellen(§ 202 Satz 1 SGG iVm §§ 2 bis 9 Zivilprozessordnung, hier also Leistungen nach dem SGB II für die Klägerin zu 1 in Höhe von 595 Euro. Die Kläger haben selbst vorgetragen, dass der Kläger zu 2 nur mittelbare wirtschaftliche Vorteile durch die Bewilligung von höheren Leistungen bei der Mutter erlangt. Solche rechtlichen oder wirtschaftlichen Folgewirkungen bleiben aber außer Ansatz (BSG vom 6.2.1997 - 14/10 BKg 14/96 - SozR 3-1500 § 144 Nr 11; BSG vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; Breitkreuz in Breitkreuz/ Fichte, SGG, 2009, § 144 RdNr 21 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 144 RdNr 15 mwN; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand der Einzelkommentierung 5/2009, § 144 RdNr 53; vgl auch § 13 Abs 2 Gerichtskostengesetz idF vom 17.8.2001: bei bezifferter Geldleistung ist deren Höhe maßgebend). Auch die Voraussetzungen der (Rück-)Ausnahme in § 144 Abs 1 Satz 2 SGG - wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr - sind nicht erfüllt, weil Leistungen für einen kürzeren Zeitraum umstritten sind.

4

Die Kläger rügen des Weiteren eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/ Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX, RdNr 65 f).

5

Die Kläger haben die Frage formuliert

"Ist die Berufung auch dann nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG zulässig, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen streitig sind, die in zeitlich aufeinander folgenden Verwaltungsakten abschnittsweise bewilligt werden?",

aber nicht anhand der vorliegenden Rechtsprechung und Literatur aufgezeigt, wieso zu Ihrer Beantwortung eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) als Revisionsgericht erforderlich erscheint.

6

Wegen dieser Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung geklärt, dass aus der abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II von in der Regel sechs Monaten (§ 41 Abs 1 SGB II) eine zeitliche Zäsur folgt, die eine entsprechende Begrenzung des Streitgegenstandes bewirkt (BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B; BSG vom 22.7.2010 - B 4 AS 77/10 B; ebenso für die abschnittsweise Bewilligung von Kindergeld BSG vom 6.2.1997 - 14/10 BKg 14/96 - SozR 3-1500 § 144 Nr 11). Denkbare Folgewirkungen für folgende Bewilligungszeiträume bleiben außer Betracht (ebenso für den Eintritt einer Sperrzeit BSG vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3), zumal eine andere Sichtweise die mit der Neuregelung des § 96 SGG durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) beabsichtigte Begrenzung der Klageerweiterung mittels ändernden oder ersetzenden Bescheiden konterkariert würde (vgl dazu BT-Drucks 16/7716 S 18 f). Eine eingehende Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung und der hierzu veröffentlichten Literatur (zustimmend Knittel in Hennig, SGG, Stand der Einzelkommentierung 10/2011, § 144 RdNr 28; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, aaO, § 144 RdNr 21a), aus der ersichtlich würde, weshalb eine nochmalige Befassung mit dieser Rechtsfrage durch das BSG erforderlich sein sollte, fehlt vollständig. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Einwände ist den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht genügt. Es wird aus der Beschwerdebegründung nicht ersichtlich, weshalb die Regelungen in § 143 Abs 2, § 145 SGG, die bei dem Nichterreichen des Beschwerdewerts eine Zulassung der Berufung durch das LSG in Fällen der grundsätzlichen Bedeutung oder Divergenz des Rechtsstreits oder bei Vorliegen eines Verfahrensmangels vorsehen, zur Wahrung des in Art 19 Abs 4 Grundgesetz garantierten effektiven Rechtsschutzes nicht ausreichen sollten. Ob dieses Ergebnis sozialpolitisch im Vergleich mit anderen Streitgegenständen unbefriedigend ist (so Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 144 RdNr 15), hat der Senat schließlich nicht zu entscheiden.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2010 (L 12 AS 388/10) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Übernahme von Stromkosten in Höhe von 179,73 Euro als Leistung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2009 bis 30.11.2009. Im Verwaltungs- und Klageverfahren ist er insoweit erfolglos geblieben. Das SG Köln hat die Beklagte durch Urteil vom 10.2.2010 entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verpflichtet, weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 12,09 Euro für den Monat Juni 2009 und insgesamt 11,95 Euro für die Monate Juli bis September 2009 sowie 31,95 Euro für die Monate Oktober und November 2009 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Im Tenor hat das SG die Berufung nicht zugelassen, jedoch eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung beigefügt. Die Berufung hiergegen hat das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 28.5.2010 verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausdrücklich vom Kläger eingelegte Berufung sei wegen des Unterschreitens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unzulässig. Der Beschwerdewert betrage im konkreten Fall 179,73 Euro und nicht, wie für eine zulassungsfreie Berufung erforderlich, 750 Euro. Es handele sich bei den geltend gemachten Stromkosten auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG. Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Dieses sei nicht geschehen. Eine ausdrückliche Zulassung ergebe sich weder aus der Urteilsformel, noch den Entscheidungsgründen. Die Rechtsmittelbelehrung ersetze die Entscheidung des SG nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

2

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er privatschriftlich an das BSG gesandt hat. Zugleich beantragt er die Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

4

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, einen Verfahrensfehler des LSG darzulegen, insbesondere dass das LSG verfahrensfehlerhaft ein Prozess- anstatt ein Sachurteil erlassen habe. Das LSG ist nach Aktenlage zutreffend davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen des § 144 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 SGG für eine zulassungsfreie Berufung gegeben sind, noch das SG die Berufung an das LSG zugelassen hat.

6

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf es der Zulassung der Berufung durch das SG, wenn der Beschwerdewert 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall. Der Beschwerdewert beträgt 179,73 Euro. Der Kläger verkennt insoweit den Begriff des Beschwerdewertes. Beim Beschwerdewert kommt es nur auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an. Der Beschwerdewert bemisst sich demnach ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (stRspr des BSG, s nur BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R). Sonstige denkbare Folgewirkungen bleiben außer Betracht.

7

Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt(vgl zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 17)und auf die Dauer um sechs bzw maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt ua deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B). Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt, also hier auf den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009.

8

Das LSG folgt zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der die für die zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung keine Entscheidung über die Zulassung ist, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die es nicht bindet (BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R; BSG Urteil vom 19.11.1996, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; s zur Rechtsmittelbelehrung als alleinige Zulassungsentscheidung BSG Urteil vom 28.3.1957, BSGE 5, 92, 95; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; stRspr). Gründe, die auf Umstände hindeuten, warum im vorliegenden Fall dennoch von einer Zulassung der Berufung durch das SG auszugehen war, sind nicht ersichtlich. Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die Berufungszulassung.

9

Die Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits - wie zuvor dargelegt - höchstrichterlich geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig. Hinweise für eine Divergenz sind nicht ersichtlich.Selbst wenn der Rechtsstreit jedoch - wie der Kläger vorträgt - Fragen grundsätzlicher Bedeutung bergen sollte oder eine Divergenz - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung - dargelegt werden könnte, wäre ein zugelassener Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage, Zulassungsgründe insoweit ordnungsgemäß darzulegen. Die grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt. Hieran fehlt es vorliegend. In einem Revisionsverfahren wäre es dem Revisionsgericht angesichts der Unzulässigkeit der Berufung und damit dem zutreffenden Erlass eines Prozessurteils verwehrt, über die aufgeworfenen Fragen zu entscheiden.

10

Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

11

Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg (S 9 AS 2093/09) vom 02. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers, auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts, mit dem seine Klage auf höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung nach dem SGB II aufgrund eines Abzugs von Wassererwärmungskosten im Wege eines Überprüfungsverfahrens (§ 44 SGB X) für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis 30. April 2008 abgewiesen worden ist.

2

Der Kläger bezog in der Vergangenheit ab dem Jahre 2005 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. Am 05. Januar 2008 beantragte er beim Beklagten die Überprüfung aller Bescheide für den Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis 14. Oktober 2007 im Hinblick auf das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. März 2007 (L 3 AS 101/06) und begehrte die Übernahme der Wassererwärmungskosten. Zu diesem Zeitpunkt waren beim Sozialgericht Neubrandenburg bereits mehrere Klagen des Klägers auf Gewährung höherer Leistungen nach den SGB II für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis 31. Mai 2006 und vom 01. Mai 2007 bis 30. April 2008 anhängig. Im Zeitraum vom 01. Juni 2006 bis 30. April 2007 stand der Kläger nicht im Leistungsbezug des Beklagten.

3

Der Beklagte wies den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 08. Juli 2009 zurück, da mit Ausnahme der Monate Januar bis Juni 2005 alle übrigen Zeiträume Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens seien und eine Überprüfung unzulässig sei.

4

Den dagegen vom Kläger am 06. August 2009 erhobenen Widerspruch, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2009 unter Berufung die fehlende Überprüfungspflicht des Beklagten mangels Vorbringen neuer Tatsachen als unbegründet zurück.

5

Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Neubrandenburg am 03. Dezember 2009 Klage erhoben und sein Begehren weiter verfolgt.

6

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

7

den Beklagten zu verurteilen, die notwendigen tatsächlichen Kosten zu erstatten.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 02. Juli 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass dem Kläger das für den Überprüfungsantrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis 30. April 2008 gefehlt habe und sein Antrag aus diesem Grund vom Beklagten rechtmäßig zurückgewiesen worden sei.

11

Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil nicht zugelassen.

12

Gegen das dem Kläger am 30. September 2010 zugestellte Urteil wendet er sich mit der am 15. Oktober 2010 beim Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangenen Beschwerde und dem Antrag, die Berufung zuzulassen.

13

Zur Begründung trägt er vor, dass in der Entscheidung des Sozialgerichts lediglich eine Flut von Vorgängen aufgezählt worden sei und ihm eine Rechtmäßigkeit eines teilweise zurückweisenden Bescheides nicht verständlich sei.

II.

14

Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.

15

Der Beschwerdewert von 750 EUR wird unstreitig nicht erreicht. Der Kläger hat mit seiner Klage den Abzug von Warmwasserbereitungskosten in Höhe von monatlich knapp 11 EUR für einen Gesamtzeitraum von 23 Monaten geltend gemacht. Dadurch ergibt sich ein möglicher Wert des Beschwerdegegenstands von etwa 241 EUR und somit deutlich weniger als 750 EUR.

16

Wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr sind ebenfalls nicht betroffen (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG). Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II, wonach Leistungen zur Grundsicherung des Lebensunterhalts grundsätzlich für sechs Monate bewilligt und erbracht werden sollen, schafft insoweit eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand umschreibt und in zeitlicher Hinsicht begrenzt (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 - B 4 AS 77/10 B - juris). Die Tatsache, dass der Kläger im vorliegenden Fall im Wege des Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 SGB X dem Beklagten und im Anschluss dem Sozialgericht einen Zeitraum von mehr als ein Jahr zur Überprüfung gestellt hat, führt zu keiner anderen Beurteilung, da der Ursprung der (wiederkehrenden und laufenden) Leistungen jeweils in eigenständigen Bewilligungsbescheiden des Beklagten zu finden ist, die wiederum lediglich eine Bewilligung von Arbeitslosengeld II für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten enthielten. Es würde dem Sinn und Zweck der Beschränkung der Statthaftigkeit der Zulassung der Berufung und somit des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG widersprechen, wenn ein Kläger - jedenfalls bis zur Änderung des § 40 Abs. 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. 2011 I, 453) - in der Lage wäre, über das Überprüfungsverfahren durch Addition von unterschiedlichen Bewilligungszeiträumen hinsichtlich der Gewährung von Arbeitslosengeld II trotz Nichterreichen des Beschwerdewertes eine zulässige Berufung zu erzeugen.

17

Es ist für den Senat auch kein Grund ersichtlich, die ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

18

Die genannten Zulassungsgründe sind hier weder vom Kläger vorgetragen noch im Ansatz ersichtlich. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 144 Rdnr. 28). Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, da das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die Durchführung eines Überprüfungsverfahrens aufgrund der bereits anhängigen Klage- und Widerspruchsverfahren nicht vorgelegen habe. Dies ist unter Beachtung des Normzwecks des § 44 SGB X – nämlich nicht begünstigende und rechtswidrige Bescheide, die bestandkräftig geworden sind, zu überprüfen – nicht zu beanstanden und wirft letztlich keine bisher ungeklärte Rechtsfrage auf. Im Übrigen dürfte die Klage aufgrund der dargelegten anhängigen Widerspruchs- und Klageverfahren zumindest teilweise unzulässig gewesen sein, da dass Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der Durchführung des Klageverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung gefehlt haben dürfte und der Kläger das angestrebte Ergebnis (höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung) auf einfachere Weise – durch Betreiben der bereits noch anhängigen Widerspruchs- und Klageverfahren – erreichen konnte.

19

Eine Abweichung von Entscheidungen der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte oder Verfahrensmängel sind ebenfalls nicht erkennbar.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

21

Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

22

Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

23

Aus den vorgenannten Gründen ist auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ohne Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO). Insoweit ist der vorliegende Beschluss ebenfalls unanfechtbar (§ 177 SGG).

Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt. Dies gilt nicht, wenn die Behörde auf Grund von Rechtsvorschriften

1.
von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss,
2.
nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2010 (L 12 AS 388/10) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Übernahme von Stromkosten in Höhe von 179,73 Euro als Leistung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2009 bis 30.11.2009. Im Verwaltungs- und Klageverfahren ist er insoweit erfolglos geblieben. Das SG Köln hat die Beklagte durch Urteil vom 10.2.2010 entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verpflichtet, weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 12,09 Euro für den Monat Juni 2009 und insgesamt 11,95 Euro für die Monate Juli bis September 2009 sowie 31,95 Euro für die Monate Oktober und November 2009 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Im Tenor hat das SG die Berufung nicht zugelassen, jedoch eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung beigefügt. Die Berufung hiergegen hat das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 28.5.2010 verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausdrücklich vom Kläger eingelegte Berufung sei wegen des Unterschreitens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unzulässig. Der Beschwerdewert betrage im konkreten Fall 179,73 Euro und nicht, wie für eine zulassungsfreie Berufung erforderlich, 750 Euro. Es handele sich bei den geltend gemachten Stromkosten auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG. Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Dieses sei nicht geschehen. Eine ausdrückliche Zulassung ergebe sich weder aus der Urteilsformel, noch den Entscheidungsgründen. Die Rechtsmittelbelehrung ersetze die Entscheidung des SG nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

2

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er privatschriftlich an das BSG gesandt hat. Zugleich beantragt er die Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

4

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, einen Verfahrensfehler des LSG darzulegen, insbesondere dass das LSG verfahrensfehlerhaft ein Prozess- anstatt ein Sachurteil erlassen habe. Das LSG ist nach Aktenlage zutreffend davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen des § 144 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 SGG für eine zulassungsfreie Berufung gegeben sind, noch das SG die Berufung an das LSG zugelassen hat.

6

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf es der Zulassung der Berufung durch das SG, wenn der Beschwerdewert 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall. Der Beschwerdewert beträgt 179,73 Euro. Der Kläger verkennt insoweit den Begriff des Beschwerdewertes. Beim Beschwerdewert kommt es nur auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an. Der Beschwerdewert bemisst sich demnach ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (stRspr des BSG, s nur BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R). Sonstige denkbare Folgewirkungen bleiben außer Betracht.

7

Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt(vgl zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 17)und auf die Dauer um sechs bzw maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt ua deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B). Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt, also hier auf den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009.

8

Das LSG folgt zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der die für die zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung keine Entscheidung über die Zulassung ist, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die es nicht bindet (BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R; BSG Urteil vom 19.11.1996, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; s zur Rechtsmittelbelehrung als alleinige Zulassungsentscheidung BSG Urteil vom 28.3.1957, BSGE 5, 92, 95; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; stRspr). Gründe, die auf Umstände hindeuten, warum im vorliegenden Fall dennoch von einer Zulassung der Berufung durch das SG auszugehen war, sind nicht ersichtlich. Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die Berufungszulassung.

9

Die Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits - wie zuvor dargelegt - höchstrichterlich geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig. Hinweise für eine Divergenz sind nicht ersichtlich.Selbst wenn der Rechtsstreit jedoch - wie der Kläger vorträgt - Fragen grundsätzlicher Bedeutung bergen sollte oder eine Divergenz - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung - dargelegt werden könnte, wäre ein zugelassener Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage, Zulassungsgründe insoweit ordnungsgemäß darzulegen. Die grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt. Hieran fehlt es vorliegend. In einem Revisionsverfahren wäre es dem Revisionsgericht angesichts der Unzulässigkeit der Berufung und damit dem zutreffenden Erlass eines Prozessurteils verwehrt, über die aufgeworfenen Fragen zu entscheiden.

10

Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

11

Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Dezember 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Kläger Anschlussübergangsgeld unter Anrechnung von Arbeitslosengeld II zu zahlen ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt für die Zeit vom 23.3. bis 12.4.2005 die Zahlung von Übergangsgeld (Übg) im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.

2

Der Kläger ist ausgebildeter Maler. Ab Januar 2003 nahm er an einer Umschulung zum Automobilkaufmann teil, wofür ihm die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97 ff Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) iVm §§ 33, 44 ff Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) gewährte (ua Übergangsgeld). Nachdem der Kläger die Umschulung am 13.1.2005 erfolgreich abgeschlossen und sich zum 14.1.2005 arbeitslos gemeldet hatte, bewilligte ihm die Beklagte für die Zeit ab 14.1. bis 12.4.2005 Anschluss-Übg in Höhe von täglich 28,01 Euro.

3

Ab 3.3.2005 war der Kläger bei dem Autohaus H. als Automobilkaufmann beschäftigt, was er der Beklagten am gleichen Tag anzeigte. Das Autohaus kündigte jedoch bereits am 9.3.2005 das Arbeitsverhältnis zum 22.3.2005. Der Kläger meldete sich deshalb am 10.3.2005 bei der Beklagten wieder arbeitslos und beantragte zugleich die Wiederbewilligung des Anschluss-Übg.

4

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 15.3.2005 die Entscheidung über die Bewilligung von Anschluss-Übg ab 3.3.2005 auf. Mit weiterem Bescheid vom 22.3.2005 lehnte sie die erneute Bewilligung von Anschluss-Übg ab. Der Widerspruch des Klägers vom 14.4.2005, mit dem dieser geltend machte, er habe noch einen Restanspruch auf Anschluss-Übg bis 12.4.2005, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.7.2005).

5

Das Sozialgericht (SG) hat die auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Anschluss-Übg für die Zeit vom 23.3. bis 12.4.2005 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 9.10.2007). Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger, der im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen hatte, seinen Antrag auf die Gewährung von Anschluss-Übg unter Anrechnung von Arbeitslosengeld II (Alg II) beschränkt. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 22.3.2005 idF des Widerspruchsbescheids vom 21.7.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 23.3.2005 bis 12.4.2005 Anschluss-Übg abzüglich des gezahlten Alg II zu zahlen (Urteil vom 16.12.2009). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die Berufung sei nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Der bis 31.3.2008 geltende Beschwerdewert von 500 Euro werde bei 28,01 Euro für 21 Tage erreicht; auf die Differenz zwischen Anschluss-Übg und Alg II könne es nicht ankommen. Obwohl wegen der unstreitigen Erfüllungswirkung gemäß § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) der wirtschaftliche Wert für den Kläger unterhalb von 500 Euro liege, müsse das erstinstanzliche Urteil so ausgelegt werden, dass das komplett ausstehende Übg im Streit gestanden habe. Die Berufung sei auch begründet; der Kläger habe einen Anspruch auf Übg nach § 51 Abs 4 SGB IX. Er habe sich unmittelbar nach Beendigung der als Rehabilitationsleistung erbrachten beruflichen Ausbildung arbeitslos gemeldet. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) sei seit 23.7.2000 erschöpft gewesen. Nach dem neuerlichen Verlust der Arbeit habe sich der Kläger innerhalb der Dreimonatsfrist noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses unverzüglich arbeitslos gemeldet. Entgegen der Auffassung der Beklagten führe die Unterbrechung der Gewährung von Anschluss-Übg durch die Aufnahme einer nur wenige Tage dauernden Beschäftigung nicht zu einem Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum früheren § 156 SGB III sei § 51 Abs 4 SGB IX dahingehend auszulegen, dass die von der Beklagten geforderte Nahtlosigkeit keine zwingende Voraussetzung sei.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 51 SGB IX. Anspruch auf Weiterzahlung von Übg bestehe nach § 51 Abs 4 SGB IX nur, wenn der Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe arbeitslos werde. Komme es aber zur Beendigung der Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung, erlösche der Anspruch auf Anschluss-Übg und könne auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht wieder aufleben. Dies entspreche der Ratio des § 51 SGB IX. Denn bereits durch die Beschäftigungsaufnahme sei der Zweck der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, nämlich die Integration in den Arbeitsmarkt, als erreicht anzusehen. Verliere der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz wieder, stelle sich dies als Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos dar, und zwar unabhängig davon, ob dies nach oder noch vor Ablauf der Dreimonatsfrist erfolge. Hieran ändere auch nichts das vom LSG herangezogene Urteil des BSG zu § 156 SGB III, das nur die Frage betreffe, zu welchem Zeitpunkt nach Abschluss der Maßnahme spätestens eine Arbeitslosmeldung erfolgen müsse; nicht entschieden worden sei die hier streitige Frage, ob eine (kurze) Beschäftigung innerhalb der Dreimonatsfrist den Anspruch endgültig erlöschen lasse.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend trägt er vor, die Aussicht auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt könne erst dann bejaht werden, wenn auch eine angemessene Zeit zur Neuorientierung unter Berücksichtigung der neu erworbenen Qualifikation finanziell abgesichert sei. Solange der Dreimonatszeitraum nicht abgelaufen sei, widerspreche eine Wiederbewilligung nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger für den beantragten Zeitraum Anschluss-Übg zu zahlen. Die erhaltenen Leistungen nach dem SGB II sind wegen der Erfüllungsfiktion gemäß § 107 SGB X anzurechnen; dies hat der Senat im Urteilstenor klargestellt.

11

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.

12

a) Die Berufung des Klägers ist ohne Zulassung statthaft, weil der aus der erstinstanzlichen Entscheidung und dem Begehren des Klägers im Berufungsverfahren folgende Wert des Beschwerdegegenstandes 500 Euro übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der bis 31.3.2008 geltenden Fassung).

13

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass dem Kläger nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag durch das SG eine Geldleistung im Wert von mehr als 500 Euro (28,01 Euro für 21 Tage) versagt worden ist. Gegen die ihn in diesem Umfang beschwerende Entscheidung des SG hat der Kläger zunächst unbeschränkt Berufung eingelegt; er hat auch danach noch im Berufungsbegründungsschriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 20.5.2008 die Verurteilung der Beklagten zur uneingeschränkten Gewährung von Anschluss-Übg beantragt. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung ist aber deren Einlegung (ua BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 14; SozR 4-1500 § 144 Nr 4 RdNr 13; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 144 RdNr 19, jeweils mwN). Die Statthaftigkeit der Berufung entfällt somit nicht deswegen, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 16.12.2009 nur noch die Gewährung von Anschluss-Übg unter Anrechnung von Alg II beantragt hat. Ein Fall willkürlicher Beschränkung (vgl dazu BSG SozR 1500 § 146 Nr 7 und SozR 1500 § 144 Nr 24) liegt unter den gegebenen Umständen nicht vor.

14

Dahinstehen kann deshalb, ob nicht ohnehin beim Streit um eine Geldleistung deren voller Wert auch dann maßgebend ist, wenn bei Erfolg des klagenden Leistungsempfängers der nachrangig verpflichtete Träger vom Beklagten Erstattung gemäß § 104 SGB X verlangen kann und die Leistung nach Maßgabe des § 107 SGB X teilweise als erfüllt gilt.

15

b) Einer Sachentscheidung steht auch nicht entgegen, dass das LSG von einer Beiladung des Grundsicherungsträgers abgesehen hat, obwohl dieser von der Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit betroffen ist (Entstehung eines Erstattungsanspruchs nach § 104 SGB X; zum Nachrang des SGB II vgl Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 5 RdNr 9, 10). Es kann insoweit offen bleiben, ob mit der Entscheidung über den vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch zugleich unmittelbar iS des § 75 Abs 2 SGG in die Rechtssphäre des anderen Trägers eingegriffen wird(vgl BSGE 93, 283, 285 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1; BSGE 97, 242, 247 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1). Denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG zieht eine unterbliebene notwendige Beiladung dann keine Aufhebung des angefochtenen Urteils und keine Zurückverweisung nach sich, wenn sich im Revisionsverfahren ergibt, dass die zu treffende Entscheidung aus Sicht des Revisionsgerichts den Beizuladenden nicht benachteiligen kann (BSGE 66, 144, 146 = SozR 3-5795 § 6 Nr 1; SozR 3-1500 § 55 Nr 34 S 68; BSGE 96, 190, 195 f = SozR 4-4300 § 421g Nr 1). Hiervon ist auszugehen, weil der Kläger nach der Auffassung des Senats einen vorrangigen Anspruch gegen die Beklagte hat und diese folglich dem nachrangig verpflichteten Grundsicherungsträger erstattungspflichtig ist.

16

2. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger für die Zeit vom 23.3.2005 bis 12.4.2005 dem Grunde nach (§ 130 SGG) Anspruch auf Anschluss-Übg gemäß § 103 Satz 1 Nr 1, § 160 Satz 2 SGB III iVm § 51 Abs 4 SGB IX hat, wobei die erhaltenen SGB II-Leistungen entsprechend dem Zweck des § 107 SGB X (Vermeidung von Doppelleistungen) anzurechnen sind.

17

Nach § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX wird an Leistungsempfänger, die im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos sind, ua Übg während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Alg von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

18

a) Der Kläger ist Leistungsempfänger iS des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX. Er hat nach den getroffenen Feststellungen an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben erfolgreich teilgenommen und wegen der Teilnahme Übg bezogen (§ 103 Nr 1, § 160 SGB III iVm §§ 46 ff SGB IX; zur Akzessorietät vgl Luik in Eicher/Schlegel, SGB III, § 160 RdNr 24, Stand 2009; zum Erfordernis des erfolgreichen Abschlusses vgl BSG, Urteil vom 23.2.2000, B 5 RJ 38/98 R, DRV 2001, 119; Böttiger in Eicher/Schlegel, SGB III, RdNr 25 zu § 51 SGB IX, Stand 2007; zum Meinungsstand, ob Maßnahme erfolgreich beendet worden sein muss, vgl Nachweise bei Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 55).

19

b) Der Kläger war im Anschluss an die abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos und er hat sich auch iS des § 54 Abs 4 Satz 1 SGB IX bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zunächst zu entnehmen, dass sich der Kläger am 14.1.2005, also am Tag nach der Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme, arbeitslos gemeldet und dass er ab diesem Zeitpunkt bis zur Beschäftigungsaufnahme am 3.3.2005 auch die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit (insbesondere Beschäftigungslosigkeit und Verfügbarkeit) erfüllt hat. Den Feststellungen des LSG ist weiter das Vorliegen einer erneuten Arbeitslosmeldung am 10.3.2005 und jedenfalls ab dem 23.3.2005 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses) wieder das Vorliegen von Arbeitslosigkeit zu entnehmen.

20

Da der Kläger die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit und der Arbeitslosmeldung schon ab 14.1.2005, also im unmittelbaren Anschluss an den Abschluss der Weiterbildung mit Bezug von Übg, und dann wieder sofort nach Beendigung der nur kurz ausgeübten Beschäftigung erfüllt hat, stellt sich nicht die im Urteil des BSG zum früheren § 156 SGB III erörterte Frage, ob eine "nahtlose" Arbeitslosmeldung zu verlangen ist(vgl BSGE 86, 147, 148 ff = SozR 3-4300 § 156 Nr 1; vgl auch zum früheren § 59d Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz Niesel, AFG, 2. Aufl 1997, § 59d RdNr 26; zu § 59c AFG s BSG SozR 3-4100 § 59c Nr 3). Der Kläger hat vielmehr nach den getroffenen Feststellungen alles getan, um die Arbeitsverwaltung in die Lage zu versetzen, mit den Vermittlungsbemühungen zu beginnen und die Arbeitslosigkeit möglichst rasch zu beenden (vgl BSGE aaO S 149). Ihm kann deshalb auch für den streitigen Zeitraum ab 23.3.2005 nicht entgegengehalten werden, es fehle an einer Arbeitslosigkeit oder der Arbeitslosmeldung "im Anschluss" an die abgeschlossene Leistung.

21

c) Auch die Voraussetzung des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX, dass der Leistungsempfänger einen Anspruch auf Alg von mindestens drei Monaten nicht geltend machen kann, ist unzweifelhaft erfüllt. Denn nach den Feststellungen des LSG war der frühere Alg-Anspruch des Klägers bereits seit 23.7.2000 erschöpft.

