Landgericht München I Zwischenurteil, 02. Feb. 2017 - 11 OH 5865/13

02.02.2017

Gericht

Landgericht München I

Tatbestand

Unstreitiges:

Die Antragsteller haben die Antragsgegnerin zu 1 mit der Errichtung eines Wohnhauses beauftragt. Die Planung dazu stammt von den übrigen Antragsgegnern. Die Antragsteller führen wegen behaupteter Mängel des Objekts gegen sämtliche Antragsgegner das vorliegende selbständige Beweis verfahren.

Die Antragsgegnerin zu 1 hat (u.a.) einer ihrer Subunternehmerinnen, nämlich der (vormaligen) Nebenintervenientin W. R. SE (nachfolgend auch „Beitrittswillige“) den Streit verkündet; diese trat zunächst auf Seite der Streitverkünderin bei, hat diesen Beitritt aber zurückgenommen und erklärt, dass sie auf die Seite der Antragsteller wechsele und ab nun deren Streithelferin sein wolle.

Die Antragsgegnerin zu 1

hat diesem neuen Beitritt widersprochen und beantragt, das Gericht solle die Nebenintervention der Beitrittswilligen zurückweisen.

Die Antragsgegnerin zu 1 bringt vor:

Die Beitrittswillige habe kein rechtliches Interesse daran, dass die Mängel festgestellt werden, sondern einzig daran, dass sie möglichst nicht festgestellt werden. Also könne sie allenfalls auf Seiten der Antragsgegnerin zu 1 beitreten.

Unterstütze sie stattdessen die Antragstellerseite, so habe sie nicht mehr, sondern weniger Chancen, Mitverursachungsbeiträge der (von Antragstellerseite selbst beauftragten) Planer herauszuarbeiten. Diese Chancen seien am größten an der Seite der Antragsgegnerin zu 1, die als Baufirma ebenso wie die Beitrittswillige ein Interesse habe, sich damit zu entlasten, dass für Mängel überwiegend Planungsversäumnisse ursächlich geworden seien.

Zu Unrecht befürchte die Beitrittswillige, es würde die Antragsgegnerin zu 1 ihr Einwendungen oder Fragen abschneiden, wenn sie weiterhin die Antragsgegnerin zu 1 unterstütze: Käme es zu einem solchen „Abschneiden“, so stünden die Einwendungen der Beitrittswilligen gerade deshalb uneingeschränkt zur Seite, sobald die Antragsgegnerin gegen sie einen Rückgriffsprozess führen würde.

Die Beitrittswillige hat beantragt, ihren Beitritt zuzulassen.

Sie bringt vor:

Vorrangig habe die Antragsgegnerin zu 1 zwar ganz recht: Denn das allerbeste für die Beitrittswillige wäre es in der Tat, wenn die Mängel schon nicht festgestellt werden. Aber: Am „zweitbesten“ sei ihr damit gedient, dass die Antragstellerseite obsiege, indem festgestellt würde, dass die Mängel vorhanden und durch die Antragsgegnerin zu 1 allein (ohne Mitwirkungsbeitrag der Beitrittswilligen) verursacht sind - oder durch die übrigen Antragsgegner (= Planer) allein oder zum Teil. Diese Feststellung könne die Beitrittswillige nur dadurch erreichen, dass sie auf Seiten der Antragsteller beitritt.

Denn wenn sie auf Seiten der Antragsgegnerin zu 1 beitrete, könne diese ihr als Hauptpartei Fragen abschneiden (§ 67 ZPO am Ende), mit denen die Beitrittswillige herausarbeiten will, dass nur die Antragsgegnerin zu 1 (nicht: die Beitrittswillige) für Mängel verantwortlich ist. Umgekehrt sei es der Beitrittswilligen nicht zumutbar, an ein „Gutachten gebunden“ zu sein, das ihr zum Nachteil gereicht, weil die Antragsgegnerin zu 1 sich nicht ausreichend verteidigt: Die bestreite die Mängel nämlich gar nicht, sondern laste sie dauernd der Beitrittswilligen an (nachfolgend: „Gehörs-Argument“).

Sinn des selbständigen Beweisverfahrens sei zudem auch, Rückgriffsprozesse zu verhindern (Nachfolgend: „Zweck-Argument“).

Das vom BGH geforderte rechtliche Interesse habe die Beitrittswillige (als „mittelbares“ Interesse) schon deshalb, weil die Antragsgegnerin zu 1 (als Bauauftragnehmerin) Gesamtschuldnerin-sei zusammen mit den übrigen Antragsgegnern (= den beauftragten Planern): Was die Antragstellerseite bei den Planern vollstrecken könne, entlaste die Antragsgegnerin zu 1, die entsprechend weniger bei der Beitrittswilligen regressieren werde (nachfolgend: „Gesamtschuld-Argument“).

Zum Verfahrensgang:

Die Kammer hat zur Vorbereitung dieser Entscheidung umfangreiche schriftliche Hinweise gebeben sowie Termin anberaumt (Verfügung vom 23.9.2016) und in der Folgezeit

– darauf bestanden, mündlich zu verhandeln (Verfügung vom 14.12.2016),

– sich geweigert, den Termin aufzuheben und eine oberlandesgerichtliche Beschwerdeentscheidung in einem anderen Verfahren abzuwarten (Verfügung vom 28.12.2015).

Im Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 71 Abs. 1 S. 1 ZPO) konnte die Sach- und (vor allem) Rechtslage umfangreich diskutiert wurden, insbesondere unter Beteiligung der Beitrittswilligen (§ 74 Abs. 3 ZPO). Die Kammer hat insbesondere als möglich hingestellt, dass sie in mehrerlei Hinsicht anders entscheidet als der Bundesgerichtshof:

– So könne das Recht der Nebenintervention (§ 66 ff ZPO) im selbständigen Beweisverfahren direkt (statt „analog“) anwendbar sein.

– Zudem könne es sein, dass die Kammer sich entschließt, ein „Rechtsverhältnis des Beitrittswilligen zum Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens“ (also ein „Rechtsverhältnis einer Rechtssubjekts zu blanken Tatsachen“) für juristisch nicht denkbar zu erachten, auch wenn der BGH derartiges gelegentlich schon formuliert hat bei Gelegenheit eigener Entscheidungen. Das gelte auch für die Vorstellung, als könne das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens auf ein solches „Rechtsverhältnis des Beitrittswilligen zum Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens“ in irgendeiner Weise „rechtlich einwirken“.

Gründe

Die Nebenintervention war zurückzuweisen. Die Beitrittswillige hat kein rechtliches Interesse im Sinne von § 66 Absatz 1 ZPO daran, die Antragstellerseite zu unterstützen.

I.

Rechtliches Interesse ist anerkanntermaßen nicht eine erstrebte Kostenfolge (BGH 5.12.2013, VI ZB 15/12, Rn. 21); das will auch die Beitrittswillige nicht behaupten. Der BGH schreibt dazu:

„Die Vorschriften über die Nebenintervention sollen einem Dritten die Möglichkeit eröffnen, sich an einem Rechtsstreit zu beteiligen, an dessen inhaltlicher Entscheidung er ein rechtliches und nicht lediglich ein wirtschaftliches Interesse hat. Ein Beitritt mit dem ausschließlichen Ziel, eine günstige Kostenentscheidung herbeizuführen, entspricht diesem Rechtsgedanken nicht. Ob ein Beitritt zu diesem Zweck daher sogar unzulässig ist … braucht hier nicht entschieden zu werden“.

II.

Schon dem Wortlaut nach nicht ausreichend ist ferner ein bestimmtes Sachaufklärungsinteresse (LG München I 29.11.2011, 11 O 25452/10), sondern das „rechtliche Interesse“ kann nur am „Obsiegen“ der unterstützten Partei bestehen (OLG München 27.1.2011, 13 W 2806/10; OLG München 19.3.2003, 13 U 4063/02).

Das gilt auch dann, wenn der Streitverkündete nicht dem Verkünder beitritt, sondern dessen Gegner. Das ist nicht generell unzulässig, sondern dann zulässig, wenn der Streitverkündete sinnvollerweise auf ein Obsiegen des Gegners hofft (so auch BGH 18.11.2015, VII ZB 2/15).

III.

Anwendung auf das selbständige Beweisverfahren.

Im selbständigen Beweisverfahren besteht die Besonderheit, dass niemand dieses Verfahren „gewinnen“ kann. Es gibt es kein Obsiegen und kein Unterliegen. Die Streitverkündung wird dennoch als zulässig angesehen.

Dem stimmt das Landgericht München I in ständiger Rechtsprechung (einschließlich derer dieser Kammer) zu. Die Kammer tut es mit folgender Begründung: „Lage des Rechtsstreits“ im Sinne von §§ 66 Abs. 2, 67, 68 ZPO kann auch die vorgezogene Beweiserhebung sein.

Ist nun ein Beitritt bereits im selbständigen Beweisverfahren gangbar, dann sind umgekehrt auch im selbständigen Beweisverfahren Anträge auf Zurückweisung einer Nebenintervention möglich. Darüber kann das Gericht schon im ßeweisverfahren entscheiden. Eine frühzeitige Klärung erscheint in der Regel sinnvoll, zumal ex ante unsicher ist, ob der Nebenintervenient später dem Hauptsacheverfahren (nochmals) beitritt und/oder daran noch mitwirkt.

Darum ist die Kammer auch vorliegend (von den Beteiligten für sich genommen unbeanstandet) der Auffassung gewesen, über die Zulässigkeit der neuen Nebenintervention zügig entscheiden zu sollen.

IV.

Das hatte die Kammer durch Zwischenurteil zu tun.

1.  Auch im selbständigen Beweisverfahren kann ohne weiteres ein Zwischenurteil im Sinne von § 71 Abs. 2 ZPO ergehen. Die Kammer hält das sogar für die einzig richtige Entscheidungsart. Denn „Zwischenurteile“ setzen nicht voraus, es werde irgendwann ein End- oder Schlussurteil ergehen: Auch im normalen Streitverfahren weiß man a priori nicht, ob einem Zwischenurteil dermaleinst ein Endurteil folgt.

2. Nach anderer Ansicht soll im selbständigen Beweisverfahren stattdessen durch Beschluss zu entscheiden sein; dazu führe eine „entsprechende“ Anwendung von § 71 ZPO (BGH 18.11.2015, VII ZB 2/15 = NJW 2015, 1020).

Das überzeugt die Kammer schon in sich (rechtssystematisch) nicht. Davon abgesehen folgt die Kammer nicht der Auffassung, dass eine „analoge“ Anwendung überhaupt nötig sei („Analogie-These“). Dazu im einzelnen:

2.1 In der Rechtssystematik beschreibt das Wort „Analogie“ einen Vorgang, bei dem der Rechtsanwender eine Rechtsfolge heranzieht, ungeachtet dessen, dass die positiv geregelten Voraussetzungen dieser Rechtsfolge nicht vorliegen. Analogie hilft, so verstanden, denknotwendig stets nur über fehlende Voraussetzungen einer Norm hinweg, führt aber nicht dazu, dass der Rechtsanwender dieser Norm kurzerhand eine andere Rechtsfolge „aufpfropfen“ dürfte. Vorliegend lautet die gesetzlich normierte Rechtsfolge, dass das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 71 Abs. 1 S. 1 ZPO) und durch Zwischenurteil (§ 71 Abs. 2 ZPO) zu entscheiden hat.

Erließe die Kammer stattdessen einen Beschluss (womöglich noch ohne mündliche Verhandlung), dann wäre ein solcher Beschluss kein „analoges Zwischenurteil“, sondern als Rechtsfolge aus § 71 ZPO schlicht nicht ableitbar.

Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung OLG München 28.4.2016, 23 U 1774/15 (Rn. 19): Dort war im Verfahren des § 522 ZPO u.a. über die Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden. Eine analoge Anwendung von § 66 ff ZPO kam dort nicht in Betracht, da eine Streitsache vorlag und kein selbständiges Beweisverfahren. Der Senat sah sich gleichwohl nicht gedrängt, nach § 71 ZPO mündlich zu verhandeln, sondern verband seinen Ausspruch zur Zulässigkeit der Nebenintervention mit der Endentscheidung (= dem Beschluss nach § 522 ZPO). Das begründete er tragend damit, dass das Verfahren nach § 522 ZPO eine mündliche Verhandlung nicht „kennt“; dem stimmt die Kammer zu: § 522 ZPO will die mündliche Verhandlung gerade vermeiden. Für das selbständige Beweisverfahren gilt das so nicht - auch wenn der Senat zur Stützung seines Ergebnisses zuletzt ergänzend die „Analogie-These“ zitiert und heranzieht (Rn. 20).

2.2 Die Analogie braucht es - auch im selbständigen Beweisverfahren - nicht. Denn entgegen verbreiteter Ansicht ist das Nebeninterventionsrecht im selbständigen Beweisverfahren direkt anzuwenden. Der Beitritt ist (s.o.) grundsätzlich „in jeder Lage des Verfahrens“ zulässig, also auch schon in der vorgelagerten Beweiserhebung.

2.3 Geistige Grundlage der „Analogie-These“ ist zum großen Teil die Vorstellung, hier müsse das Problem gelöst werden, dass es im selbständigen Beweisverfahren noch kein „rechtliches Obsiegensinteresse“ im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 71 Abs. 1 S. 2 ZPO geben könne, weil es auch kein „Obsiegen“ geben kann. Die Kammer hält das bereits rechtslogisch für einen Fehlschluss (dazu später). Zudem wird man damit der anwaltlichen und erstinstanzlichen Praxis ersichtlich nicht gerecht (auch dazu später).

2.4 Bekanntlich (BGH 5.12.2015, VII ZB 15/12) beansprucht ein im selbständigen Beweisverfahren erklärter Beitritt Wirksamkeit auch für das nachfolgende Häuptsacheverfahren; d.h. wer dem Beweisverfahren als Streithelfer beigetreten ist, muss nicht nochmals im Hauptsacheverfahren den Beitritt erklären, sondern bekommt auch ohne neue Erklärung einen nach § 101 ZPO veranlassten Kostenausspruch über seine Nebenintervention.

Diesem Ergebnis stimmt die Kammer zu. Es ist ohne jede Mühe begründbar, wenn und solange man § 66 Abs. 1 ZPO direkt auf das selbständige Beweisverfahren anwendet: Einmal erklärt, wirkt dieser Beitritt für das ganze Verfahren - wovon das Beweisverfahren nur ein erstes Stadium ist.

Viel schwerer tut sich hier, wer § 66 Abs. 1 ZPO nur „analog auf das selbständige Beweisverfahren“ anwenden will. Denn damit erzielt man nur für das selbständige Beweisverfahren eine Rechtsfolge, nicht aber für die anschließende Hauptsache; Das Gesetz hat bereits keine Regelungslücke (erst recht keine planwidrige Regelungslücke), betreffend die Frage, unter welchen Voraussetzungen man einem normalen Streitverfahren beitreten kann. Darum war im Fall BGH 5.12.2015 (VII ZB 15/12) die Vorinstanz sogar der Ansicht: Eine analoge Anwendung von § 66 Abs. 1 ZPO stehe der Annahme entgegen, dass der Beitritt automatisch auch für das nachfolgende Hauptsacheverfahren gelte (so OLG Nürnberg14.2.2012, 13 W 2249/11).

Der BGH (a.a.O.) sieht das ein, möchte aber an der Analogie festhalten. Das erreicht er unter Mühen, nämlich indem er eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz eröffnet, wonach die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens „Kosten der Hauptsache“ sind. Denn der BGH sagt: Auch § 101 Abs. 1 ZPO sei auf das selbständige Beweisverfahren (nur) „analog“ anzuwenden (Rn. 18):

„Die entsprechende Anwendung des § 101 Abs. 1 ZPO für das selbständige Beweisverfahren führt unabhängig von einem zusätzlichen Beitritt des Streithelfers im Hauptsacheverfahren zu einer Entscheidung über dessen Kosten im selbständigen Beweisverfahren“.

Diese Entscheidung verdient im Ergebnis Zustimmung. Sie ist vertretbar, weil in dieser speziellen Konstellation der Nebenintervenient auch nur im selbständigen Beweisverfahren überhaupt Kosten gehabt haben wird. Weniger überzeugend ist indes der Versuch, diese Entscheidung rechtshistorisch zu begründen. Der BGH sagt nämlich:

„Diese Ausgestaltung des Anwendungsbereichs des § 101 Abs. 1 ZPO ist notwendig, um die Lücken auszufüllen, deren Schließung der Gesetzgeber der Rechtsprechung überlassen hat“.

Damit meint der BGH die BT-Drs. 11/8283 S. 47 f zu Nr. 31 a, die er sogleich zitiert. Diese BT-Drs. entstand im Jahre 1990. Die Kammer findet darin nirgends ein Gebot, gesondert über die Kosten einer Nebenintervention im selbständigen Beweisverfahren zu entscheiden und hierzu kostenrechtliche Vorschriften analog anzuwenden; im Gegenteil sah die BT-Drs. 11/8283 ein Bedürfnis, den damals neuen § 494 a ZPO zu schaffen und auf das Problem zu reagieren, dass es im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich keine Kostenentscheidung gab, weil dessen Kosten solche des Hauptsacheverfahrens sind; diese Grundregel hat der Gesetzgeber mit § 494 a ZPO durchbrochen, aber nicht aufgegeben.

2.5 Die BT-Drs. 11/8283 ist dennoch einer Betrachtung wert. Denn sie ist trotz obiger Einschränkung wohl der rechtsgeschichtliche Urgrund, auf den die „Analogie-These“ sich stützen möchte. Die BT-Drs. enthält auf Seite 47 zu Nr. 31 a den folgenden Satz:

„Eine Ergänzung der Vorschriften über das selbständige Beweisverfahren mit Rücksicht auf die wünschenswerte Möglichkeit der Beteiligung Dritter (etwa im Wege der Streitverkündung oder Nebenintervention) hat der Ausschuß nicht für erforderlich gehalten, weil zu erwarten ist, daß die Rechtsprechung in diesen Fällen §§ 66 ff ZPO entsprechend anwendet“.

Diese Erwartung des damaligen Bundestagsausschusses hat die Kammer sorgsam erwogen und erfüllt sie auch, jedoch in Reinform - nicht in Form der „Analogie-These“:

- Die „Analogie-Erwartung“ des Ausschusses in Erfüllung gehen zu lassen, ist dem Rechtsanwender bereits rechtslogisch nicht möglich, denn die BT-Drs. stellt den Rechtsanwender vor ein Paradox: Um § 66 ff ZPO „analog“ anzuwenden, brauchte er zuvörderst eine planwidrige Regelungslücke; hinterlässt ihm der Gesetzgeber indes bewusst eine Regelungslücke (wie hier), so ist diese Lücke sorgsam geplant und nach der klassischen Dogmatik kein Raum für eine Analogie. Die Kammer hat im Termin hierauf hingewiesen (Protokoll Seite 5).

– Davon unabhängig gilt: Die Kammer braucht heute (2017) eine Regelungslücke nicht bereits deshalb zu sehen, weil der zuständige Ausschuss des Deutschen Bundestages vor mehr als einem Vierteljahrhundert (1990) eine solche Lücke (wohl) noch annahm. Gerade indem die Kammer § 66 ff ZPO direkt anwendet, verwirklicht sie desto genauer die Vorstellungen des 1990er Gesetzgebers: Der hielt (s.o.) die Beteiligung Dritter für „wünschenswert“ und begrüßte ausdrücklich Streitverkündung und Nebenintervention im selbständigen Beweisverfahren. Berücksichtigt man das, so kann man nach allgemeinen Vorschriften (eben § 66 ff ZPO direkt) die Streitverkündung und Nebenintervention bereits im selbständigen Beweisverfahren ohne weiteres für möglich halten, auch wenn sich diese Ansicht im Jahre 1990 noch nicht durchgesetzt haben konnte, weshalb der Ausschuss sich eine Anwendung auf das selbständige Beweisverfahren nur „analog“ vorstellen mochte. Der Ausschuss wäre mutmaßlich erfreut gewesen, wenn ihm damals jemand in Aussicht gestellt hatte, die Rechtsprechung werde allgemeine Regeln wie § 66 ff ZPO unmittelbar bereits im Stadium des selbständigen Beweisverfahrens anwenden. Die Kammer hat im Termin darauf hingewiesen (Protokoll Seite 5).

3. Die Anwendung des Nebeninterventionsrechts - gleich ob analog oder direkt - auf das selbständige Beweisverfahren hat dazu geführt, dass Gerichte vereinzelt (LG Köln 3.8.2010, 5 OH 1/10; LG Mannheim 25.9.2007, 3 OH 4/07) darauf abgestellt haben, wie der Beitrittswillige am ehesten Beweisergebnisse erzielen könnte, die ihn für den befürchteten Rückgriffsprozess wappnen. Köln und Mannheim haben den Beitritt als wirksam angesehen, obgleich zwischen dem Streithelfer und der unterstützten Partei keine Vertragsbeziehungen bestanden.

Solchen Vorstellungen folgt die Kammer nicht, sondern hängt der „Theorie der gedachten Hauptsache“ an: Sie stellt darauf ab, was für ein Hauptprozess durch das selbständige Beweisverfahren vorbereitet werden soll. Alsdann ist zu fragen, auf wessen Obsiegen in diesem Hauptprozess der Beitrittswillige hoffen muss.

Das wird sich - umrisshaft - bestimmen lassen, da der Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren Angaben machen muss, woher er ein Interesse an der Beweiserhebung nimmt (§ 485 Abs. 2 ZPO). Er wird daher regelmäßig auch kennzeichnende Angaben machen, was für ein Rechtsstreit das denn sei, der hier vermieden oder aber vorbereitet werden soll. Auf wessen Obsiegen der Beitrittswillige hoffen muss, hängt von den materiellrechtlichen (insbesondere vertraglichen) Beziehungen ab (dazu später eingehender).

4. Dle Kammer verkennt nicht, dass der Bundesgerichtshof zum Teil andere Lösungsansätze vertritt (18.11.2015, VII ZB 57/12 = NZBau2016, 158 und 18.11.2015 VII ZB 2/15 = NJW 2016, 1020).

Die Kammer hat sich dazu durchgerungen, ungeachtet der Vorstellungen des Bundesgerichtshofs bei ihrem eigenen Ansatz zu bleiben (Theorie der „gedachten Hauptsache“). Damit liegt hier ein atypischer Fall vor, denn normalerweise folgt die Kammer dem Bundesgerichtshof und nennt den Parteien (Wenn die Rechtsfrage zwischen ihnen umstritten war) hierfür kurz ihre Gründe. Da die Kammer hier ausnahmsweise dem BGH nicht folgt, sieht sie sich gedrängt, ihre Theorie ausführlich zu begründen (dazu nachfolgend Abschnitt 4.1).

Anschließend (Abschnitt 4.2) wird darzustellen und anhand von Beispielsfällen zu belegen sein, dass die Theorie der „gedachten Hauptsache“ zum selben Ergebnis führen wird wie die Auffassung des BGH, soweit letzterer (mit Teil-1 seiner „Formel“) darauf abstellt ob

– ein Rechtsverhältnis besteht zwischen dem Beitrittswilligen und der Hauptpartei, die er unterstützen will und ob

– durch das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahren auf dies Rechtsverhältnis rechtlich eingewirkt wird.

4.1 Der BGH meint; In einem selbständigen Beweisverfahren kann § 66 Abs. 1 ZPO bloß entsprechend angewandt werden, weil es ein „Obsiegen“ im engeren Sinne nicht gibt.

Das hat die Kammer erwogen und hält es für nicht folgerichtig.

4.1.1 Obsiegen und Obsiegensinteresse sind zweierlei.

Es liegt auf der Hand, dass im selbständigen Beweisverfahren (noch) niemand „obsiegen“ kann (und zwar weder im engeren noch im weiteren Sinne). Daraus folgt aber nicht, dass es kein „Interesse“ am (späteren) Obsiegen geben könnte. § 66 Abs. 1 ZPO spricht vom „Obsiegen“ nur im Konjunktiv, als Gegenstand des Interesses.

