Landgericht München II Endurteil, 23. Dez. 2014 - 12 S 2645/14

bei uns veröffentlicht am23.12.2014
vorgehend
Amtsgericht Starnberg, 1 C 124/14, 08.05.2014

Gericht

Landgericht München II

Gründe

Landgericht München II

12 S 2645/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 23.12.2014

1 C 124/14 AG Starnberg

In dem Rechtsstreit

F. Johannes, ...

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ... Dachau, Gz.: ...

gegen

1) B. Frank, ... Gauting

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

2) B. Karin, ... Gauting

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

3) B. Franz, ... Gauting

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Prozessbevollmächtigter zu 1-3: Rechtsanwalt ... Gauting

wegen Räumung und Herausgabe

erlässt das Landgericht München II - 12. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Aschenbrenner, die Richterin am Landgericht Dr. Bauer und die Richterin am Landgericht Dr. Winkler am 23.12.2014 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2014 folgendes

Endurteil

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Starnberg vom 08.05.2014, Az. 1 C 124/14, abgeändert:

Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, das Haus samt Nebengebäude, Garten und Hof H.er Weg ..., ... O., ohne den linken Garagentrakt (2 Garagen, 1 Abstellschuppen), gegenüber der östlichen Hausgiebelseite gelegen und ohne des halben Holzschuppens, der diesen Silo beinhaltet, zu räumen und an den Kläger mit sämtlichen Schlüsseln sowie der Holzeinbauküche samt eingebauten Küchengeräten, Arbeitsplatte und des holzbefeuerten Küchenherdes herauszugeben.

2. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 30.06.2015 gewährt.

3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Wesentliche Änderungen oder Ergänzungen haben sich, soweit nicht im Folgenden angesprochen, im Berufungsverfahren nicht ergeben.

Die Tochter des Klägers, die Zeugin Melanie F., und ihr Freund, der Vater ihres gemeinsamen Kindes, haben sich zwischenzeitlich getrennt. Die Zeugin F. besucht numehr auch die landwirtschaftliche Hauswirtschaftsschule.

Das Landratsamt Starnberg lehnte einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids der Zeugin F. betreffend den Neubau eines Doppelhauses mit zwei Doppelgaragen auf dem Grundstück Flurnummer 3/3 der Gemarkung O. durch Bescheid vom 09.02.2012 ab.

Der Vater des Beklagten zu 1), der Beklagte zu 3), bewohnt im Erdgeschoss eine abgeschlossene Wohnung.

Der Kläger behauptet, dass die Zeugin F. auch nach Trennung von ihrem Freund nach wie vor zusammen mit der Enkelin in die Wohnräume der Beklagten einziehen will.

Der Kläger behauptet, dass die gesamte Fläche des Erd- und des Obergeschosses, die zu Wohnzwecken genutzt wird, 150 bis 170 m² betrage.

Der Kläger beantragt in der Berufung:

1. Das Endurteil des Amtsgerichts Starnberg vom 08.05.2014, Az.: 1 C 1247/14, wird aufgehoben.

2. Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden samtverbindlich verurteilt, das von ihnen angemietete Haus samt Nebengebäude und Garten, Hof, in ... O., H.erweg 2, ohne den linken Garagentrakt (zwei Garagen, ein Abstellschuppen) gegenüber der östlichen Hausgiebelseite gelegen und ohne des halben Holzschuppens, der diesen Silo beinhaltet, zu räumen und an den Kläger und Berufungskläger mit sämtlichen Schlüsseln sowie der im Eigentum des Klägers und Berufungsklägers stehenden Holzeinbauküche samt eingebauten Küchengeräten und Arbeitsplatte und den ebenfalls im Eigentum des Klägers und Berufungsklägers stehenden holzbefeuerten Küchenherd in vertragsgemäßem Zustand herauszugeben.

Die Beklagten beantragen in der Berufung,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten behaupten, dass sich die Zeugin F. schon vor Ausspruch der Kündigung von ihrem Freund getrennt habe.

Sie meinen, dass „ganz klar keine Unterordnung der gewerblich genutzten Räume“ bestehe und diese deswegen bei der Beurteilung der Kündigungen nicht außer Betracht bleiben könnten. Die Ansicht des Klägers, der Schwerpunkt der Vermietung wäre in der Anmietung des Wohnhauses gelegen und die Vermietung der Stallungen und Nebenräume wäre klar untergeordnet, sei unzutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Der Bescheid des Landratsamts Starnberg vom 09.02.2012 ist in der Berufungsinstanz vorgelegt worden.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin Melanie F..

Dem Beklagtenvertreter ist durch Beschluss vom 25.11.2014 eine Frist zur Äußerung zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 14.11.2014 bis 02.12.2014 eingeräumt worden. Der Beklagtenvertreter hat sich mit Schriftsatz vom „30.09.2014“, der am 02.12.2014 per Fax beim Landgericht München II einging, geäußert.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Herausgabe und Räumung der Räumlichkeiten sowie auf Herausgabe von Einbaugegenstände aus §§ 546 Abs. 1, Abs. 2, 985 BGB zu.

1. Mietvertrag

1.1. Vertragsschluss: Zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 1) und 2) bestand ein konkludent abgeschlossener, unbefristeter (Misch-)Mietvertrag, der nach den Vorschriften der Wohnraummiete zu beurteilen ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der von dem Kläger und den Beklagten zu 1) und 2) am 09.07.1996 unterzeichnete Mietvertrag (Anlage K 1) wirksam befristet wurde. Nach dem Vertragswortlaut (§ 2 1.) begann das Mietverhältnis am 01.09.1996 und endete am 31.08.2011. Nach Ablauf dieser Mietzeit sollte der Mieter eine Option auf weitere fünf Jahre Mietzeit haben und hierzu ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden. Damit sollte der bestehende Mietvertrag nach Ablauf der Mietzeit nicht einfach fortgesetzt, sondern es sollte ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden.

Der neue Mietvertrag wurde konkludent abgeschlossen. Die Beklagten zu 1) und 2) haben die Räumlichkeiten über den 31.08.2011 hinaus weiter genutzt und die im schriftlichen Mietvertrag vereinbarte Monatsmiete weiterhin bezahlt. Zumindest darin liegt ein Angebot auf Abschluss eines neuen Mietvertrages durch die Beklagten zu 1) und 2). Der Kläger durfte dieses tatsächliche Verhalten der Beklagten zu 1) und 2) auch dahin verstehen, dass sie einen - neuen - Mietvertrag ab 01.09.2011 abschließen wollten, da schon nach dem schriftlichen Mietvertrag dies notwendig war. Der Kläger hat dieses Angebot der Beklagten konkludent dadurch angenommen, dass er die Mietzahlungen als solche und einen Verbleib der Beklagten in den Räumlichkeiten akzeptierte.

1.2. Mischmietverhältnis: Da vorliegend die den Beklagten überlassenen Räumlichkeiten zum Teil zu Wohnzwecken und zu einem anderen Teil zur gewerblichen Tätigkeit des Beklagten zu 1) genutzt wurden, liegt ein Mischmietverhältnis vor. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 09.07.2014, VIII ZR 376/13), der sich die Kammer anschließt, kann ein einheitliches Mietverhältnis, das als Mischmietverhältnis zu qualifizieren ist, zwingend nur als Wohnraummietverhältnis (§ 549 BGB) oder als Mietverhältnis über andere Räume (§ 578 Abs. 2 BGB), also Geschäftsräume, bewertet werden. Vorliegend liegt ein einheitliches Mietverhältnis vor. Aufgrund des Vertrages vom 09.07.1996 schon deswegen, weil die entgeltliche Raumüberlassung in einer einzigen Vertragsurkunde erfolgte. Darüber hinaus ist auch nur ein einziger, einheitlicher Monatsmietbetrag vereinbart und gezahlt worden. Eine Aufteilung der Miete für gewerblich genutzte Räume und für als Wohnraum genutzte Räume erfolgte im Vertrag nicht. Insoweit hat sich für den Vertrag ab 01.09.2011 keine Änderung ergeben, da die Parteien keine Verhaltensänderung ab dem 01.09.2011 zeigten. Aus diesen Gründen geht die Kammer davon aus, dass die Parteien eine rechtliche Einheit wollten. Die Aufspaltung eines Mischmietverhältnisses in seine verschiedenen Bestandteile unter gesonderter rechtlicher Bewertung der unterschiedlichen Nutzungszwecke liefe diesem Parteiwillen entgegen.

1.3. Anwendung von Wohnraummietrecht: Auf das Mischmietverhältnis ist Wohnraumrecht anzuwenden.

Für die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses als Wohnraum- oder Gewerberaummietverhältnis ist entscheidend, welche Nutzungsart überwiegt (BGH VIII ZR 376/13 mit Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung, Randnr. 26 zitiert nach JURIS). Maßgeblich hierfür ist, ob nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag die Wohnnutzung oder die Nutzung zu gewerblichen Zwecken den Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses bildet. Für die Frage, welche Nutzungsart im Vordergrund steht, ist auf den Vertragszweck abzustellen. Der Vertragszweck ist durch Auslegung der getroffenen Vereinbarungen nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hierbei geht die Kammer davon aus, dass der konkludent abgeschlossene, ab 01.09.2011 geltende Mietvertrag zwischen den Parteien dieselben Bedingungen - abgesehen von der Befristung - enthalten sollte, wie sie in der schriftlichen Vereinbarung der Anlage K 1 niedergelegt sind.

Eine ausdrückliche Zweckbestimmung ist in dem schriftlichen Vertrag nicht erfolgt. Das schriftliche Exemplar ist als „Mietvertrag“ ohne jeden weiteren Zusatz bezeichnet. In § 2 3. ist für den Fall der Nutzungsentschädigung auf den ortsüblichen Mietwert der „Wohnung“ abgestellt. In § 8 des Vertrages - „Benutzung der Wohnung, Untervermietung und Tierhaltung“ - ist unter Ziffer 1. vereinbart, dass die Mieträume nicht zu anderen „als Wohnzwecken bzw. für die genannten gewerblichen Zwecke (Raumausstattung, Werkstatt, Lager, Laden etc.) genutzt“ werden dürfen. Im Übrigen ist in dem Vertragstext an verschiedensten Stellen von „Räumen“ und „Mieträumen“ die Rede.

Allein der Wortlaut des Vertrages ergibt kein eindeutiges Ergebnis, ob der Vertragszweck Wohnraumnutzung oder der Vertragszweck Gewerberaumnutzung nach dem Willen der Parteien im Vordergrund stehen sollte.

Allein der Umstand, dass nach der Behauptung der Beklagten die gewerbliche Tätigkeit des Beklagten zu 1) in einem Teil der Mieträume die Existenzgrundlage der Familie darstellt, ist kein taugliches Abgrenzungskriterium. Der BGH hat in der genannten Entscheidung vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13, Randnr. 33, 34, zitiert nach JURIS) hiervon ausdrücklich Abstand genommen.

Der Umfang der jeweiligen tatsächlichen Nutzung der insgesamt zur Verfügung stehenden Flächen kann zwar ein weiteres Kriterium für die Ermittlung des Willens der Parteien sein. Dies führt jedoch auch vorliegend zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Beklagten haben hinsichtlich der Flächen nur unklar und teils in sich widersprüchlich vorgetragen. So ist einerseits behauptet, dass im Wohnhaus das Erdgeschoss mit einer Fläche von 173,48 m² unter Hinweis auf Anlage B 5 gewerblich genutzt sei. Gleichzeitig hat der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner Anhörung vom 25.11.2014 erklärt, dass das Erdgeschoss des Wohnhauses nur zu 72,78 m² gewerblich genutzt werde. Die Beklagten haben hinsichtlich des ersten Obergeschosses des Wohnhauses unter Hinweis auf die Anlage B 6 die Behauptung aufgestellt, dort läge eine Wohnnutzung für eine Fläche von 170,77 m² vor. Darüber hinaus bestehe eine gewerblich genutzte Ladenfläche mit 226,29 m². Die Beklagten behaupten, dass die Wohn- und Nutzfläche insgesamt 570 m² betrage. Zudem haben die Beklagten behauptet, dass der Beklagte zu 3) im Erdgeschoss eine in sich abgeschlossene Wohnung nutze.

Dem gegenüber hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14.11.2014 vortragen lassen, dass im Erdgeschoss insgesamt eine Fläche von 50 bis 55 m² und im ersten Obergeschoss eine Fläche von insgesamt 116 m² zu Wohnzwecken genutzt werde.

Beide Parteien gehen zumindest seit Beginn des Rechtsstreits davon aus, dass das Mietverhältnis insgesamt nach Wohnraummietrecht zu beurteilen ist. Dies ist zwar für die Kammer nicht bindend, da es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt. Jedoch ist dies auch ein Indiz dafür, dass die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages davon ausgingen, dass der Vertragszweck in erster Linie die Wohnraumnutzung darstellt.

Bei dieser Sachlage lässt sich ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung gegenüber der Wohnraumnutzung nicht sicher feststellen. Die Kammer geht deswegen, dem BGH folgend (VIII ZR 376/13, Randnr. 39, zitiert nach JURIS) davon aus, dass die Vorschriften des Wohnraummietrechts anzuwenden sind.

2. Kündigung:

Durch das Kündigungsschreiben vom 25.10.2012 (Anlage K 2) ist das Mietverhältnis spätestens zum 31.07.2013 beendet worden. Die ordentliche Kündigung ist formell und materiell wirksam. Sie stützt sich auf Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

2.1. Formelle Wirksamkeit: Die Kündigung ist formell wirksam, da sie den Anforderungen des § 573 Abs. 3 S. 1 BGB entspricht. Die Beklagten haben hiergegen auch keine Einwendungen erhoben. In dem Kündigungsschreiben ist der Eigenbedarf für die Tochter und das Enkelkind des Klägers angeführt. Die persönliche Situation und die Wohnsituation der Tochter des Klägers ist zwar nur knapp, aber so hinreichend dargestellt, dass den Beklagten die Unterscheidung dieses Kündigungsgrundes von anderen Lebenssachverhalten ohne weiteres möglich ist. Denn dem Zweck des § 573 Abs. 3 S. 1 BGB wird dann Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann (BGH: Urteil vom 30.04.2014 VIII ZR 284/13). Genügend für eine Eigenbedarfskündigung ist die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat. Diesen Anforderungen genügt das Kündigungsschreiben.

2.2. Materielle Kündigungsvoraussetzungen: Die Voraussetzungen des Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegen vor. Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach durchgeführter Beweisaufnahme fest.

Sowohl die Zeugin Melanie F. als Tochter des Klägers als auch deren Tochter als Enkelin des Klägers sind „Familienangehörige“ im Sinne der genannten Vorschrift.

Nach der Beweisaufnahme steht auch fest, dass sowohl ein Nutzungswille als auch ein Nutzungsinteresse der Tochter des Klägers an den Wohnräumen der Beklagten gegeben ist.

Aufgrund der Anhörung des Klägers, insbesondere jedoch aufgrund der glaubhaften Angaben der Zeugin Melanie F., steht für die Kammer fest, dass die Zeugin nach wie vor die ernsthafte Absicht hat, die Wohnräume der Beklagten selbst als Wohnung zu nutzen. Die Zeugin Melanie F. hat glaubhaft dargestellt, dass sie im Wohnanwesen des Klägers Pr. 1 in Maisach nur über ein einziges Zimmer verfüge, das ausschließlich sie allein nutzen kann. Ihre Tochter, die am 07.04.2007 geboren sei, verfüge gleichfalls über ein eigenes Zimmer Alle weiteren Räume, insbesondere Bad und Küche, müssten von allen Familienangehörigen, insbesondere auch den Eltern der Zeugin, genutzt werden. Die Zeugin hat auch glaubhaft angegeben, dass sie sich Ende Mai/Anfang Juni 2014 von ihrem Freund, dem Vater ihrer Tochter, getrennt habe. Im Zeitpunkt ihrer Vernehmung durch die Kammer übe sie auch eine Berufstätigkeit als Metzgereifachverkäuferin bei einer Metzgerei in Alling aus und besuche daneben zwei Mal in der Woche die Hauswirtschaftsschule. Diese werde sie im März 2015 beenden. Die Zeugin gab auch glaubhaft an, dass sie bis zu ihrem 5. Lebensjahr in dem Anwesen aufgewachsen sei, das die Beklagten nunmehr nutzen. Sie gab an, auch nach der Trennung von ihrem Freund in die Wohnräume der Beklagten einziehen zu wollen.

Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Sie deckt sich mit den Angaben, die die Zeugin in erster Instanz gemacht hat. Die Zeugin hat freimütig und offen auch zur Beziehung zum Vater ihrer Tochter und ihrer beruflichen Situation Angaben gemacht. Die Kammer verkennt nicht, dass die Zeugin als Tochter des Klägers und potentielle Nutzerin der Räumlichkeiten erhebliche eigene persönliche und wirtschaftliche Interessen hat. Im Rahmen des persönlichen Eindrucks haben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, an dem Wahrheitsgehalt der Angaben der Zeugin zu zweifeln.

Aufgrund der Aussage der Zeugin steht ihr Nutzungswille eindeutig fest.

Bestätigt wird dieser Wille und damit auch die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin durch die Vorlage des Bescheides des Landratsamtes Starnberg vom 09.02.2012 über die Ablehnung des Vorbescheidsantrags für den Neubau eines Doppelhauses auf der FlNr. 3/3, Gemarkung O., dessen Eigentümer gleichfalls der Kläger ist. Dieser Antrag der Zeugin belegt, dass sie ein eindeutiges Interesse an einem Wohnen in O. hat. Denn ansonsten hätte es nicht nahe gelegen, einen Vorbescheidsantrag für den Neubau eines Doppelhauses zu stellen. Dieser Umstand ist zumindest auch ein Beleg für die Behauptung des Klägers, dass er beabsichtige, das von den Beklagten genutzte Anwesen im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge auf die Zeugin zu übertragen und das zur Zeit noch als landwirtschaftliche Hofstelle genutzte Anwesen Pr. in M. auf seinen Sohn.

Die Zeugin Melanie F. hat auch ein Nutzungsinteresse an den Wohnräumen der Beklagten. Notwendig, aber auch ausreichend hierfür sind vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme dieser Wohnräume. Die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der zusätzlich von den Beklagten genutzten Gewerberäume ist nach Auffassung der Kammer keine Voraussetzung. Die Zeugin F. hat ihre jetzige Wohnsituation im Anwesen des Klägers Pr. 1 glaubhaft bekundet. Insbesondere stellte sie dar, dass ihr zur persönlichen Nutzung lediglich ein einziges Zimmer zur Verfügung steht. Der Wunsch, in Räumen zu wohnen, die ausschließlich von ihr und ihrer Tochter bewohnt werden, ist nachvollziehbar und für eine 28jährige Frau auch verständlich. Unerheblich ist hierbei der Umstand, dass sich die Zeugin zwischenzeitlich von ihrem Freund, dem Vater ihrer Tochter, getrennt hat. Der Wunsch nach dem Alleinwohnen mit der eigenen Tochter ist auch dann nachvollziehbar, wenn dies ohne den Vater der Tochter erfolgt. Zudem erfolgte nach den glaubhaften Angaben der Zeugin die Trennung erst Ende Mai/Anfang Juni 2014, also lange nach Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist. Schon deswegen ist der Umstand der Trennung nicht erheblich.

Dass der Zeugin eine andere Wohnung in dem Anwesen des Klägers Pr. 1 zur Verfügung stünde, haben die Beklagten nicht hinreichend behauptet. Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich.

Auch ein „übermäßiger Bedarf“ der Zeugin liegt nicht vor. Zwar sind die Wohnräumlichkeiten - unabhängig von dem genauen Flächenmaß der durch die Beklagten zu Wohnzwecken genutzten Räume - großzügig bemessen. Dennoch ist der Bedarf der Zeugin nicht als übermäßig zu qualifizieren. Denn diese Qualifizierung müsste dann auch für die Beklagten greifen. Unstreitig haben sich nämlich der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) getrennt. Lediglich der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 3) bewohnen noch das Anwesen. Die gemeinsame Tochter der Beklagten zu 1) und 2) hat in dem Anwesen nur ein eigenes Zimmer und besucht den Beklagten zu 1) nur tageweise. Bei dieser Sachlage müsste der Bedarf der Beklagten gleichfalls als „übermäßig“ eingestuft werden, da nach Anzahl der Personen, die dauerhaft in dem Anwesen wohnen, kein Unterschied besteht.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist die Kammer der Meinung, dass die Flächen, die der Beklagte zu 1) gewerblich nutzt, bei der Frage des übermäßigen Bedarfs nicht zu berücksichtigen sind. Dies folgt zwingend schon aus der Rechtsprechung des BGH zu den Mischmietverhältnissen. Wird ein Mischmietverhältnis wegen Eigenbedarf des Vermieters nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gekündigt, so kommt es für die Frage des übermäßigen Bedarfs nur darauf an, ob der Bedarf in Bezug auf die als Wohnraum genutzten Flächen besteht. Denn würden auch die gewerblich genutzten Flächen in diese Überlegung mit einbezogen werden, so könnte ein Vermieter, der nur die Wohnräume für den eigenen Wohnbedarf nutzen will, nicht ordentlich wegen Eigenbedarf kündigen. Ein „Eigenbedarf“ wegen eigener gewerblicher Nutzung durch den Vermieter ist dem deutschen Mietrecht fremd. Dies würde aber zur faktischen Unmöglichkeit der ordentlichen Kündigung von Mischmietverhältnissen aus Gründen des Eigenbedarfs führen. Nach Auffassung der Kammer würde eine derartige Gesetzesauslegung die Grenze des Art. 14 Abs. 1 GG tangieren.

2.3. Keine Teilkündigung: Der Kläger hat keine Teilkündigung - beschränkt nur auf die zu Wohnzwecken genutzten Räume - ausgesprochen und kann auch keine „Teilkündigung“ wirksam aussprechen.

