Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Juni 2016 - L 11 KR 2013/15

bei uns veröffentlicht am21.06.2016

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.03.2015 und der Bescheid der Beklagten vom 01.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2011 aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Kosten in Höhe von 4.170,60 EUR zu erstatten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand

 
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten einer Hörgeräteversorgung.
Der 1951 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Er leidet an einer mittel- bis hochgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits. Darüber hinaus liegt eine Sehbehinderung auf beiden Augen zu 100% vor. Er trägt daher Kantenfiltergläser in schwerem Rahmen.
Am 02.03.2011 verordnete der behandelnde Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. D. dem Kläger eine Hörhilfe. Diese Verordnung legte der Kläger der Firma L. Akustik GmbH vor, die am 08.04.2011 eine Versorgungsanzeige gegenüber der Beklagten abgab. Am 13.04.2011 teilte die Beklagte gegenüber der Firma Hörgeräte L. mit, dass der Festbetragspreis für die Hilfsmittelversorgung übernommen werde. Der Kläger war im April und Mai 2011 mehrfach bei der Firma L. Akustik GmbH zur Anprobe (vgl Bl 30/31 Senatsakte). Welche Geräte der Akustiker dem Kläger vorgeführt hat, ist unklar.
Am 09.06.2011 erhielt der Kläger Hörgeräte der Marke Phonak Audeo ZIP IX.
Mit Rechnung vom 16.06.2011 wurde dem Kläger durch den Hörgeräteakustiker ein Betrag in Höhe von 4.170,60 EUR in Rechnung gestellt (Gesamtpreis der Hörgeräte in Höhe von 5.296,42 EUR abzüglich der Übernahme durch den Kostenträger in Höhe von 1.145,82 EUR unter Berücksichtigung der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von 20 EUR).
Am 25.06.2011 wandte sich der Kläger an die Beklagte und monierte die Beteiligung von nur rund 1.100 EUR. Da er aufgrund seiner Erblindung mehrfach behindert sei, müsse sich die Beklagte in vollem Umfang an den Kosten beteiligen.
Die Beklagte beauftragte darauf den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Begutachtung des Falles. Dr. P. teilte in seiner Stellungnahme vom 21.07.2011 mit, dass eine Hörgeräteversorgung erforderlich sei. So bestehe tonaudiometrisch ein prozentualer Hörverlust von 38% rechts und 24% links. Sprachaudiometrisch betrage das maximale Einsilbenverstehen rechts bei 80 dB 100%. links bei 65 dB 100%. Die erforderliche Hörhilfenneuversorgung könne im Rahmen der Festbetragsregelung erfolgen. Die entsprechenden Geräte seien ausreichend.
Am 01.08.2011 lehnte die Beklagte daraufhin eine weitergehende Kostenübernahme ab. Hiergegen legte der Kläger am 23.08.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung wies er darauf hin, dass die Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt habe, dass er nicht nur unter einer Einschränkung des Hörsinns leide, sondern zudem noch hochgradig sehbehindert sei. Daher sei er auf sein Gehör in besonderer Weise angewiesen. Er benötige daher die gewählte Versorgungsart.
Die Beklagte erbat daraufhin beim MDK ein erneutes sozialmedizinisches Gutachten. Im Gutachten vom 27.10.2011 (Bl 41 Verwaltungsakte) führte dieser aus, dass angesichts der Blindheit des Klägers ein Ausgleich der eingeschränkten Hörfähigkeit von besonderer Bedeutung sei. Unklar sei aber, warum der Akustiker eines der aktuell teuersten Hörgerät am Markt abgeben wolle. Soweit eine Versorgung unter Hinweis auf die Brille mit Kantenfiltergläsern begründet worden sei, sei anzumerken, dass der Versicherte auch mit einem Hinter-dem-Ohr-Gerät versorgt werden könne und es auch möglich sei, das Hörgerät in den Brillenbügeln zu integrieren. Schließlich könne auch ein Hörgerät, welches in der Ohrmuschel getragen werde (Concha-Hörgerät) oder ein „In-dem-Ohr-Gerät“ (CIC) in Betracht kommen. Warum der Hörgeräteakustiker ein CIC-Gerät abgeben wolle, welches komplett im Gehörgang sitze und für den unvoreingenommenen Betracht unsichtbar sei und damit vor allen Dingen ästhetische Vorteile biete, sei nicht nachvollziehbar.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) komme vorliegend nicht in Betracht. Der Kläger habe am 09.06.2011 ein Hörgerät der Marke Phonak Audeo ZIP IX erworben, ohne zuvor mit der Beklagten Rücksprache zu halten. Erst danach habe er mit Schreiben vom 25.06.2011 die volle Kostenübernahme der Hörgeräteversorgung beantragt. Insoweit sei der Versorgungsweg nicht eingehalten. Darüber hinaus habe die Beklagte die Leistung jedoch auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Der für das Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag begrenze die Leistungspflicht der Krankenkasse nur dann nicht, wenn er für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung objektiv nicht ausreiche. Dies sei dem Kläger nicht nachgewiesen. Soweit sich der Kläger auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.12.2009 (Az.: B 3 KR 20/08 R) berufen habe, sei dies nicht einschlägig. Der Kläger sei mit einem fast Ertaubten nicht gleichzusetzen. Im Übrigen seien dort lediglich die im Jahr 2003 festgesetzten Festbeträge beanstandet worden. Diese Problematik bestehe heute nicht mehr, da nach den inzwischen geschlossenen und geltenden Versorgungsverträgen zwischen Akustikern und Krankenkassen digitale Geräte zur Standartversorgung gehörten.
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Hiergegen der Kläger am 19.12.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er die Ausführungen aus dem Widerspruch des Verfahrens wiederholt und vertieft. Es komme es nicht nur auf den unmittelbaren Ausgleich der Höreinschränkung an, sondern auch mittelbar auf den Ausgleich der Seheinschränkung. So sei er dringend auf ein Richtungshören zur Orientierung angewiesen. Da beim Kläger beide Fernsinne beeinträchtigt seien, sei eine besondere Situation gegeben, die eine Einzelversorgung erforderlich mache, um wenigstens einen der beeinträchtigten Orientierungsinne vollständig auszugleichen. Er habe unterschiedliche Hörsysteme erprobt. Dabei sei festgestellt worden, dass eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr mit zuzahlungsfreien Hörgeräten nicht in Betracht komme. Nur mit dem Hörsystem „Phonak“ habe eine ausreichende Verständigung erreicht werden können. Der Hörgeräteakustiker habe überdies ihn über den ordnungsgemäßen Ablauf der Versorgung nicht ausreichend informiert.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
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Das SG hat den behandelnden Facharzt für Ohrheilkunde Dr. D. als sachverständigen Zeugin befragt. Dieser gab im Schreiben vom 08.05.2012 (Bl 43 SG-Akte) einerseits an, dass die Auffassung des MDK im sozialmedizinischen Gutachten vom 27.10.2011 grundsätzlich geteilt werde. Andererseits sei die vorliegende Versorgung erfolgt, da das Alternativgerät Audeo ZIP V mit Erreichen von 90 bei 65 dB schlechtere Hörwerte ausgewiesen habe. Neben der Korrektur der Schwerhörigkeit gehe es beim Kläger außerdem um eine Verbesserung des räumlichen Hörens, da wegen der Sehbehinderung die Orientierung stark eingeschränkt sei (verbessertes Richtungshören bei vollem Klangspektrum). Wegen des massiven Brillenbügels sollte eine Tragbarkeit vorzugsweise im Gehörgang gegeben sein.
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Darüber hinaus hat das SG die Firma L. Akustik GmbH befragt. Der Akustiker S. hat im Schreiben vom 17.01.2014 (Bl 73 SG-Akte) behauptet, dass der Kläger die Anpassung und Ausprobe eigenanteilsfrei angebotener Hörgeräte von vorneherein abgelehnt habe. Wenn der Kläger die Anpassung und Ausprobe eigenanteilsfreier Hörsysteme nicht abgelehnt hätte, hätten zwei eigenanteilsfreie Hörsysteme angeboten werden können, die die vertragliche Verpflichtung erfüllten, zur Versorgung des jeweiligen Hörverlustes geeignet gewesen und einen angemessenen Ausgleich der Hörbehinderung im Rahmen der Kundenbedürfnisse des täglichen Lebens sichergestellt hätten. Die zuzahlungspflichtigen Angebote hätten vorliegend insbesondere ästhetische und komfortbezogene Vorteile gegenüber eigenanteilsfreien Hörsystemen besessen.
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Der Kläger hat hierauf vorgetragen, dass er eine Erprobung von zuzahlungsfreien Hörsystemen nicht abgelehnt habe. Entgegen der Auflistung im Anpassbericht seien auch nicht nur drei, sondern mindestens fünf Hörsysteme erprobt worden. Offenbar solle von Seiten der Firma L. Akustik GmbH verschleiert werden, dass keine ordnungsgemäße Aufklärung erfolgt sei. Es werde wohl nun befürchtet, dass man wegen fehlerhafter Aufklärung und einem damit rechtswidrigen Verhalten auf den Mehrkosten „sitzen bleibe“. Bei der Erprobung der zuzahlungsfreien Hörsysteme sei es zu einer unerträglichen Verstärkung der akustischen Reize gekommen. Komfort und ästhetische Gründe hätten entgegen den Ausführungen des Zeugen S. keine Rolle gespielt. Der Kläger hat außerdem ein Schreiben vom 08.07.2011 an die Beklagte vorgelegt (Blatt 80 SG-Akte).
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Die Beklagte hat vorgetragen, es sei nicht ersichtlich, weshalb der Akustiker gegenüber dem SG falsche Angaben machen sollte. Vielmehr sei über den Akustiker entsprechend dokumentiert, dass der Kläger über die Möglichkeit der eigenanteilsfreien Versorgung aufgeklärt und informiert worden sei und diese abgelehnt habe. Die angeblichen Erinnerungen des Klägers seien nicht geeignet, die Dokumentation des Akustikers zu entkräften.
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Mit Urteil vom 30.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Er habe keinen Anspruch auf die den Festbetrag übersteigenden Kosten in Höhe von 4.170,60 EUR. Es habe sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt. Die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Alt 2 SGB V würden ebenfalls nicht vorliegen. Dies setze voraus, dass der Kläger einen rechtzeitigen Antrag auf Kostenübernahme gestellt habe und die Versorgung von der Beklagten zu Unrecht abgelehnt worden sei. Zwar liege in der Vorlage der Verordnung bzw der Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers vom April 2011 ein entsprechender Antrag. Jedoch sei der Beschaffungsweg trotzdem nicht eingehalten. Aus der sachverständigen Zeugenaussage des Hörgeräteakustikers ergebe sich, dass der Kläger eine Versorgung mit eigenanteilsfreien Hörgeräten per se abgelehnt und von vornherein eine Versorgung mit Hörgeräten angestrebt habe, die zuzahlungspflichtig seien. Da sich der Kläger bereits vor Leistungsablehnung der Beklagten und damit von vorneherein auf eine Leistung festgelegt habe, sei die Leistungsablehnung unabhängig von der Rechtswidrigkeit nicht mehr kausal. Im Übrigen reiche der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Alt 2 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Aus der Stellungnahme des Hörgeräteakustikers ergebe sich, dass eine Versorgung des Klägers zum Festpreis möglich gewesen wäre. Die entsprechenden Hörgeräte hätten den Behinderungsausgleich in entsprechender Weise herbeigeführt. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch auf Versorgung mit dem teureren Hörgerät, welches im Wesentlichen ästhetische sowie Komfortvorteile bringe.
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Gegen das seinem Bevollmächtigten am 13.04.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 12.05.2015 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen und beantragt, die Hörgeräteakustikerin G. als Zeugin zu vernehmen, da diese seinerzeit die Hörgeräteerprobung mit dem Kläger durchgeführt habe.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.03.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 01.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kosten in Höhe von 4.170,60 EUR zu erstatten.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug.
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In einem Erörterungstermin am 16.07.2015 hat der Berichterstatter Beweis erhoben durch die Vernehmung der Frau G. als Zeugin. Diese hat unter anderem erklärt, dass der Akustiker S., der das Schreiben vom 17.01.2014 an das SG verfasst hat, bei der Anprobe der Hörgeräte nicht dabei gewesen sei. Er habe seine Informationen aus Computereintragungen bezogen, die nach den Terminen erstellt worden seien. Die Zeugin hat dem Senat in Mehrfertigung Computerausdrucke der Beratungen des Klägers zur Verfügung gestellt (Blatt 29 ff Senatsakte). Dort ist ua Folgendes aufgeführt:
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07.04.2011
Messung und Beratung, aufgrund von hochgradiger Sehbehinderung ist Richtungshören sehr wichtig. Ausprobe High-End, möchte eventuell hinterher IdO.
06.05.2011
Nachkontrolle Mind; Sprache hätte lauter sein dürfen, NG hingegen etwas leiser.
13.05.2011
Anpassung Phonak Audeo ZIP IX, nachdem er Audeo ZIP V getestet hat und sehr zufrieden damit ist, die bessere Technik aber auch noch ausprobieren wollte.
09.06.2011
Er war bei Dr. D. Papiere rübergebracht, da er vorher nicht bei uns war. Anpassbericht schreiben und rüberbringen. RG zuschicken.
06.12.2013
Der Kunde St. hat eine Klage beim Sozialgericht Stuttgart über die volle Kostenübernahme eingereicht. Klasse! Wir haben jetzt Ende Dez. 2013 und die HG’s hatte er im Juni 2006 bekommen. Notizen von Frau G. sind kaum vorhanden. Keine Angaben zur Erprobung von Festbetragsgeräten und sonst auch nicht viel. Herr H. hat mir einen Scan der Versichertenerklärung gemailt. Ich sende jetzt die Anfrage des Sozialgerichts an Herrn H./BiHa. Wir hatten ja erst vor wenigen Wochen drei Anfragen beantwortet.
03.07.2015
Kunde will immer noch die volle Kostenübernahme von seiner Krankenkasse haben. Er ist der Onkel von dem Mann von Frau G., welche die Anpassung dieser Geräte damals in F. vorgenommen hatte. Der Kunde hat wohl jetzt Frau G. als Zeugin bei Gericht angegeben und muss jetzt am 16.05.2015 zu dieser Gerichtsverhandlung erscheinen. Ende 2013 hatte ja das Sozialgericht uns angeschrieben und ich habe zusammen mit der BiHa den Fragebogen ausgefüllt. Kunde wollte damals keine Festbetragsgeräte erproben. Versichertenerklärung ist vorhanden und vom Kunden unterschrieben. Warum bei einem stark sehbehinderten Kunden zwei kleine Standpunkt IOs mit Zehnerbatterie angepasst werden müssen, verstehe ich auch nicht.
Ich habe gerade mit Frau G. telefoniert. Sie kommt aus meiner Sicht nicht drum herum, dass sie zu dem Gerichtstermin erscheinen muss. Sie muss def. dabeibleiben, dass der Kunde keine Festbetragsgeräte erproben wollte, wo diese Möglichkeit bei seinem HV natürlich möglich gewesen wäre. Versorgung erfolgte auf Kundenwunsch!
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Der Bevollmächtigte der Beklagten hat im Erörterungstermin mitgeteilt, dass etwa seit dem Jahr 2014 sog Pflegeberater installiert worden seien, da erkannt worden sei, dass es in bestimmten Einzelfällen weitergehende Beratungsbedürfnisse der Versicherten gebe. In Situationen wie beim Kläger könne nunmehr ggf ein Pflegeberater mit zur Hörgeräteprobe gehen.
27 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
30 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und unbegründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten in Höhe von 4.170,60 EUR für die beiden von ihr selbst beschafften Hörgeräte des Typs Phonak Audeo ZIP IX.
31 
Rechtsgrundlage der begehrten Kostenerstattung ist vorliegend § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB IX. Da eine unaufschiebbare Leistung nicht vorgelegen hat, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt eine Kostenerstattung nur in Betracht, wenn dem Kläger Kosten wegen einer zu Unrecht erfolgten Ablehnung entstanden sind. Dies ist hier der Fall.
32 
Zuständiger Träger ist die Beklagte. Bei einer Hörgeräteversorgung handelt es sich um eine Rehabilitationsleistung im Sinne von § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX, vgl BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40, SozR 4-3250 § 14 Nr 19). Die Beklagte ist der für den Kläger im Außenverhältnis (zur Terminologie vgl BSG 26.06.2007, B 1 KR 36/06 R, BSGE 98, 277, SozR 4-2500 § 40 Nr 4, Rn 12) allein zuständige Rehabilitationsträger. Dies folgt unabhängig von der materiell-rechtlichen Zuständigkeit aus § 14 SGB IX. Nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe beantragt werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX). Wird der Antrag – wie im vorliegenden Fall - nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§ 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich (eigentlich) zuständige Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger eine nach § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40, SozR 4-3250 § 14 Nr 19 mwN). Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (BSG 24.01.2013 aaO). Diese Zuständigkeit ist ausschließlicher Natur (BSG 24.01.2013 aaO).
33 
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB IX setzt einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170, SozR 4-2500 § 36 Nr 2). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, aaO). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, der Kläger sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt.
34 
Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach rechtswidriger Ablehnung der Leistung durch den Reha-Träger ist der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der ablehnenden Entscheidung der Verwaltung und der Selbstbeschaffung, der vorliegend gegeben ist. An einem solchen Zusammenhang fehlt es dann, wenn der Reha-Träger vor der Selbstbeschaffung mit dem Leistungsbegehren überhaupt nicht befasst wurde oder der Antragsteller die Entscheidung des Reha-Trägers in einem angemessenen Zeitraum nicht abgewartet hat, obwohl dies ihm möglich und zumutbar gewesen wäre. Die Beklagte wurde am 08.04.2011 und damit ausreichend vor der Beschaffung mit der Versorgungsanzeige des Akustikers in Kenntnis gesetzt. Dies reicht aus.
35 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG 06.09.2007, B 3 KR 20/06 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 17). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 01.01.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist ua Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr 1 Satz 2 des Vertrags). Vorliegend ist der Beklagten die Versorgungsanzeige des Akustikers am 08.04.2011 (= Antrag iS des § 14 SGB IX, vgl BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40, SozR 4-3250 § 14 Nr 19) zugegangen, so dass der erforderliche Kausalzusammenhang besteht.
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Rechtsgrundlage des Primärleistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R aaO und 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R aaO).
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Bei dem in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (sog unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich, vgl etwa BSG 29.04.2010, B 3 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 30 mwN). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R aaO). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten (vgl LSG Baden-Württemberg 15.11.2013, L 4 KR 85/12, juris). Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R aaO und 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R aaO).
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Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R aaO und 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R aaO).
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Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht dem Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V zu.
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Der Kläger ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihm besteht eine mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits mit zunehmendem Diskriminationsverlust bzgl der Sprache. Dies ergibt sich aus dem Bericht des Dr. D. gegenüber dem SG. Dr. D. hat auch darauf hingewiesen, dass wegen der Blindheit eine Verbesserung des räumlichen Hörens zur Orientierung notwendig ist. Auch der MDK hat im Gutachten vom 27.10.2011 ausgeführt, dass angesichts der Blindheit des Klägers ein Ausgleich der eingeschränkten Hörfähigkeit von besonderer Bedeutung ist.
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Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die vom Kläger selbst beschafften Hörgeräte des Typs Phonak Audeo ZIP IX die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. Es ist zwar fraglich, ob nur diese Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten und ob es nicht kostengünstigere Alternativen gegeben hätte. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass der Akustiker mit dem Kläger zwei eigenanteilsfreie Hörgeräte getestet und den Kläger ausreichend über die Versorgungsmöglichkeiten informiert und aufgeklärt hat.
42 
Zur Überzeugung des Senats ist erwiesen, dass der Zeuge S. in seiner schriftlichen Angabe vor dem SG falsche Angaben gemacht hat. Der Zeuge hat behauptet, der Kläger habe von vornherein die Versorgung mit Festbetragsgeräten abgelehnt. Diese Behauptung ist unwahr und frei erfunden. Der Zeuge S. ist selbst bei der Anpassung nicht zugegen gewesen. Die bei der Anpassung anwesend gewesene Zeugin G. hat diese Angabe im Erörterungstermin vor dem Senat gerade nicht bestätigt. Sie hat außerdem im Zuge ihrer Vernehmung erklärt, sie wisse nicht mehr, ob dem Kläger überhaupt Festbetragsgeräte anprobiert worden seien. Dies erhellt allerdings den Hintergrund der falschen Angabe des Zeugen S.: Es wurden offenbar nicht in ordnungsgemäßer Weise Festbetragshörgeräte anprobiert und der Zeuge S. versucht, dies dem Kläger anzulasten. Der Kläger hat zwar erklärt, es seien Festbetragsgeräte anprobiert worden, konnte aber keine Einzelheiten nennen, was ihm angesichts seiner Blindheit nicht zum Vorwurf gereichen kann. Die vom Kläger geschilderte „Anpassung“, wonach ihm lediglich ein Gerät angelegt und er dann nach draußen gegangen sei und an der Straße Richtungshören ausprobiert habe, lässt keine ausreichende Anpassung erkennen. Es wäre Sache des Leistungserbringers gewesen, die Anpassungsvorgänge sachgerecht zu dokumentieren, was aber nicht geschehen ist. Die Zeugin G. hat weiter mitgeteilt, sie sei vom Zeugen S. „instruiert worden“ und ihr drohe der Verlust des Arbeitsplatzes. Sie hat glaubhaft ausgeführt, dass der Zeuge S. seine Angaben aus im Geschäft angefertigten Computereintragungen entnommen habe und hat diese Ausdrucke vorgelegt (Bl 29 ff Senatsakte). Dort gibt es keinerlei Stütze für die Behauptung des Zeugen S., der Kläger habe die Versorgung mit Festbetragsgeräten abgelehnt. Vielmehr hat der Zeuge S. selbst unter dem 06.12.2013 dort eingetragen, er habe eine Anfrage vom Sozialgericht Stuttgart bekommen und es seien kaum Notizen vorhanden, „keine Angaben zur Erprobung von Festbetragsgeräten und sonst auch nicht viel“. Der Zeuge S. hat weiter notiert, dass er gemeinsam mit einem Herrn H. von der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHK) ein Antwortschreiben an das SG entwerfen werde, wie er es bereits mehrfach getan habe („Der hat mir ja erst vor wenigen Wochen 3 Anfragen beantwortet.“) Weiter hat der Zeuge S. unter dem 03.07.2015 - kurz vor dem Erörterungstermin beim Senat - festgehalten, dass er die Zeugin G. dahingehend instruiert habe, dass sie im Gerichtstermin erklären müsse, dass der Kläger keine Festbetragsgeräte habe erproben wollen. Dass die Zeugin G. dieser Anstiftung zur Falschaussage nicht nachgekommen ist, hat der Senat mit Respekt zur Kenntnis genommen.
43 
Dass eine vergleichende Anpassung mit Festbetragshörgeräten nicht erfolgt bzw nicht nachgewiesen ist, geht nicht zu Lasten des Klägers (vgl zu einem ähnlichen Sachverhalt LSG Baden-Württemberg 15.11.2013, L 4 KR 85/12, juris Rd Nr 32 ff).
44 
Die Festbetragsregelung entbindet die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Es hat folglich der Beklagten oblegen, sicherzustellen, dass der Hörgeräte-Akustiker dem Kläger zwei eigenanteilsfreie Hörgeräte anbietet, anlegt und in einer den individuellen Bedürfnissen des behinderten Menschen entsprechenden Weise ausprobiert. Das dies nicht geschehen ist, geht nicht zu Lasten des Klägers, sondern wird der Beklagten zugerechnet (eingehend hierzu LSG Baden-Württemberg 15.11.2013, L 4 KR 85/12, juris Rn 33; LSG Niedersachsen-Bremen 04.11.2013, L 2 R 438/13 ER, juris Rn 52 ff). Aus der dargelegten Verpflichtung der KK können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (LSG Baden-Württemberg 15.11.2013, L 4 KR 85/12). Für den blinden Kläger war der Überblick über die Angebotslage schwieriger zu erhalten, als einem „nur“ hörgeschädigten Versicherten; hinzu kommt das intransparente Agieren des Hörgeräteakustikers S., bei dem nach den dargelegten Umständen nicht ausgeschlossen werden kann, dass er aus Eigeninteresse eine Versorgung mit höherpreisigen Geräten anstrebt. Dass vorliegend ein Beratungsdefizit bestand, da der blinde Kläger bei der Auswahl der Hörgeräte besonderer Unterstützung bedurfte, hat die Beklagte nunmehr auch erkannt und durch die Einführung besonderer Begleitpersonen bei einem bestehenden Unterstützungsbedarf entsprechend reagiert. Im Jahr 2011 hat dieses Defizit aber noch bestanden, was gleichfalls nicht zu Lasten des Versicherten gehen kann.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.