Der Konjunktiv steht in der deutschen Sprache bekanntlich für Aussagen, die nicht beanspruchen, Realität zu sein. Für die Wahrheit der Aussage will der Konjunktiv nicht bürgen. Darum markiert der Konjunktiv die indirekte Rede („Der Kläger bringt vor, er habe …“) und wird verwendet, um Hypothesen oder sogar Irreales in den Raum zu stellen („Obsiegte der Antragsteller so wäre mir gedient“). Der Gesetzgeber fordert in § 66 Abs. 1 ZPO nicht ein reales „Obsiegen“, sondern nur das „rechtliche Interesse“ daran.

Soweit ein Obsiegensinteresse jemals besteht, ist es im Zeitraum des selbständigen Beweisverfahrens bereits vorhanden - soweit das Beweisverfahren zulässig ist. Hier gilt nichts anderes als beim „rechtlichen Interesse“, das der Antragsteller an der Beweisaufnahme haben muss, wejl anderenfalls der Antrag als unzulässig abgewiesen werden müsste, § 485 Abs. 2 ZPO. Beide will der Gesetzgeber zumindest „glaubhaft gemacht“ wissen.

4.1.2 Gerade § 485 Abs. 2 ZPO unterstreicht, dass der nachfolgende Hauptsacherechtsstreit hinreichend umrissen werden kann. Sonst würde der Gesetzgeber dies nicht zur Zulässigkeitsvoraussetzung erheben, von der die Einleitung des gesamten Verfahrens abhängt:

Schon der Antrag auf Einleitung ist nämlich unzulässig, falls der Antragsteller nicht beschreibt, was für ein Rechtsstreit durch eine Beweiserhebung „vermieden werden kann“ (§ 485 Abs. 2 S. 2 ZPO) und wenn er auch nicht in sonstiger Weise zu schildern vermag, worin sein „rechtliches Interesse“ bestehe, das § 485 Abs. 1 S. 1 ZPO ausdrücklich bei ihm abfragt.

Der Begriff „rechtliches Interesse“ ist dem Recht des selbständigen Beweisverfahrens somit tief verwurzelt, indem er sogar die zentrale Zulässigkeitsvoraussetzung für das Verfahren im ganzen bildet - und das ausdrücklich mit Blick auf das spätere Hauptsacheverfahren. Dieses spätere Hauptsacheverfahren möchte der Antragsteller in der Regel auch „gewinnen“ (nicht einfach bloß führen oder bloß „dabeisein dürfen“); der Antragsteller beantragt das selbständige Beweisverfahren mit dem Ziel, in einem denkbaren späteren Hauptsacheprozess zu obsiegen. Desto weniger leuchtet ein, warum dieses spätere Hauptsacheverfahren nicht auch den Bezugspunkt sollte abgeben können für die Frage, an wessen Obsiegen der Beitrittswillige ein „rechtliches Interesse“ im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO haben müsse.

4.1.3 Mit „nicht folgerichtig“ (s.o.) meint die Kammer ferner, dass die Gegenauffassung den Begriff des „Obsiegens“ verwechselt mit der Frage, wann sich ein Obsiegen (anhand geeigneter „Kriterien“) erkennen lässt.

Für die Frage, was wir überhaupt „erkennen“ können, hält sich im Grundsatz die Philosophie für zuständig. Die Kammer unternimmt es daher ausnahmsweise, das Problem philosophisch anzugehen: Karl Popper („Tatsachen, Maßstäbe und Wahrheit: eine weitere Kritik des Relativismus“ - abgedruckt in „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, Band II, Verlag Mohr Siebeck in Tübingen, 8. Auflage 2003) hat schon 1961 die Auffassung widerlegt, wonach „wir Kriterien haben müssen, um zu wissen, worüber wir reden“.

Die Fehlerhaftigkeit dieser (gleichwohl streckenweise beliebten) Annahme zeigt Popper an mehreren Beispielen, u.a. am Begriff „Wahrheit“: Wir haben eine Vorstellung davon, was „Wahrheit“ ist, nämlich: „Übereinstimmung mit den Tatsachen“. Daran ändert sich nichts, wenn wir bedenken, dass wir im Einzelfall nicht immer feststellen können, ob eine Aussage wahr ist oder nicht.

Das Streben nach Wahrheit ergibt dennoch einen Sinn - darum ermahnen Richterinnen und Richter allwöchentlich Zeugen und Sachverständige, bei dieser Wahrheit zu bleiben.

Der Denkfehler der „Kriteriumsphilosophie“ besteht darin, so zu tun, als ergäbe das Bemühen um ein Gut (z.B. um Wahrheit) keinen Sinn, solange kein Testverfahren zur Verfügung steht, um im Einzelfall zu prüfen, ob dieses Gut vorliegt (also z.B. eine Aussage wahr ist).

Strukturell vergleichbar fehl geht die Annahme, es ergebe im selbständigen Beweisverfahren die Vorstellung des „Obslegens“ keinen Sinn, weil in diesem Stadium des Prozesses noch keine Sachanträge gestellt sind und schon deshalb nicht überprüft werden kann, wer „obsiegt“. Richtig ist: Hätte man die (letzten) Sachanträge und ein darauf ergangenes Urteil vorliegen, dann wären das die „Kritierien“, um zuverlässig zu bestimmen, wer hier obsiegt oder verloren hat - also gleichsam das „Testverfahren“. Richtig ist auch: Was dem Richter im jeweiligen Verfahrensstadium an Kriterien zur Verfügung steht, damit sollte er auch arbeiten - z.B. im Hauptsacheverfahren alles Vorbringen an den Anträgen messen und so gleichsam auf Relevanz „testen“. Daraus folgt aber nicht, dass ohne diese Kriterien die Vorstellung eines „Obsiegens“ nichts besagen würde oder es keinen Sinn hätte, darüber nachzudenken. Auch solange man noch nicht genau wissen kann, was wir mit „Obsiegen“ im einzelnen gemeint ist, steht immerhin bereits fest; Es wird um die Durchsetzung von mängelassoziierten Ansprüchen gehen. Eine größere begriffliche Präzision ist im Stadium des selbständigen Beweisverfahrens nicht nötig. Sie wird insbesondere nicht erfordert für die hier zu treffende Entscheidung. Schließlich geht es nicht um die Feststellung, wer „obsiegt habe“, sondern nur um die - recht generische - Frage, welche Hauptpartei „obsiegen“ müsste, damit der Beitrittswillige hiervon rechtlich profitieren könnte.

4.1.4 Deswegen hat sich die Kammer entschlossen, an einer direkten Anwendung des Nebeninterventionsrechts auf das selbständige Beweisverfahren entgegen wohl herrschender Ansicht festzuhalten. Sie vermeidet damit prozedurale Anschlussprobleme. Zudem soll nachfolgend (Abschnitt 5.-) gezeigt werden, dass die direkte Anwendung auch am ehesten der Alltagspraxis gerecht wird.

4.2 Der BGH lehnt zwar die „hypothetische Hauptsache-Betrachtung“ ausdrücklich ab, kommt aber anhand sehr ähnlicher (nur bedeutend abstrakterer) Erwägungen zum gleichen Ergebnis:

4.2.1 Der BGH sagt zunächst:

„Bei der Prüfung eines rechtlichen Interesses ist nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium des Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde“.

Diese Anschauung überrascht den erstinstanzlichen Praktiker. Denn der ist durchaus fähig, sich den nachfolgenden Hauptsacheprozess vorzustellen. Dazu braucht er dessen konkrete Anträge nicht zu kennen (die ändern sich im Verlauf eines Streitverfahrens ohnehin oft noch mehrfach).

Der Praktiker muss sich - in Umrissen - diesen Hauptsacheprozess auch vorstellen. Kann er das nicht, wird er gleich zu Beginn des selbständigen Beweisverfahrens scheitern:

Wer schon einmal als Anwalt einen zulässigen Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens zu stellen unternommen hat, der weiß, dass er mitteilen muss, was denn das ungefähr für ein Hauptsacherechtsstreit sein wird, den er mit dem Beweisverfahren verhindern oder vorbereiten will. Er wird dem Gericht mitteilen, was für (mögliche) Ansprüche das seien, die er mit den Beweistatsachen untermauern will, damit er einen späteren Rechtsstreit - sollte der nötig werden - möglichst gewinnt.

Und wer als Richter einen solchen Antrag prüft, schaut ebenfalls auf diese Frage. Denn: Ließe die Antragsschrift nicht einmal in Umrissen erkennen, was Gegenstand eines nachfolgenden Hauptsacherechtsstreits sein würde, dann wäre der Antrag schlicht unzulässig. Das ist er selten; der Rechtsverkehr bewältigt die Aufgaben des § 485 Abs. 2 ZPO im allgemeinen recht gut.

4.2.2 Der BGH führt weiter aus:

„Ein Antragsteller ‚obsiegt‘ in einem selbständigen Beweisverfahren vielmehr dann, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustands einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt“.

Zwar wird selbst im Bauprozess ein selbständiges Beweisverfahren nicht immer nur um Mängel geführt und ist nicht immer deren Verursachung streitig - aber desto griffiger wirkt dieser Passus in seiner Fokussierung auf Mangelthemen und die Verursacher-Frage. Die Kammer sieht hier keinen durchgreifenden Unterschied zur Theorie der „gedachten Hauptsache“: Wo eine „Haftung des Antragsgegners“ gegenüber dem Antragsteller „in Betracht kommt“ wegen „Verursachung“ von „Mängeln“, da weiß der Praktiker ausreichend genau, worum es im Hauptsacherechtsstreit später gehen wird.

4.2.3 Abstellen will der BGH darauf,

„ob der Nebenintervenient (1) zu der unterstützten Partei (2) oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt“

Diese Betrachtung lenkt den Blick (in „Teil-1“ der Formel) zunächst auf die materiellrechtlichen Beziehungen (in Bausachen also regelmäßig die Vertragsverhältnisse). Man wird - mit dem BGH - zuvörderst fragen: „Welche materiellen oder prozessualen Folgewirkungen (insbesondere Bindungswirkungen) hätte das Beweisergebnis für einen Rechtsstreit zwischen dem Beitrittswilligen und dem, den er unterstützen will?“.

Das lässt sich gut handhaben. Nebenbei führt es zu einem Gleichlauf mit den Ergebnissen, die die Kammer mit ihrer „Theorie der hypothetischen Hauptsache“ erzielen würde. Das soll nachfolend exemplarisch dargestellt werden:

4.2.3.1 In dem vom BGH entschiedenen Fall VII ZB 2/15 („Gesamtschuld-Fall“) waren solche Folgewirkungen anzunehmen und der Beitritt zulässig:

Der Bauherr (B) betrieb gegen mehrere Baubeteiligte ein selbständiges Beweisverfahren darunter auch gegen einen Planer (P). Der verkündete weiteren Planern (WP) den Streit mit der Begründung: Die Aufgabenbereiche der Planer hätten sich überschnitten, so dass er (P) gegen die Kollegen (WP) Rückgriffsansprüche nach § 426 BGB haben könne, wenn sich erweise, dass Mängel vorlägen und sowohl von P verursacht seien als auch von WP.

Die Streitverkundeten (WP) treten hierauf dem Verfahren bei. Zum Leidwesen des P treten sie nicht ihm zur Seite, sondern dem Bauherrn (B).

Diesen Beitritt hat der BGH für zulässig erachtet mit folgender Begründung, der die Kammer zustimmt:

Die WP stehen zum Bauherrn (B) in einem Rechtsverhältnis, das möglicherweise zu einer Gesamtschuldnerhaftung von WP zusammen mit P führt (Rn. 17). Dann haben sie ein „rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen den weiteren Schuldner Erfolg hat“ (Rn. 17), denn wenn daraus der B gegen P vollstreckt, dann wird das die Nebenintervenienten (WP) entlasten (§ 422 Abs. 1 S. 1 BGB) - zumindest vorläufig.