Eine Teilkündigung nach § 573 b Abs. 1 BGB kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die dortigen Voraussetzungen für die Wohnraumflächen gerade nicht vorliegen. Nach § 573 b Abs. 1 BGB ist eine Kündigung für Nebenräume oder Teile eines Grundstücks ohne die Voraussetzungen des § 573 BGB dann möglich, wenn die Nebenräume oder Grundstücksteile dazu verwendet werden, um Wohnraum zu schaffen. Mit dieser Vorschrift könnte der Kläger allenfalls die zum Zwecke der gewerblichen Nutzung mitvermieteten Räume kündigen. Nicht zu kündigen sind mit dieser Vorschrift die zu Wohnzwecken genutzten Räume.

Eine analoge Anwendung von § 573 Abs. 1 BGB auf die Wohnräume eines Mischmietverhältnisses ist schon deswegen nicht möglich, weil es sich bei § 573 b Abs. 1 BGB um eine Spezialvorschrift handelt, die der Analogie nicht zugänglich ist. Abgesehen davon besteht weder eine planwidrige Regelungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage.

Eine Teilkündigung im Übrigen - beschränkt auf die zu Wohnzwecken genutzten Räume - ist nach ständiger Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, schon grundsätzlich nicht möglich. So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 12.10.2011 (VIII ZR 251/10, Randnr. 27, zitiert nach JURIS) die Teilkündigung eines Wohnungsmietverhältnisses als „unzulässig“ bezeichnet. Diese Rechtsprechung hat er durch die Entscheidungen vom 09.04.2013 (VIII ZR 245/12), 04.06.2013 (VIII ZR 422/12), 03.09.2013 (VIII ZR 165/13) und 08.10.2013 (VIII ZR 254/13) bestätigt. Soweit sich in den Entscheidungen des OLG Karlsruhe vom 30.03.1983 (3 REMiet 1/83) und des Landgerichts Bochum vom 16.03.1999 (9 S 206/98) im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Teilkündigung eines Wohnraummietverhältnisses anderes ergeben könnte, folgt dem die Kammer nicht. Soweit das Reichsgericht in seiner Entscheidung vom 07.07.1926 (III 42/26) feststellt, dass kein allgemeiner Rechtssatz existiere, wonach sich die Kündigung eines Miet- oder Pachtverhältnisses notwendig auf die sämtlichen Räume, die Gegenstand des Vertrages sind, erstrecken muss, ist diese Rechtsprechung durch die genannten Entscheidungen des BGH überholt. Auch die Literatur steht überwiegend auf dem Standpunkt, dass eine Teilkündigung unzulässig ist (vgl. statt vieler: Münchner Kommentar - Häublein: 6. Auflage 2012, § 573 BGB, Randnr. 27 m. w. N.). Auch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.10.1993 (1 BvR 25/93, 1 BvR 162/92) ergeben sich für den vorliegenden Sachverhalt keine anderen Bewertungskriterien. Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Entscheidung ausgeführt, dass eine Beschränkung der Möglichkeit einer Eigenbedarfskündigung auf Fälle, „in welchen die ganze Wohnung benötigt wird“, nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verstoße (Randnr. 23, zitiert nach JURIS). Dies greift für den vorliegenden Fall aber gerade ein: Die Zeugin F. benötigt die gesamten von den Beklagten zu Wohnzwecken genutzten Räume für ihren Eigenbedarf und nicht nur Teile dieser Wohnräume. Dass daneben gewerblich genutzte Räume mitvermietet sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zumindest steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dieser Auslegung nicht entgegen.

Zudem kann aber schon dem Kündigungsschreiben des Klägers nicht sein Wille entnommen werden, er wolle nur die Wohnräume kündigen. Dies ergibt sich weder aus dem Wortlaut des Schreibens noch dem späteren Prozessverhalten des Klägers: denn der Kläger begehrt die Räumung und Herausgabe sämtlicher vermieteten Räume und nicht nur der Wohnräume.

3. § 574 Abs. 1 S. 1 BGB:

Die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen nicht vor.

Nach dieser Vorschrift kann der Mieter dann die Fortsetzung des Mietverhältnisses vom Vermieter verlangen, wenn die Beendigung für ihn, seine Familie oder einen nahen Angehörigen eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.

Soweit die Beklagten anführen, dass mit der Beendigung des Mietverhältnisses auch ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage gefährdet sei, sind hierfür schon keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorgebracht. Dass der Beklagte zu 1) seine gewerbliche Tätigkeit im Rahmen des Betriebs eines Raumausstatters („creatives wohnen breitenbach“) nicht auch an anderer Stelle wirtschaftlich sinnvoll und Erfolg versprechend betreiben kann, ist weder dargetan noch sind hierfür Anhaltspunkte ersichtlich. Die Verlegung eines Gewerbebetriebs ist nicht per se nachteilhaft für den Gewerbebetrieb.

Soweit die Beklagten anführen, dass der Beklagte zu 3), der zwischenzeitlich 90 Jahre alt ist, der Pflege durch Angehörige bedarf, ist dies gleichfalls nicht näher ausgeführt. Dass ein 90jähriger Familienangehöriger, der gesundheitlich angeschlagen ist, der Pflege und Fürsorge der Familienangehörigen bedarf, kann als wahr unterstellt werden. Dass dies aber notwendigerweise unter Fortsetzung des bisherigen Mietverhältnisses zu erfolgen hat, ist nicht dargetan. Objektive Umstände sind insoweit nicht vorgebracht oder auch sonst ersichtlich. Die Pflege des Angehörigen kann auch an anderem Ort in angemessenem Umfang durchgeführt werden.

Soweit der Beklagte zu 1) auf seine Investition für seinen Gewerbebetrieb abstellt, so ist in § 23 1. des schriftlichen Mietvertrages eine „berechtigte Ablösesumme“ vereinbart, Schon deswegen hat dieser Umstand keine Bedeutung für die ihm Rahmen von § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmende Abwägung. Die Ablöse ist ggf. zu entrichten. Soweit der Beklagte behauptet, er habe weit mehr als die in der genannten Vertragsziffer angeführten 50.000,00 DM investiert, ist der Vortrag gänzlich unsubstantiiert.

Weder die einzelnen oben angeführten Gesichtspunkte noch ihre Gesamtheit rechtfertigen für sich genommen die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte oder unbestimmte Dauer. Die Belange der Beklagten überwiegen zumindest die Belange des Klägers als Vermieter nicht.

4. Räumungsfrist:

Den Beklagten war gemäß § 721 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 ZPO eine Räumungsfrist bis30.06.2015 zu gewähren.

Unter Abwägung der bereits im Rahmen von § 574 BGB dargestellten Interessen der Parteien hält das Gericht einen geordneten Auszug der Beklagten sowohl hinsichtlich der Wohnräume als auch des Gewerbebetriebs des Beklagten zu 1) für erforderlich. Der Bedarf der Zeugin F. an der Nutzung der Wohnräume kann für diese Übergangszeit hinter den Belangen der Beklagten zurücktreten.

5. Kosten:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

6. Vorläufige Vollstreckbarkeit:

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO. Die Höhe der Sicherheit schätzt die Kammer anhand eines denkbaren Anspruchs des Klägers nach Ablauf des 30.06.2015 für einen darüber hinausgehenden Zeitraum von sechs Monaten.

7. Revisionszulassung:

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO zuzulassen.

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Bemessung des Eigenbedarfs bei Mischmietverhältnissen und der Möglichkeit einer Teilkündigung. Die Frage der Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB im Hinblick auf Mischmietverhältnisse, die in ihrer Gesamtheit dem Wohnraummietrecht zu unterstellen sind, ist ungeklärt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob für die Beurteilung eines übermäßigen Bedarfs beim Vermieter auch die nicht zu Wohnzwecken vermieteten Flächen miteinzubeziehen sind.

Gleiches gilt auch für die Möglichkeit einer „Teilkündigung“ des insgesamt nach Wohnraummietrecht zu beurteilenden Mischmietverhältnisses.

Im Hinblick auf die beiden genannten Umstände liegen auch die Voraussetzungen der Fortbildung des Rechts vor.

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(1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 554, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden. (2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschrif

Zivilprozessordnung - ZPO | § 721 Räumungsfrist


(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 549 Auf Wohnraummietverhältnisse anwendbare Vorschriften


(1) Für Mietverhältnisse über Wohnraum gelten die §§ 535 bis 548, soweit sich nicht aus den §§ 549 bis 577a etwas anderes ergibt. (2) Die Vorschriften über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556d bis 556g

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Landgericht München II Endurteil, 23. Dez. 2014 - 12 S 2645/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Landgericht München II Endurteil, 23. Dez. 2014 - 12 S 2645/14

bei uns veröffentlicht am 23.12.2014

Gründe Landgericht München II 12 S 2645/14 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 23.12.2014 1 C 124/14 AG Starnberg In dem Rechtsstreit F. Johannes, ... - Kläger und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigt

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juli 2014 - VIII ZR 376/13

bei uns veröffentlicht am 09.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 376/13 Verkündet am: 9. Juli 2014 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Apr. 2014 - VIII ZR 284/13

bei uns veröffentlicht am 30.04.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 284/13 Verkündet am: 30. April 2014 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landgericht München II Endurteil, 23. Dez. 2014 - 12 S 2645/14.

Landgericht München II Endurteil, 23. Dez. 2014 - 12 S 2645/14

bei uns veröffentlicht am 23.12.2014

Gründe Landgericht München II 12 S 2645/14 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 23.12.2014 1 C 124/14 AG Starnberg In dem Rechtsstreit F. Johannes, ... - Kläger und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigt

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(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 376/13 Verkündet am:
9. Juli 2014
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnräume und Geschäftsräume ist zwingend
entweder als Wohnraummietverhältnis oder als Mietverhältnis über andere
Räume zu bewerten. Für die rechtliche Einordnung ist entscheidend, welche Nutzungsart
nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt (insoweit Bestätigung
von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877). Dabei ist
maßgebend auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei der Tatrichter
beim Fehlen ausdrücklicher Abreden auf Indizien zurückgreifen kann.

b) Der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur
Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch
die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, lässt keine tragfähigen Rückschlüsse
auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt
zu (insoweit Aufgabe von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR
60/85, NJW-RR 1986, 877).

c) Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen
Nutzung nicht feststellen, ist im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des Mieters von
der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen (insoweit Fortführung
von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877).
BGH, Urteil vom 9. Juli 2014 - VIII ZR 376/13 - KG Berlin
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2014 durch die Vorsitzende RichterinDr. Milger, die Richterinnen
Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. August 2013 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird auf den im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag der Kläger - unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 30. November 2012 - an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Wedding verwiesen. Über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens wird das Amtsgericht Wedding zu entscheiden haben. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind Mieter eines mehrstöckigen Hauses der Kläger in Berlin mit einer Fläche von etwa 270 m2. Das Haus nutzen sie zu Wohnzwecken und - soweit die Räume im Erdgeschoss betroffen sind - zum Betrieb einer Hypnosepraxis. Der Mietvertrag wurde am 20. November 2006 unter Verwendung eines auf ein Wohnraummietverhältnis zugeschnittenen Vertragsformulars des R. -Verlags (Nr. 545) mit der Überschrift "Vertrag für die Vermietung eines Hauses" geschlossen. Dabei wurde bestimmt, dass das Mietverhältnis auf un- bestimmte Zeit läuft und die "Nettokaltmiete" 1.750 € beträgt. § 19 Ziffer 3 des Mietvertrags enthält die handschriftliche Vereinbarung, dass den Beklagten die Einrichtung einer Hypnosepraxis in den Räumen im Erdgeschoß - vorbehaltlich einer erforderlichen behördlichen Genehmigung - gestattet ist. In der maschinenschriftlichen Anlage zum Mietvertrag heißt es außerdem: "Die Mieter nutzen die Räume im Erdgeschoss des Hauses für ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis."
2
Mit Schreiben vom 29. Juli 2009 erklärten die Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses und führten zur Begründung an, das Haus künftig selbst nutzen zu wollen. Einige Jahre später erklärten die Kläger mit Anwaltsschreiben vom 20. Februar 2012 erneut - mit Wirkung zum 30. September 2012 - die Kündigung des Mietverhältnisses, wobei sie sich nicht mehr auf Eigenbedarf beriefen. Die Beklagten wiesen die Kündigung zurück.
3
Daraufhin haben die Kläger beim Landgericht Klage auf Räumung und Herausgabe des von den Beklagten genutzten Hauses erhoben. Sie machen geltend, bei dem Mietverhältnis handele es sich um ein Gewerberaummietverhältnis , weil die Beklagten ihren Lebensunterhalt vollständig durch den Betrieb der Hypnosepraxis verdienten. Die Beklagten gehen demgegenüber vom Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses aus.
4
Das Landgericht hat das Mietverhältnis als Wohnraummietverhältnis eingeordnet und die Klage wegen der danach gegebenen ausschließlichen sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG) als unzulässig abgewiesen. Hiergegen haben die Kläger Berufung eingelegt und hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Wedding beantragt. Auf die Berufung der Kläger hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts abgeändert. Es hat das Mietverhältnis als Gewerberaummietverhältnis bewertet und der Klage stattgegeben. Die Beklagten erstreben mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht (KG, GE 2013, 1203) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klage auf Räumung und Herausgabe sei zulässig, insbesondere sei die Klage beim zuständigen Gericht erhoben worden, weil die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23a Nr. 2a GVG nicht eröffnet gewesen sei. Den Klägern stehe auch der geltend gemachte Anspruch auf Räumung und Herausgabe gemäß § 546 Abs. 1, § 985 BGB zu. Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis sei aufgrund der mit Wirkung zum 30. September 2012 ausgesprochenen Kündigung vom 20. Februar 2012 - unter Wahrung der Frist des § 580a Abs. 2 BGB - ordnungsgemäß beendet worden. Bei dem Mietverhältnis handele es sich nicht um ein Wohnraum-, sondern ein Gewerberaummietverhältnis. Ein - hier gegebenes - Mischmietverhältnis unterliege, je nachdem welcher Vertragszweck nach dem Parteiwillen bei Vertragsabschluss überwiege, insgesamt entweder dem Wohnraummietrecht oder dem Gewerberaummietrecht. Danach sei das Mietverhältnis zwischen den Parteien nach Gewerberaummietrecht zu beurteilen.
8
Die vertraglichen Erklärungen der Parteien gäben keine entscheidenden Aufschlüsse darüber, ob die gewerbliche oder die Wohnraumnutzung im Vor- dergrund stehen solle. Offenkundig seien die Parteien davon ausgegangen, dass die Beklagten sowohl in dem Haus wohnten, als auch - im Erdgeschoss - eine Hypnosepraxis betrieben. Dies sei zum einen der Erklärung in der Einleitung des Mietvertrags: "Die einziehende Familie besteht aus 2 Personen" und zum anderen den Regelungen über die Einrichtung und den Betrieb einer Hypnosepraxis in Ziffer 19 Abs. 3 des Mietvertrags und in der Anlage zum Mietvertrag zu entnehmen.
9
Dass die Parteien das Formular Nr. 545 des R. -Verlages mit der Überschrift "Vertrag für die Vermietung eines Hauses" gewählt hätten, spreche nicht für ein Überwiegen der Wohnnutzung, sondern sei wenig ergiebig. Zwar könne die Verwendung eines für die Miete von Wohnräumen gedachten Formulars ein Indiz für ein Wohnraummietverhältnis darstellen. Dass das vorliegend benutzte Vertragsformular auf eine Wohnraummiete zugeschnitten sei, ergebe sich aber erst aus näherer rechtskundiger Analyse, etwa aus der Wiedergabe der Fristen des § 573c Abs. 1 BGB als gesetzliche Kündigungsfristen. Die Parteien hätten gerade nicht angekreuzt, dass das Haus "zur Benutzung als Wohnung" habe vermietet werden sollen. Es liege nahe, dass das Formular deswegen ausgewählt worden sei, weil sich die Mietvertragsformulare des R. -Verlags für Gewerberaum nicht auf ein komplettes Haus bezögen.
10
Für das Vorliegen eines insgesamt dem Wohnraummietrecht zu unterstellenden Mietverhältnis spreche - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - auch nicht der Umstand, dass die Parteien - wie in § 551 Abs. 1 BGB als Höchstgrenze für Wohnraummietverhältnisse vorgesehen - eine Kaution in dreifacher Höhe der Nettokaltmiete vereinbart hätten. Denn Kautionen in dieser Höhe würden verbreitet auch in Gewerberaummietverhältnissen vereinbart. Dass die Mieter nach § 13 Ziffer 1 des Mietvertrags die Kosten für Kleinreparaturen und für die Behebung von Bagatellschäden nur mit einer Begrenzung auf 5 % der Jahresnettokaltmiete und auf 75 € im Einzelfall zu tragen hätten, liefere ebenfalls kein Indiz für das Bestehen eines Wohnraummietverhältnisses. Auch für Gewerberaummietverträge werde im Schrifttum verschiedentlich gefordert, dass Kleinreparaturenklauseln eine Höchstbelastung des Mieters auswiesen.
11
Das auf Eigenbedarf gestützte Kündigungsschreiben der Kläger vom 29. Juli 2009 mit Belehrung über ein Widerspruchsrecht der Beklagten lasse entgegen der Auffassung des Landgerichts ebenfalls nicht den Schluss zu, die Parteien hätten bei Abschluss des Mietvertrags die Wohnnutzung als vornehmlichen Vertragszweck angesehen. Ein späteres Verhalten könne zwar im Einzelfall ein Indiz für die Auslegung eines Vertrags bilden. Den Klägern als juristischen Laien habe aber nicht bekannt sein müssen, dass Eigenbedarf und Widerspruchsberechtigung in einem Gewerberaummietverhältnis keine Rolle spielten. Erst recht könne ihnen nicht Kenntnis davon unterstellt werden, dass in einem Mischmietverhältnis, in dem die gewerbliche Nutzung im Vordergrund stehe, Wohnraummietrecht nicht einmal teilweise gelte.
12
Ausschlaggebend für die Einstufung als Gewerbemietverhältnis sei vorliegend der vertraglich vereinbarte Zweck, dass die Beklagten durch das Betreiben der Hypnosepraxis in einem Teil der Mieträume ihren Lebensunterhalt bestritten. Es gelte gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig, dass die Anmietung des Hauses darauf abgezielt habe, die Beklagten in die Lage zu versetzen, durch die "freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis" ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Hiervon sei auch deswegen auszugehen, weil die Beklagten im Vorfeld des Vertragsschlusses in dem "Fragebogen zur Wohnungsbewerbung" als ausgeübten Beruf ausschließlich "Hypnosetherapeut(in)" angegeben hätten.
13
Der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, MDR 1986, 842) entschieden, im Rahmen der Prüfung, ob nach dem Vertragszweck überwiegend eine Wohnraummiete oder eine andere Nutzungsart anzunehmen sei, seien alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Dabei seien auch die auf die verschiedenen Nutzungsarten entfallenden Flächen und deren Mietwerte zu berücksichtigen, soweit sich nicht bereits aus anderen Gründen ein Übergewicht eines bestimmten Gebrauchszwecks ergebe. Werde einem Rechtsanwalt ein Einfamilienhaus zur Nutzung als Kanzlei und als Wohnung überlassen, sei im Allgemeinen anzunehmen, dass die Vermietung in erster Linie zu gewerblichen Zwecken vorgenommen werde. Dies gelte selbst für den Fall, dass die für den Betrieb der Kanzlei zur Verfügung stehende Fläche des Hauses geringer sei als die für Wohnzwecke vorgesehene. Denn die Kanzlei sei für den Rechtsanwalt die Stätte, ohne die er im Allgemeinen seine Berufstätigkeit nicht ausüben und die Geldmittel erwerben könne, die er benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zu denen auch die Miete für die Wohnung gehöre. Der Vermieter könne im Allgemeinen eine höhere Miete für sein Haus verlangen, wenn er es nicht ausschließlich zu Wohnzwecken, sondern zugleich auch zum Betrieb der Anwaltskanzlei des Mieters vermiete.
14
An dieser Rechtsprechung, der sich nicht nur der erkennende Berufungssenat , sondern auch ein weiterer Senat des Kammergerichts und andere Oberlandesgerichte angeschlossen hätten, sei trotz vereinzelter Kritik festzuhalten. Dass das Besitzrecht des Mieters Grundrechtsschutz genieße, ändere nichts daran, dass bei einem Mischmietverhältnis die gewerbliche Nutzung aus Sicht der Vertragsparteien - gerade auch im Hinblick auf die typischerweise höheren Gewerberaummieten - regelmäßig im Vordergrund stehe, wenn der Mieter damit seinen Lebensunterhalt bestreite. Soweit gleichwohl die Wohnnutzung Vorrang genießen solle, bleibe es den Vertragspartnern unbenommen, dies zum Ausdruck zu bringen.
15
Gemessen an den beschriebenen Grundsätzen sei vorliegend von einem Gewerberaummietverhältnis auszugehen. Da das als Praxisräume zu nutzende Erdgeschoss ebenso groß sei wie das Obergeschoss, trete die gewerblich zu nutzende Fläche im Streitfall nicht völlig hinter der für Wohnzwecke vorgesehenen Fläche zurück.

II.