22

d) Der von der Beklagten und teilweise auch im Schrifttum vertretenen Auffassung, mit der Aufnahme einer Arbeit ende der Anspruch auf Anschluss-Übg endgültig (vgl etwa Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 69; Schütze in Hauck/Noftz, SGB IX, § 51 RdNr 27; ebenso wohl Karmanski in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 160 RdNr 103, der nur geringfügige Beschäftigungen bzw den missglückten Arbeitsversuch als Ausnahmetatbestände erwähnt), folgt der Senat nicht. Dem Wortlaut des § 51 Abs 4 SGB IX lässt sich eine solche Beschränkung nicht entnehmen. Soweit nach § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB IX Arbeitslosigkeit "im Anschluss" an eine abgeschlossene Teilhabeleistung erforderlich ist, folgt hieraus nicht zwingend der endgültige Ausschluss des Anspruchs auf Übg für den Fall, dass zunächst Arbeitslosigkeit vorliegt, dann eine Beschäftigung aufgenommen wird und danach erneut Arbeitslosigkeit eintritt. Denn nach § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 SGB IX ist das Übg "bis zu drei Monaten" weiter zu zahlen, und § 51 Abs 4 Satz 1 Halbs 2 SGB IX vermindert die Dauer von drei Monaten für den Fall, dass zeitweise noch ein Anspruch auf Alg geltend gemacht werden kann. Der Gesetzeswortlaut lässt somit durchaus die Weiterzahlung von Übg für insgesamt längstens drei Monate mit Unterbrechungen wegen vorübergehender Nichterfüllung einzelner Voraussetzungen zu.

23

Für die Auffassung der Beklagten sprechen auch nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX entspricht dem früheren § 160 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 594) und ist seit 1.7.2001 an dessen Stelle getreten. Die Vorschrift knüpft an frühere Regelungen des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) bzw des AFG an und erweitert diese (vgl § 17 Abs 3 RehaAnglG und § 59d Abs 2 AFG: Weitergewährung von Übg bis zu sechs Wochen). Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien zu den Vorgängerregelungen ist vom Zweck des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX auszugehen, behinderten Menschen, die durch den Bezug von Übg einen Anspruch auf Alg nicht begründen und oftmals nach dem Ende der Weiterbildungsmaßnahme eine Arbeit nicht sofort aufnehmen können, die soziale Sicherung durch Anschluss-Übg bis zur Dauer von drei Monaten zu gewährleisten(vgl zum AFRG: BT-Drucks 13/4941 S 183, zu § 160, und S 182, zu § 156; zum SGB IX: BT-Drucks 14/5074 S 110, zu §§ 50 bis 52; vgl auch Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 160 RdNr 51 mit Hinweis auf BR-Drucks 517/73 S 60 zum RehaAnglG; Schütze in Hauck/Noftz, SGB III, § 51 RdNr 20).

24

Aus Sinn und Zweck des § 51 Abs 4 Satz 1 SGB IX folgt somit, dass der Leistungsempfänger, der während der Weiterbildung einen neuen Anspruch auf Alg nicht erwerben konnte, sich aber nach Abschluss der Maßnahme wie ein Alg-Bezieher hinreichend um eine neue Beschäftigung bemüht, jedenfalls für die Dauer von drei Monaten in Höhe des zuvor bezogenen Übg sozial abgesichert sein soll. Es ist nicht zu erkennen, weshalb diese vom Gesetz vorgesehene Sicherung nicht mehr gelten soll, wenn zunächst die Aufnahme einer Beschäftigung gelingt, diese jedoch später, aber noch innerhalb des Dreimonatszeitraums wieder endet (zur Unschädlichkeit einer Unterbrechung vgl auch LSG Niedersachsen, Urteil vom 17.8.2000, L 8 AL 475/99, Breith 2000, 1059). Eine derartige Begrenzung des Anspruchs würde, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, die Leistungsempfänger unangemessen benachteiligen, die sich zunächst mit Erfolg um eine Beschäftigung bemüht haben.

25

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, es handele sich um die "Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos", verkennt sie, dass soeben umgeschulte behinderte Menschen insoweit nicht mit Personen gleichgestellt werden können, die bereits im Arbeitsmarkt etabliert sind. Gerade für Personen wie den Kläger, die keinen Alg-Anspruch haben, wollte der Gesetzgeber einen besonderen Schutz für den Zeitraum von drei Monaten vorsehen. Der Erhalt des Anspruchs auf Anschluss-Übg auch bei einer Unterbrechung durch Aufnahme einer kurzfristigen Beschäftigung vermeidet außerdem Schwierigkeiten, die sich anderenfalls bei der Prüfung eines etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung von Beratungspflichten ergeben könnten. Dies zeigt gerade die vorliegende Fallgestaltung, in der die vom Kläger über die Arbeitsaufnahme informierte Beklagte ihrerseits die Förderung dieses Arbeitsplatzes durch einen Eingliederungszuschuss in Aussicht gestellt hatte.

26

e) Dem Kläger kann auch nicht - wie vom SG - entgegengehalten werden, er habe den Bescheid vom 15.3.2005, mit dem die Beklagte die frühere Bewilligung aufgehoben hat, nicht mit Widerspruch angegriffen, weshalb der Anspruch auf Anschluss-Übg erloschen sei. Denn unabhängig davon, ob nicht der Widerspruch des Klägers vom 14.4.2005 sinngemäß auch als Widerspruch bzw Überprüfungsantrag hinsichtlich des Bescheids vom 15.3.2005 aufzufassen ist, muss es dem Kläger unbenommen bleiben, dann einen neuen Antrag auf Wiederbewilligung von Übg zu stellen, wenn die zeitweise nicht mehr gegebenen Anspruchsvoraussetzungen erneut erfüllt sind. Letzteres ist - wie ausgeführt - der Fall.

27

f) Auch die vom LSG - entsprechend dem Antrag des Klägers - zugrunde gelegte Leistungsdauer bis 12.4.2005 ist nicht zu beanstanden (vgl dazu auch BSGE 86, 147, 152 f = SozR 3-4300 § 156 Nr 1).