Gründe

 
29 
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
30 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und unbegründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten in Höhe von 4.170,60 EUR für die beiden von ihr selbst beschafften Hörgeräte des Typs Phonak Audeo ZIP IX.
31 
Rechtsgrundlage der begehrten Kostenerstattung ist vorliegend § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB IX. Da eine unaufschiebbare Leistung nicht vorgelegen hat, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt eine Kostenerstattung nur in Betracht, wenn dem Kläger Kosten wegen einer zu Unrecht erfolgten Ablehnung entstanden sind. Dies ist hier der Fall.
32 
Zuständiger Träger ist die Beklagte. Bei einer Hörgeräteversorgung handelt es sich um eine Rehabilitationsleistung im Sinne von § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX, vgl BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40, SozR 4-3250 § 14 Nr 19). Die Beklagte ist der für den Kläger im Außenverhältnis (zur Terminologie vgl BSG 26.06.2007, B 1 KR 36/06 R, BSGE 98, 277, SozR 4-2500 § 40 Nr 4, Rn 12) allein zuständige Rehabilitationsträger. Dies folgt unabhängig von der materiell-rechtlichen Zuständigkeit aus § 14 SGB IX. Nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX stellt der Rehabilitationsträger, sofern Leistungen zur Teilhabe beantragt werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX). Wird der Antrag – wie im vorliegenden Fall - nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§ 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich (eigentlich) zuständige Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger eine nach § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40, SozR 4-3250 § 14 Nr 19 mwN). Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (BSG 24.01.2013 aaO). Diese Zuständigkeit ist ausschließlicher Natur (BSG 24.01.2013 aaO).
33 
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB IX setzt einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170, SozR 4-2500 § 36 Nr 2). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, aaO). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, der Kläger sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt.
34 
Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach rechtswidriger Ablehnung der Leistung durch den Reha-Träger ist der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der ablehnenden Entscheidung der Verwaltung und der Selbstbeschaffung, der vorliegend gegeben ist. An einem solchen Zusammenhang fehlt es dann, wenn der Reha-Träger vor der Selbstbeschaffung mit dem Leistungsbegehren überhaupt nicht befasst wurde oder der Antragsteller die Entscheidung des Reha-Trägers in einem angemessenen Zeitraum nicht abgewartet hat, obwohl dies ihm möglich und zumutbar gewesen wäre. Die Beklagte wurde am 08.04.2011 und damit ausreichend vor der Beschaffung mit der Versorgungsanzeige des Akustikers in Kenntnis gesetzt. Dies reicht aus.
35 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG 06.09.2007, B 3 KR 20/06 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 17). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 01.01.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist ua Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr 1 Satz 2 des Vertrags). Vorliegend ist der Beklagten die Versorgungsanzeige des Akustikers am 08.04.2011 (= Antrag iS des § 14 SGB IX, vgl BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40, SozR 4-3250 § 14 Nr 19) zugegangen, so dass der erforderliche Kausalzusammenhang besteht.
36 
Rechtsgrundlage des Primärleistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R aaO und 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R aaO).
37 
Bei dem in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (sog unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich, vgl etwa BSG 29.04.2010, B 3 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 30 mwN). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R aaO). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten (vgl LSG Baden-Württemberg 15.11.2013, L 4 KR 85/12, juris). Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R aaO und 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R aaO).
38 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R aaO und 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R aaO).
39 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht dem Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V zu.
40 
Der Kläger ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihm besteht eine mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits mit zunehmendem Diskriminationsverlust bzgl der Sprache. Dies ergibt sich aus dem Bericht des Dr. D. gegenüber dem SG. Dr. D. hat auch darauf hingewiesen, dass wegen der Blindheit eine Verbesserung des räumlichen Hörens zur Orientierung notwendig ist. Auch der MDK hat im Gutachten vom 27.10.2011 ausgeführt, dass angesichts der Blindheit des Klägers ein Ausgleich der eingeschränkten Hörfähigkeit von besonderer Bedeutung ist.
41 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die vom Kläger selbst beschafften Hörgeräte des Typs Phonak Audeo ZIP IX die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. Es ist zwar fraglich, ob nur diese Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten und ob es nicht kostengünstigere Alternativen gegeben hätte. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass der Akustiker mit dem Kläger zwei eigenanteilsfreie Hörgeräte getestet und den Kläger ausreichend über die Versorgungsmöglichkeiten informiert und aufgeklärt hat.
42 
Zur Überzeugung des Senats ist erwiesen, dass der Zeuge S. in seiner schriftlichen Angabe vor dem SG falsche Angaben gemacht hat. Der Zeuge hat behauptet, der Kläger habe von vornherein die Versorgung mit Festbetragsgeräten abgelehnt. Diese Behauptung ist unwahr und frei erfunden. Der Zeuge S. ist selbst bei der Anpassung nicht zugegen gewesen. Die bei der Anpassung anwesend gewesene Zeugin G. hat diese Angabe im Erörterungstermin vor dem Senat gerade nicht bestätigt. Sie hat außerdem im Zuge ihrer Vernehmung erklärt, sie wisse nicht mehr, ob dem Kläger überhaupt Festbetragsgeräte anprobiert worden seien. Dies erhellt allerdings den Hintergrund der falschen Angabe des Zeugen S.: Es wurden offenbar nicht in ordnungsgemäßer Weise Festbetragshörgeräte anprobiert und der Zeuge S. versucht, dies dem Kläger anzulasten. Der Kläger hat zwar erklärt, es seien Festbetragsgeräte anprobiert worden, konnte aber keine Einzelheiten nennen, was ihm angesichts seiner Blindheit nicht zum Vorwurf gereichen kann. Die vom Kläger geschilderte „Anpassung“, wonach ihm lediglich ein Gerät angelegt und er dann nach draußen gegangen sei und an der Straße Richtungshören ausprobiert habe, lässt keine ausreichende Anpassung erkennen. Es wäre Sache des Leistungserbringers gewesen, die Anpassungsvorgänge sachgerecht zu dokumentieren, was aber nicht geschehen ist. Die Zeugin G. hat weiter mitgeteilt, sie sei vom Zeugen S. „instruiert worden“ und ihr drohe der Verlust des Arbeitsplatzes. Sie hat glaubhaft ausgeführt, dass der Zeuge S. seine Angaben aus im Geschäft angefertigten Computereintragungen entnommen habe und hat diese Ausdrucke vorgelegt (Bl 29 ff Senatsakte). Dort gibt es keinerlei Stütze für die Behauptung des Zeugen S., der Kläger habe die Versorgung mit Festbetragsgeräten abgelehnt. Vielmehr hat der Zeuge S. selbst unter dem 06.12.2013 dort eingetragen, er habe eine Anfrage vom Sozialgericht Stuttgart bekommen und es seien kaum Notizen vorhanden, „keine Angaben zur Erprobung von Festbetragsgeräten und sonst auch nicht viel“. Der Zeuge S. hat weiter notiert, dass er gemeinsam mit einem Herrn H. von der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHK) ein Antwortschreiben an das SG entwerfen werde, wie er es bereits mehrfach getan habe („Der hat mir ja erst vor wenigen Wochen 3 Anfragen beantwortet.“) Weiter hat der Zeuge S. unter dem 03.07.2015 - kurz vor dem Erörterungstermin beim Senat - festgehalten, dass er die Zeugin G. dahingehend instruiert habe, dass sie im Gerichtstermin erklären müsse, dass der Kläger keine Festbetragsgeräte habe erproben wollen. Dass die Zeugin G. dieser Anstiftung zur Falschaussage nicht nachgekommen ist, hat der Senat mit Respekt zur Kenntnis genommen.
43 
Dass eine vergleichende Anpassung mit Festbetragshörgeräten nicht erfolgt bzw nicht nachgewiesen ist, geht nicht zu Lasten des Klägers (vgl zu einem ähnlichen Sachverhalt LSG Baden-Württemberg 15.11.2013, L 4 KR 85/12, juris Rd Nr 32 ff).
44 
Die Festbetragsregelung entbindet die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Es hat folglich der Beklagten oblegen, sicherzustellen, dass der Hörgeräte-Akustiker dem Kläger zwei eigenanteilsfreie Hörgeräte anbietet, anlegt und in einer den individuellen Bedürfnissen des behinderten Menschen entsprechenden Weise ausprobiert. Das dies nicht geschehen ist, geht nicht zu Lasten des Klägers, sondern wird der Beklagten zugerechnet (eingehend hierzu LSG Baden-Württemberg 15.11.2013, L 4 KR 85/12, juris Rn 33; LSG Niedersachsen-Bremen 04.11.2013, L 2 R 438/13 ER, juris Rn 52 ff). Aus der dargelegten Verpflichtung der KK können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (LSG Baden-Württemberg 15.11.2013, L 4 KR 85/12). Für den blinden Kläger war der Überblick über die Angebotslage schwieriger zu erhalten, als einem „nur“ hörgeschädigten Versicherten; hinzu kommt das intransparente Agieren des Hörgeräteakustikers S., bei dem nach den dargelegten Umständen nicht ausgeschlossen werden kann, dass er aus Eigeninteresse eine Versorgung mit höherpreisigen Geräten anstrebt. Dass vorliegend ein Beratungsdefizit bestand, da der blinde Kläger bei der Auswahl der Hörgeräte besonderer Unterstützung bedurfte, hat die Beklagte nunmehr auch erkannt und durch die Einführung besonderer Begleitpersonen bei einem bestehenden Unterstützungsbedarf entsprechend reagiert. Im Jahr 2011 hat dieses Defizit aber noch bestanden, was gleichfalls nicht zu Lasten des Versicherten gehen kann.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Juni 2016 - L 11 KR 2013/15

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Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Juni 2016 - L 11 KR 2013/15 zitiert 21 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 14 Leistender Rehabilitationsträger


(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen um

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 33 Hilfsmittel


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen od

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel


(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 6 Rehabilitationsträger


(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein: 1. die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,2. die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,3. die Träger der gesetzlichen

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 127 Verträge


(1) Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften schließen im Wege von Vertragsverhandlungen Verträge mit Leistungserbringern oder Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 126 Versorgung durch Vertragspartner


(1) Hilfsmittel dürfen an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Absatz 1 und 3 abgegeben werden. Vertragspartner der Krankenkassen können nur Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 31 Leistungsort


Sach- und Dienstleistungen können auch im Ausland erbracht werden, wenn sie dort bei zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit wirtschaftlicher ausgeführt werden können. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können im grenznahen Ausland auch ausg

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 19 Leistungen auf Antrag oder von Amts wegen


Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abw

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Juni 2016 - L 11 KR 2013/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Juni 2016 - L 11 KR 2013/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2013 - L 4 KR 85/12

bei uns veröffentlicht am 15.11.2013

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufgehoben.Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2008 jeweil

Bundessozialgericht Urteil, 24. Jan. 2013 - B 3 KR 5/12 R

bei uns veröffentlicht am 24.01.2013

Tenor Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 29. Apr. 2010 - B 3 KR 5/09 R

bei uns veröffentlicht am 29.04.2010

Tatbestand 1 Streitig ist die Bewilligung einer Lichtsignalanlage als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine hochgradig schwerhörige Versicherte

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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

13

2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

14

3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

17

b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

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4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

22

d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

26

e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

27

5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

28

6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

29

7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

30

8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

31

a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

32

b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

33

c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

34

d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

35

9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

41

b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

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2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

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3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

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a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

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b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

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4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

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b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

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c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

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d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

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Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

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Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

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e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

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5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

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7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

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8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

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a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

32

b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

33

c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

34

d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

35

9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

41

b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt. Leistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung werden von Amts wegen erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung nichts Abweichendes ergibt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Hilfsmittel dürfen an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Absatz 1 und 3 abgegeben werden. Vertragspartner der Krankenkassen können nur Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Anforderungen nach Satz 2, einschließlich der Fortbildung der Leistungserbringer, ab.

(1a) Die Krankenkassen stellen sicher, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind. Die Leistungserbringer führen den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 durch Vorlage eines Zertifikats einer geeigneten, unabhängigen Stelle (Präqualifizierungsstelle); bei Verträgen nach § 127 Absatz 3 kann der Nachweis im Einzelfall auch durch eine Feststellung der Krankenkasse erfolgen. Die Leistungserbringer haben einen Anspruch auf Erteilung des Zertifikats oder eine Feststellung der Krankenkasse nach Satz 2 zweiter Halbsatz, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 haben die Präqualifizierungsstelle im Rahmen ihrer Zertifizierungstätigkeit und die Krankenkasse bei ihrer Feststellung die Empfehlungen nach Absatz 1 Satz 3 zu beachten. Die Zertifikate sind auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Erteilte Zertifikate sind einzuschränken, auszusetzen oder zurückzuziehen, wenn die erteilende Stelle oder die Stelle nach Absatz 2 Satz 6 auf Grund von Überwachungstätigkeiten im Sinne der DIN EN ISO/IEC 17065, Ausgabe Januar 2013, feststellt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 nicht oder nicht mehr erfüllt sind, soweit der Leistungserbringer nicht innerhalb einer angemessenen Frist die Übereinstimmung herstellt. Die erteilenden Stellen dürfen die für den Nachweis der Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Daten von Leistungserbringern verarbeiten. Sie haben den Spitzenverband Bund der Krankenkassen entsprechend seiner Vorgaben über ausgestellte sowie über verweigerte, eingeschränkte, ausgesetzte und zurückgezogene Zertifikate einschließlich der für die Identifizierung der jeweiligen Leistungserbringer erforderlichen Daten zu unterrichten. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist befugt, die übermittelten Daten zu verarbeiten und den Krankenkassen sowie der nationalen Akkreditierungsstelle nach Absatz 2 Satz 1 bekannt zu geben.

(1b) Abweichend von Absatz 1a Satz 2 erster Halbsatz haben öffentliche Apotheken keinen Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 zu führen, soweit apothekenübliche Hilfsmittel an Versicherte abgegeben werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker eine Vereinbarung darüber abzuschließen, welche Hilfsmittel als apothekenübliche Hilfsmittel im Sinne des Satzes 1 einzustufen sind. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 2 nicht bis zum 27. Januar 2024 zustande, legt die Schiedsstelle nach § 129 Absatz 8 bis zum 27. April 2024 den Inhalt der Vereinbarung fest. Eine bestehende Vereinbarung gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort; ein Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden der ersten Vereinbarung fort.

(2) Als Präqualifizierungsstellen dürfen nur Zertifizierungsstellen für Produkte, Prozesse und Dienstleistungen gemäß DIN EN ISO/IEC 17065, Ausgabe Januar 2013, tätig werden, die die Vorgaben nach Absatz 1a Satz 4 bis 8 beachten und von einer nationalen Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung akkreditiert worden sind. Die Akkreditierung ist auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Die Akkreditierung erlischt mit dem Ablauf der Frist, mit der Einstellung des Betriebes der Präqualifizierungsstelle oder durch Verzicht der Präqualifizierungsstelle. Die Einstellung und der Verzicht sind der nationalen Akkreditierungsstelle unverzüglich mitzuteilen. Die bisherige Präqualifizierungsstelle ist verpflichtet, die Leistungserbringer, denen sie Zertifikate erteilt hat, über das Erlöschen ihrer Akkreditierung zu informieren. Die Leistungserbringer haben umgehend mit einer anderen Präqualifizierungsstelle die Fortführung des Präqualifizierungsverfahrens zu vereinbaren, der die bisherige Präqualifizierungsstelle die ihr vorliegenden Antragsunterlagen in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen hat. Das Bundesministerium für Gesundheit übt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes die Fachaufsicht über die nationale Akkreditierungsstelle aus. Präqualifizierungsstellen, die seit dem 1. Juli 2010 Aufgaben nach Absatz 1a wahrnehmen, haben spätestens bis zum 31. Juli 2017 einen Antrag auf Akkreditierung nach Satz 1 zu stellen und spätestens bis zum 30. April 2019 den Nachweis über eine erfolgreiche Akkreditierung zu erbringen. Die nationale Akkreditierungsstelle überwacht die Einhaltung der sich aus der DIN EN ISO/IEC 17065 und den Vorgaben nach Absatz 1a Satz 4 bis 8 für die Präqualifizierungsstellen ergebenden Anforderungen und Verpflichtungen. Sie hat die Akkreditierung einzuschränken, auszusetzen oder zurückzunehmen, wenn die Präqualifizierungsstelle die Anforderungen für die Akkreditierung nicht oder nicht mehr erfüllt oder ihre Verpflichtungen erheblich verletzt; die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend. Für die Prüfung, ob die Präqualifizierungsstellen ihren Verpflichtungen nachkommen, kann die nationale Akkreditierungsstelle nach Absatz 2 Satz 1 auf Informationen der Krankenkassen oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, berufsständischer Organisationen und Aufsichtsbehörden zurückgreifen.

(3) Für nichtärztliche Dialyseleistungen, die nicht in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden, gelten die Regelungen dieses Abschnitts entsprechend.

(1) Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften schließen im Wege von Vertragsverhandlungen Verträge mit Leistungserbringern oder Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung. Darüber hinaus können die Vertragsparteien in den Verträgen nach Satz 1 auch einen Ausgleich der Kosten für erhöhte Hygienemaßnahmen infolge der COVID-19-Pandemie vereinbaren. Dabei haben Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften jedem Leistungserbringer oder Verband oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. In den Verträgen nach Satz 1 sind eine hinreichende Anzahl an mehrkostenfreien Hilfsmitteln, die Qualität der Hilfsmittel, die notwendige Beratung der Versicherten und die sonstigen zusätzlichen Leistungen im Sinne des § 33 Absatz 1 Satz 5 sicherzustellen und ist für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen. Den Verträgen sind mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und Produkte zugrunde zu legen. Die Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, ist auf einem geeigneten Portal der Europäischen Union oder mittels einem vergleichbaren unionsweit publizierenden Medium unionsweit öffentlich bekannt zu machen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt bis zum 30. September 2020 ein einheitliches, verbindliches Verfahren zur unionsweiten Bekanntmachung der Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, fest. Über die Inhalte abgeschlossener Verträge einschließlich der Vertragspartner sind andere Leistungserbringer auf Nachfrage unverzüglich zu informieren. Werden nach Abschluss des Vertrages die Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte nach § 139 Absatz 2 durch Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses verändert, liegt darin eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die die Vertragsparteien zur Vertragsanpassung oder Kündigung berechtigt.

(1a) Im Fall der Nichteinigung wird der streitige Inhalt der Verträge nach Absatz 1 auf Anruf einer der Verhandlungspartner durch eine von den jeweiligen Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson innerhalb von drei Monaten ab Bestimmung der Schiedsperson festgelegt. Eine Nichteinigung nach Satz 1 liegt vor, wenn mindestens einer der Vertragspartner intensive Bemühungen zur Erreichung eines Vertrages auf dem Verhandlungswege nachweisen kann. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt. Die Schiedsperson gilt als bestimmt, sobald sie sich gegenüber den Vertragspartnern zu ihrer Bestellung bereiterklärt hat. Der bisherige Vertrag und die bisherigen Preise gelten bis zur Entscheidung durch die Schiedsperson fort. Legt die Schiedsperson Preise fest, hat sie diese so festzusetzen, dass eine in der Qualität gesicherte, ausreichende, zweckmäßige sowie wirtschaftliche Versorgung gewährleistet ist. Zur Ermittlung hat die Schiedsperson insbesondere die Kalkulationsgrundlagen der jeweiligen Verhandlungspartner und die marktüblichen Preise zu berücksichtigen. Die Verhandlungspartner sind verpflichtet, der Schiedsperson auf Verlangen alle für die zu treffende Festlegung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson durch die Aufsichtsbehörde haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts sind gegen den Vertragspartner zu richten. Der von der Schiedsperson festgelegte Vertragsinhalt oder von der Schiedsperson festgelegte einzelne Bestimmungen des Vertrages gelten bis zur gerichtlichen Ersetzung oder gerichtlichen Feststellung der Unbilligkeit weiter.

(2) Den Verträgen nach Absatz 1 Satz 1 können Leistungserbringer zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht auf Grund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Hierbei sind entsprechend Absatz 1 Satz 1 Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. Verträgen, die mit Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer abgeschlossen wurden, können auch Verbände und sonstige Zusammenschlüsse der Leistungserbringer beitreten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für fortgeltende Verträge, die vor dem 1. April 2007 abgeschlossen wurden. § 126 Abs. 1a und 2 bleibt unberührt.

(3) Soweit für ein erforderliches Hilfsmittel keine Verträge der Krankenkasse nach Absatz 1 mit Leistungserbringern bestehen oder durch Vertragspartner eine Versorgung der Versicherten in einer für sie zumutbaren Weise nicht möglich ist, trifft die Krankenkasse eine Vereinbarung im Einzelfall mit einem Leistungserbringer; Absatz 1 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend. Sie kann vorher auch bei anderen Leistungserbringern in pseudonymisierter Form Preisangebote einholen. In den Fällen des § 33 Abs. 1 Satz 5 gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Für Hilfsmittel, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde, können in den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 Preise höchstens bis zur Höhe des Festbetrags vereinbart werden.

(5) Die Leistungserbringer haben die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung zu beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen nach § 33 Absatz 1 Satz 1 und 5 für die konkrete Versorgungssituation im Einzelfall geeignet und notwendig sind. Die Leistungserbringer haben die Beratung nach Satz 1 schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren und sich durch Unterschrift der Versicherten bestätigen zu lassen. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 127 zu regeln. Im Falle des § 33 Absatz 1 Satz 9 sind die Versicherten vor der Wahl der Hilfsmittel oder zusätzlicher Leistungen auch über die von ihnen zu tragenden Mehrkosten zu informieren. Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten über die zur Versorgung berechtigten Vertragspartner und über die wesentlichen Inhalte der Verträge zu informieren. Abweichend von Satz 1 informieren die Krankenkassen ihre Versicherten auf Nachfrage, wenn diese bereits einen Leistungserbringer gewählt oder die Krankenkassen auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. Sie können auch den Vertragsärzten entsprechende Informationen zur Verfügung stellen. Die Krankenkassen haben die wesentlichen Inhalte der Verträge nach Satz 1 für Versicherte anderer Krankenkassen im Internet zu veröffentlichen.

(7) Die Krankenkassen überwachen die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer nach diesem Gesetz. Zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung führen sie Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen durch. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, den Krankenkassen auf Verlangen die für die Prüfungen nach Satz 1 erforderlichen einrichtungsbezogenen Informationen und Auskünfte zu erteilen und die von den Versicherten unterzeichnete Bestätigung über die Durchführung der Beratung nach Absatz 5 Satz 1 vorzulegen. Soweit es für Prüfungen nach Satz 1 erforderlich ist und der Versicherte schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat, können die Krankenkassen von den Leistungserbringern auch die personenbezogene Dokumentation über den Verlauf der Versorgung einzelner Versicherter anfordern. Die Leistungserbringer sind insoweit zur Datenübermittlung verpflichtet. Die Krankenkassen stellen vertraglich sicher, dass Verstöße der Leistungserbringer gegen ihre vertraglichen und gesetzlichen Pflichten nach diesem Gesetz angemessen geahndet werden. Schwerwiegende Verstöße sind der Stelle, die das Zertifikat nach § 126 Absatz 1a Satz 2 erteilt hat, mitzuteilen.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt bis zum 30. Juni 2017 Rahmenempfehlungen zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung ab, in denen insbesondere Regelungen zum Umfang der Stichprobenprüfungen in den jeweiligen Produktbereichen, zu möglichen weiteren Überwachungsinstrumenten und darüber getroffen werden, wann Auffälligkeiten anzunehmen sind.

(9) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene geben bis zum 31. Dezember 2017 gemeinsam Rahmenempfehlungen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Durchführung und Abrechnung der Versorgung mit Hilfsmitteln ab. Kommt eine Einigung bis zum Ablauf der nach Satz 1 bestimmten Frist nicht zustande, wird der Empfehlungsinhalt durch eine von den Empfehlungspartnern nach Satz 1 gemeinsam zu benennende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Empfehlungspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene je zur Hälfte. In den Empfehlungen können auch Regelungen über die in § 302 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 genannten Inhalte getroffen werden. § 139 Absatz 2 bleibt unberührt. In den Empfehlungen sind auch die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verordnungen von Leistungen nach § 33 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese Dienste zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86. Die Empfehlungen nach Satz 1 sind den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 zugrunde zu legen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

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Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

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Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

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Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

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Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

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1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

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2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

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3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

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b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

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4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

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a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

22

d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

26

e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

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5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

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7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

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8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

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a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

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b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

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c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

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d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

41

b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

13

2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

14

3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

17

b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

18

4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

22

d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

26

e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

27

5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

28

6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

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7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

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8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

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a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

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b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

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c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

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d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

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Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

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Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

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10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

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a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

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b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

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11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

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Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

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13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

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a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

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Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

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b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

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14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

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15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

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Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

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16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

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Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung einer Lichtsignalanlage als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine hochgradig schwerhörige Versicherte.

2

Die 1963 geborene Klägerin leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Akustische Signale wie zB eine Türklingel kann sie auch mit Hörgeräten nicht wahrnehmen. Ende Dezember 2005 beantragte sie mit vertragsärztlicher Verordnung die Versorgung mit einer Lichtsignalanlage, die akustische Signale mittels Blitzlampen in optische Signale umwandelt. Nach dem beigefügten Kostenvoranschlag eines Hörgeräteakustikers vom 22.12.2005 sollte die Lichtsignalanlage aus folgenden Einzelteilen bestehen: 1 TAE-Dreifachadapter zu 13,50 Euro; 1 Türklingelkabel galvanisch, 10 Meter, zu 9,20 Euro; 1 Lisa time Universalwecker zu 212 Euro; 1 Kombisender galvanisch zu 156 Euro; 1 Telefonkabel galvanisch, 10 Meter, zu 7,30 Euro; 1 Vibrationskissen nebst 3 Mignon-Batterien zu 34 Euro sowie 3 Blitzlampen Standard zu 348 Euro. Insgesamt ergaben sich Kosten in Höhe von 780 Euro.

3

Die beklagte Krankenkasse lehnte den Leistungsantrag ab (Bescheid vom 27.1.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.2.2006). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.5.2007): Die Lichtsignalanlage könne von der Klägerin bei einem Wohnungswechsel nicht mitgenommen werden, weil nach der gewählten Ausführung eine Kabelverbindung zwischen Sender und Türklingel erforderlich sei. Bei der Lichtsignalanlage handele es sich also nicht um ein Hilfsmittel der GKV, sondern um eine - in die Zuständigkeit der Pflegekassen fallende - Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (§ 40 Abs 4 SGB XI); nur wegen der individuellen Wohnsituation würden drei Blitzlampen benötigt. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, die Kosten für die Lichtsignalanlage gemäß Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 zu übernehmen (Urteil vom 25.2.2009): Die Lichtsignalanlage sei nicht fest mit dem Wohngebäude verbunden und könne in jeder anderen Wohnung mit im Wesentlichen unveränderter Ausführung eingesetzt werden, sodass die Anlage ein Hilfsmittel der GKV darstelle (§ 33 SGB V, § 31 SGB IX). Die Leistungspflicht der Beklagten sei auch nicht eingeschränkt, weil die Ausstattung mit drei Blitzlampen nicht unverhältnismäßig sei.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 33 SGB V. Unter Berücksichtigung der vom LSG festgestellten Tatsachen müsse davon ausgegangen werden, dass die Lichtsignalanlage fest mit dem Gebäude verbunden sei; diese könne folglich kein Hilfsmittel der GKV sein. Eine Leistungspflicht nach § 33 SGB V scheide zudem deshalb aus, weil die Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sei. Vergleichbare - aber deutlich preiswertere - Geräte würden in Arbeitsbereichen mit hohem Lärmpegel sowie in Tonstudios und Callcentern zum Einsatz kommen.

5

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.2.2009 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Aurich vom 31.5.2007 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen war (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar steht der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage zu, weil es sich um ein Hilfsmittel der GKV iS des § 33 Abs 1 SGB V handelt, das seiner Art und Funktion nach im Fall der Klägerin zum Behinderungsausgleich auch geeignet und notwendig ist. Es lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen des LSG aber nicht entnehmen, ob zum Behinderungsausgleich sämtliche Komponenten der Lichtsignalanlage erforderlich sind, die im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind. Das LSG hat die Beklagte zur Hilfsmittelversorgung gemäß diesem Kostenvoranschlag verurteilt, ohne auf die Erforderlichkeit der einzelnen Komponenten näher einzugehen. Außerdem ist zu klären, ob es zu den einzelnen Komponenten - deren Erforderlichkeit unterstellt - preisgünstigere, aber ebenso geeignete Alternativen gibt, wovon die Beklagte ausgeht. Diese Feststellungen hat das LSG im erneut durchzuführenden Berufungsverfahren nachzuholen.

8

1. Streitgegenstand ist der Anspruch auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage in Form sämtlicher Einzelbestandteile, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt und in einem inhaltsgleichen Kostenvoranschlag vom 2.1.2006 wiederholt worden sind. Nicht zum Streitgegenstand gehören hingegen zwei "Bescheide" der Beklagten vom 27.12.2005, mit denen zum Einen die Versorgung der Klägerin mit einem Lichtwecker für 95 Euro bewilligt und zum Anderen die Versorgung mit den übrigen Komponenten der Lichtsignalanlage abgelehnt werden sollte. Diese "Bescheide" haben das Stadium eines Entwurfs nicht überschritten, sind der Klägerin nicht bekannt gegeben (§ 37 SGB X) und deshalb auch nicht wirksam geworden (§ 39 SGB X). Sie finden sich dementsprechend nur als Entwürfe in den Verwaltungsakten. Die Klägerin ist mit dem Lichtwecker auch nicht versorgt worden. Grund für die unterbliebene Bekanntgabe beider Bescheide war die Unklarheit der ersten von der Klägerin eingereichten vertragsärztlichen Verordnung vom 19.12.2005, in der lediglich von einer "Licht-Blitz-Anlage" die Rede ist, also nicht der für Hörgeräteakustiker feststehende Begriff der "Lichtsignalanlage" benutzt worden war. Im Hilfsmittelverzeichnis (HMV, § 139 SGB V) wird zur Kennzeichnung der betroffenen Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 "Kommunikationshilfen" der Begriff der "Signalanlagen für Gehörlose" verwandt. Auf Veranlassung der Beklagten ist die unklare Verordnung vom 19.12.2005 vernichtet und durch die durch zweite vertragsärztliche Verordnung vom 29.12.2005 ersetzt worden, in der es - hilfsmittelrechtlich korrekt - "1 Lichtsignalanlage bei D: hochgradiger, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit" heißt. Nur um diese zweite Verordnung, deren Umsetzung die Beklagte insgesamt abgelehnt hat, streiten die Beteiligten im vorliegenden Rechtsstreit. Mit ihrem Klageabweisungs- und Revisionsantrag hat die Beklagte zudem bekräftigt, dass sie dem entworfenen Teil-Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Lichtweckers auch nicht nachträglich zur Wirksamkeit (§§ 37, 39 SGB X) verhelfen will.

9

2. Rechtsgrundlage des Versorgungsanspruchs ist § 33 SGB V in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378), weil bei Leistungsklagen, auch wenn sie - wie hier - mit einer Anfechtungsklage verbunden sind, grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 34 mwN). Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V umfasst der Anspruch auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Im vorliegenden Fall geht es um die Variante der Erstausstattung mit einem Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich. Deren Tatbestandsvoraussetzungen sind hier dem Grunde nach erfüllt.