16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag rechtsfehlerhaft nicht dem Wohnraummietrecht, sondern dem Gewerberaummietrecht unterstellt und daher zu Unrecht die - entgegen § 23 Nr. 2a GVG nicht beim Amtsgericht erhobene - Klage als zulässig erachtet.
17
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass zwischen den Parteien ein sogenanntes Mischmietverhältnis begründet worden ist. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen, von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten durch einen einheitlichen Vertrag auf unbestimmte Zeit ein Haus angemietet, dessen Räume entsprechend den getroffenen Vereinbarungen teilweise zu Wohnzwecken und teilweise (Erdgeschossräume) zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit (Hypnosepraxis) genutzt werden und für dessen Nutzung eine einheitliche Miete zu zahlen ist.
18
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass das Mischmietverhältnis in rechtlicher Hinsicht einheitlich zu beurteilen und zwingend entweder als "Wohnraummietverhältnis" oder als "Mietverhältnis über sonstige Räume" einzustufen ist, weil gesetzliche Sondervorschriften für Mischmietverhältnisse fehlen und für Mietverträge über Wohnräume teilweise andere gesetzliche Regeln gelten als für die Anmietung von Geschäftsräumen oder von sonstigen Räumen. Dies gilt nicht nur für die materielle Rechtslage (vgl. § 549 BGB einerseits und § 578 Abs. 2 BGB andererseits), sondern auch für das Prozessrecht , denn die sachliche Zuständigkeit der Gerichte hängt davon ab, ob es sich um einen Rechtsstreit aus einem Wohnraummietverhältnis handelt oder nicht (vgl. § 23 Nr. 2a GVG einerseits und § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG andererseits

).

19
a) Gemäß § 23 Nr. 2a GVG ist das Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes für alle Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis oder über das Bestehen eines solchen Anspruchs ausschließlich sachlich zuständig. Bei Streitigkeiten, denen andere Mietverhältnisse zugrunde liegen, ist dagegen - je nach Höhe des Streitwerts - entweder das Amtsgericht oder das Landgericht sachlich zuständig (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG).
20
b) Der Begriff des Wohnraummietverhältnisses in § 23 Nr. 2a GVG knüpft an die Vorgängerregelung des § 29a Abs. 1 ZPO in der bis zum 1. März 1993 geltenden Fassung an (vgl. BT-Drucks. 12/3832, S. 43). Diese Vorschrift, die bei Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen eine ausschließliche sachliche und örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründete, entsprang dem Schutzgedanken des sozialen Mietrechts, das Verfahren möglichst am Wohnort des Mieters zu führen, durch einen zweistufigen Prozess eine kürzere Verfahrensdauer zu bewirken sowie eine größere Sach- und Ortsnähe des zuständigen Gerichts herzustellen (BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 6/83, BGHZ 89, 275, 281 f.; vom 16. Dezember 2003 - X ARZ 270/03, BGHZ 157, 220, 222). Durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) wurde die bislang in § 29a ZPO aF geregelte ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts bei Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen aus systematischen Gründen in § 23 Nr. 2a GVG verankert (BT-Drucks. 12/3832, S. 43), während die weiterhin von § 29a ZPO erfasste ausschließliche örtliche Zuständigkeit auch auf andere Mietverhältnisse und auf Pachtverhältnisse ausgedehnt wurde. Dem lag die Zielsetzung zugrunde , bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit Abgrenzungsschwierigkeiten bei Mischmietverhältnissen sowie zwischen Miet- und Pachtverhältnissen zu vermeiden (BT-Drucks. 12/1217, S. 22). Die im Gesetzesentwurf des Bundesrats aus denselben Gründen vorgeschlagene Ausweitung der sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts (BT-Drucks. 12/1217, S. 22, 45 f.) fand im Rechtsausschuss dagegen keine Zustimmung (BT-Drucks. 12/3832, S. 38, 42 f.), so dass sich die beschriebenen Abgrenzungsfragen im Bereich der sachlichen Zuständigkeit weiterhin stellen.
21
c) Der Begriff des Wohnraums in § 29a ZPO in der bis zum 1. März 1993 geltenden Fassung entspricht dem des Wohnraums im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79, NJW 1981, 1377 unter 2 a; vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 6/83, BGHZ 89 aaO S. 280; OLG Hamm, ZMR 1986, 11). Danach ist für die Einordnung als Wohnraummietverhältnis nicht die Eignung der Räume zur Wohnnutzung , sondern der vereinbarte Nutzungszweck entscheidend (Senatsurteile vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, WM 1979, 148 unter 2 a; vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79, aaO unter 2 b cc; vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 36/84, BGHZ 94, 11, 14 f.; vom 21. April 1997 - VIII ZR 212/96, BGHZ 135, 269, 272; vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 282/07, NJW 2008, 3361 Rn. 11; OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; jeweils mwN).
22
An der Maßgeblichkeit der für das materielle Recht zurUnterscheidung von Wohnraum- und Gewerberaummietverhältnissen entwickelten Grundsätze für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit hat sich durch die Verlagerung der bisher in § 29a ZPO aF enthaltenen Regelung über die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen in die neu geschaffene Vorschrift des § 23 Nr. 2a GVG nichts geändert. Denn die Einfügung dieser Zuständigkeitsregelung in das Gerichtsverfassungsgesetz beruhte, wie bereits ausgeführt, allein auf systematischen Gründen; eine inhaltliche Änderung war - von redaktionellen Angleichungen und dem Wegfall der in § 29a Abs. 2 ZPO aF genannten (besondere Wohnmietverhältnisse betreffenden) Ausnahmefälle abgesehen - nicht gewollt (vgl. BTDrucks. 12/1217, S. 45; 12/3832, S. 43). Danach ist die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG) stets dann eröffnet, wenn eine Streitigkeit aus einem Mietverhältnis über Wohnraum, also über Räumlichkeiten vorliegt, die nach dem Mietvertrag zum Wohnen bestimmt sind.
23
Dabei ist es in den Fällen, in denen die Frage, ob ein Wohnraum- oder ein Mietverhältnis über andere Räume vorliegt, nicht nur für die sachliche Zuständigkeit , sondern auch für die Begründetheit einer Klage bedeutsam ist (sogenannte doppelrelevante Tatsache), für die Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit - anders als für die Begründetheit der Klage - unerheblich, ob die für die Einordnung des Mietverhältnisses maßgebenden Tatsachen unstreitig oder bewiesen sind. Entscheidend ist allein, ob sich die sachliche Zuständigkeit des Gerichts aus den zur Begründung des Anspruchs vom Kläger vorgebrachten Tatsachen ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237, 240 f.; OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 2006, 206; jeweils mwN).
24
d) Die aufgezeigten Maßstäbe zur Abgrenzung von Wohnraum- und Geschäftsraummiete gelten für die im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung nach § 23 Nr. 2a GVG (und früher nach § 29a ZPO aF) vorzunehmende Einordnung eines Mischmietverhältnisses entsprechend. Auch hier ist auf die für das materielle Recht entwickelten Grundsätze abzustellen (so auch OLG München, ZMR 2010, 962; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. Januar 2013 - 2/32 O 176/12, juris Rn. 29; LG Berlin, MM 2002, 383 [jeweils zu § 23 Nr. 2a GVG]; OLG Hamm, aaO; OLG Karlsruhe, MDR 1988, 414 mwN [jeweils zu § 29a ZPO aF]). Danach ist das jeweils in Frage stehende Mischmietverhältnis zwingend entweder als Wohnraummietverhältnis (§ 549 BGB) oder als Mietverhältnis über andere Räume (§ 578 Abs. 2 BGB), also Geschäftsräume, zu bewerten. Denn eine Aufspaltung eines Mischmietverhältnisses in seine verschiedenen Bestandteile unter gesonderter rechtlicher Bewertung der unterschiedlichen Nutzungszwecke liefe der bei einem Mischmietverhältnis von den Parteien gewollten rechtlichen Einheit des Vertrags zuwider (OLG Schleswig, NJW 1983, 49, 51; OLG Stuttgart, aaO; OLG Hamm, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Oktober 1978 - VII ZR 288/77, BGHZ 72, 229, 232 [zum Verkauf eines Grundstücksanteils und der Erstellung einer Eigentumswohnung]).
25
Auf die nach materiellem Recht (§§ 549, 578 Abs. 2 BGB) erforderliche Zuordnung eines Mischmietverhältnisses zu den Kategorien Wohnraum- oder Geschäftsraummiete kann für die Zuständigkeitsbestimmung nicht - wie ein Teil der Instanzgerichte meint (AG Fürth (Bayern), WuM 2001, 599, 601 [zu § 23 Nr. 2a GVG]; vgl. auch LG Köln, WuM 1988, 313, 314 f. und NJW-RR 1989, 403 ff.; LG Flensburg, MDR 1981, 57 f; jeweils mwN [zu § 29a ZPO aF]) - mit der Erwägung verzichtet werden, die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte sei bei Mischmietverhältnissen schon deswegen eröffnet, weil sie eine Nutzung zu Wohnzwecken miteinschlössen. Denn eine solche allumfassende sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte bei Mischmietverhältnissen ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. In der Begründung zum Entwurf eines Rechtspflegeentlastungsgesetzes wird betont, dass nach der bis dahin geltenden Fassung des § 29a ZPO aF zur Bestimmung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit bei Mischmietverhältnissen eine Abgrenzung zwischen Wohnraum - und Gewerberaummietverhältnissen zu erfolgen hatte (BT-Drucks.
12/1217, S. 22). Den damit verbundenen "Abgrenzungsschwierigkeiten bei Mischmietverhältnissen (Geschäfts- und Wohnraum)" wollte der Gesetzesentwurf durch die Begründung einer umfassenden Zuständigkeit des Amtsgerichts sowohl für Wohnraum- als auch für Geschäftsraummietsachen begegnen (BTDrucks. aaO). Verwirklicht wurde diese Zielsetzung im Hinblick auf die vom Rechtsausschuss geäußerten Bedenken gegen eine weit gefasste sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte (BT-Drucks. 12/3238, S. 38, 42 f.) jedoch nur bei der örtlichen Zuständigkeit (§ 29a Abs. 1 ZPO), so dass bei Mischmietverhältnissen die sachliche Zuständigkeit nach wie vor von einer Einordnung in die Kategorien Wohnraummiete oder Gewerberaummiete abhängt.
26
e) Für die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses als Wohnraum - oder Gewerberaummietverhältnis ist - wie auch bei sonstigen Mischverträgen (vgl. BGH, Urteile vom 12. Oktober 1978 - VII ZR 288/77, aaO mwN; vom 12. Juli 1979 - VII ZR 159/78, NJW 1979, 2193 unter 2 a; OLG Hamm, aaO) - entscheidend, welche Nutzungsart überwiegt (Senatsurteile vom 30. März 1977 - VIII ZR 153/75, NJW 1977, 1394 unter II 2; vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, aaO unter 2 b; vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJWRR 1986, 877 unter 3 c cc; OLG Schleswig, aaO S. 49 f.; OLG Hamm, aaO; OLG Stuttgart, aaO; MDR 2008, 1091; OLG Celle, MDR 1986, 324; OLG Karlsruhe , aaO; WuM 2012, 666, 668; OLG Hamburg, NJW-RR 1997, 458; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; MDR 2012, 20, 21; OLG München, aaO; OLG Saarbrücken , MDR 2012, 1335, 1336; KG, GE 2001, 1466; ZMR 2010, 956; jeweils mwN; aA AG Fürth (Bayern), aaO; Rinke, ZMR 2003, 13 ff.). Diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht beachtet und hat daher zu Recht darauf abgestellt, dass die sachliche Zuständigkeit und die Begründetheit der Räumungs- und Herausgabeklage davon abhängen, ob nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag die Wohnnutzung oder die Nutzung zu freiberuflichen Zwecken (Hypnosepraxis) den Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses bildet.
27
3. Nicht frei von Rechtsfehlern sind dagegen die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Streitfall ein Überwiegen der Wohnnutzung verneint und stattdessen angenommen hat, die Nutzung zu freiberuflichen Zwecken stelle den vorherrschenden Vertragszweck dar.
28
a) Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass bei der Frage, welche Nutzungsart im Vordergrund steht - wie auch sonst bei Abgrenzung von Geschäfts- und Wohnraummiete (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, aaO; vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 36/84, aaO; OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; jeweils mwN) - auf den Vertragszweck abzustellen ist (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Überwiegt danach die Nutzung als Wohnraum, ist Wohnraummietrecht anzuwenden. Steht die Vermietung zu Zwecken im Vordergrund, die keinen Wohnraumcharakter haben, ist allgemeines Mietrecht maßgebend (Senatsurteil vom 16. April - VIII ZR 60/85, aaO).
29
b) Bei der Prüfung, ob nach dem Zweck des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrags überwiegend von einer Wohnraummiete oder von einer Nutzung zu freiberuflichen Zwecken (Hypnosepraxis) auszugehen ist, sind dem Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler unterlaufen.
30
aa) Welcher Vertragszweck bei Mischmietverhältnissen im Vordergrund steht, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln. Entscheidend ist der wahre, das Rechtsverhältnis prägende Vertragszweck (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO; OLG Düsseldorf , MDR 2012, 20, 21), also die gemeinsamen und übereinstimmenden Vorstellungen der Vertragsparteien darüber, wie das Mietobjekt genutzt werden soll und welche Art der Nutzung im Vordergrund steht (OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; KG, ZMR 2010, 956; OLG Saarbrücken, aaO; OLG Karlsruhe, WuM 2012, 666, 668). Ein hiervon abweichender, im Vertrag nur vorgetäuschter Vertragszweck ist unbeachtlich (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO).
31
bb) Bei der Ermittlung des nach dem wirklichen Willen der Parteien vorherrschenden Vertragszwecks sind alle (auslegungsrelevanten) Umstände des Einzelfalls zu würdigen (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Für die Feststellung des nach den vertraglichen Absprachen gewollten Nutzungsschwerpunkts wird der Tatrichter mangels ausdrücklicher Abreden häufig auf Indizien zurückgreifen müssen.
32
(1) Dabei lassen sich keine festen Regeln aufstellen. Insbesondere lässt der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt zu.
33
(a) Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, aaO) ausgeführt, wenn ein Einfamilienhaus einem Rechtsanwalt zur Nutzung als Kanzlei und zugleich als Wohnung überlassen werde, sei im Allgemeinen anzunehmen, dass die Vermietung in erster Linie zu gewerblichen Zwecken vorgenommen werde. Dies gelte selbst für den Fall, dass die für den Betrieb der Kanzlei zur Verfügung stehende Fläche des Hauses geringer sei als die für Wohnzwecke gedachte. Denn die Kanzlei sei für den Rechtsanwalt die Stätte, ohne die er im Allgemeinen seine Berufstätigkeit nicht ausüben und die Geldmittel erwerben könne, die er benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten , zu denen auch die Miete für die Wohnung gehöre. Der Vermieter könne im Allgemeinen eine höhere Miete für sein Haus verlangen, wenn er es nicht ausschließlich zu Wohnzwecken, sondern zugleich auch zum Betrieb der Anwaltskanzlei des Mieters vermiete. Die Größe der vermieteten Flächen spiele nur eine untergeordnete Rolle, es sei denn, die Fläche, die zur Benutzung als Wohnung zur Verfügung stehe, überwiege die Fläche, die zur Nutzung als Kanzlei in Betracht komme, derart, das der für die Kanzlei zur Verfügung stehenden nur eine geringe Bedeutung zukomme.
34
(b) An diesem Abgrenzungskriterium, das der Senat zur Beurteilung der Anwendbarkeit des Miethöheregelungsgesetzes (MHRG) entwickelt hat (Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO), hält der Senat nicht fest. Das Bestreiten des Lebensunterhalts als vorrangiges Kriterium für das Vorliegen eines gewerblichen Nutzungsschwerpunkts ist im Hinblick auf die weitgefasste Formulierung im Senatsurteil vom 16. April 1986 ("im Allgemeinen") von den Instanzgerichten und vom Schrifttum als verallgemeinerungsfähiger Grundsatz aufgefasst worden (vgl. KG, GE 1995, 1205 f.; OLG Köln, ZMR 2001, 963, 965; OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; OLG Saarbrücken, aaO; LG Frankfurt am Main, aaO Rn. 30 f.; LG Hamburg, WuM 1993, 36; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2011, Vorbem. zu § 535 Rn. 28; MünchKommBGB/Bieber, 6. Aufl., § 549 Rn. 6; Erman/Lützenkirchen, BGB, 13. Aufl., Vor § 535 Rn. 15; SchmidtFutterer /Börstinghaus, Mietrecht, 11. Aufl., Vor §§ 557 - 557b BGB Rn. 25; BeckOK-BGB/Ehlert, Stand: 1. Mai 2014, § 549 Rn. 10 mwN). Dieser Gesichtspunkt stellt jedoch kein sachgerechtes Unterscheidungskriterium dar (LG Köln, WuM 1988, 313, 314 f.; LG Berlin, WuM 1988, 22; AG Fürth (Bayern), aaO; Bühler, ZMR 2010, 897, 908 ff.; MünchKommBGB/Häublein, aaO, § 573 Rn. 22 mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, Vor § 535 BGB Rn. 109 mwN).
35
(c) Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass bei einem Mischmietverhältnis die Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang vor der Wohnnutzung hat, besteht nicht (vgl. LG Köln, aaO; LG Berlin, aaO; AG Fürth (Bayern), aaO; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. VI 13; Bühler, aaO; MünchKommBGB/Häublein, aaO). Dass das Wohnen als wesentlicher Aspekt des täglichen Lebens generell hinter der Erwerbstätigkeit des Mieters zurücktreten soll, lässt sich weder mit der Bedeutung der Wohnung als Ort der Verwirklichung privater Lebensvorstellungen noch mit dem Stellenwert, dem das Wohnen in der heutigen Gesellschaft zukommt, in Einklang bringen.
36
Die Nutzung zu Wohnzwecken dient dazu, dem Mieter die Verwirklichung seiner privaten Lebensvorstellungen zu ermöglichen. Die Wohnung ist für jedermann regelmäßig der Mittelpunkt der privaten Existenz (BVerfG, NJW 1993, 2035). Der einzelne ist auf ihren Gebrauch zur Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse sowie zur Sicherung seiner Freiheit und zur Entfaltung seiner Persönlichkeit angewiesen (BVerfG, aaO). Im Falle der Anmietung von Wohnraum erfüllt das Besitzrecht des Mieters Funktionen, wie sie typischerweise dem Sacheigentum zukommen, und stellt daher eine privatrechtliche Position dar, die den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießt (BVerfG, aaO S. 2035 f.; vgl. auch BVerfG, WuM 2011, 355, 356 f.). Die Wohnung bildet letztlich die Stätte, die der Mieter im Allgemeinen benötigt, um die Kraft und Energie für die Ausübung seiner Berufstätigkeit gewinnen zu können (Bühler, aaO S. 909 mwN). Es lässt sich damit nicht sagen, dass die gewerbliche/freiberufliche Nutzung bei Mischmietverhältnissen generell überwiegt. Umgekehrt lässt sich auch kein Erfahrungssatz aufstellen, dass die Wohnungsnutzung im Allgemeinen Vorrang vor der Nutzung zu gewerblichen/freiberuflichen Zwecken hat (Bühler, aaO S. 910 f.).
37
(2) Für die Ermittlung des nach dem Willen der Parteien vorherrschenden Vertragszwecks ist beim Fehlen ausdrücklicher Regelungen auf objektive (äußerliche ) Umstände zurückzugreifen, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Parteiwillen bilden. Als Indiz kommt etwa - je nach Fallgestaltung - die Ver- wendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten (Geschäftsraum- oder Wohnraummiete) zugeschnittenen Vertragsformulars in Betracht (OLG Hamburg , ZMR 1995, 120, 121; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; OLG Celle, ZMR 1999, 469, 470; LG Berlin, aaO; Erman /Lützenkirchen, aaO; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Sternel, aaO Rn. VI 12). Dabei können nicht nur der Inhalt der darin enthaltenen Regelungen (KG, ZMR 2010, 956, 957; OLG München, OLGR München 2003, 82; ZMR 2007, 119, 120; OLG Celle, aaO; LG Hamburg, WuM 1988, 406; LG Berlin, aaO) oder - unter Umständen - die Bezeichnung des Mietverhältnisses in der Überschrift Bedeutung gewinnen (vgl. KG, aaO; OLG München, ZMR 1995, 295, 296; OLG Düsseldorf, NZM 2002, 739, 740; OLG Karlsruhe, WuM 2012, 666, 668 und OLG Köln, Urteil vom 21. Juni 2005 - 22 U 8/05, juris Rn. 9 einerseits und OLG Stuttgart, aaO; OLG München, ZMR 2010, 962 andererseits), sondern auch der Aufbau der vertraglichen Regelungen (Wohnraumnutzung oder Gewerberaumnutzung als Zusatz oder Anhang zu den übrigen Vertragsregelungen [vgl. OLG Köln, ZMR 2001, 963; OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 U 451/11, juris Rn. 23, insoweit in MDR 2012, 1335 nicht abgedruckt; MünchKommBGB /Häublein, aaO]).
38
Indizwirkung kann auch dem Verhältnis der für eine gewerbliche /freiberufliche Nutzung vorgesehenen Flächen und der für Wohnzwecke bestimmten Flächen zukommen (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO; OLG Karlsruhe, MDR 2012, 1401; KG aaO; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647 mwN; OLG Schleswig, aaO; OLG Hamm, aaO; LG Berlin, MM 2002, 383; LG München, Urteil vom 14. November 2006 - 3 O 7669/06, juris Rn. 20; MünchKommBGB/Häublein, aaO; Staudinger/Emmerich, aaO Rn. 27 mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO). Entsprechendes gilt - falls die Miete für die verschiedenen Nutzungen gesondert ausgewiesen ist - für die Verteilung der Gesamtmiete auf die einzelnen Nutzungsanteile (vgl. OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; OLG Hamm, aaO; LG Berlin, WuM 1988, 22; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., Einf. v. § 535 Rn. 101 f.; MünchKommBGB/Häublein, aaO; Staudinger/Emmerich, aaO mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO), wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass für Gewerberäume regelmäßig eine höhere Miete entrichtet wird (LG Köln, MDR 1988, 1061; MünchKommBGB/Häublein, aaO). Auch die baulichen Gegebenheiten (Zuschnitt, Einrichtung etc.) können gegebenenfalls Rückschlüsse auf einen von den Parteien gewollten Vorrang einer Nutzungsart zulassen (OLG Saarbrücken, aaO Rn. 24; OLG Hamm, aaO S. 12; LG München, aaO; Bühler, aaO S. 916). Ein Indiz für das Überwiegen eines Nutzungsanteils kann sich auch aus Umständen im Vorfeld des Vertragsschlusses (OLG München, ZMR 1995, 295, 296) oder aus einem nachträglichen Verhalten der Parteien - soweit dieses Rückschlüsse auf den übereinstimmenden Willen bei Vertragsschluss zulässt - ergeben (OLG Karlsruhe, aaO). Die aufgeführten Indizien sind nicht abschließend. Es obliegt dem Tatrichter, auf der Grundlage der Einzelfallumstände zu beurteilen, ob Indizien vorliegen, die einen tragfähigen Rückschluss auf den übereinstimmenden Parteiwillen über den Nutzungsschwerpunkt zulassen, und diese zu gewichten.
39
(3) Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen (also auch bei einer Gleichwertigkeit beider Nutzungen), ist von der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen (OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; LGFrankfurt am Main, aaO Rn. 51; LG Berlin, MM 1990, 347; LG Hamburg, aaO; MünchKommBGB /Häublein, aaO; MünchKommBGB/Bieber, aaO; Staudinger/ Emmerich, aaO Rn. 29; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, 3. Aufl., § 535 Rn. 122a; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Sternel, aaO; Bühler, aaO S. 918; offengelassen im Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Denn ansonsten würden die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden Sonderregelungen , insbesondere die eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters (§§ 573, 543, 569 BGB) und die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG), unterlaufen.
40
cc) Das Berufungsgericht hat das zwischen den Parteien begründete Mischmietverhältnis in Anlehnung an das Senatsurteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, aaO) deswegen dem Gewerberaummietrecht unterstellt, weil die Beklagten mit dem Betrieb einer freiberuflichen Hypnosepraxis in den Erdgeschossräumen des angemieteten Hauses ihren Lebensunterhalt bestritten, und hat die weiteren Umstände des Streitfalls für die Auslegung als unergiebig erachtet. Diese Beurteilung ist, wie die Revision zu Recht rügt, rechtsfehlerhaft.
41
(1) Bei der im Streitfall erfolgten Übereinkunft der Parteien über die vertraglichen Nutzungszwecke und ihres Schwerpunkts handelt es sich - was der Senat selbst beurteilen kann, weil weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen - um eine Individualvereinbarung. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien den Vertrag unter Verwendung eines Vertragsformulars geschlossen haben. Denn die Berechtigung der Beklagten, das Haus nicht nur zu Wohnzwecken , sondern auch zum Betrieb einer Hypnosepraxis zu nutzen, wurde als gesonderte Abrede individuell vereinbart (§ 19 Abs. 3 des Mietvertrags sowie Anlage zum Mietvertrag).
42
Die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung kann vom Revisionsgericht zwar nur daraufhin überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt ist, gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 21. April 1997 - VIII ZR 212/96, BGHZ 135, 269, 273; vom 26. Oktober 2009 - II ZR 222/08, WM 2009, 2321 Rn. 18; vom 5. Juni 2013 - VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417 Rn. 16). Einer an diesem Maßstab ausgerichteten Prüfung hält die Auslegung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.
43
(2) Das Berufungsgericht hat den Schwerpunkt der Nutzung vorliegend in der Geschäftsraummiete gesehen, weil die Beklagten mit dem ihnen bei Vertragsschluss gestatteten Betrieb einer Hypnosepraxis in den Erdgeschossräumen des angemieteten Hauses ihren Lebensunterhalt verdienten. Es hat damit - wie oben (unter II 3 b bb (1)) ausgeführt - ein Kriterium zugrunde gelegt, das für die Ermittlung des überwiegenden Vertragszwecks nicht sachgerecht ist. Außerdem hat es die Aspekte des Streitfalles, die für einen Schwerpunkt in der Wohnraummiete sprechen, - in Abweichung vom Urteil des Landgerichts - durchweg für unergiebig gehalten und dabei den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen nicht vollständig ausgeschöpft.
44
(3) Bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalls liegt der Schwerpunkt des zwischen den Parteien bestehenden Mischmietverhältnisses auf der Wohnnutzung. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen , weil weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen.
45
(a) Für ein Überwiegen der Wohnraumnutzung sprechen vorliegend vor allem der Inhalt und Aufbau der getroffenen Vereinbarungen.
46
Die Parteien haben das auf eine Wohnraummiete zugeschnittene Mietvertragsformular Nr. 545 des R. -Verlags ("Vertrag für die Vermietung eines Hauses") und nicht die vom R. -Verlag ebenfalls angebotenen Formulare über die Anmietung von Gewerberäumen verwendet. Dies stellt zwar allein noch kein belastbares Indiz dafür dar, dass die Parteien die Wohnnutzung als vorherrschend angesehen haben. Denn die Verwendung dieses Formulars kann - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch deswegen erfolgt sein, weil der R. -Verlag für die Anmietung eines Hauses nur das Formular 545 an- bietet. Hinzu kommt jedoch - und dies ist letztlich maßgebend -, dass nahezu alle in der Mietvertragsurkunde getroffenen Regelungen mit Ausnahme der unter § 19 Ziffer 3 des Vertrags handschriftlich eingefügten Gestattung der Einrichtung einer Hypnosepraxis an typischerweise für Wohnraummietverhältnisse vereinbarten Bedingungen ausgerichtet sind.
47
Dies wird vor allem bei der Vertragslaufzeit deutlich. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine solche Laufzeit ist bei der Anmietung von Geschäftsräumen unüblich. Hier wird in aller Regel - wie dies auch handelsübliche Gewerberaummietvertragsformulare vorsehen - ein befristeter Mietvertrag mit Verlängerungsoption des Mieters abgeschlossen, um diesem einerseits Planungssicherheit (Ausschluss der ordentlichen Kündigung des Vermieters) zu gewähren und ihm andererseits die Möglichkeit zu eröffnen, im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten das Mietverhältnis in absehbarer Zeit auflösen zu können.
48
Für das Überwiegen der Wohnnutzung spricht weiter der Umstand, dass die freiberufliche Nutzung als Hypnosepraxis in dem umfangreichen Vertragsformular nicht - insbesondere nicht an exponierter Stelle - als vereinbarter Vertragszweck aufgeführt worden ist, sondern nur zum Schluss in einem einzigen Satz (§ 19 Abs. 3) erwähnt wird und auch dort nur die Rede davon ist, dass "den Mietern (…) die Einrichtung einer Hypnosepraxis in den Räumen des EG vorbehaltlich der erforderlichen behördlichen Genehmigung gestattet" wird. Diese Formulierung korrespondiert - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - mit § 7 des Mietvertrags, der eine von der Wohnnutzung abweichende Nutzung von der Einwilligung des Vermieters abhängig macht. Auch in der Anlage zum Mietvertrag, der eine voll beschriebene Seite umfasst, finden sich nur zwei Sätze zur Nutzung der Erdgeschossräume als Hypnosepraxis ("Die Mieter nutzen die Räume im Erdgeschoss des Hauses für ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis"; "Den Mietern wird eingeräumt, auf eigene Kosten […] ein Schild für ihre Praxis sowie eine Türsprechanlage anzubrin- gen"). Weitere gesonderte Regelungen zur Nutzung des Hauses zu freiberuflichen Zwecken (insbesondere zu der Praxiseinrichtung) sind in beiden Schriftstücken nicht enthalten.
49
Gegen einen auf der Geschäftsraummiete liegenden Schwerpunkt des Vertrags spricht auch, dass die Miete im Vertragsformular einheitlich festgesetzt worden ist; es ist weder ein Mietaufschlag für die zusätzliche Nutzung zu freiberuflichen Zwecken ausgewiesen noch ist eine Regelung über eine Umsatzsteuerpflicht aufgenommen worden. Weitere Indizien für ein Überwiegen der Wohnraummiete sind - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - die Regelungen zur Leistung einer Kaution von drei Monatsmieten, die an der zulässigen Höchstgrenze des § 551 BGB ausgerichtetist, und die Kleinreparaturregelung. Die Parteien haben auch insoweit keine Modifikationen oder Ergänzungen der auf die Wohnraummiete zugeschnittenen Regelungen vorgenommen.
50
(b) Das Verhältnis der auf die jeweiligen Nutzungszwecke entfallenden Flächenanteile spricht ebenfalls nicht für ein Überwiegen der freiberuflichen Nutzung. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die nach den im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen auf die beiden Nutzungsarten entfallenden Flächen gleich groß. Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber geltend macht, die Beklagten hätten im Verlauf des Mietverhältnisses auch mindestens zwei Räume im Obergeschoss oder sogar das gesamte Haus zum Betrieb der Hypnosepraxis genutzt, ist dies aus Rechtsgründen unerheblich. Denn für die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses, also für die Beurteilung, welcher Vertragszweck überwiegt, ist - sofern keine Vertragsänderung erfolgt ist - ausschließlich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Jede andere Sichtweise würde dazu führen, dass die rechtliche Bewertung eines Mietverhältnisses von dem tatsächlichen (gegebenenfalls vertragswidrigen) Nutzungsverhalten des Mieters und nicht von den getroffenen Vereinbarungen abhinge. Im Streitfall ist nicht davon auszugehen, dass die Parteien vom Inhalt des schriftlichen Mietvertrags abweichende Abreden zur Nutzung des Mietobjekts getroffen haben. Die Revisionserwiderung erwägt zwar eine von der Vertragsurkunde abweichende beiderseitige Übereinkunft beziehungsweise eine konkludente Vertragsänderung. Sie zeigt aber keinen übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen auf, aus dem ein Zustandekommen entsprechender Vereinbarungen abzuleiten wäre.
51
(c) Weiter sprechen gegen ein Übergewicht der freiberuflichen Nutzung das Verhalten der Kläger im Vorfeld des Vertragsschlusses ("Fragebogen zur Wohnungsbewerbung") und ihr auf Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gestütztes und mit einer Widerspruchsbelehrung versehenes erstes Kündigungsschreiben vom 29. Juli 2009. Zwar handelt es sich hierbei - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - um ambivalente Indizien. Sie bestätigen aber das aufgrund der übrigen Umstände des Streitfalls gewonnene Bild eines Mietverhältnisses , dessen Schwerpunkt auf der Wohnraummiete liegt.