Auffällig ist: An dieser Stelle (Rn. 17) tut der BGH nichts anderes als auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess der Hauptparteien abzustellen - samt anschließendem Vollstreckungsverfahren. Inhaltlich ist das die „Theorie der hypothetischen/gedachten Hauptsache“ in Reinform und zeigt: Der BGH scheut sich keineswegs, darauf abzustellen, wie der nachfolgende Hauptsacheprozess wohl laufen wird (Rn. 17).

Zwar folgt in Rn. 20 dann wieder derselbe Textbaustein wie zuvor in VII ZB 57/12: Auf das „Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess“ sei „nicht abzustellen“. Doch da ist es schon zu spät, denn bereits in Rn. 17 hat der BGH hierauf abgestellt (samt Urteil und Vollstreckung).

Mit einem Wort: Aus Sicht der Kammer ist die Entscheidung im Ergebnis überzeugend und verdient in der Gedankenführung ganz überwiegend Beifall. Das Ergebnis des BGH ist identisch mit jenem, das die Kammer und aus der „Theorie der hypothetischen Hauptsache“ heraus zu begründen versucht.

4.2.3.2 Im Fall BGH VII ZB 57/12 („Hallenfall“) war der Beitritt unzulässig. Auch hier lag die gleiche Grundkonstellation vor:

Der Bauherr (B) überzieht den GU und den Planer (P) mit einem selbständigen Beweisverfahren, betreffend eine Halle. Die Nebenintervention kommt hier von der Nutzerin (N) der Halle. Die Nebenintervenientin (N) hat über die Nutzung einen Vertrag mit B. Nun erklärt sie den Beitritt auf Seiten des B, um einen Prozess gegen B vorzubereiten und dazu beizutragen, dass die von GU und P verursachten Mängel richtig festgestellt werden.

Den Beitritt erachtet der BGH für unzulässig:

N steht zwar in einem Rechtsverhältnis mit dem B, den sie unterstützen will. Aber einerlei wie die Beweiserhebung ausgehen wird: Das Ergebnis beeinflusst dieses Rechtsverhältnis nicht - jedenfalls nicht „rechtlich“. Denn N wird an das Gerichtsgutachten nicht gebunden sein (Rn. 21): Die Bindungswirkung tritt ja nie zugunsten des Beitretenden ein. Das Beweisverfahren wirkt also auf den Nutzungsvertrag weder unmittelbar noch mittelbar ein.

Daran ändert sich auch nichts durch die theoretische Möglichkeit, dass ein Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren womöglich später einmal auch der N entgegengehalten würde nach § 411 a ZPO. Denn diese Aussicht ist vage, und selbst wenn: Da wird die N schon noch Ergänzungsfragen anbringen - wie der BGH in kundiger Einschätzung voraussieht (Rn. 22).

Auch hier hat der BGH (Rn. 15) es ausdrücklich abgelehnt, auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess [der Hauptparteien] abzustellen. Das hält der BGH in dieser Entscheidung formal durch, d.h. er gönnt sich keinen Seitenblick auf den späteren Prozess der Hauptparteien (Streitverfahren B ./. GU + P), sondern konzentriert sich bloß auf das Rechtsverhältnis N ./. B samt dortigem Folgeprozess. Aber: Kann man sich letzteren plastisch vorstellen, so könnte man vergleichbar konturiert den Folgeprozess der Hauptparteien „vorausdenken“. Die Kammer leitet auch hieraus ab, dass die „Theorie der gedachten Hauptsache“ nicht allzuweit entfernt davon ist, was der BGH tut; die Zurückweisung des BGH ist eine bloß verbale.

Bearbeitet man den Fall (VII ZB 57/12) mit der Theorie der „hypothetischen/gedachten Hauptsache“ zu lösen, so käme man zügig zum selben Ergebnis wie der BGH.

Denn der N kann es einerlei sein, ob B den nachfolgenden Hauptsacheprozess gegen GU und P gewinnt oder verliert. Das würde N rein rechtlich weder nutzen noch schaden.

V.

Entscheidung im vorliegenden Fall Gerade im hier zu entscheidenden Fall sieht sich die Kammer gedrängt, an ihrer Theorie der „hypothetischen Hauptsache“ festzuhalten. Dem BGH vermag sie sich nicht anzuschließen, soweit dessen „Formel“ (in ihrem „Teil-2“) damit endet, für ein Interesse im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO (analog) genüge es sogar, wenn

– der Beitrittswillige in einem „Rechtsverhältnis zu dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens“ steht und

– das Ergebnis der zulässigen Beweisaufnahme auf dieses Rechtsverhältnis rechtlich einwirkt.

Dieser letzte Teil der BGH-„Formel“ interessiert die Beitrittswillige hier insofern, als es vorliegend keine vertragliche Beziehung gibt zwischen der Beitrittswilligen und der Antragstellerseite, die sie jetzt unterstützen will - hier liegt der Unterschied zu den vorgenannten BGH-Entscheidungen (VII ZB 2/15 und VII ZB 57/12).

Die Kammer kann den „Teil-2“ der BGH-Formel nicht als juristisch sinntragend erachten. Im einzelnen:

1. „Rechtsverhältnis zu dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens“ Gegenstand des Beweisverfahrens ist gemäß § 485 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO, soweit in Bausachen relevant, der Zustand oder Wert einer Sache oder/und die Ursache eines Mangels oder Schadens oder/und der Aufwand für dessen Beseitigung.

In jedem Fall besteht der Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens aus puren Tatsachen, solange das Verfahren in zulässiger Weise betrieben wird (letzteres setzt ausdrücklich auch der BGH bei seinen Überlegungen voraus). Weder die Kammer noch die im Termin befragten Verfahrensbeteiligten konnten sich juristisch irgendetwas darunter vorstellen, dass ein „Rechtsverhältnis einer Person zu einer Tatsache“ existieren solle (Protokoll vom 10.1.2017 Seite 5 oben).

Das liegt daran, dass der Begriff „Rechtsverhältnis“ in der juristischen Terminologie mit folgender Bedeutung „belegt“ ist: Rechtsverhältnisse können bestehen zwischen Rechtssubjekten oder zwischen (mindestens) einem Rechtssubjekt und (mindestens) einem Rechtsobjekt.

Rechtsobjekte können Sachen oder Rechte sein. Eine blanke Beweistatsache ist jedenfalls kein Rechtsobjekt. Erst recht ist eine Beweistatsache kein Rechtssubjekt.

Zwischen einer Tatsache und dem Beitrittswilligen ist daher nichts vorstellbar, was ein „Rechtsverhältnis“ genannt zu werden verdiente. Sondern umgekehrt: Geeignete Tatsachen können in Verbindung mit einem Rechtssatz eine Rechtswertung ausfüllen, die u.U. ein Rechtsverhältnis ergeben mag, an dem u.U. der Beitrittswillige beteiligt sein mag.

Die Kammer konnte sich daher folgendem logischem Schlüsse nicht entziehen:

Der Beitrittswillige wird niemals „in einem Rechtsverhältnis zum Gegenstand einer (zulässigen) Beweiserhebung des Verfahrens stehen“ - solange der Rechtsanwender in geläufigen juristischen Kategorien denkt. Das Merkmal ist rechtlich unvorstellbar. Darum kann die Kammer das Merkmal nicht als erfüllt ansehen. Das liegt nicht etwa daran, dass „Kriterien“ dafür „fehlen“ würden, wann dieses neuartige „Rechtsverhältnis“ gegeben sein mag. Es liegt allein daran, dass in den Denkkategorien des Rechts kein Weg gebahnt ist, mit dem vorgenannten Begriff irgendeine juristische Vorstellung zu verknüpfen.

Umgekehrt ist es auch nicht etwa die Absicht des BGH einen solchen („neuen“) Weg nunmehr zu bahnen und einen neuartigen „Rechtsverhältnisbegriff“ zu erschaffen: Er hätte sonst in den o.g. Entscheidungen erklärt, was damit gemeint sein solle, dass ein Rechtssubjekt zu einer Tatsache in einem „Rechtsverhältnis“ stehen solle und diese Tatsache alsdann auf dieses „Rechtsverhältnis“ auch noch „rechtlich einwirkt“.

2. „rechtliche Einwirkung des Beweisergebnisses“ (auf selbiges Rechtsverhältnis) Unabhängig von obigen Erwägungen mag man fragen, wie das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens auf dieses „Rechtsverhältnis“ wiederum „rechtlich einwirken“ soll können.

Auch hier gilt: Das Ergebnis des (zulässigen) selbständigen Beweisverfahrens besteht denknotwendig aus Tatsachen (siehe oben), nämlich festgestellten oder nicht festgestellten Beweisbehauptungen. Im Repertoire juristischer Begriffe gibt es keine Vorstellung, wonach Tatsachen jemals auf Rechtsverhältnisse „rechtlich einwirken“ könnten.

Auf Rechtsverhältnisse „rechtlich eingewirkt“ wird durch Verträge, Verfügungen, sonstige Rechtsgeschäfte. Tatsachen wirken nicht auf etwas „ein“, sondern sie wirken sich allenfalls „aus“: Tatsachen vermitteln in Verbindung mit Rechtssätzen ein Rechtslage, die u.U. ein Rechtsverhältnis darstellen kann. Die Rechtswirkung einer Tatsache ist nicht der Tatsache immanent, sondern wird erst durch den Rechtssatz hervorgerufen. Eine „Einwirkung“ entsteht dabei nicht.

Nach alldem kann sich die Kammer auch eine „rechtliche Einwirkung des Beweisergebnisses“ anhand etablierter Rechtsbegriffe und einschlägigen Sprachgebrauchs nicht vorstellen und das Merkmal daher in keinem denkbaren Fall bejahen.

3. Kontrollüberlegungen

Die Kammer sieht sich auch nicht etwa aus anderen Gründen gedrängt, Teil-2 der BGH-Formel anzuwenden. Insbesondere dient es nicht der Prozessökonomie oder sonstiger Praktikabilität von selbständigen Beweisverfahren, wenn im Nebeninterventionsrecht nunmehr mit einem „Rechtsverhältnis“-Begriff operiert wird, der mit juristischen Denkkategorien nicht fassbar ist. Es ist kein besonderer Nutzen für den deutschen Zivilprozess darin erkennbar.

Eher würde Schaden entstehen in Form überflüssiger und zeitraubender Auseinandersetzungen und der Gefahr, dass die Konturen des Nebeninterventionsrechts verschwimmen. Entscheidungen der Gerichte wären am Ende kaum mehr prognostizierbar.

Zu befürchten ist nämlich, dass Streithelfer sich zunehmend versucht sehen werden, den neuartigen „Rechtsverhältnisbegriff“ für sich fruchtbar zu machen. Sie werden daraus die Folgerung abzuleiten trachten, dass sie im jeweiligen Fall unter jeglichen Beitrittsvarianten frei wählen könnten: Vielfach werden sie meinen, sie hätten immerhin ein „Rechtsverhältnis zu dem Gegenstand des Beweisverfahrens“, und darauf „wirke“ dessen Ergebnis ebenso „rechtlich ein“. Dieser Teil-2 der BGH-Formel wird, gerade weil er juristisch nicht fassbar ist, hohe Faszination ausüben, zahlreiche Beitrittswillige „ansprechen“ und ihnen das Gefühl vermitteln, sie seien damit gemeint.

Dieser Vorstellung verhaftet ist bereits im vorliegenden Fall die Beitrittswillige, wie sie mit Schriftsatz vom 9.1.2017 bekräftigt (dort fünfte Seite, vom Gericht nummeriert rechts unten mit „5“). Im Termin gab sie (wie alle anderen Erschienenen) klar zu erkennen, dass sie sich unter Teil-2 der Formel nichts vorstellen kann (Protokoll vom 20.1.2017, Seite 5). Aber sie folgert aus der bloßen Existenz von Teil-2 der Formel, dass der Beitritt selbst dann zulässig sein könne oder müsse, wenn er nicht unter Teil-1 der Formel passt (Protokoll vom 20.1.2017, Seite 4).