10

3. Die Leistungsablehnung ist rechtswidrig, weil eine Lichtsignalanlage hier zum Behinderungsausgleich erforderlich ist. Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der GKV zu leistenden Hilfsmittels hat zweierlei Bedeutung:

11

a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Die gesonderte Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 ff zur Versorgung mit einer Badeprothese, die dem - von den normalen Beinprothesen nicht gewährleisteten - sicheren Gehen und Stehen in Nassbereichen dient und deshalb unabhängig davon beansprucht werden kann, dass das Schwimmen eine Freizeitbetätigung darstellt, die nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehört). Der Frage nach der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens kommt beim unmittelbaren Behinderungsausgleich erst dann Bedeutung zu, wenn es nicht um die erstmalige Behebung eines Funktionsdefizits geht und auch nicht um die reine Ersatzbeschaffung (was bei der Versorgung mit einer Badeprothese in BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 der Fall war und von Knispel SGb 2010, 359 ff übersehen worden ist), sondern um die Versorgung eines für den Behinderungsausgleich bereits ausreichend ausgestatteten Versicherten mit einem zweiten Hilfsmittel gleicher Art als bloße Zweitausstattung (Reservehaltung), für einen speziellen Zweck (zB Sportbrille für Schüler, BSG SozR 2200 § 182 Nr 73) oder mit einem technisch weiter entwickelten Hilfsmittel (zB computergestütztes statt mechanisches Kniegelenksystem). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-leg-Prothese). Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen und erst zu prüfen, wenn zwei tatsächlich gleichwertige, aber unterschiedlich teure Hilfsmittel zur Wahl stehen.

12

b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Rahmen ist die GKV allerdings nur für den Basisausgleich der Folgen der Behinderung eintrittspflichtig. Es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört ua die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw eines Schulwissens (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 und 46; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 RdNr 18). Zum körperlichen Freiraum gehört - im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit - die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (zB Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereichs. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind schon immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (vgl BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 - Erreichbarkeit ambulanter medizinischer Versorgung für Wachkomapatientin; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 - behindertengerechtes Dreirad; BSG SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl).

13

c) Dem Gegenstand nach besteht für den unmittelbaren ebenso wie für den mittelbaren Behinderungsausgleich Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V(ebenso § 31 Abs 3 SGB IX) von dem Versicherten selbst zu tragen. Demgemäß haben die Krankenkassen nicht für solche "Innovationen" aufzukommen, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44; BSGE 93, 183, 188 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8).

14

4. Nach Maßgabe dieser Grundsätze über die Hilfsmittelversorgung im Rahmen der GKV beim unmittelbaren und mittelbaren Behinderungsausgleich (3. Variante des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V und des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX)geht es bei einer Lichtsignalanlage für Gehörlose und hochgradig Schwerhörige nicht um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil nicht das Hörvermögen wiederhergestellt oder gestärkt wird, wie es zB bei der Versorgung mit Hörgeräten der Fall ist. Nicht das Hören selbst wird ermöglicht oder erleichtert, sondern das fehlende Hörvermögen durch die Nutzung des nicht beeinträchtigten Sehvermögens kompensiert, indem akustische Signale, wie zB das Läuten der Türklingel oder des Telefons, in optische Signale (zB Lichtblitze) umgewandelt werden. Der gehörlose Versicherte hört nicht das Läuten der Türklingel, sondern sieht, dass die Türklingel bedient wird. Ebenso kann die Kompensation des fehlenden Hörvermögens durch die Umwandlung von akustischen in taktile Signale erfolgen, wie es zB beim Einsatz von Vibrationskissen der Fall ist. Der Ersatz eines ausgefallenen bzw beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes stellt sich somit als mittelbarer Behinderungsausgleich dar, bei dem - wie ausgeführt - zu prüfen ist, ob ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist.

15

Die Lichtsignalanlage ist erforderlich zur Verwirklichung eines solchen Grundbedürfnisses. Das selbstständige Wohnen sowie das Kommunizieren mit anderen Menschen gehört zu diesen Grundbedürfnissen. Es geht um die passive Erreichbarkeit durch Menschen aus dem Bereich der Außenwelt nicht nur für angemeldete, sondern gerade auch für spontane Besuche (BSG SozR 2200 § 182b Nr 33 zur Klingelleuchte). Die Verwirklichung dieses Grundbedürfnisses erfordert, dass das für Gesunde hörbare Türklingelgeräusch in ein für die Klägerin wahrnehmbares Signal umgewandelt wird.

16

5. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen (§ 33 Abs 1 Satz 1, letzter Halbs SGB V). Die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern oder eine Behinderung ausgleichen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von gesunden, körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 22 zum Personalcomputer). Was regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt nicht in die Leistungspflicht der Krankenkassen, wobei es auf einen bestimmten prozentual messbaren Verbreitungsgrad in der Bevölkerung oder einen Mindestpreis nicht ankommt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 33 zum Luftreinhaltungsgerät II). Nicht ausschlaggebend ist, ob der Gegenstand aus Vermarktungsgründen als "medizinisches Hilfsmittel" beworben wird (BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 7 zum elektrisch verstellbaren Sessel).

17

Gegen die Einordnung der Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens spricht zunächst, dass derartige Geräte in der Produktgruppe 16 im HMV der GKV (§ 139 SGB V) als Kommunikationshilfe aufgeführt werden. Das HMV ist zwar nicht geeignet, Ansprüche der Versicherten im Sinne einer Positivliste auszuschließen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16, 20, 27; BSGE 99, 197 = SozR 4-2500 § 33 Nr 16, RdNr 20). Wenn aber ein Gegenstand im HMV gelistet ist, spricht dies im Sinne einer Orientierungshilfe zugunsten des Versicherten dafür, den Gegenstand nicht als allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass Funktürklingeln mit optischem Signal auch von gesunden Menschen am Arbeitsplatz genutzt werden, um einen hohen Geräuschpegel zu umgehen oder die notwendige Stille zu gewährleisten (zB Werkshallen, Callcenter, Tonstudio). Bei beruflich veranlasster Verwendung von Klingeln mit optischem Signal handelt es sich gerade nicht um eine Nutzung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da Grund für den Einsatz allein besondere äußere Umstände des Arbeitsplatzes sind, die für das normale tägliche Leben nicht prägend sind.

18

6. Die Lichtsignalanlage ist auch ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX. Von der Krankenkasse zu leistende Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation iS von § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX - um solche handelt es sich, wenn wie hier mit dem Hilfsmittel ein Behinderungsausgleich bezweckt wird - müssen nach § 31 Abs 1 SGB IX getragen, mitgeführt oder zumindest bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können. Der Hilfsmittelbegriff des § 31 SGB IX gibt insoweit den Regelungsgehalt des § 33 SGB V wieder, wie er auch vor Inkrafttreten des SGB IX von der Rechtsprechung entwickelt worden ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 14). Für das - hier entscheidende - Kriterium der Mitnahmemöglichkeit kommt es darauf an, ob das Gerät so in das Gebäude eingebaut ist, dass es nach der Verkehrsauffassung auch bei einem Umzug in der alten Wohnung verbleibt und der Einbau von Dauer ist. Kann das Gerät bei einem Wohnungswechsel ohne wesentliche verbleibenden Folgen, insbesondere ohne nennenswerte Substanzbeeinträchtigung an Wänden, Decken und Fußböden, ausgebaut und mit vertretbarem Aufwand in einer neuen Wohnung wieder eingebaut werden, liegt ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX vor(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 21 - Deckenlifter). Insoweit hat die frühere Rechtsprechung des Senats, wonach keine Leistungspflicht der Krankenkassen nach § 33 SGB V besteht, wenn eine Klingel- oder Signalleuchte mit dem Gebäude fest verbunden ist(BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30 unter teilweiser Aufgabe von BSG SozR 2200 § 182b Nr 33, weil dort Klingelleuchten unabhängig von der Art ihres Einbaus immer als Hilfsmittel eingestuft wurden), eine Modifizierung erfahren.

19

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die begehrte Lichtsignalanlage nicht als fester Bestandteil der Wohnung anzusehen. Nach den gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG besteht die Lichtsignalanlage aus beweglichen Einzelteilen, wobei die Telefonanlage und die Türklingel mittels Kabel mit dem Sender der Lichtsignalanlage verbunden werden. Klingelkabel und Telefonkabel können ohne größeren Aufwand wieder gelöst werden. Die vom Sender aufgenommenen Signale werden in Funkimpulse umgewandelt und über das normale Stromnetz zum Empfänger, den Blitzlampen, übertragen. Ob für die Installation der Anlage ggf aus Sicherheitsgründen auf die fachmännische Hilfe eines Elektrikers zurückgegriffen werden sollte, wie die Bedienungsanleitung der Lichtsignalanlage jedenfalls bei Anschluss einer Gegensprechanlage empfiehlt, ist dabei ohne Belang. Angesichts einiger weniger Kabelverbindungen kann es sich nur um einen zeitlich geringfügigen Aufwand handeln, der zudem einen wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz der Wohnung nicht erfordert. Anders wäre es beispielsweise, wenn das Verbindungskabel zwischen Türklingel und Sender unter Putz gelegt oder durch eine Wand geführt wurde oder die Halterungen der Blitzlampen in die Wände eingelassen wären. In einem solchen Fall wäre der Einbau der Lichtsignalanlage als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes einzustufen, für deren Bezuschussung die Pflegekassen zuständig sind (§ 40 Abs 4 SGB XI).

20

7. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als sonstige Maßnahme zur Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen. Über das Kriterium der Beweglichkeit iS von § 31 Abs 1 SGB IX hinaus hat der Senat aus dem Verhältnis von § 31 Abs 1 SGB IX zu § 33 SGB V sowie in Abgrenzung zu den von der Pflegekasse als Ermessensleitung zu erbringenden Leistungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs 4 SGB XI abgeleitet, dass ungeachtet ihrer Beweglichkeit diejenigen Mittel aus der Leistungspflicht der GKV ausgenommen sind, die "sonst der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen dienen"(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 13 mwN - Deckenlifter). Hilfen, die auf die individuelle Wohnsituation zugeschnitten sind und ggf gerade wegen dieser besonderen Wohnsituation benötigt werden, zählen daher ungeachtet ihrer Beweglichkeit nicht zu den von der Krankenkasse nach § 33 SGB V zu leistenden Hilfsmitteln (zB speziell auf die Bedürfnisse von kleinwüchsigen Menschen oder Rollstuhlfahrern zugeschnittene Möbel und Kücheneinrichtungen). Diese Eigenschaft hat die Lichtsignalanlage nicht, denn aufgrund der nahezu aufgehobenen Hörfähigkeit der Klägerin könnte diese auch in keiner anderen Wohnung eine Türklingel oder ein Telefon akustisch wahrnehmen.

21

Die Lichtsignalanlage wird auch nicht deshalb zu einer Maßnahme zur Anpassung des Wohnumfeldes, weil aufgrund der individuellen Wohnsituation der Klägerin drei Blitzlampen angeschafft werden sollen. Denn die nach § 33 SGB V zu beanspruchenden Hilfsmittel umfassen auch die im Einzelfall individuell benötigten Zubehörteile(BT-Drucks 11/2237 S 18f, 174). Die Blitzlampen sind als funktionell unselbstständige Zubehörteile anzusehen, da sie ihren Zweck nur erfüllen können, wenn die eingehenden Signale über den Kombisender vermittelt werden. Als unselbstständiges Zubehörteil der Lichtsignalanlage (vgl allgemein zu unselbstständigen Teilen: BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 6 S 31 - Gegensprechanlage) teilen die Lampen den Hilfsmittelcharakter der Anlage.

22

8. Ob die Klägerin Anspruch auf Versorgung im vom LSG tenorierten Umfang hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen allerdings nicht abschließend beurteilen. Die Leistungspflicht nach § 33 Abs 1 SGB V beschränkt sich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung, also auf die Versorgung des Versicherten mit ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Hilfsmitteln(§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V). Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, wenn für den angestrebten Nachteilsausgleich eine funktionell ebenfalls geeignete, aber kostengünstigere Versorgung möglich ist. Es ist bereits ausgeführt worden, dass das LSG alle Komponenten der Lichtsignalanlage, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind, auf ihre Notwendigkeit und Preisgünstigkeit hin zu prüfen hat. Zusätzlich ist aber zu beachten, dass mit der Verordnung einer Lichtsignalanlage grundsätzlich nur Anlagen mit optischen Signalen erfasst werden. Soweit akustische durch taktile Signale ersetzt werden, wie es zB bei den Vibrationskissen der Fall ist, handelt es sich zwar um "Signalanlagen für Gehörlose" im Sinne der Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 ("Kommunikationshilfen") des HMV, nicht aber um "Lichtsignalanlagen" im eigentlichen Sinne. Das LSG wird deshalb ebenfalls zu prüfen haben, ob das im Kostenvoranschlag genannte Vibrationskissen, das zu den taktilen Signalgebern gehört, von der verordneten optischen Signalanlage überhaupt umfasst ist. Dies könnte zB der Fall sein, wenn ein Vibrationskissen üblicherweise als Zubehör zu einer Lichtsignalanlage angesehen wird (vgl zB die Produktart "Blitz- und Vibrationswecker" Nr 3000-3999 sowie die Produktart "Signalempfänger mit taktiler Ausgabe" Nr 1000-1999).

23

9. Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Sach- und Dienstleistungen können auch im Ausland erbracht werden, wenn sie dort bei zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit wirtschaftlicher ausgeführt werden können. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können im grenznahen Ausland auch ausgeführt werden, wenn sie für die Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit erforderlich sind.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 verurteilt, der Klägerin EUR 2.196,00 zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von EUR 2.196,00.
Die 1949 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Bis 6. Juli 2009 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis als Geschäftsstellenleiterin, vom 7. Juli 2009 bis 5. Juli 2011 bezog sie Arbeitslosengeld und war deshalb versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten, vom 6. Juli 2011 bis 25. März 2012 war sie freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten, ab 26. März 2012 als Rentenantragstellerin und seit 1. April 2013 als Rentnerin erneut versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Wegen der Innenohrschwerhörigkeit beidseits verordnete Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. R. der Klägerin am 7. Juli 2008 erstmals eine beiderseitige Hörhilfe. Die Klägerin suchte in der Folgezeit das Hörakustikstudio S. (im Folgenden S.), das nach dem Vortrag der Beklagten im Jahr 2008 dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker (BIHA) einerseits sowie dem - damaligen- Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. (VdAK/AEV), heute Verband der Ersatzkassen (vdek), beigetreten war, auf. Von S. erhielt die Klägerin am 5. August 2008 die Hörgeräte BALANCE microBTE. Unter dem 1. September 2008 bescheinigte Dr. R., er habe sich davon überzeugt, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig sei. Nach dem Anpassbericht des S. vom 5. September 2008 habe die Klägerin bei Einsilbern (Wörter) ohne Hörgerät 30 vom Hundert (v.H.), mit einem Hörgerät links 70 v.H. und mit beiden Hörgeräten 90 v.H. verstanden, die Steigerung der Verständlichkeit liege bei 60 v.H., das Richtungshören habe sich verbessert. Am 10. September 2008 legte S. der Beklagten den Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 über zwei Hörgeräte BALANCE microBTE vor. Bei einem Preis der Hörgeräte von jeweils EUR 1.519,28 sowie zweier Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von insgesamt EUR 20,00, eines Eigenanteils der Klägerin von jeweils EUR 1.098,00, insgesamt EUR 2.196,00 sowie eines binauralen Abschlags von EUR 84,26 ergab sich ein Kassenanteil inklusive Mehrwertsteuer von EUR 808,88. Die Beklagte bewilligte mit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 30. September 2008 die Übernahme dieses Festbetrags und zahlte diesen an S.. S. stellte der Klägerin für die Hörgeräte EUR 2.196,00 in Rechnung (Rechnung vom 2. Oktober 2008). Die Klägerin beglich diese Rechnung vollständig am 6. Oktober 2008.
Am 27. Januar 2009 bat die Klägerin die Beklagte um Erläuterung ihrer Eigenbeteiligung und beantragte fürsorglich die Erstattung weiterer Kosten. Letzteres lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2009, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, ab. Bei der beigefügten Rechnung handele es sich um den Eigenanteil der Klägerin. Der Hörgeräteakustiker habe bei der Versorgung mit Hörgeräten eigenanteilsfreie Versorgungen innerhalb der Festbetragsgruppen anzubieten. Werde eine Versorgung gewählt, welche das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreite, erhalte der Akustiker ebenfalls die vereinbarten Festbeträge, der übersteigende Betrag werde dem Kunden als privater Eigenanteil in Rechnung gestellt. Auf die Genehmigung vom 30. September 2008 werde verwiesen.
Die Klägerin wiederholte unter dem 13. Februar 2009 ihr Begehren, die Beklagte habe einen weitaus umfassenderen, wenn nicht sogar den vollen Anteil an der Hörgeräteversorgung zu tragen. Es sei keine das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreitende Versorgung gewählt worden. Die erfolgte Hörgeräteversorgung beinhalte eine Programmierung der Hörgeräte, die es ermögliche, wie eine Art Richtmikrofon zu funktionieren, sodass bei Stimmengewirr, Außengeräuschen usw. die Sprache des direkten Gegenübers genau verstanden werde. Diese Versorgung hätte es ihr ermöglicht, ihren Beruf als Geschäftsstellenleiterin weiter auszuüben. Im Übrigen sei eine Hörgeräteversorgung, die es nicht ermögliche, einwandfrei zu hören, keine zweckmäßige, sondern eine unsinnige Versorgung. Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 empfahl die Beklagte der Klägerin, die Mehrkosten beim Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Kostenübernahme ihrerseits außerhalb der vereinbarten Festbeträge sei nicht möglich. Am 8. Juni 2009 erhob die Klägerin förmlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Januar 2009. Die Versorgung sei erforderlich, um nicht nur im Berufs- sondern auch im Alltagsbereich alles zu verstehen. Mit Bescheid vom 4. Juni 2009 wiederholte die Beklagte ihre Ablehnung. Es lägen keine Befunde vor, aus denen hervorgehe, dass zum Festbetrag keine Versorgung möglich sei. Ohne Vorliegen medizinischer Gründe könne keine andere Entscheidung getroffen werden. Im weiteren Verlauf bat die Beklagte S. um Einreichung aller Anpassberichte und des Abschlussberichts zur Hörgeräteversorgung, worauf S. die bereits erwähnten Unterlagen übermittelte. Im Anschluss daran hörte die Beklagte die Hörgeräteakustikerin Schmidt, die unter dem 20. Juli 2009 ausführte, dass nach den vorliegenden Dokumentationen keine vergleichende Anpassung erfolgt sei und die Klägerin nicht die Möglichkeit gehabt habe, Geräte verschiedene Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbiete. Eine medizinische Begründung zur Kostenübernahme oberhalb der Festbeträge bestehe aber nicht. Die Klägerin sei aufgrund der Schwerhörigkeit mit Vertragsgeräten versorgbar. Bezugnehmend hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Juli 2009 nochmals mit, dass es weiterhin bei dem Bescheid vom 29. Januar 2009 verbleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. S. erfülle die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) alte Fassung (a.F.) und sei daher berechtigt, Hörgeräte auszuliefern und anzupassen. Da zwischen ihr, der Beklagten, und S. eine vertragliche Regelung nicht bestehe, würden hier die Vorschriften des § 33 Abs. 7 SGB V eingreifen. Nach § 33 Abs. 7 SGB V würden die Krankenkassen die jeweils vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Erfolge jedoch eine Versorgung auf Grundlage des § 126 Abs. 2 SGB V a.F. durch einen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der jeweiligen Krankenkasse sei, trage die Krankenkasse die Kosten in Höhe des niedrigsten Preises, der für eine vergleichbare Leistung mit anderen Leistungserbringern vereinbart worden sei; bei Hilfsmitteln, für die ein Festbetrag festgesetzt worden sei, höchstens bis zur Höhe des Festbetrags. Für die Produktgruppe der Hörgeräte, die zweifelsfrei zu den Hilfsmitteln gehörten, seien Festpreise vereinbart worden. Bei der Bewilligung der Hörgeräte für die Klägerin sei der Festbetrag, der im Bescheid vom 30. September angesetzt worden sei, folgendermaßen ermittelt worden: Zwei Hörgeräte zum Festbetrag von je EUR 421,28 und zweimal EUR 35,25 für die Secret Ear Versorgung. Hieraus ergebe sich zunächst ein Betrag in Höhe von EUR 913,06. Von dieser Summe habe für die Zweitversorgung ein Betrag in Höhe von EUR 84,26 abgezogen werden müssen. Abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung (zweimal EUR 10,00) verbleibe ein Betrag in Höhe von EUR 808,80, den sie, die Beklagte, als Festbetrag zu übernehmen habe. Aufgrund eines Schreibfehlers (gemeint wohl Betrag für die Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 statt EUR 35,25) sei der Klägerin irrtümlich ein Betrag in Höhe von EUR 808,88 zugesagt worden. Von dieser Zusage werde sie, die Beklagte, nicht abweichen. Eine Kostenübernahme über den zugesagten Betrag hinaus sei nicht begründet.
Die Klägerin erhob am 24. September 2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung ihres Eigenanteils an der Hörgeräteversorgung. Die Hörgeräteversorgung übersteige nicht das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen. Sie sei nicht nur im Berufs-, sondern auch im Alltagsbereich erforderlich. Es handele sich bei der Hörgeräteversorgung um den modernen Standard und nicht um einen Luxusgegenstand oder eine Überversorgung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 und wies ergänzend darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch auch deshalb nicht bestehe, weil die Klägerin erst nach Rechnungslegung eine angeblich unzureichende Versorgung mit Festbetragsgeräten geltend gemacht habe. Abgesehen davon habe sie, die Beklagte, die notwendige ausreichende Versorgung der Klägerin als Sachleistung erbracht. Eine unrechtmäßige Entscheidung für das Entstehen des Eigenanteils sei nicht kausal gewesen. Die von der Klägerin angeführte berufliche Tätigkeit sei nach deren Aufgabe nicht relevant.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2011 wies das SG die Klage ab. Die Kostenbelastung der Klägerin beruhe nicht wesentlich auf der Leistungsversagung der Beklagten. Der Hilfsmittelerbringer habe lediglich den üblichen Voranschlag, in dem bereits der Eigenanteil der Klägerin eingearbeitet gewesen sei, der Beklagten vorgelegt, worauf diese - dem Voranschlag entsprechend - den im Gesetz vorgesehenen Festbetrag übernommen habe. Dass sie hier zu Unrecht eine volle Kostenübernahme abgelehnt habe, liege fern, denn niemand habe eine volle Kostenübernahme von ihr verlangt. Davon abgesehen sei offenbar zu dem Zeitpunkt, als der Bescheid vom 30. September 2008 der Klägerin frühestens zugegangen sein könne, das unbedingte Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Klägerin und S. schon abgeschlossen gewesen, denn darauf beruhe die Rechnung vom 2. Oktober 2008. Die Klägerin sei nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen gewesen, sondern sie sei zu der Anschaffung schon vorher entschlossen gewesen und habe diese in die Tat umgesetzt.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Januar 2012 Berufung eingelegt. Ihr sei es nicht um eine Luxusversorgung gegangen, für sie sei nur dieses Hörgerät hilfreich gewesen. Die Kosten seien sicherlich durch S. im Wege der Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008 beantragt worden, denn sie sei zum damaligen Zeitpunkt an Krebs erkrankt gewesen und habe nicht die Kraft gehabt, selbst ein Prozedere mit der Beklagten durchzuführen. Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht im Rahmen des § 13 Abs. 2 SGB V nicht nachgekommen. Dass sie nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen worden sei und schon vorher zu dieser Anschaffung entschlossen gewesen sein solle, sei überhaupt kein Argument. Ergänzend hat sie auf das - vorgelegte - Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 12. Juni 2012 -L 1 U 5167/11- verwiesen.
10 
Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst -,
11 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 zu verurteilen, ihr EUR 2.196,00 zu erstatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie bezieht sich auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 und ihr bisheriges Vorbringen. Das Urteil des 1. Senats des LSG vom 12. Juni 2012 könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da bei dem dortigen Kläger bereits eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit anerkannt gewesen sei. Auch sei dort die Versorgung im Rahmen der Festbetragsregelung erfolgt. Diese Festbeträge hätten bei der Versorgung der Klägerin keine Bedeutung, da der versorgende Leistungserbringer sich dem Vertrag zwischen der BIHA und dem VdAK/AEV, angeschlossen habe. Damit würden die vereinbarten Vertragssätze und nicht die Festbeträge gelten.
15 
Der Senat hat die Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - hingewiesen.
16 
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

13

2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

14

3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

17

b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

18

4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

22

d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

26

e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

27

5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

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7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

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8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

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a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

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b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

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c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

34

d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

41

b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

13

2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

14

3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

17

b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

18

4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

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d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

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e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

27

5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

29

7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

30

8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

31

a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

32

b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

33

c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

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d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