III.

52
Nach alledem hätte sich das Berufungsgericht einer Entscheidung in der Sache enthalten müssen. Das angefochtene Urteil hat keinen Bestand; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Auf den erstmals in der Berufungsinstanz von den Klägern hilfsweise gestellten Antrag ist der Rechtsstreit gemäß § 281 Abs. 1 ZPO - unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen Urteils des Landgerichts - an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Wedding zu verweisen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1953 - II ZR 127/52, BGHZ 10, 155, 163; vom 23. Februar 1955 - VI ZR 28/54, BGHZ 16, 339, 345; BGH, Beschluss vom 15. Juni 1988 - I ARZ 331/88, NJW-RR 1988, 1405 unter [II]; jeweils mwN). Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2012 - 12 O 268/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 12.08.2013 - 8 U 3/13 -

(1) Für Mietverhältnisse über Wohnraum gelten die §§ 535 bis 548, soweit sich nicht aus den §§ 549 bis 577a etwas anderes ergibt.

(2) Die Vorschriften über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556d bis 556g), über die Mieterhöhung (§§ 557 bis 561) und über den Mieterschutz bei Beendigung des Mietverhältnisses sowie bei der Begründung von Wohnungseigentum (§ 568 Abs. 2, §§ 573, 573a, 573d Abs. 1, §§ 574 bis 575, 575a Abs. 1 und §§ 577, 577a) gelten nicht für Mietverhältnisse über

1.
Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist,
2.
Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum dem Mieter nicht zum dauernden Gebrauch mit seiner Familie oder mit Personen überlassen ist, mit denen er einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führt,
3.
Wohnraum, den eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein anerkannter privater Träger der Wohlfahrtspflege angemietet hat, um ihn Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zu überlassen, wenn sie den Mieter bei Vertragsschluss auf die Zweckbestimmung des Wohnraums und die Ausnahme von den genannten Vorschriften hingewiesen hat.

(3) Für Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim gelten die §§ 556d bis 561 sowie die §§ 573, 573a, 573d Abs. 1 und §§ 575, 575a Abs. 1, §§ 577, 577a nicht.

(1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 554, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschriften sowie § 552 Abs. 1, § 555a Absatz 1 bis 3, §§ 555b, 555c Absatz 1 bis 4, § 555d Absatz 1 bis 6, § 555e Absatz 1 und 2, § 555f und § 569 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. § 556c Absatz 1 und 2 sowie die auf Grund des § 556c Absatz 3 erlassene Rechtsverordnung sind entsprechend anzuwenden, abweichende Vereinbarungen sind zulässig. Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so gilt außerdem § 569 Abs. 1 entsprechend.

(3) Auf Verträge über die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden, um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen, sind die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorschriften sowie die §§ 557, 557a Absatz 1 bis 3 und 5, § 557b Absatz 1 bis 3 und 5, die §§ 558 bis 559d, 561, 568 Absatz 1, § 569 Absatz 3 bis 5, die §§ 573 bis 573d, 575, 575a Absatz 1, 3 und 4, die §§ 577 und 577a entsprechend anzuwenden. Solche Verträge können zusätzlich zu den in § 575 Absatz 1 Satz 1 genannten Gründen auch dann auf bestimmte Zeit geschlossen werden, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit für ihm obliegende oder ihm übertragene öffentliche Aufgaben nutzen will.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 376/13 Verkündet am:
9. Juli 2014
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnräume und Geschäftsräume ist zwingend
entweder als Wohnraummietverhältnis oder als Mietverhältnis über andere
Räume zu bewerten. Für die rechtliche Einordnung ist entscheidend, welche Nutzungsart
nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt (insoweit Bestätigung
von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877). Dabei ist
maßgebend auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei der Tatrichter
beim Fehlen ausdrücklicher Abreden auf Indizien zurückgreifen kann.

b) Der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur
Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch
die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, lässt keine tragfähigen Rückschlüsse
auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt
zu (insoweit Aufgabe von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR
60/85, NJW-RR 1986, 877).

c) Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen
Nutzung nicht feststellen, ist im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des Mieters von
der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen (insoweit Fortführung
von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877).
BGH, Urteil vom 9. Juli 2014 - VIII ZR 376/13 - KG Berlin
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2014 durch die Vorsitzende RichterinDr. Milger, die Richterinnen
Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. August 2013 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird auf den im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag der Kläger - unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 30. November 2012 - an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Wedding verwiesen. Über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens wird das Amtsgericht Wedding zu entscheiden haben. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind Mieter eines mehrstöckigen Hauses der Kläger in Berlin mit einer Fläche von etwa 270 m2. Das Haus nutzen sie zu Wohnzwecken und - soweit die Räume im Erdgeschoss betroffen sind - zum Betrieb einer Hypnosepraxis. Der Mietvertrag wurde am 20. November 2006 unter Verwendung eines auf ein Wohnraummietverhältnis zugeschnittenen Vertragsformulars des R. -Verlags (Nr. 545) mit der Überschrift "Vertrag für die Vermietung eines Hauses" geschlossen. Dabei wurde bestimmt, dass das Mietverhältnis auf un- bestimmte Zeit läuft und die "Nettokaltmiete" 1.750 € beträgt. § 19 Ziffer 3 des Mietvertrags enthält die handschriftliche Vereinbarung, dass den Beklagten die Einrichtung einer Hypnosepraxis in den Räumen im Erdgeschoß - vorbehaltlich einer erforderlichen behördlichen Genehmigung - gestattet ist. In der maschinenschriftlichen Anlage zum Mietvertrag heißt es außerdem: "Die Mieter nutzen die Räume im Erdgeschoss des Hauses für ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis."
2
Mit Schreiben vom 29. Juli 2009 erklärten die Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses und führten zur Begründung an, das Haus künftig selbst nutzen zu wollen. Einige Jahre später erklärten die Kläger mit Anwaltsschreiben vom 20. Februar 2012 erneut - mit Wirkung zum 30. September 2012 - die Kündigung des Mietverhältnisses, wobei sie sich nicht mehr auf Eigenbedarf beriefen. Die Beklagten wiesen die Kündigung zurück.
3
Daraufhin haben die Kläger beim Landgericht Klage auf Räumung und Herausgabe des von den Beklagten genutzten Hauses erhoben. Sie machen geltend, bei dem Mietverhältnis handele es sich um ein Gewerberaummietverhältnis , weil die Beklagten ihren Lebensunterhalt vollständig durch den Betrieb der Hypnosepraxis verdienten. Die Beklagten gehen demgegenüber vom Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses aus.
4
Das Landgericht hat das Mietverhältnis als Wohnraummietverhältnis eingeordnet und die Klage wegen der danach gegebenen ausschließlichen sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG) als unzulässig abgewiesen. Hiergegen haben die Kläger Berufung eingelegt und hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Wedding beantragt. Auf die Berufung der Kläger hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts abgeändert. Es hat das Mietverhältnis als Gewerberaummietverhältnis bewertet und der Klage stattgegeben. Die Beklagten erstreben mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht (KG, GE 2013, 1203) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klage auf Räumung und Herausgabe sei zulässig, insbesondere sei die Klage beim zuständigen Gericht erhoben worden, weil die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23a Nr. 2a GVG nicht eröffnet gewesen sei. Den Klägern stehe auch der geltend gemachte Anspruch auf Räumung und Herausgabe gemäß § 546 Abs. 1, § 985 BGB zu. Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis sei aufgrund der mit Wirkung zum 30. September 2012 ausgesprochenen Kündigung vom 20. Februar 2012 - unter Wahrung der Frist des § 580a Abs. 2 BGB - ordnungsgemäß beendet worden. Bei dem Mietverhältnis handele es sich nicht um ein Wohnraum-, sondern ein Gewerberaummietverhältnis. Ein - hier gegebenes - Mischmietverhältnis unterliege, je nachdem welcher Vertragszweck nach dem Parteiwillen bei Vertragsabschluss überwiege, insgesamt entweder dem Wohnraummietrecht oder dem Gewerberaummietrecht. Danach sei das Mietverhältnis zwischen den Parteien nach Gewerberaummietrecht zu beurteilen.
8
Die vertraglichen Erklärungen der Parteien gäben keine entscheidenden Aufschlüsse darüber, ob die gewerbliche oder die Wohnraumnutzung im Vor- dergrund stehen solle. Offenkundig seien die Parteien davon ausgegangen, dass die Beklagten sowohl in dem Haus wohnten, als auch - im Erdgeschoss - eine Hypnosepraxis betrieben. Dies sei zum einen der Erklärung in der Einleitung des Mietvertrags: "Die einziehende Familie besteht aus 2 Personen" und zum anderen den Regelungen über die Einrichtung und den Betrieb einer Hypnosepraxis in Ziffer 19 Abs. 3 des Mietvertrags und in der Anlage zum Mietvertrag zu entnehmen.
9
Dass die Parteien das Formular Nr. 545 des R. -Verlages mit der Überschrift "Vertrag für die Vermietung eines Hauses" gewählt hätten, spreche nicht für ein Überwiegen der Wohnnutzung, sondern sei wenig ergiebig. Zwar könne die Verwendung eines für die Miete von Wohnräumen gedachten Formulars ein Indiz für ein Wohnraummietverhältnis darstellen. Dass das vorliegend benutzte Vertragsformular auf eine Wohnraummiete zugeschnitten sei, ergebe sich aber erst aus näherer rechtskundiger Analyse, etwa aus der Wiedergabe der Fristen des § 573c Abs. 1 BGB als gesetzliche Kündigungsfristen. Die Parteien hätten gerade nicht angekreuzt, dass das Haus "zur Benutzung als Wohnung" habe vermietet werden sollen. Es liege nahe, dass das Formular deswegen ausgewählt worden sei, weil sich die Mietvertragsformulare des R. -Verlags für Gewerberaum nicht auf ein komplettes Haus bezögen.
10
Für das Vorliegen eines insgesamt dem Wohnraummietrecht zu unterstellenden Mietverhältnis spreche - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - auch nicht der Umstand, dass die Parteien - wie in § 551 Abs. 1 BGB als Höchstgrenze für Wohnraummietverhältnisse vorgesehen - eine Kaution in dreifacher Höhe der Nettokaltmiete vereinbart hätten. Denn Kautionen in dieser Höhe würden verbreitet auch in Gewerberaummietverhältnissen vereinbart. Dass die Mieter nach § 13 Ziffer 1 des Mietvertrags die Kosten für Kleinreparaturen und für die Behebung von Bagatellschäden nur mit einer Begrenzung auf 5 % der Jahresnettokaltmiete und auf 75 € im Einzelfall zu tragen hätten, liefere ebenfalls kein Indiz für das Bestehen eines Wohnraummietverhältnisses. Auch für Gewerberaummietverträge werde im Schrifttum verschiedentlich gefordert, dass Kleinreparaturenklauseln eine Höchstbelastung des Mieters auswiesen.
11
Das auf Eigenbedarf gestützte Kündigungsschreiben der Kläger vom 29. Juli 2009 mit Belehrung über ein Widerspruchsrecht der Beklagten lasse entgegen der Auffassung des Landgerichts ebenfalls nicht den Schluss zu, die Parteien hätten bei Abschluss des Mietvertrags die Wohnnutzung als vornehmlichen Vertragszweck angesehen. Ein späteres Verhalten könne zwar im Einzelfall ein Indiz für die Auslegung eines Vertrags bilden. Den Klägern als juristischen Laien habe aber nicht bekannt sein müssen, dass Eigenbedarf und Widerspruchsberechtigung in einem Gewerberaummietverhältnis keine Rolle spielten. Erst recht könne ihnen nicht Kenntnis davon unterstellt werden, dass in einem Mischmietverhältnis, in dem die gewerbliche Nutzung im Vordergrund stehe, Wohnraummietrecht nicht einmal teilweise gelte.
12
Ausschlaggebend für die Einstufung als Gewerbemietverhältnis sei vorliegend der vertraglich vereinbarte Zweck, dass die Beklagten durch das Betreiben der Hypnosepraxis in einem Teil der Mieträume ihren Lebensunterhalt bestritten. Es gelte gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig, dass die Anmietung des Hauses darauf abgezielt habe, die Beklagten in die Lage zu versetzen, durch die "freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis" ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Hiervon sei auch deswegen auszugehen, weil die Beklagten im Vorfeld des Vertragsschlusses in dem "Fragebogen zur Wohnungsbewerbung" als ausgeübten Beruf ausschließlich "Hypnosetherapeut(in)" angegeben hätten.
13
Der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, MDR 1986, 842) entschieden, im Rahmen der Prüfung, ob nach dem Vertragszweck überwiegend eine Wohnraummiete oder eine andere Nutzungsart anzunehmen sei, seien alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Dabei seien auch die auf die verschiedenen Nutzungsarten entfallenden Flächen und deren Mietwerte zu berücksichtigen, soweit sich nicht bereits aus anderen Gründen ein Übergewicht eines bestimmten Gebrauchszwecks ergebe. Werde einem Rechtsanwalt ein Einfamilienhaus zur Nutzung als Kanzlei und als Wohnung überlassen, sei im Allgemeinen anzunehmen, dass die Vermietung in erster Linie zu gewerblichen Zwecken vorgenommen werde. Dies gelte selbst für den Fall, dass die für den Betrieb der Kanzlei zur Verfügung stehende Fläche des Hauses geringer sei als die für Wohnzwecke vorgesehene. Denn die Kanzlei sei für den Rechtsanwalt die Stätte, ohne die er im Allgemeinen seine Berufstätigkeit nicht ausüben und die Geldmittel erwerben könne, die er benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zu denen auch die Miete für die Wohnung gehöre. Der Vermieter könne im Allgemeinen eine höhere Miete für sein Haus verlangen, wenn er es nicht ausschließlich zu Wohnzwecken, sondern zugleich auch zum Betrieb der Anwaltskanzlei des Mieters vermiete.
14
An dieser Rechtsprechung, der sich nicht nur der erkennende Berufungssenat , sondern auch ein weiterer Senat des Kammergerichts und andere Oberlandesgerichte angeschlossen hätten, sei trotz vereinzelter Kritik festzuhalten. Dass das Besitzrecht des Mieters Grundrechtsschutz genieße, ändere nichts daran, dass bei einem Mischmietverhältnis die gewerbliche Nutzung aus Sicht der Vertragsparteien - gerade auch im Hinblick auf die typischerweise höheren Gewerberaummieten - regelmäßig im Vordergrund stehe, wenn der Mieter damit seinen Lebensunterhalt bestreite. Soweit gleichwohl die Wohnnutzung Vorrang genießen solle, bleibe es den Vertragspartnern unbenommen, dies zum Ausdruck zu bringen.
15
Gemessen an den beschriebenen Grundsätzen sei vorliegend von einem Gewerberaummietverhältnis auszugehen. Da das als Praxisräume zu nutzende Erdgeschoss ebenso groß sei wie das Obergeschoss, trete die gewerblich zu nutzende Fläche im Streitfall nicht völlig hinter der für Wohnzwecke vorgesehenen Fläche zurück.