28

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Juni 2013 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011, soweit darin Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 51,05 wegen Sachzuwendungen für den Beigeladenen zu 1) festgesetzt worden sind, aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 4).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 1.885,05 festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Rechtsstreit betrifft die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und die Umlage für das Insolvenzgeld in Höhe von noch EUR 92,22 auf Grund von Sachzuwendungen der Landesbausparkasse Baden-Württemberg (LBS) und der DekaBank Deutsche Girozentrale (DekaBank) an den bei der Klägerin beschäftigten Beigeladenen zu 1). Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin, die LBS und die DekaBank verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (SozialversicherungsentgeltverordnungSvEV) sind.
Die Klägerin ist eine öffentlich-rechtlich verfasste Sparkasse mit Sitz in Baden-Württemberg. Träger der Klägerin sind kommunale Gebietskörperschaften des Landes Baden-Württemberg, nämlich die Städte B. und S. sowie die Gemeinden G., Ü.-B., E. und W.. Die Klägerin und ihre Träger sind – wie alle (insgesamt 53) Sparkassen und ihre Träger, die ihren Sitz in Baden-Württemberg haben – gemäß § 37 Sparkassengesetz Baden-Württemberg (SpkG BW) Mitglieder des Sparkassenverbandes (im Folgenden: Sparkassenverband BW), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der Stimmanteil der Klägerin in der Verbandsversammlung des Sparkassenverbandes BW beträgt etwa 0,3 Prozent.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ist ein rechtsfähiger Verein. Der DSGV ist der Dachverband der Sparkassen-Finanzgruppe. Zu dieser Gruppe gehören 416 Sparkassen, sieben Landesbanken-Konzerne, die DekaBank, neun Landesbausparkassen, elf Erstversicherergruppen der Sparkassen und zahlreiche weitere Finanzdienstleistungsunternehmen (Stand Mai 2015). Mitglieder des DSGV sind indes nur die regionalen Sparkassen- und Giroverbände – darunter der Sparkassenverband BW – und die Landesbanken. Der DSGV ist Träger der zentralen Bildungseinrichtungen der Sparkassen-Finanzgruppe: der Management-Akademie und der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe (University of Applied Sciences). Weitere Gemeinschaftseinrichtungen sind zum Beispiel der Verein Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe, die E.-B.-Stiftung sowie die Sparkassenstiftung für internationale Kooperation. Der DSGV verwaltet zudem die institutssichernden Einrichtungen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz und den hierzu gebildeten Haftungsverbund sowie den Sicherungsfonds der Girozentralen und den Sicherungsfonds der Landesbausparkassen. Die Satzung des DSGV in der weiterhin gültigen Fassung vom 18. Dezember 2003 enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 2 Zweck
(1) Der Verband bezweckt nach Maßgabe dieser Satzung die Förderung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder und der angeschlossenen Sparkassen durch Beratung, Erfahrungsaustausch und Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und sonstigen Anordnungen. Insbesondere obliegt ihm
a) die Vertretung der gemeinsamen Interessen bei Behörden und in der Öffentlichkeit,
b) die Festlegung der strategischen Ausrichtung der Sparkassenorganisation,
c) die Förderung und Vervollkommnung des Sparkassenwesens,
d) die Pflege des kommunalen Geld- und Kreditwesens,
e) die Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, insbesondere des Giroverkehrs, bei den Sparkassen und Girozentralen (Spargiroverkehr),
f) die Förderung des öffentlich-rechtlichen Bausparwesens,
g) die Förderung der Aus- und Fortbildung der Beamten und Angestellten der Sparkassen, Mitgliedsverbände und Girozentralen.
(2) […]
§ 2a Sicherungssystem der Sparkassenorganisation
Zur Sicherung ihrer Mitgliedsinstitute unterhält die Sparkassenorganisation Sicherungseinrichtungen, die die Institute selbst schützen und insbesondere deren Liquidität und Solvenz gewährleisten. [...].
10 
§ 3 Mitgliedschaft
11 
(1) Die Aufnahme als ordentliche Mitglieder können die für die deutschen Länder und Landesteile gebildeten rechtsfähigen Sparkassen- und Giroverbände sowie die Girozentralen beim Vorstand des Verbandes unter ausdrücklicher Anerkennung der Satzung schriftlich beantragen […].
12 
(2) […]
13 
§ 6 Organe des Verbandes
14 
Die Organe des Verbandes sind
15 
a) die Mitgliederversammlung,
b) der Vorstand.
16 
§ 11 Aufgaben des Vorstandes
17 
(1) Der Vorstand beschließt über alle Angelegenheiten, soweit nicht die Mitgliederversammlung zuständig ist. Er bestimmt insbesondere die Linien der Verbandspolitik auf allen Gebieten des Sparkassen- und Girowesens. […]
18 
Der DSGV ist zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, dem Bundesverband deutscher Banken, dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands und dem Verband deutscher Pfandbriefbanken in dem im August 2011 aus dem Zentralen Kreditausschuss (ZKA) hervorgegangenen Verband „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ zusammengeschlossen. Der DSGV ist zudem außerordentliches Mitglied des Österreichischen Sparkassenverbandes und des Verbandes Schweizerischer Kantonalbanken. Diese beiden Verbände wiederum sind außerordentliche Mitglieder des DSGV. Neben dem DSGV (Verein) existiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband ö. K. (öffentliche Körperschaft), in dem nur die regionalen Sparkassenverbände Mitglieder sind.
19 
Die LBS ist eine nach dem Sparkassenrecht des Landes Baden-Württemberg errichtete rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Träger der LBS sind der Sparkassenverband BW mit einem Stammkapitalanteil von 93,33 Prozent und die Landesbank Baden-Württemberg mit einem Stammkapitalanteil von 6,67 Prozent. Aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Sparkassenverband BW hat die Klägerin einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent an der LBS. Die Klägerin vertreibt unter anderem die Bausparverträge der LBS. Grundlage hierfür sind Vertriebsvereinbarungen zwischen der Klägerin und der LBS.
20 
Die DekaBank ist eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin und Frankfurt am Main. Anstaltsträger waren im streitgegenständlichen Zeitraum der DSGV ö. K. und über die GLB GmbH & Co. OHG verschiedene Landesbanken mit jeweils hälftiger Beteiligung am Stammkapital. Der über die Mitgliedschaft im Sparkassenverband BW und dessen Mitgliedschaft im DSGV vermittelte rechnerische Anteil der Klägerin an der DekaBank beträgt 0,13 Prozent. Die Klägerin vertreibt die Fondsprodukte der DekaBank auf Grundlage entsprechender Vertriebsvereinbarungen.
21 
Beschäftigte der Klägerin erhielten in den Jahren 2007 bis 2010 Sachleistungen der LBS und der DekaBank, hierunter der Beigeladene zu 1), der in den Jahren 2007, 2008 und 2010 Sachleistungen der LBS erhielt. Sachzuwendungen seitens der DekaBank erhielt der Beigeladene zu 1) in den Jahren 2007 bis 2010 nicht.
22 
Vom 1. März 2011 bis zum 20. April 2011 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2010 durch. Mit Schreiben vom 6. April 2011 kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin an, Nachforderungen zur Sozialversicherung für den Prüfzeitraum in Höhe von insgesamt EUR 1.885,05 zu erheben. Die den Arbeitnehmern der Klägerin gewährten Sachleistungen stammten von sogenannten verbundenen Unternehmen. Die Sachleistungen würden zwar nach § 37b Einkommensteuergesetz (EStG) pauschal versteuert. Es handele sich jedoch um Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung, so dass Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern seien. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung verträten den Standpunkt, dass die Pauschalbesteuerung von Sachzuwendungen nach § 37b EStG keinerlei Auswirkung für die Sozialversicherung habe, denn die SvEV sehe für den Fall der Pauschalierung derartiger Sachzuwendungen keine Beitragsfreiheit vor. Die nach § 37b EStG pauschal versteuerten Sachzuwendungen gehörten daher zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung. Dabei liege in den Fällen, in denen das Unternehmen die Sachzuwendungen nicht an seine eigene Arbeitnehmer, sondern an Arbeitnehmer anderer Unternehmen leisten, eine Arbeitsentgeltzahlung durch Dritte vor. Dies bedeute, dass der Arbeitgeber, bei dem der betroffene Arbeitnehmer beschäftigt sei, die aus der Sachzuwendung anfallenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu zahlen habe, obwohl er die Sachzuwendung gar nicht gewährt habe. Das Unternehmen, das die Sachzuwendung an die Mitarbeiter anderer Unternehmen leistet, habe daraus keine Beiträge abzuführen, denn der Erhalt solcher Sachzuwendungen begründe zu dem fremden Unternehmen kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Durch eine Änderung der SvEV sei ab dem 1. Januar 2009 geregelt, dass nach § 37 EStG pauschal besteuerte Sachleistungen an Arbeitnehmer eines Dritten sozialversicherungsfrei seien, soweit es sich nicht um Beschäftigte eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens handele. Bei Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen bestehe nach Meinung des Gesetzgebers kein Bedürfnis, diese von der Beitragspflicht auszunehmen, da auf Grund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könnte.
23 
Die Klägerin verwies mit Schreiben vom 19. April 2011 darauf, dass es sich bei der LBS und der DekaBank nicht um mit ihr verbundene Unternehmen im Sinne des § 15 ff. Aktiengesetz (AktG) oder „§ 251“ (richtig § 271) Handelsgesetzbuch (HGB) handele.
24 
Mit Bescheid vom 28. April 2011 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 1.885,05 fest. Davon entfallen auf die Zeit ab dem 1. Januar 2009 Beiträge in Höhe von insgesamt EUR 724,89. In der Gesamtforderung sind aufgrund der Sachleistungen an den Beigeladenen zu 1) (2007: EUR 40,23; 2008; EUR 60,69; 2010: EUR 127,78) Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie die Umlage für das Insolvenzgeld (für den Monat Dezember 2010) in Höhe von EUR 92,22 (2007: EUR 16,56; 2008: EUR 24,61; 2010: EUR 51,05) enthalten. Zur Begründung wiederholte die Beklagte ihre Ausführungen aus dem Schreiben vom 6. April 2011. Ergänzend führte sie aus, dass gemäß § 271 Abs. 1 HGB Beteiligungen an anderen Unternehmen, die bestimmt seien, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenem Unternehmen zu dienen, verbundene Unternehmen seien. Dabei sei es unerheblich, ob die Anteile in Wertpapieren verbrieft seien oder nicht. Träger der DekaBank sei unter anderem der Deutsche Sparkassenverband. Die LBS gehöre zur Sparkassen-Finanzgruppe. Hieraus ergebe sich, dass die DekaBank und die LBS verbundene Unternehmen der Klägerin seien.
25 
Hiergegen erhob die Klägerin am 1. Juni 2011 Widerspruch, soweit die Beitragsnachforderungen die Jahre 2009 und 2010 betreffen. Der Begriff der verbundenen Unternehmen sei ein feststehender Begriff, der in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV verwendet, aber dort nicht erläutert werde. Die Überlegung des Gesetzgebers sei gewesen, dass im Sinne eines Mutter-Tochter-Verhältnisses miteinander verbundene Unternehmen die zur Lohnsteuerabführung oder Sozialversicherungsbeitragserhebung relevanten Daten bei Tochter- bzw. Mutternehmen leichter feststellen könnten. Das Missverständnis der Beklagten rühre daher, dass in dem Bescheid der Begriff der Beteiligungen nach § 271 Abs. 1 HGB nicht vom Begriff der verbundenen Unternehmen unterschieden werde. Entscheidend sei allein § 271 Abs. 2 HGB, der den Begriff der verbundenen Unternehmen definiere. Verbundene Unternehmen seien demnach nur Mutter- oder Tochterunternehmen (mit gemeinsamem Konzernabschluss etc.). Mangels entsprechender Beteiligungsverhältnisse sei sie sicher kein mit der LBS oder DekaBank im Sinne des § 271 Abs. 2 HGB verbundenes Unternehmen.
26 
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2011 zurück. Die DekaBank und die LBS seien verbundene Unternehmen der Klägerin im Sinne der §§ 15 ff. AktG. Die DekaBank sei der zentrale Vermögensverwalter der Deutschen Sparkassen-Finanzgruppe. Die Vertriebspartner für die Fonds seien Sparkassen und Landesbanken in Deutschland. Anteilseigner seien zu jeweils 50 Prozent die Landesbanken und die regionalen Sparkassenverbände. Die LBS gehöre ebenfalls zur Sparkassen-Finanzgruppe und werde von der Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen betreut. Die DekaBank sowie die LBS seien zwar rechtlich selbständige Unternehmen, jedoch seien sie als Mitglieder der Sparkassen-Finanzgruppe wirtschaftlich miteinander verbunden. Sofern bei einem Mitglied wirtschaftliche Schwierigkeiten bestünden, werde die Liquidität dieses Mitglieds durch die weiteren Mitglieder der Sparkassen-Finanzgruppe gewährleistet.
27 
Hiergegen erhob die Klägerin am 12. August 2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Sie und die LBS bzw. die DekaBank seien keine verbundenen Unternehmen. Sie habe keine unmittelbaren Mitwirkungs- und Besetzungsrechte in den Organen der LBS. Eine gesellschafterähnliche Einflussmöglichkeit habe sie allenfalls durch die Mitgliedschaft im Sparkassenverband BW, wo ihr Stimmenanteil in der Mitgliederversammlung jedoch nur 0,3 Prozent betrage. Ihr rechnerischer Anteil an der LBS betrage 0,17 Prozent. Sie und die LBS seien auch nicht Teil eines Konzerns, denn sie unterstünden keiner einheitlichen Leitung. Der Sparkassenverband BW sei keine Instanz, die gegenüber der Klägerin eine Leitungsfunktion ausübe. Er vertrete die Interessen seiner Mitgliedssparkassen. Dies sei eine dienende Rolle. Zwischen ihr – der Klägerin – und der LBS bestünden auch keine Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291, 292 AktG. Ihr rechnerischer Anteil an der DekaBank betrage 0,13 Prozent. Der Umstand, dass sie die Kapitalanlageprodukte (Investmentfonds) der DekaBank aufgrund einer Vertriebsvereinbarung vertreibe, begründe für keine der Parteien einen beherrschenden Einfluss auf die jeweils andere Partei. Sie und die DekaBank seien auch nicht Teil eines Konzerns, denn sie unterständen keiner einheitlichen Leitung. Zwischen ihr und der DekaBank bestünden auch keine Unternehmensverträge. Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, dass Leistungen Dritter nicht in das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt einzurechnen seien. Die Durchbrechung des Grundsatzes solle auf verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG bzw. des § 271 Abs. 2 HGB beschränkt bleiben, weil nur in diesen Fällen ein wechselseitiger Zugriff auf die für die Beitragsermittlung relevanten Daten leicht herstellbar sei. Einen solchen Zugriff auf die für die Sozialversicherungsabgaben relevanten Daten der LBS und der DekaBank habe sie – die Klägerin – nicht. Der Hinweis der Beklagten, dass die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe einem gemeinsamen Anlagensicherungssystem angehörten und dazu Beiträge in einen gemeinsamen Stützungsfonds zahlten, sei zwar richtig, trage jedoch zur Frage, ob die Tatbestandsmerkmale der §§ 15 ff. AktG oder des § 271 Abs. 2 HGB erfüllt seien, nichts bei. Die Beklagte scheine (inzwischen) eingesehen zu haben, dass gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen ihr – der Klägerin – und der LBS bzw. zwischen ihr – der Klägerin – und der DekaBank, die eine Einordnung als verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG bzw. § 271 HGB tragen könnten, nicht bestünden. Sie verkenne aber weiterhin grundlegend die Struktur der Sparkassen-Finanzgruppe und die Rolle des DSGV. Bei der Sparkassen-Finanzgruppe handele es sich nicht etwa um eine juristische Person, sondern um die Bezeichnung für ein Netzwerk rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Unternehmen der Finanzbranche. Das Gesamtbild des DSGV ergebe keine Leitungsmacht gegenüber den Instituten der Sparkassen-Finanzgruppe. Der DSGV sei der bundesweite Spitzenverband der 429 deutschen Sparkassen und ihrer Verbundunternehmen. Als Dachverband vertrete er die gemeinsamen politischen Interessen der Sparkassen und Verbundunternehmen, wie Landesbanken, Landesbausparkassen und öffentlichen Versicherern, in der Öffentlichkeit sowie gegenüber Parlamenten, Regierungen und Behörden. Leitungsmacht im konzernrechtlichen Sinne sei damit nicht verbunden. In der Vertretung gegenüber der Politik organisiere der DSGV auch die strategische Ausrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe. Gemeint sei damit jedoch lediglich, dass der DSGV ein gemeinsames politisches Grundverständnis der Sparkassen organisiere. Zudem erarbeite der DSGV in Abstimmung mit seinen Mitgliedern Konzepte, Lösungsvorschläge und Strategien. Diese Verbundzusammenarbeit bedeute jedoch genau das Gegenteil einer Konzernleitung. Während dem Konzern die Willensbildung von der Spitze nach unten zur Basis erfolge, erfolge die Willensbildung im Verbund in umgekehrter Richtung. Der DSGV als Dachverband erfülle dabei ebenso wie die Verbundunternehmen eine dienende Funktion für die Sparkassen. Außerdem entscheide jede einzelne Sparkasse frei und eigenständig, ob sie im DSGV erarbeitete Vorschläge in der Praxis umsetzen wolle. Ein „Durchregieren“ vom Dachverband zu den einzelnen Sparkassen, wie es für die Leitungsmacht im Konzern erforderlich wäre, gebe es nicht. Das gelte für alle von der Beklagten angesprochenen Themenfelder des Bankgeschäfts. Auch ein zentrales Finanzmanagement in dem Sinne, dass eine Stelle für alle Mitglieder der Gruppe die Finanzmittel zuteile, gebe es im Verhältnis des DSGV zu den Sparkassen nicht. Insbesondere stelle das Institutssicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe kein zentrales Finanzmanagementsystem dar. Die Zugehörigkeit der Sparkassen zum gemeinsamen Haftungsverbund, einem Institutssicherungssystem nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, begründe auch sonst keine Konzernstruktur. Hiervon gehe auch das Bankenaufsichtsrecht aus. Es unterscheide z.B. in § 10c Gesetz über das Kreditwesen (KWG) in den Abs. 1 und 2 zwischen Konzernstrukturen auf der einen Seite und Unternehmen, die Mitglieder derselben institutsbezogenen Sicherungssysteme seien, auf der anderen Seite. § 10c Abs. 1 KWG erfasse die Konzernstrukturen. § 10c Abs. 2 KWG fasse die Fälle der Mitgliedschaft in einem gemeinsamen Institutssicherungssystem. Diese Unterscheidung wäre überflüssig, wenn das gemeinsame Institutssicherungssystem zugleich zu einer Konzernbildung führen würde. Die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe bildeten einen Verband, seien jedoch keine verbundene Unternehmen im Sinne des Konzernrechts, da eine einheitliche Leitung fehle. Von dieser Unterscheidung gehe das Bankaufsichtsrecht auch in anderem Zusammenhang aus. Es unterscheide etwa in § 7 Abs. 4 Nr. 2 Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG) zwischen einer Unternehmensgruppe, bei der „eines der verbundenen Unternehmen die tatsächliche Kontrolle über die anderen ausübt“ und „kreditwirtschaftlichen Verbundgruppen“, die diese Voraussetzungen nicht erfüllten.
28 
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der DSGV vertrete die Interessen der Sparkassen-Finanzgruppe und organisiere die Willensbildung innerhalb der Gruppe. Darüber hinaus lege er die strategische Ausrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe fest. Hierzu erarbeite er in Abstimmung mit seinen Mitgliedern und den Verbundunternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe Konzepte und Strategien für eine erfolgreiche Marktbearbeitung der Sparkassen. Dies betreffe die gesamte Breite der markt- und betriebsstrategischen Themen, angefangen von der Produktentwicklung und Abwicklung über das Risikomanagement und die Gesamtbanksteuerung, dem Karten- und Zahlungsverkehr bis hin zur ganzheitlichen Beratungsansätzen für alle Kundensegmente. Zudem verwalte er die institutssichernden Einrichtungen nach dem Einlagensicherungs- und Anlageentschädigungsgesetz und den hierzu gebildeten Haftungsverbund sowie den Sicherungsfonds der Girozentralen und den Sicherungsfonds der Landesbausparkassen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AktG sei entscheidend für das Vorliegen eines Konzernes die Zusammenfassung mehrerer Unternehmen unter einheitlicher Leitung, nicht begriffsnotwendig sei dagegen das Vorhandensein von Abhängigkeit. Deshalb werde zwischen Unterordnungskonzern (mit Abhängigkeit) und Gleichordnungskonzern (ohne Abhängigkeit) unterschieden. Eine einheitliche Leitung liege insbesondere dann vor, wenn die Unternehmen der Gruppe in ein einheitliches Finanzmanagement eingebunden seien; bei der Koordination anderer Führungsbereiche (Produktion, Vertrieb, Datenverarbeitung u.a.) komme es auf das Gesamtbild an. Sie sehe eine einheitliche Leitung als gegeben an. Eine einheitliche Leitung beinhalte kein generelles Weisungsrecht. Die Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe seien Konzernunternehmen, die unter dem Dach des DSGV einen Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG darstellten. Für eine einheitliche Leitung genüge es bereits, wenn wesentliche Leitlinien der Unternehmenspolitik der Konzernunternehmen zentral erarbeitet würden und die Koordination grundsätzlicher und strategischer Fragen „unter einem Dach“ erfolge. „Leitung“ sei nicht allein im Sinne von unmittelbarer Führung mit Weisungsmacht und Kontrollrechten zu verstehen, sondern zur „Leitung“ gehörten auch Planungs-, Organisations- und Koordinationsfunktionen. Derartige Funktionen nehme der DSGV für die gesamte Sparkassen-Finanzgruppe wahr. Unabhängig davon sei der Begriff der „verbundenen Unternehmen“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 14 SvEV im Rahmen einer teleologischen Auslegung nicht allein auf verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG oder § 271 HGB zu beschränken.
29 
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27. Juni 2013 ab. Bei den Zuwendungen an die Mitarbeiter der Klägerin handele es sich um der Beitragsbemessung unterliegendes Arbeitsentgelt. Die Zuwendungen stünden nämlich in einem ursächlichen Zusammenhang zu dem Beschäftigungsverhältnis der Mitarbeiter der Klägerin und seien damit im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt. Da es sich bei der DekaBank und der LBS um der Klägerin verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV handele, seien sie von der Berücksichtigung als Arbeitsentgelt auch nicht ausgeschlossen. Nach der Begründung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV solle die Neuregelung sicherstellen, dass pauschal besteuerte Zuwendungen, die an Arbeitnehmer eines fremden Dritten – mit Ausnahme der Arbeitnehmer verbundener Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG oder § 251 HGB (gemeint sei offensichtlich § 271 HGB) – geleistet würden, nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen seien. Mit der Ausnahme der Arbeitnehmer verbundenen Unternehmen werde dem Umstand Rechnung getragen, dass in diesem Fall kein Bedürfnis für eine Ausnahme von der Beitragspflicht bestehe, da aufgrund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe der beitragspflichtigen Entgelte ebenso wie bei den eigenen Unternehmen ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könne. Der DSGV vertrete die Interessen der Sparkassen-Finanzgruppe und organisiere die Willensbildung innerhalb der Gruppe. Darüber hinaus lege er die strategische Ausrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe fest. Hierzu erarbeite er in Abstimmung mit seinen Mitgliedern und Verbundunternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe Konzepte und Strategien für die erfolgreiche Marktbearbeitung der Sparkassen. Damit sei vom Vorliegen einer einheitlichen strategischen Ausrichtung, einheitlichen Zielvorgaben und damit eines in wesentlichen Bereichen gleichgerichteten Verhaltens der Verbundunternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe auszugehen. Aufgrund dieser Umstände sei die Annahme einer einheitlichen Leitung gerechtfertigt. Der Begriff des Gleichordnungskonzerns sei dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Unternehmen, die vertraglich oder auch nur faktisch verbunden seien, unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst seien, ohne dass das eine Unternehmen zu dem anderen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehe. Sei eine vertragliche Absprache nicht festzustellen, komme ein faktischer Gleichordnungskonzern dann in Betracht, wenn die Begründung einer einheitlichen Leitung der nicht abhängigen Unternehmen aus den Gesamtumständen, insbesondere aufgrund personeller Verpflichtung, einheitlicher Zielvorgaben und eines gleich gerichteten Falls der Konzerngesellschaften geschlossen werden könne.
30 
Gegen das ihr am 8. Juli 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. August 2013 Berufung eingelegt. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV erfasse keine Gleichordnungskonzerne. Die Begründung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV verweise auf §§ 15 ff. AktG sowie auf § 251 HGB, wobei es sich bei letzterem offensichtlich um ein Redaktionsversehen handele und § 271 HGB gemeint sei. Wenn dies so sei, dann würden nur Unterordnungskonzerne erfasst. Gleichordnungskonzerne würden hingegen von § 271 Abs. 2, § 290 HGB unstreitig nicht erfasst. Was unter verbundenen Unternehmen außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereiches der §§ 15 ff. AktG zu verstehen sei, stehe nicht einmal bei einem ausdrücklichen Verweis auf die §§ 15 ff. AktG fest. Das zutreffende Begriffsverständnis der verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG sei daher anhand des jeweils einschlägigen spezifischen Normzwecks zu ermitteln. Die steuerliche Pauschalierungsvorschrift des § 37b EStG sei ursprünglich ohne die sozialversicherungsrechtliche Komponente geschaffen worden. Die Sozialversicherungspflicht habe jedoch bei eigenen Mitarbeitern des Unternehmens greifen sollen, da die sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse der Zuwendungsempfänger ohne Weiteres bekannt seien. Dem Arbeitgeber gleichgestellt würden durch die SvEV solche Unternehmen, die – auf rechtlich gesichertem Wege – Einblick in die sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse erhalten könnten. Zum Normzweck der Rückausnahme heiße es in der Begründung zur SvEV, dass bei Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen kein Bedürfnis bestehe, diese von der Beitragspflicht auszunehmen, da aufgrund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Unternehmen ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könne. Aus diesem Normzweck folge, dass verbundene Unternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV nur abhängige und herrschende Unternehmen in einem Unterordnungskonzern im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG sein könnten. Es sei nämlich nur für Unterordnungskonzerne anzunehmen, dass aufgrund der inneren Verflechtung der Unternehmen eine Ermittlung des beitragspflichtigen Entgelts wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand möglich sei. Für den Zugriff auf solche Informationen sei erforderlich, dass die betroffenen Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Dies sei nur der Fall bei Abhängigkeitsbeziehungen im Sinne des § 17 AktG, nicht jedoch beim Gleichordnungskonzern. Die Weitergabe von Daten innerhalb eines Konzernes, also etwa von einer Konzerntochter an die Konzernmutter, sei eine Weitergabe an Dritte und damit datenschutzrechtlich grundsätzlich unzulässig, solange keine Einwilligung der betroffenen Einzelpersonen vorliege oder eine Rechtsvorschrift die Weitergabe erlaube (§ 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz [BDSG]). Eine gängige Lösung dieses Problems liege im Abschluss einer Konzernbetriebsvereinbarung über den Datenaustausch, die Erlaubnisnorm im Sinne von § 4 Abs. 1 BDSG sei. Handele es sich um ein konzernweites Personalinformationssystem – und nur ein solches ermögliche eine Ermittlung der beitragspflichtigen Entgelte ohne erhöhten Aufwand – falle der Abschluss der Betriebsvereinbarung in die Zuständigkeit eines Konzernbetriebsrats (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz [BetrVG]). Ein Konzernbetriebsrat könne gemäß § 54 Abs. 1 BetrVG wiederum nur in einem Konzern im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG gebildet werden, also im Unterordnungskonzern. Im Gleichordnungskonzern und in den anderen Fällen des § 15 AktG könne ein Konzernbetriebsrat nicht errichtet werden. Auch im Mitbestimmungsrecht werde der Gleichordnungskonzern nicht dem Unterordnungskonzern gleichgesetzt. Schon diese Überlegungen zeigten, dass der Normzweck in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV typischerweise nur in einem Unterordnungskonzern im Sinne von § 17, § 18 Abs. 1 AktG erreichbar sei. Nur im Unterordnungskonzern bestünden die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten, um die Höhe des beitragspflichtigen Entgeltes ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermitteln zu können. Nachdem die Beklagte ihr im Rahmen der Betriebsprüfung aufgegeben habe zu ermitteln, welche pauschal versteuerten Zuwendungen die LBS und die DekaBank an Mitarbeiter gezahlt habe, habe sie die Personalabteilungen der LBS und der DekaBank angeschrieben und die von der Beklagten erwähnten Auskünfte bekommen. Auf diesem Wege hätte die Klägerin die Informationen wohl auch bei jedem anderen Unternehmen erfragen können, das dem deutschen Steuer- und Sozialversicherungsrecht unterworfen sei. Im Übrigen bildeten sie und die LBS bzw. die DekaBank keinen Gleichordnungskonzern. Ein Gleichordnungskonzern nach § 18 Abs. 2 AktG entstehe durch einheitliche Leitung mehrerer Unternehmen ohne Beherrschung und Abhängigkeit. Ein vertraglicher Gleichordnungskonzern komme hier nicht in Betracht, weil keine Vereinbarung existiere, nach der sie und die anderen betroffenen Unternehmen sich einer einheitlichen Leitung durch ein besonderes Leitungsunternehmen unterstellten. Sie habe sich auch nicht der einheitlichen Leitung des DSGV oder eines anderen Unternehmens der Sparkassenorganisation in einem faktischen Gleichordnungskonzern unterstellt. Ein faktischer Gleichordnungskonzern mit einheitlicher Leitung bestehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 1/10 R – in juris), wenn die Unternehmensleitungen ganz oder überwiegend personenidentisch besetzt seien und diese durch einen gemeinsamen Allein- oder Mehrheitsgesellschafter oder eine Gesellschaftergruppe koordiniert würden. Keine einzige dieser Voraussetzungen sei hier erfüllt. Sie – die Klägerin – habe keinen Allein- oder Mehrheitsgesellschafter, der auch an anderen Unternehmen der Sparkassenorganisation beteiligt sei. Als Anstalt des öffentlichen Rechts habe sie schon keine Gesellschafter. Ihre Träger seien an keiner anderen Sparkasse oder dem DSGV als Träger oder kapitalmäßig beteiligt. Zudem sei weder die LBS, die DekaBank oder der DSGV noch irgendein anderes Mitglied der Sparkassenorganisation an ihr beteiligt. Ein faktischer Gleichordnungskonzern ohne gesellschaftsrechtliche Verpflichtung bzw. ohne gemeinsame Mehrheitsbeteiligung eines dritten Unternehmens sei nur in Ausnahmefällen denkbar. Ein solcher Ausnahmefall liege hier nicht vor. Auch personelle Verflechtungen zwischen ihr und dem DSGV gebe es nicht. Das SG gehe zudem zu Unrecht davon aus, dass der DSGV gegenüber ihr die einheitliche Leitung im konzernrechtlichen Sinne ausübe. Voraussetzung für die einheitliche Leitung eines Konzerns im Sinne von § 18 AktG sei, dass wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen in zentralen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus einheitlich bzw. koordiniert wahrgenommen würden. Für die einheitliche Leitung verlange der Gesetzgeber, dass die Geschäftspolitik der Unternehmen in großen Linien einheitlich festgelegt werde und wichtige Fragen der Geschäftsführung aufeinander abgestimmt würden, also eine koordinierte Planung in Zentralunternehmensbereichen wie z.B. Finanzen, Einkauf oder Verkauf. Eine einheitliche Leitung zeige sich vor allem in der Festlegung der strategischen Unternehmensziele und in einer konzerneinheitlichen Investitions- und Finanzpolitik, in der letzten Entscheidung über Maßnahmen von besonderer Bedeutung und in der Besetzung der Führungspositionen. Gleichordnungskonzerne seien von einer bloßen Unternehmenskooperation abzugrenzen. Ein Gleichordnungskonzern könne deshalb grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die einheitliche Leitung die verbundenen Unternehmen in ihrer Gesamtheit erfasse, während es nicht genüge, wenn sich die Koordinierung der Geschäftspolitik der Unternehmen auf einzelne Aspekte der Unternehmenspolitik beschränke. Die informelle Koordination einzelner Bereiche genüge nicht. Auch im Gleichordnungskonzern müsse die Zusammenfassung ein tendenziell organisatorisches Gepräge aufweisen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Zusammenarbeit innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe sei nicht gleichzusetzen mit einem Konzern unter einheitlicher Leitung. Aufgrund einer dezentralen regionalen Ausrichtung der Sparkassen gebe es schon kein übergreifendes Konzerninteresse, aus dem sich eine übergreifende Zielkonzeption für die Leitung der einzelnen Sparkassen ergeben könnte. Der DSGV wäre auch nicht zur Durchführung und Kontrolle einer solchen konzernweiten Zielkonzeption in der Lage. Dafür seien andere Stellen, insbesondere die Trägerversammlung und/oder der Verwaltungsrat der Sparkassen zuständig. Eine einheitliche Leitung würde im Übrigen unstreitig voraussetzen, dass jedenfalls der Finanzbereich der verbundenen Unternehmen zentral koordiniert werde. Ihre – der Klägerin – jährliche Budget- und Finanzplanung obliege ihrem Vorstand; der Verwaltungsrat stelle diese fest. Der DSGV habe hierauf keinerlei Einfluss. Eine andere Betrachtung wäre auch nicht gerechtfertigt, wenn – wie vom SG behauptet – der DSGV die Strategie der Sparkassen-Finanzgruppe festlegen würde. Denn dies könne nicht die Annahme einer einheitlichen Leitung im konzernrechtlichen Sinne begründen. Wie sich aus der Satzung des DSGV ergebe, könne der DSGV allenfalls die Strategie der Sparkassenorganisation als solche festlegen, keinesfalls aber die unternehmerische Strategie der einzelnen Sparkassen. Die Betrachtung der kartellrechtlichen Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zu Sparkassen zeige, dass die Einschätzung des SG unhaltbar sei, aufgrund des Bestehens eines gemeinsamen Dachverbandes liege ein faktischer Gleichordnungskonzern vor. Die Kartellbehörden und die kartellrechtliche Rechtsprechung sähen die Sparkassen nämlich nicht als Mitglieder eines Gleichordnungskonzerns. Die Grundnorm der materiellen Fusionskontrolle (§ 36 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen [GWB]) enthalte in ihrem Abs. 2 die sogenannte Verbundklausel, die darüber entscheide, ob verbundene Unternehmen vorliegen, die kartellrechtlich als Einheit anzusehen seien. Die Verbundklausel knüpfe an die aktienrechtlichen Bestimmungen über abhängige und herrschende Unternehmen sowie bei Konzernunternehmen (§§ 17, 18 AktG) an. Die Praxis des Bundeskartellamts zur Sparkassenfusionskontrolle widerlege die Behauptung des SG, dass alle Sparkassen zusammen mit den Landesbanken und Landesbausparkassen einen Gleichordnungskonzern bildeten. Denn eine Fusionskontrolle wäre bei bereits als Gleichordnungskonzern verbundenen Unternehmen nicht erforderlich. So führe das Bundeskartellamt regelmäßig Fusionskontrollen zu Zusammenschlüssen einzelner Sparkassen oberhalb der relevanten Umsatzschwellen durch. Die Beklagte verkenne die Organisationsstruktur und die Aufgabenverteilung in der Sparkassen-Finanzgruppe mit ihren mehr als 400 Sparkassen. Die Sparkassen-Finanzgruppe sei ein Netzwerk dezentral geführter Unternehmen, die in einzelnen Bereichen zusammenarbeiteten.
31 
Die Klägerin beantragt,
32 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 aufzuheben, soweit die Beklagte wegen des Beigeladenen zu 1) Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie die Umlage für das Insolvenzgeld in Höhe von EUR 92,22 nachfordert.
33 
Die Beklagte beantragt,
34 
die Berufung zurückzuweisen.
35 
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Sie ist der Ansicht, dass lediglich zu entscheiden sei, ob ein Gleichordnungskonzern nach § 18 Abs. 2 AktG bestehe. Sie verkenne nicht, dass es sich bei dem DSGV um einen eingetragenen Verein handle, der von den Mitgliedern auf freiwilliger Grundlage gebildet werde. Gleichwohl betrachte sie diesen für den Fall einer Mitgliedschaft als Gleichordnungskonzern. Ein Gleichordnungskonzern bestehe bei einheitlicher Leitung mehrerer Unternehmen ohne gleichzeitige Abhängigkeit. Ein Gleichordnungskonzern liege bereits darin begründet, dass ein freiwilliger Zusammenschluss unter einer gemeinsamen Verbandsleitung gebildet worden sei, welche die Interessen der Mitglieder vertrete.
36 
Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
37 
Die Klägerin und die Beklagte haben auf Vorschlag des früheren Berichterstatters unter dem 25. August bzw. 4. September 2014 vereinbart, den Streitstoff auf die Forderung der Beklagten hinsichtlich der Sachleistungen an den Beigeladenen zu 1) zu begrenzen und eine rechtskräftige Entscheidung in diesem Verfahren auf die Forderung hinsichtlich aller weiteren in Anlage 1 der Vereinbarung genannten Mitarbeiter der Klägerin zu übertragen.
38 
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
39 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Beschwerdewert bei Einlegung der Berufung EUR 1.885,05 betrug und damit der Betrag von EUR 750,00 überschritten ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Dabei ist unschädlich, dass im Vorverfahren dieser Betrag nicht erreicht war (dazu unter a) und im Berufungsverfahren inzwischen nicht mehr erreicht wird (dazu unter b).
40 
a) Die Klägerin hat den Bescheid vom 28. April 2011 mit ihrem Widerspruch vom 1. Juni 2011 nur insoweit angegriffen, als die Beitragsforderungen die Jahre 2009 und 2010 betreffen. Für diese Jahre hatte die Beklagte nur einen Betrag von EUR 724,89 festgesetzt. Im Klageverfahren hat die Klägerin indes den Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 ohne Einschränkung angegriffen, so dass der Ausgangsbescheid vollumfänglich zum Gegenstand des Rechtsstreites geworden ist, auch wenn die Klage hinsichtlich der Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2007 und 2008 (in Höhe von EUR 1.160,16) unzulässig war, weil der Bescheid vom 28. April 2011 insoweit bestandskräftig geworden ist. Auch mit der Berufung griff die Klägerin den Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 ohne Einschränkung an, so dass diese Bescheide insgesamt und damit mit einem Beschwerdewert von EUR 1.885,05 Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind.
41 