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b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 verurteilt, der Klägerin EUR 2.196,00 zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von EUR 2.196,00.
Die 1949 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Bis 6. Juli 2009 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis als Geschäftsstellenleiterin, vom 7. Juli 2009 bis 5. Juli 2011 bezog sie Arbeitslosengeld und war deshalb versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten, vom 6. Juli 2011 bis 25. März 2012 war sie freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten, ab 26. März 2012 als Rentenantragstellerin und seit 1. April 2013 als Rentnerin erneut versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Wegen der Innenohrschwerhörigkeit beidseits verordnete Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. R. der Klägerin am 7. Juli 2008 erstmals eine beiderseitige Hörhilfe. Die Klägerin suchte in der Folgezeit das Hörakustikstudio S. (im Folgenden S.), das nach dem Vortrag der Beklagten im Jahr 2008 dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker (BIHA) einerseits sowie dem - damaligen- Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. (VdAK/AEV), heute Verband der Ersatzkassen (vdek), beigetreten war, auf. Von S. erhielt die Klägerin am 5. August 2008 die Hörgeräte BALANCE microBTE. Unter dem 1. September 2008 bescheinigte Dr. R., er habe sich davon überzeugt, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig sei. Nach dem Anpassbericht des S. vom 5. September 2008 habe die Klägerin bei Einsilbern (Wörter) ohne Hörgerät 30 vom Hundert (v.H.), mit einem Hörgerät links 70 v.H. und mit beiden Hörgeräten 90 v.H. verstanden, die Steigerung der Verständlichkeit liege bei 60 v.H., das Richtungshören habe sich verbessert. Am 10. September 2008 legte S. der Beklagten den Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 über zwei Hörgeräte BALANCE microBTE vor. Bei einem Preis der Hörgeräte von jeweils EUR 1.519,28 sowie zweier Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von insgesamt EUR 20,00, eines Eigenanteils der Klägerin von jeweils EUR 1.098,00, insgesamt EUR 2.196,00 sowie eines binauralen Abschlags von EUR 84,26 ergab sich ein Kassenanteil inklusive Mehrwertsteuer von EUR 808,88. Die Beklagte bewilligte mit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 30. September 2008 die Übernahme dieses Festbetrags und zahlte diesen an S.. S. stellte der Klägerin für die Hörgeräte EUR 2.196,00 in Rechnung (Rechnung vom 2. Oktober 2008). Die Klägerin beglich diese Rechnung vollständig am 6. Oktober 2008.
Am 27. Januar 2009 bat die Klägerin die Beklagte um Erläuterung ihrer Eigenbeteiligung und beantragte fürsorglich die Erstattung weiterer Kosten. Letzteres lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2009, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, ab. Bei der beigefügten Rechnung handele es sich um den Eigenanteil der Klägerin. Der Hörgeräteakustiker habe bei der Versorgung mit Hörgeräten eigenanteilsfreie Versorgungen innerhalb der Festbetragsgruppen anzubieten. Werde eine Versorgung gewählt, welche das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreite, erhalte der Akustiker ebenfalls die vereinbarten Festbeträge, der übersteigende Betrag werde dem Kunden als privater Eigenanteil in Rechnung gestellt. Auf die Genehmigung vom 30. September 2008 werde verwiesen.
Die Klägerin wiederholte unter dem 13. Februar 2009 ihr Begehren, die Beklagte habe einen weitaus umfassenderen, wenn nicht sogar den vollen Anteil an der Hörgeräteversorgung zu tragen. Es sei keine das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreitende Versorgung gewählt worden. Die erfolgte Hörgeräteversorgung beinhalte eine Programmierung der Hörgeräte, die es ermögliche, wie eine Art Richtmikrofon zu funktionieren, sodass bei Stimmengewirr, Außengeräuschen usw. die Sprache des direkten Gegenübers genau verstanden werde. Diese Versorgung hätte es ihr ermöglicht, ihren Beruf als Geschäftsstellenleiterin weiter auszuüben. Im Übrigen sei eine Hörgeräteversorgung, die es nicht ermögliche, einwandfrei zu hören, keine zweckmäßige, sondern eine unsinnige Versorgung. Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 empfahl die Beklagte der Klägerin, die Mehrkosten beim Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Kostenübernahme ihrerseits außerhalb der vereinbarten Festbeträge sei nicht möglich. Am 8. Juni 2009 erhob die Klägerin förmlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Januar 2009. Die Versorgung sei erforderlich, um nicht nur im Berufs- sondern auch im Alltagsbereich alles zu verstehen. Mit Bescheid vom 4. Juni 2009 wiederholte die Beklagte ihre Ablehnung. Es lägen keine Befunde vor, aus denen hervorgehe, dass zum Festbetrag keine Versorgung möglich sei. Ohne Vorliegen medizinischer Gründe könne keine andere Entscheidung getroffen werden. Im weiteren Verlauf bat die Beklagte S. um Einreichung aller Anpassberichte und des Abschlussberichts zur Hörgeräteversorgung, worauf S. die bereits erwähnten Unterlagen übermittelte. Im Anschluss daran hörte die Beklagte die Hörgeräteakustikerin Schmidt, die unter dem 20. Juli 2009 ausführte, dass nach den vorliegenden Dokumentationen keine vergleichende Anpassung erfolgt sei und die Klägerin nicht die Möglichkeit gehabt habe, Geräte verschiedene Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbiete. Eine medizinische Begründung zur Kostenübernahme oberhalb der Festbeträge bestehe aber nicht. Die Klägerin sei aufgrund der Schwerhörigkeit mit Vertragsgeräten versorgbar. Bezugnehmend hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Juli 2009 nochmals mit, dass es weiterhin bei dem Bescheid vom 29. Januar 2009 verbleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. S. erfülle die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) alte Fassung (a.F.) und sei daher berechtigt, Hörgeräte auszuliefern und anzupassen. Da zwischen ihr, der Beklagten, und S. eine vertragliche Regelung nicht bestehe, würden hier die Vorschriften des § 33 Abs. 7 SGB V eingreifen. Nach § 33 Abs. 7 SGB V würden die Krankenkassen die jeweils vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Erfolge jedoch eine Versorgung auf Grundlage des § 126 Abs. 2 SGB V a.F. durch einen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der jeweiligen Krankenkasse sei, trage die Krankenkasse die Kosten in Höhe des niedrigsten Preises, der für eine vergleichbare Leistung mit anderen Leistungserbringern vereinbart worden sei; bei Hilfsmitteln, für die ein Festbetrag festgesetzt worden sei, höchstens bis zur Höhe des Festbetrags. Für die Produktgruppe der Hörgeräte, die zweifelsfrei zu den Hilfsmitteln gehörten, seien Festpreise vereinbart worden. Bei der Bewilligung der Hörgeräte für die Klägerin sei der Festbetrag, der im Bescheid vom 30. September angesetzt worden sei, folgendermaßen ermittelt worden: Zwei Hörgeräte zum Festbetrag von je EUR 421,28 und zweimal EUR 35,25 für die Secret Ear Versorgung. Hieraus ergebe sich zunächst ein Betrag in Höhe von EUR 913,06. Von dieser Summe habe für die Zweitversorgung ein Betrag in Höhe von EUR 84,26 abgezogen werden müssen. Abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung (zweimal EUR 10,00) verbleibe ein Betrag in Höhe von EUR 808,80, den sie, die Beklagte, als Festbetrag zu übernehmen habe. Aufgrund eines Schreibfehlers (gemeint wohl Betrag für die Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 statt EUR 35,25) sei der Klägerin irrtümlich ein Betrag in Höhe von EUR 808,88 zugesagt worden. Von dieser Zusage werde sie, die Beklagte, nicht abweichen. Eine Kostenübernahme über den zugesagten Betrag hinaus sei nicht begründet.
Die Klägerin erhob am 24. September 2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung ihres Eigenanteils an der Hörgeräteversorgung. Die Hörgeräteversorgung übersteige nicht das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen. Sie sei nicht nur im Berufs-, sondern auch im Alltagsbereich erforderlich. Es handele sich bei der Hörgeräteversorgung um den modernen Standard und nicht um einen Luxusgegenstand oder eine Überversorgung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 und wies ergänzend darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch auch deshalb nicht bestehe, weil die Klägerin erst nach Rechnungslegung eine angeblich unzureichende Versorgung mit Festbetragsgeräten geltend gemacht habe. Abgesehen davon habe sie, die Beklagte, die notwendige ausreichende Versorgung der Klägerin als Sachleistung erbracht. Eine unrechtmäßige Entscheidung für das Entstehen des Eigenanteils sei nicht kausal gewesen. Die von der Klägerin angeführte berufliche Tätigkeit sei nach deren Aufgabe nicht relevant.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2011 wies das SG die Klage ab. Die Kostenbelastung der Klägerin beruhe nicht wesentlich auf der Leistungsversagung der Beklagten. Der Hilfsmittelerbringer habe lediglich den üblichen Voranschlag, in dem bereits der Eigenanteil der Klägerin eingearbeitet gewesen sei, der Beklagten vorgelegt, worauf diese - dem Voranschlag entsprechend - den im Gesetz vorgesehenen Festbetrag übernommen habe. Dass sie hier zu Unrecht eine volle Kostenübernahme abgelehnt habe, liege fern, denn niemand habe eine volle Kostenübernahme von ihr verlangt. Davon abgesehen sei offenbar zu dem Zeitpunkt, als der Bescheid vom 30. September 2008 der Klägerin frühestens zugegangen sein könne, das unbedingte Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Klägerin und S. schon abgeschlossen gewesen, denn darauf beruhe die Rechnung vom 2. Oktober 2008. Die Klägerin sei nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen gewesen, sondern sie sei zu der Anschaffung schon vorher entschlossen gewesen und habe diese in die Tat umgesetzt.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Januar 2012 Berufung eingelegt. Ihr sei es nicht um eine Luxusversorgung gegangen, für sie sei nur dieses Hörgerät hilfreich gewesen. Die Kosten seien sicherlich durch S. im Wege der Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008 beantragt worden, denn sie sei zum damaligen Zeitpunkt an Krebs erkrankt gewesen und habe nicht die Kraft gehabt, selbst ein Prozedere mit der Beklagten durchzuführen. Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht im Rahmen des § 13 Abs. 2 SGB V nicht nachgekommen. Dass sie nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen worden sei und schon vorher zu dieser Anschaffung entschlossen gewesen sein solle, sei überhaupt kein Argument. Ergänzend hat sie auf das - vorgelegte - Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 12. Juni 2012 -L 1 U 5167/11- verwiesen.
10 
Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst -,
11 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 zu verurteilen, ihr EUR 2.196,00 zu erstatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie bezieht sich auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 und ihr bisheriges Vorbringen. Das Urteil des 1. Senats des LSG vom 12. Juni 2012 könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da bei dem dortigen Kläger bereits eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit anerkannt gewesen sei. Auch sei dort die Versorgung im Rahmen der Festbetragsregelung erfolgt. Diese Festbeträge hätten bei der Versorgung der Klägerin keine Bedeutung, da der versorgende Leistungserbringer sich dem Vertrag zwischen der BIHA und dem VdAK/AEV, angeschlossen habe. Damit würden die vereinbarten Vertragssätze und nicht die Festbeträge gelten.
15 
Der Senat hat die Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - hingewiesen.
16 
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 verurteilt, der Klägerin EUR 2.196,00 zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von EUR 2.196,00.
Die 1949 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Bis 6. Juli 2009 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis als Geschäftsstellenleiterin, vom 7. Juli 2009 bis 5. Juli 2011 bezog sie Arbeitslosengeld und war deshalb versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten, vom 6. Juli 2011 bis 25. März 2012 war sie freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten, ab 26. März 2012 als Rentenantragstellerin und seit 1. April 2013 als Rentnerin erneut versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Wegen der Innenohrschwerhörigkeit beidseits verordnete Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. R. der Klägerin am 7. Juli 2008 erstmals eine beiderseitige Hörhilfe. Die Klägerin suchte in der Folgezeit das Hörakustikstudio S. (im Folgenden S.), das nach dem Vortrag der Beklagten im Jahr 2008 dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker (BIHA) einerseits sowie dem - damaligen- Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. (VdAK/AEV), heute Verband der Ersatzkassen (vdek), beigetreten war, auf. Von S. erhielt die Klägerin am 5. August 2008 die Hörgeräte BALANCE microBTE. Unter dem 1. September 2008 bescheinigte Dr. R., er habe sich davon überzeugt, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig sei. Nach dem Anpassbericht des S. vom 5. September 2008 habe die Klägerin bei Einsilbern (Wörter) ohne Hörgerät 30 vom Hundert (v.H.), mit einem Hörgerät links 70 v.H. und mit beiden Hörgeräten 90 v.H. verstanden, die Steigerung der Verständlichkeit liege bei 60 v.H., das Richtungshören habe sich verbessert. Am 10. September 2008 legte S. der Beklagten den Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 über zwei Hörgeräte BALANCE microBTE vor. Bei einem Preis der Hörgeräte von jeweils EUR 1.519,28 sowie zweier Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von insgesamt EUR 20,00, eines Eigenanteils der Klägerin von jeweils EUR 1.098,00, insgesamt EUR 2.196,00 sowie eines binauralen Abschlags von EUR 84,26 ergab sich ein Kassenanteil inklusive Mehrwertsteuer von EUR 808,88. Die Beklagte bewilligte mit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 30. September 2008 die Übernahme dieses Festbetrags und zahlte diesen an S.. S. stellte der Klägerin für die Hörgeräte EUR 2.196,00 in Rechnung (Rechnung vom 2. Oktober 2008). Die Klägerin beglich diese Rechnung vollständig am 6. Oktober 2008.
Am 27. Januar 2009 bat die Klägerin die Beklagte um Erläuterung ihrer Eigenbeteiligung und beantragte fürsorglich die Erstattung weiterer Kosten. Letzteres lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2009, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, ab. Bei der beigefügten Rechnung handele es sich um den Eigenanteil der Klägerin. Der Hörgeräteakustiker habe bei der Versorgung mit Hörgeräten eigenanteilsfreie Versorgungen innerhalb der Festbetragsgruppen anzubieten. Werde eine Versorgung gewählt, welche das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreite, erhalte der Akustiker ebenfalls die vereinbarten Festbeträge, der übersteigende Betrag werde dem Kunden als privater Eigenanteil in Rechnung gestellt. Auf die Genehmigung vom 30. September 2008 werde verwiesen.
Die Klägerin wiederholte unter dem 13. Februar 2009 ihr Begehren, die Beklagte habe einen weitaus umfassenderen, wenn nicht sogar den vollen Anteil an der Hörgeräteversorgung zu tragen. Es sei keine das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreitende Versorgung gewählt worden. Die erfolgte Hörgeräteversorgung beinhalte eine Programmierung der Hörgeräte, die es ermögliche, wie eine Art Richtmikrofon zu funktionieren, sodass bei Stimmengewirr, Außengeräuschen usw. die Sprache des direkten Gegenübers genau verstanden werde. Diese Versorgung hätte es ihr ermöglicht, ihren Beruf als Geschäftsstellenleiterin weiter auszuüben. Im Übrigen sei eine Hörgeräteversorgung, die es nicht ermögliche, einwandfrei zu hören, keine zweckmäßige, sondern eine unsinnige Versorgung. Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 empfahl die Beklagte der Klägerin, die Mehrkosten beim Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Kostenübernahme ihrerseits außerhalb der vereinbarten Festbeträge sei nicht möglich. Am 8. Juni 2009 erhob die Klägerin förmlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Januar 2009. Die Versorgung sei erforderlich, um nicht nur im Berufs- sondern auch im Alltagsbereich alles zu verstehen. Mit Bescheid vom 4. Juni 2009 wiederholte die Beklagte ihre Ablehnung. Es lägen keine Befunde vor, aus denen hervorgehe, dass zum Festbetrag keine Versorgung möglich sei. Ohne Vorliegen medizinischer Gründe könne keine andere Entscheidung getroffen werden. Im weiteren Verlauf bat die Beklagte S. um Einreichung aller Anpassberichte und des Abschlussberichts zur Hörgeräteversorgung, worauf S. die bereits erwähnten Unterlagen übermittelte. Im Anschluss daran hörte die Beklagte die Hörgeräteakustikerin Schmidt, die unter dem 20. Juli 2009 ausführte, dass nach den vorliegenden Dokumentationen keine vergleichende Anpassung erfolgt sei und die Klägerin nicht die Möglichkeit gehabt habe, Geräte verschiedene Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbiete. Eine medizinische Begründung zur Kostenübernahme oberhalb der Festbeträge bestehe aber nicht. Die Klägerin sei aufgrund der Schwerhörigkeit mit Vertragsgeräten versorgbar. Bezugnehmend hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Juli 2009 nochmals mit, dass es weiterhin bei dem Bescheid vom 29. Januar 2009 verbleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. S. erfülle die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) alte Fassung (a.F.) und sei daher berechtigt, Hörgeräte auszuliefern und anzupassen. Da zwischen ihr, der Beklagten, und S. eine vertragliche Regelung nicht bestehe, würden hier die Vorschriften des § 33 Abs. 7 SGB V eingreifen. Nach § 33 Abs. 7 SGB V würden die Krankenkassen die jeweils vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Erfolge jedoch eine Versorgung auf Grundlage des § 126 Abs. 2 SGB V a.F. durch einen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der jeweiligen Krankenkasse sei, trage die Krankenkasse die Kosten in Höhe des niedrigsten Preises, der für eine vergleichbare Leistung mit anderen Leistungserbringern vereinbart worden sei; bei Hilfsmitteln, für die ein Festbetrag festgesetzt worden sei, höchstens bis zur Höhe des Festbetrags. Für die Produktgruppe der Hörgeräte, die zweifelsfrei zu den Hilfsmitteln gehörten, seien Festpreise vereinbart worden. Bei der Bewilligung der Hörgeräte für die Klägerin sei der Festbetrag, der im Bescheid vom 30. September angesetzt worden sei, folgendermaßen ermittelt worden: Zwei Hörgeräte zum Festbetrag von je EUR 421,28 und zweimal EUR 35,25 für die Secret Ear Versorgung. Hieraus ergebe sich zunächst ein Betrag in Höhe von EUR 913,06. Von dieser Summe habe für die Zweitversorgung ein Betrag in Höhe von EUR 84,26 abgezogen werden müssen. Abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung (zweimal EUR 10,00) verbleibe ein Betrag in Höhe von EUR 808,80, den sie, die Beklagte, als Festbetrag zu übernehmen habe. Aufgrund eines Schreibfehlers (gemeint wohl Betrag für die Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 statt EUR 35,25) sei der Klägerin irrtümlich ein Betrag in Höhe von EUR 808,88 zugesagt worden. Von dieser Zusage werde sie, die Beklagte, nicht abweichen. Eine Kostenübernahme über den zugesagten Betrag hinaus sei nicht begründet.
Die Klägerin erhob am 24. September 2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung ihres Eigenanteils an der Hörgeräteversorgung. Die Hörgeräteversorgung übersteige nicht das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen. Sie sei nicht nur im Berufs-, sondern auch im Alltagsbereich erforderlich. Es handele sich bei der Hörgeräteversorgung um den modernen Standard und nicht um einen Luxusgegenstand oder eine Überversorgung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 und wies ergänzend darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch auch deshalb nicht bestehe, weil die Klägerin erst nach Rechnungslegung eine angeblich unzureichende Versorgung mit Festbetragsgeräten geltend gemacht habe. Abgesehen davon habe sie, die Beklagte, die notwendige ausreichende Versorgung der Klägerin als Sachleistung erbracht. Eine unrechtmäßige Entscheidung für das Entstehen des Eigenanteils sei nicht kausal gewesen. Die von der Klägerin angeführte berufliche Tätigkeit sei nach deren Aufgabe nicht relevant.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2011 wies das SG die Klage ab. Die Kostenbelastung der Klägerin beruhe nicht wesentlich auf der Leistungsversagung der Beklagten. Der Hilfsmittelerbringer habe lediglich den üblichen Voranschlag, in dem bereits der Eigenanteil der Klägerin eingearbeitet gewesen sei, der Beklagten vorgelegt, worauf diese - dem Voranschlag entsprechend - den im Gesetz vorgesehenen Festbetrag übernommen habe. Dass sie hier zu Unrecht eine volle Kostenübernahme abgelehnt habe, liege fern, denn niemand habe eine volle Kostenübernahme von ihr verlangt. Davon abgesehen sei offenbar zu dem Zeitpunkt, als der Bescheid vom 30. September 2008 der Klägerin frühestens zugegangen sein könne, das unbedingte Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Klägerin und S. schon abgeschlossen gewesen, denn darauf beruhe die Rechnung vom 2. Oktober 2008. Die Klägerin sei nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen gewesen, sondern sie sei zu der Anschaffung schon vorher entschlossen gewesen und habe diese in die Tat umgesetzt.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Januar 2012 Berufung eingelegt. Ihr sei es nicht um eine Luxusversorgung gegangen, für sie sei nur dieses Hörgerät hilfreich gewesen. Die Kosten seien sicherlich durch S. im Wege der Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008 beantragt worden, denn sie sei zum damaligen Zeitpunkt an Krebs erkrankt gewesen und habe nicht die Kraft gehabt, selbst ein Prozedere mit der Beklagten durchzuführen. Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht im Rahmen des § 13 Abs. 2 SGB V nicht nachgekommen. Dass sie nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen worden sei und schon vorher zu dieser Anschaffung entschlossen gewesen sein solle, sei überhaupt kein Argument. Ergänzend hat sie auf das - vorgelegte - Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 12. Juni 2012 -L 1 U 5167/11- verwiesen.
10 
Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst -,
11 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 zu verurteilen, ihr EUR 2.196,00 zu erstatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie bezieht sich auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 und ihr bisheriges Vorbringen. Das Urteil des 1. Senats des LSG vom 12. Juni 2012 könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da bei dem dortigen Kläger bereits eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit anerkannt gewesen sei. Auch sei dort die Versorgung im Rahmen der Festbetragsregelung erfolgt. Diese Festbeträge hätten bei der Versorgung der Klägerin keine Bedeutung, da der versorgende Leistungserbringer sich dem Vertrag zwischen der BIHA und dem VdAK/AEV, angeschlossen habe. Damit würden die vereinbarten Vertragssätze und nicht die Festbeträge gelten.
15 
Der Senat hat die Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - hingewiesen.
16 
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

13

2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

14

3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

17

b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

18

4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

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d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

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e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

27

5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

29

7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

30

8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

31

a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

32

b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

33

c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

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d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

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b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein:

1.
die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
2.
die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach § 5 Nummer 2 und 3,
3.
die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3 und 5; für Versicherte nach § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Siebten Buches die für diese zuständigen Unfallversicherungsträger für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
4.
die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 3, der Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen nach § 5 Nummer 1 und 3,
5.
die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden für Leistungen nach § 5 Nummer 1 bis 5,
6.
die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5 sowie
7.
die Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen nach § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5.

(2) Die Rehabilitationsträger nehmen ihre Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit ist auch Rehabilitationsträger für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im Sinne des Zweiten Buches, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Die Zuständigkeit der Jobcenter nach § 6d des Zweiten Buches für die Leistungen zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 16 Absatz 1 des Zweiten Buches bleibt unberührt. Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

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2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

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3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

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a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

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b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

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4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

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b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

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c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

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d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

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Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

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Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

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e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

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5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

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7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

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8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

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a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

32

b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

33

c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

34

d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

35

9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

41

b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt. Leistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung werden von Amts wegen erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung nichts Abweichendes ergibt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Hilfsmittel dürfen an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Absatz 1 und 3 abgegeben werden. Vertragspartner der Krankenkassen können nur Leistungserbringer sein, die die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel erfüllen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt Empfehlungen für eine einheitliche Anwendung der Anforderungen nach Satz 2, einschließlich der Fortbildung der Leistungserbringer, ab.

(1a) Die Krankenkassen stellen sicher, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind. Die Leistungserbringer führen den Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 durch Vorlage eines Zertifikats einer geeigneten, unabhängigen Stelle (Präqualifizierungsstelle); bei Verträgen nach § 127 Absatz 3 kann der Nachweis im Einzelfall auch durch eine Feststellung der Krankenkasse erfolgen. Die Leistungserbringer haben einen Anspruch auf Erteilung des Zertifikats oder eine Feststellung der Krankenkasse nach Satz 2 zweiter Halbsatz, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 haben die Präqualifizierungsstelle im Rahmen ihrer Zertifizierungstätigkeit und die Krankenkasse bei ihrer Feststellung die Empfehlungen nach Absatz 1 Satz 3 zu beachten. Die Zertifikate sind auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Erteilte Zertifikate sind einzuschränken, auszusetzen oder zurückzuziehen, wenn die erteilende Stelle oder die Stelle nach Absatz 2 Satz 6 auf Grund von Überwachungstätigkeiten im Sinne der DIN EN ISO/IEC 17065, Ausgabe Januar 2013, feststellt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 nicht oder nicht mehr erfüllt sind, soweit der Leistungserbringer nicht innerhalb einer angemessenen Frist die Übereinstimmung herstellt. Die erteilenden Stellen dürfen die für den Nachweis der Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Daten von Leistungserbringern verarbeiten. Sie haben den Spitzenverband Bund der Krankenkassen entsprechend seiner Vorgaben über ausgestellte sowie über verweigerte, eingeschränkte, ausgesetzte und zurückgezogene Zertifikate einschließlich der für die Identifizierung der jeweiligen Leistungserbringer erforderlichen Daten zu unterrichten. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist befugt, die übermittelten Daten zu verarbeiten und den Krankenkassen sowie der nationalen Akkreditierungsstelle nach Absatz 2 Satz 1 bekannt zu geben.

(1b) Abweichend von Absatz 1a Satz 2 erster Halbsatz haben öffentliche Apotheken keinen Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 2 zu führen, soweit apothekenübliche Hilfsmittel an Versicherte abgegeben werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker eine Vereinbarung darüber abzuschließen, welche Hilfsmittel als apothekenübliche Hilfsmittel im Sinne des Satzes 1 einzustufen sind. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 2 nicht bis zum 27. Januar 2024 zustande, legt die Schiedsstelle nach § 129 Absatz 8 bis zum 27. April 2024 den Inhalt der Vereinbarung fest. Eine bestehende Vereinbarung gilt bis zum Wirksamwerden einer neuen Vereinbarung fort; ein Schiedsspruch gilt bis zum Wirksamwerden der ersten Vereinbarung fort.

(2) Als Präqualifizierungsstellen dürfen nur Zertifizierungsstellen für Produkte, Prozesse und Dienstleistungen gemäß DIN EN ISO/IEC 17065, Ausgabe Januar 2013, tätig werden, die die Vorgaben nach Absatz 1a Satz 4 bis 8 beachten und von einer nationalen Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung akkreditiert worden sind. Die Akkreditierung ist auf höchstens fünf Jahre zu befristen. Die Akkreditierung erlischt mit dem Ablauf der Frist, mit der Einstellung des Betriebes der Präqualifizierungsstelle oder durch Verzicht der Präqualifizierungsstelle. Die Einstellung und der Verzicht sind der nationalen Akkreditierungsstelle unverzüglich mitzuteilen. Die bisherige Präqualifizierungsstelle ist verpflichtet, die Leistungserbringer, denen sie Zertifikate erteilt hat, über das Erlöschen ihrer Akkreditierung zu informieren. Die Leistungserbringer haben umgehend mit einer anderen Präqualifizierungsstelle die Fortführung des Präqualifizierungsverfahrens zu vereinbaren, der die bisherige Präqualifizierungsstelle die ihr vorliegenden Antragsunterlagen in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen hat. Das Bundesministerium für Gesundheit übt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes die Fachaufsicht über die nationale Akkreditierungsstelle aus. Präqualifizierungsstellen, die seit dem 1. Juli 2010 Aufgaben nach Absatz 1a wahrnehmen, haben spätestens bis zum 31. Juli 2017 einen Antrag auf Akkreditierung nach Satz 1 zu stellen und spätestens bis zum 30. April 2019 den Nachweis über eine erfolgreiche Akkreditierung zu erbringen. Die nationale Akkreditierungsstelle überwacht die Einhaltung der sich aus der DIN EN ISO/IEC 17065 und den Vorgaben nach Absatz 1a Satz 4 bis 8 für die Präqualifizierungsstellen ergebenden Anforderungen und Verpflichtungen. Sie hat die Akkreditierung einzuschränken, auszusetzen oder zurückzunehmen, wenn die Präqualifizierungsstelle die Anforderungen für die Akkreditierung nicht oder nicht mehr erfüllt oder ihre Verpflichtungen erheblich verletzt; die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend. Für die Prüfung, ob die Präqualifizierungsstellen ihren Verpflichtungen nachkommen, kann die nationale Akkreditierungsstelle nach Absatz 2 Satz 1 auf Informationen der Krankenkassen oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, berufsständischer Organisationen und Aufsichtsbehörden zurückgreifen.

(3) Für nichtärztliche Dialyseleistungen, die nicht in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden, gelten die Regelungen dieses Abschnitts entsprechend.

(1) Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften schließen im Wege von Vertragsverhandlungen Verträge mit Leistungserbringern oder Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Wiedereinsatz, die Qualität der Hilfsmittel und zusätzlich zu erbringender Leistungen, die Anforderungen an die Fortbildung der Leistungserbringer, die Preise und die Abrechnung. Darüber hinaus können die Vertragsparteien in den Verträgen nach Satz 1 auch einen Ausgleich der Kosten für erhöhte Hygienemaßnahmen infolge der COVID-19-Pandemie vereinbaren. Dabei haben Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften jedem Leistungserbringer oder Verband oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. In den Verträgen nach Satz 1 sind eine hinreichende Anzahl an mehrkostenfreien Hilfsmitteln, die Qualität der Hilfsmittel, die notwendige Beratung der Versicherten und die sonstigen zusätzlichen Leistungen im Sinne des § 33 Absatz 1 Satz 5 sicherzustellen und ist für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen. Den Verträgen sind mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und Produkte zugrunde zu legen. Die Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, ist auf einem geeigneten Portal der Europäischen Union oder mittels einem vergleichbaren unionsweit publizierenden Medium unionsweit öffentlich bekannt zu machen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt bis zum 30. September 2020 ein einheitliches, verbindliches Verfahren zur unionsweiten Bekanntmachung der Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, fest. Über die Inhalte abgeschlossener Verträge einschließlich der Vertragspartner sind andere Leistungserbringer auf Nachfrage unverzüglich zu informieren. Werden nach Abschluss des Vertrages die Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte nach § 139 Absatz 2 durch Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses verändert, liegt darin eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die die Vertragsparteien zur Vertragsanpassung oder Kündigung berechtigt.

(1a) Im Fall der Nichteinigung wird der streitige Inhalt der Verträge nach Absatz 1 auf Anruf einer der Verhandlungspartner durch eine von den jeweiligen Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson innerhalb von drei Monaten ab Bestimmung der Schiedsperson festgelegt. Eine Nichteinigung nach Satz 1 liegt vor, wenn mindestens einer der Vertragspartner intensive Bemühungen zur Erreichung eines Vertrages auf dem Verhandlungswege nachweisen kann. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt. Die Schiedsperson gilt als bestimmt, sobald sie sich gegenüber den Vertragspartnern zu ihrer Bestellung bereiterklärt hat. Der bisherige Vertrag und die bisherigen Preise gelten bis zur Entscheidung durch die Schiedsperson fort. Legt die Schiedsperson Preise fest, hat sie diese so festzusetzen, dass eine in der Qualität gesicherte, ausreichende, zweckmäßige sowie wirtschaftliche Versorgung gewährleistet ist. Zur Ermittlung hat die Schiedsperson insbesondere die Kalkulationsgrundlagen der jeweiligen Verhandlungspartner und die marktüblichen Preise zu berücksichtigen. Die Verhandlungspartner sind verpflichtet, der Schiedsperson auf Verlangen alle für die zu treffende Festlegung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson durch die Aufsichtsbehörde haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts sind gegen den Vertragspartner zu richten. Der von der Schiedsperson festgelegte Vertragsinhalt oder von der Schiedsperson festgelegte einzelne Bestimmungen des Vertrages gelten bis zur gerichtlichen Ersetzung oder gerichtlichen Feststellung der Unbilligkeit weiter.