II.

16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag rechtsfehlerhaft nicht dem Wohnraummietrecht, sondern dem Gewerberaummietrecht unterstellt und daher zu Unrecht die - entgegen § 23 Nr. 2a GVG nicht beim Amtsgericht erhobene - Klage als zulässig erachtet.
17
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass zwischen den Parteien ein sogenanntes Mischmietverhältnis begründet worden ist. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen, von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten durch einen einheitlichen Vertrag auf unbestimmte Zeit ein Haus angemietet, dessen Räume entsprechend den getroffenen Vereinbarungen teilweise zu Wohnzwecken und teilweise (Erdgeschossräume) zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit (Hypnosepraxis) genutzt werden und für dessen Nutzung eine einheitliche Miete zu zahlen ist.
18
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass das Mischmietverhältnis in rechtlicher Hinsicht einheitlich zu beurteilen und zwingend entweder als "Wohnraummietverhältnis" oder als "Mietverhältnis über sonstige Räume" einzustufen ist, weil gesetzliche Sondervorschriften für Mischmietverhältnisse fehlen und für Mietverträge über Wohnräume teilweise andere gesetzliche Regeln gelten als für die Anmietung von Geschäftsräumen oder von sonstigen Räumen. Dies gilt nicht nur für die materielle Rechtslage (vgl. § 549 BGB einerseits und § 578 Abs. 2 BGB andererseits), sondern auch für das Prozessrecht , denn die sachliche Zuständigkeit der Gerichte hängt davon ab, ob es sich um einen Rechtsstreit aus einem Wohnraummietverhältnis handelt oder nicht (vgl. § 23 Nr. 2a GVG einerseits und § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG andererseits

).

19
a) Gemäß § 23 Nr. 2a GVG ist das Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes für alle Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis oder über das Bestehen eines solchen Anspruchs ausschließlich sachlich zuständig. Bei Streitigkeiten, denen andere Mietverhältnisse zugrunde liegen, ist dagegen - je nach Höhe des Streitwerts - entweder das Amtsgericht oder das Landgericht sachlich zuständig (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG).
20
b) Der Begriff des Wohnraummietverhältnisses in § 23 Nr. 2a GVG knüpft an die Vorgängerregelung des § 29a Abs. 1 ZPO in der bis zum 1. März 1993 geltenden Fassung an (vgl. BT-Drucks. 12/3832, S. 43). Diese Vorschrift, die bei Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen eine ausschließliche sachliche und örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründete, entsprang dem Schutzgedanken des sozialen Mietrechts, das Verfahren möglichst am Wohnort des Mieters zu führen, durch einen zweistufigen Prozess eine kürzere Verfahrensdauer zu bewirken sowie eine größere Sach- und Ortsnähe des zuständigen Gerichts herzustellen (BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 6/83, BGHZ 89, 275, 281 f.; vom 16. Dezember 2003 - X ARZ 270/03, BGHZ 157, 220, 222). Durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) wurde die bislang in § 29a ZPO aF geregelte ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts bei Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen aus systematischen Gründen in § 23 Nr. 2a GVG verankert (BT-Drucks. 12/3832, S. 43), während die weiterhin von § 29a ZPO erfasste ausschließliche örtliche Zuständigkeit auch auf andere Mietverhältnisse und auf Pachtverhältnisse ausgedehnt wurde. Dem lag die Zielsetzung zugrunde , bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit Abgrenzungsschwierigkeiten bei Mischmietverhältnissen sowie zwischen Miet- und Pachtverhältnissen zu vermeiden (BT-Drucks. 12/1217, S. 22). Die im Gesetzesentwurf des Bundesrats aus denselben Gründen vorgeschlagene Ausweitung der sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts (BT-Drucks. 12/1217, S. 22, 45 f.) fand im Rechtsausschuss dagegen keine Zustimmung (BT-Drucks. 12/3832, S. 38, 42 f.), so dass sich die beschriebenen Abgrenzungsfragen im Bereich der sachlichen Zuständigkeit weiterhin stellen.
21
c) Der Begriff des Wohnraums in § 29a ZPO in der bis zum 1. März 1993 geltenden Fassung entspricht dem des Wohnraums im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79, NJW 1981, 1377 unter 2 a; vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 6/83, BGHZ 89 aaO S. 280; OLG Hamm, ZMR 1986, 11). Danach ist für die Einordnung als Wohnraummietverhältnis nicht die Eignung der Räume zur Wohnnutzung , sondern der vereinbarte Nutzungszweck entscheidend (Senatsurteile vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, WM 1979, 148 unter 2 a; vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79, aaO unter 2 b cc; vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 36/84, BGHZ 94, 11, 14 f.; vom 21. April 1997 - VIII ZR 212/96, BGHZ 135, 269, 272; vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 282/07, NJW 2008, 3361 Rn. 11; OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; jeweils mwN).
22
An der Maßgeblichkeit der für das materielle Recht zurUnterscheidung von Wohnraum- und Gewerberaummietverhältnissen entwickelten Grundsätze für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit hat sich durch die Verlagerung der bisher in § 29a ZPO aF enthaltenen Regelung über die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen in die neu geschaffene Vorschrift des § 23 Nr. 2a GVG nichts geändert. Denn die Einfügung dieser Zuständigkeitsregelung in das Gerichtsverfassungsgesetz beruhte, wie bereits ausgeführt, allein auf systematischen Gründen; eine inhaltliche Änderung war - von redaktionellen Angleichungen und dem Wegfall der in § 29a Abs. 2 ZPO aF genannten (besondere Wohnmietverhältnisse betreffenden) Ausnahmefälle abgesehen - nicht gewollt (vgl. BTDrucks. 12/1217, S. 45; 12/3832, S. 43). Danach ist die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG) stets dann eröffnet, wenn eine Streitigkeit aus einem Mietverhältnis über Wohnraum, also über Räumlichkeiten vorliegt, die nach dem Mietvertrag zum Wohnen bestimmt sind.
23
Dabei ist es in den Fällen, in denen die Frage, ob ein Wohnraum- oder ein Mietverhältnis über andere Räume vorliegt, nicht nur für die sachliche Zuständigkeit , sondern auch für die Begründetheit einer Klage bedeutsam ist (sogenannte doppelrelevante Tatsache), für die Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit - anders als für die Begründetheit der Klage - unerheblich, ob die für die Einordnung des Mietverhältnisses maßgebenden Tatsachen unstreitig oder bewiesen sind. Entscheidend ist allein, ob sich die sachliche Zuständigkeit des Gerichts aus den zur Begründung des Anspruchs vom Kläger vorgebrachten Tatsachen ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237, 240 f.; OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 2006, 206; jeweils mwN).
24
d) Die aufgezeigten Maßstäbe zur Abgrenzung von Wohnraum- und Geschäftsraummiete gelten für die im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung nach § 23 Nr. 2a GVG (und früher nach § 29a ZPO aF) vorzunehmende Einordnung eines Mischmietverhältnisses entsprechend. Auch hier ist auf die für das materielle Recht entwickelten Grundsätze abzustellen (so auch OLG München, ZMR 2010, 962; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. Januar 2013 - 2/32 O 176/12, juris Rn. 29; LG Berlin, MM 2002, 383 [jeweils zu § 23 Nr. 2a GVG]; OLG Hamm, aaO; OLG Karlsruhe, MDR 1988, 414 mwN [jeweils zu § 29a ZPO aF]). Danach ist das jeweils in Frage stehende Mischmietverhältnis zwingend entweder als Wohnraummietverhältnis (§ 549 BGB) oder als Mietverhältnis über andere Räume (§ 578 Abs. 2 BGB), also Geschäftsräume, zu bewerten. Denn eine Aufspaltung eines Mischmietverhältnisses in seine verschiedenen Bestandteile unter gesonderter rechtlicher Bewertung der unterschiedlichen Nutzungszwecke liefe der bei einem Mischmietverhältnis von den Parteien gewollten rechtlichen Einheit des Vertrags zuwider (OLG Schleswig, NJW 1983, 49, 51; OLG Stuttgart, aaO; OLG Hamm, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Oktober 1978 - VII ZR 288/77, BGHZ 72, 229, 232 [zum Verkauf eines Grundstücksanteils und der Erstellung einer Eigentumswohnung]).
25
Auf die nach materiellem Recht (§§ 549, 578 Abs. 2 BGB) erforderliche Zuordnung eines Mischmietverhältnisses zu den Kategorien Wohnraum- oder Geschäftsraummiete kann für die Zuständigkeitsbestimmung nicht - wie ein Teil der Instanzgerichte meint (AG Fürth (Bayern), WuM 2001, 599, 601 [zu § 23 Nr. 2a GVG]; vgl. auch LG Köln, WuM 1988, 313, 314 f. und NJW-RR 1989, 403 ff.; LG Flensburg, MDR 1981, 57 f; jeweils mwN [zu § 29a ZPO aF]) - mit der Erwägung verzichtet werden, die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte sei bei Mischmietverhältnissen schon deswegen eröffnet, weil sie eine Nutzung zu Wohnzwecken miteinschlössen. Denn eine solche allumfassende sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte bei Mischmietverhältnissen ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. In der Begründung zum Entwurf eines Rechtspflegeentlastungsgesetzes wird betont, dass nach der bis dahin geltenden Fassung des § 29a ZPO aF zur Bestimmung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit bei Mischmietverhältnissen eine Abgrenzung zwischen Wohnraum - und Gewerberaummietverhältnissen zu erfolgen hatte (BT-Drucks.
12/1217, S. 22). Den damit verbundenen "Abgrenzungsschwierigkeiten bei Mischmietverhältnissen (Geschäfts- und Wohnraum)" wollte der Gesetzesentwurf durch die Begründung einer umfassenden Zuständigkeit des Amtsgerichts sowohl für Wohnraum- als auch für Geschäftsraummietsachen begegnen (BTDrucks. aaO). Verwirklicht wurde diese Zielsetzung im Hinblick auf die vom Rechtsausschuss geäußerten Bedenken gegen eine weit gefasste sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte (BT-Drucks. 12/3238, S. 38, 42 f.) jedoch nur bei der örtlichen Zuständigkeit (§ 29a Abs. 1 ZPO), so dass bei Mischmietverhältnissen die sachliche Zuständigkeit nach wie vor von einer Einordnung in die Kategorien Wohnraummiete oder Gewerberaummiete abhängt.
26
e) Für die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses als Wohnraum - oder Gewerberaummietverhältnis ist - wie auch bei sonstigen Mischverträgen (vgl. BGH, Urteile vom 12. Oktober 1978 - VII ZR 288/77, aaO mwN; vom 12. Juli 1979 - VII ZR 159/78, NJW 1979, 2193 unter 2 a; OLG Hamm, aaO) - entscheidend, welche Nutzungsart überwiegt (Senatsurteile vom 30. März 1977 - VIII ZR 153/75, NJW 1977, 1394 unter II 2; vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, aaO unter 2 b; vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJWRR 1986, 877 unter 3 c cc; OLG Schleswig, aaO S. 49 f.; OLG Hamm, aaO; OLG Stuttgart, aaO; MDR 2008, 1091; OLG Celle, MDR 1986, 324; OLG Karlsruhe , aaO; WuM 2012, 666, 668; OLG Hamburg, NJW-RR 1997, 458; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; MDR 2012, 20, 21; OLG München, aaO; OLG Saarbrücken , MDR 2012, 1335, 1336; KG, GE 2001, 1466; ZMR 2010, 956; jeweils mwN; aA AG Fürth (Bayern), aaO; Rinke, ZMR 2003, 13 ff.). Diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht beachtet und hat daher zu Recht darauf abgestellt, dass die sachliche Zuständigkeit und die Begründetheit der Räumungs- und Herausgabeklage davon abhängen, ob nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag die Wohnnutzung oder die Nutzung zu freiberuflichen Zwecken (Hypnosepraxis) den Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses bildet.
27
3. Nicht frei von Rechtsfehlern sind dagegen die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Streitfall ein Überwiegen der Wohnnutzung verneint und stattdessen angenommen hat, die Nutzung zu freiberuflichen Zwecken stelle den vorherrschenden Vertragszweck dar.
28
a) Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass bei der Frage, welche Nutzungsart im Vordergrund steht - wie auch sonst bei Abgrenzung von Geschäfts- und Wohnraummiete (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, aaO; vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 36/84, aaO; OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; jeweils mwN) - auf den Vertragszweck abzustellen ist (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Überwiegt danach die Nutzung als Wohnraum, ist Wohnraummietrecht anzuwenden. Steht die Vermietung zu Zwecken im Vordergrund, die keinen Wohnraumcharakter haben, ist allgemeines Mietrecht maßgebend (Senatsurteil vom 16. April - VIII ZR 60/85, aaO).
29
b) Bei der Prüfung, ob nach dem Zweck des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrags überwiegend von einer Wohnraummiete oder von einer Nutzung zu freiberuflichen Zwecken (Hypnosepraxis) auszugehen ist, sind dem Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler unterlaufen.
30
aa) Welcher Vertragszweck bei Mischmietverhältnissen im Vordergrund steht, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln. Entscheidend ist der wahre, das Rechtsverhältnis prägende Vertragszweck (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO; OLG Düsseldorf , MDR 2012, 20, 21), also die gemeinsamen und übereinstimmenden Vorstellungen der Vertragsparteien darüber, wie das Mietobjekt genutzt werden soll und welche Art der Nutzung im Vordergrund steht (OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; KG, ZMR 2010, 956; OLG Saarbrücken, aaO; OLG Karlsruhe, WuM 2012, 666, 668). Ein hiervon abweichender, im Vertrag nur vorgetäuschter Vertragszweck ist unbeachtlich (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO).
31
bb) Bei der Ermittlung des nach dem wirklichen Willen der Parteien vorherrschenden Vertragszwecks sind alle (auslegungsrelevanten) Umstände des Einzelfalls zu würdigen (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Für die Feststellung des nach den vertraglichen Absprachen gewollten Nutzungsschwerpunkts wird der Tatrichter mangels ausdrücklicher Abreden häufig auf Indizien zurückgreifen müssen.
32
(1) Dabei lassen sich keine festen Regeln aufstellen. Insbesondere lässt der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt zu.
33
(a) Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, aaO) ausgeführt, wenn ein Einfamilienhaus einem Rechtsanwalt zur Nutzung als Kanzlei und zugleich als Wohnung überlassen werde, sei im Allgemeinen anzunehmen, dass die Vermietung in erster Linie zu gewerblichen Zwecken vorgenommen werde. Dies gelte selbst für den Fall, dass die für den Betrieb der Kanzlei zur Verfügung stehende Fläche des Hauses geringer sei als die für Wohnzwecke gedachte. Denn die Kanzlei sei für den Rechtsanwalt die Stätte, ohne die er im Allgemeinen seine Berufstätigkeit nicht ausüben und die Geldmittel erwerben könne, die er benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten , zu denen auch die Miete für die Wohnung gehöre. Der Vermieter könne im Allgemeinen eine höhere Miete für sein Haus verlangen, wenn er es nicht ausschließlich zu Wohnzwecken, sondern zugleich auch zum Betrieb der Anwaltskanzlei des Mieters vermiete. Die Größe der vermieteten Flächen spiele nur eine untergeordnete Rolle, es sei denn, die Fläche, die zur Benutzung als Wohnung zur Verfügung stehe, überwiege die Fläche, die zur Nutzung als Kanzlei in Betracht komme, derart, das der für die Kanzlei zur Verfügung stehenden nur eine geringe Bedeutung zukomme.
34
(b) An diesem Abgrenzungskriterium, das der Senat zur Beurteilung der Anwendbarkeit des Miethöheregelungsgesetzes (MHRG) entwickelt hat (Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO), hält der Senat nicht fest. Das Bestreiten des Lebensunterhalts als vorrangiges Kriterium für das Vorliegen eines gewerblichen Nutzungsschwerpunkts ist im Hinblick auf die weitgefasste Formulierung im Senatsurteil vom 16. April 1986 ("im Allgemeinen") von den Instanzgerichten und vom Schrifttum als verallgemeinerungsfähiger Grundsatz aufgefasst worden (vgl. KG, GE 1995, 1205 f.; OLG Köln, ZMR 2001, 963, 965; OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; OLG Saarbrücken, aaO; LG Frankfurt am Main, aaO Rn. 30 f.; LG Hamburg, WuM 1993, 36; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2011, Vorbem. zu § 535 Rn. 28; MünchKommBGB/Bieber, 6. Aufl., § 549 Rn. 6; Erman/Lützenkirchen, BGB, 13. Aufl., Vor § 535 Rn. 15; SchmidtFutterer /Börstinghaus, Mietrecht, 11. Aufl., Vor §§ 557 - 557b BGB Rn. 25; BeckOK-BGB/Ehlert, Stand: 1. Mai 2014, § 549 Rn. 10 mwN). Dieser Gesichtspunkt stellt jedoch kein sachgerechtes Unterscheidungskriterium dar (LG Köln, WuM 1988, 313, 314 f.; LG Berlin, WuM 1988, 22; AG Fürth (Bayern), aaO; Bühler, ZMR 2010, 897, 908 ff.; MünchKommBGB/Häublein, aaO, § 573 Rn. 22 mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, Vor § 535 BGB Rn. 109 mwN).
35
(c) Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass bei einem Mischmietverhältnis die Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang vor der Wohnnutzung hat, besteht nicht (vgl. LG Köln, aaO; LG Berlin, aaO; AG Fürth (Bayern), aaO; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. VI 13; Bühler, aaO; MünchKommBGB/Häublein, aaO). Dass das Wohnen als wesentlicher Aspekt des täglichen Lebens generell hinter der Erwerbstätigkeit des Mieters zurücktreten soll, lässt sich weder mit der Bedeutung der Wohnung als Ort der Verwirklichung privater Lebensvorstellungen noch mit dem Stellenwert, dem das Wohnen in der heutigen Gesellschaft zukommt, in Einklang bringen.
36
Die Nutzung zu Wohnzwecken dient dazu, dem Mieter die Verwirklichung seiner privaten Lebensvorstellungen zu ermöglichen. Die Wohnung ist für jedermann regelmäßig der Mittelpunkt der privaten Existenz (BVerfG, NJW 1993, 2035). Der einzelne ist auf ihren Gebrauch zur Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse sowie zur Sicherung seiner Freiheit und zur Entfaltung seiner Persönlichkeit angewiesen (BVerfG, aaO). Im Falle der Anmietung von Wohnraum erfüllt das Besitzrecht des Mieters Funktionen, wie sie typischerweise dem Sacheigentum zukommen, und stellt daher eine privatrechtliche Position dar, die den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießt (BVerfG, aaO S. 2035 f.; vgl. auch BVerfG, WuM 2011, 355, 356 f.). Die Wohnung bildet letztlich die Stätte, die der Mieter im Allgemeinen benötigt, um die Kraft und Energie für die Ausübung seiner Berufstätigkeit gewinnen zu können (Bühler, aaO S. 909 mwN). Es lässt sich damit nicht sagen, dass die gewerbliche/freiberufliche Nutzung bei Mischmietverhältnissen generell überwiegt. Umgekehrt lässt sich auch kein Erfahrungssatz aufstellen, dass die Wohnungsnutzung im Allgemeinen Vorrang vor der Nutzung zu gewerblichen/freiberuflichen Zwecken hat (Bühler, aaO S. 910 f.).
37
(2) Für die Ermittlung des nach dem Willen der Parteien vorherrschenden Vertragszwecks ist beim Fehlen ausdrücklicher Regelungen auf objektive (äußerliche ) Umstände zurückzugreifen, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Parteiwillen bilden. Als Indiz kommt etwa - je nach Fallgestaltung - die Ver- wendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten (Geschäftsraum- oder Wohnraummiete) zugeschnittenen Vertragsformulars in Betracht (OLG Hamburg , ZMR 1995, 120, 121; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; OLG Celle, ZMR 1999, 469, 470; LG Berlin, aaO; Erman /Lützenkirchen, aaO; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Sternel, aaO Rn. VI 12). Dabei können nicht nur der Inhalt der darin enthaltenen Regelungen (KG, ZMR 2010, 956, 957; OLG München, OLGR München 2003, 82; ZMR 2007, 119, 120; OLG Celle, aaO; LG Hamburg, WuM 1988, 406; LG Berlin, aaO) oder - unter Umständen - die Bezeichnung des Mietverhältnisses in der Überschrift Bedeutung gewinnen (vgl. KG, aaO; OLG München, ZMR 1995, 295, 296; OLG Düsseldorf, NZM 2002, 739, 740; OLG Karlsruhe, WuM 2012, 666, 668 und OLG Köln, Urteil vom 21. Juni 2005 - 22 U 8/05, juris Rn. 9 einerseits und OLG Stuttgart, aaO; OLG München, ZMR 2010, 962 andererseits), sondern auch der Aufbau der vertraglichen Regelungen (Wohnraumnutzung oder Gewerberaumnutzung als Zusatz oder Anhang zu den übrigen Vertragsregelungen [vgl. OLG Köln, ZMR 2001, 963; OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 U 451/11, juris Rn. 23, insoweit in MDR 2012, 1335 nicht abgedruckt; MünchKommBGB /Häublein, aaO]).
38
Indizwirkung kann auch dem Verhältnis der für eine gewerbliche /freiberufliche Nutzung vorgesehenen Flächen und der für Wohnzwecke bestimmten Flächen zukommen (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO; OLG Karlsruhe, MDR 2012, 1401; KG aaO; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647 mwN; OLG Schleswig, aaO; OLG Hamm, aaO; LG Berlin, MM 2002, 383; LG München, Urteil vom 14. November 2006 - 3 O 7669/06, juris Rn. 20; MünchKommBGB/Häublein, aaO; Staudinger/Emmerich, aaO Rn. 27 mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO). Entsprechendes gilt - falls die Miete für die verschiedenen Nutzungen gesondert ausgewiesen ist - für die Verteilung der Gesamtmiete auf die einzelnen Nutzungsanteile (vgl. OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; OLG Hamm, aaO; LG Berlin, WuM 1988, 22; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., Einf. v. § 535 Rn. 101 f.; MünchKommBGB/Häublein, aaO; Staudinger/Emmerich, aaO mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO), wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass für Gewerberäume regelmäßig eine höhere Miete entrichtet wird (LG Köln, MDR 1988, 1061; MünchKommBGB/Häublein, aaO). Auch die baulichen Gegebenheiten (Zuschnitt, Einrichtung etc.) können gegebenenfalls Rückschlüsse auf einen von den Parteien gewollten Vorrang einer Nutzungsart zulassen (OLG Saarbrücken, aaO Rn. 24; OLG Hamm, aaO S. 12; LG München, aaO; Bühler, aaO S. 916). Ein Indiz für das Überwiegen eines Nutzungsanteils kann sich auch aus Umständen im Vorfeld des Vertragsschlusses (OLG München, ZMR 1995, 295, 296) oder aus einem nachträglichen Verhalten der Parteien - soweit dieses Rückschlüsse auf den übereinstimmenden Willen bei Vertragsschluss zulässt - ergeben (OLG Karlsruhe, aaO). Die aufgeführten Indizien sind nicht abschließend. Es obliegt dem Tatrichter, auf der Grundlage der Einzelfallumstände zu beurteilen, ob Indizien vorliegen, die einen tragfähigen Rückschluss auf den übereinstimmenden Parteiwillen über den Nutzungsschwerpunkt zulassen, und diese zu gewichten.
39
(3) Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen (also auch bei einer Gleichwertigkeit beider Nutzungen), ist von der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen (OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; LGFrankfurt am Main, aaO Rn. 51; LG Berlin, MM 1990, 347; LG Hamburg, aaO; MünchKommBGB /Häublein, aaO; MünchKommBGB/Bieber, aaO; Staudinger/ Emmerich, aaO Rn. 29; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, 3. Aufl., § 535 Rn. 122a; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Sternel, aaO; Bühler, aaO S. 918; offengelassen im Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Denn ansonsten würden die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden Sonderregelungen , insbesondere die eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters (§§ 573, 543, 569 BGB) und die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG), unterlaufen.
40
cc) Das Berufungsgericht hat das zwischen den Parteien begründete Mischmietverhältnis in Anlehnung an das Senatsurteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, aaO) deswegen dem Gewerberaummietrecht unterstellt, weil die Beklagten mit dem Betrieb einer freiberuflichen Hypnosepraxis in den Erdgeschossräumen des angemieteten Hauses ihren Lebensunterhalt bestritten, und hat die weiteren Umstände des Streitfalls für die Auslegung als unergiebig erachtet. Diese Beurteilung ist, wie die Revision zu Recht rügt, rechtsfehlerhaft.
41
(1) Bei der im Streitfall erfolgten Übereinkunft der Parteien über die vertraglichen Nutzungszwecke und ihres Schwerpunkts handelt es sich - was der Senat selbst beurteilen kann, weil weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen - um eine Individualvereinbarung. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien den Vertrag unter Verwendung eines Vertragsformulars geschlossen haben. Denn die Berechtigung der Beklagten, das Haus nicht nur zu Wohnzwecken , sondern auch zum Betrieb einer Hypnosepraxis zu nutzen, wurde als gesonderte Abrede individuell vereinbart (§ 19 Abs. 3 des Mietvertrags sowie Anlage zum Mietvertrag).
42
Die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung kann vom Revisionsgericht zwar nur daraufhin überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt ist, gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 21. April 1997 - VIII ZR 212/96, BGHZ 135, 269, 273; vom 26. Oktober 2009 - II ZR 222/08, WM 2009, 2321 Rn. 18; vom 5. Juni 2013 - VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417 Rn. 16). Einer an diesem Maßstab ausgerichteten Prüfung hält die Auslegung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.
43
(2) Das Berufungsgericht hat den Schwerpunkt der Nutzung vorliegend in der Geschäftsraummiete gesehen, weil die Beklagten mit dem ihnen bei Vertragsschluss gestatteten Betrieb einer Hypnosepraxis in den Erdgeschossräumen des angemieteten Hauses ihren Lebensunterhalt verdienten. Es hat damit - wie oben (unter II 3 b bb (1)) ausgeführt - ein Kriterium zugrunde gelegt, das für die Ermittlung des überwiegenden Vertragszwecks nicht sachgerecht ist. Außerdem hat es die Aspekte des Streitfalles, die für einen Schwerpunkt in der Wohnraummiete sprechen, - in Abweichung vom Urteil des Landgerichts - durchweg für unergiebig gehalten und dabei den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen nicht vollständig ausgeschöpft.
44
(3) Bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalls liegt der Schwerpunkt des zwischen den Parteien bestehenden Mischmietverhältnisses auf der Wohnnutzung. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen , weil weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen.
45
(a) Für ein Überwiegen der Wohnraumnutzung sprechen vorliegend vor allem der Inhalt und Aufbau der getroffenen Vereinbarungen.
46
Die Parteien haben das auf eine Wohnraummiete zugeschnittene Mietvertragsformular Nr. 545 des R. -Verlags ("Vertrag für die Vermietung eines Hauses") und nicht die vom R. -Verlag ebenfalls angebotenen Formulare über die Anmietung von Gewerberäumen verwendet. Dies stellt zwar allein noch kein belastbares Indiz dafür dar, dass die Parteien die Wohnnutzung als vorherrschend angesehen haben. Denn die Verwendung dieses Formulars kann - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch deswegen erfolgt sein, weil der R. -Verlag für die Anmietung eines Hauses nur das Formular 545 an- bietet. Hinzu kommt jedoch - und dies ist letztlich maßgebend -, dass nahezu alle in der Mietvertragsurkunde getroffenen Regelungen mit Ausnahme der unter § 19 Ziffer 3 des Vertrags handschriftlich eingefügten Gestattung der Einrichtung einer Hypnosepraxis an typischerweise für Wohnraummietverhältnisse vereinbarten Bedingungen ausgerichtet sind.
47
Dies wird vor allem bei der Vertragslaufzeit deutlich. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine solche Laufzeit ist bei der Anmietung von Geschäftsräumen unüblich. Hier wird in aller Regel - wie dies auch handelsübliche Gewerberaummietvertragsformulare vorsehen - ein befristeter Mietvertrag mit Verlängerungsoption des Mieters abgeschlossen, um diesem einerseits Planungssicherheit (Ausschluss der ordentlichen Kündigung des Vermieters) zu gewähren und ihm andererseits die Möglichkeit zu eröffnen, im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten das Mietverhältnis in absehbarer Zeit auflösen zu können.
48
Für das Überwiegen der Wohnnutzung spricht weiter der Umstand, dass die freiberufliche Nutzung als Hypnosepraxis in dem umfangreichen Vertragsformular nicht - insbesondere nicht an exponierter Stelle - als vereinbarter Vertragszweck aufgeführt worden ist, sondern nur zum Schluss in einem einzigen Satz (§ 19 Abs. 3) erwähnt wird und auch dort nur die Rede davon ist, dass "den Mietern (…) die Einrichtung einer Hypnosepraxis in den Räumen des EG vorbehaltlich der erforderlichen behördlichen Genehmigung gestattet" wird. Diese Formulierung korrespondiert - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - mit § 7 des Mietvertrags, der eine von der Wohnnutzung abweichende Nutzung von der Einwilligung des Vermieters abhängig macht. Auch in der Anlage zum Mietvertrag, der eine voll beschriebene Seite umfasst, finden sich nur zwei Sätze zur Nutzung der Erdgeschossräume als Hypnosepraxis ("Die Mieter nutzen die Räume im Erdgeschoss des Hauses für ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis"; "Den Mietern wird eingeräumt, auf eigene Kosten […] ein Schild für ihre Praxis sowie eine Türsprechanlage anzubrin- gen"). Weitere gesonderte Regelungen zur Nutzung des Hauses zu freiberuflichen Zwecken (insbesondere zu der Praxiseinrichtung) sind in beiden Schriftstücken nicht enthalten.
49
Gegen einen auf der Geschäftsraummiete liegenden Schwerpunkt des Vertrags spricht auch, dass die Miete im Vertragsformular einheitlich festgesetzt worden ist; es ist weder ein Mietaufschlag für die zusätzliche Nutzung zu freiberuflichen Zwecken ausgewiesen noch ist eine Regelung über eine Umsatzsteuerpflicht aufgenommen worden. Weitere Indizien für ein Überwiegen der Wohnraummiete sind - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - die Regelungen zur Leistung einer Kaution von drei Monatsmieten, die an der zulässigen Höchstgrenze des § 551 BGB ausgerichtetist, und die Kleinreparaturregelung. Die Parteien haben auch insoweit keine Modifikationen oder Ergänzungen der auf die Wohnraummiete zugeschnittenen Regelungen vorgenommen.
50
(b) Das Verhältnis der auf die jeweiligen Nutzungszwecke entfallenden Flächenanteile spricht ebenfalls nicht für ein Überwiegen der freiberuflichen Nutzung. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die nach den im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen auf die beiden Nutzungsarten entfallenden Flächen gleich groß. Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber geltend macht, die Beklagten hätten im Verlauf des Mietverhältnisses auch mindestens zwei Räume im Obergeschoss oder sogar das gesamte Haus zum Betrieb der Hypnosepraxis genutzt, ist dies aus Rechtsgründen unerheblich. Denn für die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses, also für die Beurteilung, welcher Vertragszweck überwiegt, ist - sofern keine Vertragsänderung erfolgt ist - ausschließlich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Jede andere Sichtweise würde dazu führen, dass die rechtliche Bewertung eines Mietverhältnisses von dem tatsächlichen (gegebenenfalls vertragswidrigen) Nutzungsverhalten des Mieters und nicht von den getroffenen Vereinbarungen abhinge. Im Streitfall ist nicht davon auszugehen, dass die Parteien vom Inhalt des schriftlichen Mietvertrags abweichende Abreden zur Nutzung des Mietobjekts getroffen haben. Die Revisionserwiderung erwägt zwar eine von der Vertragsurkunde abweichende beiderseitige Übereinkunft beziehungsweise eine konkludente Vertragsänderung. Sie zeigt aber keinen übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen auf, aus dem ein Zustandekommen entsprechender Vereinbarungen abzuleiten wäre.
51
(c) Weiter sprechen gegen ein Übergewicht der freiberuflichen Nutzung das Verhalten der Kläger im Vorfeld des Vertragsschlusses ("Fragebogen zur Wohnungsbewerbung") und ihr auf Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gestütztes und mit einer Widerspruchsbelehrung versehenes erstes Kündigungsschreiben vom 29. Juli 2009. Zwar handelt es sich hierbei - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - um ambivalente Indizien. Sie bestätigen aber das aufgrund der übrigen Umstände des Streitfalls gewonnene Bild eines Mietverhältnisses , dessen Schwerpunkt auf der Wohnraummiete liegt.

