Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 18. Feb. 2011 - L 12 KO 4691/10 B

bei uns veröffentlicht am18.02.2011

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2009 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ablehnung, ihr persönliches Erscheinen zu den Verhandlungsterminen am 17. November 2009 nachträglich für geboten zu erachten.
In den Verfahren S 3 AS 2820/07 und S 3 AS 203/08 lud das Sozialgericht Konstanz (SG) die Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung am 17. November 2009, ohne ihr persönliches Erscheinen anzuordnen. Nachdem die Beschwerdeführerin vorab um eine Fahrkarte und Entschädigung für Verdienstausfall gebeten hatte, gewährte das SG im Rahmen der Reisekostenentschädigung für mittellose Personen die Fahrtkosten zum Termin in Form einer Fahrkarte. Die Beschwerdeführerin nahm an den mündlichen Verhandlungen teil. Mit Urteilen vom 17. November 2009 entschied das SG u.a., dass die Beklagte im Verfahren S 3 AS 2820/07 die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin zu übernehmen bzw. im Verfahren S 3 AS 203/08, die Hälfte von deren außergerichtlichen Kosten zu übernehmen habe. Mit Beschluss vom 19. November 2009 lehnte das SG den Antrag, das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin nachträglich für geboten zu erklären mit der Begründung ab, ihre Anwesenheit in den mündlichen Verhandlungen sei den Verfahren nicht weitergehend förderlich gewesen, insbesondere habe sie nichts zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts beigetragen.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2009 hat sich die Beschwerdeführerin an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg gewandt und ausgeführt, es gehe um das Schreiben vom 19. November 2009. Geltend gemacht werde die Kostenerstattung für einen Tag, für den Ausfall, da sie am 17. November 2009 Urlaub gebraucht habe.
Das Verfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen L 7 AS 402/10 B geführt worden. Bezüglich des im Schreiben vom 20. Dezember 2009 enthaltenen Antrags auf Festsetzung der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten hat der 7. Senat dieses Schreiben im Januar 2010 zur weiteren Veranlassung an das SG weitergeleitet. Nach Abgabe des Verfahrens durch den 7. Senat im Oktober 2010 an den zuständigen Kostensenat wird das Verfahren nunmehr unter dem Aktenzeichen L 12 KO 4691/10 B geführt.
II.
Die Beschwerde ist unstatthaft und damit unzulässig.
Gegenstand des Verfahrens ist die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 19. November 2009, mit welchem das SG abgelehnt hat, das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin zu den Terminen am 17. November 2009 gemäß § 191 2. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) nachträglich für geboten zu erklären.
Nach § 191 SGG werden einem Beteiligten auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet, wenn sein persönliches Erscheinen angeordnet worden ist; sie können vergütet werden, wenn er ohne Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen nachträglich für geboten hält.
Die von der Beschwerdeführerin sinngemäß eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Daran ändert auch die entgegen stehende Rechtsmittelbelehrung des SG nichts, denn eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung eröffnet kein Rechtsmittel, das gesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 66 Rdnr. 12a m.w.N.). Die Ablehnung der nachträglichen Anordnung des persönlichen Erscheinens stellt eine prozessleitende Verfügung dar, die nach § 172 Abs. 2 SGG unanfechtbar ist (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 10. März 1970 - L - 8/B - 8/69 - Breith 1970, 983; Knittel in Hennig, SGG, Stand September 2010, § 191 Rdnr. 12; a.A. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 191 Rdnr. 18; Zeihe, SGG, 8. Aufl., § 191 SGG Rdnr. 9c). Ansonsten würde die unzweifelhaft als prozessleitende Verfügung nicht anfechtbare Entscheidung des Vorsitzenden über die Anordnung des persönlichen Erscheinens gemäß §§ 106 Abs. 3 Nr. 7, 111 Abs. 1 SGG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 172 Rdnr. 6b) dadurch umgangen, dass nachträglich die Übernahme der Kosten eines Beteiligten auf die Staatskasse beantragt wird. Darüber hinaus stellt der insoweit ergangene Beschluss des SG nach § 191 SGG eine Kostengrundentscheidung dar (vgl. Straßfeld in Jansen, SGG, 2. Aufl., § 191 Rdnr. 6; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 191 Rdnr. 4), so dass die Annahme einer Statthaftigkeit der Beschwerde auch der gesetzgeberischen Wertung in § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG - Ausschluss der Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG - widersprechen würde (vgl. Groß in Lüdtke, SGG, 3. Aufl., § 191 Rdnr. 25).
Außergerichtliche Kosten sind entsprechend § 193 SGG nicht zu erstatten.
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

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(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

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Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten angeordnet worden, so werden ihm auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet; sie können vergütet werden, wenn er ohne Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen für geboten hält.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten angeordnet worden, so werden ihm auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet; sie können vergütet werden, wenn er ohne Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen für geboten hält.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.