Zu befürchten steht, dass in Verfahren dieser Art zahlreiche Beitrittswillige versuchen werden, den Teil-2 der BGH-Formel als neuartigen „Rechtsverhältnisbegriff“ für sich zu reklamieren und gegen (obige) juristische Einwände damit zu verteidigen, wenn der BGH derartiges schreibe, dann müsse der Begriff schon deshalb irgendetwas bedeuten. Das wäre zwar ein unschlüssiges argumentum ad personam, kann aber dennoch erhebliche Prägekraft entfalten, namentlich am unteren und untersten Ende des Instanzenzuges.

Die Ansicht der Kammer bietet demgegenüber den Vorteil, dass § 66 Abs. 1 ZPO rechtssicher anwendbar bleibt und eine Reihe überflüssiger Komplikationen vermieden wird.

4. So ist nach der hier vertretenen „Theorie vom gedachten Hauptsacheprozess“ die Lösung des vorliegenden Falles einfach und kurz:

Der Beitritt ist unzulässig. Die Beitrittswillige kann rechtlich bloß daran interessiert sein, dass die eigene Hauptauftraggeberin (= Antragsgegnerin zu 1) in einem Hauptsacheprozess gegen die Antragsteller möglichst weitgehend obsiege.

4.1 Anders ergibt sich auch nicht aus dem „Gesamtschuld“-Argument.

Dieses Argument verfängt nicht: Gerade soweit die Antragsgegner sämtlich als Gesamtschuldner haften, wird es im Hauptsacheprozess der Antragsteller gegen die Antragsgegner nicht darauf ankommen, ob ein Mangel von der Baufirma (= Antragsgegnerin zu 1) allein verursacht ist oder aber von den Planern (= übrigen Antragsgegnern) oder aber etwa von der Beitrittswilligen.

4.2 Ferner fordert § 66 Abs. 1 ZPO ein Interesse daran, dass der Unterstützte obsiege, nicht: wie er obsiege. Ein Interesse an bestimmten Obsiegensgründen gibt es in § 66 Abs. 1 ZPO nicht. Am Obsiegen der Antragsteller (für sich genommen) kann die Beitrittswillige nicht interessiert sein. Die blanke Aussicht, dass die Antragsteller obsiegen, ist für die Beitrittswillige nicht „am zweitbesten“, sondern einfach nur ungünstig.

Was die Beitrittswillige in Wahrheit umtreibt, ist (etwaige Kosteninteressen einmal ausgeblendet) der Wunsch, es möge der Hauptsacheprozess bitte ein bestimmtes sachliches Ergebnis bringen, und hierfür möge bitte das Beweisverfahren einen bestimmten Gutachtensinhalt bereitstellen. Die Beitrittswillige will, dass sich im Urteil bestimmte Inhalte durchsetzen. Obsiegen können aber im Prozess nicht Inhalte, sondern nur Personen. Solche Personen nennt man „Partei“. So tut das auch § 66 Abs. 1 ZPO.

5.Hilfserwägung

Nach der (u.a. im vorigen Abschnitt 5.- kritisierten) Rechtsprechung des BGH lässt sich im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis erzielen. Auch mit der BGH-„Formel“ prosperiert die Beitrittswillige nicht.

Ihren Beitritt erachtet der BGH nur dann für zulässig, wenn sie in einem Rechtsverhältnis steht, und zwar (1) zu der unterstützten Partei oder (2) zu dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens; ferner müsste das Ergebnis des Beweisverfahrens auf dieses Rechtsverhältnis einwirken, und zwar entweder unmittelbar oder mittelbar, jedenfalls aber müsste diese Einwirkung „rechtlicher“ Art sein.

Nach diesen Maßstäben des BGH ist der Beitritt ebenfalls unzulässig.

5.1. Die Beitrittswillige steht in keinem Rechtsverhältnis zur unterstützten Partei.

5.2. Sie steht auch nicht in einem Rechtsverhältnis zum Gegenstand der Beweiserhebung:

Sie hat (als Subunternehmern der Antragsgegnerin zu 1) an dem Gebäude mitgebaut, dessen Zustand untersucht wird. Ein „Rechtsverhältnis“ zum Zustand entstand dadurch nicht - nur eine tatsächliche Beziehung. Ein Rechtsverhältnis entstand zur Antragsgegnerin zu 1 - das ist hier aber nicht „gefragt“, denn die Beitrittswillige will nicht mehr auf deren Seite stehen.

5.3 Zudem würde es an einer „rechtlichen Einwirkung fehlen. Im einzelnen:

5.3.1 Ließe man (vorbei am BGH und arguendi causa) ein rein tatsächliches Verhältnis der Beitrittswilligen zum Gebäudezustand ausreichen oder würde man kurzerhand ein „Rechtsverhältnis“ bejahen, dann könnte das Ergebnis der Beweiserhebung auf ein so verstandenes Verhältnis sicherlich auch (irgendwie) „einwirken“: Es könnte sich etwa herausstellen, dass die Beitrittswillige Mängel am Gebäude verursacht hat oder nicht.

5.3.2 Ob man diese „Einwirkung“ als „unmittelbare“ oder als eine „mittelbare“ verstünde, wäre einerlei, da beides laut BGH ausreichen soll.

5.3.3 Es würde sich aber um keine Einwirkung rechtlicher Art handeln.

Im selbständigen Beweisverfahren festgestellt werden nur Tatsachen. Betrachtet man irgendein „Verhältnis der Beitrittswilligen zum Gebäudezustand“, dann ändert sich dieses nicht durch Erkenntnisse über die Mangelverursachung. Solche wären von Einfluss ausschließlich auf das Rechtsverhältnis des Beitrittswilligen zur Antragsgegnerin zu 1. Die Antragsgegnerin zu 1 ist aber nicht der „Gegenstand der Beweiserhebung“ und nicht der, den die Beitrittswillige aktuell unterstützen will.

5.3.4. Die übrigen Argumente der Beitrittswilligen verfangen nicht.

Sie wären nach beiden Lösungen irrelevant. Zudem überzeugen sie schon in sich selbst nicht. Der BGH (VII ZB 2/15) bekam sie vom Vorgericht geliefert und hat sie nicht kommentiert - sondern dürr bemerkt, „im Ergebnis“ halte das der rechtlichen Überprüfung stand. Stimmig waren die Argumente keinesfalls. Im einzelnen:

5.3.4.1 Das „Gehörs-Argument“ verkennt die Systematik der ZPO:

Schneidet die Antragsgegnerin zu 1 ihren Streithelfern Fragen ab, so ist die Beitrittswillige (auch wenn sie die Antragsgegnerin zu 1 weiterhin unterstützen würde) nicht „gebunden“ an ein darauf beruhendes „nachteiliges Gutachten“, denn § 68 ZPO beließe ihr im Rückgriffsprozess jene Angriffs- und Verteidigungsmittel, mit denen die unterstützte Hauptpartei sie jemals nach § 67 am Ende ZPO gesperrt hätte.

Keine rechtliche Relevanz hätte es, dass „als Zwischenergebnis schon mal ein [für die Beitrittswillige] negatives“ Gerichtsgutachten entstehen mag (Protokoll vom 10.1.2017), denn dessen Prägekraft wäre erstens rein faktisch und zweitens bloß vorläufig. Dem BGH würde das nicht ausreichen, denn sonst hätte der BGH sich im Hallen-Fall (s.o.) beeindrucken lassen von der (vagen, aber immerhin nicht außerrechtlichen) Erwägung, das Gutachten des selbständigen Beweisverfahrens könnte später anderswo verwertet werden gemäß § 411 a ZPO.

Wenn die Beitrittswillige gegen die Antragsgegnerin zu 1 Beweise sichern und sich von ihr nicht nach § 67 ZPO behindern lassen will, dann kann sie gegen die Antragsgegnerin zu 1 ein eigenes selbständiges Beweisverfahren beantragen. Hier wird sie auch das nach § 485 Abs. 2 ZPO nötige „rechtliche Interesse“ leicht begründen können.

5.3.4.2 Das „Gesamtschuld-Argument“ verfängt nicht:

Obsiegt die Antragstellerseite gegen die Planer und vollstreckt dort, dann entlastet das zwar (vorläufig) den die Antragsgegnerin zu 1 als Mit-Gesamtschuldner. Die Kammer räumt ein: Damit ist auch mittelbar auf das Rechtsverhältnis „Antragsgegnerin zu 1 ./. Beitrittswillige“ eingewirkt, denn jeden Euro, den die Antragsteller bei den Planern vollstrecken würden, könnten sie sich anschließend nicht ein weiteres Mal von der Antragsgegnerin zu 1 „holen“. Die Antragsgegnerin zu 1 wird in dieser Höhe vermutlich auch nicht mehr auf die Beitrittswillige zukommen. Mittelbar mindert das den Rückgriff der Antragsgegnerin zu 1 auf die Beitrittswillige. Anders nur, wenn die Antragsgegnerin zu 1 von den Planern in Gesamtschuldnerinnenregress genommen wird und dadurch das Bedürfnis der Antragsgegnerin zu 1 doch wieder gesteigert würde, Rückgriff bei der Beitrittswilligen zu nehmen.

Betrachtet man - dieser folgend - dennoch einmal bloß die entlastende Wirkung, so ist diese aus Sicht der Beitrittswilligen dennoch eine bloß faktische (nämlich Zufall); rechtliche Qualität hat der Vorgang für die Beitrittswillige nicht. Der Vorgang erzeugt auch nicht etwa irgendein Verhältnis zwischen der Beitrittswilligen und den Antragstellern, die sie jetzt unterstützen möchte.

5.3.4.3 Das „Zweck-Argument“ ist haltlos.

Soweit „Sinn und Zweck des selbständigen Beweisverfahrens“ hier von Interesse sind, bestehen sie darin, den Hauptsacheprozess zwischen den Parteien vorzubereiten oder entbehrlich zu machen. (§ 485 Abs. 2 ZPO).

Der Gesetzgeber erachtete 1990 eine „Beteiligung Dritter“ am selbständigen Beweisverfahren für „wünschenswert“, insbesondere Streitverkündung und Nebenintervention. Beides regelte er aber bewusst nicht, sondern überließ die Frage der Rechtsprechung (siehe oben). Nichts spricht dafür, als habe der Gesetzgeber dem selbständigen Beweisverfahren die Aufgabe zugedacht, gleich noch sämtliche Rückgriffsprozesse innerhalb der Leistungskette zu vermeiden (oder vorzubereiten). Denn dadurch würde das Verfahren überfrachtet mit technischen Fragen, die im Verhältnis der Hauptparteien nichts zu suchen hätten. Nichts deutet darauf hin, dass das die Intention des Gesetzgebers von 1990 war - auch wenn es zu einer solchen Überfrachtung in der Praxis mittlerweile häufig kommt und das selbständige Beweisverfahren hierüber zu einer schwerfälligen und oft ineffizienten Prozessart geworden ist. Die Schuld daran mag man dem Gesetzgeber anlasten. Gewollt hat er das aber nicht. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber das selbständige Beweisverfahren seinerzeit als eine Art „Eilverfahren“ ausgemalt.

VI.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht München I Zwischenurteil, 02. Feb. 2017 - 11 OH 5865/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht München I Zwischenurteil, 02. Feb. 2017 - 11 OH 5865/13

Referenzen - Gesetze

Landgericht München I Zwischenurteil, 02. Feb. 2017 - 11 OH 5865/13 zitiert 13 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 426 Ausgleichungspflicht, Forderungsübergang


(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 485 Zulässigkeit


(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 66 Nebenintervention


(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. (2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 71 Zwischenstreit über Nebenintervention


(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht. (2) Gegen das

Zivilprozessordnung - ZPO | § 74 Wirkung der Streitverkündung


(1) Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, so bestimmt sich sein Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention. (2) Lehnt der Dritte den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rüc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 68 Wirkung der Nebenintervention


Der Nebenintervenient wird im Verhältnis zu der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört, dass der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei; er wird mit der Behauptung, dass die Hauptpartei den Rechtsstreit mange

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 422 Wirkung der Erfüllung


(1) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung. (2) Eine Forderung, die einem Gesamtschuldner zusteht, kann nicht von

Zivilprozessordnung - ZPO | § 67 Rechtsstellung des Nebenintervenienten


Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht München I Zwischenurteil, 02. Feb. 2017 - 11 OH 5865/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landgericht München I Zwischenurteil, 02. Feb. 2017 - 11 OH 5865/13 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landgericht München I Schlussurteil, 27. Okt. 2016 - 11 O 25452/10

bei uns veröffentlicht am 27.10.2016

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Hausverwaltung ... 132.530 € zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte für den Fall der Beseitigung der festgestellten Schallmängel durch Ein

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Nov. 2015 - VII ZB 2/15

bei uns veröffentlicht am 18.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB2/15 vom 18. November 2015 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 66 Abs. 1, § 71, § 485; BGB § 421 a) Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Nov. 2015 - VII ZB 57/12

bei uns veröffentlicht am 18.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 57/12 vom 18. November 2015 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 66 Abs. 1, § 71, § 485 a) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 Z

Referenzen

Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. Für ihn gelten die §§ 141 und 278 Absatz 3 entsprechend.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

(1) Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, so bestimmt sich sein Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention.