III.

52
Nach alledem hätte sich das Berufungsgericht einer Entscheidung in der Sache enthalten müssen. Das angefochtene Urteil hat keinen Bestand; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Auf den erstmals in der Berufungsinstanz von den Klägern hilfsweise gestellten Antrag ist der Rechtsstreit gemäß § 281 Abs. 1 ZPO - unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen Urteils des Landgerichts - an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Wedding zu verweisen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1953 - II ZR 127/52, BGHZ 10, 155, 163; vom 23. Februar 1955 - VI ZR 28/54, BGHZ 16, 339, 345; BGH, Beschluss vom 15. Juni 1988 - I ARZ 331/88, NJW-RR 1988, 1405 unter [II]; jeweils mwN). Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2012 - 12 O 268/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 12.08.2013 - 8 U 3/13 -

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 376/13 Verkündet am:
9. Juli 2014
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnräume und Geschäftsräume ist zwingend
entweder als Wohnraummietverhältnis oder als Mietverhältnis über andere
Räume zu bewerten. Für die rechtliche Einordnung ist entscheidend, welche Nutzungsart
nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt (insoweit Bestätigung
von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877). Dabei ist
maßgebend auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei der Tatrichter
beim Fehlen ausdrücklicher Abreden auf Indizien zurückgreifen kann.

b) Der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur
Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch
die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, lässt keine tragfähigen Rückschlüsse
auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt
zu (insoweit Aufgabe von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR
60/85, NJW-RR 1986, 877).

c) Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen
Nutzung nicht feststellen, ist im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des Mieters von
der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen (insoweit Fortführung
von BGH, Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJW-RR 1986, 877).
BGH, Urteil vom 9. Juli 2014 - VIII ZR 376/13 - KG Berlin
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2014 durch die Vorsitzende RichterinDr. Milger, die Richterinnen
Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. August 2013 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird auf den im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag der Kläger - unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 30. November 2012 - an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Wedding verwiesen. Über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens wird das Amtsgericht Wedding zu entscheiden haben. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind Mieter eines mehrstöckigen Hauses der Kläger in Berlin mit einer Fläche von etwa 270 m2. Das Haus nutzen sie zu Wohnzwecken und - soweit die Räume im Erdgeschoss betroffen sind - zum Betrieb einer Hypnosepraxis. Der Mietvertrag wurde am 20. November 2006 unter Verwendung eines auf ein Wohnraummietverhältnis zugeschnittenen Vertragsformulars des R. -Verlags (Nr. 545) mit der Überschrift "Vertrag für die Vermietung eines Hauses" geschlossen. Dabei wurde bestimmt, dass das Mietverhältnis auf un- bestimmte Zeit läuft und die "Nettokaltmiete" 1.750 € beträgt. § 19 Ziffer 3 des Mietvertrags enthält die handschriftliche Vereinbarung, dass den Beklagten die Einrichtung einer Hypnosepraxis in den Räumen im Erdgeschoß - vorbehaltlich einer erforderlichen behördlichen Genehmigung - gestattet ist. In der maschinenschriftlichen Anlage zum Mietvertrag heißt es außerdem: "Die Mieter nutzen die Räume im Erdgeschoss des Hauses für ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis."
2
Mit Schreiben vom 29. Juli 2009 erklärten die Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses und führten zur Begründung an, das Haus künftig selbst nutzen zu wollen. Einige Jahre später erklärten die Kläger mit Anwaltsschreiben vom 20. Februar 2012 erneut - mit Wirkung zum 30. September 2012 - die Kündigung des Mietverhältnisses, wobei sie sich nicht mehr auf Eigenbedarf beriefen. Die Beklagten wiesen die Kündigung zurück.
3
Daraufhin haben die Kläger beim Landgericht Klage auf Räumung und Herausgabe des von den Beklagten genutzten Hauses erhoben. Sie machen geltend, bei dem Mietverhältnis handele es sich um ein Gewerberaummietverhältnis , weil die Beklagten ihren Lebensunterhalt vollständig durch den Betrieb der Hypnosepraxis verdienten. Die Beklagten gehen demgegenüber vom Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses aus.
4
Das Landgericht hat das Mietverhältnis als Wohnraummietverhältnis eingeordnet und die Klage wegen der danach gegebenen ausschließlichen sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG) als unzulässig abgewiesen. Hiergegen haben die Kläger Berufung eingelegt und hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Wedding beantragt. Auf die Berufung der Kläger hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts abgeändert. Es hat das Mietverhältnis als Gewerberaummietverhältnis bewertet und der Klage stattgegeben. Die Beklagten erstreben mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht (KG, GE 2013, 1203) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klage auf Räumung und Herausgabe sei zulässig, insbesondere sei die Klage beim zuständigen Gericht erhoben worden, weil die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23a Nr. 2a GVG nicht eröffnet gewesen sei. Den Klägern stehe auch der geltend gemachte Anspruch auf Räumung und Herausgabe gemäß § 546 Abs. 1, § 985 BGB zu. Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis sei aufgrund der mit Wirkung zum 30. September 2012 ausgesprochenen Kündigung vom 20. Februar 2012 - unter Wahrung der Frist des § 580a Abs. 2 BGB - ordnungsgemäß beendet worden. Bei dem Mietverhältnis handele es sich nicht um ein Wohnraum-, sondern ein Gewerberaummietverhältnis. Ein - hier gegebenes - Mischmietverhältnis unterliege, je nachdem welcher Vertragszweck nach dem Parteiwillen bei Vertragsabschluss überwiege, insgesamt entweder dem Wohnraummietrecht oder dem Gewerberaummietrecht. Danach sei das Mietverhältnis zwischen den Parteien nach Gewerberaummietrecht zu beurteilen.
8
Die vertraglichen Erklärungen der Parteien gäben keine entscheidenden Aufschlüsse darüber, ob die gewerbliche oder die Wohnraumnutzung im Vor- dergrund stehen solle. Offenkundig seien die Parteien davon ausgegangen, dass die Beklagten sowohl in dem Haus wohnten, als auch - im Erdgeschoss - eine Hypnosepraxis betrieben. Dies sei zum einen der Erklärung in der Einleitung des Mietvertrags: "Die einziehende Familie besteht aus 2 Personen" und zum anderen den Regelungen über die Einrichtung und den Betrieb einer Hypnosepraxis in Ziffer 19 Abs. 3 des Mietvertrags und in der Anlage zum Mietvertrag zu entnehmen.
9
Dass die Parteien das Formular Nr. 545 des R. -Verlages mit der Überschrift "Vertrag für die Vermietung eines Hauses" gewählt hätten, spreche nicht für ein Überwiegen der Wohnnutzung, sondern sei wenig ergiebig. Zwar könne die Verwendung eines für die Miete von Wohnräumen gedachten Formulars ein Indiz für ein Wohnraummietverhältnis darstellen. Dass das vorliegend benutzte Vertragsformular auf eine Wohnraummiete zugeschnitten sei, ergebe sich aber erst aus näherer rechtskundiger Analyse, etwa aus der Wiedergabe der Fristen des § 573c Abs. 1 BGB als gesetzliche Kündigungsfristen. Die Parteien hätten gerade nicht angekreuzt, dass das Haus "zur Benutzung als Wohnung" habe vermietet werden sollen. Es liege nahe, dass das Formular deswegen ausgewählt worden sei, weil sich die Mietvertragsformulare des R. -Verlags für Gewerberaum nicht auf ein komplettes Haus bezögen.
10
Für das Vorliegen eines insgesamt dem Wohnraummietrecht zu unterstellenden Mietverhältnis spreche - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - auch nicht der Umstand, dass die Parteien - wie in § 551 Abs. 1 BGB als Höchstgrenze für Wohnraummietverhältnisse vorgesehen - eine Kaution in dreifacher Höhe der Nettokaltmiete vereinbart hätten. Denn Kautionen in dieser Höhe würden verbreitet auch in Gewerberaummietverhältnissen vereinbart. Dass die Mieter nach § 13 Ziffer 1 des Mietvertrags die Kosten für Kleinreparaturen und für die Behebung von Bagatellschäden nur mit einer Begrenzung auf 5 % der Jahresnettokaltmiete und auf 75 € im Einzelfall zu tragen hätten, liefere ebenfalls kein Indiz für das Bestehen eines Wohnraummietverhältnisses. Auch für Gewerberaummietverträge werde im Schrifttum verschiedentlich gefordert, dass Kleinreparaturenklauseln eine Höchstbelastung des Mieters auswiesen.
11
Das auf Eigenbedarf gestützte Kündigungsschreiben der Kläger vom 29. Juli 2009 mit Belehrung über ein Widerspruchsrecht der Beklagten lasse entgegen der Auffassung des Landgerichts ebenfalls nicht den Schluss zu, die Parteien hätten bei Abschluss des Mietvertrags die Wohnnutzung als vornehmlichen Vertragszweck angesehen. Ein späteres Verhalten könne zwar im Einzelfall ein Indiz für die Auslegung eines Vertrags bilden. Den Klägern als juristischen Laien habe aber nicht bekannt sein müssen, dass Eigenbedarf und Widerspruchsberechtigung in einem Gewerberaummietverhältnis keine Rolle spielten. Erst recht könne ihnen nicht Kenntnis davon unterstellt werden, dass in einem Mischmietverhältnis, in dem die gewerbliche Nutzung im Vordergrund stehe, Wohnraummietrecht nicht einmal teilweise gelte.
12
Ausschlaggebend für die Einstufung als Gewerbemietverhältnis sei vorliegend der vertraglich vereinbarte Zweck, dass die Beklagten durch das Betreiben der Hypnosepraxis in einem Teil der Mieträume ihren Lebensunterhalt bestritten. Es gelte gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig, dass die Anmietung des Hauses darauf abgezielt habe, die Beklagten in die Lage zu versetzen, durch die "freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis" ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Hiervon sei auch deswegen auszugehen, weil die Beklagten im Vorfeld des Vertragsschlusses in dem "Fragebogen zur Wohnungsbewerbung" als ausgeübten Beruf ausschließlich "Hypnosetherapeut(in)" angegeben hätten.
13
Der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, MDR 1986, 842) entschieden, im Rahmen der Prüfung, ob nach dem Vertragszweck überwiegend eine Wohnraummiete oder eine andere Nutzungsart anzunehmen sei, seien alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Dabei seien auch die auf die verschiedenen Nutzungsarten entfallenden Flächen und deren Mietwerte zu berücksichtigen, soweit sich nicht bereits aus anderen Gründen ein Übergewicht eines bestimmten Gebrauchszwecks ergebe. Werde einem Rechtsanwalt ein Einfamilienhaus zur Nutzung als Kanzlei und als Wohnung überlassen, sei im Allgemeinen anzunehmen, dass die Vermietung in erster Linie zu gewerblichen Zwecken vorgenommen werde. Dies gelte selbst für den Fall, dass die für den Betrieb der Kanzlei zur Verfügung stehende Fläche des Hauses geringer sei als die für Wohnzwecke vorgesehene. Denn die Kanzlei sei für den Rechtsanwalt die Stätte, ohne die er im Allgemeinen seine Berufstätigkeit nicht ausüben und die Geldmittel erwerben könne, die er benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zu denen auch die Miete für die Wohnung gehöre. Der Vermieter könne im Allgemeinen eine höhere Miete für sein Haus verlangen, wenn er es nicht ausschließlich zu Wohnzwecken, sondern zugleich auch zum Betrieb der Anwaltskanzlei des Mieters vermiete.
14
An dieser Rechtsprechung, der sich nicht nur der erkennende Berufungssenat , sondern auch ein weiterer Senat des Kammergerichts und andere Oberlandesgerichte angeschlossen hätten, sei trotz vereinzelter Kritik festzuhalten. Dass das Besitzrecht des Mieters Grundrechtsschutz genieße, ändere nichts daran, dass bei einem Mischmietverhältnis die gewerbliche Nutzung aus Sicht der Vertragsparteien - gerade auch im Hinblick auf die typischerweise höheren Gewerberaummieten - regelmäßig im Vordergrund stehe, wenn der Mieter damit seinen Lebensunterhalt bestreite. Soweit gleichwohl die Wohnnutzung Vorrang genießen solle, bleibe es den Vertragspartnern unbenommen, dies zum Ausdruck zu bringen.
15
Gemessen an den beschriebenen Grundsätzen sei vorliegend von einem Gewerberaummietverhältnis auszugehen. Da das als Praxisräume zu nutzende Erdgeschoss ebenso groß sei wie das Obergeschoss, trete die gewerblich zu nutzende Fläche im Streitfall nicht völlig hinter der für Wohnzwecke vorgesehenen Fläche zurück.