b) Zwar sind aufgrund der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 25. August bzw. 4. September 2014 nur noch die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) streitig; diese betragen für die Jahre 2007, 2008 und 2010 lediglich EUR 92,22. Indes ist für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – in juris, Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – in juris, Rn. 13; Breitkreuz/Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 144 Rn. 6; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24). Erfolgt anschließend eine Abtrennung von Verfahrensteilen, die zur Folge hat, dass der Beschwerdewert den für eine zulassungsfreie Berufung maßgeblichen Wert nicht mehr übersteigt, führt dies nicht nachträglich dazu, dass die Berufung zulassungsbedürftig würde (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – in juris, Rn. 17). Das Gleiche gilt, wenn der Rechtsmittelführer im Berufungsverfahren seinen Anspruch reduziert (BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – in juris, Rn. 13; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24). Deswegen ist es unschädlich, dass die Klägerin ihre Klage auf Vorschlag des früheren Berichterstatters zur Vermeidung der Notwendigkeit der Beiladung aller von der Beitragsnachforderung betroffenen Beschäftigten auf der Grundlage der Verfahrensvereinbarung mit der Beklagten reduziert hat. Ein Fall willkürlicher Beschränkung, der ausnahmsweise zum Wegfall der Zulässigkeit der Berufung führen könnte (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 65/82 – in juris, Rn. 16 m.w.N.; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24), aber nur dann anzunehmen ist, wenn es an einem vernünftigen Grund für die Einschränkung des Rechtsmittel fehlt (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 65/82 – in juris, Rn. 16), liegt damit hier ersichtlich nicht vor.
II.
42 
Die Berufung ist teilweise begründet. Das SG hat die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen.
43 
Das SG hat die Klage nur insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen, als die Beklagte im Bescheid vom 28. April 2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzt hat. Denn in diesem Umfang ist der Bescheid vom 28. April 2011 bestandskräftig geworden und die Klage mangels Durchführung des Vorverfahrens unzulässig gewesen, weil die Klägerin den Bescheid nur hinsichtlich der Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 mit dem Widerspruch angefochten hat.
44 
Soweit der Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 die Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 betrifft, war die Klage indes zulässig und begründet. Dabei ist aufgrund des zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vergleiches nur noch streitgegenständlich, ob die dem Beigeladenen zu 1) gewährten Sachzuwendungen sozialversicherungspflichtig sind. Im zulässigerweise streitgegenständlichen Zeitraum betrifft dies nur Sachzuwendungen der LBS (in Höhe von EUR 127,78 im Jahr 2010) und hierauf beruhende Beitragsforderungen in Höhe von EUR 51,05. Zuwendungen der DekaBank hat der Beigeladene zu 1) in den Jahren 2009 und 2010 nicht erhalten. Diese Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 51,05 aufgrund der Sachzuwendung des LBS an den Beigeladenen zu 1) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Sachzuwendung ist nicht sozialversicherungspflichtig.
45 
1. Rechtsgrundlage für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen durch die Beklagte ist § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5).
46 
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichten aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden durch eine monatliche Umlage, die nach einem Prozentsatz des Arbeitsentgelts (Umlagesatz) zu erheben ist, von den Arbeitgebern aufgebracht und sind zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen (§§ 358 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 359 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung [UVMG] vom 30. Oktober 2008 [BGBl. I S. 2130]).
47 
2. Im zulässigerweise streitigen Zeitraum (1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010) war der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin beschäftigt (§ 7 Abs. 1 SGB IV) und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – m.w.N., in juris, Rn. 8).
48 
a) Der Höhe nach bestimmt sich der geschuldete Gesamtsozialversicherungsbeitrag in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich dem Recht der Arbeitsförderung nach dem Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 161 Abs. 1, § 162 Nr. 2 SGB VI, § 57 Abs. 1 SGB XI, § 341 Abs. 3 Satz 1, § 342 SGB III, § 358 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
49 
Durch § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der bis zum 10. August 2010 geltenden Fassung war die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, (1.) dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten, (2.) dass Beiträge an Direktversicherungen und Zuwendungen an Pensionskassen oder Pensionsfonds ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten, (3.) wie das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen und das Gesamteinkommen zu ermitteln und zeitlich zuzurechnen sind, (4.) den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus für jedes Kalenderjahr. Dabei ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen.
50 
Von dieser Verordnungsermächtigung hat die Bundesregierung durch die Verordnung zur Neuordnung der Regelungen über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt vom 21. Dezember 2006 Gebrauch gemacht, deren Bestandteil als Art. 1 die SvEV ist (BGBl. I S. 3385). Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 14 SvEV in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung (geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 18. November 2008, BGBl. I S. 2220) sind dem Arbeitsentgelt Zuwendungen nach § 37b Abs. 1 EStG nicht zuzurechnen, soweit die Zuwendungen an Arbeitnehmer eines Dritten erbracht werden und diese Arbeitnehmer nicht Arbeitnehmer eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens sind. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der seit dem 11. August 2010 geltenden Fassung (geändert durch Art.1 Nr. 5 Drittes Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 5. August 2010, BGBl. I S. 1127) obliegt die Verordnungsbefugnis dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Wirksamkeit der zuvor erlassenen Verordnung bleibt davon unberührt.
51 
b) Bei den Zuwendungen der LBS an den Beigeladenen zu 1) handelt es sich um Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 EStG (dazu unter aa). Der Beigeladene zu 1) ist für die LBS Arbeitnehmer eines Dritten im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV (dazu unter bb). Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind keine verbundenen Unternehmen (dazu unter cc).
52 
aa) Bei den Zuwendungen der LBS an den Beigeladenen zu 1) handelt es sich um Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG. Zuwendungen in diesem Sinne sind betrieblich veranlasste Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleitung erbracht worden sind und Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht in Geld bestehen. Diese Voraussetzungen sind – dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, so dass sich auch insoweit eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt – erfüllt.
53 
bb) Dritter im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV ist, wer Arbeitgeber des Zuwendungsempfängers ist. Der Beigeladene zu 1) war zum Zuwendungszeitpunkt nicht Arbeitnehmer der LBS, sondern der Klägerin, so dass er für die LBS Arbeitnehmer eines Dritten war.
54 
cc) Die Klägerin und die LBS (ebenso wie die DekaBank) sind keine verbundenen Unternehmen.
55 
§ 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV definiert den Begriff des „verbundenen Unternehmens“ nicht. Übereinstimmende Vorgaben für die Auslegung dieses Begriffes lassen sich aber sowohl aus den entstehungsgeschichtlichen Materialien zu § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV als auch aus dem Umstand gewinnen, dass § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auf § 37b Abs. 1 EStG verweist, der den Begriff ebenfalls verwendet.
56 
Die Nr. 14 ist in § 1 Satz 1 SvEV durch Art. 1 Nr. 1 Buchstabe b die Erste Verordnung zur Änderung der SvEV vom 18. November 2008 (BGBl. I S. 2220) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eingefügt worden. In der Begründung der Bundesregierung zum Verordnungsentwurf wird ausgeführt, dass mit der neuen Nr. 14 geregelt werde, dass nach § 37b Abs. 1 EStG pauschal besteuerte Zuwendungen, „die an Arbeitnehmer eines fremden Dritten – mit Ausnahme der Arbeitnehmer verbundener Unternehmen i.S.d. §§ 15 ff. AktG oder § 251 HGB – geleistet werden,“ nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind (Bundesrats-Drucksache 652/08, S. 3). Bei Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen bestehe kein Bedürfnis, diese von der Beitragspflicht auszunehmen, da auf Grund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könne. Dies sei bei Arbeitnehmern eines fremden Dritten nicht der Fall.
57 
Die Begründung des Verordnungsentwurfes verweist also zum einen auf die Definition des Begriffs der „verbundenen Unternehmen“ in §§ 15 ff. AktG. Zum anderen verweist die Begründung auf die entsprechende Definition im HGB, wobei offenbar aufgrund eines Schreibfehlers § 251 HGB genannt wird; tatsächlich ist der Begriff in § 271 Abs. 2 HGB definiert. Die Begründung geht dabei zugleich davon aus, dass auf diesem Wege auch der Begriff des „verbundenen Unternehmens“ im Sinne des § 37b Abs. 1 EStG definiert wird. In der Tat geht auch die steuerrechtliche Literatur zu § 37 Abs. 1 EStG davon aus, dass der Begriff dort durch die Begriffsbestimmungen in den §§ 15 ff. AktG, § 271 HGB ausgefüllt wird (vgl. Ettlich, in: Blümich, EStG/KStG,GewStG, § 37b Rn. 62 [August 2014]). In § 38 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG verweist im Übrigen bereits der Gesetzeswortlaut für die Umschreibung des Begriffs „verbundene Unternehmen“ selbst auf § 15 AktG. Es ist kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, dass bei § 37b Abs. 1 EStG – und in der Folge § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV – ein hiervon abweichendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden sollte. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass der Wille des Gesetzgebers – hier des Verordnungsgebers – in methodischer Hinsicht eine Auslegungsgrenze bildet (vgl. etwa BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. September 2007 – 2 BvF 3/02 – in juris, Rn. 92 ff., insbes. 105; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. März 2008 – 2 BvF 4/03 – in juris, Rn. 140; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 2310/06 – in juris, Rn. 57, 59 m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 1741/09 – in juris, Rn. 78), kann kein Zweifel bestehen, dass verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV allenfalls dann vorliegen, wenn es sich auch um verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG oder des § 271 Abs. 2 HGB handelt. Einschränkungen – nicht aber Erweiterungen des Begriffsverständnisses – können sich indes aus dem konkreten sozialversicherungsrechtlichen Kontext des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV und damit einhergehenden datenschutzrechtlichen Vorgaben ergeben (dazu noch unten). Soweit die Beklagte in ihrem Bescheid vom 28. April 2011 für die Definition verbundener Unternehmen auf § 271 Abs. 1 HGB abgestellt und die dort angesprochenen Unternehmensbeteiligungen mit verbundenen Unternehmen gleichgesetzt hat, entspricht dies nicht dem Regelungsgegenstand des § 271 Abs. 1 HGB. Während Abs. 1 des § 271 HGB (nur) den Begriff der Beteiligung definiert, ist die Definition verbundener Unternehmen ausschließlich in Abs. 2 geregelt.
58 
Gemäß § 15 AktG sind verbundene Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG), Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292 AktG) sind. Die Aufzählung ist abschließend (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 21).
59 
Keine dieser Voraussetzungen liegt im Verhältnis zwischen der Klägerin und der LBS – im Übrigen auch nicht im Verhältnis zwischen der Klägerin und der DekaBank – vor. Dabei ist schon zweifelhaft, ob §§ 15 ff. AktG auf die Klägerin und die LBS (und die DekaBank) überhaupt (unmittelbar) anwendbar sind. Denn die Regelungen der § 15 ff. AktG sind zwar rechtsformneutral formuliert, der Regelungsgegenstand des Aktiengesetzes, der sich schon aus dem Gesetzesnamen erschließt, spricht allerdings dafür, dass es sich zumindest bei dem Unternehmen, um dessen Verbindung in einen Konzern es geht, um eine Aktiengesellschaft handeln muss (Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 15 Rn. 6; a.A. Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 6). Erforderlich wäre damit, dass zumindest die Klägerin oder die LBS (bzw. die DekaBank) eine Aktiengesellschaft wäre. Dies ist indes nicht der Fall; denn die genannten juristischen Personen sind Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Frage des (unmittelbaren) Anwendungsbereiches der §§ 15 ff. AktG kann indes dahinstehen. Denn selbst wenn man die implizite Bezugnahme in § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auf § 15 ff. AktG als rechtsformneutral ansehen würde oder §§ 15 ff. AktG entsprechend anzuwenden wären, lägen keine verbundenen Unternehmen vor.
60 
(1) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind keine in Mehrbesitz stehende Unternehmen oder mit Mehrheit beteiligte Unternehmen im Sinne des § 16 AktG.
61 
Gehört die Mehrheit der Anteile eines rechtlich selbständigen Unternehmens einem anderen Unternehmen oder steht einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu (Mehrheitsbeteiligung), so ist gemäß § 16 Abs. 1 AktG das Unternehmen ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen, das andere ein an ihm mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen (vgl. zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen etwa Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 16 Rn. 3 ff.).
62 
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass diese Voraussetzungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und der LBS (ebenso wie im Verhältnis der Klägerin zur DekaBank) nicht vorliegen. Weder gehört der Klägerin die Mehrheit der Anteile an der LBS (oder der DekaBank) noch stehen ihr in diesen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu. Das Gleiche gilt auch in umgekehrter Richtung: Weder gehören der LBS (oder der DekaBank) die Mehrheit der Anteile an der Klägerin noch stehen ihnen in diesem Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu. An der LBS hat die Klägerin lediglich einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent, an der DekaBank von 0,13 Prozent. Abgesehen davon kann an Anstalten des öffentlichen Rechts ohnehin keine Mehrheitsbeteiligung bestehen (Oberlandesgericht [OLG] Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 20 f.; Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 16 Rn. 7; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 16 Rn. 4), denn eine Anstalt öffentlichen Rechts besteht aus selbständigen Personal- und Sachmitteln. Sie hat keine Mitglieder, sondern Nutzer. Eine (sonstige) Beteiligung am Anstaltskapital kommt nicht in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 21).
63 
(2) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine abhängigen oder herrschenden Unternehmen im Sinne des § 17 AktG.
64 
Gemäß § 17 Abs. 1 AktG sind abhängige Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Erforderlich ist in jedem Fall, dass die Einwirkungsmöglichkeiten gesellschaftsrechtlich bedingt oder zumindest vermittelt sind (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 26. März 1984 – II ZR 171/83 – in juris, Rn. 33; BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 – KVR 32/91 – in juris, Rn. 38; BGH – Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 129/10 – in juris, Rn. 16; Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 17 Rn. 6; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 8). Nicht gesellschaftsrechtliche Einflüsse können allenfalls in Verbindung mit der Ausübung von Beteiligungsrechten, nicht jedoch losgelöst von diesen einen beherrschenden Einfluss im Sinne von § 17 AktG begründen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 – KVR 32/91 – in juris, Rn. 38 m.w.N.).
65 
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Klägerin mit der LBS (bzw. der DekaBank) kein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 17 AktG bilden. Weder verfügt die Klägerin gegenüber der LBS (oder der DekaBank) über gesellschaftsrechtlich bedingte oder vermittelte Einwirkungsmöglichkeiten noch verfügen LBS oder DekaBank über solche Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber der Klägerin, die zu einem herrschenden Einfluss führen. An der LBS hat die Klägerin lediglich einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent, an der DekaBank von 0,13 Prozent. Im Übrigen gilt für die Vermutungsregelung des § 17 Abs. 2 AktG wiederum, dass sie mangels Möglichkeit des Mehrheitsbesitzes auf Anstalten des öffentlichen Rechts nicht anwendbar ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 20 f.; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 17).
66 
(3) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG.
67 
Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst, so bilden sie gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 einen Konzern. Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist (§ 319 AktG), sind als unter einheitlicher Leitung zusammengefasst anzusehen (sog. Unterordnungskonzern). Gemäß § 18 Abs. 2 AktG bilden rechtlich selbständige Unternehmen, wenn sie unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind, ohne dass das eine Unternehmen von dem anderen abhängig ist, auch einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen (sog. Gleichordnungskonzern).
68 
Entgegen der Auffassung der Beklagten bildet die Klägerin mit der LBS (bzw. der DekaBank) mangels einheitlicher Leitung keinen Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 AktG). Entsprechend liegt erst recht kein Fall des § 18 Abs. 1 AktG vor.
69 
Ein Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG setzt eine einheitliche Leitung voraus. Entgegen der von der Beklagten offenbar vertretenen Auffassung ist das Merkmal einer einheitlichen Leitung angesichts des eindeutigen Normwortlauts auch bei § 18 Abs. 2 AktG Tatbestandsvoraussetzung (Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 18 Rn. 17, 19; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 20), nicht verzichtbar oder durch Merkmale bloßer koordinierender Tätigkeit relativierbar oder substituierbar. Eine einheitliche Leitung kann auf entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen beruhen; möglich ist aber auch der faktische Gleichordnungskonzern, namentlich durch personelle Verflechtung der Leitungsorgane (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – KVR 31/97 – in juris, Rn. 38 m.w.N.; Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 54; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21), einheitliche Zielvorgaben und ein gleichgerichtetes Verhalten der Konzerngesellschaften (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – KVR 31/97 – in juris, Rn. 38 m.w.N.). In einem Konzern im Sinne von § 18 Abs. 2 AktG werden wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen in zentralen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus einheitlich bzw. koordiniert wahrgenommen (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 1/10 R – in juris, Rn. 30). Keine einheitliche Konzernleitung und daher kein Gleichordnungskonzern liegt dagegen vor, wenn lediglich im Hinblick auf einen Teilbereich eine gemeinsame Unternehmenspolitik verfolgt und zu diesem Zweck etwa auch ein Gemeinschaftsunternehmen errichtet wird (Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 51; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21). Die bloße Koordination der Herrschaftsmacht mehrerer Unternehmen über beherrschte Gesellschaften ergibt noch keinen Gleichordnungskonzern (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21).
70 
Nach diesen Maßstäben besteht keine einheitliche Leitung der Klägerin und der DekaBank oder der Klägerin und der LBS. Der Annahme, die Klägerin stehe unter einer einheitlichen Leitung einer anderen Organisation, stehen schon die für sie zwingenden sparkassenrechtlichen Vorgaben entgegen. Die Beklagte verkennt nicht zuletzt diese einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorgaben.
71 
Die Klägerin ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW ein selbständiges Wirtschaftsunternehmen in kommunaler Trägerschaft mit der Aufgabe, auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse vorrangig in ihrem Wirtschaftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise, der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen. Organe der Sparkasse sind gemäß § 11 SpkG BW (nur) der Verwaltungsrat, der Kreditausschuss und der Vorstand. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW leitet der (jeweilige) Vorstand die Sparkasse – und so auch die Klägerin – in eigener Verantwortung. Er vertritt die Sparkasse und führt ihre Geschäfte (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SpkG BW). Der Vorstand ist für alle Angelegenheiten zuständig, die nicht durch oder aufgrund des SpkG BW anderen Organen zugewiesen sind (§ 23 Abs. 1 Satz 3 SpkG BW). Der Vorstand hat gemäß § 26 SpkG BW an den Verwaltungsrat zu berichten. Letzterer bestimmt die Richtlinien für die Geschäfte der Sparkasse und erlässt Geschäftsanweisungen für den Kreditausschuss sowie den Vorstand und überwacht ihre Tätigkeit (§ 12 Abs. 1 SpkG BW). Eine Einflussnahme Dritter auf die Leitung der Klägerin wäre mit diesen gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Die Klägerin untersteht nur der Rechtsaufsicht des Landes (§ 48 SpkG BW).
72 
Aufgabe des Sparkassenverbandes BW ist gemäß § 36 Abs. 1 SpkG BW die Förderung des Sparkassenwesens und die Beratung der Rechtsaufsichtsbehörden. Er unterhält die für die Ausbildung und Weiterbildung der Beschäftigen der Sparkassen erforderlichen Einrichtungen oder beteiligt sich an solchen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW). Eine Weisungs- oder sonstige Leitungsbefugnis gegenüber den einzelnen Sparkassen ist dem Sparkassenverband BW nicht übertragen (so auch Klüpfel/Gaberdiel/Gnamm/Höppel, Kommentar zum Sparkassengesetz, Das Sparkassenrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2006, § 36 Anm. 2). Die Funktion des Sparkassenverbandes BW ist dienender, nicht leitender Natur (vgl. § 36 SpkG BW). Insbesondere bestehen keinerlei rechtliche oder tatsächliche Grundlagen dafür, dass der Sparkassenverband BW Zugriff auf die unternehmerischen Entscheidungen der Klägerin nehmen könnte. Der Sparkassenverband BW ist auf Beratung, Empfehlung und Anregung beschränkt (Klüpfel/Gaber-diel/Gnamm/Höppel, Kommentar zum Sparkassengesetz, Das Sparkassenrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2006, § 36 Anm. 2).
73 
Entsprechend kann auch die LBS keine leitende Funktion gegenüber der Klägerin ausüben. Gesetzliche Aufgabe der LBS ist gemäß § 41 SpkG BW die Pflege des Bausparens und die Förderung des Wohnungsbaus. Träger der LBS ist der Sparkassenverband BW (§ 42 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW). Es existiert keine Rechtsgrundlage dafür, dass die LBS unmittelbar oder mittelbar durch den Sparkassenverband BW leitende Funktionen gegenüber der Klägerin ausübt.
74 
Auch umgekehrt ist die Klägerin nicht in der Lage, über den Sparkassenverband BW Einfluss auf die Tätigkeit der LBS auszuüben. Die Klägerin ist als Mitglied des Sparkassenverbandes BW (§ 37 SpkG BW) zwar Mitglied der Verbandsversammlung (§ 38 Abs. 1 SpkG BW), hierin aber nur mit einem Stimmanteil von 0,3 Prozent vertreten. Sie kann daher weder auf die Entscheidungen des Sparkassenverbandes BW noch auf die Entscheidungen der LBS einen wesentlichen Einfluss ausüben. Auch liegt weder eine personelle Verflechtung vor, die zu einer einheitlichen Leitung führen würde, noch besteht für eine einheitliche Leitung die notwendige gesetzliche Grundlage.
75 
Mit Blick auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem DSGV gilt erst Recht nichts anderes. Die Klägerin ist selbst gar nicht Mitglied des DSGV, sondern mit dem DSGV nur dadurch verbunden, dass der Sparkassenverband BW Mitglied des DSGV ist. Der DSGV kann aber gegenüber der Klägerin nicht mehr Rechte haben als der Sparkassenverband BW. Es gibt entsprechend auch weder eine gesetzliche noch ein vertragliche Grundlage für die Ausübung leitender Tätigkeit der DSGV gegenüber der Klägerin; eine vertragliche Grundlage müssten sich im Übrigen auch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben halten. Dem DSGV kommt auf Bundesebene in gleicher Weise wie dem Sparkassenverband BW auf Landesebene (nur) die Funktion einer Service- und Lobbyvereinigung zu. Der Servicecharakter kommt insbesondere in der Errichtung von Ausbildungseinrichtungen (Management-Akademie und Hochschule der Sparkassen-Finanz-gruppe) zum Ausdruck. Dass von einander unabhängige Unternehmen gemeinsame Ausbildungseinrichtungen nutzen, führt nicht zur einer Leitungsfunktion im Verhältnis zwischen dem Träger der Ausbildungseinrichtung und dem Unternehmen, das die Ausbildungseinrichtung in Anspruch nimmt.
76 
Die Erarbeitung von Strategien für die Sparkassen-Finanzgruppe durch die DSGV bzw. der Verbandspolitik (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des DSGV) ist nicht identisch mit der Gestaltung der konkreten Unternehmenspolitik der einzelnen Sparkassen. Die Beklagte überspielt diesen Unterschied, wenn sie in der Tätigkeit des DSGV die Erarbeitung wesentlicher Leitlinien der Unternehmenspolitik (der Klägerin) sieht.
77 
Nichts anderes gilt mit Blick auf die Lobbyfunktion des DSGV. Nach § 2 Abs. 1 seiner Satzung bezweckt der DSGV nach Maßgabe der Satzung die Förderung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder und der angeschlossenen Sparkassen durch Beratung, Erfahrungsaustausch und Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und sonstigen Anordnungen. Insbesondere obliegt ihm die Vertretung der gemeinsamen Interessen bei Behörden und in der Öffentlichkeit sowie die Festlegung der strategischen Ausrichtung der Sparkassenorganisation. Diese Wahrnehmung einer gemeinsamen Interessenvertretung des DSGV für seine Mitglieder begründet keine einheitliche Leitung. Würde allein die gemeinsame Interessenvertretung durch einen Verband unterschiedliche Unternehmen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG machen, wären etwa auch alle Privatbanken in Deutschland, die Mitglied im Bundesverband deutscher Banken sind, solche verbundenen Unternehmen. Die Klägerin wäre dann auch ein mit Privatbanken verbundenes Unternehmen, denn der DSGV ist zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, dem Bundesverband deutscher Banken, dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands und dem Verband deutscher Pfandbriefbanken in dem Verband „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ zusammengeschlossen, der ähnliche übergreifende Aufgaben hat wie der DSGV für die Sparkassen-Finanzgruppe. Würde man die Auffassung der Beklagten noch weiter zu Ende denken, wären letztliche alle Unternehmen, die etwa Arbeitgeberfachverbänden und dadurch vermittelt der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände oder dem Bundesverband der deutschen Industrie angehören, allein deswegen miteinander verbundene Unternehmen. Die Abwegigkeit dieser Beispiele belegt, dass die Auffassung der Beklagten keine tragfähige Grundlage hat.
78 
Im Übrigen ist der DSGV außerordentliches Mitglied des Österreichisches Sparkassenverbandes BW und des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken. Im Gegenzug sind beide Verbände ebenfalls außerordentliche Mitglieder des DSGV. Auch die Beklagte wird kaum davon ausgehen, dass die Klägerin und etwa die österreichischen Sparkassen oder schweizerischen Kantonalbanken miteinander verbundene Unternehmen wären.
79 
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass der DSGV institutssichernde Einrichtungen verwaltet. Aufgrund § 6 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) sind bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau Entschädigungseinrichtungen als nicht rechtsfähige Sondervermögen des Bundes errichtet, denen jeweils eine der in Satz 2 genannten Institutgruppen zugeordnet wird. Institutsgruppen sind (1.) privatrechtliche Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG, (2.) öffentlich-rechtliche Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG und (3.) andere Institute. Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG, die den Sicherungseinrichtungen der regionalen Sparkassen-und Giroverbände oder der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken angeschlossen sind, sind gemäß § 12 Abs. 1 EAEG keiner Entschädigungseinrichtung zugeordnet, solange diese Sicherungseinrichtungen auf Grund ihrer Satzungen die angeschlossenen Institute selbst schützen, insbesondere deren Liquidität und Solvenz gewährleisten, und über die dazu erforderlichen Mittel verfügen (institutssichernde Einrichtungen). Aus der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer solchen institutssichernden Einrichtung folgt aber keine Leitungsbefugnis bzw. Weisungsgebundenheit, so dass der Tatbestand des § 18 Abs. 2 AktG hierdurch nicht erfüllt wird.
80 
Die Klägerin hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung zwischen verbundenen Unternehmen und den Mitgliedern einer Verbundgruppe auch sonst in der Rechtsordnung existiert: § 7 Abs. 4 Nr. 2 ZAG unterscheidet zwischen Zahlungssystemen, die ausschließlich zwischen den einer einzigen Unternehmensgruppe angehörenden Zahlungsdienstleistern bestehen, sofern zwischen diesen Einzelunternehmen Kapitalverbindungen vorhanden sind und eines der verbundenen Unternehmen die tatsächliche Kontrolle über die anderen ausübt, einerseits sowie Zahlungssystemen, die innerhalb einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe bestehen, andererseits.
81 
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für das Verhältnis zwischen der Klägerin und der DekaBank nichts anderes gilt. Träger der DekaBank ist nicht der DSGV e. V., sondern der DSGV ö. K. Die DekaBank ist Mitglied im DSGV e. V. Eine eigentumsrechtliche Verbindung zwischen der Klägerin und der DekaBank besteht lediglich insoweit als der Sparkassenverband BW zu einem Anteil von 7,71 Prozent Eigentümer der DekaBank ist, so dass die Klägerin einen mittelbaren rechnerischen Anteil von 0,13 Prozent an der DekaBank hat. Jedenfalls aber weil der Sparkassenverband BW keine leitende Funktion gegenüber der Klägerin hat, besteht damit auch keine Verbindung der Klägerin zur DekaBank im Sinne eines verbundenen Unternehmens. Vor diesem rechtlichen Hintergrund missdeutet die Beklagte die Art der Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und der LBS bzw. der DekaBank auch in tatsächlicher Hinsicht. Dass etwa die Klägerin die Produkte der DekaBank vertreibt, reicht – selbst wenn man das Problem der fehlenden Rechtsgrundlage für eine einheitliche Leitung außenvorlassen würde – nicht aus, um von einem verbundenen Unternehmen auszugehen. Dass ein Unternehmen die Produkte eines anderes vertreibt, ist normaler wirtschaftlicher Alltag, ohne dass Produzent und Verkäufer allein deswegen ein verbundenes Unternehmen bilden würden.
82 
Die Klägerin hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Annahme eines verbundenen Unternehmens im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auch voraussetzt, dass aufgrund der engen Verpflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden kann (Bundesrats-Drucksache 652/08, S. 3), dass also die Klägerin ohne Weiteres die ihren Arbeitnehmern durch die LBS oder die DekaBank gewährten Zuwendungen ermitteln kann. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich bereits unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 15 ff. AktG nicht um verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV, denn dann liegt eine Konstellation vor, die erstens nicht von der Ratio des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV erfasst wird und deren Umsetzung zweitens gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechen würde. Ob dies hier das Fall wäre, weil datenschutzrechtliche Bestimmungen der Weitergabe der für die Ermittlung des Arbeitsentgelts notwendigen Daten von der LBS (oder der DekaBank) an die Klägerin entgegenstehen oder die Klägerin mangels Anspruchsgrundlage die Herausgabe der Daten von der LBS (oder der DekaBank) jedenfalls nicht erzwingen kann, kann hier indes nach dem oben Dargelegten dahinstehen. Entsprechend kann auch offen bleiben, ob dies dazu führen würde, dass Gleichordnungskonzerne im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG generell keine verbundenen Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV sein können.
83 
(4) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine wechselseitig beteiligten Unternehmen im Sinne des § 19 AktG.
84 
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 AktG sind wechselseitig beteiligte Unternehmen Unternehmen mit Sitz im Inland in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, die dadurch verbunden sind, dass jedem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile des anderen Unternehmens gehören. Jedenfalls der Anwendungsbereich des § 19 AktG ist auf Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH) beschränkt (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 19 Rn. 2).
85 
Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis von Klägerin und LBS (bzw. DekaBank) – unstreitig – nicht vor. Weder handelt es sich bei den drei genannten juristischen Personen um Kapitalgesellschaften (sondern – siehe oben – um Anstalten des öffentlichen Rechts) noch besteht ein anteilsmäßiges Eigentum aneinander in Höhe von mehr als einem Viertel der Anteile.
86 
(5) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine Vertragsteile eines Unternehmensvertrages im Sinne der §§ 291, 292 AktG.
87 
Unternehmensverträge im Sinne des § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (Gewinnabführungsvertrag). Als Vertrag über die Abführung des ganzen Gewinns gilt auch ein Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG). Unternehmensverträge im Sinne des § 292 Abs. 2 AktG sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (1.) sich verpflichtet, ihren Gewinn oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil mit dem Gewinn anderer Unternehmen oder einzelner Betriebe anderer Unternehmen zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns zusammenzulegen (Gewinngemeinschaft), (2.) sich verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen (Teilgewinnabführungsvertrag), (3.) den Betrieb ihres Unternehmens einem anderen verpachtet oder sonst überlässt (Betriebspachtvertrag, Betriebsüberlassungsvertrag).
88 
Solche Verträge bestehen zwischen der Klägerin und der LBS (bzw. der DekaBank) nicht. Im Übrigen handelt es sich weder bei der Klägerin noch der LBS oder der DekaBank um eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien.
89 
(6) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind schließlich auch keine verbundenen Unternehmen im Sinne des HGB.
90 
Verbundene Unternehmen sind gemäß § 271 Abs. 2 HGB solche Unternehmen, die als Mutter- oder Tochterunternehmen (§ 290 HGB) in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens nach den Vorschriften über die Vollkonsolidierung einzubeziehen sind, das als oberstes Mutterunternehmen den am weitestgehenden Konzernabschluss nach dem Zweiten Unterabschnitt aufzustellen hat, auch wenn die Aufstellung unterbleibt, oder das einen befreienden Konzernabschluss nach § 291 HGB oder nach einer nach § 292 HGB erlassenen Rechtsverordnung aufstellt oder aufstellen könnte; Tochterunternehmen, die nach § 296 HGB nicht einbezogen werden, sind ebenfalls verbundene Unternehmen.
91 
Gemäß § 290 Abs. 1 Satz 1 HGB haben die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft (Mutterunternehmen) mit Sitz im Inland in den ersten fünf Monaten des Konzerngeschäftsjahrs für das vergangene Konzerngeschäftsjahr einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufzustellen, wenn diese auf ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens besteht gemäß § 290 Abs. 2 Satz 1 HGB stets, wenn (1.) ihm bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht, (2.) ihm bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist, (3.) ihm das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen, oder (4.) es bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft).
92 
Abgesehen davon, dass die von § 15 AktG abweichende Definition verbundener Unternehmen nur für die Rechnungslegungsvorschriften des Dritten Buches des HGB gilt, aber die aktienrechtliche Begriffsdefinition ansonsten unberührt lässt (Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 271 Rn. 9; Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl. 2011, § 271 Rn. 6 m.w.N.), steht die Klägerin – nach den bereits oben erfolgten Darlegungen – schon mangels beherrschendem Einfluss auf oder durch die LSB (bzw. die DekaBank) nicht in einem Mutter-/Tochterunternehmensverhältnis, so dass sie bereits deshalb zueinander nicht im Verhältnis verbundener Unternehmen stehen.
93 
c) Vor diesem gesamten Hintergrund kann offen bleiben, ob die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV geregelte Ausnahme von dem Ausschluss der Einbeziehung von Zuwendungen in das Arbeitsentgelt überhaupt dazu führt, dass der Arbeitgeber der betroffenen Beschäftigten beitragspflichtig würde. Der aus der Perspektive des Zuwendenden formulierte Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV spricht eher dafür, dass das Arbeitsentgelt zu einer Sozialversicherungspflicht des Zuwendenden führen soll.
III.
94 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Dabei entsprach es billigem Ermessen, keine Kostenquotelung vorzunehmen, da die Klägerin hinsichtlich der eigentlich zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfrage vollständig obsiegt hat. Der Beigeladene zu 1) ist aufgrund der rechtswidrigen Bescheide der Beklagten in den Rechtsstreit einbezogen worden, so dass es billig ist, auch seine Kosten der Beklagten aufzuerlegen, obwohl er keinen Antrag gestellt hat (vgl. Urteil des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 – nicht veröffentlicht).
IV.
95 
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
V.
96 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Dabei hat der Senat den Betrag von EUR 1.885,05 zugrunde gelegt, der ursprünglich Gegenstand des Berufungsverfahrens war.