(2) Lehnt der Dritte den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt.

(3) In allen Fällen dieses Paragraphen sind gegen den Dritten die Vorschriften des § 68 mit der Abweichung anzuwenden, dass statt der Zeit des Beitritts die Zeit entscheidet, zu welcher der Beitritt infolge der Streitverkündung möglich war.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Hausverwaltung ... 132.530 € zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte für den Fall der Beseitigung der festgestellten Schallmängel durch Einbau biegeweicher Vorsatzschalen zum Ersatz folgender Schäden verpflichtet ist:

- Zahlung der mit der Beseitigung der festgestellten Schallmängel verbundenen eventuell anfallenden Folgekosten für eine Räumung, in Höhe von maximal bis zu 10.000 €,

- Zahlung eines Schadensersatzes für den eventuell anfallenden Flächenverlust durch die Mangelbeseitigung, in Höhe von maximal bis zu 75.000 €.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 52% und die Beklagte 48% zu tragen.

Für die Kosten der Nebeninterventionen hingegen gilt:

Von den Kosten der Nebenintervention der Streithelferin ... trägt die Klägerin 52%, die übrigen Kosten trägt die Streithelferin ... selbst.

Von den Kosten der Nebenintervention der Streithelferin ... trägt die Klägerin 37%, die übrigen Kosten trägt die Streithelferin ... selbst.

Von den Kosten der Nebenintervention der Streithelferin ... trägt die Klägerin 37%, die übrigen Kosten trägt die Streithelferin ... selbst.

Die Kosten der Nebenintervention der Streithelferin ... trägt die Klägerin vollumfänglich.

Von den Kosten der Nebenintervention des Streithelfers ... trägt die Klägerin 37%, die übrigen Kosten trägt der Streithelfer ... selbst.

Die Kosten der Nebenintervention der Streithelferin ... trägt die Klägerin vollumfänglich.

Von den Kosten der Nebenintervention der Streithelferin ... trägt die Klägerin 79%, die übrigen Kosten trägt die Streithelferin ... selbst.

Die Kosten der Nebenintervention der Streithelferin ... trägt die Klägerin vollumfänglich.

Von den Kosten der Nebenintervention der Streithelferin ... trägt die Klägerin 37%, die übrigen Kosten trägt die Streithelferin ... selbst.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

5. (Beschluss:) Der Streitwert wird festgesetzt wie folgt:

auf anfänglich 233.007 €,

auf 207.507 € ab dem 12.07.2011 (Zwischenvergleich über einzelne Positionen, Bl. 105 d.A.),

auf 207.007 ab dem 01.10.2011 (übereinstimmende Teilerledigung des Mangels „Verpressspuren“),

auf 50.000 € ab dem 03.09.2015 (Verkündung des Teilurteils),

auf 224.230 € ab dem 11.08.2016 (Eingang der Klageerweiterung bezüglich Antrags 3.- bei Gericht).

Mit Blick auf die Streithelfer (mit Ausnahme der Streithelferin ..., für die obige Streitwertfestsetzung gilt) werden gesonderte Streitwerte festgesetzt wie folgt:

...: anfänglich 50.000 €, 224.230 € ab dem 11.08.2016,

...: anfänglich 50.000 €, 224.230 € ab dem 11.08.2016,

...: 101.507 €,

...: anfänglich 50.000 €, 224.230 € ab dem 11.08.2016,

...: 101.507 €,

...: 154.507 €,

...: 101.507 €,

...: anfänglich 50.000 €, 224.230 € ab dem 11.08.2016.

Tatbestand

Dieses Schlussurteil betrifft nur noch den klägerischen Antrag 3.- (Schallschutzmängel in den Wohnungen 17 - ... 3 - ... 5 - ... 9 - ..., 10 - ..., 15 - ... 20 - ..., 22, 25, 26). Die Klägerin verlangte zunächst Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung (Bl. 19 d.A.), stellte nach Vorlage des Ergänzungsgutachtens des SV ihren Antrag aber klageerweiternd um auf Schadensersatzzahlung (Bl. 458/460 d.A.).

I. Unstreitiges

Unumstritten ist zwischen den Parteien davon auszugehen, dass der so genannte erhöhte Schallschutz gemäß Beiblatt 2 zur DIN 4109 den vertraglichen Standard bildet (Bl. 19/34 d.A.). Die Klägerin hält die Geräuschbelastung in zahlreichen Wohnungen für deutlich überhöht. Die Beklagte hat dies bestritten, indem sie angab, der erhöhte Schallschutz gemäß Beiblatt 2 zur DIN 4109 sei eingehalten, daher würden auch keine Mangelbeseitigungskosten von 50.000,00 € anfallen (Bl. 34 d.A.).

II. Die Klägerin behauptet,

Antrag 3 rechtfertige sich daraus, dass zahlreiche Wohnungen Schallschutzmängel aufweisen würden. Dass im Gerichtsverfahren zunächst nur zwei Wohnungen begutachtet worden sind, sei eine rein vorläufige Beschränkung aus Kostengründen gewesen. Dass die Mängel der übrigen Wohnungen ebenfalls vorliegen, sei und bleibe unter Sachverständigenbeweis gestellt (Bl. 334 d.A.).

Die Klägerin behauptete zunächst: Zur Beseitigung der Schallmängel sei insgesamt ein Betrag von 50.000,00 € mindestens erforderlich und könne daher als Kostenvorschuss verlangt werden. Gegenstand des Kostenvorschussanspruches seien auch Kosten der Beräumung, die aber von den Gerichtssachverständigen bisher, noch nicht berücksichtigt seien (Bl. 335 d.A.).

Außerdem werde eine Minderfläche anfallen, wenn mit biegeweichen Vorsatzschalen saniert werde. Die Klägerin kündigte zunächst nur an, diese ebenfalls von den Gerichtsgutachtern bisher nicht eingepreiste Geldsumme (Bl. 335 d.A.) unter Umständen irgendwann noch als Schadensersatz einzuklagen (Bl. 349 d.A.), und setzte dieses Vorhaben nach Ergänzungsgutachten in die Tat um (Bl. 458/460 d.A.).

Sie behauptet nunmehr (unter Klageerweiterung und Umstellung auf Schadensersatz): Räumungs- und Einlagerungskosten werden in Höhe von mindestens 10.000 € netto anfallen (Bl. 458 d.A., SVG). Der Flächenverlust von insg. 10 m² führe zu einem Schadensersatz in Höhe von 75.000 €: Denn der Wert der Wohnung sei mit 7.500 €/m² anzusetzen (Bl. 458 d.A., SVG). Abzustellen sei aus Rechtsgründen nicht auf den Anschaffungswert (Bl. 459 d.A.).

Ihr Klageantrag setzt sich zusammen aus Schadensersatz in Höhe der fiktiven Mangelbeseitigungskosten (139.230 € netto) plus 10.000 € für die Räumung und 75.000 € für den Flächenverlust (Bl. 459 d.A.).

III. Antrag (Klageantrag 3.-)

Die Klägerin hat zunächst beantragt (in Klageantrag 3.-):

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Hausverwaltung ... einen Betrag von 50.000,00 € als Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung zu bezahlen.

Sie hat ihre Klage unter dem 11.08.2016 in Antrag 3.- (unter Umstellung auf Schadensersatz) erweitert und beantragt zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Hausverwaltung ..., einen Betrag in Höhe von 224.230,00 € zu zahlen.

Hilfsweise (für den Fall, dass die Kammer die Sachdienlichkeit der Klageumstellung nicht annehme, Bl. 494 d.A.): Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger[in] zu Händen der Hausverwaltung ... einen Kostenvorschuss zu Mängelbeseitigung in Höhe von 177.538,70 € zu bezahlen. Ergänzend wird die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu Händen der Hausverwaltung ... Schadensersatz in Höhe von 75.000,00 € zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Streithelfer

...

haben sich dem Klageabweisungsantrag der Beklagten für die in diesem Schlussurteil noch interessierenden Anträge der Klägerin angeschlossen (Bl. 495 d.A.).

IV. Die Beklagte behauptet,

der hier noch interessierende Klageantrag 3.- sei unbegründet, da die erforderlichen Schalldämmwerte eingehalten seien.

Eine Natursteinplatte in Wohnung 7 (= Küchenarbeitsplatte) sei „mutmaßlich“ von dem Eigentümer der Wohnung installiert worden, nicht von der Beklagten. Jedenfalls für diesen Schallmangel sei die Beklagte nicht verantwortlich (Bl. 457 d.A.). Daher seien jedenfalls 9.996 € der Mängelbeseitigungskosten nicht von der Beklagten zu tragen (Bl. 457 d.A.).

Mit Blick auf die Klageerweiterung bestritt die Beklagtenseite einen aktuellen Wert der Wohnungen von 7.500 €/m² (Streithelferin ... Bl. 475 d.A.; Streithelfer ... Bl. 478 d.A.: allenfalls Hälfte; Streithelferin ... Bl. 484 d.A.) und unterstrich ihre Rechtsauffassung, es sei auf den Wert bei Vertragsschluss abzustellen (Bl. 475 d.A.). Außerdem könne sie die Mangelbeseitigung auch ohne Flächenverlust durchführen, wie die Kammer und die Klägerin aus dem Verfahren 11 O 8881/10 [nicht: 11 O 8181/10] wüssten.

Auch die geltend gemachten Räumungs- und Einlagerungskosten bestritt die Beklagtenseite (Bl. 478 d.A., durch den Streithelfer ...; Bl. 483/484 durch die Streithelferin ...).

V. Prozessuales

Die Kammer hat am 03.09.2015 Teilurteil erlassen (Bl. 358/376 d.A., mit Berichtigungsbeschluss vom 09.11.2015 Bl. 392/393 d.A.), worauf sie Bezug nimmt. Nicht entschieden wurde in dem Teilurteil nur über Klageantrag 3.-. Am 04.09.2015 hat die Kammer Beweisbeschluss zu den behaupteten Schallmängeln in allen Wohnungen erlassen, und den Parteien zugleich eine vergleichsweise Einigung über die Schallmängel vorgeschlagen (Bl. 377/380 d.A.). Eine gütliche Einigung zu dem Komplex „Schallmängel“ mochte nicht gelingen. Zuvor hatte der SV ... nach Rückfrage (Bl. 231/4 d.A.) und Bitten der Klägerin (hinter Bl. 250 d.A.) nur die Wohnungen 15 und 17 untersucht, aus denen sich indes keine Rückschlüsse auf die übrigen Wohnungen ergaben (Bl. 349 d.A.).

Die Klägerin hat nach Vorlage des Ergänzungsgutachtens ihren Antrag „4“ (gemeint war Antrag 3, Bl. 493 d.A.) erweitert und umgestellt auf Schadensersatz statt Kostenvorschuss für Mangelbeseitigung (Bl. 458/460 d.A.).

Das Gericht hat den Sachverständigen zu den Fragen der Streithelfer ... (Bl. 445/446 d.A.), ... (Bl. 447/448 d.A.), der Beklagten (Bl. 457 d.A.) und der Klägerin (Bl. 458 d.A.) angehört (Bl. 488/493 d.A.). Auf beide Gutachten des Sachverständigen vom 25.03.2013 (Bl. 270/284 d.A.) und vom 12.05.2016 (Bl. 406/432 d.A.) sowie die Sitzungsprotokolle vom 07.07.2015 (insb. Bl. 347/349 d.A.) und vom 20.09.2016 (Bl. 488/493 d.A.) nimmt die Kammer zur Darlegung des Ergebnisses der Beweisaufnahme Bezug.