II.

16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag rechtsfehlerhaft nicht dem Wohnraummietrecht, sondern dem Gewerberaummietrecht unterstellt und daher zu Unrecht die - entgegen § 23 Nr. 2a GVG nicht beim Amtsgericht erhobene - Klage als zulässig erachtet.
17
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass zwischen den Parteien ein sogenanntes Mischmietverhältnis begründet worden ist. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen, von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten durch einen einheitlichen Vertrag auf unbestimmte Zeit ein Haus angemietet, dessen Räume entsprechend den getroffenen Vereinbarungen teilweise zu Wohnzwecken und teilweise (Erdgeschossräume) zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit (Hypnosepraxis) genutzt werden und für dessen Nutzung eine einheitliche Miete zu zahlen ist.
18
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass das Mischmietverhältnis in rechtlicher Hinsicht einheitlich zu beurteilen und zwingend entweder als "Wohnraummietverhältnis" oder als "Mietverhältnis über sonstige Räume" einzustufen ist, weil gesetzliche Sondervorschriften für Mischmietverhältnisse fehlen und für Mietverträge über Wohnräume teilweise andere gesetzliche Regeln gelten als für die Anmietung von Geschäftsräumen oder von sonstigen Räumen. Dies gilt nicht nur für die materielle Rechtslage (vgl. § 549 BGB einerseits und § 578 Abs. 2 BGB andererseits), sondern auch für das Prozessrecht , denn die sachliche Zuständigkeit der Gerichte hängt davon ab, ob es sich um einen Rechtsstreit aus einem Wohnraummietverhältnis handelt oder nicht (vgl. § 23 Nr. 2a GVG einerseits und § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG andererseits

).