Gründe

 
I.
39 
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Beschwerdewert bei Einlegung der Berufung EUR 1.885,05 betrug und damit der Betrag von EUR 750,00 überschritten ist (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Dabei ist unschädlich, dass im Vorverfahren dieser Betrag nicht erreicht war (dazu unter a) und im Berufungsverfahren inzwischen nicht mehr erreicht wird (dazu unter b).
40 
a) Die Klägerin hat den Bescheid vom 28. April 2011 mit ihrem Widerspruch vom 1. Juni 2011 nur insoweit angegriffen, als die Beitragsforderungen die Jahre 2009 und 2010 betreffen. Für diese Jahre hatte die Beklagte nur einen Betrag von EUR 724,89 festgesetzt. Im Klageverfahren hat die Klägerin indes den Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 ohne Einschränkung angegriffen, so dass der Ausgangsbescheid vollumfänglich zum Gegenstand des Rechtsstreites geworden ist, auch wenn die Klage hinsichtlich der Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2007 und 2008 (in Höhe von EUR 1.160,16) unzulässig war, weil der Bescheid vom 28. April 2011 insoweit bestandskräftig geworden ist. Auch mit der Berufung griff die Klägerin den Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 ohne Einschränkung an, so dass diese Bescheide insgesamt und damit mit einem Beschwerdewert von EUR 1.885,05 Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sind.
41 
b) Zwar sind aufgrund der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 25. August bzw. 4. September 2014 nur noch die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) streitig; diese betragen für die Jahre 2007, 2008 und 2010 lediglich EUR 92,22. Indes ist für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – in juris, Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – in juris, Rn. 13; Breitkreuz/Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 144 Rn. 6; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24). Erfolgt anschließend eine Abtrennung von Verfahrensteilen, die zur Folge hat, dass der Beschwerdewert den für eine zulassungsfreie Berufung maßgeblichen Wert nicht mehr übersteigt, führt dies nicht nachträglich dazu, dass die Berufung zulassungsbedürftig würde (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – in juris, Rn. 17). Das Gleiche gilt, wenn der Rechtsmittelführer im Berufungsverfahren seinen Anspruch reduziert (BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – in juris, Rn. 13; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24). Deswegen ist es unschädlich, dass die Klägerin ihre Klage auf Vorschlag des früheren Berichterstatters zur Vermeidung der Notwendigkeit der Beiladung aller von der Beitragsnachforderung betroffenen Beschäftigten auf der Grundlage der Verfahrensvereinbarung mit der Beklagten reduziert hat. Ein Fall willkürlicher Beschränkung, der ausnahmsweise zum Wegfall der Zulässigkeit der Berufung führen könnte (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 65/82 – in juris, Rn. 16 m.w.N.; Sommer, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 24), aber nur dann anzunehmen ist, wenn es an einem vernünftigen Grund für die Einschränkung des Rechtsmittel fehlt (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 7 RAr 65/82 – in juris, Rn. 16), liegt damit hier ersichtlich nicht vor.
II.
42 
Die Berufung ist teilweise begründet. Das SG hat die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen.
43 
Das SG hat die Klage nur insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen, als die Beklagte im Bescheid vom 28. April 2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzt hat. Denn in diesem Umfang ist der Bescheid vom 28. April 2011 bestandskräftig geworden und die Klage mangels Durchführung des Vorverfahrens unzulässig gewesen, weil die Klägerin den Bescheid nur hinsichtlich der Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 mit dem Widerspruch angefochten hat.
44 
Soweit der Bescheid vom 28. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 die Beitragsfestsetzungen für die Jahre 2009 und 2010 betrifft, war die Klage indes zulässig und begründet. Dabei ist aufgrund des zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vergleiches nur noch streitgegenständlich, ob die dem Beigeladenen zu 1) gewährten Sachzuwendungen sozialversicherungspflichtig sind. Im zulässigerweise streitgegenständlichen Zeitraum betrifft dies nur Sachzuwendungen der LBS (in Höhe von EUR 127,78 im Jahr 2010) und hierauf beruhende Beitragsforderungen in Höhe von EUR 51,05. Zuwendungen der DekaBank hat der Beigeladene zu 1) in den Jahren 2009 und 2010 nicht erhalten. Diese Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 51,05 aufgrund der Sachzuwendung des LBS an den Beigeladenen zu 1) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Sachzuwendung ist nicht sozialversicherungspflichtig.
45 
1. Rechtsgrundlage für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen durch die Beklagte ist § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5).
46 
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichten aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden durch eine monatliche Umlage, die nach einem Prozentsatz des Arbeitsentgelts (Umlagesatz) zu erheben ist, von den Arbeitgebern aufgebracht und sind zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen (§§ 358 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 359 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung [UVMG] vom 30. Oktober 2008 [BGBl. I S. 2130]).
47 
2. Im zulässigerweise streitigen Zeitraum (1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2010) war der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin beschäftigt (§ 7 Abs. 1 SGB IV) und in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – m.w.N., in juris, Rn. 8).
48 
a) Der Höhe nach bestimmt sich der geschuldete Gesamtsozialversicherungsbeitrag in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich dem Recht der Arbeitsförderung nach dem Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 161 Abs. 1, § 162 Nr. 2 SGB VI, § 57 Abs. 1 SGB XI, § 341 Abs. 3 Satz 1, § 342 SGB III, § 358 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
49 
Durch § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der bis zum 10. August 2010 geltenden Fassung war die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu bestimmen, (1.) dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten, (2.) dass Beiträge an Direktversicherungen und Zuwendungen an Pensionskassen oder Pensionsfonds ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten, (3.) wie das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen und das Gesamteinkommen zu ermitteln und zeitlich zuzurechnen sind, (4.) den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus für jedes Kalenderjahr. Dabei ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen.
50 
Von dieser Verordnungsermächtigung hat die Bundesregierung durch die Verordnung zur Neuordnung der Regelungen über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt vom 21. Dezember 2006 Gebrauch gemacht, deren Bestandteil als Art. 1 die SvEV ist (BGBl. I S. 3385). Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 14 SvEV in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung (geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 18. November 2008, BGBl. I S. 2220) sind dem Arbeitsentgelt Zuwendungen nach § 37b Abs. 1 EStG nicht zuzurechnen, soweit die Zuwendungen an Arbeitnehmer eines Dritten erbracht werden und diese Arbeitnehmer nicht Arbeitnehmer eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens sind. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der seit dem 11. August 2010 geltenden Fassung (geändert durch Art.1 Nr. 5 Drittes Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 5. August 2010, BGBl. I S. 1127) obliegt die Verordnungsbefugnis dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Wirksamkeit der zuvor erlassenen Verordnung bleibt davon unberührt.
51 
b) Bei den Zuwendungen der LBS an den Beigeladenen zu 1) handelt es sich um Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 EStG (dazu unter aa). Der Beigeladene zu 1) ist für die LBS Arbeitnehmer eines Dritten im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV (dazu unter bb). Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind keine verbundenen Unternehmen (dazu unter cc).
52 
aa) Bei den Zuwendungen der LBS an den Beigeladenen zu 1) handelt es sich um Zuwendungen im Sinne des § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG. Zuwendungen in diesem Sinne sind betrieblich veranlasste Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleitung erbracht worden sind und Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht in Geld bestehen. Diese Voraussetzungen sind – dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, so dass sich auch insoweit eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt – erfüllt.
53 
bb) Dritter im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV ist, wer Arbeitgeber des Zuwendungsempfängers ist. Der Beigeladene zu 1) war zum Zuwendungszeitpunkt nicht Arbeitnehmer der LBS, sondern der Klägerin, so dass er für die LBS Arbeitnehmer eines Dritten war.
54 
cc) Die Klägerin und die LBS (ebenso wie die DekaBank) sind keine verbundenen Unternehmen.
55 
§ 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV definiert den Begriff des „verbundenen Unternehmens“ nicht. Übereinstimmende Vorgaben für die Auslegung dieses Begriffes lassen sich aber sowohl aus den entstehungsgeschichtlichen Materialien zu § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV als auch aus dem Umstand gewinnen, dass § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auf § 37b Abs. 1 EStG verweist, der den Begriff ebenfalls verwendet.
56 
Die Nr. 14 ist in § 1 Satz 1 SvEV durch Art. 1 Nr. 1 Buchstabe b die Erste Verordnung zur Änderung der SvEV vom 18. November 2008 (BGBl. I S. 2220) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eingefügt worden. In der Begründung der Bundesregierung zum Verordnungsentwurf wird ausgeführt, dass mit der neuen Nr. 14 geregelt werde, dass nach § 37b Abs. 1 EStG pauschal besteuerte Zuwendungen, „die an Arbeitnehmer eines fremden Dritten – mit Ausnahme der Arbeitnehmer verbundener Unternehmen i.S.d. §§ 15 ff. AktG oder § 251 HGB – geleistet werden,“ nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind (Bundesrats-Drucksache 652/08, S. 3). Bei Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen bestehe kein Bedürfnis, diese von der Beitragspflicht auszunehmen, da auf Grund der engen Verflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden könne. Dies sei bei Arbeitnehmern eines fremden Dritten nicht der Fall.
57 
Die Begründung des Verordnungsentwurfes verweist also zum einen auf die Definition des Begriffs der „verbundenen Unternehmen“ in §§ 15 ff. AktG. Zum anderen verweist die Begründung auf die entsprechende Definition im HGB, wobei offenbar aufgrund eines Schreibfehlers § 251 HGB genannt wird; tatsächlich ist der Begriff in § 271 Abs. 2 HGB definiert. Die Begründung geht dabei zugleich davon aus, dass auf diesem Wege auch der Begriff des „verbundenen Unternehmens“ im Sinne des § 37b Abs. 1 EStG definiert wird. In der Tat geht auch die steuerrechtliche Literatur zu § 37 Abs. 1 EStG davon aus, dass der Begriff dort durch die Begriffsbestimmungen in den §§ 15 ff. AktG, § 271 HGB ausgefüllt wird (vgl. Ettlich, in: Blümich, EStG/KStG,GewStG, § 37b Rn. 62 [August 2014]). In § 38 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG verweist im Übrigen bereits der Gesetzeswortlaut für die Umschreibung des Begriffs „verbundene Unternehmen“ selbst auf § 15 AktG. Es ist kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, dass bei § 37b Abs. 1 EStG – und in der Folge § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV – ein hiervon abweichendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden sollte. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass der Wille des Gesetzgebers – hier des Verordnungsgebers – in methodischer Hinsicht eine Auslegungsgrenze bildet (vgl. etwa BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. September 2007 – 2 BvF 3/02 – in juris, Rn. 92 ff., insbes. 105; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. März 2008 – 2 BvF 4/03 – in juris, Rn. 140; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 2310/06 – in juris, Rn. 57, 59 m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 1741/09 – in juris, Rn. 78), kann kein Zweifel bestehen, dass verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV allenfalls dann vorliegen, wenn es sich auch um verbundene Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG oder des § 271 Abs. 2 HGB handelt. Einschränkungen – nicht aber Erweiterungen des Begriffsverständnisses – können sich indes aus dem konkreten sozialversicherungsrechtlichen Kontext des § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV und damit einhergehenden datenschutzrechtlichen Vorgaben ergeben (dazu noch unten). Soweit die Beklagte in ihrem Bescheid vom 28. April 2011 für die Definition verbundener Unternehmen auf § 271 Abs. 1 HGB abgestellt und die dort angesprochenen Unternehmensbeteiligungen mit verbundenen Unternehmen gleichgesetzt hat, entspricht dies nicht dem Regelungsgegenstand des § 271 Abs. 1 HGB. Während Abs. 1 des § 271 HGB (nur) den Begriff der Beteiligung definiert, ist die Definition verbundener Unternehmen ausschließlich in Abs. 2 geregelt.
58 
Gemäß § 15 AktG sind verbundene Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG), Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292 AktG) sind. Die Aufzählung ist abschließend (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 21).
59 
Keine dieser Voraussetzungen liegt im Verhältnis zwischen der Klägerin und der LBS – im Übrigen auch nicht im Verhältnis zwischen der Klägerin und der DekaBank – vor. Dabei ist schon zweifelhaft, ob §§ 15 ff. AktG auf die Klägerin und die LBS (und die DekaBank) überhaupt (unmittelbar) anwendbar sind. Denn die Regelungen der § 15 ff. AktG sind zwar rechtsformneutral formuliert, der Regelungsgegenstand des Aktiengesetzes, der sich schon aus dem Gesetzesnamen erschließt, spricht allerdings dafür, dass es sich zumindest bei dem Unternehmen, um dessen Verbindung in einen Konzern es geht, um eine Aktiengesellschaft handeln muss (Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 15 Rn. 6; a.A. Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 15 Rn. 6). Erforderlich wäre damit, dass zumindest die Klägerin oder die LBS (bzw. die DekaBank) eine Aktiengesellschaft wäre. Dies ist indes nicht der Fall; denn die genannten juristischen Personen sind Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Frage des (unmittelbaren) Anwendungsbereiches der §§ 15 ff. AktG kann indes dahinstehen. Denn selbst wenn man die implizite Bezugnahme in § 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auf § 15 ff. AktG als rechtsformneutral ansehen würde oder §§ 15 ff. AktG entsprechend anzuwenden wären, lägen keine verbundenen Unternehmen vor.
60 
(1) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind keine in Mehrbesitz stehende Unternehmen oder mit Mehrheit beteiligte Unternehmen im Sinne des § 16 AktG.
61 
Gehört die Mehrheit der Anteile eines rechtlich selbständigen Unternehmens einem anderen Unternehmen oder steht einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu (Mehrheitsbeteiligung), so ist gemäß § 16 Abs. 1 AktG das Unternehmen ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen, das andere ein an ihm mit Mehrheit beteiligtes Unternehmen (vgl. zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen etwa Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 16 Rn. 3 ff.).
62 
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass diese Voraussetzungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und der LBS (ebenso wie im Verhältnis der Klägerin zur DekaBank) nicht vorliegen. Weder gehört der Klägerin die Mehrheit der Anteile an der LBS (oder der DekaBank) noch stehen ihr in diesen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu. Das Gleiche gilt auch in umgekehrter Richtung: Weder gehören der LBS (oder der DekaBank) die Mehrheit der Anteile an der Klägerin noch stehen ihnen in diesem Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zu. An der LBS hat die Klägerin lediglich einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent, an der DekaBank von 0,13 Prozent. Abgesehen davon kann an Anstalten des öffentlichen Rechts ohnehin keine Mehrheitsbeteiligung bestehen (Oberlandesgericht [OLG] Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 20 f.; Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 16 Rn. 7; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 16 Rn. 4), denn eine Anstalt öffentlichen Rechts besteht aus selbständigen Personal- und Sachmitteln. Sie hat keine Mitglieder, sondern Nutzer. Eine (sonstige) Beteiligung am Anstaltskapital kommt nicht in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 21).
63 
(2) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine abhängigen oder herrschenden Unternehmen im Sinne des § 17 AktG.
64 
Gemäß § 17 Abs. 1 AktG sind abhängige Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen wird vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§ 17 Abs. 2 AktG). Erforderlich ist in jedem Fall, dass die Einwirkungsmöglichkeiten gesellschaftsrechtlich bedingt oder zumindest vermittelt sind (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 26. März 1984 – II ZR 171/83 – in juris, Rn. 33; BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 – KVR 32/91 – in juris, Rn. 38; BGH – Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 129/10 – in juris, Rn. 16; Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 17 Rn. 6; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 8). Nicht gesellschaftsrechtliche Einflüsse können allenfalls in Verbindung mit der Ausübung von Beteiligungsrechten, nicht jedoch losgelöst von diesen einen beherrschenden Einfluss im Sinne von § 17 AktG begründen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 – KVR 32/91 – in juris, Rn. 38 m.w.N.).
65 
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Klägerin mit der LBS (bzw. der DekaBank) kein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 17 AktG bilden. Weder verfügt die Klägerin gegenüber der LBS (oder der DekaBank) über gesellschaftsrechtlich bedingte oder vermittelte Einwirkungsmöglichkeiten noch verfügen LBS oder DekaBank über solche Einwirkungsmöglichkeiten gegenüber der Klägerin, die zu einem herrschenden Einfluss führen. An der LBS hat die Klägerin lediglich einen rechnerischen Anteil von 0,17 Prozent, an der DekaBank von 0,13 Prozent. Im Übrigen gilt für die Vermutungsregelung des § 17 Abs. 2 AktG wiederum, dass sie mangels Möglichkeit des Mehrheitsbesitzes auf Anstalten des öffentlichen Rechts nicht anwendbar ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – VI-Kart 1/07 (V), Kart 1/07 (V) – in juris, Rn. 20 f.; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 17).
66 
(3) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG.
67 
Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst, so bilden sie gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 einen Konzern. Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist (§ 319 AktG), sind als unter einheitlicher Leitung zusammengefasst anzusehen (sog. Unterordnungskonzern). Gemäß § 18 Abs. 2 AktG bilden rechtlich selbständige Unternehmen, wenn sie unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind, ohne dass das eine Unternehmen von dem anderen abhängig ist, auch einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen (sog. Gleichordnungskonzern).
68 
Entgegen der Auffassung der Beklagten bildet die Klägerin mit der LBS (bzw. der DekaBank) mangels einheitlicher Leitung keinen Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 AktG). Entsprechend liegt erst recht kein Fall des § 18 Abs. 1 AktG vor.
69 
Ein Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG setzt eine einheitliche Leitung voraus. Entgegen der von der Beklagten offenbar vertretenen Auffassung ist das Merkmal einer einheitlichen Leitung angesichts des eindeutigen Normwortlauts auch bei § 18 Abs. 2 AktG Tatbestandsvoraussetzung (Grigoleit, in: ders. [Hrsg.], AktG, 2013, § 18 Rn. 17, 19; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 20), nicht verzichtbar oder durch Merkmale bloßer koordinierender Tätigkeit relativierbar oder substituierbar. Eine einheitliche Leitung kann auf entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen beruhen; möglich ist aber auch der faktische Gleichordnungskonzern, namentlich durch personelle Verflechtung der Leitungsorgane (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – KVR 31/97 – in juris, Rn. 38 m.w.N.; Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 54; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21), einheitliche Zielvorgaben und ein gleichgerichtetes Verhalten der Konzerngesellschaften (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – KVR 31/97 – in juris, Rn. 38 m.w.N.). In einem Konzern im Sinne von § 18 Abs. 2 AktG werden wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen in zentralen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus einheitlich bzw. koordiniert wahrgenommen (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 1/10 R – in juris, Rn. 30). Keine einheitliche Konzernleitung und daher kein Gleichordnungskonzern liegt dagegen vor, wenn lediglich im Hinblick auf einen Teilbereich eine gemeinsame Unternehmenspolitik verfolgt und zu diesem Zweck etwa auch ein Gemeinschaftsunternehmen errichtet wird (Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2008, § 18 Rn. 51; Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21). Die bloße Koordination der Herrschaftsmacht mehrerer Unternehmen über beherrschte Gesellschaften ergibt noch keinen Gleichordnungskonzern (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 18 Rn. 21).
70 
Nach diesen Maßstäben besteht keine einheitliche Leitung der Klägerin und der DekaBank oder der Klägerin und der LBS. Der Annahme, die Klägerin stehe unter einer einheitlichen Leitung einer anderen Organisation, stehen schon die für sie zwingenden sparkassenrechtlichen Vorgaben entgegen. Die Beklagte verkennt nicht zuletzt diese einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorgaben.
71 
Die Klägerin ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW ein selbständiges Wirtschaftsunternehmen in kommunaler Trägerschaft mit der Aufgabe, auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse vorrangig in ihrem Wirtschaftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise, der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen. Organe der Sparkasse sind gemäß § 11 SpkG BW (nur) der Verwaltungsrat, der Kreditausschuss und der Vorstand. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW leitet der (jeweilige) Vorstand die Sparkasse – und so auch die Klägerin – in eigener Verantwortung. Er vertritt die Sparkasse und führt ihre Geschäfte (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SpkG BW). Der Vorstand ist für alle Angelegenheiten zuständig, die nicht durch oder aufgrund des SpkG BW anderen Organen zugewiesen sind (§ 23 Abs. 1 Satz 3 SpkG BW). Der Vorstand hat gemäß § 26 SpkG BW an den Verwaltungsrat zu berichten. Letzterer bestimmt die Richtlinien für die Geschäfte der Sparkasse und erlässt Geschäftsanweisungen für den Kreditausschuss sowie den Vorstand und überwacht ihre Tätigkeit (§ 12 Abs. 1 SpkG BW). Eine Einflussnahme Dritter auf die Leitung der Klägerin wäre mit diesen gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Die Klägerin untersteht nur der Rechtsaufsicht des Landes (§ 48 SpkG BW).
72 
Aufgabe des Sparkassenverbandes BW ist gemäß § 36 Abs. 1 SpkG BW die Förderung des Sparkassenwesens und die Beratung der Rechtsaufsichtsbehörden. Er unterhält die für die Ausbildung und Weiterbildung der Beschäftigen der Sparkassen erforderlichen Einrichtungen oder beteiligt sich an solchen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW). Eine Weisungs- oder sonstige Leitungsbefugnis gegenüber den einzelnen Sparkassen ist dem Sparkassenverband BW nicht übertragen (so auch Klüpfel/Gaberdiel/Gnamm/Höppel, Kommentar zum Sparkassengesetz, Das Sparkassenrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2006, § 36 Anm. 2). Die Funktion des Sparkassenverbandes BW ist dienender, nicht leitender Natur (vgl. § 36 SpkG BW). Insbesondere bestehen keinerlei rechtliche oder tatsächliche Grundlagen dafür, dass der Sparkassenverband BW Zugriff auf die unternehmerischen Entscheidungen der Klägerin nehmen könnte. Der Sparkassenverband BW ist auf Beratung, Empfehlung und Anregung beschränkt (Klüpfel/Gaber-diel/Gnamm/Höppel, Kommentar zum Sparkassengesetz, Das Sparkassenrecht in Baden-Württemberg, 7. Aufl. 2006, § 36 Anm. 2).
73 
Entsprechend kann auch die LBS keine leitende Funktion gegenüber der Klägerin ausüben. Gesetzliche Aufgabe der LBS ist gemäß § 41 SpkG BW die Pflege des Bausparens und die Förderung des Wohnungsbaus. Träger der LBS ist der Sparkassenverband BW (§ 42 Abs. 1 Satz 1 SpkG BW). Es existiert keine Rechtsgrundlage dafür, dass die LBS unmittelbar oder mittelbar durch den Sparkassenverband BW leitende Funktionen gegenüber der Klägerin ausübt.
74 
Auch umgekehrt ist die Klägerin nicht in der Lage, über den Sparkassenverband BW Einfluss auf die Tätigkeit der LBS auszuüben. Die Klägerin ist als Mitglied des Sparkassenverbandes BW (§ 37 SpkG BW) zwar Mitglied der Verbandsversammlung (§ 38 Abs. 1 SpkG BW), hierin aber nur mit einem Stimmanteil von 0,3 Prozent vertreten. Sie kann daher weder auf die Entscheidungen des Sparkassenverbandes BW noch auf die Entscheidungen der LBS einen wesentlichen Einfluss ausüben. Auch liegt weder eine personelle Verflechtung vor, die zu einer einheitlichen Leitung führen würde, noch besteht für eine einheitliche Leitung die notwendige gesetzliche Grundlage.
75 
Mit Blick auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem DSGV gilt erst Recht nichts anderes. Die Klägerin ist selbst gar nicht Mitglied des DSGV, sondern mit dem DSGV nur dadurch verbunden, dass der Sparkassenverband BW Mitglied des DSGV ist. Der DSGV kann aber gegenüber der Klägerin nicht mehr Rechte haben als der Sparkassenverband BW. Es gibt entsprechend auch weder eine gesetzliche noch ein vertragliche Grundlage für die Ausübung leitender Tätigkeit der DSGV gegenüber der Klägerin; eine vertragliche Grundlage müssten sich im Übrigen auch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben halten. Dem DSGV kommt auf Bundesebene in gleicher Weise wie dem Sparkassenverband BW auf Landesebene (nur) die Funktion einer Service- und Lobbyvereinigung zu. Der Servicecharakter kommt insbesondere in der Errichtung von Ausbildungseinrichtungen (Management-Akademie und Hochschule der Sparkassen-Finanz-gruppe) zum Ausdruck. Dass von einander unabhängige Unternehmen gemeinsame Ausbildungseinrichtungen nutzen, führt nicht zur einer Leitungsfunktion im Verhältnis zwischen dem Träger der Ausbildungseinrichtung und dem Unternehmen, das die Ausbildungseinrichtung in Anspruch nimmt.
76 
Die Erarbeitung von Strategien für die Sparkassen-Finanzgruppe durch die DSGV bzw. der Verbandspolitik (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des DSGV) ist nicht identisch mit der Gestaltung der konkreten Unternehmenspolitik der einzelnen Sparkassen. Die Beklagte überspielt diesen Unterschied, wenn sie in der Tätigkeit des DSGV die Erarbeitung wesentlicher Leitlinien der Unternehmenspolitik (der Klägerin) sieht.
77 
Nichts anderes gilt mit Blick auf die Lobbyfunktion des DSGV. Nach § 2 Abs. 1 seiner Satzung bezweckt der DSGV nach Maßgabe der Satzung die Förderung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder und der angeschlossenen Sparkassen durch Beratung, Erfahrungsaustausch und Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und sonstigen Anordnungen. Insbesondere obliegt ihm die Vertretung der gemeinsamen Interessen bei Behörden und in der Öffentlichkeit sowie die Festlegung der strategischen Ausrichtung der Sparkassenorganisation. Diese Wahrnehmung einer gemeinsamen Interessenvertretung des DSGV für seine Mitglieder begründet keine einheitliche Leitung. Würde allein die gemeinsame Interessenvertretung durch einen Verband unterschiedliche Unternehmen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG machen, wären etwa auch alle Privatbanken in Deutschland, die Mitglied im Bundesverband deutscher Banken sind, solche verbundenen Unternehmen. Die Klägerin wäre dann auch ein mit Privatbanken verbundenes Unternehmen, denn der DSGV ist zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, dem Bundesverband deutscher Banken, dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands und dem Verband deutscher Pfandbriefbanken in dem Verband „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ zusammengeschlossen, der ähnliche übergreifende Aufgaben hat wie der DSGV für die Sparkassen-Finanzgruppe. Würde man die Auffassung der Beklagten noch weiter zu Ende denken, wären letztliche alle Unternehmen, die etwa Arbeitgeberfachverbänden und dadurch vermittelt der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände oder dem Bundesverband der deutschen Industrie angehören, allein deswegen miteinander verbundene Unternehmen. Die Abwegigkeit dieser Beispiele belegt, dass die Auffassung der Beklagten keine tragfähige Grundlage hat.
78 
Im Übrigen ist der DSGV außerordentliches Mitglied des Österreichisches Sparkassenverbandes BW und des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken. Im Gegenzug sind beide Verbände ebenfalls außerordentliche Mitglieder des DSGV. Auch die Beklagte wird kaum davon ausgehen, dass die Klägerin und etwa die österreichischen Sparkassen oder schweizerischen Kantonalbanken miteinander verbundene Unternehmen wären.
79 
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, dass der DSGV institutssichernde Einrichtungen verwaltet. Aufgrund § 6 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) sind bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau Entschädigungseinrichtungen als nicht rechtsfähige Sondervermögen des Bundes errichtet, denen jeweils eine der in Satz 2 genannten Institutgruppen zugeordnet wird. Institutsgruppen sind (1.) privatrechtliche Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG, (2.) öffentlich-rechtliche Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG und (3.) andere Institute. Institute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG, die den Sicherungseinrichtungen der regionalen Sparkassen-und Giroverbände oder der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken angeschlossen sind, sind gemäß § 12 Abs. 1 EAEG keiner Entschädigungseinrichtung zugeordnet, solange diese Sicherungseinrichtungen auf Grund ihrer Satzungen die angeschlossenen Institute selbst schützen, insbesondere deren Liquidität und Solvenz gewährleisten, und über die dazu erforderlichen Mittel verfügen (institutssichernde Einrichtungen). Aus der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer solchen institutssichernden Einrichtung folgt aber keine Leitungsbefugnis bzw. Weisungsgebundenheit, so dass der Tatbestand des § 18 Abs. 2 AktG hierdurch nicht erfüllt wird.
80 
Die Klägerin hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung zwischen verbundenen Unternehmen und den Mitgliedern einer Verbundgruppe auch sonst in der Rechtsordnung existiert: § 7 Abs. 4 Nr. 2 ZAG unterscheidet zwischen Zahlungssystemen, die ausschließlich zwischen den einer einzigen Unternehmensgruppe angehörenden Zahlungsdienstleistern bestehen, sofern zwischen diesen Einzelunternehmen Kapitalverbindungen vorhanden sind und eines der verbundenen Unternehmen die tatsächliche Kontrolle über die anderen ausübt, einerseits sowie Zahlungssystemen, die innerhalb einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe bestehen, andererseits.
81 
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass für das Verhältnis zwischen der Klägerin und der DekaBank nichts anderes gilt. Träger der DekaBank ist nicht der DSGV e. V., sondern der DSGV ö. K. Die DekaBank ist Mitglied im DSGV e. V. Eine eigentumsrechtliche Verbindung zwischen der Klägerin und der DekaBank besteht lediglich insoweit als der Sparkassenverband BW zu einem Anteil von 7,71 Prozent Eigentümer der DekaBank ist, so dass die Klägerin einen mittelbaren rechnerischen Anteil von 0,13 Prozent an der DekaBank hat. Jedenfalls aber weil der Sparkassenverband BW keine leitende Funktion gegenüber der Klägerin hat, besteht damit auch keine Verbindung der Klägerin zur DekaBank im Sinne eines verbundenen Unternehmens. Vor diesem rechtlichen Hintergrund missdeutet die Beklagte die Art der Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und der LBS bzw. der DekaBank auch in tatsächlicher Hinsicht. Dass etwa die Klägerin die Produkte der DekaBank vertreibt, reicht – selbst wenn man das Problem der fehlenden Rechtsgrundlage für eine einheitliche Leitung außenvorlassen würde – nicht aus, um von einem verbundenen Unternehmen auszugehen. Dass ein Unternehmen die Produkte eines anderes vertreibt, ist normaler wirtschaftlicher Alltag, ohne dass Produzent und Verkäufer allein deswegen ein verbundenes Unternehmen bilden würden.
82 
Die Klägerin hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass die Annahme eines verbundenen Unternehmens im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV auch voraussetzt, dass aufgrund der engen Verpflechtung der Unternehmen die Höhe des beitragspflichtigen Entgelts ebenso wie bei den eigenen Arbeitnehmern ohne erhöhten Aufwand ermittelt werden kann (Bundesrats-Drucksache 652/08, S. 3), dass also die Klägerin ohne Weiteres die ihren Arbeitnehmern durch die LBS oder die DekaBank gewährten Zuwendungen ermitteln kann. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich bereits unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 15 ff. AktG nicht um verbundene Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV, denn dann liegt eine Konstellation vor, die erstens nicht von der Ratio des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV erfasst wird und deren Umsetzung zweitens gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechen würde. Ob dies hier das Fall wäre, weil datenschutzrechtliche Bestimmungen der Weitergabe der für die Ermittlung des Arbeitsentgelts notwendigen Daten von der LBS (oder der DekaBank) an die Klägerin entgegenstehen oder die Klägerin mangels Anspruchsgrundlage die Herausgabe der Daten von der LBS (oder der DekaBank) jedenfalls nicht erzwingen kann, kann hier indes nach dem oben Dargelegten dahinstehen. Entsprechend kann auch offen bleiben, ob dies dazu führen würde, dass Gleichordnungskonzerne im Sinne des § 18 Abs. 2 AktG generell keine verbundenen Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV sein können.
83 
(4) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine wechselseitig beteiligten Unternehmen im Sinne des § 19 AktG.
84 
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 AktG sind wechselseitig beteiligte Unternehmen Unternehmen mit Sitz im Inland in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, die dadurch verbunden sind, dass jedem Unternehmen mehr als der vierte Teil der Anteile des anderen Unternehmens gehören. Jedenfalls der Anwendungsbereich des § 19 AktG ist auf Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH) beschränkt (Koch, in: Hüffer [Begr.], AktG, 11. Aufl. 2014, § 19 Rn. 2).
85 
Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis von Klägerin und LBS (bzw. DekaBank) – unstreitig – nicht vor. Weder handelt es sich bei den drei genannten juristischen Personen um Kapitalgesellschaften (sondern – siehe oben – um Anstalten des öffentlichen Rechts) noch besteht ein anteilsmäßiges Eigentum aneinander in Höhe von mehr als einem Viertel der Anteile.
86 
(5) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind zueinander auch keine Vertragsteile eines Unternehmensvertrages im Sinne der §§ 291, 292 AktG.
87 
Unternehmensverträge im Sinne des § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt (Beherrschungsvertrag) oder sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (Gewinnabführungsvertrag). Als Vertrag über die Abführung des ganzen Gewinns gilt auch ein Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG). Unternehmensverträge im Sinne des § 292 Abs. 2 AktG sind Verträge, durch die eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (1.) sich verpflichtet, ihren Gewinn oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil mit dem Gewinn anderer Unternehmen oder einzelner Betriebe anderer Unternehmen zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns zusammenzulegen (Gewinngemeinschaft), (2.) sich verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen (Teilgewinnabführungsvertrag), (3.) den Betrieb ihres Unternehmens einem anderen verpachtet oder sonst überlässt (Betriebspachtvertrag, Betriebsüberlassungsvertrag).
88 
Solche Verträge bestehen zwischen der Klägerin und der LBS (bzw. der DekaBank) nicht. Im Übrigen handelt es sich weder bei der Klägerin noch der LBS oder der DekaBank um eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien.
89 
(6) Die Klägerin und die LBS (bzw. die DekaBank) sind schließlich auch keine verbundenen Unternehmen im Sinne des HGB.
90 
Verbundene Unternehmen sind gemäß § 271 Abs. 2 HGB solche Unternehmen, die als Mutter- oder Tochterunternehmen (§ 290 HGB) in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens nach den Vorschriften über die Vollkonsolidierung einzubeziehen sind, das als oberstes Mutterunternehmen den am weitestgehenden Konzernabschluss nach dem Zweiten Unterabschnitt aufzustellen hat, auch wenn die Aufstellung unterbleibt, oder das einen befreienden Konzernabschluss nach § 291 HGB oder nach einer nach § 292 HGB erlassenen Rechtsverordnung aufstellt oder aufstellen könnte; Tochterunternehmen, die nach § 296 HGB nicht einbezogen werden, sind ebenfalls verbundene Unternehmen.
91 
Gemäß § 290 Abs. 1 Satz 1 HGB haben die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft (Mutterunternehmen) mit Sitz im Inland in den ersten fünf Monaten des Konzerngeschäftsjahrs für das vergangene Konzerngeschäftsjahr einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufzustellen, wenn diese auf ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens besteht gemäß § 290 Abs. 2 Satz 1 HGB stets, wenn (1.) ihm bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht, (2.) ihm bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist, (3.) ihm das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen, oder (4.) es bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft).
92 
Abgesehen davon, dass die von § 15 AktG abweichende Definition verbundener Unternehmen nur für die Rechnungslegungsvorschriften des Dritten Buches des HGB gilt, aber die aktienrechtliche Begriffsdefinition ansonsten unberührt lässt (Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 271 Rn. 9; Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl. 2011, § 271 Rn. 6 m.w.N.), steht die Klägerin – nach den bereits oben erfolgten Darlegungen – schon mangels beherrschendem Einfluss auf oder durch die LSB (bzw. die DekaBank) nicht in einem Mutter-/Tochterunternehmensverhältnis, so dass sie bereits deshalb zueinander nicht im Verhältnis verbundener Unternehmen stehen.
93 
c) Vor diesem gesamten Hintergrund kann offen bleiben, ob die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV geregelte Ausnahme von dem Ausschluss der Einbeziehung von Zuwendungen in das Arbeitsentgelt überhaupt dazu führt, dass der Arbeitgeber der betroffenen Beschäftigten beitragspflichtig würde. Der aus der Perspektive des Zuwendenden formulierte Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 SvEV spricht eher dafür, dass das Arbeitsentgelt zu einer Sozialversicherungspflicht des Zuwendenden führen soll.
III.
94 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Dabei entsprach es billigem Ermessen, keine Kostenquotelung vorzunehmen, da die Klägerin hinsichtlich der eigentlich zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfrage vollständig obsiegt hat. Der Beigeladene zu 1) ist aufgrund der rechtswidrigen Bescheide der Beklagten in den Rechtsstreit einbezogen worden, so dass es billig ist, auch seine Kosten der Beklagten aufzuerlegen, obwohl er keinen Antrag gestellt hat (vgl. Urteil des Senats vom 27. Februar 2015 – L 4 R 3943/13 – nicht veröffentlicht).
IV.
95 
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
V.
96 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Dabei hat der Senat den Betrag von EUR 1.885,05 zugrunde gelegt, der ursprünglich Gegenstand des Berufungsverfahrens war.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2010 (L 12 AS 388/10) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Übernahme von Stromkosten in Höhe von 179,73 Euro als Leistung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2009 bis 30.11.2009. Im Verwaltungs- und Klageverfahren ist er insoweit erfolglos geblieben. Das SG Köln hat die Beklagte durch Urteil vom 10.2.2010 entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verpflichtet, weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 12,09 Euro für den Monat Juni 2009 und insgesamt 11,95 Euro für die Monate Juli bis September 2009 sowie 31,95 Euro für die Monate Oktober und November 2009 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Im Tenor hat das SG die Berufung nicht zugelassen, jedoch eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung beigefügt. Die Berufung hiergegen hat das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 28.5.2010 verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausdrücklich vom Kläger eingelegte Berufung sei wegen des Unterschreitens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unzulässig. Der Beschwerdewert betrage im konkreten Fall 179,73 Euro und nicht, wie für eine zulassungsfreie Berufung erforderlich, 750 Euro. Es handele sich bei den geltend gemachten Stromkosten auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG. Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Dieses sei nicht geschehen. Eine ausdrückliche Zulassung ergebe sich weder aus der Urteilsformel, noch den Entscheidungsgründen. Die Rechtsmittelbelehrung ersetze die Entscheidung des SG nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

2

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er privatschriftlich an das BSG gesandt hat. Zugleich beantragt er die Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

4

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, einen Verfahrensfehler des LSG darzulegen, insbesondere dass das LSG verfahrensfehlerhaft ein Prozess- anstatt ein Sachurteil erlassen habe. Das LSG ist nach Aktenlage zutreffend davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen des § 144 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 SGG für eine zulassungsfreie Berufung gegeben sind, noch das SG die Berufung an das LSG zugelassen hat.

6

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf es der Zulassung der Berufung durch das SG, wenn der Beschwerdewert 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall. Der Beschwerdewert beträgt 179,73 Euro. Der Kläger verkennt insoweit den Begriff des Beschwerdewertes. Beim Beschwerdewert kommt es nur auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an. Der Beschwerdewert bemisst sich demnach ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (stRspr des BSG, s nur BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R). Sonstige denkbare Folgewirkungen bleiben außer Betracht.

7

Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt(vgl zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 17)und auf die Dauer um sechs bzw maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt ua deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B). Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt, also hier auf den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009.

8

Das LSG folgt zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der die für die zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung keine Entscheidung über die Zulassung ist, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die es nicht bindet (BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R; BSG Urteil vom 19.11.1996, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; s zur Rechtsmittelbelehrung als alleinige Zulassungsentscheidung BSG Urteil vom 28.3.1957, BSGE 5, 92, 95; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; stRspr). Gründe, die auf Umstände hindeuten, warum im vorliegenden Fall dennoch von einer Zulassung der Berufung durch das SG auszugehen war, sind nicht ersichtlich. Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die Berufungszulassung.