Im Übrigen nimmt die Kammer Bezug auf alle zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, sowie alle gerichtlichen Verfügungen, Beschlüsse und Protokolle.

Gründe

Die Klage ist, soweit in diesem Schlussurteil noch über sie zu entscheiden war, zulässig und begründet.

A. Sie ist zulässig.

Die Klägerin ist – auch mit Blick auf die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Räumung und Flächenverlusten prozessführungsbefugt. Diese Ansprüche betreffen zwar das Sondereigentum, die Klägerin macht sie jedoch in gewillkürter Prozessstandschaft geltend (K 12, K 14, BGH NJW 2007, 1952, 1955).

Die Umstellung von Kostenvorschuss auf Schadenersatz war sachdienlich, § 264 Nr. 3 ZPO.

B. Die Klage ist auch überwiegend begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von fiktiven Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 132.530 €.

(Derzeit) Nicht begründet ist der Anspruch auf Schadensersatz mit Blick auf die Räumungskosten und den geltend gemachten Flächenverlust. Diesbezüglich war die Klägerin auf eine Feststellung (in Ziff. 2.- dieses Schlussurteils) verwiesen.

I. Anspruch auf Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 132.530 € netto

(geltend gemacht: 139.230 € netto, Bl. 459 d.A., plus Räumungskosten 10.000 €)

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 132.530 €.

1.- Das Gewerk der Beklagten war mangelhaft: Es bestehen Schallschutzmängel.

a.- Die Beklagte schuldete unstreitig einen erhöhten Schallschutz nach Beiblatt zur DIN 4109. Beiblatt 1 zur DIN 4109 sieht als erforderlich an einen Wert R'w ≥ 53 dB. Beiblatt 2 zur DIN 4109 enthält als Vorschlag für einen erhöhten Schallschutz den Wert R'w ≥ 55 dB.

b.- Der Wert der DIN 4109, Beiblatt 1, wird nach den Feststellungen des Sachverständigen nur in einem von vier Fällen erreicht (Anlage B2; nicht erreicht: Anlagen B9, B12, B22). Der Wert der DIN 4109, Beiblatt 2, wird nicht erreicht.

(1) Aus sachverständiger Sicht ist die Luftschalldämmung der Wohnungstrennwände schon mit Blick auf den Mindestschallschutz unzureichend (Bl. 426 d.A., S. 21 des Gutachtens).

(2) Die Trittschalldämmung der Geschossdecken (auch im Hausflur) ist mangelhaft (S. 21 des Gutachtens, Bl. 426 d.A.).

(3) Die Geräusche aus Wasserinstallationen genügen noch nicht einmal den Anforderungen des Mindestschallschutzes (S. 22 des Gutachtens, Bl. 427 d.A.).

Den Feststellungen des Sachverständigen folgt das Gericht umfassend. Der Sachverständige ... ist der 11. Zivilkammer als kompetenter und unparteiisch arbeitender Sachverständiger bekannt. Seine schriftliche Ausarbeitung ist für das Gericht plausibel. Der Sachverständige erläuterte auch bei seiner mündlichen Anhörung die von ihm gefundenen Ergebnisse nachvollziehbar und widerspruchsfrei.

c.- Diese technischen Abweichungen sind auch rechtlich als Mangel am Gewerk der Beklagten einzuordnen.

d.- Zur Mangelbeseitigung sind nach Einschätzung des SV, der das Gericht folgt, folgende Maßnahmen erforderlich:

(1) Anbringung einer einseitig montierten Vorsatzschale an allen Wohnungstrennwänden, was nach sachverständiger Einschätzung insg. 48.750 € netto kosten wird (Bl. 428, 430 d.A.). Dem folgt das Gericht.

Anzusetzen sind vor Mangelbeseitigung nur die Nettokosten (BGH NJW 2010, 3085), was die Klägerin in ihrer Antragstellung bereits berücksichtigt hat.

(2) Zur Beseitigung der Mängel an der Trittschalldämmung muss zunächst die Natursteinplatte in der Küche 7 freigelegt und gelöst werden (2.500 € netto). Sofern der Trittschallmangel hierauf fortbesteht, sind weitere Schritte erforderlich (S. 23/24 des Gutachtens).

Zuzusprechen sind der Klägerin hier nur 2.500 € netto: Denn die Klägerin kann im Wege des Schadensersatzes nur „sicher“ anfallende Mangelbeseitigungskosten verlangen, weil sie über zugesprochenen Schadensersatz nicht abrechnen muss (BGH NJW 2010, 3085, 3086). Es ist aber gerade nicht sicher, dass die weiteren Schritte erforderlich sind. Das Gericht hatte auf diese Auffassung hingewiesen (Bl. 468 d.A.).

Die Beklagte prosperiert nicht mit ihrer Argumentation, sie sei für die hier gegebene Überschreitung der Schallwerte nicht verantwortlich, weil die Steinplatte – die auch für die Schallwerte verantwortlich sein könne – nicht von ihr eingebaut worden ist (Bl. 457 d.A.).

Die Beklagte war, da das Vorhaben noch nicht abgenommen ist, für die Mangelfreiheit beweisbelastet. Nach den Feststellungen des Sachverständigen steht aber gerade nicht fest, dass ihr Gewerk mangelfrei ist.

(3) Für die Beseitigung der Trittschallmängel in den Hausfluren (fehlende Trennung Estrichplatten im Bereich der Wohnungseingangstüre) müssen nach den Feststellungen des Sachverständigen die Estrichplatten getrennt werden, des Weiteren muss ein Fugenprofil eingebaut werden (Bl. 429 d.A.). Das wird nach den Feststellungen des Sachverständigen, denen das Gericht folgt, 800 € netto je Wohnungseingangstür kosten, mitgin, insg. 19.200 € netto (Bl. 429/430 d.A.).

(4) Für die Beseitigung der Mängel an den Wasserinstallationen müssen die Rohrinstallationen neu isoliert werden; die Zuleitungen müssen freigelegt und entkoppelt werden, und auch die Armaturen müssen entkoppelt montiert werden (Bl. 429 d.A.). Das wird nach den Feststellungen des SV, denen das Gericht folgt, 1.500 € netto pro Bad kosten, somit insg. 21.000 € netto (Bl. 430 d.A.).

(5) Auch die Kosten für Abnahmemessungen nach Überprüfung (geltend gemacht 4.500 €) kann die Klägerin verlangen. Auch Kosten der Erfolgskontrolle gehören zu den Mangelbeseitigungskosten.

(6) Bauleitungskosten kann die Klägerin nur in Höhe von 20% auf die zugesprochenen Mangelkosten verlangen, mithin in Höhe von 18.290 €.

(7) Auch 20% für Unvorhergesehenes kann die Klägerin verlangen: Denn der Sachverständige gab auf Nachfrage im Rahmen seiner Anhörung an, dass die Kosten für Unvorhergesehenes aus technischer Sicht sicher anfallen, dass nur unsicher ist, wofür sie anfallen werden (Bl. 493 d.A., S. 8 des Protokolls vom 20.09.2016).

Es ist auch nicht überraschend, dass das Gericht die 20% für Unvorhergesehenes nun zuspricht, obwohl es zuvor darauf hingewiesen hatte, dass für Unvorhergesehenes nichts zuzusprechen sei (Bl. 468 d.A.). Denn der Sachverständige hat seinen Ansatz für „Unerwartetes“ in der Sitzung erläutert und präzisiert, dass es nicht um einen bloßen „Unsicherheitsaufschlag“ gehe, sondern um sicher anfallende Kosten. Mithin ist es eine Frage der Beweiswürdigung, dass das Gericht die 20% zuspricht.

(8) Für die Räumung kann die Klägerin nichts verlangen.

Der Sachverständige stellte schon fest, dass eine Räumung und Einlagerung grundsätzlich nicht erforderlich ist. Allenfalls könnte erforderlich werden, in den Schlafzimmern die Betten zu „zerlegen“, so dass die Bewohner ausweichen müssten (Bl. 492 d.A.). Dass aus Platzgründen die Betten zerlegt werden müssten (in wie vielen/welchen Wohnungen?), hat die Klägerin aber nicht dargetan.

Hinzu kommt: Es ist nicht sicher, dass die Räumungskosten tatsächlich anfallen werden. Denn die Räumungskosten werden nur anfallen, wenn die Klägerin die Mangelbeseitigung durchführt. Zum Schadensersatz auf Basis der fiktiven Nettomangelbeseitigungskosten sind die Räumungskosten daher nicht zu rechnen (dazu noch sogleich unter II.-). Denn nur sicher anfallende Kosten kann die Klägerin verlangen. Die Zahlung etwaiger Räumungskosten nach Mangelbeseitigung werden von dem Feststellungsantrag unter 2.- erfasst (dazu noch sogleich mit gleicher Begründung zu dem Anspruch auf Schadensersatz unter II.-).

(9) Die Klägerin kann mithin insg. 132.530 € verlangen, tabellarisch dargestellt wie folgt:

Mangel

Ansatz Klägerin

zugesprochen

Luftschall

48.750

48.750

Trittschall

6.000

2.500

Trittschall Hausflur

19.200

19.200

Bäder

21.000

21.000

Überprüfung

4.500

4.500

Bauleitung 20%

19.890

18.290 € (20% aus insg. 91.450 € netto)

Unvorhergesehenes 20%

19.890

18.290 (20% aus insg. 91.450 € netto)

Räumung

10.000

0

Insg.

149.230

132.530

e.- Zur Klarstellung: Durch den zur Mangelbeseitigung vorgesehenen Einbau der Vorsatzschalen tritt keine Unmöglichkeit der Nacherfüllung i.S.d. § 275 Abs. 1 BGB ein. Denn die Mangelbeseitigung darf auf eine Weise erfolgen, die vertraglich nicht vorgesehen ist. Außerdem beruft sich die Klägerin auf die von dem Sachverständigen vorgeschlagene Mangelbeseitigung mittels Vorsatzschalen.

II. Kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Flächenverlustes

(geltend gemacht: 75.000 €)

Die Klägerin kann für den voraussichtlichen Flächenverlust nach Mangelbeseitigung derzeit nicht die Zahlung von Schadensersatz verlangen. Der Flächenverlust ist noch nicht eingetreten, ein Schaden daher noch nicht entstanden.

1.- Zwar kann die Klägerin grundsätzlich Ersatz der für die Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, sowie Schäden am sonstigen Eigentum des Auftraggebers, die im Zuge der Nachbesserung zwangsläufig entstehen (etwa BGH NJW-RR 2003, 878, 879). Der Auftragnehmer muss grundsätzlich auch Aufwendungen erstatten, die durch die Ermöglichung von Mängelbeseitigungsarbeiten entstehen (etwa Hotelkosten wegen des erforderlichen Auszugs, s. BGH NJW-RR 2003, 878, 879, worauf sich auch die Klägerin stützt). Hierzu zählt auch der geltend gemachte Flächenverlust: Denn die betroffenen Mitglieder der Klägerin müssen die Flächen „bereit stellen“, um die Mangelbeseitigung zu ermöglichen.

Aufwendungen, die zu der Ermöglichung von Mangelbeseitigungsarbeiten erforderlich sind, kann die Klägerin aber nicht vor Mangelbeseitigung geltend machen. Denn die Geltendmachung eines Schadensersatzes auf Basis der fiktiven Mangelbeseitigungskosten darf nicht zu einer Überkompensation der Klägerin führen (für die Frage der Umsatzsteuer BGH NJW 2010, 3085). Wenn die Klägerin die Mangelbeseitigung nicht durchführen lässt, entsteht kein Flächenverlust. Ein Zahlungsanspruch ist daher derzeit nicht gegeben (in diesem Sinne auch für Räumungskosten KG vom 31.01.2014, 7 U 30/13; Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, § 636 BGB Rn. 78 a.E.).

