Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 28. Aug. 2015 - L 3 SB 231/13

bei uns veröffentlicht am28.08.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die nachträgliche Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zum Termin am 18.08.2015 wird abgelehnt.

Gründe

Der Vorsitzende des 3. Senats hat mit Verfügung vom 05.06.2015 Termin zur mündlichen Verhandlung auf Dienstag, den 18.08.2015, 11.00 Uhr bestimmt. Das persönliche Erscheinen der Klägerin ist hierbei nicht angeordnet worden.

Die Klägerin ist mit ihrem Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 18.08.2015 erschienen. Sie hat dort insbesondere die von ihr eingenommenen Medikamente bezeichnet und auf Nachfrage ergänzend ausgeführt, dass weitere soziale Kontakte nicht bestünden. Sie habe auch keine Freundin mehr, mit der sie gelegentlich ausgehen könne. Nachfolgend haben sich die Beteiligten vergleichsweise dahingehend geeinigt, mit Wirkung ab 13.01.2015 einen GdB von 50 festzustellen. Der Beklagte erstattet der Klägerin 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beteiligten sind sich einig, dass mit Abschluss dieses Vergleichs der Rechtsstreit in vollem Umfang erledigt ist.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 24.08.2015 nachträglich das persönliche Erscheinen der Klägerin zum Termin am 18.08.2015 anzuordnen.

Diesem Antrag ist nicht stattzugeben. Denn bei der Ablehnung der nachträglichen Anordnung des persönlichen Erscheinens handelt es sich um eine prozessleitende Verfügung (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.02.2011 - L 12 KO 4691/10 B -; juris m. w. N.). Entsprechend der Systematik des § 111 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) handelt es sich hierbei um eine Entscheidung, die grundsätzlich aus der Sicht ex ante zu erfolgen hat. Denn vorrangiger Zweck der Regelung ist die weitere Aufklärung des Sachverhalts besonders bei Beteiligten, die schriftlich nichts vorgetragen haben oder, wenn sie vertreten sind, zur Aufklärung selbst gehört werden sollen (Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., Rz. 2 zu § 111). Hier dient der Antrag vom 24.08.2015 jedoch ausschließlich dem Zweck, der Klägerin nachträglich einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Staatskasse gemäß § 191 SGG zu verschaffen. Dies ist in Ausübung eines pflichtgemäßen Ermessens abzulehnen, weil der nämliche Vergleich auch allein mit dem Bevollmächtigten der Klägerin hätte geschlossen werden können, zumal der Sachverhalt bereits aufgeklärt gewesen ist. Die hier entscheidungserhebliche Rückzugstendenz im Sinne der „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ Teil B RdZ 3.7 ist bereits von dem Sachverständigen Dr. R. beschrieben worden, auch wenn sein Gutachten nur insoweit überzeugend gewesen ist, als er das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft gutachtlich herausgearbeitet hat.

Diese Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Vorsitzenden (§ 155 Abs. 2 Nr. 5 und Abs. 4 SGG) kostenfrei (§ 183 SGG) und ist endgültig (§ 177 SGG).

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 155


(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen. (2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhe

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 191


Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten angeordnet worden, so werden ihm auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet; sie können vergütet werden, wenn er ohne Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen für gebo

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 18. Feb. 2011 - L 12 KO 4691/10 B

bei uns veröffentlicht am 18.02.2011

Tenor Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2009 wird als unzulässig verworfen.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe   I. 1
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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 01. Okt. 2015 - L 15 RF 32/15

bei uns veröffentlicht am 01.10.2015

Tenor Dem Antragsteller steht keine Entschädigung für das Erscheinen bei der mündlichen Verhandlung am 30.04.2015 zu. Gründe I. Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und Entschä