9

Die Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits - wie zuvor dargelegt - höchstrichterlich geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig. Hinweise für eine Divergenz sind nicht ersichtlich.Selbst wenn der Rechtsstreit jedoch - wie der Kläger vorträgt - Fragen grundsätzlicher Bedeutung bergen sollte oder eine Divergenz - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung - dargelegt werden könnte, wäre ein zugelassener Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage, Zulassungsgründe insoweit ordnungsgemäß darzulegen. Die grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt. Hieran fehlt es vorliegend. In einem Revisionsverfahren wäre es dem Revisionsgericht angesichts der Unzulässigkeit der Berufung und damit dem zutreffenden Erlass eines Prozessurteils verwehrt, über die aufgeworfenen Fragen zu entscheiden.

10

Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

11

Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. April 2011 abgeändert.

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für das Berufungs- und das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage.

2

Nachdem das Sozialgericht Hildesheim (SG) mit Beschluss vom 19.6.2009 die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen hatte, beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1.7.2009 beim beklagten Land, die Gebühren für ihre Tätigkeit im Erinnerungsverfahren auf 124,95 Euro festzusetzen. Dieses teilte daraufhin mit Schreiben vom 4.8.2009 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass es nicht bereit sei, Gebühren für das Erinnerungsverfahren zu erstatten. Das SG habe mit Beschluss vom 19.6.2009 entschieden, dass im Erinnerungsverfahren keine Kostenentscheidung ergehe und insofern auch kein Kostenerstattungsanspruch bestehe. Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten am 13.8.2009 Widerspruch ein.

3

Nachdem der Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 19.8.2009 und 3.12.2009 die Auffassung geäußert hatte, bei dem Schreiben vom 4.8.2009 habe es sich nicht um einen Bescheid, sondern nur um eine Mitteilung gehandelt, sodass der Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht in Betracht komme, erhoben die Prozessbevollmächtigten am 11.12.2009 (Untätigkeits-)Klage zum SG mit dem Ziel, den Beklagten zur Bescheidung des Widerspruchs zu verpflichten. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2010 der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch zu bescheiden. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) mit Urteil vom 11.4.2011 die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die (Untätigkeits-)Klage abgewiesen, weil diese unzulässig sei.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, die sie mit grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),dem Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)begründet. Das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des beklagten Landes als unzulässig verwerfen müssen.

5

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist unter Verstoß gegen Verfahrensrecht ergangen. Das LSG hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen. Der von der Klägerin schlüssig gerügte Verfahrensmangel führt entsprechend § 160a Abs 5 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Abänderung des Urteils des LSG und zur Verwerfung der Berufung des Beklagten.

6

Die Klägerin hat den als Zulassungsgrund geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG)formgerecht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)gerügt. Mit ihrer Rüge, das LSG hätte im Hinblick auf den Gegenstandswert des Verfahrens die Berufung des Beklagten als unzulässig verwerfen müssen, macht die Klägerin sinngemäß geltend, dass statt der Entscheidung in der Sache ein Prozessurteil hätte ergehen müssen. Damit hat sie einen Verfahrensmangel bezeichnet (vgl BSGE 34, 236, 237 = SozR Nr 57 zu § 51 SGG; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 16; BSG SozR 4-1750 § 174 Nr 1 RdNr 4).

7

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt auch vor, denn das LSG hat zu Unrecht in der Sache entschieden. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 13.12.2010 war nicht zulässig, sie hätte gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung bedurft.

8

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG(in der hier anwendbaren Fassung des Art 1 Nr 24 Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 - BGBl I 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt.

9

Verschiedene Senate der Landessozialgerichte (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 8.11.2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - RdNr 2; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.9.2009 - L 5 AS 925/09 NZB - RdNr 8; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.9.2010 - L 10 AS 886/10 - RdNr 23, 27; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.11.2010 - L 7 SO 2708/10 - RdNr 15) sind zwar der Auffassung, dass die Wertgrenze des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG nicht für Untätigkeitsklagen gelte, weil mit diesen nur der Erlass eines beantragten, aber bisher nicht ergangenen Verwaltungsakts oder die Bescheidung eines Widerspruchs begehrt werden könne; eine Untätigkeitsklage sei demnach nicht auf eine Geld- oder Sachleistung gerichtet. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass der Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG zwei Alternativen enthält, zum einen Klagen, "die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung" betreffen (1. Alt), zum anderen Klagen, die "einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt" betreffen (2. Alt).

10

Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, denn diese sind entweder auf die Vornahme eines beantragten, aber ohne zureichenden Grund innerhalb von sechs Monaten nicht erlassenen Verwaltungsakts gerichtet (§ 88 Abs 1 SGG), oder sie haben den Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Gegenstand, wenn ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist (§ 88 Abs 2 SGG). Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung.

11

Diese sich aus dem Wortlaut des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Alt SGG ergebende Auslegung wird auch vom Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.1.1993 (BGBl I 50) eingeführten Regelung gestützt. Danach sollen die Berufungsgerichte von vermögensrechtlichen Streitsachen von geringem Wert (sog Bagatellfälle) entlastet werden (vgl BT-Drucks 12/1217, S 52, 71; BT-Drucks 16/7716, S 21; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 16 S 45; BSG SozR 3-2500 § 81 Nr 8 S 40). Die gewählte Klageart ist mithin für die Anwendung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedeutungslos(so bereits Kummer, NZS 1993, 285, 288; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 144 RdNr 8). Entscheidend ist, dass die Berufung einen Rechtsstreit von geringem Wert betrifft. Demnach kann auch eine Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unterliegen, etwa wenn die Untätigkeit der Verwaltung darin besteht, dass sie über einen geltend gemachten Leistungsanspruch von geringem Wert nicht entscheidet oder einen Widerspruch, der einen sog Bagatellfall betrifft, nicht bescheidet(im Ergebnis ebenso LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 5.9.2008 - L 1 KR 13/08 NZB - RdNr 11; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 29.4.2010 - L 12 AL 5449/09 - Breith 2010, 877, 879 = NZS 2011, 77, 78). So liegt der Fall hier.

12

Die Klägerin hat, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 4.8.2009 mitgeteilt hatte, es bestehe kein Kostenerstattungsanspruch (in Höhe der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachten 124,95 Euro), Widerspruch eingelegt und, nachdem dieser nach Ablauf von drei Monaten nicht beschieden worden war, Untätigkeitsklage nach § 88 Abs 2 SGG erhoben. Die Berufung des Beklagten gegen den der Untätigkeitsklage stattgebenden Gerichtsbescheid hätte mithin im Hinblick auf den Rechtsmittelstreitwert von 124,95 Euro nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung im Gerichtsbescheid des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG bedurft. Eine solche Zulassung liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides zu entnehmen. Das SG hat dem Gerichtsbescheid lediglich die bei zulässiger Berufung übliche Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Diese genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung (vgl etwa BSGE 5, 92, 95; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3 S 13). Das LSG hätte deshalb die Berufung des Beklagten nach § 158 SGG als unzulässig verwerfen müssen. Zugleich hätte es diesen darauf hinweisen können, dass innerhalb der noch offenen Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde(§ 145 SGG) eingelegt werden kann.

13

Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen. Der Senat macht im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falles von dieser Möglichkeit insoweit Gebrauch, als er das in der Sache entscheidende Urteil des LSG abändert. Von einer Zurückverweisung sieht er deshalb ab, weil das LSG - wie ausgeführt - die Berufung nur als unzulässig verwerfen könnte. Unter diesen Umständen kann der Senat die gebotene Entscheidung auch selbst treffen (zum ausnahmsweise zulässigen Durchentscheiden bei unzulässiger Klage: BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 22 f; BSG Beschluss vom 30.11.2006 - B 9a VJ 7/05 B - RdNr 18).

14

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis gerichtete Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 als unzulässig verworfen wird.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Verfahren über eine Untätigkeitsklage durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist.

2

Der Kläger - seinerzeit bereits vertreten durch seinen noch heute prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt - wandte sich mit Widersprüchen gegen zwei Bescheide der beklagten Krankenkasse, mit denen diese seine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt und das Ruhen seines Leistungsanspruchs festgestellt hatte. Die Beklagte half den Widersprüchen ab, woraufhin der Prozessbevollmächtigte um "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X, Anerkennung des Erstattungsanspruchs und Kostenfestsetzung" iHv 499,80 Euro bat(Kostennote vom 12.10.2010). Die Beklagte lehnte zunächst eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 14.10.2010). Auf den auch hiergegen erhobenen Widerspruch nahm sie - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch den Kläger - ihre die Kostenübernahme ablehnende Entscheidung zurück; die mit der Kostennote geltend gemachte Rechtsanwaltsvergütung werde auf ein Konto des Prozessbevollmächtigten angewiesen (Abhilfebescheid vom 31.5.2011).

3

Die Beklagte hat dem SG Hamburg mitgeteilt, dass dem Widerspruch mittlerweile abgeholfen worden sei und das Klageverfahren damit seine Erledigung gefunden haben dürfte (Schriftsatz vom 31.5.2011). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin erklärt, das Anerkenntnis werde angenommen, und zugleich gebeten, seine Erklärung "nicht in eine sonstige Erledigterklärung umzudeuten" (Schriftsatz vom 18.4.2012). Das SG hat die Beteiligten zunächst darauf hingewiesen, dass der Kläger eine prozessbeendende Erklärung abgegeben habe, und auf Antrag des Klägers, den Rechtsstreit fortzusetzen, festgestellt, dass das Verfahren durch die Prozesserklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.4.2011 beendet sei. Ob eine Erledigungserklärung oder Annahme eines Anerkenntnisses vorliege, sei in dem beendeten Verfahren nicht mehr zu klären (Gerichtsbescheid vom 2.7.2015). Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis, hilfsweise, dass es gar nicht beendet sei. Daraufhin hat das LSG Hamburg den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und festgestellt, dass das Verfahren nicht beendet sei; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Berufung sei zulässig, aber lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Während die Beklagte kein Anerkenntnis abgegeben habe, auch nicht konkludent, habe der Kläger keine Erledigungserklärung abgegeben, sondern ausdrücklich nur die Annahme eines - vermeintlichen - Anerkenntnisses erklärt (Urteil vom 18.12.2015).

4

Der Kläger rügt mit seiner gegen die Abweisung des Hauptantrags gerichteten Revision die Verletzung des § 101 Abs 2 SGG. Er habe das von der Beklagten konkludent abgegebene Anerkenntnis angenommen. Die Berufung sei auch zulässig eingelegt worden. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei allein die Erledigungsfeststellung gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 aufzuheben sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 abzuändern und festzustellen, dass das Verfahren S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis beendet ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Die Berufung ist im Hauptantrag im Ergebnis zu Recht ohne Erfolg geblieben. Soweit das LSG der Berufung im Hilfsantrag stattgegeben und unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG festgestellt hat, dass der Rechtsstreit nicht erledigt sei, ist das Urteil nicht mit der Revision angegriffen worden und daher nicht vom Senat zu überprüfen.

9

Das LSG hätte die Berufung des Klägers im Hauptantrag allerdings bereits als unzulässig verwerfen müssen (§ 158 S 1 SGG), weil sie nicht statthaft war. Dieser Verfahrensfehler ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 20.5.2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 6). Die insoweit vom Senat vorgenommene Klarstellung des LSG-Urteils - Verwerfung statt Zurückweisung der Berufung im Hauptantrag - verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, weil der Kläger hierdurch nicht zusätzlich beschwert wird (vgl BSG Urteil vom 31.7.1985 - 2 RU 51/84 - Juris RdNr 10 f mwN). Sowohl bei der Verwerfung als auch bei der Zurückweisung der Berufung bleibt es, auch was die Reichweite der Rechtskraft angeht, bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG war mangels Zulassung nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, und die Berufung - wie hier - weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft(§ 144 Abs 1 S 2 SGG). Diese Berufungsbeschränkung ist im vorliegenden Fall zu beachten (dazu a). Auch überstieg der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht (dazu b) und weder das SG noch das LSG haben die Berufung zugelassen (dazu c).

11

a) Gegenstand der Berufung im Hauptantrag war eine Klage, die einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betraf. Der Begriff der Geldleistung iS des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist nicht auf Sozialleistungen gemäß § 11 S 1 SGB I beschränkt(Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 144 RdNr 13). Er umfasst auch die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 9).

12

Die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist auch auf Berufungen anzuwenden, die sich gegen die Feststellung eines SG wenden, ein Verfahren sei erledigt(so auch Bienert, NZS 2017, 727, 729 mwN). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass in diesen Fällen allein die Frage, ob der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht aber der streitige Anspruch in der Sache selbst Gegenstand des Berufungsverfahrens wäre (so aber Groth in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap VIII RdNr 8a mwN). Unabhängig davon, ob diese Einschätzung zutrifft (aA etwa LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.10.2015 - L 6 AS 432/14 - Juris RdNr 19), kommt es hierauf für die Anwendbarkeit des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht an. Bei einem Verfahren, das mit dem Ziel fortgesetzt wird, die (Nicht-)Erledigung der zunächst erhobenen Klage feststellen zu lassen, ist vielmehr auf diese ursprüngliche Klage abzustellen. Andernfalls hinge der Gegenstandswert von der Entscheidung des SG über das Feststellungsbegehren ab: Stellte dieses die Erledigung des Verfahrens fest, wäre nach der Gegenansicht die Berufung ohne Zulassung statthaft. Würde es das Verfahren als nicht erledigt ansehen und daher über den Anspruch in der Sache entscheiden, hinge die Statthaftigkeit der Berufung dagegen vom Gegenstandswert der Klage ab. Entscheidend ist vielmehr das ursprüngliche Klageziel. Nichts anderes gilt, wenn eine Klage als unzulässig abgewiesen wird. Weshalb für die Feststellung, dass ein Verfahren erledigt sei, andere Maßstäbe gelten sollen als für sonstige Prozessurteile (zur Einordnung der Erledigungsfeststellung als Prozessurteil s BGH Urteil vom 15.1.1985 - X ZR 16/83 - Juris RdNr 13), ist nicht ersichtlich. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet keine andere Auslegung.

13

Unschädlich ist ferner, dass das hier fortgesetzte Verfahren ursprünglich eine Untätigkeitsklage zum Gegenstand hatte. Auch Untätigkeitsklagen werden von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG erfasst, weil sie entweder auf die Vornahme eines beantragten Verwaltungsaktes(§ 88 Abs 1 SGG) oder den Erlass eines Widerspruchsbescheids (§ 88 Abs 2 SGG)gerichtet sind. Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 10 f).

14

b) Der Wert des Beschwerdegegenstands entspricht der mit der Kostennote vom 12.10.2010 angesetzten Vergütungsforderung über insgesamt 499,80 Euro und übersteigt damit nicht 750 Euro. Bei einer Untätigkeitsklage ist auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12). Da sie vorliegend auf Bescheidung des gegen den Bescheid vom 14.10.2010 erhobenen Widerspruchs gerichtet war, mit dem die Beklagte die Erstattung von Kosten über 499,80 Euro abgelehnt hatte, ist dieser Betrag maßgebend. Dass hinter dem Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens erkennbar das Interesse steht, eine Terminsgebühr bei Erledigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis (Nr 3106 Ziff 3 VV RVG) zu erzielen, ist ohne Belang. Die Kosten eines laufenden Verfahrens sind bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 15a). Dies war hier der Fall, weil mit der Fortsetzung des Untätigkeitsklageverfahrens dessen Rechtshängigkeit wieder auflebte (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 94 RdNr 4b). Ein anwaltliches Vergütungsinteresse zugrunde zu legen verbietet sich regelmäßig auch deshalb, weil andernfalls die Bestimmung des Gegenstandswerts davon abhinge, ob der jeweilige Beteiligte anwaltlich vertreten ist oder nicht.

15

Bei dem Wert von 499,80 Euro bleibt es, obwohl die Berufung einen Haupt- und einen Hilfsantrag umfasste. Eine Addition der Streitwerte von Hauptantrag einerseits und Hilfsantrag andererseits scheidet aus, weil beide Anträge auf dasselbe Interesse, die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits allein durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG, gerichtet waren, sie also keinen jeweils eigenständigen Wert haben, sondern vielmehr zwischen beiden eine wirtschaftliche Identität besteht(vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 18; Cantzler in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 7 RdNr 49; jeweils mwN). Dass der Kläger mit seinem Berufungshauptantrag nicht nur die Feststellung begehrte, dass, sondern auch wie das Verfahren seine Erledigung gefunden habe, veranlasst nicht zu einer anderen Beurteilung. Entscheidend sind allein die mit dem Streitgegenstand unmittelbar verknüpften Interessen. Das anwaltliche Vergütungsinteresse zu berücksichtigen verbietet sich aus den oben dargelegten Gründen auch hier. Unerheblich ist schließlich, dass aus einem angenommenen Anerkenntnis vollstreckt werden könnte (§ 199 Abs 1 Nr 3 Alt 1 SGG), während im Fall einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung das Verfahren ohne Vollstreckungstitel endet. Maßgeblich ist nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG allein, ob die Klage eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft. Die gewählte Klageart (dazu BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 11; BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - BSGE 42, 212, 213 = SozR 1500 § 144 Nr 5 S 13; jeweils mwN) und damit auch die Frage, ob am Ende eines Klageverfahrens überhaupt ein Vollstreckungstitel stehen kann, ist für die Anwendung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG unerheblich.

16

Ohne Bedeutung ist ferner, dass der Kläger mit seiner Kostennote vom 12.10.2010 nicht nur um Kostenfestsetzung, sondern auch um eine "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X" gebeten hatte. Kostengrundentscheidung und Kostenfestsetzung sind auf dasselbe wirtschaftliche Ziel, die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs aus § 63 Abs 1 S 1 SGB X, gerichtet(so auch BVerwG Urteil vom 16.12.1988 - 7 C 93.86 - Juris RdNr 12). Die damit auch insoweit bestehende wirtschaftliche Identität steht wiederum einer Erhöhung des Gegenstandswerts entgegen. Dass im Rahmen einer Entscheidung über die Zulässigkeit der eine Kostengrundentscheidung nach § 63 Abs 1 SGB X betreffenden Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden, sondern grundsätzlich von den Höchstgebühren auszugehen ist(vgl BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 ff = SozR 4-1300 § 63 Nr 23, RdNr 11), führt zu keiner anderen Beurteilung. Legt der Kostenerstattungsberechtigte - wie hier - mit dem Antrag auf Kostengrundentscheidung bereits eine Kostennote vor, aus der sich die Gebührenforderung seines verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts ergibt, werden die Kostenerstattungsforderung und damit der Berufungsstreitwert fixiert. Hat ein Rechtsanwalt bei der Berechnung von Rahmengebühren sein ihm eingeräumtes Ermessen ausgeübt, ist er daran gebunden (OLG Düsseldorf vom 24.6.2008 - I-24 U 204/07 - Juris RdNr 15; Onderka/Schneider in AnwK-RVG, 8. Aufl 2017, § 14 RdNr 93). Rahmengebühren sind auch in den der Kostennote des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.10.2010 zugrundeliegenden Widerspruchsverfahren angefallen (§ 3 Abs 2 RVG) und mit der Kostennote gefordert worden.

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c) Die nach alledem zulassungsbedürftige Berufung haben weder das SG noch das LSG zugelassen. Dass das SG den Kläger in seinem Gerichtsbescheid unzutreffend dahingehend belehrt hat, die Berufung sei statthaft, ist in Ermangelung weitergehender Anhaltspunkte nicht als gleichsam konkludente Zulassung der Berufung zu werten (BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12 mwN). Ebenso wenig ist eine Zulassung der Berufung darin zu sehen, dass das LSG in der Sache über sie befunden hat. Für eine Zulassung des Rechtsmittels fehlt dem LSG im Berufungsverfahren die Entscheidungsmacht (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG Urteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 19/01 R - Juris RdNr 19). Das LSG darf über die Zulassung der Berufung nur auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin und durch Beschluss (§ 145 Abs 4 S 1 SGG) entscheiden.

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2. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nicht von einer Erledigung des Rechtsstreits durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG auszugehen sein dürfte. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob überhaupt die gerichtliche Feststellung der Erledigung eines Verfahrens gerade durch ein bestimmtes Erledigungsereignis begehrt werden kann (vgl BSG Beschluss vom 27.2.2014 - B 5 RE 3/14 B - BeckRS 2014, 67167 RdNr 8). Eventuelle kosten- oder vollstreckungsrechtliche Folgefragen dürften sich im Rahmen der insoweit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe klären lassen. Abgesehen davon ordnet § 88 Abs 1 S 3 SGG als Sonderregelung für den Fall einer Untätigkeitsklage (so auch Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 101 RdNr 21; Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 101 RdNr 28; Roller in HK-SGG, 5. Aufl 2017, § 101 RdNr 32; aus der Rspr vgl etwa LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 5.2.2016 - L 19 AS 1130/15 B - Juris RdNr 28; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 2.9.2015 - L 32 AS 456/15 B - Juris RdNr 38 ff; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 7.1.2015 - L 12 SO 302/14 B - Juris RdNr 7; Sächsisches LSG Beschluss vom 18.10.2013 - L 8 AS 1254/12 B KO - Juris RdNr 25; Thüringer LSG Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - Juris RdNr 32; aA Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl 2015, § 3 RdNr 59; Hessisches LSG Beschluss vom 28.11.2016 - L 2 AS 184/16 B - Juris RdNr 21) an, dass bei fristgerechter Stattgabe des Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsakts die Hauptsache für erledigt zu erklären ist.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Mai 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, den Widerspruch der Klägerin vom 11. September 2010 zu bescheiden.