(2) Den Verträgen nach Absatz 1 Satz 1 können Leistungserbringer zu den gleichen Bedingungen als Vertragspartner beitreten, soweit sie nicht auf Grund bestehender Verträge bereits zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Hierbei sind entsprechend Absatz 1 Satz 1 Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. Verträgen, die mit Verbänden oder sonstigen Zusammenschlüssen der Leistungserbringer abgeschlossen wurden, können auch Verbände und sonstige Zusammenschlüsse der Leistungserbringer beitreten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für fortgeltende Verträge, die vor dem 1. April 2007 abgeschlossen wurden. § 126 Abs. 1a und 2 bleibt unberührt.

(3) Soweit für ein erforderliches Hilfsmittel keine Verträge der Krankenkasse nach Absatz 1 mit Leistungserbringern bestehen oder durch Vertragspartner eine Versorgung der Versicherten in einer für sie zumutbaren Weise nicht möglich ist, trifft die Krankenkasse eine Vereinbarung im Einzelfall mit einem Leistungserbringer; Absatz 1 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend. Sie kann vorher auch bei anderen Leistungserbringern in pseudonymisierter Form Preisangebote einholen. In den Fällen des § 33 Abs. 1 Satz 5 gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Für Hilfsmittel, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde, können in den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 Preise höchstens bis zur Höhe des Festbetrags vereinbart werden.

(5) Die Leistungserbringer haben die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung zu beraten, welche Hilfsmittel und zusätzlichen Leistungen nach § 33 Absatz 1 Satz 1 und 5 für die konkrete Versorgungssituation im Einzelfall geeignet und notwendig sind. Die Leistungserbringer haben die Beratung nach Satz 1 schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren und sich durch Unterschrift der Versicherten bestätigen zu lassen. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 127 zu regeln. Im Falle des § 33 Absatz 1 Satz 9 sind die Versicherten vor der Wahl der Hilfsmittel oder zusätzlicher Leistungen auch über die von ihnen zu tragenden Mehrkosten zu informieren. Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten über die zur Versorgung berechtigten Vertragspartner und über die wesentlichen Inhalte der Verträge zu informieren. Abweichend von Satz 1 informieren die Krankenkassen ihre Versicherten auf Nachfrage, wenn diese bereits einen Leistungserbringer gewählt oder die Krankenkassen auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. Sie können auch den Vertragsärzten entsprechende Informationen zur Verfügung stellen. Die Krankenkassen haben die wesentlichen Inhalte der Verträge nach Satz 1 für Versicherte anderer Krankenkassen im Internet zu veröffentlichen.

(7) Die Krankenkassen überwachen die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer nach diesem Gesetz. Zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung führen sie Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen durch. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, den Krankenkassen auf Verlangen die für die Prüfungen nach Satz 1 erforderlichen einrichtungsbezogenen Informationen und Auskünfte zu erteilen und die von den Versicherten unterzeichnete Bestätigung über die Durchführung der Beratung nach Absatz 5 Satz 1 vorzulegen. Soweit es für Prüfungen nach Satz 1 erforderlich ist und der Versicherte schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat, können die Krankenkassen von den Leistungserbringern auch die personenbezogene Dokumentation über den Verlauf der Versorgung einzelner Versicherter anfordern. Die Leistungserbringer sind insoweit zur Datenübermittlung verpflichtet. Die Krankenkassen stellen vertraglich sicher, dass Verstöße der Leistungserbringer gegen ihre vertraglichen und gesetzlichen Pflichten nach diesem Gesetz angemessen geahndet werden. Schwerwiegende Verstöße sind der Stelle, die das Zertifikat nach § 126 Absatz 1a Satz 2 erteilt hat, mitzuteilen.

(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt bis zum 30. Juni 2017 Rahmenempfehlungen zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung ab, in denen insbesondere Regelungen zum Umfang der Stichprobenprüfungen in den jeweiligen Produktbereichen, zu möglichen weiteren Überwachungsinstrumenten und darüber getroffen werden, wann Auffälligkeiten anzunehmen sind.

(9) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene geben bis zum 31. Dezember 2017 gemeinsam Rahmenempfehlungen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Durchführung und Abrechnung der Versorgung mit Hilfsmitteln ab. Kommt eine Einigung bis zum Ablauf der nach Satz 1 bestimmten Frist nicht zustande, wird der Empfehlungsinhalt durch eine von den Empfehlungspartnern nach Satz 1 gemeinsam zu benennende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Empfehlungspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Leistungserbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene je zur Hälfte. In den Empfehlungen können auch Regelungen über die in § 302 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 genannten Inhalte getroffen werden. § 139 Absatz 2 bleibt unberührt. In den Empfehlungen sind auch die notwendigen Regelungen für die Verwendung von Verordnungen von Leistungen nach § 33 in elektronischer Form zu treffen. Es ist festzulegen, dass für die Übermittlung der elektronischen Verordnung die Dienste der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Absatz 1 Satz 2 genutzt werden, sobald diese Dienste zur Verfügung stehen. Die Regelungen müssen vereinbar sein mit den Festlegungen der Bundesmantelverträge nach § 86. Die Empfehlungen nach Satz 1 sind den Verträgen nach den Absätzen 1 und 3 zugrunde zu legen.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

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Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

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Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

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Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

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Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

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1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

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2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

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3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

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b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

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4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

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a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

22

d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

26

e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

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5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

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7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

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8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

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a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

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b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

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c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

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d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

41

b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

13

2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

14

3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

17

b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

18

4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

22

d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

26

e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

27

5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

28

6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

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7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

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8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

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a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

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b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

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c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

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d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

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Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

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Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

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10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

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a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

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b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

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11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

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Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

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13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

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a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

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Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

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b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

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14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

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15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

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Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

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16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

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Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung einer Lichtsignalanlage als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine hochgradig schwerhörige Versicherte.

2

Die 1963 geborene Klägerin leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Akustische Signale wie zB eine Türklingel kann sie auch mit Hörgeräten nicht wahrnehmen. Ende Dezember 2005 beantragte sie mit vertragsärztlicher Verordnung die Versorgung mit einer Lichtsignalanlage, die akustische Signale mittels Blitzlampen in optische Signale umwandelt. Nach dem beigefügten Kostenvoranschlag eines Hörgeräteakustikers vom 22.12.2005 sollte die Lichtsignalanlage aus folgenden Einzelteilen bestehen: 1 TAE-Dreifachadapter zu 13,50 Euro; 1 Türklingelkabel galvanisch, 10 Meter, zu 9,20 Euro; 1 Lisa time Universalwecker zu 212 Euro; 1 Kombisender galvanisch zu 156 Euro; 1 Telefonkabel galvanisch, 10 Meter, zu 7,30 Euro; 1 Vibrationskissen nebst 3 Mignon-Batterien zu 34 Euro sowie 3 Blitzlampen Standard zu 348 Euro. Insgesamt ergaben sich Kosten in Höhe von 780 Euro.

3

Die beklagte Krankenkasse lehnte den Leistungsantrag ab (Bescheid vom 27.1.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.2.2006). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.5.2007): Die Lichtsignalanlage könne von der Klägerin bei einem Wohnungswechsel nicht mitgenommen werden, weil nach der gewählten Ausführung eine Kabelverbindung zwischen Sender und Türklingel erforderlich sei. Bei der Lichtsignalanlage handele es sich also nicht um ein Hilfsmittel der GKV, sondern um eine - in die Zuständigkeit der Pflegekassen fallende - Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (§ 40 Abs 4 SGB XI); nur wegen der individuellen Wohnsituation würden drei Blitzlampen benötigt. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, die Kosten für die Lichtsignalanlage gemäß Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 zu übernehmen (Urteil vom 25.2.2009): Die Lichtsignalanlage sei nicht fest mit dem Wohngebäude verbunden und könne in jeder anderen Wohnung mit im Wesentlichen unveränderter Ausführung eingesetzt werden, sodass die Anlage ein Hilfsmittel der GKV darstelle (§ 33 SGB V, § 31 SGB IX). Die Leistungspflicht der Beklagten sei auch nicht eingeschränkt, weil die Ausstattung mit drei Blitzlampen nicht unverhältnismäßig sei.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 33 SGB V. Unter Berücksichtigung der vom LSG festgestellten Tatsachen müsse davon ausgegangen werden, dass die Lichtsignalanlage fest mit dem Gebäude verbunden sei; diese könne folglich kein Hilfsmittel der GKV sein. Eine Leistungspflicht nach § 33 SGB V scheide zudem deshalb aus, weil die Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sei. Vergleichbare - aber deutlich preiswertere - Geräte würden in Arbeitsbereichen mit hohem Lärmpegel sowie in Tonstudios und Callcentern zum Einsatz kommen.

5

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.2.2009 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Aurich vom 31.5.2007 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen war (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar steht der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage zu, weil es sich um ein Hilfsmittel der GKV iS des § 33 Abs 1 SGB V handelt, das seiner Art und Funktion nach im Fall der Klägerin zum Behinderungsausgleich auch geeignet und notwendig ist. Es lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen des LSG aber nicht entnehmen, ob zum Behinderungsausgleich sämtliche Komponenten der Lichtsignalanlage erforderlich sind, die im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind. Das LSG hat die Beklagte zur Hilfsmittelversorgung gemäß diesem Kostenvoranschlag verurteilt, ohne auf die Erforderlichkeit der einzelnen Komponenten näher einzugehen. Außerdem ist zu klären, ob es zu den einzelnen Komponenten - deren Erforderlichkeit unterstellt - preisgünstigere, aber ebenso geeignete Alternativen gibt, wovon die Beklagte ausgeht. Diese Feststellungen hat das LSG im erneut durchzuführenden Berufungsverfahren nachzuholen.

8

1. Streitgegenstand ist der Anspruch auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage in Form sämtlicher Einzelbestandteile, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt und in einem inhaltsgleichen Kostenvoranschlag vom 2.1.2006 wiederholt worden sind. Nicht zum Streitgegenstand gehören hingegen zwei "Bescheide" der Beklagten vom 27.12.2005, mit denen zum Einen die Versorgung der Klägerin mit einem Lichtwecker für 95 Euro bewilligt und zum Anderen die Versorgung mit den übrigen Komponenten der Lichtsignalanlage abgelehnt werden sollte. Diese "Bescheide" haben das Stadium eines Entwurfs nicht überschritten, sind der Klägerin nicht bekannt gegeben (§ 37 SGB X) und deshalb auch nicht wirksam geworden (§ 39 SGB X). Sie finden sich dementsprechend nur als Entwürfe in den Verwaltungsakten. Die Klägerin ist mit dem Lichtwecker auch nicht versorgt worden. Grund für die unterbliebene Bekanntgabe beider Bescheide war die Unklarheit der ersten von der Klägerin eingereichten vertragsärztlichen Verordnung vom 19.12.2005, in der lediglich von einer "Licht-Blitz-Anlage" die Rede ist, also nicht der für Hörgeräteakustiker feststehende Begriff der "Lichtsignalanlage" benutzt worden war. Im Hilfsmittelverzeichnis (HMV, § 139 SGB V) wird zur Kennzeichnung der betroffenen Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 "Kommunikationshilfen" der Begriff der "Signalanlagen für Gehörlose" verwandt. Auf Veranlassung der Beklagten ist die unklare Verordnung vom 19.12.2005 vernichtet und durch die durch zweite vertragsärztliche Verordnung vom 29.12.2005 ersetzt worden, in der es - hilfsmittelrechtlich korrekt - "1 Lichtsignalanlage bei D: hochgradiger, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit" heißt. Nur um diese zweite Verordnung, deren Umsetzung die Beklagte insgesamt abgelehnt hat, streiten die Beteiligten im vorliegenden Rechtsstreit. Mit ihrem Klageabweisungs- und Revisionsantrag hat die Beklagte zudem bekräftigt, dass sie dem entworfenen Teil-Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Lichtweckers auch nicht nachträglich zur Wirksamkeit (§§ 37, 39 SGB X) verhelfen will.

9

2. Rechtsgrundlage des Versorgungsanspruchs ist § 33 SGB V in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378), weil bei Leistungsklagen, auch wenn sie - wie hier - mit einer Anfechtungsklage verbunden sind, grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 34 mwN). Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V umfasst der Anspruch auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Im vorliegenden Fall geht es um die Variante der Erstausstattung mit einem Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich. Deren Tatbestandsvoraussetzungen sind hier dem Grunde nach erfüllt.

10

3. Die Leistungsablehnung ist rechtswidrig, weil eine Lichtsignalanlage hier zum Behinderungsausgleich erforderlich ist. Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der GKV zu leistenden Hilfsmittels hat zweierlei Bedeutung:

11

a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Die gesonderte Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 ff zur Versorgung mit einer Badeprothese, die dem - von den normalen Beinprothesen nicht gewährleisteten - sicheren Gehen und Stehen in Nassbereichen dient und deshalb unabhängig davon beansprucht werden kann, dass das Schwimmen eine Freizeitbetätigung darstellt, die nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehört). Der Frage nach der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens kommt beim unmittelbaren Behinderungsausgleich erst dann Bedeutung zu, wenn es nicht um die erstmalige Behebung eines Funktionsdefizits geht und auch nicht um die reine Ersatzbeschaffung (was bei der Versorgung mit einer Badeprothese in BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 der Fall war und von Knispel SGb 2010, 359 ff übersehen worden ist), sondern um die Versorgung eines für den Behinderungsausgleich bereits ausreichend ausgestatteten Versicherten mit einem zweiten Hilfsmittel gleicher Art als bloße Zweitausstattung (Reservehaltung), für einen speziellen Zweck (zB Sportbrille für Schüler, BSG SozR 2200 § 182 Nr 73) oder mit einem technisch weiter entwickelten Hilfsmittel (zB computergestütztes statt mechanisches Kniegelenksystem). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-leg-Prothese). Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen und erst zu prüfen, wenn zwei tatsächlich gleichwertige, aber unterschiedlich teure Hilfsmittel zur Wahl stehen.

12

b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Rahmen ist die GKV allerdings nur für den Basisausgleich der Folgen der Behinderung eintrittspflichtig. Es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört ua die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw eines Schulwissens (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 und 46; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 RdNr 18). Zum körperlichen Freiraum gehört - im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit - die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (zB Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereichs. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind schon immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (vgl BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 - Erreichbarkeit ambulanter medizinischer Versorgung für Wachkomapatientin; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 - behindertengerechtes Dreirad; BSG SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl).

13

c) Dem Gegenstand nach besteht für den unmittelbaren ebenso wie für den mittelbaren Behinderungsausgleich Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V(ebenso § 31 Abs 3 SGB IX) von dem Versicherten selbst zu tragen. Demgemäß haben die Krankenkassen nicht für solche "Innovationen" aufzukommen, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44; BSGE 93, 183, 188 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8).

14

4. Nach Maßgabe dieser Grundsätze über die Hilfsmittelversorgung im Rahmen der GKV beim unmittelbaren und mittelbaren Behinderungsausgleich (3. Variante des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V und des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX)geht es bei einer Lichtsignalanlage für Gehörlose und hochgradig Schwerhörige nicht um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil nicht das Hörvermögen wiederhergestellt oder gestärkt wird, wie es zB bei der Versorgung mit Hörgeräten der Fall ist. Nicht das Hören selbst wird ermöglicht oder erleichtert, sondern das fehlende Hörvermögen durch die Nutzung des nicht beeinträchtigten Sehvermögens kompensiert, indem akustische Signale, wie zB das Läuten der Türklingel oder des Telefons, in optische Signale (zB Lichtblitze) umgewandelt werden. Der gehörlose Versicherte hört nicht das Läuten der Türklingel, sondern sieht, dass die Türklingel bedient wird. Ebenso kann die Kompensation des fehlenden Hörvermögens durch die Umwandlung von akustischen in taktile Signale erfolgen, wie es zB beim Einsatz von Vibrationskissen der Fall ist. Der Ersatz eines ausgefallenen bzw beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes stellt sich somit als mittelbarer Behinderungsausgleich dar, bei dem - wie ausgeführt - zu prüfen ist, ob ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist.

15

Die Lichtsignalanlage ist erforderlich zur Verwirklichung eines solchen Grundbedürfnisses. Das selbstständige Wohnen sowie das Kommunizieren mit anderen Menschen gehört zu diesen Grundbedürfnissen. Es geht um die passive Erreichbarkeit durch Menschen aus dem Bereich der Außenwelt nicht nur für angemeldete, sondern gerade auch für spontane Besuche (BSG SozR 2200 § 182b Nr 33 zur Klingelleuchte). Die Verwirklichung dieses Grundbedürfnisses erfordert, dass das für Gesunde hörbare Türklingelgeräusch in ein für die Klägerin wahrnehmbares Signal umgewandelt wird.

16

5. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen (§ 33 Abs 1 Satz 1, letzter Halbs SGB V). Die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern oder eine Behinderung ausgleichen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von gesunden, körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 22 zum Personalcomputer). Was regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt nicht in die Leistungspflicht der Krankenkassen, wobei es auf einen bestimmten prozentual messbaren Verbreitungsgrad in der Bevölkerung oder einen Mindestpreis nicht ankommt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 33 zum Luftreinhaltungsgerät II). Nicht ausschlaggebend ist, ob der Gegenstand aus Vermarktungsgründen als "medizinisches Hilfsmittel" beworben wird (BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 7 zum elektrisch verstellbaren Sessel).

17

Gegen die Einordnung der Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens spricht zunächst, dass derartige Geräte in der Produktgruppe 16 im HMV der GKV (§ 139 SGB V) als Kommunikationshilfe aufgeführt werden. Das HMV ist zwar nicht geeignet, Ansprüche der Versicherten im Sinne einer Positivliste auszuschließen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16, 20, 27; BSGE 99, 197 = SozR 4-2500 § 33 Nr 16, RdNr 20). Wenn aber ein Gegenstand im HMV gelistet ist, spricht dies im Sinne einer Orientierungshilfe zugunsten des Versicherten dafür, den Gegenstand nicht als allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass Funktürklingeln mit optischem Signal auch von gesunden Menschen am Arbeitsplatz genutzt werden, um einen hohen Geräuschpegel zu umgehen oder die notwendige Stille zu gewährleisten (zB Werkshallen, Callcenter, Tonstudio). Bei beruflich veranlasster Verwendung von Klingeln mit optischem Signal handelt es sich gerade nicht um eine Nutzung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da Grund für den Einsatz allein besondere äußere Umstände des Arbeitsplatzes sind, die für das normale tägliche Leben nicht prägend sind.

18

6. Die Lichtsignalanlage ist auch ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX. Von der Krankenkasse zu leistende Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation iS von § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX - um solche handelt es sich, wenn wie hier mit dem Hilfsmittel ein Behinderungsausgleich bezweckt wird - müssen nach § 31 Abs 1 SGB IX getragen, mitgeführt oder zumindest bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können. Der Hilfsmittelbegriff des § 31 SGB IX gibt insoweit den Regelungsgehalt des § 33 SGB V wieder, wie er auch vor Inkrafttreten des SGB IX von der Rechtsprechung entwickelt worden ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 14). Für das - hier entscheidende - Kriterium der Mitnahmemöglichkeit kommt es darauf an, ob das Gerät so in das Gebäude eingebaut ist, dass es nach der Verkehrsauffassung auch bei einem Umzug in der alten Wohnung verbleibt und der Einbau von Dauer ist. Kann das Gerät bei einem Wohnungswechsel ohne wesentliche verbleibenden Folgen, insbesondere ohne nennenswerte Substanzbeeinträchtigung an Wänden, Decken und Fußböden, ausgebaut und mit vertretbarem Aufwand in einer neuen Wohnung wieder eingebaut werden, liegt ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX vor(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 21 - Deckenlifter). Insoweit hat die frühere Rechtsprechung des Senats, wonach keine Leistungspflicht der Krankenkassen nach § 33 SGB V besteht, wenn eine Klingel- oder Signalleuchte mit dem Gebäude fest verbunden ist(BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30 unter teilweiser Aufgabe von BSG SozR 2200 § 182b Nr 33, weil dort Klingelleuchten unabhängig von der Art ihres Einbaus immer als Hilfsmittel eingestuft wurden), eine Modifizierung erfahren.

19

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die begehrte Lichtsignalanlage nicht als fester Bestandteil der Wohnung anzusehen. Nach den gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG besteht die Lichtsignalanlage aus beweglichen Einzelteilen, wobei die Telefonanlage und die Türklingel mittels Kabel mit dem Sender der Lichtsignalanlage verbunden werden. Klingelkabel und Telefonkabel können ohne größeren Aufwand wieder gelöst werden. Die vom Sender aufgenommenen Signale werden in Funkimpulse umgewandelt und über das normale Stromnetz zum Empfänger, den Blitzlampen, übertragen. Ob für die Installation der Anlage ggf aus Sicherheitsgründen auf die fachmännische Hilfe eines Elektrikers zurückgegriffen werden sollte, wie die Bedienungsanleitung der Lichtsignalanlage jedenfalls bei Anschluss einer Gegensprechanlage empfiehlt, ist dabei ohne Belang. Angesichts einiger weniger Kabelverbindungen kann es sich nur um einen zeitlich geringfügigen Aufwand handeln, der zudem einen wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz der Wohnung nicht erfordert. Anders wäre es beispielsweise, wenn das Verbindungskabel zwischen Türklingel und Sender unter Putz gelegt oder durch eine Wand geführt wurde oder die Halterungen der Blitzlampen in die Wände eingelassen wären. In einem solchen Fall wäre der Einbau der Lichtsignalanlage als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes einzustufen, für deren Bezuschussung die Pflegekassen zuständig sind (§ 40 Abs 4 SGB XI).

20

7. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als sonstige Maßnahme zur Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen. Über das Kriterium der Beweglichkeit iS von § 31 Abs 1 SGB IX hinaus hat der Senat aus dem Verhältnis von § 31 Abs 1 SGB IX zu § 33 SGB V sowie in Abgrenzung zu den von der Pflegekasse als Ermessensleitung zu erbringenden Leistungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs 4 SGB XI abgeleitet, dass ungeachtet ihrer Beweglichkeit diejenigen Mittel aus der Leistungspflicht der GKV ausgenommen sind, die "sonst der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen dienen"(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 13 mwN - Deckenlifter). Hilfen, die auf die individuelle Wohnsituation zugeschnitten sind und ggf gerade wegen dieser besonderen Wohnsituation benötigt werden, zählen daher ungeachtet ihrer Beweglichkeit nicht zu den von der Krankenkasse nach § 33 SGB V zu leistenden Hilfsmitteln (zB speziell auf die Bedürfnisse von kleinwüchsigen Menschen oder Rollstuhlfahrern zugeschnittene Möbel und Kücheneinrichtungen). Diese Eigenschaft hat die Lichtsignalanlage nicht, denn aufgrund der nahezu aufgehobenen Hörfähigkeit der Klägerin könnte diese auch in keiner anderen Wohnung eine Türklingel oder ein Telefon akustisch wahrnehmen.

21

Die Lichtsignalanlage wird auch nicht deshalb zu einer Maßnahme zur Anpassung des Wohnumfeldes, weil aufgrund der individuellen Wohnsituation der Klägerin drei Blitzlampen angeschafft werden sollen. Denn die nach § 33 SGB V zu beanspruchenden Hilfsmittel umfassen auch die im Einzelfall individuell benötigten Zubehörteile(BT-Drucks 11/2237 S 18f, 174). Die Blitzlampen sind als funktionell unselbstständige Zubehörteile anzusehen, da sie ihren Zweck nur erfüllen können, wenn die eingehenden Signale über den Kombisender vermittelt werden. Als unselbstständiges Zubehörteil der Lichtsignalanlage (vgl allgemein zu unselbstständigen Teilen: BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 6 S 31 - Gegensprechanlage) teilen die Lampen den Hilfsmittelcharakter der Anlage.

22

8. Ob die Klägerin Anspruch auf Versorgung im vom LSG tenorierten Umfang hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen allerdings nicht abschließend beurteilen. Die Leistungspflicht nach § 33 Abs 1 SGB V beschränkt sich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung, also auf die Versorgung des Versicherten mit ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Hilfsmitteln(§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V). Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, wenn für den angestrebten Nachteilsausgleich eine funktionell ebenfalls geeignete, aber kostengünstigere Versorgung möglich ist. Es ist bereits ausgeführt worden, dass das LSG alle Komponenten der Lichtsignalanlage, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind, auf ihre Notwendigkeit und Preisgünstigkeit hin zu prüfen hat. Zusätzlich ist aber zu beachten, dass mit der Verordnung einer Lichtsignalanlage grundsätzlich nur Anlagen mit optischen Signalen erfasst werden. Soweit akustische durch taktile Signale ersetzt werden, wie es zB bei den Vibrationskissen der Fall ist, handelt es sich zwar um "Signalanlagen für Gehörlose" im Sinne der Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 ("Kommunikationshilfen") des HMV, nicht aber um "Lichtsignalanlagen" im eigentlichen Sinne. Das LSG wird deshalb ebenfalls zu prüfen haben, ob das im Kostenvoranschlag genannte Vibrationskissen, das zu den taktilen Signalgebern gehört, von der verordneten optischen Signalanlage überhaupt umfasst ist. Dies könnte zB der Fall sein, wenn ein Vibrationskissen üblicherweise als Zubehör zu einer Lichtsignalanlage angesehen wird (vgl zB die Produktart "Blitz- und Vibrationswecker" Nr 3000-3999 sowie die Produktart "Signalempfänger mit taktiler Ausgabe" Nr 1000-1999).