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Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19. November 2009 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ablehnung, ihr persönliches Erscheinen zu den Verhandlungsterminen am 17. November 2009 nachträglich für geboten zu erachten.
In den Verfahren S 3 AS 2820/07 und S 3 AS 203/08 lud das Sozialgericht Konstanz (SG) die Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung am 17. November 2009, ohne ihr persönliches Erscheinen anzuordnen. Nachdem die Beschwerdeführerin vorab um eine Fahrkarte und Entschädigung für Verdienstausfall gebeten hatte, gewährte das SG im Rahmen der Reisekostenentschädigung für mittellose Personen die Fahrtkosten zum Termin in Form einer Fahrkarte. Die Beschwerdeführerin nahm an den mündlichen Verhandlungen teil. Mit Urteilen vom 17. November 2009 entschied das SG u.a., dass die Beklagte im Verfahren S 3 AS 2820/07 die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin zu übernehmen bzw. im Verfahren S 3 AS 203/08, die Hälfte von deren außergerichtlichen Kosten zu übernehmen habe. Mit Beschluss vom 19. November 2009 lehnte das SG den Antrag, das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin nachträglich für geboten zu erklären mit der Begründung ab, ihre Anwesenheit in den mündlichen Verhandlungen sei den Verfahren nicht weitergehend förderlich gewesen, insbesondere habe sie nichts zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts beigetragen.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2009 hat sich die Beschwerdeführerin an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg gewandt und ausgeführt, es gehe um das Schreiben vom 19. November 2009. Geltend gemacht werde die Kostenerstattung für einen Tag, für den Ausfall, da sie am 17. November 2009 Urlaub gebraucht habe.
Das Verfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen L 7 AS 402/10 B geführt worden. Bezüglich des im Schreiben vom 20. Dezember 2009 enthaltenen Antrags auf Festsetzung der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten hat der 7. Senat dieses Schreiben im Januar 2010 zur weiteren Veranlassung an das SG weitergeleitet. Nach Abgabe des Verfahrens durch den 7. Senat im Oktober 2010 an den zuständigen Kostensenat wird das Verfahren nunmehr unter dem Aktenzeichen L 12 KO 4691/10 B geführt.
II.
Die Beschwerde ist unstatthaft und damit unzulässig.
Gegenstand des Verfahrens ist die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 19. November 2009, mit welchem das SG abgelehnt hat, das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin zu den Terminen am 17. November 2009 gemäß § 191 2. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) nachträglich für geboten zu erklären.
Nach § 191 SGG werden einem Beteiligten auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet, wenn sein persönliches Erscheinen angeordnet worden ist; sie können vergütet werden, wenn er ohne Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen nachträglich für geboten hält.
Die von der Beschwerdeführerin sinngemäß eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Daran ändert auch die entgegen stehende Rechtsmittelbelehrung des SG nichts, denn eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung eröffnet kein Rechtsmittel, das gesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 66 Rdnr. 12a m.w.N.). Die Ablehnung der nachträglichen Anordnung des persönlichen Erscheinens stellt eine prozessleitende Verfügung dar, die nach § 172 Abs. 2 SGG unanfechtbar ist (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 10. März 1970 - L - 8/B - 8/69 - Breith 1970, 983; Knittel in Hennig, SGG, Stand September 2010, § 191 Rdnr. 12; a.A. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 191 Rdnr. 18; Zeihe, SGG, 8. Aufl., § 191 SGG Rdnr. 9c). Ansonsten würde die unzweifelhaft als prozessleitende Verfügung nicht anfechtbare Entscheidung des Vorsitzenden über die Anordnung des persönlichen Erscheinens gemäß §§ 106 Abs. 3 Nr. 7, 111 Abs. 1 SGG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 172 Rdnr. 6b) dadurch umgangen, dass nachträglich die Übernahme der Kosten eines Beteiligten auf die Staatskasse beantragt wird. Darüber hinaus stellt der insoweit ergangene Beschluss des SG nach § 191 SGG eine Kostengrundentscheidung dar (vgl. Straßfeld in Jansen, SGG, 2. Aufl., § 191 Rdnr. 6; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 191 Rdnr. 4), so dass die Annahme einer Statthaftigkeit der Beschwerde auch der gesetzgeberischen Wertung in § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG - Ausschluss der Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG - widersprechen würde (vgl. Groß in Lüdtke, SGG, 3. Aufl., § 191 Rdnr. 25).
Außergerichtliche Kosten sind entsprechend § 193 SGG nicht zu erstatten.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten angeordnet worden, so werden ihm auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet; sie können vergütet werden, wenn er ohne Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen für geboten hält.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.