Der Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Beklagte wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Bescheidung eines Widerspruches.
Mit Bescheid vom 13. August 2008 bewilligte der Beklagte der am … 1944 geborenen Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 31. August 2009. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2009 zurück. Im dagegen angestrengten, noch anhängigen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg ( S 4 SO 629/09) macht die Klägerin nach Annahme eines Teilanerkenntnisses hinsichtlich der Nebenkosten für den Kabelanschluss noch die Übernahme der tatsächlichen und nicht der vom Beklagten als angemessen erachteten Grundmiete sowie der vollständigen Betreuungspauschale im Rahmen des betreuten Seniorenwohnens geltend.
Auf ihren Weiterbewilligungsantrag bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. August 2009 Leistungen der Grundsicherung auch für den Folgezeitraum vom 1. September 2009 bis 31. August 2010. Mit dem am 11. September 2009 per Fax beim Beklagten eingegangenen Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die vorgenommene Einkommensanrechnung und machte wiederum die Übernahme der Miete und der Betreuungspauschale in vollständiger Höhe geltend. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 verwies der Beklagte gegenüber dem Bevollmächtigten der Klägerin hinsichtlich der Punkte Miete und Betreuungsentgelt auf das bereits anhängige Klageverfahren; im Falle eines Obsiegens der Klägerin werde der Beklagte auch den nun mit Widerspruch angefochtenen Bescheid aufheben und entsprechend der gerichtlichen Entscheidung korrigieren. Unter Hinweis auf die nicht absehbare Dauer des sozialgerichtlichen Verfahrens bat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. November 2009 um baldige Entscheidung über den Widerspruch.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 berücksichtigte der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. August 2009 monatliche Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die Kabelanschlussgebühren von EUR 5.-. Ein Widerspruchsbescheid erging nicht.
Am 30. Dezember 2009 hat die Klägerin Untätigkeitsklage beim SG erhoben, auf die das SG den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2010 verurteilte, den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 11. August 2009 innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung zu bescheiden.
Am 7. Juni 2010 hat der Beklagte hiergegen Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zu deren Begründung ausgeführt, entgegen der noch im sozialgerichtlichen Verfahren vertretenen Auffassung sei der Bewilligungsbescheid über den Folgezeitraum zwar nicht kraft Gesetzes Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden. Die Untätigkeitsklage sei bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, da der Klägerin mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 die Korrektur auch des Bescheides vom 11. August 2009 im Falle eines Obsiegens der Klägerin im Verfahren S 4 SO 629/09 verbindlich zugesichert worden sei. Die Bescheidung des Widerspruches vom 11. September 2009 erbrächte der Klägerin mithin keinerlei eigenen Vorteil; die Gebühreninteressen ihres Bevollmächtigten könnten nicht als eigene Interessen der Klägerin gewertet werden. Andererseits werde er durch die Vermehrung von Gerichtsverfahren, denen im Kern derselbe Streitpunkt zugrunde liege, einer vielfachen Kostenbelastung ausgesetzt. Dieser könne er nicht ausweichen, weil der Gesetzgeber den Grundsicherungsträger zwinge, Leistungen jeweils (nur) auf ein Jahr zu bewilligen, so dass eigenständige Gerichtsverfahren über Folgezeiträume bei konsequentem Festhalten an der jeweiligen Rechtsauffassung unvermeidlich seien. Schließlich könne die Klägerin ihre Interessen auch in einem Zugunstenverfahren nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) wahren, weshalb sowohl der Klage als auch bereits dem Widerspruch das Rechtsschutzbedürfnis fehle.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und hat ergänzend ausgeführt, der Beklagte könne auch durch eine Zusicherung nach § 34 SGB X nicht ihr Widerspruchsrecht ausschließen. Ein gerichtliches Verfahren könne sich über Jahre hinziehen, ohne dass sichergestellt werden kann, dass die gerichtliche Entscheidung tatsächlich präjudiziell für den Folgezeitraum werde, der Änderungen unterliegen könne, z.B. hinsichtlich einer neuen Mietobergrenze.
12 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des Senats, des SG und des Beklagten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, insbesondere auch statthaft. Sie unterliegt nicht der Beschwerdewert bezogenen Zulässigkeitsbegrenzung des § 144 Abs. 1 SGG.
15 
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nach Abs. 1 Satz 2 nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen die der Untätigkeitsklage der Klägerin stattgebende Entscheidung des SG, in dem dieser zum Erlass eines Widerspruchsbescheides verpflichtet worden war. Wie sich aus dem Wortlaut des § 131 Abs. 3 SGG ergibt, ist Gegenstand der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG nur die Bescheidung des Antrags (§ 88 Abs. 1 SGG) bzw. des Widerspruches (Abs. 2), also die Erteilung eines Bescheides, nicht der materielle (Leistungs-)Anspruch, auf den sich der Antrag oder Widerspruch bezieht (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts , vgl. SozR 3-1500 § 88 Nr. 2; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 88 Rdnr. 2; Hk-SGG, 3. Aufl., § 88 Rdnr. 4). Eine unmittelbare Klage auf Leistung oder den Erlass eines Verwaltungsaktes mit bestimmtem Inhalt ist im Gegensatz zu den Parallelvorschriften des § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung oder des § 46 der Finanzgerichtsordnung ausgeschlossen. Im Rahmen des § 144 Abs. 1 SGG kann somit nicht auf den materiellen Anspruch abgestellt werden, da dieser nicht Streitgegenstand der Untätigkeitsklage ist (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. November 2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - ; a.A. LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 2010, 877). Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass auf diese Weise gegen die Wertung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG Bagatellstreitigkeiten an das Berufungsgericht gelangen. Denn § 88 SGG geht über den Schutz eines materiellen Anspruches hinaus, sichert den Bürger davor, durch bloßes Untätigbleiben der Verwaltung in seinen Rechten verletzt zu werden und eröffnet auf diese Weise erst dessen Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung (ggf. allein durch ein erstinstanzliches Gericht). Schutzgut des § 88 SGG ist somit auch die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Der Erlass eines Verwaltungsaktes ist auch nicht als „Dienstleistung“ i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG anzusehen. Bereits der Wortlaut (Klage, die eine … Dienstleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft“) zeigt, dass der Erlass eines Verwaltungsakts gerade nicht die Dienstleistung selbst darstellt. Nicht dieser Beschränkung der Berufung unterfallen, wie bereits nach dem bis zum 31. März 2008 geltenden Recht, Dienstleistungen, die in keiner Hinsicht unter einen Sachleistungsbegriff fallen können, wie gerade der Erlass eines Widerspruchsbescheides im Rahmen des § 88 Abs. 2 SGG. Die Erweiterung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG um den Begriff der Dienstleistung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) zum 1. April 2008 sollte nach gesetzgeberischer Wertung nur klarstellen, dass solche Leistungen bereits nach altem Recht von der Ratio der Norm erfasst seien (BT-Drucks. 16/7716 S. 21 zu Nr. 24). Somit geben die Materialien zur Neuregelung keinen Anhalt zur Annahme, dass nunmehr auch solches nicht als Sachleistung im weiteren Sinne zu verstehendes Verwaltungshandeln der Beschränkung unterworfen werden sollte (wie hier Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 9b; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, § 144 Rdnr. 10). Ohnehin ist das Schutzgut „Sicherung des Rechtswegs“ nicht wirtschaftlich bewertbar.
16 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht zur Bescheidung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 11. August 2009 verpflichtet. Nach § 88 Abs. 1 SGG ist die Klage, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist, nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Das Gleiche gilt nach Abs. 2, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
17 
Über den am 11. September 2009 gegen den Bescheid vom 11. August 2009 eingelegten Widerspruch hat der Beklagte bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht entschieden. Die dreimonatige Frist des § 88 Abs. 2 SGG ist somit längst verstrichen. Im Übrigen hat der Beklagte den Erlass eines Widerspruchsbescheides ausdrücklich abgelehnt, so dass die Erhebung der Untätigkeitsklage schon vor Ablauf dieser Frist zulässig gewesen wäre. Zutreffend ist das SG im Übrigen davon ausgegangen, dass der Bewilligungsbescheid vom 11. August 2009 über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII vom 1. September 2009 bis 31. August 2010 nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens S 4 SO 629/09 geworden ist, das den Bewilligungszeitraum vom 1. September 2008 bis 31. August 2009 zum Gegenstand hat. Auch wenn „im Kern“ in beiden Bewilligungszeiträumen derselbe Punkt streitig ist, findet § 96 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume keine Anwendung (so schon BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 zur Grundsicherung für Arbeitsuchende). Durch die Neuregelung des § 96 Abs. 1 SGG zum 1. April 2008 ist einer erweiterten Anwendung des § 96 SGG nach dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen ohnehin die Grundlage entzogen (BT-Drucks. 16/7716 S. 22 zu Nr. 16). Auch der Beklagte hat an seiner abweichenden Auffassung nicht mehr festgehalten. Im Übrigen hätte auch dies den Beklagten nicht berechtigt, den Widerspruch nicht zu bescheiden; vielmehr hätte er ihn, wenn die Klägerin daran festgehalten hätte, als unzulässig verwerfen müssen.
18 
Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt der erhobenen Untätigkeitsklage nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Zutreffend weist er zunächst darauf hin, dass der durch § 88 SGG abgesicherte Bescheidungsanspruch kein Selbstzweck ist. Vielmehr dient er letztlich dem Schutz des Klägers davor, durch die Untätigkeit der Verwaltung gerade in seinen materiellen Rechten verletzt zu werden. Auch wenn der materiell-rechtliche Anspruch nicht Gegenstand der Untätigkeitsklage ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf sachliche Bescheidung, wenn der beantragte Bescheid keinerlei materiell-rechtliche Wirkung für ihn haben kann (vgl. Hk-SGG, a.a.O., § 88 Rdnr. 3). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Frage, ob eine Betroffenheit und Verletzung in einem materiellen Recht vorliegt, gerade der gerichtlichen Beurteilung unterliegen muss, die die entsprechenden Verwaltungsakte darauf überprüft. Der betroffene Bürger hat daher zunächst einen grundsätzlichen Anspruch auf Bescheiderteilung, um diese gerichtliche Kontrolle zu eröffnen. Diesen Anspruch sichert die Untätigkeitsklage. Einer solchen kann daher nur dann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch offensichtlich unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ausscheidet und die Erhebung der Untätigkeitsklage sich lediglich als Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ohne eigenen Nutzen und zum Schaden für den anderen Beteiligten darstellt (Gedanke des Rechtsmissbrauchs; LSG Bremen, Beschluss vom 3. Juli 1996 - L 4 BR 39/95 - ; LSG Niedersachsen NZS 98, 448; Leitherer a.a.O., § 88 Rdnr. 4a; offengelassen BSG SozR 4-1500 § 88 Nr. 1).
19 
Eine solche Konstellation liegt aber im Falle der Klägerin nicht vor. Der hinter dem Bescheidungsgehren stehende materielle Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft, insbesondere auch unter Berücksichtigung der vertraglich geschuldeten Betreuungspauschale, ist bereits aufgrund des Wortlauts des § 29 SGB XII nicht ausgeschlossen; die grundsätzliche Leistungsberechtigung der Klägerin steht ohnehin nicht in Zweifel. Dem Begehren auf Erteilung gerade auch des ausstehenden Widerspruchsbescheides kann der Beklagte nicht entgegenhalten, ein Bedürfnis für diesen bestehe nicht, weil er der Klägerin zugesichert habe, bei Erfolg im gerichtlichen Verfahren über den vorangegangen Bewilligungszeitraum die Leistungen auch für den vom angefochtenen Bewilligungsbescheid erfassten Zeitraum entsprechend der gerichtlichen Entscheidung zu bewilligen. Der Klägerin ist durch die Einlegung des Widerspruches ein Anspruch auf Bescheidung entstanden. Das Gesetz sieht weder im SGG noch im SGB X eine Befugnis der Verwaltung vor, ein Widerspruchsverfahren von sich aus auszusetzen oder ohne Einverständnis des Widerspruchsführers ruhen zu lassen und ihm auf diese Weise die Möglichkeit zu nehmen, eine unmittelbare Klärung durch ein Gericht herbeizuführen. Diese Möglichkeit ist auch dann nicht vorgesehen, wenn bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, in dem es „im Kern“ um dieselben Streitpunkte geht. Vielmehr regelt § 9 Satz 2 SGB X die Vorgabe u.a. einer „zügigen“ Durchführung des Verwaltungsverfahrens, was nach § 62 SGB X auch für das Widerspruchsverfahren gilt. Lediglich in sog. Massenverfahren im Rahmen des § 85 Abs. 4 SGG spricht das Gesetz die Möglichkeit ausdrücklich an, einen Widerspruch ruhend zu stellen. Auch dort findet sich aber keinerlei Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Berechtigung der Widerspruchsbehörde annimmt, ein solches Ruhen einseitig und ohne Einverständnis des Widerspruchsführers anzuordnen (vgl. Hk-SGG, a.a.O., § 85 Rdnr. 22).
20 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann nicht angenommen werden, hinter dem Bescheidungsbegehren der Klägerin stünden keine eigenen Interessen. Die Erteilung des Widerspruchsbescheides ermöglicht ihr die unmittelbare gerichtliche Klärung auch für den Folgezeitraum. Es kann zwar im Interesse der Klägerin - und des Beklagten - liegen, weitere gerichtliche Verfahren zu vermeiden und den Streit in einem Verfahren - quasi musterhaft - klären zu lassen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass ein abweichendes Verhalten rechtsmissbräuchlich wäre. Die Klägerin muss sich nicht mit der „Zusicherung“ der Übernahme des Verfahrensergebnisses durch den Beklagten zufrieden geben, wie auch das Abwarten eines Musterverfahrens allgemein nicht als sachlicher Grund für die Nichtbescheidung angesehen wird (vgl. Leitherer, a.a.O., Rdnr. 7b). Sucht die Klägerin die unmittelbare gerichtliche Klärung auch des Folgezeitraums, wozu sie den Widerspruchsbescheid als Sachurteilsvoraussetzung benötigt, kann sie Auslegungsschwierigkeiten bei der Übertragung des gerichtlichen Urteils auf den Folgezeitraum vermeiden oder Änderungen unmittelbar - und damit - zeitnah geltend machen. Dabei geht sie selbst auch das Risiko ein, in mehreren gerichtlichen Verfahren zu unterliegen und ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu müssen. Da der Beklagte im vorliegenden Fall im Übrigen u.a. auch die Notwendigkeit der Unterkunft mit Betreuungsangebot aus gesundheitlichen Gründen verneint, ist es nicht fern liegend, dass eine von der Klägerin ggf. angenommene Veränderung im Gesundheitszustand eine wesentliche Abweichung von einem Bewilligungszeitraum zum anderen darstellt, die der Beklagte unter Umständen bei der Übertragung des Verfahrensergebnisses nicht anerkennt. Das Interesse des Beklagten, Verfahrensgebühren zu vermeiden, kann nicht zur Bewertung des klägerischen Begehrens als rechtsmissbräuchlich führen. Ohnehin ist der Grundsicherungsträger selbst gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Pauschgebühr nach § 184 SGG befreit.
21 
Fehl geht schließlich auch die Annahme des Beklagten, die „Zusicherung“ der späteren Anpassung würde sogar das Rechtsschutzbedürfnis für den Widerspruch entfallen lassen. Dieser ist aus Sicht der Klägerin schon unabdingbar notwendig, um die Bestandskraft des Bescheides zu verhindern. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Klägerin habe über § 44 SGB X die Möglichkeit einer Korrektur auch bestandskräftiger Entscheidungen. Ein solcher Vorrang des § 44 SGB X gegenüber dem Rechtsbehelf gegen die Ausgangsentscheidung widerspricht dem gesamten Rechtsschutzsystem. Im Übrigen wäre der Beklagte auch dann zur Bescheidung verpflichtet, nämlich der Verwerfung als unzulässig.
22 
Da für das Unterbleiben der Widerspruchsentscheidung auch kein sachlicher Grund vorliegt, konnte die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben. Da die vom SG gesetzte Frist zur Bescheidung bereits verstrichen ist und §§ 88, 131 Abs. 2 SGG die Möglichkeit einer Fristsetzung bei Verurteilung zur Bescheiderteilung nicht vorsehen, war der Tenor entsprechend neu zu fassen.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
24 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Zwar ist angesichts der divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen die Frage der Zulässigkeit der Berufung bei Untätigkeitsklagen nicht geklärt. Diese Frage ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Berufung im Falle ihrer Unzulässigkeit ohnehin keinen Erfolg hätte.

Gründe

 
14 
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, insbesondere auch statthaft. Sie unterliegt nicht der Beschwerdewert bezogenen Zulässigkeitsbegrenzung des § 144 Abs. 1 SGG.
15 
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nach Abs. 1 Satz 2 nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen die der Untätigkeitsklage der Klägerin stattgebende Entscheidung des SG, in dem dieser zum Erlass eines Widerspruchsbescheides verpflichtet worden war. Wie sich aus dem Wortlaut des § 131 Abs. 3 SGG ergibt, ist Gegenstand der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG nur die Bescheidung des Antrags (§ 88 Abs. 1 SGG) bzw. des Widerspruches (Abs. 2), also die Erteilung eines Bescheides, nicht der materielle (Leistungs-)Anspruch, auf den sich der Antrag oder Widerspruch bezieht (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts , vgl. SozR 3-1500 § 88 Nr. 2; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 88 Rdnr. 2; Hk-SGG, 3. Aufl., § 88 Rdnr. 4). Eine unmittelbare Klage auf Leistung oder den Erlass eines Verwaltungsaktes mit bestimmtem Inhalt ist im Gegensatz zu den Parallelvorschriften des § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung oder des § 46 der Finanzgerichtsordnung ausgeschlossen. Im Rahmen des § 144 Abs. 1 SGG kann somit nicht auf den materiellen Anspruch abgestellt werden, da dieser nicht Streitgegenstand der Untätigkeitsklage ist (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. November 2007 - L 15 B 174/07 SO NZB - ; a.A. LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 2010, 877). Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass auf diese Weise gegen die Wertung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG Bagatellstreitigkeiten an das Berufungsgericht gelangen. Denn § 88 SGG geht über den Schutz eines materiellen Anspruches hinaus, sichert den Bürger davor, durch bloßes Untätigbleiben der Verwaltung in seinen Rechten verletzt zu werden und eröffnet auf diese Weise erst dessen Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung (ggf. allein durch ein erstinstanzliches Gericht). Schutzgut des § 88 SGG ist somit auch die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Der Erlass eines Verwaltungsaktes ist auch nicht als „Dienstleistung“ i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG anzusehen. Bereits der Wortlaut (Klage, die eine … Dienstleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft“) zeigt, dass der Erlass eines Verwaltungsakts gerade nicht die Dienstleistung selbst darstellt. Nicht dieser Beschränkung der Berufung unterfallen, wie bereits nach dem bis zum 31. März 2008 geltenden Recht, Dienstleistungen, die in keiner Hinsicht unter einen Sachleistungsbegriff fallen können, wie gerade der Erlass eines Widerspruchsbescheides im Rahmen des § 88 Abs. 2 SGG. Die Erweiterung des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG um den Begriff der Dienstleistung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) zum 1. April 2008 sollte nach gesetzgeberischer Wertung nur klarstellen, dass solche Leistungen bereits nach altem Recht von der Ratio der Norm erfasst seien (BT-Drucks. 16/7716 S. 21 zu Nr. 24). Somit geben die Materialien zur Neuregelung keinen Anhalt zur Annahme, dass nunmehr auch solches nicht als Sachleistung im weiteren Sinne zu verstehendes Verwaltungshandeln der Beschränkung unterworfen werden sollte (wie hier Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 9b; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, § 144 Rdnr. 10). Ohnehin ist das Schutzgut „Sicherung des Rechtswegs“ nicht wirtschaftlich bewertbar.
16 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht zur Bescheidung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 11. August 2009 verpflichtet. Nach § 88 Abs. 1 SGG ist die Klage, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist, nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Das Gleiche gilt nach Abs. 2, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
17 
Über den am 11. September 2009 gegen den Bescheid vom 11. August 2009 eingelegten Widerspruch hat der Beklagte bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht entschieden. Die dreimonatige Frist des § 88 Abs. 2 SGG ist somit längst verstrichen. Im Übrigen hat der Beklagte den Erlass eines Widerspruchsbescheides ausdrücklich abgelehnt, so dass die Erhebung der Untätigkeitsklage schon vor Ablauf dieser Frist zulässig gewesen wäre. Zutreffend ist das SG im Übrigen davon ausgegangen, dass der Bewilligungsbescheid vom 11. August 2009 über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII vom 1. September 2009 bis 31. August 2010 nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens S 4 SO 629/09 geworden ist, das den Bewilligungszeitraum vom 1. September 2008 bis 31. August 2009 zum Gegenstand hat. Auch wenn „im Kern“ in beiden Bewilligungszeiträumen derselbe Punkt streitig ist, findet § 96 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume keine Anwendung (so schon BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 zur Grundsicherung für Arbeitsuchende). Durch die Neuregelung des § 96 Abs. 1 SGG zum 1. April 2008 ist einer erweiterten Anwendung des § 96 SGG nach dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen ohnehin die Grundlage entzogen (BT-Drucks. 16/7716 S. 22 zu Nr. 16). Auch der Beklagte hat an seiner abweichenden Auffassung nicht mehr festgehalten. Im Übrigen hätte auch dies den Beklagten nicht berechtigt, den Widerspruch nicht zu bescheiden; vielmehr hätte er ihn, wenn die Klägerin daran festgehalten hätte, als unzulässig verwerfen müssen.
18 
Entgegen der Ansicht des Beklagten fehlt der erhobenen Untätigkeitsklage nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Zutreffend weist er zunächst darauf hin, dass der durch § 88 SGG abgesicherte Bescheidungsanspruch kein Selbstzweck ist. Vielmehr dient er letztlich dem Schutz des Klägers davor, durch die Untätigkeit der Verwaltung gerade in seinen materiellen Rechten verletzt zu werden. Auch wenn der materiell-rechtliche Anspruch nicht Gegenstand der Untätigkeitsklage ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf sachliche Bescheidung, wenn der beantragte Bescheid keinerlei materiell-rechtliche Wirkung für ihn haben kann (vgl. Hk-SGG, a.a.O., § 88 Rdnr. 3). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Frage, ob eine Betroffenheit und Verletzung in einem materiellen Recht vorliegt, gerade der gerichtlichen Beurteilung unterliegen muss, die die entsprechenden Verwaltungsakte darauf überprüft. Der betroffene Bürger hat daher zunächst einen grundsätzlichen Anspruch auf Bescheiderteilung, um diese gerichtliche Kontrolle zu eröffnen. Diesen Anspruch sichert die Untätigkeitsklage. Einer solchen kann daher nur dann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch offensichtlich unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ausscheidet und die Erhebung der Untätigkeitsklage sich lediglich als Ausnutzung einer formalen Rechtsposition ohne eigenen Nutzen und zum Schaden für den anderen Beteiligten darstellt (Gedanke des Rechtsmissbrauchs; LSG Bremen, Beschluss vom 3. Juli 1996 - L 4 BR 39/95 - ; LSG Niedersachsen NZS 98, 448; Leitherer a.a.O., § 88 Rdnr. 4a; offengelassen BSG SozR 4-1500 § 88 Nr. 1).
19 
Eine solche Konstellation liegt aber im Falle der Klägerin nicht vor. Der hinter dem Bescheidungsgehren stehende materielle Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft, insbesondere auch unter Berücksichtigung der vertraglich geschuldeten Betreuungspauschale, ist bereits aufgrund des Wortlauts des § 29 SGB XII nicht ausgeschlossen; die grundsätzliche Leistungsberechtigung der Klägerin steht ohnehin nicht in Zweifel. Dem Begehren auf Erteilung gerade auch des ausstehenden Widerspruchsbescheides kann der Beklagte nicht entgegenhalten, ein Bedürfnis für diesen bestehe nicht, weil er der Klägerin zugesichert habe, bei Erfolg im gerichtlichen Verfahren über den vorangegangen Bewilligungszeitraum die Leistungen auch für den vom angefochtenen Bewilligungsbescheid erfassten Zeitraum entsprechend der gerichtlichen Entscheidung zu bewilligen. Der Klägerin ist durch die Einlegung des Widerspruches ein Anspruch auf Bescheidung entstanden. Das Gesetz sieht weder im SGG noch im SGB X eine Befugnis der Verwaltung vor, ein Widerspruchsverfahren von sich aus auszusetzen oder ohne Einverständnis des Widerspruchsführers ruhen zu lassen und ihm auf diese Weise die Möglichkeit zu nehmen, eine unmittelbare Klärung durch ein Gericht herbeizuführen. Diese Möglichkeit ist auch dann nicht vorgesehen, wenn bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, in dem es „im Kern“ um dieselben Streitpunkte geht. Vielmehr regelt § 9 Satz 2 SGB X die Vorgabe u.a. einer „zügigen“ Durchführung des Verwaltungsverfahrens, was nach § 62 SGB X auch für das Widerspruchsverfahren gilt. Lediglich in sog. Massenverfahren im Rahmen des § 85 Abs. 4 SGG spricht das Gesetz die Möglichkeit ausdrücklich an, einen Widerspruch ruhend zu stellen. Auch dort findet sich aber keinerlei Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Berechtigung der Widerspruchsbehörde annimmt, ein solches Ruhen einseitig und ohne Einverständnis des Widerspruchsführers anzuordnen (vgl. Hk-SGG, a.a.O., § 85 Rdnr. 22).
20 
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann nicht angenommen werden, hinter dem Bescheidungsbegehren der Klägerin stünden keine eigenen Interessen. Die Erteilung des Widerspruchsbescheides ermöglicht ihr die unmittelbare gerichtliche Klärung auch für den Folgezeitraum. Es kann zwar im Interesse der Klägerin - und des Beklagten - liegen, weitere gerichtliche Verfahren zu vermeiden und den Streit in einem Verfahren - quasi musterhaft - klären zu lassen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass ein abweichendes Verhalten rechtsmissbräuchlich wäre. Die Klägerin muss sich nicht mit der „Zusicherung“ der Übernahme des Verfahrensergebnisses durch den Beklagten zufrieden geben, wie auch das Abwarten eines Musterverfahrens allgemein nicht als sachlicher Grund für die Nichtbescheidung angesehen wird (vgl. Leitherer, a.a.O., Rdnr. 7b). Sucht die Klägerin die unmittelbare gerichtliche Klärung auch des Folgezeitraums, wozu sie den Widerspruchsbescheid als Sachurteilsvoraussetzung benötigt, kann sie Auslegungsschwierigkeiten bei der Übertragung des gerichtlichen Urteils auf den Folgezeitraum vermeiden oder Änderungen unmittelbar - und damit - zeitnah geltend machen. Dabei geht sie selbst auch das Risiko ein, in mehreren gerichtlichen Verfahren zu unterliegen und ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu müssen. Da der Beklagte im vorliegenden Fall im Übrigen u.a. auch die Notwendigkeit der Unterkunft mit Betreuungsangebot aus gesundheitlichen Gründen verneint, ist es nicht fern liegend, dass eine von der Klägerin ggf. angenommene Veränderung im Gesundheitszustand eine wesentliche Abweichung von einem Bewilligungszeitraum zum anderen darstellt, die der Beklagte unter Umständen bei der Übertragung des Verfahrensergebnisses nicht anerkennt. Das Interesse des Beklagten, Verfahrensgebühren zu vermeiden, kann nicht zur Bewertung des klägerischen Begehrens als rechtsmissbräuchlich führen. Ohnehin ist der Grundsicherungsträger selbst gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der Pauschgebühr nach § 184 SGG befreit.
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Fehl geht schließlich auch die Annahme des Beklagten, die „Zusicherung“ der späteren Anpassung würde sogar das Rechtsschutzbedürfnis für den Widerspruch entfallen lassen. Dieser ist aus Sicht der Klägerin schon unabdingbar notwendig, um die Bestandskraft des Bescheides zu verhindern. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Klägerin habe über § 44 SGB X die Möglichkeit einer Korrektur auch bestandskräftiger Entscheidungen. Ein solcher Vorrang des § 44 SGB X gegenüber dem Rechtsbehelf gegen die Ausgangsentscheidung widerspricht dem gesamten Rechtsschutzsystem. Im Übrigen wäre der Beklagte auch dann zur Bescheidung verpflichtet, nämlich der Verwerfung als unzulässig.
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Da für das Unterbleiben der Widerspruchsentscheidung auch kein sachlicher Grund vorliegt, konnte die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben. Da die vom SG gesetzte Frist zur Bescheidung bereits verstrichen ist und §§ 88, 131 Abs. 2 SGG die Möglichkeit einer Fristsetzung bei Verurteilung zur Bescheiderteilung nicht vorsehen, war der Tenor entsprechend neu zu fassen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
24 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Zwar ist angesichts der divergierenden obergerichtlichen Entscheidungen die Frage der Zulässigkeit der Berufung bei Untätigkeitsklagen nicht geklärt. Diese Frage ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da die Berufung im Falle ihrer Unzulässigkeit ohnehin keinen Erfolg hätte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis gerichtete Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 als unzulässig verworfen wird.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Verfahren über eine Untätigkeitsklage durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist.

2

Der Kläger - seinerzeit bereits vertreten durch seinen noch heute prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt - wandte sich mit Widersprüchen gegen zwei Bescheide der beklagten Krankenkasse, mit denen diese seine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt und das Ruhen seines Leistungsanspruchs festgestellt hatte. Die Beklagte half den Widersprüchen ab, woraufhin der Prozessbevollmächtigte um "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X, Anerkennung des Erstattungsanspruchs und Kostenfestsetzung" iHv 499,80 Euro bat(Kostennote vom 12.10.2010). Die Beklagte lehnte zunächst eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 14.10.2010). Auf den auch hiergegen erhobenen Widerspruch nahm sie - nach Erhebung einer Untätigkeitsklage durch den Kläger - ihre die Kostenübernahme ablehnende Entscheidung zurück; die mit der Kostennote geltend gemachte Rechtsanwaltsvergütung werde auf ein Konto des Prozessbevollmächtigten angewiesen (Abhilfebescheid vom 31.5.2011).

3

Die Beklagte hat dem SG Hamburg mitgeteilt, dass dem Widerspruch mittlerweile abgeholfen worden sei und das Klageverfahren damit seine Erledigung gefunden haben dürfte (Schriftsatz vom 31.5.2011). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin erklärt, das Anerkenntnis werde angenommen, und zugleich gebeten, seine Erklärung "nicht in eine sonstige Erledigterklärung umzudeuten" (Schriftsatz vom 18.4.2012). Das SG hat die Beteiligten zunächst darauf hingewiesen, dass der Kläger eine prozessbeendende Erklärung abgegeben habe, und auf Antrag des Klägers, den Rechtsstreit fortzusetzen, festgestellt, dass das Verfahren durch die Prozesserklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.4.2011 beendet sei. Ob eine Erledigungserklärung oder Annahme eines Anerkenntnisses vorliege, sei in dem beendeten Verfahren nicht mehr zu klären (Gerichtsbescheid vom 2.7.2015). Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis, hilfsweise, dass es gar nicht beendet sei. Daraufhin hat das LSG Hamburg den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und festgestellt, dass das Verfahren nicht beendet sei; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Berufung sei zulässig, aber lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Während die Beklagte kein Anerkenntnis abgegeben habe, auch nicht konkludent, habe der Kläger keine Erledigungserklärung abgegeben, sondern ausdrücklich nur die Annahme eines - vermeintlichen - Anerkenntnisses erklärt (Urteil vom 18.12.2015).

4

Der Kläger rügt mit seiner gegen die Abweisung des Hauptantrags gerichteten Revision die Verletzung des § 101 Abs 2 SGG. Er habe das von der Beklagten konkludent abgegebene Anerkenntnis angenommen. Die Berufung sei auch zulässig eingelegt worden. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei allein die Erledigungsfeststellung gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Dezember 2015 aufzuheben sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juli 2015 abzuändern und festzustellen, dass das Verfahren S 2 KR 427/11 durch angenommenes Anerkenntnis beendet ist.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Sie tritt dem Revisionsvorbringen entgegen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 2 SGG). Die Berufung ist im Hauptantrag im Ergebnis zu Recht ohne Erfolg geblieben. Soweit das LSG der Berufung im Hilfsantrag stattgegeben und unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG festgestellt hat, dass der Rechtsstreit nicht erledigt sei, ist das Urteil nicht mit der Revision angegriffen worden und daher nicht vom Senat zu überprüfen.

9

Das LSG hätte die Berufung des Klägers im Hauptantrag allerdings bereits als unzulässig verwerfen müssen (§ 158 S 1 SGG), weil sie nicht statthaft war. Dieser Verfahrensfehler ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 20.5.2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 6). Die insoweit vom Senat vorgenommene Klarstellung des LSG-Urteils - Verwerfung statt Zurückweisung der Berufung im Hauptantrag - verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, weil der Kläger hierdurch nicht zusätzlich beschwert wird (vgl BSG Urteil vom 31.7.1985 - 2 RU 51/84 - Juris RdNr 10 f mwN). Sowohl bei der Verwerfung als auch bei der Zurückweisung der Berufung bleibt es, auch was die Reichweite der Rechtskraft angeht, bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

10

1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG war mangels Zulassung nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, und die Berufung - wie hier - weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft(§ 144 Abs 1 S 2 SGG). Diese Berufungsbeschränkung ist im vorliegenden Fall zu beachten (dazu a). Auch überstieg der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht (dazu b) und weder das SG noch das LSG haben die Berufung zugelassen (dazu c).

11

a) Gegenstand der Berufung im Hauptantrag war eine Klage, die einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betraf. Der Begriff der Geldleistung iS des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist nicht auf Sozialleistungen gemäß § 11 S 1 SGB I beschränkt(Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 144 RdNr 13). Er umfasst auch die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 9).

12

Die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG ist auch auf Berufungen anzuwenden, die sich gegen die Feststellung eines SG wenden, ein Verfahren sei erledigt(so auch Bienert, NZS 2017, 727, 729 mwN). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass in diesen Fällen allein die Frage, ob der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht aber der streitige Anspruch in der Sache selbst Gegenstand des Berufungsverfahrens wäre (so aber Groth in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap VIII RdNr 8a mwN). Unabhängig davon, ob diese Einschätzung zutrifft (aA etwa LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.10.2015 - L 6 AS 432/14 - Juris RdNr 19), kommt es hierauf für die Anwendbarkeit des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht an. Bei einem Verfahren, das mit dem Ziel fortgesetzt wird, die (Nicht-)Erledigung der zunächst erhobenen Klage feststellen zu lassen, ist vielmehr auf diese ursprüngliche Klage abzustellen. Andernfalls hinge der Gegenstandswert von der Entscheidung des SG über das Feststellungsbegehren ab: Stellte dieses die Erledigung des Verfahrens fest, wäre nach der Gegenansicht die Berufung ohne Zulassung statthaft. Würde es das Verfahren als nicht erledigt ansehen und daher über den Anspruch in der Sache entscheiden, hinge die Statthaftigkeit der Berufung dagegen vom Gegenstandswert der Klage ab. Entscheidend ist vielmehr das ursprüngliche Klageziel. Nichts anderes gilt, wenn eine Klage als unzulässig abgewiesen wird. Weshalb für die Feststellung, dass ein Verfahren erledigt sei, andere Maßstäbe gelten sollen als für sonstige Prozessurteile (zur Einordnung der Erledigungsfeststellung als Prozessurteil s BGH Urteil vom 15.1.1985 - X ZR 16/83 - Juris RdNr 13), ist nicht ersichtlich. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet keine andere Auslegung.

13

Unschädlich ist ferner, dass das hier fortgesetzte Verfahren ursprünglich eine Untätigkeitsklage zum Gegenstand hatte. Auch Untätigkeitsklagen werden von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG erfasst, weil sie entweder auf die Vornahme eines beantragten Verwaltungsaktes(§ 88 Abs 1 SGG) oder den Erlass eines Widerspruchsbescheids (§ 88 Abs 2 SGG)gerichtet sind. Betreffen die zu erlassenden Verwaltungsakte Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750 Euro nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 10 f).

14

b) Der Wert des Beschwerdegegenstands entspricht der mit der Kostennote vom 12.10.2010 angesetzten Vergütungsforderung über insgesamt 499,80 Euro und übersteigt damit nicht 750 Euro. Bei einer Untätigkeitsklage ist auf den Wert des erstrebten Verwaltungsaktes abzustellen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12). Da sie vorliegend auf Bescheidung des gegen den Bescheid vom 14.10.2010 erhobenen Widerspruchs gerichtet war, mit dem die Beklagte die Erstattung von Kosten über 499,80 Euro abgelehnt hatte, ist dieser Betrag maßgebend. Dass hinter dem Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens erkennbar das Interesse steht, eine Terminsgebühr bei Erledigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis (Nr 3106 Ziff 3 VV RVG) zu erzielen, ist ohne Belang. Die Kosten eines laufenden Verfahrens sind bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 15a). Dies war hier der Fall, weil mit der Fortsetzung des Untätigkeitsklageverfahrens dessen Rechtshängigkeit wieder auflebte (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 94 RdNr 4b). Ein anwaltliches Vergütungsinteresse zugrunde zu legen verbietet sich regelmäßig auch deshalb, weil andernfalls die Bestimmung des Gegenstandswerts davon abhinge, ob der jeweilige Beteiligte anwaltlich vertreten ist oder nicht.