23

9. Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Sach- und Dienstleistungen können auch im Ausland erbracht werden, wenn sie dort bei zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit wirtschaftlicher ausgeführt werden können. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können im grenznahen Ausland auch ausgeführt werden, wenn sie für die Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit erforderlich sind.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 verurteilt, der Klägerin EUR 2.196,00 zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von EUR 2.196,00.
Die 1949 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Bis 6. Juli 2009 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis als Geschäftsstellenleiterin, vom 7. Juli 2009 bis 5. Juli 2011 bezog sie Arbeitslosengeld und war deshalb versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten, vom 6. Juli 2011 bis 25. März 2012 war sie freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten, ab 26. März 2012 als Rentenantragstellerin und seit 1. April 2013 als Rentnerin erneut versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Wegen der Innenohrschwerhörigkeit beidseits verordnete Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. R. der Klägerin am 7. Juli 2008 erstmals eine beiderseitige Hörhilfe. Die Klägerin suchte in der Folgezeit das Hörakustikstudio S. (im Folgenden S.), das nach dem Vortrag der Beklagten im Jahr 2008 dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker (BIHA) einerseits sowie dem - damaligen- Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. (VdAK/AEV), heute Verband der Ersatzkassen (vdek), beigetreten war, auf. Von S. erhielt die Klägerin am 5. August 2008 die Hörgeräte BALANCE microBTE. Unter dem 1. September 2008 bescheinigte Dr. R., er habe sich davon überzeugt, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig sei. Nach dem Anpassbericht des S. vom 5. September 2008 habe die Klägerin bei Einsilbern (Wörter) ohne Hörgerät 30 vom Hundert (v.H.), mit einem Hörgerät links 70 v.H. und mit beiden Hörgeräten 90 v.H. verstanden, die Steigerung der Verständlichkeit liege bei 60 v.H., das Richtungshören habe sich verbessert. Am 10. September 2008 legte S. der Beklagten den Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 über zwei Hörgeräte BALANCE microBTE vor. Bei einem Preis der Hörgeräte von jeweils EUR 1.519,28 sowie zweier Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von insgesamt EUR 20,00, eines Eigenanteils der Klägerin von jeweils EUR 1.098,00, insgesamt EUR 2.196,00 sowie eines binauralen Abschlags von EUR 84,26 ergab sich ein Kassenanteil inklusive Mehrwertsteuer von EUR 808,88. Die Beklagte bewilligte mit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 30. September 2008 die Übernahme dieses Festbetrags und zahlte diesen an S.. S. stellte der Klägerin für die Hörgeräte EUR 2.196,00 in Rechnung (Rechnung vom 2. Oktober 2008). Die Klägerin beglich diese Rechnung vollständig am 6. Oktober 2008.
Am 27. Januar 2009 bat die Klägerin die Beklagte um Erläuterung ihrer Eigenbeteiligung und beantragte fürsorglich die Erstattung weiterer Kosten. Letzteres lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2009, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, ab. Bei der beigefügten Rechnung handele es sich um den Eigenanteil der Klägerin. Der Hörgeräteakustiker habe bei der Versorgung mit Hörgeräten eigenanteilsfreie Versorgungen innerhalb der Festbetragsgruppen anzubieten. Werde eine Versorgung gewählt, welche das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreite, erhalte der Akustiker ebenfalls die vereinbarten Festbeträge, der übersteigende Betrag werde dem Kunden als privater Eigenanteil in Rechnung gestellt. Auf die Genehmigung vom 30. September 2008 werde verwiesen.
Die Klägerin wiederholte unter dem 13. Februar 2009 ihr Begehren, die Beklagte habe einen weitaus umfassenderen, wenn nicht sogar den vollen Anteil an der Hörgeräteversorgung zu tragen. Es sei keine das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreitende Versorgung gewählt worden. Die erfolgte Hörgeräteversorgung beinhalte eine Programmierung der Hörgeräte, die es ermögliche, wie eine Art Richtmikrofon zu funktionieren, sodass bei Stimmengewirr, Außengeräuschen usw. die Sprache des direkten Gegenübers genau verstanden werde. Diese Versorgung hätte es ihr ermöglicht, ihren Beruf als Geschäftsstellenleiterin weiter auszuüben. Im Übrigen sei eine Hörgeräteversorgung, die es nicht ermögliche, einwandfrei zu hören, keine zweckmäßige, sondern eine unsinnige Versorgung. Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 empfahl die Beklagte der Klägerin, die Mehrkosten beim Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Kostenübernahme ihrerseits außerhalb der vereinbarten Festbeträge sei nicht möglich. Am 8. Juni 2009 erhob die Klägerin förmlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Januar 2009. Die Versorgung sei erforderlich, um nicht nur im Berufs- sondern auch im Alltagsbereich alles zu verstehen. Mit Bescheid vom 4. Juni 2009 wiederholte die Beklagte ihre Ablehnung. Es lägen keine Befunde vor, aus denen hervorgehe, dass zum Festbetrag keine Versorgung möglich sei. Ohne Vorliegen medizinischer Gründe könne keine andere Entscheidung getroffen werden. Im weiteren Verlauf bat die Beklagte S. um Einreichung aller Anpassberichte und des Abschlussberichts zur Hörgeräteversorgung, worauf S. die bereits erwähnten Unterlagen übermittelte. Im Anschluss daran hörte die Beklagte die Hörgeräteakustikerin Schmidt, die unter dem 20. Juli 2009 ausführte, dass nach den vorliegenden Dokumentationen keine vergleichende Anpassung erfolgt sei und die Klägerin nicht die Möglichkeit gehabt habe, Geräte verschiedene Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbiete. Eine medizinische Begründung zur Kostenübernahme oberhalb der Festbeträge bestehe aber nicht. Die Klägerin sei aufgrund der Schwerhörigkeit mit Vertragsgeräten versorgbar. Bezugnehmend hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Juli 2009 nochmals mit, dass es weiterhin bei dem Bescheid vom 29. Januar 2009 verbleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. S. erfülle die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) alte Fassung (a.F.) und sei daher berechtigt, Hörgeräte auszuliefern und anzupassen. Da zwischen ihr, der Beklagten, und S. eine vertragliche Regelung nicht bestehe, würden hier die Vorschriften des § 33 Abs. 7 SGB V eingreifen. Nach § 33 Abs. 7 SGB V würden die Krankenkassen die jeweils vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Erfolge jedoch eine Versorgung auf Grundlage des § 126 Abs. 2 SGB V a.F. durch einen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der jeweiligen Krankenkasse sei, trage die Krankenkasse die Kosten in Höhe des niedrigsten Preises, der für eine vergleichbare Leistung mit anderen Leistungserbringern vereinbart worden sei; bei Hilfsmitteln, für die ein Festbetrag festgesetzt worden sei, höchstens bis zur Höhe des Festbetrags. Für die Produktgruppe der Hörgeräte, die zweifelsfrei zu den Hilfsmitteln gehörten, seien Festpreise vereinbart worden. Bei der Bewilligung der Hörgeräte für die Klägerin sei der Festbetrag, der im Bescheid vom 30. September angesetzt worden sei, folgendermaßen ermittelt worden: Zwei Hörgeräte zum Festbetrag von je EUR 421,28 und zweimal EUR 35,25 für die Secret Ear Versorgung. Hieraus ergebe sich zunächst ein Betrag in Höhe von EUR 913,06. Von dieser Summe habe für die Zweitversorgung ein Betrag in Höhe von EUR 84,26 abgezogen werden müssen. Abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung (zweimal EUR 10,00) verbleibe ein Betrag in Höhe von EUR 808,80, den sie, die Beklagte, als Festbetrag zu übernehmen habe. Aufgrund eines Schreibfehlers (gemeint wohl Betrag für die Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 statt EUR 35,25) sei der Klägerin irrtümlich ein Betrag in Höhe von EUR 808,88 zugesagt worden. Von dieser Zusage werde sie, die Beklagte, nicht abweichen. Eine Kostenübernahme über den zugesagten Betrag hinaus sei nicht begründet.
Die Klägerin erhob am 24. September 2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung ihres Eigenanteils an der Hörgeräteversorgung. Die Hörgeräteversorgung übersteige nicht das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen. Sie sei nicht nur im Berufs-, sondern auch im Alltagsbereich erforderlich. Es handele sich bei der Hörgeräteversorgung um den modernen Standard und nicht um einen Luxusgegenstand oder eine Überversorgung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 und wies ergänzend darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch auch deshalb nicht bestehe, weil die Klägerin erst nach Rechnungslegung eine angeblich unzureichende Versorgung mit Festbetragsgeräten geltend gemacht habe. Abgesehen davon habe sie, die Beklagte, die notwendige ausreichende Versorgung der Klägerin als Sachleistung erbracht. Eine unrechtmäßige Entscheidung für das Entstehen des Eigenanteils sei nicht kausal gewesen. Die von der Klägerin angeführte berufliche Tätigkeit sei nach deren Aufgabe nicht relevant.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2011 wies das SG die Klage ab. Die Kostenbelastung der Klägerin beruhe nicht wesentlich auf der Leistungsversagung der Beklagten. Der Hilfsmittelerbringer habe lediglich den üblichen Voranschlag, in dem bereits der Eigenanteil der Klägerin eingearbeitet gewesen sei, der Beklagten vorgelegt, worauf diese - dem Voranschlag entsprechend - den im Gesetz vorgesehenen Festbetrag übernommen habe. Dass sie hier zu Unrecht eine volle Kostenübernahme abgelehnt habe, liege fern, denn niemand habe eine volle Kostenübernahme von ihr verlangt. Davon abgesehen sei offenbar zu dem Zeitpunkt, als der Bescheid vom 30. September 2008 der Klägerin frühestens zugegangen sein könne, das unbedingte Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Klägerin und S. schon abgeschlossen gewesen, denn darauf beruhe die Rechnung vom 2. Oktober 2008. Die Klägerin sei nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen gewesen, sondern sie sei zu der Anschaffung schon vorher entschlossen gewesen und habe diese in die Tat umgesetzt.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Januar 2012 Berufung eingelegt. Ihr sei es nicht um eine Luxusversorgung gegangen, für sie sei nur dieses Hörgerät hilfreich gewesen. Die Kosten seien sicherlich durch S. im Wege der Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008 beantragt worden, denn sie sei zum damaligen Zeitpunkt an Krebs erkrankt gewesen und habe nicht die Kraft gehabt, selbst ein Prozedere mit der Beklagten durchzuführen. Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht im Rahmen des § 13 Abs. 2 SGB V nicht nachgekommen. Dass sie nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen worden sei und schon vorher zu dieser Anschaffung entschlossen gewesen sein solle, sei überhaupt kein Argument. Ergänzend hat sie auf das - vorgelegte - Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 12. Juni 2012 -L 1 U 5167/11- verwiesen.
10 
Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst -,
11 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 zu verurteilen, ihr EUR 2.196,00 zu erstatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie bezieht sich auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 und ihr bisheriges Vorbringen. Das Urteil des 1. Senats des LSG vom 12. Juni 2012 könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da bei dem dortigen Kläger bereits eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit anerkannt gewesen sei. Auch sei dort die Versorgung im Rahmen der Festbetragsregelung erfolgt. Diese Festbeträge hätten bei der Versorgung der Klägerin keine Bedeutung, da der versorgende Leistungserbringer sich dem Vertrag zwischen der BIHA und dem VdAK/AEV, angeschlossen habe. Damit würden die vereinbarten Vertragssätze und nicht die Festbeträge gelten.
15 
Der Senat hat die Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - hingewiesen.
16 
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

13

2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

14

3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

17

b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

18

4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

22

d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

26

e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

27

5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

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7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

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8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

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a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

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b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

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c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

34

d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

41

b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten der Klägerin im Revisionsverfahren. Die Beklagte trägt die durch die Rücknahme der Revision entstandenen Kosten. Im Übrigen sind im Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von 1956,90 Euro, wobei die Beklagte - insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - die Beigeladene und umgekehrt die Beigeladene die Beklagte als im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig und passivlegitimiert ansieht.

2

Die 1965 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Rentenversicherungsträger renten- und bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer progredienten hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit rechts, einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit links sowie an einem beidseitigen Tinnitus. Deshalb ist sie seit langer Zeit auf ein Hörgerät angewiesen. Sie ist Diplom-Pflegewirtin und seit Mai 2006 als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband beschäftigt.

3

Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Klägerin am 9.6.2006 wegen der beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit eine Hörhilfe links, da die bisherige Hörhilfe "zu alt" sei. In der Folgezeit versorgte das Hörakustikstudio S., ein Vertragspartner der Beigeladenen iS von § 126 Abs 1 S 1 SGB V, die Klägerin mit dem Hörgerät Savia 211 (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 28.9.2006). Zuvor hatte der Leistungserbringer zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 12.7.2006 der Beigeladenen die Versorgung der Klägerin angezeigt und hierzu das Formular nach Anlage 3 des "Vertrages zur Komplettversorgung mit Hörsystemen" verwendet. Ausweislich eines Ausdrucks der unter dem Namen der Klägerin gespeicherten elektronischen Daten dokumentierte die Beigeladene einen "Antrag vom 12.07.2006", unter dem Status Preisprüfung den Vermerk "Endgültig entschieden am 12.07.2006" und unter der Überschrift Leistungsfälle und Zusätze "Hilfsmittel - 12.07.2006 - 132003. Hörgerät li. Versorgungspauschale bewilligt". Am 23.10.2006 stellte der Leistungserbringer der Klägerin für das Hörgerät nebst Nature-Otoplastik und Reparatur-Pauschale "abzüglich der Krankenkassen-Anteile" 1956,90 Euro in Rechnung, die diese vollständig beglich. Dem Leistungserbringer überwies die Beigeladene im November 2006 einen Betrag von 655 Euro; damit waren unter Abzug der Zuzahlung der Klägerin von 10 Euro (§ 33 Abs 8 iVm § 61 SGB V) der Festbetrag für das Hörgerät von 421 Euro sowie die Kosten der Otoplastik (35 Euro) und die Reparatur-Pauschale (209 Euro) abgedeckt.

4

Im Hinblick auf die absehbare Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu leisten, hatte die Klägerin am 25.7.2006 bei der Beklagten Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte in Form einer Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät beantragt und zur Begründung ausgeführt, ohne die begehrte Versorgung könne sie die Fortbildung von Mitarbeitern, die Moderation von Qualitätszirkeln und die Leitung von Arbeitsgruppen und damit Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte nicht mehr ausüben. Die Beklagte lehnte dies ab, weil Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur dann in Form eines Hilfsmittels erbracht werden könnten, wenn dieses ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Dies sei nach ärztlicher Prüfung bei der Klägerin nicht der Fall; die gewählte höherwertige Ausstattung des Hörgeräts diene nicht ausschließlich der Ausübung des Berufs als Qualitätsmanagementbeauftragte, sondern vielmehr für jeden Bereich des täglichen Lebens bzw für jedwede Form der Berufsausübung (Bescheid vom 3.8.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006).

5

Das SG hat die Krankenkasse der Versicherten beigeladen und die gegen den Rentenversicherungsträger gerichtete Klage abgewiesen, gleichzeitig aber die Beigeladene verurteilt, der Klägerin die Kosten für das selbst beschaffte Hörgerät in Höhe von 1956,90 Euro zu erstatten (Urteil vom 30.11.2009). Das LSG hat die von der Beigeladenen eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2006 aufgehoben wird (Urteil vom 25.11.2010): Die Beigeladene sei nach § 14 SGB IX als erstangegangener Träger zuständig geworden. Bei der Versorgungsanzeige des Leistungserbringers handele es sich jedenfalls auch um einen Leistungsantrag der Klägerin, da die Beigeladene unmissverständlich darüber informiert worden sei, dass die Klägerin ein Hörgerät wünsche. Davon sei die Beigeladene selbst ausgegangen, weil sie durch die Zahlung des Festbetrags an den Leistungserbringer eine antragsabhängige Leistung erbracht habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Kostenerstattung beruhe auf § 15 Abs 1 SGB IX. Sie habe sich das Hörgerät erst am 23.10.2006 und damit nach der Ablehnung durch die Beklagte (Bescheid vom 3.8.2006) selbst beschafft. Der dem Anspruch auf Kostenerstattung zugrunde liegende Sachleistungsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs 1 und 2, § 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1 und 2 Nr 6, § 31 SGB IX, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit ohne die begehrte Versorgung nicht weiter hätte ausüben können.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beigeladene in erster Linie dagegen, nach § 14 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zu gelten und damit für den Versorgungsfall zuständig geworden zu sein. Bei ihr sei kein Antrag der Klägerin eingegangen. Die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt werde. Sie habe erstmals im Rahmen des Abschlussberichts des Hörakustikstudios Anhaltspunkte für entstandene Mehrkosten erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin aber längst ihren Teilhabeantrag bei der Beklagten gestellt. Im Übrigen bestehe kein Anspruch über den bereits bezahlten Festbetrag hinaus.

7

Die Beigeladene beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 und des SG Berlin vom 30.11.2009 zu ändern und die Klage im Hinblick auf sie als Beigeladene abzuweisen.

8

Die Klägerin und die Beklagte verteidigen das angefochtene Berufungsurteil und beantragen jeweils,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beklagte hatte ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt (Telefax vom 22.2.2011), diese aber mangels Beschwer wieder zurückgenommen (Schriftsatz vom 18.3.2011).

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der durch den Festbetrag nicht gedeckten Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro. Dieser Anspruch besteht zwar nicht gegen die Beigeladene als für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuständigem Leistungsträger (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V); leistungspflichtig ist die Beigeladene jedoch als im Verhältnis zur Klägerin auch für die rentenversicherungsrechtliche Hilfsmittelversorgung zuständig gewordener erstangegangener Leistungsträger (Erstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 iVm § 14 Abs 1 SGB IX).

11

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten des Hörgeräts entweder durch die Beklagte oder durch die Beigeladene. Insoweit ist der beim LSG anhängig gewesene Streitstoff vollständig auch beim BSG angefallen, obwohl nach der Rücknahme des von der Beklagten eingelegten Rechtsmittels nur noch die von der Beigeladenen eingelegte Revision zur Entscheidung ansteht und die Klägerin schon gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte nicht mit einem eigenen Rechtsmittel - etwa im Wege der Anschlussberufung zu der von der Beigeladenen eingelegten Berufung - vorgegangen war. Das ergibt sich aus der durch § 75 Abs 5 SGG eröffneten - und einer sowohl vom SG als auch vom LSG realisierten - Befugnis, anstelle des verklagten Versicherungs- oder Leistungsträgers nach Beiladung den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Träger zu verurteilen. Diese prozessual vorgesehene Möglichkeit der Verurteilung auf Beiladung dient vor allem der Prozessökonomie, einer Klageänderung (§ 99 SGG) bedarf es dabei nicht. Um der Vorstellung des SGG-Gesetzgebers in vollem Umfang gerecht werden zu können, muss auch die nächste Instanz über alle in Frage kommenden prozessualen Ansprüche entscheiden können, wenn nur der unterlegene - beigeladene - Versicherungsträger Rechtsmittel eingelegt hat, wie es hier bereits im Berufungsrechtszug geschehen war und nunmehr auch im Revisionsverfahren der Fall ist. Anderenfalls könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren zunächst gegen den einen Versicherungsträger und in einer weiteren Instanz gegen den anderen Träger nicht durchdringt, obwohl feststeht, dass gegen einen von beiden jedenfalls der Anspruch besteht. Der Kläger müsste ggf ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 180 SGG betreiben, also ein weiteres Verfahren einleiten; dies wäre in höchstem Maße prozessunökonomisch und soll durch die Regelung des § 75 Abs 5 SGG gerade vermieden werden. Deshalb muss im Revisionsverfahren - wie das BSG schon wiederholt ausgeführt hat - auch über den Anspruch entschieden werden, der gegen die Beklagte gerichtet war, obgleich die Klage gegen diese abgewiesen worden ist und nur die verurteilte Beigeladene im zweiten Rechtszug Berufung und im dritten Rechtszug Revision eingelegt hat (BSGE 9, 67, 69 f; BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16 S 37; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 31 S 57 f; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 10).

12

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also im Verhältnis zu der von der Klägerin im Klagewege in Anspruch genommenen Beklagten deren Bescheid vom 3.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006, mit der die Übernahme (Sachleistungsanspruch) bzw später die Erstattung (Kostenerstattungsanspruch) der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung in Höhe von 1956,90 Euro abgelehnt worden war. Verfahrensgegenstand ist aber auch die für das Verhältnis der Klägerin zu der Beigeladenen maßgebende Entscheidung vom 12.7.2006, die begehrte Hörgeräteversorgung auf den Festbetrag zu beschränken, eine technisch aufwändigere und teurere Versorgung also abzulehnen. Über diese Verwaltungsentscheidung der Beigeladenen ist zu befinden, weil eine unmittelbare Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG voraussetzt, dass dieser Ablehnungsentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen keine Bindungswirkung zukommt. Im Falle einer solchen Bindungswirkung wäre eine Verurteilung der Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG ausgeschlossen(BSG SozR 1500 § 75 Nr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 18b).

13

2. Die Klägerin macht den Anspruch auf Kostenerstattung für die in Höhe von 1956,90 Euro selbst finanzierte Hörgeräteversorgung zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG geltend. Die Klage ist gegenüber der Beklagten fristgerecht nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren (§ 87 SGG) erhoben worden und auch ansonsten zulässig. Die Verurteilung der Beigeladenen kann auf der Grundlage des § 75 Abs 5 SGG erfolgen; hierzu bedarf es insbesondere keines abgeschlossenen Vorverfahrens iS des § 83 SGG(Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

14

3. Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren nach einer verbesserten Hörgeräteversorgung zunächst an die Beigeladene als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) und nach Kenntnis von deren auf den Festbetrag (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) beschränkter Leistungsbewilligung zusätzlich an die Beklagte als rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX) gewandt, um auch den offenen Restbetrag als Versicherungsleistung gewährt zu bekommen. Die Zuständigkeit der Beklagten als für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 9 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 5 Nr 2 und § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) einstandspflichtigen Versicherungsträger kam hier in Betracht, weil die als Diplom-Pflegewirtin ausgebildete Klägerin die Notwendigkeit der verbesserten Hörgeräteversorgung damit begründet hat, anderenfalls ihre gerade erst angetretene neue Beschäftigung als Qualitätsmanagementbeauftragte für den Pflegesektor eines Wohlfahrtsverbandes nicht (mehr) ausüben zu können.

15

Der Frage nach der rentenversicherungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Rehabilitationsleistung stellt sich jedoch nur, wenn der Leistungsantrag der Klägerin vom 25.7.2006 mit Blick auf die Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX als rehabilitationsrechtlicher Erstantrag zu werten ist. Ist er hingegen nur als wiederholender Antrag (Zweitantrag) im Rahmen eines durch den bereits Ende Juni/Anfang Juli 2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag eingeleiteten einheitlichen rehabilitationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens anzusehen, wäre eine rentenversicherungsrechtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin ausgeschlossen. Vielmehr wäre dann die Beigeladene im Verhältnis zur Klägerin allein zuständiger Rehabilitationsträger für den Versorgungsfall geworden. Das ist nach den Gegebenheiten dieses Falles zu bejahen.

16

a) Nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger(§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V(§ 14 Abs 1 S 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt(§ 14 Abs 1 S 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs 2 S 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verweist(BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 14-16).

17

b) Erstangegangener Rehabilitationsträger iS von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt(vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 24).

18

4. Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die beigeladene Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger für die begehrte Hörgeräteversorgung iS des § 14 SGB IX anzusehen. Die Beigeladene ist im Außenverhältnis zur Klägerin mangels Weiterleitung des Leistungsantrags an die Beklagte nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX für das Versorgungsbegehren ausschließlich zuständig geworden; dies schließt eine Zuständigkeit der Beklagten für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs als Rentenversicherungsträger aus.

19

a) Leistungen der GKV werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 S 1 SGB IV). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 17 RdNr 13). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 S 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V. sowie dem damaligen Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. für die Zeit ab 1.1.2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr 1 S 1 des Vertrages). Unter der Überschrift "Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung" ist ua Folgendes vereinbart worden: "Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anlage 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat" (§ 4 Nr 1 S 2 des Vertrages).

20

b) Der Senat kann offenlassen, ob die maßgebliche Antragstellung iS des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 9.6.2006 seitens der Klägerin an den Hörgeräteakustiker oder erst durch dessen Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse erfolgt ist. In dem einen wie in dem anderen Fall läge ein Leistungsbegehren der Klägerin und damit ein Leistungsantrag iS des § 19 S 1 SGB IV vor, der in der Zeit zwischen dem 9.6.2006 (Tag der vertragsärztlichen Verordnung) und dem 12.7.2006 (Tag der Verwaltungsentscheidung) bei der Beigeladenen eingegangen ist. Deren Einwand, die vom LSG als Antrag angesehene Versorgungsanzeige sei allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungsbringer und Krankenkasse zur Gewährung einer Sachleistung (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V), durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten (vgl § 19 Abs 1 SGB V) geklärt werde, ist unzutreffend und wirklichkeitsfremd. Wenn sich ein Rehabilitationsträger - wie hier und bei der Hörgeräteversorgung wohl allgemein üblich - seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zuteil wird, dann erfüllt er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V noch befolgt er die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit(§ 12 Abs 1 und § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 SGB I) verweigert, kann sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Es mutet zudem abenteuerlich an, dass die Rehabilitationsträger die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln - hier: Hörgeräte - praktisch nicht mehr selbst vornehmen, sondern in die Hände der Leistungserbringer "outgesourced" haben. Dass ein solches Vorgehen weder dem Grundgedanken der Festbetragsregelung gerecht wird noch zur Kostendämpfung beiträgt, dürfte klar auf der Hand liegen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass die Beigeladene hinsichtlich der erfolgten Versorgung keinerlei nachprüfbare Unterlagen vorlegen konnte, wie dies in ihrem "Vertrag zur Komplettversorgung" mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben ist. Es existiert lediglich ein Datenauszug, der mit Datum 12.7.2006 die Bewilligung eines Hörgeräts und des Festbetrages dokumentiert - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles. Der Senat hält eine derartige Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel.

21

c) Der Antrag der Klägerin richtet sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät und ist als solcher nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf Teilhabeleistungen iS von § 14 Abs 1 S 1 SGB IX(BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8, RdNr 18). Dabei geht es nach der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 SGB I um eine umfassende, nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches (hier: des Leistungsrechts der GKV nach dem SGB V sowie des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI) bestmögliche Versorgung mit einem neuen Hörgerät. Eine solche Auslegung des Leistungsbegehrens schließt die Aufspaltung des klägerischen Begehrens in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einem Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), von vornherein aus. Es ist also von einem einheitlichen, spätestens am 12.7.2006 bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrag auszugehen.

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d) Dieser Antrag entspricht inhaltlich den Anforderungen, die an einen Antrag nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu stellen sind.

23

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut genügt ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, um die Zuständigkeitsprüfung des erstangegangenen Leistungsträgers und die Zwei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Ein solcher lag hier - wie bereits dargestellt - jedenfalls in Form der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios spätestens am 12.7.2006 vor. Eine andere Auslegung liefe dem Gesetzeszweck zuwider, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen im gegliederten System entgegenzuwirken (BT-Drucks 14/5074 S 102 f zu § 14). Soweit die Beigeladene darauf hinweist, dass dem Antrag der Klägerin, hier also der Versorgungsanzeige des Hörakustikstudios und der beigefügten vertragsärztlichen Verordnung, die für eine Zuständigkeitsprüfung notwendigen Angaben fehlten, wäre es ihre Aufgabe als Versicherungsträger gewesen, diese Angaben zu ermitteln. Dies ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung nach § 14 Abs 1 S 1 SGB IX in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 Abs 1 SGB X.

24

Auch der Hinweis der Beigeladenen auf die "Gemeinsamen Empfehlungen" der Rehabilitationsträger nach § 13 SGB IX führt zu keiner anderen Bewertung. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, ein Antrag auf Teilhabe iS des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX liege erst vor, wenn der Rehabilitationsträger über jene Aufgaben und Unterlagen verfüge, die eine Beurteilung der Zuständigkeit ermöglichten(§ 1 Abs 1 S 2 und 3 der Gemeinsamen Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens idF vom 28.9.2010). Die Behörde müsse solange nicht von einem Teilhabeleistungsantrag ausgehen, als bei verständiger Würdigung nicht erkennbar sei, dass und aus welchem Sozialleistungsbereich der Antragsteller Sozialleistungen begehre. Jede andere Bewertung würde die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sprengen.

25

Die Frage, ob dieser Rechtsauffassung der Beigeladenen und der ihr zugrunde liegenden Empfehlung nach § 13 Abs 2 Nr 3 SGB IX partiell zugestimmt werden kann oder ob die Empfehlung in dieser Allgemeinheit überhaupt mit § 14 Abs 1 S 1 SGB IX zu vereinbaren ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden; denn ein an die Krankenkasse gerichteter Antrag auf Versorgung mit einem Hörgerät ist jedenfalls auch auf Leistungen zur Teilhabe iS von §§ 1, 4 und 5 SGB IX gerichtet. Wie bereits ausgeführt, will der Versicherte im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen; ein einmal gestellter Antrag ist also umfassend, dh auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen und Anspruchsgrundlagen hin zu prüfen (BSG SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 21; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 9 RdNr 27; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 34), und insbesondere nicht "künstlich" in separate Teil-Leistungsanträge für die verschiedenen in Betracht kommenden Teilhabeleistungen aufzuspalten. Deshalb hatte die Beigeladene den Leistungsantrag von vornherein sowohl unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr 1, § 31 SGB IX, § 33 SGB V) als auch unter dem Aspekt der Hilfsmittelversorgung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2, § 33 Abs 8 S 1 Nr 4 SGB IX, §§ 9, 15 SGB VI) zu prüfen und danach die Zuständigkeit zu bestimmen. Die Frage, ob die Hörgeräteversorgung auch (oder nur) zur weiteren Berufsausübung benötigt wurde, hätte ohne Weiteres durch eine Nachfrage bei der Klägerin (zB per Telefon) geklärt werden können und berechtigte grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Zwei-Wochen-Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund eine strenge Zwei-Wochen-Frist für die Prüfung der Zuständigkeit für die Entscheidung von Anträgen auf Teilhabeleistungen gesetzt und deren Verlängerung nicht vorgesehen (vgl § 14 Abs 1 S 3 SGB IX).

