Landgericht Stralsund Beschluss, 29. Sept. 2011 - 6 O 245/11

published on 29/09/2011 00:00
Landgericht Stralsund Beschluss, 29. Sept. 2011 - 6 O 245/11
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Gericht

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Tenor

Das Landgericht Stralsund erklärt sich für örtlich unzuständig. Es verweist den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht Rostock.

Gründe

I.

1

Das vorliegende Verfahren ist mit Beschluss vom 30.08.2011 (Bd. II Bl. 205 f. d.A.) durch Abtrennung aus dem Verfahren 6 O 59/11 hervorgegangen. Der Kläger nimmt die Beklagte, die eine gewerbliche Tourismuszentrale betreibt, ihren Sitz in K. und damit im Landgerichtsbezirk Rostock hat und im Ursprungsverfahren 6 O 59/11 zwischenzeitlich Beklagte zu 2) war, u.a. auf Reisepreisrückzahlung und Ersatz für "entgangene Urlaubsfreuden" in einem Umfang von insgesamt 7.515,00 Euro in Anspruch. Dem liegt ein Ferienaufenthalt des Klägers und weiterer Reiseteilnehmer in einer Unterkunft im Sommer 2010 in N. im Bezirk des Landgerichts Stralsund zu Grunde. Die hiesige Beklagte war jedenfalls nicht selbst Vermieter des Domizils. Dies war vielmehr der Beklagte bzw. zeitweilige Beklagte zu 1) des Ursprungsverfahrens 6 O 59/11. Der Kläger macht geltend, er habe die Unterkunft "über" die hiesige Beklagte gebucht. Diese sei als Reiseveranstalter im Sinne des Reisevertragsrechts anzusehen, jedenfalls im Wege einer Analogie. Die Beklagte macht geltend, nicht Reiseveranstalter zu sein, sondern lediglich als Vertreter des Vermieters aufgetreten zu sein. Allenfalls sei eine "N. i. M. GbR" - die auf der Buchungsbestätigung ausgewiesen ist - als Reiseveranstalter anzusehen.

2

Das Gericht hat bereits im oben genannten Abtrennungsbeschluss im Ursprungsverfahren vom 30.08.2011 darauf hingewiesen, dass eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stralsund nicht gegeben ist. Hierauf hat das Gericht mit Hinweis vom 12.09.2011 in vorliegendem Verfahren Bezug genommen und dem Kläger nahegelegt, Verweisung an das Landgericht Rostock zu beantragen (vgl. Bd. II Bl. 209, 209-Rs., 214 f. d.A.). Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 28.09.2011 (Bd. II Bl. 247 d.A.) entsprechend Verweisung an das Landgericht Rostock beantragt. Die Beklagte hat sich zur Frage der gerichtlichen Zuständigkeit nicht erklärt.

II.

3

Das Landgericht Stralsund ist örtlich nicht zuständig.

4

Demgemäß war der Rechtsstreit auf Antrag des Klägers gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO unter Ausspruch der eigenen örtlichen Unzuständigkeit an das örtlich und sachlich zuständige Landgericht Rostock zu verweisen.

1.

5

Ein Gerichtsstand ist im hiesigen Bezirk nicht begründet.

6

a) Die Beklagte ist - wie bereits im Beschluss vom 30.08.2011, auf den ergänzend Bezug genommen wird, ausgeführt - nicht im Landgerichtsbezirk Stralsund ansässig, sondern im Amtsgerichtsbezirk Bad Doberan und damit im Landgerichtsbezirk Rostock (vgl. §§ 12, 17 ZPO i.V.m. §§ 3 Abs. 4 und 4 Abs. 3 des Gerichtsstrukturgesetzes für Mecklenburg-Vorpommern; GVOBl. 1998, S. 444). Unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gerichtsstandes ist daher eine hiesige Zuständigkeit nicht gegeben.