15

Bei dem Wert von 499,80 Euro bleibt es, obwohl die Berufung einen Haupt- und einen Hilfsantrag umfasste. Eine Addition der Streitwerte von Hauptantrag einerseits und Hilfsantrag andererseits scheidet aus, weil beide Anträge auf dasselbe Interesse, die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits allein durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG, gerichtet waren, sie also keinen jeweils eigenständigen Wert haben, sondern vielmehr zwischen beiden eine wirtschaftliche Identität besteht(vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 144 RdNr 18; Cantzler in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 7 RdNr 49; jeweils mwN). Dass der Kläger mit seinem Berufungshauptantrag nicht nur die Feststellung begehrte, dass, sondern auch wie das Verfahren seine Erledigung gefunden habe, veranlasst nicht zu einer anderen Beurteilung. Entscheidend sind allein die mit dem Streitgegenstand unmittelbar verknüpften Interessen. Das anwaltliche Vergütungsinteresse zu berücksichtigen verbietet sich aus den oben dargelegten Gründen auch hier. Unerheblich ist schließlich, dass aus einem angenommenen Anerkenntnis vollstreckt werden könnte (§ 199 Abs 1 Nr 3 Alt 1 SGG), während im Fall einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung das Verfahren ohne Vollstreckungstitel endet. Maßgeblich ist nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG allein, ob die Klage eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft. Die gewählte Klageart (dazu BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 11; BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - BSGE 42, 212, 213 = SozR 1500 § 144 Nr 5 S 13; jeweils mwN) und damit auch die Frage, ob am Ende eines Klageverfahrens überhaupt ein Vollstreckungstitel stehen kann, ist für die Anwendung des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG unerheblich.

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Ohne Bedeutung ist ferner, dass der Kläger mit seiner Kostennote vom 12.10.2010 nicht nur um Kostenfestsetzung, sondern auch um eine "Kostenentscheidung nach § 63 SGB X" gebeten hatte. Kostengrundentscheidung und Kostenfestsetzung sind auf dasselbe wirtschaftliche Ziel, die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs aus § 63 Abs 1 S 1 SGB X, gerichtet(so auch BVerwG Urteil vom 16.12.1988 - 7 C 93.86 - Juris RdNr 12). Die damit auch insoweit bestehende wirtschaftliche Identität steht wiederum einer Erhöhung des Gegenstandswerts entgegen. Dass im Rahmen einer Entscheidung über die Zulässigkeit der eine Kostengrundentscheidung nach § 63 Abs 1 SGB X betreffenden Berufung nicht abschließend über die Berechtigung der ins Auge gefassten Gebührenforderung zu befinden, sondern grundsätzlich von den Höchstgebühren auszugehen ist(vgl BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 ff = SozR 4-1300 § 63 Nr 23, RdNr 11), führt zu keiner anderen Beurteilung. Legt der Kostenerstattungsberechtigte - wie hier - mit dem Antrag auf Kostengrundentscheidung bereits eine Kostennote vor, aus der sich die Gebührenforderung seines verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts ergibt, werden die Kostenerstattungsforderung und damit der Berufungsstreitwert fixiert. Hat ein Rechtsanwalt bei der Berechnung von Rahmengebühren sein ihm eingeräumtes Ermessen ausgeübt, ist er daran gebunden (OLG Düsseldorf vom 24.6.2008 - I-24 U 204/07 - Juris RdNr 15; Onderka/Schneider in AnwK-RVG, 8. Aufl 2017, § 14 RdNr 93). Rahmengebühren sind auch in den der Kostennote des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.10.2010 zugrundeliegenden Widerspruchsverfahren angefallen (§ 3 Abs 2 RVG) und mit der Kostennote gefordert worden.

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c) Die nach alledem zulassungsbedürftige Berufung haben weder das SG noch das LSG zugelassen. Dass das SG den Kläger in seinem Gerichtsbescheid unzutreffend dahingehend belehrt hat, die Berufung sei statthaft, ist in Ermangelung weitergehender Anhaltspunkte nicht als gleichsam konkludente Zulassung der Berufung zu werten (BSG Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 7 RdNr 12 mwN). Ebenso wenig ist eine Zulassung der Berufung darin zu sehen, dass das LSG in der Sache über sie befunden hat. Für eine Zulassung des Rechtsmittels fehlt dem LSG im Berufungsverfahren die Entscheidungsmacht (BSG Urteil vom 19.11.1996 - 1 RK 18/95 - SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5; BSG Urteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 19/01 R - Juris RdNr 19). Das LSG darf über die Zulassung der Berufung nur auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin und durch Beschluss (§ 145 Abs 4 S 1 SGG) entscheiden.

18

2. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nicht von einer Erledigung des Rechtsstreits durch angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs 2 SGG auszugehen sein dürfte. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob überhaupt die gerichtliche Feststellung der Erledigung eines Verfahrens gerade durch ein bestimmtes Erledigungsereignis begehrt werden kann (vgl BSG Beschluss vom 27.2.2014 - B 5 RE 3/14 B - BeckRS 2014, 67167 RdNr 8). Eventuelle kosten- oder vollstreckungsrechtliche Folgefragen dürften sich im Rahmen der insoweit zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe klären lassen. Abgesehen davon ordnet § 88 Abs 1 S 3 SGG als Sonderregelung für den Fall einer Untätigkeitsklage (so auch Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 101 RdNr 21; Stäbler in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 101 RdNr 28; Roller in HK-SGG, 5. Aufl 2017, § 101 RdNr 32; aus der Rspr vgl etwa LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 5.2.2016 - L 19 AS 1130/15 B - Juris RdNr 28; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 2.9.2015 - L 32 AS 456/15 B - Juris RdNr 38 ff; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 7.1.2015 - L 12 SO 302/14 B - Juris RdNr 7; Sächsisches LSG Beschluss vom 18.10.2013 - L 8 AS 1254/12 B KO - Juris RdNr 25; Thüringer LSG Beschluss vom 25.10.2010 - L 6 SF 652/10 B - Juris RdNr 32; aA Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl 2015, § 3 RdNr 59; Hessisches LSG Beschluss vom 28.11.2016 - L 2 AS 184/16 B - Juris RdNr 21) an, dass bei fristgerechter Stattgabe des Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsakts die Hauptsache für erledigt zu erklären ist.

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2010 (L 12 AS 388/10) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Übernahme von Stromkosten in Höhe von 179,73 Euro als Leistung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2009 bis 30.11.2009. Im Verwaltungs- und Klageverfahren ist er insoweit erfolglos geblieben. Das SG Köln hat die Beklagte durch Urteil vom 10.2.2010 entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verpflichtet, weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 12,09 Euro für den Monat Juni 2009 und insgesamt 11,95 Euro für die Monate Juli bis September 2009 sowie 31,95 Euro für die Monate Oktober und November 2009 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Im Tenor hat das SG die Berufung nicht zugelassen, jedoch eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung beigefügt. Die Berufung hiergegen hat das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 28.5.2010 verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausdrücklich vom Kläger eingelegte Berufung sei wegen des Unterschreitens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unzulässig. Der Beschwerdewert betrage im konkreten Fall 179,73 Euro und nicht, wie für eine zulassungsfreie Berufung erforderlich, 750 Euro. Es handele sich bei den geltend gemachten Stromkosten auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG. Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Dieses sei nicht geschehen. Eine ausdrückliche Zulassung ergebe sich weder aus der Urteilsformel, noch den Entscheidungsgründen. Die Rechtsmittelbelehrung ersetze die Entscheidung des SG nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

2

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er privatschriftlich an das BSG gesandt hat. Zugleich beantragt er die Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

4

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, einen Verfahrensfehler des LSG darzulegen, insbesondere dass das LSG verfahrensfehlerhaft ein Prozess- anstatt ein Sachurteil erlassen habe. Das LSG ist nach Aktenlage zutreffend davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen des § 144 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 SGG für eine zulassungsfreie Berufung gegeben sind, noch das SG die Berufung an das LSG zugelassen hat.

6

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf es der Zulassung der Berufung durch das SG, wenn der Beschwerdewert 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall. Der Beschwerdewert beträgt 179,73 Euro. Der Kläger verkennt insoweit den Begriff des Beschwerdewertes. Beim Beschwerdewert kommt es nur auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an. Der Beschwerdewert bemisst sich demnach ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (stRspr des BSG, s nur BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R). Sonstige denkbare Folgewirkungen bleiben außer Betracht.

7

Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt(vgl zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 17)und auf die Dauer um sechs bzw maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt ua deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B). Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt, also hier auf den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009.

8

Das LSG folgt zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der die für die zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung keine Entscheidung über die Zulassung ist, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die es nicht bindet (BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R; BSG Urteil vom 19.11.1996, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; s zur Rechtsmittelbelehrung als alleinige Zulassungsentscheidung BSG Urteil vom 28.3.1957, BSGE 5, 92, 95; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; stRspr). Gründe, die auf Umstände hindeuten, warum im vorliegenden Fall dennoch von einer Zulassung der Berufung durch das SG auszugehen war, sind nicht ersichtlich. Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die Berufungszulassung.

9

Die Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits - wie zuvor dargelegt - höchstrichterlich geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig. Hinweise für eine Divergenz sind nicht ersichtlich.Selbst wenn der Rechtsstreit jedoch - wie der Kläger vorträgt - Fragen grundsätzlicher Bedeutung bergen sollte oder eine Divergenz - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung - dargelegt werden könnte, wäre ein zugelassener Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage, Zulassungsgründe insoweit ordnungsgemäß darzulegen. Die grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt. Hieran fehlt es vorliegend. In einem Revisionsverfahren wäre es dem Revisionsgericht angesichts der Unzulässigkeit der Berufung und damit dem zutreffenden Erlass eines Prozessurteils verwehrt, über die aufgeworfenen Fragen zu entscheiden.

10

Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

11

Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. März 2013 werden als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Sozialgerichtsgesetz). Die Kläger haben zur Begründung ihrer Beschwerden keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Abweichung oder Verfahrensmangel) gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG schlüssig dargelegt oder bezeichnet.

2

Die Kläger stützen ihre Beschwerden zunächst auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG und rügen eine Verletzung des § 144 Abs 1 SGG. Zur Bestimmung des Beschwerdewerts habe das LSG sich ausschließlich an dem geforderten Zahlbetrag orientiert, aber nicht beachtet, dass die strittige Anrechnung des Kindergeldes für den Kläger zu 2 bei der Klägerin zu 1 als Einkommen nicht nur zu einer Verringerung der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei dieser führe, sondern auch zu einer Beschwer des Klägers zu 2, weil dieser seinen Bedarf nicht aus dem Kindergeld, sondern seinem Vermögen decken müsse.

3

Mit diesem Vortrag wird jedoch kein Verfahrensmangel bezeichnet. Der Beschwerdewert von 750 Euro wird auch nach dem Vortrag der Kläger in diesem Rechtsstreit nicht erreicht. Zur Berechnung des Beschwerdewertes ist nach § 144 Abs 1 SGG bei Geldleistungen auf den unmittelbar strittigen Betrag abzustellen(§ 202 Satz 1 SGG iVm §§ 2 bis 9 Zivilprozessordnung, hier also Leistungen nach dem SGB II für die Klägerin zu 1 in Höhe von 595 Euro. Die Kläger haben selbst vorgetragen, dass der Kläger zu 2 nur mittelbare wirtschaftliche Vorteile durch die Bewilligung von höheren Leistungen bei der Mutter erlangt. Solche rechtlichen oder wirtschaftlichen Folgewirkungen bleiben aber außer Ansatz (BSG vom 6.2.1997 - 14/10 BKg 14/96 - SozR 3-1500 § 144 Nr 11; BSG vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; Breitkreuz in Breitkreuz/ Fichte, SGG, 2009, § 144 RdNr 21 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 144 RdNr 15 mwN; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand der Einzelkommentierung 5/2009, § 144 RdNr 53; vgl auch § 13 Abs 2 Gerichtskostengesetz idF vom 17.8.2001: bei bezifferter Geldleistung ist deren Höhe maßgebend). Auch die Voraussetzungen der (Rück-)Ausnahme in § 144 Abs 1 Satz 2 SGG - wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr - sind nicht erfüllt, weil Leistungen für einen kürzeren Zeitraum umstritten sind.

4

Die Kläger rügen des Weiteren eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/ Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX, RdNr 65 f).

5

Die Kläger haben die Frage formuliert

"Ist die Berufung auch dann nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG zulässig, wenn wiederkehrende oder laufende Leistungen streitig sind, die in zeitlich aufeinander folgenden Verwaltungsakten abschnittsweise bewilligt werden?",

aber nicht anhand der vorliegenden Rechtsprechung und Literatur aufgezeigt, wieso zu Ihrer Beantwortung eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) als Revisionsgericht erforderlich erscheint.

6

Wegen dieser Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung geklärt, dass aus der abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II von in der Regel sechs Monaten (§ 41 Abs 1 SGB II) eine zeitliche Zäsur folgt, die eine entsprechende Begrenzung des Streitgegenstandes bewirkt (BSG vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B; BSG vom 22.7.2010 - B 4 AS 77/10 B; ebenso für die abschnittsweise Bewilligung von Kindergeld BSG vom 6.2.1997 - 14/10 BKg 14/96 - SozR 3-1500 § 144 Nr 11). Denkbare Folgewirkungen für folgende Bewilligungszeiträume bleiben außer Betracht (ebenso für den Eintritt einer Sperrzeit BSG vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3), zumal eine andere Sichtweise die mit der Neuregelung des § 96 SGG durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) beabsichtigte Begrenzung der Klageerweiterung mittels ändernden oder ersetzenden Bescheiden konterkariert würde (vgl dazu BT-Drucks 16/7716 S 18 f). Eine eingehende Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung und der hierzu veröffentlichten Literatur (zustimmend Knittel in Hennig, SGG, Stand der Einzelkommentierung 10/2011, § 144 RdNr 28; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, aaO, § 144 RdNr 21a), aus der ersichtlich würde, weshalb eine nochmalige Befassung mit dieser Rechtsfrage durch das BSG erforderlich sein sollte, fehlt vollständig. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Einwände ist den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht genügt. Es wird aus der Beschwerdebegründung nicht ersichtlich, weshalb die Regelungen in § 143 Abs 2, § 145 SGG, die bei dem Nichterreichen des Beschwerdewerts eine Zulassung der Berufung durch das LSG in Fällen der grundsätzlichen Bedeutung oder Divergenz des Rechtsstreits oder bei Vorliegen eines Verfahrensmangels vorsehen, zur Wahrung des in Art 19 Abs 4 Grundgesetz garantierten effektiven Rechtsschutzes nicht ausreichen sollten. Ob dieses Ergebnis sozialpolitisch im Vergleich mit anderen Streitgegenständen unbefriedigend ist (so Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 144 RdNr 15), hat der Senat schließlich nicht zu entscheiden.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2010 (L 12 AS 388/10) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Übernahme von Stromkosten in Höhe von 179,73 Euro als Leistung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2009 bis 30.11.2009. Im Verwaltungs- und Klageverfahren ist er insoweit erfolglos geblieben. Das SG Köln hat die Beklagte durch Urteil vom 10.2.2010 entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verpflichtet, weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 12,09 Euro für den Monat Juni 2009 und insgesamt 11,95 Euro für die Monate Juli bis September 2009 sowie 31,95 Euro für die Monate Oktober und November 2009 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Im Tenor hat das SG die Berufung nicht zugelassen, jedoch eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung beigefügt. Die Berufung hiergegen hat das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 28.5.2010 verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausdrücklich vom Kläger eingelegte Berufung sei wegen des Unterschreitens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unzulässig. Der Beschwerdewert betrage im konkreten Fall 179,73 Euro und nicht, wie für eine zulassungsfreie Berufung erforderlich, 750 Euro. Es handele sich bei den geltend gemachten Stromkosten auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG. Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Dieses sei nicht geschehen. Eine ausdrückliche Zulassung ergebe sich weder aus der Urteilsformel, noch den Entscheidungsgründen. Die Rechtsmittelbelehrung ersetze die Entscheidung des SG nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

2

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er privatschriftlich an das BSG gesandt hat. Zugleich beantragt er die Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

4

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, einen Verfahrensfehler des LSG darzulegen, insbesondere dass das LSG verfahrensfehlerhaft ein Prozess- anstatt ein Sachurteil erlassen habe. Das LSG ist nach Aktenlage zutreffend davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen des § 144 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 SGG für eine zulassungsfreie Berufung gegeben sind, noch das SG die Berufung an das LSG zugelassen hat.

6

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf es der Zulassung der Berufung durch das SG, wenn der Beschwerdewert 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall. Der Beschwerdewert beträgt 179,73 Euro. Der Kläger verkennt insoweit den Begriff des Beschwerdewertes. Beim Beschwerdewert kommt es nur auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an. Der Beschwerdewert bemisst sich demnach ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (stRspr des BSG, s nur BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R). Sonstige denkbare Folgewirkungen bleiben außer Betracht.

7

Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt(vgl zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 17)und auf die Dauer um sechs bzw maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt ua deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B). Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt, also hier auf den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009.

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Das LSG folgt zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der die für die zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung keine Entscheidung über die Zulassung ist, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die es nicht bindet (BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R; BSG Urteil vom 19.11.1996, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; s zur Rechtsmittelbelehrung als alleinige Zulassungsentscheidung BSG Urteil vom 28.3.1957, BSGE 5, 92, 95; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; stRspr). Gründe, die auf Umstände hindeuten, warum im vorliegenden Fall dennoch von einer Zulassung der Berufung durch das SG auszugehen war, sind nicht ersichtlich. Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die Berufungszulassung.

9

Die Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits - wie zuvor dargelegt - höchstrichterlich geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig. Hinweise für eine Divergenz sind nicht ersichtlich.Selbst wenn der Rechtsstreit jedoch - wie der Kläger vorträgt - Fragen grundsätzlicher Bedeutung bergen sollte oder eine Divergenz - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung - dargelegt werden könnte, wäre ein zugelassener Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage, Zulassungsgründe insoweit ordnungsgemäß darzulegen. Die grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt. Hieran fehlt es vorliegend. In einem Revisionsverfahren wäre es dem Revisionsgericht angesichts der Unzulässigkeit der Berufung und damit dem zutreffenden Erlass eines Prozessurteils verwehrt, über die aufgeworfenen Fragen zu entscheiden.

10

Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

11

Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg (S 9 AS 2093/09) vom 02. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers, auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts, mit dem seine Klage auf höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung nach dem SGB II aufgrund eines Abzugs von Wassererwärmungskosten im Wege eines Überprüfungsverfahrens (§ 44 SGB X) für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis 30. April 2008 abgewiesen worden ist.

2

Der Kläger bezog in der Vergangenheit ab dem Jahre 2005 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. Am 05. Januar 2008 beantragte er beim Beklagten die Überprüfung aller Bescheide für den Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis 14. Oktober 2007 im Hinblick auf das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. März 2007 (L 3 AS 101/06) und begehrte die Übernahme der Wassererwärmungskosten. Zu diesem Zeitpunkt waren beim Sozialgericht Neubrandenburg bereits mehrere Klagen des Klägers auf Gewährung höherer Leistungen nach den SGB II für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis 31. Mai 2006 und vom 01. Mai 2007 bis 30. April 2008 anhängig. Im Zeitraum vom 01. Juni 2006 bis 30. April 2007 stand der Kläger nicht im Leistungsbezug des Beklagten.

3

Der Beklagte wies den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 08. Juli 2009 zurück, da mit Ausnahme der Monate Januar bis Juni 2005 alle übrigen Zeiträume Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens seien und eine Überprüfung unzulässig sei.

4

Den dagegen vom Kläger am 06. August 2009 erhobenen Widerspruch, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2009 unter Berufung die fehlende Überprüfungspflicht des Beklagten mangels Vorbringen neuer Tatsachen als unbegründet zurück.

5

Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Neubrandenburg am 03. Dezember 2009 Klage erhoben und sein Begehren weiter verfolgt.

6

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

7

den Beklagten zu verurteilen, die notwendigen tatsächlichen Kosten zu erstatten.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 02. Juli 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass dem Kläger das für den Überprüfungsantrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis 30. April 2008 gefehlt habe und sein Antrag aus diesem Grund vom Beklagten rechtmäßig zurückgewiesen worden sei.

11

Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil nicht zugelassen.

12

Gegen das dem Kläger am 30. September 2010 zugestellte Urteil wendet er sich mit der am 15. Oktober 2010 beim Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangenen Beschwerde und dem Antrag, die Berufung zuzulassen.

13

Zur Begründung trägt er vor, dass in der Entscheidung des Sozialgerichts lediglich eine Flut von Vorgängen aufgezählt worden sei und ihm eine Rechtmäßigkeit eines teilweise zurückweisenden Bescheides nicht verständlich sei.

II.

14

Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.

15

Der Beschwerdewert von 750 EUR wird unstreitig nicht erreicht. Der Kläger hat mit seiner Klage den Abzug von Warmwasserbereitungskosten in Höhe von monatlich knapp 11 EUR für einen Gesamtzeitraum von 23 Monaten geltend gemacht. Dadurch ergibt sich ein möglicher Wert des Beschwerdegegenstands von etwa 241 EUR und somit deutlich weniger als 750 EUR.

16

Wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr sind ebenfalls nicht betroffen (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG). Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II, wonach Leistungen zur Grundsicherung des Lebensunterhalts grundsätzlich für sechs Monate bewilligt und erbracht werden sollen, schafft insoweit eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand umschreibt und in zeitlicher Hinsicht begrenzt (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 - B 4 AS 77/10 B - juris). Die Tatsache, dass der Kläger im vorliegenden Fall im Wege des Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 SGB X dem Beklagten und im Anschluss dem Sozialgericht einen Zeitraum von mehr als ein Jahr zur Überprüfung gestellt hat, führt zu keiner anderen Beurteilung, da der Ursprung der (wiederkehrenden und laufenden) Leistungen jeweils in eigenständigen Bewilligungsbescheiden des Beklagten zu finden ist, die wiederum lediglich eine Bewilligung von Arbeitslosengeld II für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten enthielten. Es würde dem Sinn und Zweck der Beschränkung der Statthaftigkeit der Zulassung der Berufung und somit des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG widersprechen, wenn ein Kläger - jedenfalls bis zur Änderung des § 40 Abs. 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. 2011 I, 453) - in der Lage wäre, über das Überprüfungsverfahren durch Addition von unterschiedlichen Bewilligungszeiträumen hinsichtlich der Gewährung von Arbeitslosengeld II trotz Nichterreichen des Beschwerdewertes eine zulässige Berufung zu erzeugen.

17

Es ist für den Senat auch kein Grund ersichtlich, die ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

18

Die genannten Zulassungsgründe sind hier weder vom Kläger vorgetragen noch im Ansatz ersichtlich. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 144 Rdnr. 28). Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, da das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die Durchführung eines Überprüfungsverfahrens aufgrund der bereits anhängigen Klage- und Widerspruchsverfahren nicht vorgelegen habe. Dies ist unter Beachtung des Normzwecks des § 44 SGB X – nämlich nicht begünstigende und rechtswidrige Bescheide, die bestandkräftig geworden sind, zu überprüfen – nicht zu beanstanden und wirft letztlich keine bisher ungeklärte Rechtsfrage auf. Im Übrigen dürfte die Klage aufgrund der dargelegten anhängigen Widerspruchs- und Klageverfahren zumindest teilweise unzulässig gewesen sein, da dass Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der Durchführung des Klageverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung gefehlt haben dürfte und der Kläger das angestrebte Ergebnis (höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung) auf einfachere Weise – durch Betreiben der bereits noch anhängigen Widerspruchs- und Klageverfahren – erreichen konnte.

19

Eine Abweichung von Entscheidungen der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte oder Verfahrensmängel sind ebenfalls nicht erkennbar.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

21

Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

22

Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

23

Aus den vorgenannten Gründen ist auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ohne Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO). Insoweit ist der vorliegende Beschluss ebenfalls unanfechtbar (§ 177 SGG).

Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt. Dies gilt nicht, wenn die Behörde auf Grund von Rechtsvorschriften

1.
von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss,
2.
nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Mai 2010 (L 12 AS 388/10) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Übernahme von Stromkosten in Höhe von 179,73 Euro als Leistung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2009 bis 30.11.2009. Im Verwaltungs- und Klageverfahren ist er insoweit erfolglos geblieben. Das SG Köln hat die Beklagte durch Urteil vom 10.2.2010 entsprechend einem in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verpflichtet, weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 12,09 Euro für den Monat Juni 2009 und insgesamt 11,95 Euro für die Monate Juli bis September 2009 sowie 31,95 Euro für die Monate Oktober und November 2009 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat es abgewiesen. Im Tenor hat das SG die Berufung nicht zugelassen, jedoch eine Rechtsmittelbelehrung über eine zulässige Berufung beigefügt. Die Berufung hiergegen hat das LSG Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 28.5.2010 verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausdrücklich vom Kläger eingelegte Berufung sei wegen des Unterschreitens des Beschwerdewertes nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG unzulässig. Der Beschwerdewert betrage im konkreten Fall 179,73 Euro und nicht, wie für eine zulassungsfreie Berufung erforderlich, 750 Euro. Es handele sich bei den geltend gemachten Stromkosten auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG. Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Dieses sei nicht geschehen. Eine ausdrückliche Zulassung ergebe sich weder aus der Urteilsformel, noch den Entscheidungsgründen. Die Rechtsmittelbelehrung ersetze die Entscheidung des SG nicht. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.

2

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er privatschriftlich an das BSG gesandt hat. Zugleich beantragt er die Gewährung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

4

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, einen Verfahrensfehler des LSG darzulegen, insbesondere dass das LSG verfahrensfehlerhaft ein Prozess- anstatt ein Sachurteil erlassen habe. Das LSG ist nach Aktenlage zutreffend davon ausgegangen, dass weder die Voraussetzungen des § 144 Abs 1 Satz 1 oder Satz 2 SGG für eine zulassungsfreie Berufung gegeben sind, noch das SG die Berufung an das LSG zugelassen hat.

6

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf es der Zulassung der Berufung durch das SG, wenn der Beschwerdewert 750 Euro nicht übersteigt. Das ist hier der Fall. Der Beschwerdewert beträgt 179,73 Euro. Der Kläger verkennt insoweit den Begriff des Beschwerdewertes. Beim Beschwerdewert kommt es nur auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an. Der Beschwerdewert bemisst sich demnach ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (stRspr des BSG, s nur BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr 2; BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R). Sonstige denkbare Folgewirkungen bleiben außer Betracht.

7

Das LSG hat auch den Begriff der wiederkehrenden und laufenden Leistung iS des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG zutreffend ausgelegt. Der wiederkehrenden und laufenden Leistung sind die Wiederholung, die Gleichhaltigkeit und der Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam (BSG Urteil vom 22.9.1976 - 7 RAr 107/75 - SozR 1500 § 144 Nr 5). Leistungen beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 18.3.1982 - 7 RAr 50/80 - SozR 4100 § 118 Nr 10), auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Lediglich ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht aus. § 41 SGB II schafft eine zeitliche Zäsur, die den jeweiligen Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht umschreibt(vgl zur Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG im Bereich des SGB II: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 17)und auf die Dauer um sechs bzw maximal zwölf Monaten begrenzt. Die Leistungsbewilligung im SGB II für jeweils sechs Monate erfolgt ua deswegen, weil es Ziel des Gesetzes ist, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in Arbeit zu integrieren und ein dauerhafter Bezug von Leistungen nach dem SGB II (als rentenähnliches Recht) die Ausnahme sein soll (BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B). Insofern kann mit der Behauptung der lediglich fiktiven Möglichkeit, auch noch über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, die Berufungsfähigkeit nicht hergestellt werden, denn diese ist, jeweils auf das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel beschränkt, also hier auf den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2009.

8

Das LSG folgt zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, nach der die für die zulassungsfreie Berufung übliche Rechtsmittelbelehrung keine Entscheidung über die Zulassung ist, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die es nicht bindet (BSG Urteil vom 18.3.2004 - B 11 AL 53/03 R; BSG Urteil vom 19.11.1996, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; s zur Rechtsmittelbelehrung als alleinige Zulassungsentscheidung BSG Urteil vom 28.3.1957, BSGE 5, 92, 95; BSG Urteil vom 23.7.1998, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; stRspr). Gründe, die auf Umstände hindeuten, warum im vorliegenden Fall dennoch von einer Zulassung der Berufung durch das SG auszugehen war, sind nicht ersichtlich. Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung ersetzt nicht die Berufungszulassung.

9

Die Möglichkeit der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) oder Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits - wie zuvor dargelegt - höchstrichterlich geklärt und daher nicht mehr klärungsbedürftig. Hinweise für eine Divergenz sind nicht ersichtlich.Selbst wenn der Rechtsstreit jedoch - wie der Kläger vorträgt - Fragen grundsätzlicher Bedeutung bergen sollte oder eine Divergenz - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung - dargelegt werden könnte, wäre ein zugelassener Prozessbevollmächtigter nicht in der Lage, Zulassungsgründe insoweit ordnungsgemäß darzulegen. Die grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG kann nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage erwarten lässt. Hieran fehlt es vorliegend. In einem Revisionsverfahren wäre es dem Revisionsgericht angesichts der Unzulässigkeit der Berufung und damit dem zutreffenden Erlass eines Prozessurteils verwehrt, über die aufgeworfenen Fragen zu entscheiden.

10

Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

11

Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbs iVm § 169 SGG).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.