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e) Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen (§ 14 Abs 2 S 1 SGB IX). Diese Zuständigkeit der Beigeladenen ist ausschließlicher Natur; denn die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX schließt im Außenverhältnis zum Versicherten die Zuständigkeiten aller anderen Träger aus(BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1, RdNr 15; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 12 ff; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7, RdNr 16; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 15; stRspr). Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16). Dementsprechend hat das LSG zu Recht die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten mangels Zuständigkeit aufgehoben.

27

5. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Beigeladene und nicht die Beklagte als für die Erstattung des von der Klägerin getragenen Kostenanteils in Höhe von 1956,90 Euro zuständig erachtet. Die Kostenerstattungspflicht der Beigeladenen beruht allerdings nicht auf ihrer Funktion als originär zuständiger Krankenversicherungsträger, sondern auf ihrer Eigenschaft als nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX umfassend zuständig gewordener erstangegangener Rehabilitationsträger, der die begehrte Teilhabeleistung auch unter dem Aspekt einer dem Rentenversicherungsträger obliegenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben(§ 5 Nr 2, § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) zu prüfen hatte. Da die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, hätte die Beigeladene die der Klägerin angepasste Hörgeräteversorgung als Sachleistung erbringen müssen; die Beschränkung der Leistung auf den Festbetrag (§ 36 SGB V) war rechtswidrig.

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6. Grundlage des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs gegen die Beigeladene als zuständiger Krankenversicherungsträger ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(hier idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12; vgl zum Ganzen auch Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand: 1.1.2012, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; eingehend Hauck, aaO, mwN). Diese Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die angepasste "Primärversorgung" zustand.

29

7. Rechtsgrundlage des in erster Linie verfolgten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs 1 S 1 SGB V, hier in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung geltenden Fassung des Art 1 Nr 20 Buchst a bb des Gesetzes zur Modernisierung der GKV(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, im Folgenden: § 33 SGB V aF). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen(§ 12 Abs 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind.

30

8. Der von den Krankenkassen geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich nach ständiger Rechtsprechung des für die GKV-Hilfsmittelversorgung ausschließlich zuständigen 3. Senats des BSG entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 14 ff). Insoweit hat der in § 33 Abs 1 S 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) für die im Rahmen der GKV gebotene Hilfsmittelversorgung zwei Ebenen.

31

a) Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur "zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache" zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt - wie die Beigeladene zu Recht nicht in Zweifel gezogen hat - je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein.

32

b) Beschränkter sind die Leistungspflichten der GKV, wenn die Erhaltung bzw Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen ständiger Rechtsprechung des Senats zufolge nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen.

33

c) Dies gilt entgegen einer als überholt anzusehenden (BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 17) Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 21.8.2008 (BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr 7 - digitales Hörgerät für Lagerarbeiter) auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Seiner Ansicht nach sollten die Krankenkassen auch für Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die (nur) für die Berufsausübung erforderlich sind (aaO, RdNr 43). Dem ist nicht zu folgen, weil Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich sind. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie ua die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung(vgl §§ 9 Abs 1 S 1, 15 Abs 1 S 1 SGB VI iVm § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB VII). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzung in der GKV auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (stRspr; vgl zuletzt BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 12 - schwenkbarer Autositz bei Wachkomaversorgung; BSGE 91, 60 RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 10 - Rollstuhl-Ladeboy; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32 S 191 - Therapie-Tandem). Die demgegenüber vom 13. Senat des BSG angeführte und noch zu §§ 182, 182b Reichsversicherungsordnung ergangene frühere Rechtsprechung(insbesondere BSG SozR 2200 § 182b Nr 36 und BSG SozR 2200 § 182 Nr 116) ist unter Geltung des SGB V nicht weiterverfolgt worden. Hätte die GKV heute auch noch jenseits des elementaren Basisausgleichs für den Ausgleich jeglicher mittelbarer Behinderungsfolgen aufzukommen, wäre die überkommene und im SGB IX ausdrücklich bekräftigte (vgl § 6 Abs 1 und 2, § 7 S 2 SGB IX)Aufgabenteilung zwischen den Krankenkassen einerseits sowie den Trägern ua der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung andererseits auf dem Gebiet der medizinischen Rehabilitation hinfällig. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind demgemäß für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die GKV nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert.

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d) Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 S 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249 - C-Leg I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 255 - Damenperücke; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-Leg II). Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44 S 249; BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 15). Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 45 - Damenperücke). Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 34 zur Versorgung mit einer - dem mittelbaren Behinderungsausgleich dienenden - Mikroportanlage). Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153 und Nr 44 S 250 - jeweils mwN).

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9. Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V nicht zu, weil es an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem angepassten Hörgerät(§ 33 SGB V) fehlt.

36

Das LSG hat auf der Grundlage des Gutachtens des Hörgeräteakustikers W. vom 3.12.2008 festgestellt, die Klägerin benötige das höherwertige Premiumgerät lediglich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbandes. Der Schwerpunkt dieser auf der Ausbildung der Klägerin als Diplom-Pflegewirtin aufbauenden Tätigkeit liege in der Leitung und Moderation von Arbeitsgruppen in Qualitätszirkeln sowie in der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen zur Altenpflege. Diese Moderatoren- und Dozententätigkeit stelle besondere Anforderungen an die Hörfähigkeit, weil der Betroffene wegen der üblicherweise vorhandenen Störgeräusche einem spezifischen akustischen Umfeld ausgesetzt sei, das sich zB von einer normalen Bürotätigkeit deutlich unterscheide. Außerdem bestehe bei der Klägerin die medizinische Besonderheit, dass sie nur auf einem Ohr mit einer Hörhilfe versorgt werden könne, wodurch sie im Hinblick auf das Richtungshören und Verstehen im Störgeräusch gegenüber einer beidseitigen Versorgung sehr im Nachteil sei, weil alle Schallereignisse auf das linke Ohr treffen würden und so der Nutzschall und der Störschall nur sehr schwer voneinander getrennt werden könnten. Ohne das gewählte Premiumgerät sei die weitere Berufsausübung als Qualitätsmanagementbeauftragte erheblich gefährdet; eine Versorgung mit einem - zum Festbetrag erhältlichen - Basis- oder Komfortgerät sei nicht ausreichend.

37

Diese Feststellungen des LSG sind im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden und für den erkennenden Senat daher bindend (§ 163 SGG). Anhaltspunkte dafür, dass die zusätzlichen Nutzungsvorteile des gewählten Premiumgeräts über den beruflichen Nutzen hinaus Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben mindern, sind weder vom LSG festgestellt worden noch anderweitig ersichtlich. So stellen insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 25.7.2006 sowie ihre Rechtsbehelfsbegründungen stets darauf ab, dass das neue Premiumgerät zur Berufsausübung nötig sei. Danach bleibt festzuhalten, dass die Beigeladene den gegen sie nach § 33 Abs 1 S 1 SGB V bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Versorgungsanspruch durch die Zahlung des Festbetrages erfüllt hat(§ 12 Abs 2 SGB V), weil für den Alltagsgebrauch ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Hörgerät offenbar noch ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehe nach den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte.

38

10. Die Klage ist allerdings begründet, weil der Klägerin ein solcher weitergehender Primäranspruch nach dem Rentenversicherungsrecht zugestanden hätte, für dessen Erfüllung die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin zuständig war.

39

Rechtsgrundlage des aus der Selbstbeschaffung der Leistung resultierenden rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist(gemeint ist damit die dem Rehabilitationsträger zu setzende angemessene Nachfrist nach § 15 Abs 1 S 2 SGB IX) eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Der Erstattungsanspruch besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat." Im vorliegenden Fall geht es um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX, weil die Beigeladene ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag beschränkt und damit den weitergehenden Antrag auf Ausstattung mit dem höherwertigen Premiumgerät abgelehnt hat(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 9).

40

a) Die Regelungen des § 15 Abs 1 S 3 und 4 SGB IX sind auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbar anwendbar(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 12). Dem steht insbesondere § 7 S 2 SGB IX nicht entgegen, wonach die Zuständigkeit der Träger und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe(§§ 4, 5 SGB IX) nach den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen zu bestimmen sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich diese Verweisung nur auf Teilhabeleistungen - also die Primäransprüche - selbst, nicht jedoch auf den hier streitbefangenen Kostenerstattungsanspruch.

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b) Die Beigeladene ist auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 15 Abs 1 SGB IX passivlegitimiert. "Zuständiger Rehabilitationsträger" iS von § 15 Abs 1 S 4 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX zuständige Träger(BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 14).

42

11. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw Leistungsberechtigten ausgelöst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

43

12. Rechtsfehlerfrei hat das LSG entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung scheitert. Ansprüche nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX sind - ebenso wie nach § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V - zwar nur gegeben, wenn der zuständige Rehabilitationsträger (hier die Krankenkasse) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung des Trägers beruhen (vgl etwa BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 24). Hieran fehlt es, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 74 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16, RdNr 13 mwN), oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (stRspr; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das ist hier nicht der Fall.

44

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit deren Auswahl. Die Auswahl ist dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet und scheidet deshalb mit Ausnahme von Fällen der Vorfestlegung - für die hier nichts festgestellt ist - als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung aus. Anspruchshindernd ist vielmehr, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, erst ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22). Unschädlich sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie bei der Hörgeräteversorgung die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte. Dazu gehört auch eine probeweise Hörgeräteüberlassung. Anders ist es erst dann, wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung des Trägers eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann. Ein solcher Leistungsausschlussgrund liegt nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht vor. Das LSG hat vielmehr ausgeführt, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstverschaffung erst deutlich nach der - in der Beschränkung auf den Festbetrag liegenden - Teil-Ablehnung der Beigeladenen vom 12.7.2006, nämlich im Oktober 2006, getroffen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstbeschaffung sogar auch erst nach dem Zugang des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 3.8.2006 getroffen hat, weil es im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs 1 S 4 Fall 2 SGB IX nur auf die rechtswidrige Leistungsablehnung durch den nach § 14 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger ankommt.

46

13. Die ablehnende Entscheidung der Beigeladenen war rechtswidrig, weil sie den Anspruch der Klägerin nach §§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX unberücksichtigt gelassen hat.

47

a) Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 9 Abs 1 SGB VI), wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind hier erfüllt.

48

Die Klägerin fällt in den persönlichen Anwendungsbereich (§ 10 SGB VI), weil sie hörbehindert ist und deshalb - wie bereits ausgeführt - typische Anforderungen ihrer Berufstätigkeit gemäß der Stellenbeschreibung ohne die notwendige Hörgeräteversorgung nicht (mehr) erfüllen konnte; dabei ist auf die konkret ausgeübte Beschäftigung - hier als Qualitätsmanagementbeauftragte eines Wohlfahrtsverbands - und nicht auf die generelle Erwerbsfähigkeit iS von § 43 Abs 2 S 2 SGB VI abzustellen. Für den Fall der Versorgung mit einem den Anforderungen ihrer Beschäftigung an die Hörfähigkeit entsprechenden Hörgerät bestand eine positive Rehabilitationsprognose. Anhaltspunkte für das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) oder einen Ausschluss der Leistungspflicht nach § 12 SGB VI bestehen nicht; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

49

b) Die Klägerin erfüllt zudem die besonderen Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger. Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI kann die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI erbringen, für die in Abs 1 S 1 jener Vorschrift auf die rehabilitationsrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 bis 31 SGB IX verwiesen wird. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 SGB IX werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder zu mindern. Zu diesen Leistungen gehören nach § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX auch Hilfsmittel, deren Erbringung wiederum in § 31 SGB IX näher geregelt ist. Hierzu zählen nach § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ua Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Leistungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt.

50

Als Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich dient ein Hörgerät ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist(BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 15). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Grundbedürfnis iS von § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ist. Die vom erkennenden Senat im Rahmen der Anwendung von § 33 SGB V vorgenommene Begrenzung auf Nutzungsvorteile, die eine Behinderung (auch) im gesamten täglichen Leben ausgleichen oder mildern, begründet sich mit dem gegliederten System der Sozialversicherung und dient der Abgrenzung der Leistungen der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger und kommt damit - außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der GKV - naturgemäß nicht zur Anwendung.

51

14. Damit standen Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Rehabilitationsleistung, dh welche Leistungen in Betracht kommen (§ 13 Abs 1 S 1 SGB VI), grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr 2 S 3; BSG SozR 3-5765 § 10 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 3-1200 § 39 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 3 RdNr 35; BSG SozR 4-5765 § 7 Nr 1 RdNr 11; BSG Urteil vom 12.12.2011 - B 13 R 21/10 R - Juris RdNr 27; stRspr). Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Möglichkeit des Leistungsträgers, dieses Auswahlermessen auszuüben, das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs im Einzelfall hindern könnte. Denn nach den nicht angegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Versorgung der Klägerin mit dem Premiumhörgerät zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit zwingend erforderlich, sodass eine sog "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt. Damit sind die der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1956,90 Euro auch erforderlich iS von § 15 Abs 1 S 3 SGB IX. Die Klägerin hat somit materiell-rechtlich gegen die Beigeladene Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der von ihr gewählten notwendigen Hörgeräteversorgung.

52

15. Die Beigeladene hätte somit bei rechtmäßigem Verfahrensablauf dem Antrag der Klägerin auf Gewährung des erforderlichen neuen Hörgeräts in Premiumausführung stattgeben müssen, und zwar einerseits als originär zuständiger Krankenversicherungsträger in Höhe des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V), weil das Hörgerät als Ersatz für das unbrauchbar gewordene alte Gerät dient und trotz seiner berufsbedingt erforderlichen aufwändigen Ausstattung auch im Alltagsleben benutzt wird (§ 33 SGB V), und andererseits als erstangegangener Rehabilitationsträger (§ 14 SGB IX) in Höhe der Mehrkosten, weil sie auch für die rentenversicherungsrechtlichen Ansprüche zuständig geworden ist und das Hörgerät zur Berufsausübung als Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation im Zuge der Teilhabe am Arbeitsleben benötigt wird (§§ 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6 und § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX). Die Zuständigkeit nach § 14 SGB IX hätte die Beigeladene dadurch vermeiden können, dass sie innerhalb der Prüfungsfrist des § 14 Abs 1 S 1 und 2 SGB IX zugleich mit der Bewilligung des Festbetrags den Leistungsantrag hinsichtlich der Mehrkosten an die Beklagte als insoweit zuständigen Rentenversicherungsträger weitergeleitet hätte.

53

Dieses Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung ist sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs 1 S 5 SGB V und § 31 Abs 3 SGB IX). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last. Für medizinische Hilfsmittel (§ 33 SGB V), die zugleich Pflegehilfsmittel sind (§ 40 Abs 1 SGB XI) und deswegen als Hilfsmittel mit Doppelfunktion sowohl von den Krankenkassen als auch von den Pflegekassen zu finanzieren sind, hat der Gesetzgeber einen eigenständigen Finanzausgleich nach § 40 Abs 5 SGB XI geschaffen.

54

16. Die Verurteilung der Beigeladenen zur Erstattung des Betrages von 1956,90 Euro ist nach § 75 Abs 5 SGG möglich. Insbesondere besteht die hierfür nötige Wechselwirkung, weil der streitige Anspruch sich nur entweder gegen die Beklagte oder gegen die Beigeladene richten kann.

55

Der Verurteilung der Beigeladenen steht auch nicht ihre Entscheidung vom 12.7.2006 entgegen, dem Leistungsantrag der Klägerin nur in Form des Festbetrags (§ 36 iVm § 12 Abs 2 SGB V) stattzugeben, die Übernahme der darüber hinausgehenden Kosten aber abzulehnen; denn diese Entscheidung ist im Verhältnis zur Klägerin nicht in Bestandskraft erwachsen.

56

a) Bei dieser Entscheidung der Beigeladenen handelt es sich um einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X), der zwar dem Hörakustiker entsprechend den vertraglichen Regelungen (vgl § 4 Nr 1 des Vertrages) in Gestalt eines formlosen Bewilligungsschreibens zur Kenntnis gegeben worden ist, nicht aber als förmlicher, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehener Bescheid der Klägerin zugesandt oder auf andere Weise bekannt gegeben worden ist, wie es § 37 SGB X verlangt. Dennoch ist der Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil offensichtlich der Hörakustiker die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 12. und 25.7.2006 über die Entscheidung der Beigeladenen, nur den Festbetrag zu zahlen, unterrichtet hat. Mit dieser - von der Beigeladenen auch so gewollten - Unterrichtung ist der Verwaltungsakt der Klägerin bekannt gegeben und damit auch wirksam geworden (§ 39 Abs 1 SGB X). Nicht nachvollziehbar ist allerdings, weshalb die Beigeladene ihre Entscheidung nicht in Form eines ordnungsgemäßen Bescheids bekannt gegeben hat (§ 37 SGB X).

57

b) Dieser Verwaltungsakt hat gegenüber der Klägerin keine Bestandskraft erlangt (§ 77 SGG). Zwar hat die Klägerin gegen die Entscheidung bei der Beigeladenen nicht ausdrücklich Widerspruch erhoben (§ 83 SGG). Sie hat aber mit ihrer Antragstellung bei der Beklagten am 25.7.2006, die als unmittelbare Reaktion auf die kurz zuvor erhaltene Mitteilung über die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag zu werten ist, deutlich gemacht, mit dieser Leistungsbegrenzung nicht einverstanden zu sein.

58

Diesen Antrag, der inhaltlich nichts anderes ist als die Einwendung gegen die Leistungsbegrenzung auf den Festbetrag, muss sich die Beigeladene nach der Zielsetzung des § 14 SGB IX als Rechtsbehelf gegen ihre Entscheidung zurechnen lassen. Ziel des § 14 SGB IX ist es, im Interesse des behinderten Menschen durch die rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken(BT-Drucks 14/5074 S 102). Ein möglicher Nachteil des gegliederten Systems ist es, dass der behinderte Mensch die von ihm begehrte Rehabilitationsleistung bei allen in Betracht kommenden Leistungsträgern verfolgen und dabei ggf eine Vielzahl von Verwaltungs- und weitergehenden Rechtsbehelfsverfahren führen muss, um keinen Nachteil zu erleiden. Diesem "Systemmangel" begegnet § 14 SGB IX erstens durch die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers, kurzfristig die Zuständigkeit zu prüfen, um zweitens den Antrag an den für zuständig erkannten anderen Träger weiterzuleiten oder anderenfalls selbst umfassend zu prüfen. Für den behinderten Menschen soll es einen Antrag bzw ein Antragsverfahren mit einer abschließenden Verwaltungsentscheidung geben. Lässt aber der erstangegangene Leistungsträger - wie hier - die Vorgaben des § 14 SGB IX unberücksichtigt, sodass sich der behinderte Mensch selbst auf die Suche nach einem ggf anderweitig zuständigen Rehabilitationsträger macht, müssen - um der Zielsetzung des § 14 SGB IX zu entsprechen, keinen Nachteil durch das gegliederte System auszulösen - die von ihm angestoßenen Verwaltungsverfahren rechtstechnisch als ein einheitliches Verwaltungsverfahren angesehen werden. Dies muss zumindest dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der erstangegangene Leistungsträger seine Ablehnungsentscheidung nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen hat, sodass für den behinderten Menschen nicht erkennbar ist, welche Maßnahmen er treffen muss, um seine Rechte weiterverfolgen zu können.

59

Geht man aber von einem einheitlichen Verwaltungsverfahren aus, das bei der Beigeladenen begonnen und durch die Antragstellung bei der Beklagten fortgeführt wurde, muss der Antrag der Klägerin vom 25.7.2006 auf Versorgung mit dem Premiumhörgerät zumindest auch als Widerspruch gegen die entsprechend ablehnende Entscheidung der Beigeladenen vom 12.7.2006 angesehen werden, sodass diese Entscheidung nicht bestandskräftig werden konnte. Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen im vorliegenden Rechtsstreit nicht (Leitherer, aaO, § 75 RdNr 18b unter Hinweis auf BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).