7

b) Auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) ist hier nicht einschlägig bzw. führt nicht zu einer Zuständigkeit des Landgerichts Stralsund. Gemäß §§ 270 Abs. 4, 269 Abs. 1 BGB ist die streitige Zahlungsverpflichtung der Beklagten ggf. an deren Sitz, also wiederum im Landgerichtsbezirk Rostock, zu erfüllen. Der für den Beherbergungsvertrag überwiegend angenommene einheitliche Erfüllungsort am Ort der Beherbergung - gegen den aus Sicht des Gerichts schon im Allgemeinen nicht unerhebliche Bedenken streiten - greift jedenfalls vorliegend nicht. Dieser einheitliche Erfüllungsort kann nämlich nur für den Direktbucher im Verhältnis zum Beherbergungswirt angenommen werden. Erfolgt die Buchung über einen Reiseveranstalter, und eben dies macht der Kläger vorliegend geltend, so ist demgegenüber regelmäßig am Sitz des Veranstalters, hier also am Sitz der Beklagten, zu klagen (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2007 - XII ZR 168/04, NJW-RR 2007, 777, 778 f., das sich zwar unmittelbar nur auf eine Klage des Gastwirtes gegen den Reiseveranstalter bezieht, der im eigenen Namen gebucht hat, aber darüber hinaus den Leitgedanken, dass der einheitliche Erfüllungsort nur auf die Direktbucherbeziehung Anwendung findet, zum Ausdruck bringt; ferner wie hier generell für eine Nichtanwendung des einheitlichen Erfüllungsortes der Beherbergungsstätte auf Buchungen über einen Reiseveranstalter Wern, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl. 2011, § 29 Rdnr. 14 "Beherbergungsvertrag" = Seite 130; weiterhin wie hier auch Nettesheim, BB 1986, 547, 549, der den Gerichtsstand des Beherbergungsortes gleichfalls auf die Direktbuchung beim Beherbergungswirt beschränkt; soweit einige Kommentarautoren demgegenüber auch für den Reisevertrag eine Klage am Ort der Beherbergungsstätte als möglich in Erwägung ziehen, räumen sie zumindest ein, dass dies nur "eventuell" oder "uU" in Betracht komme und im Übrigen jedenfalls "unpraktikabel" sei; so u.a. Heinrich, in: Musielak, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 29 Rdnr. 32, Baumbach/Lauterbach/Al-bers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl. 2011, § 29 Rdnr. 30, und Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 29 Rdnr. 25 "Reisevertrag" = Seite 142).

8

c) Der Gerichtsstand des § 29a ZPO kommt für die Beklagte ebenfalls nicht in Betracht, da unstreitig allein der Beklagte bzw. zeitweilige Beklagte zu 1) des Ursprungsverfahrens 6 O 59/11 Vermieter war, wie der Kläger bereits auf Seite 3 der Klageschrift vom 19.01.2011 ausgeführt hat (vgl. Bd. I Bl. 11 d.A.: "Der Beklagte [sic.: des Verfahrens 6 O 59/11] ist ... Vermieter des Objektes").

2.

9

Das Landgericht Rostock ist angesichts eines Streitwertes von mehr als 5.000,00 Euro sachlich zuständig (vgl. §§ 1 ZPO, 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG). Seine örtliche Zuständigkeit folgt aus den Gründen unter Ziffer 1.a aus §§ 12, 17 ZPO, des Weiteren aus den Gründen unter Ziffer 1.b aber auch aus § 29 Abs. 1 ZPO. Sowohl der Sitz der Beklagten als auch der Erfüllungsort liegen im Amtsgerichtsbezirk Bad Doberan und damit im Bezirk des Landgerichts Rostock.

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(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. (2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, we
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published on 24/01/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 168/04 Verkündet am: 24. Januar 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR
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Annotations

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln.

(2) Ist die Forderung im Gewerbebetrieb des Gläubigers entstanden, so tritt, wenn der Gläubiger seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

(3) Erhöhen sich infolge einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Änderung des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers die Kosten oder die Gefahr der Übermittlung, so hat der Gläubiger im ersteren Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen.

(4) Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt.

(1) Für Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume oder über das Bestehen solcher Verhältnisse ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich um Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Art handelt.

Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.