19
a) Gemäß § 23 Nr. 2a GVG ist das Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes für alle Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis oder über das Bestehen eines solchen Anspruchs ausschließlich sachlich zuständig. Bei Streitigkeiten, denen andere Mietverhältnisse zugrunde liegen, ist dagegen - je nach Höhe des Streitwerts - entweder das Amtsgericht oder das Landgericht sachlich zuständig (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG).
20
b) Der Begriff des Wohnraummietverhältnisses in § 23 Nr. 2a GVG knüpft an die Vorgängerregelung des § 29a Abs. 1 ZPO in der bis zum 1. März 1993 geltenden Fassung an (vgl. BT-Drucks. 12/3832, S. 43). Diese Vorschrift, die bei Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen eine ausschließliche sachliche und örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründete, entsprang dem Schutzgedanken des sozialen Mietrechts, das Verfahren möglichst am Wohnort des Mieters zu führen, durch einen zweistufigen Prozess eine kürzere Verfahrensdauer zu bewirken sowie eine größere Sach- und Ortsnähe des zuständigen Gerichts herzustellen (BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 6/83, BGHZ 89, 275, 281 f.; vom 16. Dezember 2003 - X ARZ 270/03, BGHZ 157, 220, 222). Durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) wurde die bislang in § 29a ZPO aF geregelte ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts bei Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen aus systematischen Gründen in § 23 Nr. 2a GVG verankert (BT-Drucks. 12/3832, S. 43), während die weiterhin von § 29a ZPO erfasste ausschließliche örtliche Zuständigkeit auch auf andere Mietverhältnisse und auf Pachtverhältnisse ausgedehnt wurde. Dem lag die Zielsetzung zugrunde , bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit Abgrenzungsschwierigkeiten bei Mischmietverhältnissen sowie zwischen Miet- und Pachtverhältnissen zu vermeiden (BT-Drucks. 12/1217, S. 22). Die im Gesetzesentwurf des Bundesrats aus denselben Gründen vorgeschlagene Ausweitung der sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts (BT-Drucks. 12/1217, S. 22, 45 f.) fand im Rechtsausschuss dagegen keine Zustimmung (BT-Drucks. 12/3832, S. 38, 42 f.), so dass sich die beschriebenen Abgrenzungsfragen im Bereich der sachlichen Zuständigkeit weiterhin stellen.
21
c) Der Begriff des Wohnraums in § 29a ZPO in der bis zum 1. März 1993 geltenden Fassung entspricht dem des Wohnraums im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79, NJW 1981, 1377 unter 2 a; vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 6/83, BGHZ 89 aaO S. 280; OLG Hamm, ZMR 1986, 11). Danach ist für die Einordnung als Wohnraummietverhältnis nicht die Eignung der Räume zur Wohnnutzung , sondern der vereinbarte Nutzungszweck entscheidend (Senatsurteile vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, WM 1979, 148 unter 2 a; vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 323/79, aaO unter 2 b cc; vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 36/84, BGHZ 94, 11, 14 f.; vom 21. April 1997 - VIII ZR 212/96, BGHZ 135, 269, 272; vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 282/07, NJW 2008, 3361 Rn. 11; OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; jeweils mwN).
22
An der Maßgeblichkeit der für das materielle Recht zurUnterscheidung von Wohnraum- und Gewerberaummietverhältnissen entwickelten Grundsätze für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit hat sich durch die Verlagerung der bisher in § 29a ZPO aF enthaltenen Regelung über die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen in die neu geschaffene Vorschrift des § 23 Nr. 2a GVG nichts geändert. Denn die Einfügung dieser Zuständigkeitsregelung in das Gerichtsverfassungsgesetz beruhte, wie bereits ausgeführt, allein auf systematischen Gründen; eine inhaltliche Änderung war - von redaktionellen Angleichungen und dem Wegfall der in § 29a Abs. 2 ZPO aF genannten (besondere Wohnmietverhältnisse betreffenden) Ausnahmefälle abgesehen - nicht gewollt (vgl. BTDrucks. 12/1217, S. 45; 12/3832, S. 43). Danach ist die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG) stets dann eröffnet, wenn eine Streitigkeit aus einem Mietverhältnis über Wohnraum, also über Räumlichkeiten vorliegt, die nach dem Mietvertrag zum Wohnen bestimmt sind.
23
Dabei ist es in den Fällen, in denen die Frage, ob ein Wohnraum- oder ein Mietverhältnis über andere Räume vorliegt, nicht nur für die sachliche Zuständigkeit , sondern auch für die Begründetheit einer Klage bedeutsam ist (sogenannte doppelrelevante Tatsache), für die Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit - anders als für die Begründetheit der Klage - unerheblich, ob die für die Einordnung des Mietverhältnisses maßgebenden Tatsachen unstreitig oder bewiesen sind. Entscheidend ist allein, ob sich die sachliche Zuständigkeit des Gerichts aus den zur Begründung des Anspruchs vom Kläger vorgebrachten Tatsachen ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237, 240 f.; OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 2006, 206; jeweils mwN).
24
d) Die aufgezeigten Maßstäbe zur Abgrenzung von Wohnraum- und Geschäftsraummiete gelten für die im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung nach § 23 Nr. 2a GVG (und früher nach § 29a ZPO aF) vorzunehmende Einordnung eines Mischmietverhältnisses entsprechend. Auch hier ist auf die für das materielle Recht entwickelten Grundsätze abzustellen (so auch OLG München, ZMR 2010, 962; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. Januar 2013 - 2/32 O 176/12, juris Rn. 29; LG Berlin, MM 2002, 383 [jeweils zu § 23 Nr. 2a GVG]; OLG Hamm, aaO; OLG Karlsruhe, MDR 1988, 414 mwN [jeweils zu § 29a ZPO aF]). Danach ist das jeweils in Frage stehende Mischmietverhältnis zwingend entweder als Wohnraummietverhältnis (§ 549 BGB) oder als Mietverhältnis über andere Räume (§ 578 Abs. 2 BGB), also Geschäftsräume, zu bewerten. Denn eine Aufspaltung eines Mischmietverhältnisses in seine verschiedenen Bestandteile unter gesonderter rechtlicher Bewertung der unterschiedlichen Nutzungszwecke liefe der bei einem Mischmietverhältnis von den Parteien gewollten rechtlichen Einheit des Vertrags zuwider (OLG Schleswig, NJW 1983, 49, 51; OLG Stuttgart, aaO; OLG Hamm, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Oktober 1978 - VII ZR 288/77, BGHZ 72, 229, 232 [zum Verkauf eines Grundstücksanteils und der Erstellung einer Eigentumswohnung]).
25
Auf die nach materiellem Recht (§§ 549, 578 Abs. 2 BGB) erforderliche Zuordnung eines Mischmietverhältnisses zu den Kategorien Wohnraum- oder Geschäftsraummiete kann für die Zuständigkeitsbestimmung nicht - wie ein Teil der Instanzgerichte meint (AG Fürth (Bayern), WuM 2001, 599, 601 [zu § 23 Nr. 2a GVG]; vgl. auch LG Köln, WuM 1988, 313, 314 f. und NJW-RR 1989, 403 ff.; LG Flensburg, MDR 1981, 57 f; jeweils mwN [zu § 29a ZPO aF]) - mit der Erwägung verzichtet werden, die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte sei bei Mischmietverhältnissen schon deswegen eröffnet, weil sie eine Nutzung zu Wohnzwecken miteinschlössen. Denn eine solche allumfassende sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte bei Mischmietverhältnissen ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. In der Begründung zum Entwurf eines Rechtspflegeentlastungsgesetzes wird betont, dass nach der bis dahin geltenden Fassung des § 29a ZPO aF zur Bestimmung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit bei Mischmietverhältnissen eine Abgrenzung zwischen Wohnraum - und Gewerberaummietverhältnissen zu erfolgen hatte (BT-Drucks.
12/1217, S. 22). Den damit verbundenen "Abgrenzungsschwierigkeiten bei Mischmietverhältnissen (Geschäfts- und Wohnraum)" wollte der Gesetzesentwurf durch die Begründung einer umfassenden Zuständigkeit des Amtsgerichts sowohl für Wohnraum- als auch für Geschäftsraummietsachen begegnen (BTDrucks. aaO). Verwirklicht wurde diese Zielsetzung im Hinblick auf die vom Rechtsausschuss geäußerten Bedenken gegen eine weit gefasste sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte (BT-Drucks. 12/3238, S. 38, 42 f.) jedoch nur bei der örtlichen Zuständigkeit (§ 29a Abs. 1 ZPO), so dass bei Mischmietverhältnissen die sachliche Zuständigkeit nach wie vor von einer Einordnung in die Kategorien Wohnraummiete oder Gewerberaummiete abhängt.
26
e) Für die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses als Wohnraum - oder Gewerberaummietverhältnis ist - wie auch bei sonstigen Mischverträgen (vgl. BGH, Urteile vom 12. Oktober 1978 - VII ZR 288/77, aaO mwN; vom 12. Juli 1979 - VII ZR 159/78, NJW 1979, 2193 unter 2 a; OLG Hamm, aaO) - entscheidend, welche Nutzungsart überwiegt (Senatsurteile vom 30. März 1977 - VIII ZR 153/75, NJW 1977, 1394 unter II 2; vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, aaO unter 2 b; vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, NJWRR 1986, 877 unter 3 c cc; OLG Schleswig, aaO S. 49 f.; OLG Hamm, aaO; OLG Stuttgart, aaO; MDR 2008, 1091; OLG Celle, MDR 1986, 324; OLG Karlsruhe , aaO; WuM 2012, 666, 668; OLG Hamburg, NJW-RR 1997, 458; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; MDR 2012, 20, 21; OLG München, aaO; OLG Saarbrücken , MDR 2012, 1335, 1336; KG, GE 2001, 1466; ZMR 2010, 956; jeweils mwN; aA AG Fürth (Bayern), aaO; Rinke, ZMR 2003, 13 ff.). Diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht beachtet und hat daher zu Recht darauf abgestellt, dass die sachliche Zuständigkeit und die Begründetheit der Räumungs- und Herausgabeklage davon abhängen, ob nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag die Wohnnutzung oder die Nutzung zu freiberuflichen Zwecken (Hypnosepraxis) den Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses bildet.
27
3. Nicht frei von Rechtsfehlern sind dagegen die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Streitfall ein Überwiegen der Wohnnutzung verneint und stattdessen angenommen hat, die Nutzung zu freiberuflichen Zwecken stelle den vorherrschenden Vertragszweck dar.
28
a) Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass bei der Frage, welche Nutzungsart im Vordergrund steht - wie auch sonst bei Abgrenzung von Geschäfts- und Wohnraummiete (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1978 - VIII ZR 14/78, aaO; vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 36/84, aaO; OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; jeweils mwN) - auf den Vertragszweck abzustellen ist (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Überwiegt danach die Nutzung als Wohnraum, ist Wohnraummietrecht anzuwenden. Steht die Vermietung zu Zwecken im Vordergrund, die keinen Wohnraumcharakter haben, ist allgemeines Mietrecht maßgebend (Senatsurteil vom 16. April - VIII ZR 60/85, aaO).
29
b) Bei der Prüfung, ob nach dem Zweck des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrags überwiegend von einer Wohnraummiete oder von einer Nutzung zu freiberuflichen Zwecken (Hypnosepraxis) auszugehen ist, sind dem Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler unterlaufen.
30
aa) Welcher Vertragszweck bei Mischmietverhältnissen im Vordergrund steht, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln. Entscheidend ist der wahre, das Rechtsverhältnis prägende Vertragszweck (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO; OLG Düsseldorf , MDR 2012, 20, 21), also die gemeinsamen und übereinstimmenden Vorstellungen der Vertragsparteien darüber, wie das Mietobjekt genutzt werden soll und welche Art der Nutzung im Vordergrund steht (OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; KG, ZMR 2010, 956; OLG Saarbrücken, aaO; OLG Karlsruhe, WuM 2012, 666, 668). Ein hiervon abweichender, im Vertrag nur vorgetäuschter Vertragszweck ist unbeachtlich (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO).
31
bb) Bei der Ermittlung des nach dem wirklichen Willen der Parteien vorherrschenden Vertragszwecks sind alle (auslegungsrelevanten) Umstände des Einzelfalls zu würdigen (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Für die Feststellung des nach den vertraglichen Absprachen gewollten Nutzungsschwerpunkts wird der Tatrichter mangels ausdrücklicher Abreden häufig auf Indizien zurückgreifen müssen.
32
(1) Dabei lassen sich keine festen Regeln aufstellen. Insbesondere lässt der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt zu.
33
(a) Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, aaO) ausgeführt, wenn ein Einfamilienhaus einem Rechtsanwalt zur Nutzung als Kanzlei und zugleich als Wohnung überlassen werde, sei im Allgemeinen anzunehmen, dass die Vermietung in erster Linie zu gewerblichen Zwecken vorgenommen werde. Dies gelte selbst für den Fall, dass die für den Betrieb der Kanzlei zur Verfügung stehende Fläche des Hauses geringer sei als die für Wohnzwecke gedachte. Denn die Kanzlei sei für den Rechtsanwalt die Stätte, ohne die er im Allgemeinen seine Berufstätigkeit nicht ausüben und die Geldmittel erwerben könne, die er benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten , zu denen auch die Miete für die Wohnung gehöre. Der Vermieter könne im Allgemeinen eine höhere Miete für sein Haus verlangen, wenn er es nicht ausschließlich zu Wohnzwecken, sondern zugleich auch zum Betrieb der Anwaltskanzlei des Mieters vermiete. Die Größe der vermieteten Flächen spiele nur eine untergeordnete Rolle, es sei denn, die Fläche, die zur Benutzung als Wohnung zur Verfügung stehe, überwiege die Fläche, die zur Nutzung als Kanzlei in Betracht komme, derart, das der für die Kanzlei zur Verfügung stehenden nur eine geringe Bedeutung zukomme.
34
(b) An diesem Abgrenzungskriterium, das der Senat zur Beurteilung der Anwendbarkeit des Miethöheregelungsgesetzes (MHRG) entwickelt hat (Urteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO), hält der Senat nicht fest. Das Bestreiten des Lebensunterhalts als vorrangiges Kriterium für das Vorliegen eines gewerblichen Nutzungsschwerpunkts ist im Hinblick auf die weitgefasste Formulierung im Senatsurteil vom 16. April 1986 ("im Allgemeinen") von den Instanzgerichten und vom Schrifttum als verallgemeinerungsfähiger Grundsatz aufgefasst worden (vgl. KG, GE 1995, 1205 f.; OLG Köln, ZMR 2001, 963, 965; OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; OLG Saarbrücken, aaO; LG Frankfurt am Main, aaO Rn. 30 f.; LG Hamburg, WuM 1993, 36; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2011, Vorbem. zu § 535 Rn. 28; MünchKommBGB/Bieber, 6. Aufl., § 549 Rn. 6; Erman/Lützenkirchen, BGB, 13. Aufl., Vor § 535 Rn. 15; SchmidtFutterer /Börstinghaus, Mietrecht, 11. Aufl., Vor §§ 557 - 557b BGB Rn. 25; BeckOK-BGB/Ehlert, Stand: 1. Mai 2014, § 549 Rn. 10 mwN). Dieser Gesichtspunkt stellt jedoch kein sachgerechtes Unterscheidungskriterium dar (LG Köln, WuM 1988, 313, 314 f.; LG Berlin, WuM 1988, 22; AG Fürth (Bayern), aaO; Bühler, ZMR 2010, 897, 908 ff.; MünchKommBGB/Häublein, aaO, § 573 Rn. 22 mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, Vor § 535 BGB Rn. 109 mwN).
35
(c) Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass bei einem Mischmietverhältnis die Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang vor der Wohnnutzung hat, besteht nicht (vgl. LG Köln, aaO; LG Berlin, aaO; AG Fürth (Bayern), aaO; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. VI 13; Bühler, aaO; MünchKommBGB/Häublein, aaO). Dass das Wohnen als wesentlicher Aspekt des täglichen Lebens generell hinter der Erwerbstätigkeit des Mieters zurücktreten soll, lässt sich weder mit der Bedeutung der Wohnung als Ort der Verwirklichung privater Lebensvorstellungen noch mit dem Stellenwert, dem das Wohnen in der heutigen Gesellschaft zukommt, in Einklang bringen.
36
Die Nutzung zu Wohnzwecken dient dazu, dem Mieter die Verwirklichung seiner privaten Lebensvorstellungen zu ermöglichen. Die Wohnung ist für jedermann regelmäßig der Mittelpunkt der privaten Existenz (BVerfG, NJW 1993, 2035). Der einzelne ist auf ihren Gebrauch zur Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse sowie zur Sicherung seiner Freiheit und zur Entfaltung seiner Persönlichkeit angewiesen (BVerfG, aaO). Im Falle der Anmietung von Wohnraum erfüllt das Besitzrecht des Mieters Funktionen, wie sie typischerweise dem Sacheigentum zukommen, und stellt daher eine privatrechtliche Position dar, die den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießt (BVerfG, aaO S. 2035 f.; vgl. auch BVerfG, WuM 2011, 355, 356 f.). Die Wohnung bildet letztlich die Stätte, die der Mieter im Allgemeinen benötigt, um die Kraft und Energie für die Ausübung seiner Berufstätigkeit gewinnen zu können (Bühler, aaO S. 909 mwN). Es lässt sich damit nicht sagen, dass die gewerbliche/freiberufliche Nutzung bei Mischmietverhältnissen generell überwiegt. Umgekehrt lässt sich auch kein Erfahrungssatz aufstellen, dass die Wohnungsnutzung im Allgemeinen Vorrang vor der Nutzung zu gewerblichen/freiberuflichen Zwecken hat (Bühler, aaO S. 910 f.).
37
(2) Für die Ermittlung des nach dem Willen der Parteien vorherrschenden Vertragszwecks ist beim Fehlen ausdrücklicher Regelungen auf objektive (äußerliche ) Umstände zurückzugreifen, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Parteiwillen bilden. Als Indiz kommt etwa - je nach Fallgestaltung - die Ver- wendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten (Geschäftsraum- oder Wohnraummiete) zugeschnittenen Vertragsformulars in Betracht (OLG Hamburg , ZMR 1995, 120, 121; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; OLG Stuttgart, MDR 2008, 1091; OLG Celle, ZMR 1999, 469, 470; LG Berlin, aaO; Erman /Lützenkirchen, aaO; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Sternel, aaO Rn. VI 12). Dabei können nicht nur der Inhalt der darin enthaltenen Regelungen (KG, ZMR 2010, 956, 957; OLG München, OLGR München 2003, 82; ZMR 2007, 119, 120; OLG Celle, aaO; LG Hamburg, WuM 1988, 406; LG Berlin, aaO) oder - unter Umständen - die Bezeichnung des Mietverhältnisses in der Überschrift Bedeutung gewinnen (vgl. KG, aaO; OLG München, ZMR 1995, 295, 296; OLG Düsseldorf, NZM 2002, 739, 740; OLG Karlsruhe, WuM 2012, 666, 668 und OLG Köln, Urteil vom 21. Juni 2005 - 22 U 8/05, juris Rn. 9 einerseits und OLG Stuttgart, aaO; OLG München, ZMR 2010, 962 andererseits), sondern auch der Aufbau der vertraglichen Regelungen (Wohnraumnutzung oder Gewerberaumnutzung als Zusatz oder Anhang zu den übrigen Vertragsregelungen [vgl. OLG Köln, ZMR 2001, 963; OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 U 451/11, juris Rn. 23, insoweit in MDR 2012, 1335 nicht abgedruckt; MünchKommBGB /Häublein, aaO]).
38
Indizwirkung kann auch dem Verhältnis der für eine gewerbliche /freiberufliche Nutzung vorgesehenen Flächen und der für Wohnzwecke bestimmten Flächen zukommen (Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO; OLG Karlsruhe, MDR 2012, 1401; KG aaO; OLG Düsseldorf, GE 2006, 647 mwN; OLG Schleswig, aaO; OLG Hamm, aaO; LG Berlin, MM 2002, 383; LG München, Urteil vom 14. November 2006 - 3 O 7669/06, juris Rn. 20; MünchKommBGB/Häublein, aaO; Staudinger/Emmerich, aaO Rn. 27 mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO). Entsprechendes gilt - falls die Miete für die verschiedenen Nutzungen gesondert ausgewiesen ist - für die Verteilung der Gesamtmiete auf die einzelnen Nutzungsanteile (vgl. OLG Düsseldorf, GE 2006, 647; OLG Hamm, aaO; LG Berlin, WuM 1988, 22; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., Einf. v. § 535 Rn. 101 f.; MünchKommBGB/Häublein, aaO; Staudinger/Emmerich, aaO mwN; Schmidt-Futterer/Blank, aaO), wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass für Gewerberäume regelmäßig eine höhere Miete entrichtet wird (LG Köln, MDR 1988, 1061; MünchKommBGB/Häublein, aaO). Auch die baulichen Gegebenheiten (Zuschnitt, Einrichtung etc.) können gegebenenfalls Rückschlüsse auf einen von den Parteien gewollten Vorrang einer Nutzungsart zulassen (OLG Saarbrücken, aaO Rn. 24; OLG Hamm, aaO S. 12; LG München, aaO; Bühler, aaO S. 916). Ein Indiz für das Überwiegen eines Nutzungsanteils kann sich auch aus Umständen im Vorfeld des Vertragsschlusses (OLG München, ZMR 1995, 295, 296) oder aus einem nachträglichen Verhalten der Parteien - soweit dieses Rückschlüsse auf den übereinstimmenden Willen bei Vertragsschluss zulässt - ergeben (OLG Karlsruhe, aaO). Die aufgeführten Indizien sind nicht abschließend. Es obliegt dem Tatrichter, auf der Grundlage der Einzelfallumstände zu beurteilen, ob Indizien vorliegen, die einen tragfähigen Rückschluss auf den übereinstimmenden Parteiwillen über den Nutzungsschwerpunkt zulassen, und diese zu gewichten.
39
(3) Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen (also auch bei einer Gleichwertigkeit beider Nutzungen), ist von der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen (OLG Stuttgart, NJW 1986, 322, 323; LGFrankfurt am Main, aaO Rn. 51; LG Berlin, MM 1990, 347; LG Hamburg, aaO; MünchKommBGB /Häublein, aaO; MünchKommBGB/Bieber, aaO; Staudinger/ Emmerich, aaO Rn. 29; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, 3. Aufl., § 535 Rn. 122a; Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Sternel, aaO; Bühler, aaO S. 918; offengelassen im Senatsurteil vom 16. April 1986 - VIII ZR 60/85, aaO). Denn ansonsten würden die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden Sonderregelungen , insbesondere die eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters (§§ 573, 543, 569 BGB) und die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 23 Nr. 2a GVG), unterlaufen.
40
cc) Das Berufungsgericht hat das zwischen den Parteien begründete Mischmietverhältnis in Anlehnung an das Senatsurteil vom 16. April 1986 (VIII ZR 60/85, aaO) deswegen dem Gewerberaummietrecht unterstellt, weil die Beklagten mit dem Betrieb einer freiberuflichen Hypnosepraxis in den Erdgeschossräumen des angemieteten Hauses ihren Lebensunterhalt bestritten, und hat die weiteren Umstände des Streitfalls für die Auslegung als unergiebig erachtet. Diese Beurteilung ist, wie die Revision zu Recht rügt, rechtsfehlerhaft.
41
(1) Bei der im Streitfall erfolgten Übereinkunft der Parteien über die vertraglichen Nutzungszwecke und ihres Schwerpunkts handelt es sich - was der Senat selbst beurteilen kann, weil weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen - um eine Individualvereinbarung. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien den Vertrag unter Verwendung eines Vertragsformulars geschlossen haben. Denn die Berechtigung der Beklagten, das Haus nicht nur zu Wohnzwecken , sondern auch zum Betrieb einer Hypnosepraxis zu nutzen, wurde als gesonderte Abrede individuell vereinbart (§ 19 Abs. 3 des Mietvertrags sowie Anlage zum Mietvertrag).
42
Die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung kann vom Revisionsgericht zwar nur daraufhin überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt ist, gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 21. April 1997 - VIII ZR 212/96, BGHZ 135, 269, 273; vom 26. Oktober 2009 - II ZR 222/08, WM 2009, 2321 Rn. 18; vom 5. Juni 2013 - VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417 Rn. 16). Einer an diesem Maßstab ausgerichteten Prüfung hält die Auslegung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.
43
(2) Das Berufungsgericht hat den Schwerpunkt der Nutzung vorliegend in der Geschäftsraummiete gesehen, weil die Beklagten mit dem ihnen bei Vertragsschluss gestatteten Betrieb einer Hypnosepraxis in den Erdgeschossräumen des angemieteten Hauses ihren Lebensunterhalt verdienten. Es hat damit - wie oben (unter II 3 b bb (1)) ausgeführt - ein Kriterium zugrunde gelegt, das für die Ermittlung des überwiegenden Vertragszwecks nicht sachgerecht ist. Außerdem hat es die Aspekte des Streitfalles, die für einen Schwerpunkt in der Wohnraummiete sprechen, - in Abweichung vom Urteil des Landgerichts - durchweg für unergiebig gehalten und dabei den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen nicht vollständig ausgeschöpft.
44
(3) Bei der gebotenen Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalls liegt der Schwerpunkt des zwischen den Parteien bestehenden Mischmietverhältnisses auf der Wohnnutzung. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen , weil weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen.
45
(a) Für ein Überwiegen der Wohnraumnutzung sprechen vorliegend vor allem der Inhalt und Aufbau der getroffenen Vereinbarungen.
46
Die Parteien haben das auf eine Wohnraummiete zugeschnittene Mietvertragsformular Nr. 545 des R. -Verlags ("Vertrag für die Vermietung eines Hauses") und nicht die vom R. -Verlag ebenfalls angebotenen Formulare über die Anmietung von Gewerberäumen verwendet. Dies stellt zwar allein noch kein belastbares Indiz dafür dar, dass die Parteien die Wohnnutzung als vorherrschend angesehen haben. Denn die Verwendung dieses Formulars kann - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch deswegen erfolgt sein, weil der R. -Verlag für die Anmietung eines Hauses nur das Formular 545 an- bietet. Hinzu kommt jedoch - und dies ist letztlich maßgebend -, dass nahezu alle in der Mietvertragsurkunde getroffenen Regelungen mit Ausnahme der unter § 19 Ziffer 3 des Vertrags handschriftlich eingefügten Gestattung der Einrichtung einer Hypnosepraxis an typischerweise für Wohnraummietverhältnisse vereinbarten Bedingungen ausgerichtet sind.
47
Dies wird vor allem bei der Vertragslaufzeit deutlich. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine solche Laufzeit ist bei der Anmietung von Geschäftsräumen unüblich. Hier wird in aller Regel - wie dies auch handelsübliche Gewerberaummietvertragsformulare vorsehen - ein befristeter Mietvertrag mit Verlängerungsoption des Mieters abgeschlossen, um diesem einerseits Planungssicherheit (Ausschluss der ordentlichen Kündigung des Vermieters) zu gewähren und ihm andererseits die Möglichkeit zu eröffnen, im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten das Mietverhältnis in absehbarer Zeit auflösen zu können.
48
Für das Überwiegen der Wohnnutzung spricht weiter der Umstand, dass die freiberufliche Nutzung als Hypnosepraxis in dem umfangreichen Vertragsformular nicht - insbesondere nicht an exponierter Stelle - als vereinbarter Vertragszweck aufgeführt worden ist, sondern nur zum Schluss in einem einzigen Satz (§ 19 Abs. 3) erwähnt wird und auch dort nur die Rede davon ist, dass "den Mietern (…) die Einrichtung einer Hypnosepraxis in den Räumen des EG vorbehaltlich der erforderlichen behördlichen Genehmigung gestattet" wird. Diese Formulierung korrespondiert - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - mit § 7 des Mietvertrags, der eine von der Wohnnutzung abweichende Nutzung von der Einwilligung des Vermieters abhängig macht. Auch in der Anlage zum Mietvertrag, der eine voll beschriebene Seite umfasst, finden sich nur zwei Sätze zur Nutzung der Erdgeschossräume als Hypnosepraxis ("Die Mieter nutzen die Räume im Erdgeschoss des Hauses für ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis"; "Den Mietern wird eingeräumt, auf eigene Kosten […] ein Schild für ihre Praxis sowie eine Türsprechanlage anzubrin- gen"). Weitere gesonderte Regelungen zur Nutzung des Hauses zu freiberuflichen Zwecken (insbesondere zu der Praxiseinrichtung) sind in beiden Schriftstücken nicht enthalten.
49
Gegen einen auf der Geschäftsraummiete liegenden Schwerpunkt des Vertrags spricht auch, dass die Miete im Vertragsformular einheitlich festgesetzt worden ist; es ist weder ein Mietaufschlag für die zusätzliche Nutzung zu freiberuflichen Zwecken ausgewiesen noch ist eine Regelung über eine Umsatzsteuerpflicht aufgenommen worden. Weitere Indizien für ein Überwiegen der Wohnraummiete sind - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - die Regelungen zur Leistung einer Kaution von drei Monatsmieten, die an der zulässigen Höchstgrenze des § 551 BGB ausgerichtetist, und die Kleinreparaturregelung. Die Parteien haben auch insoweit keine Modifikationen oder Ergänzungen der auf die Wohnraummiete zugeschnittenen Regelungen vorgenommen.
50
(b) Das Verhältnis der auf die jeweiligen Nutzungszwecke entfallenden Flächenanteile spricht ebenfalls nicht für ein Überwiegen der freiberuflichen Nutzung. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die nach den im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen auf die beiden Nutzungsarten entfallenden Flächen gleich groß. Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber geltend macht, die Beklagten hätten im Verlauf des Mietverhältnisses auch mindestens zwei Räume im Obergeschoss oder sogar das gesamte Haus zum Betrieb der Hypnosepraxis genutzt, ist dies aus Rechtsgründen unerheblich. Denn für die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses, also für die Beurteilung, welcher Vertragszweck überwiegt, ist - sofern keine Vertragsänderung erfolgt ist - ausschließlich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Jede andere Sichtweise würde dazu führen, dass die rechtliche Bewertung eines Mietverhältnisses von dem tatsächlichen (gegebenenfalls vertragswidrigen) Nutzungsverhalten des Mieters und nicht von den getroffenen Vereinbarungen abhinge. Im Streitfall ist nicht davon auszugehen, dass die Parteien vom Inhalt des schriftlichen Mietvertrags abweichende Abreden zur Nutzung des Mietobjekts getroffen haben. Die Revisionserwiderung erwägt zwar eine von der Vertragsurkunde abweichende beiderseitige Übereinkunft beziehungsweise eine konkludente Vertragsänderung. Sie zeigt aber keinen übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen auf, aus dem ein Zustandekommen entsprechender Vereinbarungen abzuleiten wäre.
51
(c) Weiter sprechen gegen ein Übergewicht der freiberuflichen Nutzung das Verhalten der Kläger im Vorfeld des Vertragsschlusses ("Fragebogen zur Wohnungsbewerbung") und ihr auf Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gestütztes und mit einer Widerspruchsbelehrung versehenes erstes Kündigungsschreiben vom 29. Juli 2009. Zwar handelt es sich hierbei - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - um ambivalente Indizien. Sie bestätigen aber das aufgrund der übrigen Umstände des Streitfalls gewonnene Bild eines Mietverhältnisses , dessen Schwerpunkt auf der Wohnraummiete liegt.

III.

52
Nach alledem hätte sich das Berufungsgericht einer Entscheidung in der Sache enthalten müssen. Das angefochtene Urteil hat keinen Bestand; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Auf den erstmals in der Berufungsinstanz von den Klägern hilfsweise gestellten Antrag ist der Rechtsstreit gemäß § 281 Abs. 1 ZPO - unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen Urteils des Landgerichts - an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Wedding zu verweisen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1953 - II ZR 127/52, BGHZ 10, 155, 163; vom 23. Februar 1955 - VI ZR 28/54, BGHZ 16, 339, 345; BGH, Beschluss vom 15. Juni 1988 - I ARZ 331/88, NJW-RR 1988, 1405 unter [II]; jeweils mwN). Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2012 - 12 O 268/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 12.08.2013 - 8 U 3/13 -

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 284/13 Verkündet am:
30. April 2014
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an die Begründung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs.
BGH, Urteil vom 30. April 2014 - VIII ZR 284/13 - LG Essen
AG Essen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2014 durch die Richterin Dr. Milger als Vorsitzende, die Richter
Dr. Achilles und Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer sowie den Richter
Kosziol

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 8. August 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind seit dem Jahr 1999 Mieter einer 158 qm großen Wohnung der Kläger in E. . Mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 erklärten die Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses mit der Begründung, ihre Tochter , die bisher eine 80 qm große Wohnung in der benachbarten Doppelhaushälfte bewohne, benötige die größere Wohnung der Beklagten, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen. Zuvor hatten die Parteien bis 20. September 2012 erfolglos über einen Verkauf der Wohnung an die Beklagten verhandelt.
2
Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Den Klägern stehe der geltend gemachte Räumungsanspruch nicht zu, weil die von ihnen ausgesprochene Eigenbedarfskündigung schon aus formellen Gründen unwirksam sei. Denn die Kläger hätten es versäumt, im Kündigungsschreiben den Lebensgefährten ihrer Tochter, mit dem diese die Wohnung beziehen wolle, namentlich zu benennen. Dies sei aber erforderlich gewesen , weil der den Beklagten bisher unbekannte Lebensgefährte der Tochter für sie anderenfalls nicht identifizierbar gewesen sei.

II.

6
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Räumungsklage nicht abgewiesen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hatten die Kläger den von ihnen geltend gemachten Eigenbedarf im Kündigungsschreiben vom 23. Oktober 2012 ausreichend begründet.
7
Gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB setzt die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drucks. 6/1549, S. 6 f. zu § 564a Abs. 1 Satz 2 BGB aF). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet , dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann; bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (so schon BayObLG, WuM 1981, 200, 202 f.; Senatsurteile vom 27.Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NZM 2007, 679 Rn. 23, sowie vom 17. März 2010 - VIII ZR 70/09, NZM 2010, 400 Rn. 8).
8
Nach diesen Maßstäben war es - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht erforderlich, den Lebensgefährten in dem Kündigungsschreiben namentlich zu benennen. Das Begründungserfordernis soll gewährleisten , dass der Kündigungsgrund derart konkretisiert ist, dass er von anderen Kündigungsgründen unterschieden werden kann. Diese Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, denn eine Auswechselung des Kündigungsgrundes ist dem Vermieter verwehrt.
9
Im Falle der Eigenbedarfskündigung genügt es, die Eigenbedarfsperson - hier die Tochter - identifizierbar zu benennen und das Interesse darzulegen , das diese an der Erlangung der Wohnung hat. Insoweit reicht die Angabe, dass die Tochter in die größere Wohnung der Beklagten ziehen wolle, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen. Wei- terer Angaben bedurfte es - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - hingegen nicht. Soweit die Revisionserwiderung Umstände anführt, die ihrer Auffassung nach gegen die Ernsthaftigkeit des Eigennutzungswunsches der Kläger sprechen, vermengt sie in unzulässiger Weise die Begründung der Kündigung (§ 573 Abs. 3 BGB) mit dem Nachweis des angegebenen Kündigungsgrundes.

III.

10
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben und ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der von den Klägern behauptete Eigenbedarf tatsächlich besteht. Die Sache istdaher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Kosziol
Vorinstanzen:
AG Essen, Entscheidung vom 26.04.2013 - 19 C 459/12 -
LG Essen, Entscheidung vom 08.08.2013 - 10 S 244/13 -

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht. Ist der Antrag bei der Entscheidung übergangen, so gilt § 321; bis zur Entscheidung kann das Gericht auf Antrag die Zwangsvollstreckung wegen des Räumungsanspruchs einstweilen einstellen.

(2) Ist auf künftige Räumung erkannt und über eine Räumungsfrist noch nicht entschieden, so kann dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewährt werden, wenn er spätestens zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach dem Urteil zu räumen ist, einen Antrag stellt. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.

(3) Die Räumungsfrist kann auf Antrag verlängert oder verkürzt werden. Der Antrag auf Verlängerung ist spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist zu stellen. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.

(4) Über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3 entscheidet das Gericht erster Instanz, solange die Sache in der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Das Gericht ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.

(5) Die Räumungsfrist darf insgesamt nicht mehr als ein Jahr betragen. Die Jahresfrist rechnet vom Tage der Rechtskraft des Urteils oder, wenn nach einem Urteil auf künftige Räumung an einem späteren Tage zu räumen ist, von diesem Tage an.

(6) Die sofortige Beschwerde findet statt

1.
gegen Urteile, durch die auf Räumung von Wohnraum erkannt ist, wenn sich das Rechtsmittel lediglich gegen die Versagung, Gewährung oder Bemessung einer Räumungsfrist richtet;
2.
gegen Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für Mietverhältnisse über Wohnraum im Sinne des § 549 Abs. 2 Nr. 3 sowie in den Fällen des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Endet ein Mietverhältnis im Sinne des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch außerordentliche Kündigung, kann eine Räumungsfrist höchstens bis zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt der Beendigung gewährt werden.

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.