60

17. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 verurteilt, der Klägerin EUR 2.196,00 zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von EUR 2.196,00.
Die 1949 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Bis 6. Juli 2009 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis als Geschäftsstellenleiterin, vom 7. Juli 2009 bis 5. Juli 2011 bezog sie Arbeitslosengeld und war deshalb versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten, vom 6. Juli 2011 bis 25. März 2012 war sie freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten, ab 26. März 2012 als Rentenantragstellerin und seit 1. April 2013 als Rentnerin erneut versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Wegen der Innenohrschwerhörigkeit beidseits verordnete Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. R. der Klägerin am 7. Juli 2008 erstmals eine beiderseitige Hörhilfe. Die Klägerin suchte in der Folgezeit das Hörakustikstudio S. (im Folgenden S.), das nach dem Vortrag der Beklagten im Jahr 2008 dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker (BIHA) einerseits sowie dem - damaligen- Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. (VdAK/AEV), heute Verband der Ersatzkassen (vdek), beigetreten war, auf. Von S. erhielt die Klägerin am 5. August 2008 die Hörgeräte BALANCE microBTE. Unter dem 1. September 2008 bescheinigte Dr. R., er habe sich davon überzeugt, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig sei. Nach dem Anpassbericht des S. vom 5. September 2008 habe die Klägerin bei Einsilbern (Wörter) ohne Hörgerät 30 vom Hundert (v.H.), mit einem Hörgerät links 70 v.H. und mit beiden Hörgeräten 90 v.H. verstanden, die Steigerung der Verständlichkeit liege bei 60 v.H., das Richtungshören habe sich verbessert. Am 10. September 2008 legte S. der Beklagten den Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 über zwei Hörgeräte BALANCE microBTE vor. Bei einem Preis der Hörgeräte von jeweils EUR 1.519,28 sowie zweier Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von insgesamt EUR 20,00, eines Eigenanteils der Klägerin von jeweils EUR 1.098,00, insgesamt EUR 2.196,00 sowie eines binauralen Abschlags von EUR 84,26 ergab sich ein Kassenanteil inklusive Mehrwertsteuer von EUR 808,88. Die Beklagte bewilligte mit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 30. September 2008 die Übernahme dieses Festbetrags und zahlte diesen an S.. S. stellte der Klägerin für die Hörgeräte EUR 2.196,00 in Rechnung (Rechnung vom 2. Oktober 2008). Die Klägerin beglich diese Rechnung vollständig am 6. Oktober 2008.
Am 27. Januar 2009 bat die Klägerin die Beklagte um Erläuterung ihrer Eigenbeteiligung und beantragte fürsorglich die Erstattung weiterer Kosten. Letzteres lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2009, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, ab. Bei der beigefügten Rechnung handele es sich um den Eigenanteil der Klägerin. Der Hörgeräteakustiker habe bei der Versorgung mit Hörgeräten eigenanteilsfreie Versorgungen innerhalb der Festbetragsgruppen anzubieten. Werde eine Versorgung gewählt, welche das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreite, erhalte der Akustiker ebenfalls die vereinbarten Festbeträge, der übersteigende Betrag werde dem Kunden als privater Eigenanteil in Rechnung gestellt. Auf die Genehmigung vom 30. September 2008 werde verwiesen.
Die Klägerin wiederholte unter dem 13. Februar 2009 ihr Begehren, die Beklagte habe einen weitaus umfassenderen, wenn nicht sogar den vollen Anteil an der Hörgeräteversorgung zu tragen. Es sei keine das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreitende Versorgung gewählt worden. Die erfolgte Hörgeräteversorgung beinhalte eine Programmierung der Hörgeräte, die es ermögliche, wie eine Art Richtmikrofon zu funktionieren, sodass bei Stimmengewirr, Außengeräuschen usw. die Sprache des direkten Gegenübers genau verstanden werde. Diese Versorgung hätte es ihr ermöglicht, ihren Beruf als Geschäftsstellenleiterin weiter auszuüben. Im Übrigen sei eine Hörgeräteversorgung, die es nicht ermögliche, einwandfrei zu hören, keine zweckmäßige, sondern eine unsinnige Versorgung. Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 empfahl die Beklagte der Klägerin, die Mehrkosten beim Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Kostenübernahme ihrerseits außerhalb der vereinbarten Festbeträge sei nicht möglich. Am 8. Juni 2009 erhob die Klägerin förmlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Januar 2009. Die Versorgung sei erforderlich, um nicht nur im Berufs- sondern auch im Alltagsbereich alles zu verstehen. Mit Bescheid vom 4. Juni 2009 wiederholte die Beklagte ihre Ablehnung. Es lägen keine Befunde vor, aus denen hervorgehe, dass zum Festbetrag keine Versorgung möglich sei. Ohne Vorliegen medizinischer Gründe könne keine andere Entscheidung getroffen werden. Im weiteren Verlauf bat die Beklagte S. um Einreichung aller Anpassberichte und des Abschlussberichts zur Hörgeräteversorgung, worauf S. die bereits erwähnten Unterlagen übermittelte. Im Anschluss daran hörte die Beklagte die Hörgeräteakustikerin Schmidt, die unter dem 20. Juli 2009 ausführte, dass nach den vorliegenden Dokumentationen keine vergleichende Anpassung erfolgt sei und die Klägerin nicht die Möglichkeit gehabt habe, Geräte verschiedene Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbiete. Eine medizinische Begründung zur Kostenübernahme oberhalb der Festbeträge bestehe aber nicht. Die Klägerin sei aufgrund der Schwerhörigkeit mit Vertragsgeräten versorgbar. Bezugnehmend hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Juli 2009 nochmals mit, dass es weiterhin bei dem Bescheid vom 29. Januar 2009 verbleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. S. erfülle die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) alte Fassung (a.F.) und sei daher berechtigt, Hörgeräte auszuliefern und anzupassen. Da zwischen ihr, der Beklagten, und S. eine vertragliche Regelung nicht bestehe, würden hier die Vorschriften des § 33 Abs. 7 SGB V eingreifen. Nach § 33 Abs. 7 SGB V würden die Krankenkassen die jeweils vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Erfolge jedoch eine Versorgung auf Grundlage des § 126 Abs. 2 SGB V a.F. durch einen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der jeweiligen Krankenkasse sei, trage die Krankenkasse die Kosten in Höhe des niedrigsten Preises, der für eine vergleichbare Leistung mit anderen Leistungserbringern vereinbart worden sei; bei Hilfsmitteln, für die ein Festbetrag festgesetzt worden sei, höchstens bis zur Höhe des Festbetrags. Für die Produktgruppe der Hörgeräte, die zweifelsfrei zu den Hilfsmitteln gehörten, seien Festpreise vereinbart worden. Bei der Bewilligung der Hörgeräte für die Klägerin sei der Festbetrag, der im Bescheid vom 30. September angesetzt worden sei, folgendermaßen ermittelt worden: Zwei Hörgeräte zum Festbetrag von je EUR 421,28 und zweimal EUR 35,25 für die Secret Ear Versorgung. Hieraus ergebe sich zunächst ein Betrag in Höhe von EUR 913,06. Von dieser Summe habe für die Zweitversorgung ein Betrag in Höhe von EUR 84,26 abgezogen werden müssen. Abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung (zweimal EUR 10,00) verbleibe ein Betrag in Höhe von EUR 808,80, den sie, die Beklagte, als Festbetrag zu übernehmen habe. Aufgrund eines Schreibfehlers (gemeint wohl Betrag für die Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 statt EUR 35,25) sei der Klägerin irrtümlich ein Betrag in Höhe von EUR 808,88 zugesagt worden. Von dieser Zusage werde sie, die Beklagte, nicht abweichen. Eine Kostenübernahme über den zugesagten Betrag hinaus sei nicht begründet.
Die Klägerin erhob am 24. September 2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung ihres Eigenanteils an der Hörgeräteversorgung. Die Hörgeräteversorgung übersteige nicht das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen. Sie sei nicht nur im Berufs-, sondern auch im Alltagsbereich erforderlich. Es handele sich bei der Hörgeräteversorgung um den modernen Standard und nicht um einen Luxusgegenstand oder eine Überversorgung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 und wies ergänzend darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch auch deshalb nicht bestehe, weil die Klägerin erst nach Rechnungslegung eine angeblich unzureichende Versorgung mit Festbetragsgeräten geltend gemacht habe. Abgesehen davon habe sie, die Beklagte, die notwendige ausreichende Versorgung der Klägerin als Sachleistung erbracht. Eine unrechtmäßige Entscheidung für das Entstehen des Eigenanteils sei nicht kausal gewesen. Die von der Klägerin angeführte berufliche Tätigkeit sei nach deren Aufgabe nicht relevant.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2011 wies das SG die Klage ab. Die Kostenbelastung der Klägerin beruhe nicht wesentlich auf der Leistungsversagung der Beklagten. Der Hilfsmittelerbringer habe lediglich den üblichen Voranschlag, in dem bereits der Eigenanteil der Klägerin eingearbeitet gewesen sei, der Beklagten vorgelegt, worauf diese - dem Voranschlag entsprechend - den im Gesetz vorgesehenen Festbetrag übernommen habe. Dass sie hier zu Unrecht eine volle Kostenübernahme abgelehnt habe, liege fern, denn niemand habe eine volle Kostenübernahme von ihr verlangt. Davon abgesehen sei offenbar zu dem Zeitpunkt, als der Bescheid vom 30. September 2008 der Klägerin frühestens zugegangen sein könne, das unbedingte Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Klägerin und S. schon abgeschlossen gewesen, denn darauf beruhe die Rechnung vom 2. Oktober 2008. Die Klägerin sei nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen gewesen, sondern sie sei zu der Anschaffung schon vorher entschlossen gewesen und habe diese in die Tat umgesetzt.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Januar 2012 Berufung eingelegt. Ihr sei es nicht um eine Luxusversorgung gegangen, für sie sei nur dieses Hörgerät hilfreich gewesen. Die Kosten seien sicherlich durch S. im Wege der Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008 beantragt worden, denn sie sei zum damaligen Zeitpunkt an Krebs erkrankt gewesen und habe nicht die Kraft gehabt, selbst ein Prozedere mit der Beklagten durchzuführen. Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht im Rahmen des § 13 Abs. 2 SGB V nicht nachgekommen. Dass sie nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen worden sei und schon vorher zu dieser Anschaffung entschlossen gewesen sein solle, sei überhaupt kein Argument. Ergänzend hat sie auf das - vorgelegte - Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 12. Juni 2012 -L 1 U 5167/11- verwiesen.
10 
Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst -,
11 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 zu verurteilen, ihr EUR 2.196,00 zu erstatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie bezieht sich auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 und ihr bisheriges Vorbringen. Das Urteil des 1. Senats des LSG vom 12. Juni 2012 könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da bei dem dortigen Kläger bereits eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit anerkannt gewesen sei. Auch sei dort die Versorgung im Rahmen der Festbetragsregelung erfolgt. Diese Festbeträge hätten bei der Versorgung der Klägerin keine Bedeutung, da der versorgende Leistungserbringer sich dem Vertrag zwischen der BIHA und dem VdAK/AEV, angeschlossen habe. Damit würden die vereinbarten Vertragssätze und nicht die Festbeträge gelten.
15 
Der Senat hat die Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - hingewiesen.
16 
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 verurteilt, der Klägerin EUR 2.196,00 zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin in Höhe von EUR 2.196,00.
Die 1949 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Bis 6. Juli 2009 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis als Geschäftsstellenleiterin, vom 7. Juli 2009 bis 5. Juli 2011 bezog sie Arbeitslosengeld und war deshalb versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten, vom 6. Juli 2011 bis 25. März 2012 war sie freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten, ab 26. März 2012 als Rentenantragstellerin und seit 1. April 2013 als Rentnerin erneut versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Wegen der Innenohrschwerhörigkeit beidseits verordnete Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. R. der Klägerin am 7. Juli 2008 erstmals eine beiderseitige Hörhilfe. Die Klägerin suchte in der Folgezeit das Hörakustikstudio S. (im Folgenden S.), das nach dem Vortrag der Beklagten im Jahr 2008 dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker (BIHA) einerseits sowie dem - damaligen- Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. (VdAK/AEV), heute Verband der Ersatzkassen (vdek), beigetreten war, auf. Von S. erhielt die Klägerin am 5. August 2008 die Hörgeräte BALANCE microBTE. Unter dem 1. September 2008 bescheinigte Dr. R., er habe sich davon überzeugt, dass durch die vorgeschlagene Hörhilfe eine ausreichende Hörverbesserung erzielt werde und das vorgeschlagene Gerät zweckmäßig sei. Nach dem Anpassbericht des S. vom 5. September 2008 habe die Klägerin bei Einsilbern (Wörter) ohne Hörgerät 30 vom Hundert (v.H.), mit einem Hörgerät links 70 v.H. und mit beiden Hörgeräten 90 v.H. verstanden, die Steigerung der Verständlichkeit liege bei 60 v.H., das Richtungshören habe sich verbessert. Am 10. September 2008 legte S. der Beklagten den Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 über zwei Hörgeräte BALANCE microBTE vor. Bei einem Preis der Hörgeräte von jeweils EUR 1.519,28 sowie zweier Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von insgesamt EUR 20,00, eines Eigenanteils der Klägerin von jeweils EUR 1.098,00, insgesamt EUR 2.196,00 sowie eines binauralen Abschlags von EUR 84,26 ergab sich ein Kassenanteil inklusive Mehrwertsteuer von EUR 808,88. Die Beklagte bewilligte mit nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 30. September 2008 die Übernahme dieses Festbetrags und zahlte diesen an S.. S. stellte der Klägerin für die Hörgeräte EUR 2.196,00 in Rechnung (Rechnung vom 2. Oktober 2008). Die Klägerin beglich diese Rechnung vollständig am 6. Oktober 2008.
Am 27. Januar 2009 bat die Klägerin die Beklagte um Erläuterung ihrer Eigenbeteiligung und beantragte fürsorglich die Erstattung weiterer Kosten. Letzteres lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2009, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, ab. Bei der beigefügten Rechnung handele es sich um den Eigenanteil der Klägerin. Der Hörgeräteakustiker habe bei der Versorgung mit Hörgeräten eigenanteilsfreie Versorgungen innerhalb der Festbetragsgruppen anzubieten. Werde eine Versorgung gewählt, welche das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreite, erhalte der Akustiker ebenfalls die vereinbarten Festbeträge, der übersteigende Betrag werde dem Kunden als privater Eigenanteil in Rechnung gestellt. Auf die Genehmigung vom 30. September 2008 werde verwiesen.
Die Klägerin wiederholte unter dem 13. Februar 2009 ihr Begehren, die Beklagte habe einen weitaus umfassenderen, wenn nicht sogar den vollen Anteil an der Hörgeräteversorgung zu tragen. Es sei keine das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen überschreitende Versorgung gewählt worden. Die erfolgte Hörgeräteversorgung beinhalte eine Programmierung der Hörgeräte, die es ermögliche, wie eine Art Richtmikrofon zu funktionieren, sodass bei Stimmengewirr, Außengeräuschen usw. die Sprache des direkten Gegenübers genau verstanden werde. Diese Versorgung hätte es ihr ermöglicht, ihren Beruf als Geschäftsstellenleiterin weiter auszuüben. Im Übrigen sei eine Hörgeräteversorgung, die es nicht ermögliche, einwandfrei zu hören, keine zweckmäßige, sondern eine unsinnige Versorgung. Mit Schreiben vom 17. Februar 2009 empfahl die Beklagte der Klägerin, die Mehrkosten beim Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Kostenübernahme ihrerseits außerhalb der vereinbarten Festbeträge sei nicht möglich. Am 8. Juni 2009 erhob die Klägerin förmlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Januar 2009. Die Versorgung sei erforderlich, um nicht nur im Berufs- sondern auch im Alltagsbereich alles zu verstehen. Mit Bescheid vom 4. Juni 2009 wiederholte die Beklagte ihre Ablehnung. Es lägen keine Befunde vor, aus denen hervorgehe, dass zum Festbetrag keine Versorgung möglich sei. Ohne Vorliegen medizinischer Gründe könne keine andere Entscheidung getroffen werden. Im weiteren Verlauf bat die Beklagte S. um Einreichung aller Anpassberichte und des Abschlussberichts zur Hörgeräteversorgung, worauf S. die bereits erwähnten Unterlagen übermittelte. Im Anschluss daran hörte die Beklagte die Hörgeräteakustikerin Schmidt, die unter dem 20. Juli 2009 ausführte, dass nach den vorliegenden Dokumentationen keine vergleichende Anpassung erfolgt sei und die Klägerin nicht die Möglichkeit gehabt habe, Geräte verschiedene Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbiete. Eine medizinische Begründung zur Kostenübernahme oberhalb der Festbeträge bestehe aber nicht. Die Klägerin sei aufgrund der Schwerhörigkeit mit Vertragsgeräten versorgbar. Bezugnehmend hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Juli 2009 nochmals mit, dass es weiterhin bei dem Bescheid vom 29. Januar 2009 verbleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. S. erfülle die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) alte Fassung (a.F.) und sei daher berechtigt, Hörgeräte auszuliefern und anzupassen. Da zwischen ihr, der Beklagten, und S. eine vertragliche Regelung nicht bestehe, würden hier die Vorschriften des § 33 Abs. 7 SGB V eingreifen. Nach § 33 Abs. 7 SGB V würden die Krankenkassen die jeweils vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Erfolge jedoch eine Versorgung auf Grundlage des § 126 Abs. 2 SGB V a.F. durch einen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der jeweiligen Krankenkasse sei, trage die Krankenkasse die Kosten in Höhe des niedrigsten Preises, der für eine vergleichbare Leistung mit anderen Leistungserbringern vereinbart worden sei; bei Hilfsmitteln, für die ein Festbetrag festgesetzt worden sei, höchstens bis zur Höhe des Festbetrags. Für die Produktgruppe der Hörgeräte, die zweifelsfrei zu den Hilfsmitteln gehörten, seien Festpreise vereinbart worden. Bei der Bewilligung der Hörgeräte für die Klägerin sei der Festbetrag, der im Bescheid vom 30. September angesetzt worden sei, folgendermaßen ermittelt worden: Zwei Hörgeräte zum Festbetrag von je EUR 421,28 und zweimal EUR 35,25 für die Secret Ear Versorgung. Hieraus ergebe sich zunächst ein Betrag in Höhe von EUR 913,06. Von dieser Summe habe für die Zweitversorgung ein Betrag in Höhe von EUR 84,26 abgezogen werden müssen. Abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung (zweimal EUR 10,00) verbleibe ein Betrag in Höhe von EUR 808,80, den sie, die Beklagte, als Festbetrag zu übernehmen habe. Aufgrund eines Schreibfehlers (gemeint wohl Betrag für die Otoplastiken von jeweils EUR 35,29 statt EUR 35,25) sei der Klägerin irrtümlich ein Betrag in Höhe von EUR 808,88 zugesagt worden. Von dieser Zusage werde sie, die Beklagte, nicht abweichen. Eine Kostenübernahme über den zugesagten Betrag hinaus sei nicht begründet.
Die Klägerin erhob am 24. September 2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung ihres Eigenanteils an der Hörgeräteversorgung. Die Hörgeräteversorgung übersteige nicht das Maß des Notwendigen und Zweckmäßigen. Sie sei nicht nur im Berufs-, sondern auch im Alltagsbereich erforderlich. Es handele sich bei der Hörgeräteversorgung um den modernen Standard und nicht um einen Luxusgegenstand oder eine Überversorgung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 und wies ergänzend darauf hin, dass der geltend gemachte Anspruch auch deshalb nicht bestehe, weil die Klägerin erst nach Rechnungslegung eine angeblich unzureichende Versorgung mit Festbetragsgeräten geltend gemacht habe. Abgesehen davon habe sie, die Beklagte, die notwendige ausreichende Versorgung der Klägerin als Sachleistung erbracht. Eine unrechtmäßige Entscheidung für das Entstehen des Eigenanteils sei nicht kausal gewesen. Die von der Klägerin angeführte berufliche Tätigkeit sei nach deren Aufgabe nicht relevant.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2011 wies das SG die Klage ab. Die Kostenbelastung der Klägerin beruhe nicht wesentlich auf der Leistungsversagung der Beklagten. Der Hilfsmittelerbringer habe lediglich den üblichen Voranschlag, in dem bereits der Eigenanteil der Klägerin eingearbeitet gewesen sei, der Beklagten vorgelegt, worauf diese - dem Voranschlag entsprechend - den im Gesetz vorgesehenen Festbetrag übernommen habe. Dass sie hier zu Unrecht eine volle Kostenübernahme abgelehnt habe, liege fern, denn niemand habe eine volle Kostenübernahme von ihr verlangt. Davon abgesehen sei offenbar zu dem Zeitpunkt, als der Bescheid vom 30. September 2008 der Klägerin frühestens zugegangen sein könne, das unbedingte Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Klägerin und S. schon abgeschlossen gewesen, denn darauf beruhe die Rechnung vom 2. Oktober 2008. Die Klägerin sei nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen gewesen, sondern sie sei zu der Anschaffung schon vorher entschlossen gewesen und habe diese in die Tat umgesetzt.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 5. Januar 2012 Berufung eingelegt. Ihr sei es nicht um eine Luxusversorgung gegangen, für sie sei nur dieses Hörgerät hilfreich gewesen. Die Kosten seien sicherlich durch S. im Wege der Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008 beantragt worden, denn sie sei zum damaligen Zeitpunkt an Krebs erkrankt gewesen und habe nicht die Kraft gehabt, selbst ein Prozedere mit der Beklagten durchzuführen. Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht im Rahmen des § 13 Abs. 2 SGB V nicht nachgekommen. Dass sie nicht durch eine ablehnende Entscheidung der Beklagten zur Anschaffung der Hörgeräte mit erheblichem Eigenanteil gezwungen worden sei und schon vorher zu dieser Anschaffung entschlossen gewesen sein solle, sei überhaupt kein Argument. Ergänzend hat sie auf das - vorgelegte - Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 12. Juni 2012 -L 1 U 5167/11- verwiesen.
10 
Die Klägerin beantragt - sachgerecht gefasst -,
11 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30. November 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2008 und Aufhebung des Bescheids vom 29. Januar 2009, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009 zu verurteilen, ihr EUR 2.196,00 zu erstatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie bezieht sich auf ihren Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 und ihr bisheriges Vorbringen. Das Urteil des 1. Senats des LSG vom 12. Juni 2012 könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da bei dem dortigen Kläger bereits eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit anerkannt gewesen sei. Auch sei dort die Versorgung im Rahmen der Festbetragsregelung erfolgt. Diese Festbeträge hätten bei der Versorgung der Klägerin keine Bedeutung, da der versorgende Leistungserbringer sich dem Vertrag zwischen der BIHA und dem VdAK/AEV, angeschlossen habe. Damit würden die vereinbarten Vertragssätze und nicht die Festbeträge gelten.
15 
Der Senat hat die Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R - hingewiesen.
16 
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
33 
Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
34 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
35 
Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
17 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Die Klägerin begehrt die Erstattung von EUR 2.196,00.
18 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hätte die Klage nicht wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges abweisen dürfen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung ihres Eigenanteils für die Hörgeräte BALANCE microBTE in Höhe von EUR 2.196,00.
1.
19 
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der das Kostenerstattungsbegehren der Klägerin ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. August 2009. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte unter dem 4. Juni und 22. Juli 2009 weitere Bescheide erlassen hat. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären diese nicht Streitgegenstand, denn hiermit hat die Beklagte nicht neu entschieden, sondern ihren ursprünglichen Bescheid vom 29. Januar 2009 wiederholt. Eine solche wiederholende Verfügung stuft das BSG nicht als Verwaltungsakt ein, selbst dann nicht, wenn diese in der Form eines Bescheides mit Rechtsbehelfsbelehrung und Gründen erfolgt (BSG, Urteile vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89 -, m.w.N. und vom 20. Dezember 2012 - B 10 LW 1/12 R -, beide in juris). Streitgegenstand ist aber auch der Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008, mit dem eine Leistungsbegrenzung erfolgte. Durch ihn hat die Beklagte mit der Leistungsgewährung zugleich ihre Leistungspflicht auf den Festbetrag in Höhe von EUR 808,88 beschränkt. Damit hat die Beklagte das weitergehende Leistungsbegehren der Klägerin abgelehnt und mit Bindungswirkung ihr gegenüber entschieden, dass Ansprüche nur im Rahmen einer Festbetragsversorgung bestehen. Ohne Beseitigung der Bindungswirkung dieser Entscheidung kann die Klägerin mit ihrem Kostenerstattungsanspruch nicht durchdringen. Denn wäre die im Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 getroffene Regelung bindend (§ 77 SGG), stünde zwischen den Beteiligten fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf einen Betrag von mehr als EUR 808,99 hätte. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens musste die Beklagte folglich den Kostenerstattungsantrag vom 27. Januar 2009 zugleich als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 verstehen, soweit darin der Antrag auf vollständige Hörgeräteversorgung abgelehnt worden war. Hierüber war auch eine Sachentscheidung zu treffen, nachdem der Bewilligungsbescheid - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nach § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und die somit erst ein Jahr nach Zustellung des bewilligenden Leistungsbescheids endende Widerspruchsfrist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war. Demgemäß ist der Widerspruchsbescheid vom 31. August 2009 bei sachgerechter und im Berufungsverfahren noch möglichen Auslegung nicht nur als Bestätigung der ablehnenden Entscheidung vom 29. Januar 2009, sondern auch als Billigung der Leistungsbegrenzung durch den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2008 zu verstehen. Mit diesen - inhaltlich identischen - Regelungselementen ist der Widerspruchsbescheid zum Gegenstand des Rechtsstreits geworden (so BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, in juris).
2.
20 
Die Klägerin hat sich mit ihrem Begehren an die Beklagte als krankenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 33 SGB V) gewandt. An den rentenversicherungsrechtlichen Leistungsträger (§ 15 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 und § 31 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]) ist sie nicht herangetreten und die Beklagte hat ihr Begehren auch nicht an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Die Beklagte ist damit im ausschließlich maßgeblichen Außenverhältnis zur Klägerin zuständig. Dies schließt eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus.
3.
21 
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Danach gilt: Hat die Krankenkasse „eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O.). So liegt es hier, weil die Beklagte ihre Leistungspflicht zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hat, die Klägerin sich die geschuldete Leistung selbst beschafft und hierbei die Grenzen des Notwendigen gewahrt hat (hierzu b)) und es auch an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung nicht fehlt (dazu nachfolgend a)).
a).
22 
Entgegen der Ansicht des SG und auch der von der Beklagten vertretenen Auffassung scheitert der Kostenerstattungsanspruch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V sind zwar nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden sind. Dazu muss die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt war (vgl. hierzu weiter BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
23 
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt (§ 19 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenbehandlung umfasst u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V), und zwar nach Maßgabe des § 33 SGB V. Dieser Anspruch ist von der Krankenkasse grundsätzlich in Form einer Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen, wobei sie ihre Leistungspflicht gemäß § 12 Abs. 2 SGB V mit dem Festbetrag erfüllt, wenn für die Leistung ein Festbetrag festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 3 KR 20/06 R -, in juris). Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Im vorliegenden Fall maßgeblich ist der zwischen der BIHA und damaligen dem VdAK/AEV für die Zeit ab 1. Januar 2004 geschlossene Vertrag nach §§ 126, 127 SGB V zur Komplettversorgung mit Hörsystemen. Danach erfolgt die Abgabe von Hörhilfen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung oder einer Bewilligung der Ersatzkassen (§ 4 Nr. 1 Satz 1 des Vertrags). Unter der Überschrift „Verfahren bei vorheriger ärztlicher Verordnung“ ist u.a. Folgendes vereinbart worden: „Nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten erstattet der Leistungserbringer eine Versorgungsanzeige (Anl. 3) gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse. Der Leistungserbringer erhält nach Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen ein Bewilligungsschreiben der Ersatzkasse. Die Versorgung kann abgerechnet werden, wenn die zur Versorgung geeigneten Hörhilfen nach der Anpassung an den Versicherten ausgeliefert sind und der HNO-Arzt eine ausreichende Hörverbesserung und die Zweckmäßigkeit der Hörhilfe bestätigt hat“ (§ 4 Nr. 1 Satz 2 des Vertrags).
24 
Wie das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, in juris lässt der Senat offen, ob die maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX durch Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung vom 7. Juli 2008 durch die Klägerin an S. erfolgte, die vor dem 5. August 2008 gelegen haben muss, nachdem die Klägerin bereits am 5. August 2008 das streitgegenständliche Hörgerät erhielt. In Betracht käme als maßgebliches Antragsdatum auch die Vorlage der Versorgungsanzeige (so BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Nach den vorliegenden Akten erfolgte hier indessen keine Versorgungsanzeige des S. bei der Beklagten, dies wird auch weder von der Klägerin noch der Beklagten vorgetragen. S. wandte sich erstmals am 10. September 2008 mit Kostenvoranschlag vom 9. September 2008 an die Beklagte. Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits zur Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE entschlossen war, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so gewesen wäre, kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, es sei vorher bei ihr kein Antrag gestellt worden. S. traf nach § 4 Nr. 1 und 2 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen die Pflicht nach Vorlage der Verordnung durch den Versicherten gegenüber der leistungspflichtigen Ersatzkasse eine Versorgungsanzeige zu erstatten. Wenn der Leistungserbringer - wie vorliegend S. - dieser Pflicht nicht nachkommt, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Versicherten aus. Dies fällt in die Sphäre der Beklagten, die sich ihrer leistungsrechtlichen Verantwortung durch sogenannte „Verträge zur Komplettversorgung“ nahezu vollständig entzieht und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlässt, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil wird. Damit erfüllt die Beklagte ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V nicht und sie befolgt auch nicht die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sie verweigert sich letztlich der Pflicht zur Antragsentgegennahme (§ 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), wenn sie den Vorgang komplett in die Hände des Leistungserbringers gibt. Wenn der Leistungserbringer in diesem Fall seinen sich aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommt, kann die Beklagte dem Leistungserbringer gegenüber vorgehen, sie kann sich jedoch nicht dem Versicherten gegenüber darauf berufen, es sei bei ihr kein Antrag gestellt worden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 - B 3 KR 5/12 R -, a.a.O.). Hinzu kommt, dass die Beklagte hinsichtlich der erfolgten Versorgung Unterlagen, wie sie in ihrem „Vertrag zur Komplettversorgung“ mit den Hörgeräteakustikern vorgeschrieben sind, nicht vorlegen kann. Es existiert lediglich die hals-nasen-ohrenärztliche Verordnung, der Anpassbericht, der Kostenvoranschlag, die Rechnung, die ärztliche Bescheinigung des Dr. R. und die Empfangsbestätigung der Klägerin sowie ein Datenauszug, der dies dokumentiert. Eine Überprüfung des Leistungsfalls durch den MDK erfolgte nicht. Im Übrigen ist die Klägerin mit den Hörgeräten BALANCE microBTE endgültig erst am 2. Oktober 2008 versorgt worden und hat sich diese damit an diesem Tag selbst beschafft. Erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen der Klägerin und S. als Leistungserbringer in Bezug auf diese Hörgeräte vor. Zuvor stellte S. der Klägerin diese Hörgeräte lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgeräts ist eine Auswahlentscheidung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Am 2. Oktober 2008 lag bereits die über den Festbetrag hinausgehende Ablehnung der Beklagten vom 30. September 2008 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit der Klägerin zuging. Auf die Nichteinhaltung des Beschaffungsweges kann sich die Beklagte deshalb nicht berufen.
b)
25 
Rechtsgrundlage des primär verfolgten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 a.a.O. und 24. Januar 2013 a.a.O.).
26 
Bei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (vgl. jetzt auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarerer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (z.B. BSG, Urteile vom 29. April 2010 - B 3 KR 5/09 R -, 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R -, beide in juris und Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O.). Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich von dem Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Im Vordergrund steht dabei der unmittelbare Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion. Davon ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion - hier das Hören - selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.). Für diesen unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Dies dient in aller Regel ohne gesonderte weitere Prüfung der Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, weil die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion als solche schon ein Grundbedürfnis in diesem Sinne ist. Deshalb kann auch die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Das Maß der notwendigen Versorgung würde deshalb verkannt, wenn die Krankenkassen ihren Versicherten Hörgeräte ungeachtet hörgerätetechnischer Verbesserungen nur „zur Verständigung beim Einzelgespräch unter direkter Ansprache“ zur Verfügung stellen müssten. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es vielmehr, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dies schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (so BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
27 
Beschränkter sind die Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden (sogenannter mittelbarer Behinderungsausgleich). Dann sind die Krankenkassen nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur für einen Basisausgleich von Behinderungen eintrittspflichtig. Es geht nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen gegebenenfalls andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.)
28 
Dies gilt auch für Gebrauchsvorteile im Beruf. Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung nach dem SGB V sind grundsätzlich unbeachtlich. Für Leistungen der medizinischen Rehabilitation und demgemäß nach § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auch für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind die Krankenkassen nicht allein zuständig, sondern ebenso Rehabilitationsträger wie u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 31 SGB IX) und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Dies rechtfertigt die Leistungsbegrenzungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Hilfsmittel, mit denen die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder gemildert werden können und die damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen. Ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile sind für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ist ein Versicherter für die Anforderungen des allgemeinen Alltagslebens ausreichend versorgt, kommt es auf etwaige zusätzliche Nutzungsvorteile im Erwerbsleben ohnehin nicht an. Umgekehrt kann ein Hilfsmittelanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nicht auf ausschließlich berufliche Nutzungsvorteile gestützt werden, wenn das Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betrifft und seine Nutzung die Auswirkungen der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O.).
29 
Begrenzt ist der so umrissene Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 und 24. Januar 2013 a.a.O., m.w.N.).
30 
Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen steht der Klägerin der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu.
31 
Die Klägerin ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihr besteht eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Dies ergibt sich aus der Verordnung des Dr. R. vom 7. Juli 2008.
32 
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte BALANCE microBTE die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebots überschreiten. S. hat nach den vorgelegten Unterlagen keine anderen Geräte bei der Klägerin getestet. Es erfolgte keine vergleichende Anpassung. Nach der Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin Schmidt vom 20. Juli 2009 hatte die Klägerin auch nicht die Möglichkeit Geräte verschiedener Hersteller zu testen, da S. nicht branchenübliche Hörgeräte anbietet. Ob nur die von der Klägerin selbst beschafften Hörgeräte einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten, ist deshalb fraglich.
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Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dass hier durch S., der dem Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen beigetreten war, keine vergleichende Anpassung, die § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen vorsieht, erfolgte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Nach § 3 des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen erhält der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (= ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Dem kam S. hier nicht nach. Nach den Unterlagen erfolgte keine vergleichende Anpassung. Wenn die Krankenkasse bei Vorlage der Unterlagen an sie, hier bei Übermittlung des Kostenvoranschlags vom 9. September 2008, erkennt, dass keine vergleichende Anpassung erfolgte und einem Versicherten von einem Hörgeräteakustiker nur ein Gerät angeboten wurde, das mit den Festbeträgen nicht abgedeckt ist, hat sie den Versicherten, insbesondere wenn ihr auch - wie hier mit Blick auf S. - bekannt ist, dass S. über keine branchenüblichen Geräte verfügt, gegebenenfalls auch in diesem Zeitpunkt noch darauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgerät gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O.).
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Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Hörgeräte BALANCE microBTE nur zur Berufsausübung notwendig sind. Der Nutzungsvorteil der Geräte mit dem Richtmikrofon mindert über einen etwaigen beruflichen Nutzen hinaus die Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben. Der Vorteil der Richtmikrofontechnik dient auch nicht in erster Linie der Bequemlichkeit und dem Komfort und es stehen auch keine ästhetischen Vorteile im Vordergrund. Es handelt sich auch nicht um eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens.
c)
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Das Erstattungsbegehren der Klägerin ist in Höhe von EUR 2.196,00 begründet. Hierbei handelt es sich um den Eigenanteil der Klägerin für die Hörgeräte BALANCE microBTE. Die Kosten der Versorgung mit den Hörgeräten BALANCE microBTE betrugen insgesamt EUR 3.024,88 (zwei Hörgeräte à EUR 1.519,28 und zwei Otoplastiken à EUR 35,29 abzüglich des Abschlags für die binaurale Versorgung von EUR 84,26). Hiervon abzuziehen sind die von der Klägerin zu leistende gesetzliche Zuzahlung von EUR 20,00 (zweimal EUR 10,00) sowie der gezahlte Festbetrag von EUR 808,88.
4.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
37 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.