Nichts anderes folgt aus der vorzitierten Entscheidung des BGH zu den Hotelkosten. Diese Entscheidung erging vor dem Urteil über die Ersatzfähigkeit der Umsatzsteuer vor Mangelbeseitigung. Der Kammer erscheint fraglich, ob der BGH im Lichte seiner späteren Entscheidung an der Zusprechung von Hotelkosten vor Mangelbeseitigung festhalten wird (in diesem Sinne auch OLG Düsseldorf, NZM 2015, 174, 177).

2.- Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt nichts anderes daraus, dass § 249 Abs. 2 S. 2 BGB eine „Ausnahmeregelung“ darstelle (zu Bl. 499 d.A.). § 249 Abs. 2 S. 2 BGB versteht die Kammer nicht abschließend derart, dass der Gesetzgeber mit Ausnahme der Umsatzsteuer im Falle der Berechnung des Schadensersatzes anhand fiktiver Mangelbeseitigungskosten alle fiktiven Posten zubilligen wollte. Die Begründung des Gesetzesentwurfs wollte eine („behutsame“) Korrektur bei der Umsatzsteuer vornehmen, um es „im Übrigen der Rechtsprechung zu überlassen, das Sachschadensrecht zu konkretisieren und weiterzuentwickeln“ (BT-Drucksache 14/7752 S. 14). Unstreitig ist die Berechnung des Schadens anhand der abstrakten/fiktiven Mängelbeseitigungskosten zulässig. Auch diese Berechnungsmethode findet indes ihre Grenze an dem Verbot der Bereicherung des Geschädigten an dem Schadensersatzanspruch (siehe zu letzterem BGH NJW 2005, 1108; BGH NJW 2012, 50, 51, m.w.N.).

3.- Eine Ersatzfähigkeit folgt auch nicht aus dem Grundsatz der Ersatzfähigkeit des sog. merkantilen Minderwerts. Denn bei dem geltend gemachten Flächenverlust handelt es sich nicht um einen merkantilen Minderwert: Das wäre ein verringerte Verwertbarkeit der Immobilie, die gerade dadurch entsteht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise geringeres Vertrauen in die Qualität der nachgebesserten Immobilie als in die Qualität einer von Vornherein vertragsgemäß errichteten Immobilie haben (siehe etwa BGH NJW 2013 525, 527 m.w.N.). Nach dem klägerischen Vortrag geht es aber um einen technischen Minderwert, worauf die Kammer hingewiesen hat (Bl. 494 d.A. = S. 9 des Protokolls vom 20.09.2016). Ein merkantiler Minderwert ist nicht vorgerechnet.

4.- Nichts anderes folgt daraus, dass in der Rechtsprechung bei Beschädigung eines Kfz Schadensersatz auf Basis eines fiktiven Nutzungsausfalls zugesprochen wird, unabhängig davon, ob der Berechtigte tatsächlich einen Ersatz-Pkw anmietet (siehe hierzu nur Palandt-Grüneberg, 74. Auflage, § 249 BGB Rn. 40 m.w.N.). Auf andere Gebrauchsvorteile ist diese Sonderrechtsprechung nach der Entscheidung des Großen Senats NJW 1987, 50 gerade nicht allgemein übertragbar. Vor allem aber knüpft auch die Nutzungsentschädigung jedenfalls an einen tatsächlich bestehenden Verlust der Gebrauchsmöglichkeit an. Hier ist gerade fraglich, ob die Gebrauchsmöglichkeit in der Fläche tatsächlich verloren geht – das wird nur dann der Fall sein, wenn die Mangelbeseitigung tatsächlich durchgeführt wird, s.o.

5.- Der Klägerin war auch nicht deswegen etwas für den Flächenverlust zuzusprechen, weil sie im Falle eines Wiederverkaufs den Schallschutzmangel und den bei Mangelbeseitigung eintretenden Flächenverlust offenlegen müsste, so dass sie schon jetzt einen Schaden hätte (zu Bl. 494 d.A.). Es sind zwei Konstellationen denkbar: Die Klägerin lässt die Mangelbeseitigung durchführen – dann kann sie (über die Feststellung in Ziff. 2.- des Urteils) auch den Schaden wegen des Flächenverlustes ersetzt verlangen. In diesem Fall verbleibt bei der Klägerin allenfalls noch ein merkantiler Minderwert als Schaden, zu dem klägerischer Vortrag fehlt.

Lässt die Klägerin die Mangelbeseitigung nicht durchführen, hat sie zwar eine Immobilie, die weniger wert ist als eine mangelfrei errichtete Immobilie. Den insofern bestehenden Schaden aber hat die Klägerin nicht vorgerechnet. Die Klägerin müsste hier nämlich folgende Vergleichsberechnung anstellen: Vergleich des Wertes eines Hauses ohne Schallmangel (worauf die Klägerin Anspruch hatte) und des Wertes eines Hauses mit dem hier bestehenden Schallmangel. Das Gericht ist nicht überzeugt davon, dass sich der „Minderwert“ eines Hauses mit Schallmangel zusammensetzt aus Mangelbeseitigungskosten plus Flächenverlust. Vielmehr käme es doch darauf an, was am Markt für eine Immobilie mit dem Schallmangel bezahlt würde.

6.- Schließlich ist die Entscheidung auch nicht etwa deshalb unbillig, weil die Klägerin „doch ohnehin schon“ die preisgünstigere Variante der Mangelbeseitigung mit den für sie nachteiligen größten Flächenverlusten wählt (zu Bl. 500 d.A., S. 3 des SS vom 20.09.2016): Erstens hat der Sachverständige festgestellt, dass auch bei Austausch der Wände ein gewisser Raumverlust eintreten würde (Bl. 493 d.A.). Zweitens kann die Kammer einmal unterstellen: Der Raumverlust bei Austausch der Betonwände wäre geringer, und die Klägerin könnte diese Art der Mangelbeseitigung wählen, ohne gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (etwa BGH NJW 2012, 50, 51) zu verstoßen: Anhand dieser Mangelbeseitigung berechnet die Klägerin ihren Schadensersatz aber aus eigener Entscheidung gerade nicht. Dafür hat sie ihre Gründe (z.B. mag es sein, dass die Klägerin allzu intensive Eingriffe in die Bausubstanz vermeiden und daher keine Wände wegreißen will.) Das gibt ihr nicht das Recht, unter Verstoß gegen das Überkompensationsverbot Posten geltend zu machen, die bei der teureren Mangelbeseitigungsvariante vielleicht in geringerem Umfang anfielen. Vielmehr hätte sie ihren Schadensersatzanspruch dann anhand der teureren Mangelbeseitigungsvariante mit den geringeren Flächenverlusten berechnen müssen.

Die Klägerin ist auch durch die Feststellung in Ziff. 2.- des Tenors hinreichend vor einer Unbilligkeit geschützt.

7.- § 251 Abs. 1, 2. Alt. BGB ist nicht einschlägig: Denn es liegt kein Fall vor, wonach die „Herstellung“ (hier Mangelbeseitigung) zur Entschädigung der Klägerin nicht ausreichend ist. Der Einbau von biegeweichen Vorsatzschalen würde den Schallmangel beseitigen. Erst durch die Mangelbeseitigung würde der Flächenverlust eintreten. Mithin tritt der Flächenverlust nicht von vornherein neben die Mangelbeseitigung. Vielmehr tritt (erst!) bei Durchführung der Mangelbeseitigung durch Einbau der biegeweichen Vorsatzschalen ein Schaden der Klägerin ein, der als Mangelfolgeschaden zu ersetzen ist.

8.- Die Klägerin war über einen Feststellungsausspruch abzusichern, den das Gericht als „Weniger“ zu dem Leistungsantrag zusprechen durfte (Zöller-Vollkommer, 30. Auflage, § 308 ZPO Rn. 4).

Zugunsten der Klägerin war die tenorierte Feststellung auszusprechen.

a.- Unerheblich war die Auffassung des Streithelfers ..., der Flächenverlust sei nicht zwingend (zu Bl. 478 d.A.). Die Klägerin darf die Art der Mangelbeseitigung wählen. Aus mehreren technisch gleichwertigen Mangelbeseitigungsmöglichkeiten hat sie zwar auf Basis des Gebots der Wirtschaftlichkeit zu wählen. Der Streithelfer ... trägt aber schon nicht vor, was der Einbau eines leiseren Aufzugs kosten würde.

Bei Heranziehung der aus dem Parallelverfahren 11 O 8881/10 gerichtsbekannten Kosten für den Einbau eines leiseren Aufzugs (300.000 €) ist das Vorbringen des Streithelfers ... indes nach § 67 ZPO a.E. unwirksam: der Streithelfer trägt zwar nicht widersprüchlich vor, aber doch für die Beklagte nachteilig (hierzu BeckOK-Dressler, § 67 ZPO Rn. 18). Denn es ist für die Beklagte wirtschaftlich nachteilig, höhere Kosten als die von der Klägerin verlangten zu tragen, mag dies auch für den Streithelfer positiv sein.

b.- Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Schaden hier nicht durch § 4 Ziff. 10 c des Vertrags K 3 ausgeschlossen. Denn die Klausel erfasste von ihrem telos her nicht einen Flächenverlust durch eine nachträgliche Mangelbeseitigung (in diesem Sinne auch LG Nürnberg-Fürth, NJW-RR 1989, 1106, 1107).

c.- Zur Klarstellung: Über die Höhe eines eventuell zuzusprechenden Schadensersatzanspruchs befindet das Gericht in diesem Urteil nicht. Die Obergrenzen in dem Feststellungsausspruch sind Ausfluss des § 308 ZPO: Das Gericht darf nicht über den Antrag der Klägerin hinausgehen, und hat daher keine „unbegrenzte“ Feststellung ausgesprochen, sondern eine nach oben in Höhe des klägerischen Antrags begrenzte. Das bedeutet nicht, dass im Falle einer Mangelbeseitigung und eines damit einhergehenden Flächenverlusts der Klägerin 75.000 € zuzusprechen sein werden. Vielmehr wird über die Höhe des Schadens gesondert Beweis zu erheben sein.

C.- Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

D.- Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 a, § 92, § 101 ZPO.

In diesem Schlussurteil war über die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu entscheiden.

I.- Abzustellen war auf einen fiktiven Streitwert in Höhe von 407.435,24 € (Klage plus Klageerweiterung, ohne Berücksichtigung der streitwertreduzierenden Umstände, plus RA-Kosten in Klageeantrag 4.-).

II.- Die Verteilung der Kosten ergab sich danach wie folgt:

1.- Die Höhe des übereinstimmend für erledigt erklärten Mangels (Verpresspuren) schätzt das Gericht auf 500 €. Dieser Mangel wurde unstreitig erst nach Klageerhebung beseitigt, so dass die Beklagte die Kosten trägt, § 91 a ZPO.

Für den Zwischenvergleich war von Kostenaufhebung auszugehen, § 98 S. 1 ZPO, so dass die Klägerin hier in Höhe von 12.750 € gewinnt, und in gleicher Höhe verliert.

2.- Von dem nicht erledigten Teil obsiegte die Klägerin in Antrag 1.- in Höhe von 25.575 € von 139.007 € (Streitwert des Antrags 1.- nach Zwischenvergleich). Sie verlor mithin in Höhe von 113.432 €.

3.- In Antrag 2.- obsiegte die Klägerin voll (15.000 €).

4.- In Antrag 3.- obsiegt die Klägerin in Höhe von 132.530 € von 224.230 € (Zahlung). Als Teilobsiegen ist auch die Feststellung anzusetzen, die das Gericht hier mit 8.500 € ansetzt (10% der für die Räumung und den Flächenverlust geltend gemachten Beträge). Das sind insg. 141.030 €. Die Klägern verliert mithin in Höhe von 83.200 €.

5.- In Antrag 4.- verlor die Klägerin voll, mithin in Höhe von 3.198,24 €.

6.- Insgesamt verliert die Klägerin in Höhe von 212.580,24 €, die Beklagte in Höhe von 194.855 €. Die Klägerin trägt daher gerundet 52% der Kosten, die Beklagte 48%, §§ 91 a, 92 ZPO.

III.- Die Kosten der Streithelfer waren gesondert auszusprechen wie tenoriert, § 101 ZPO (überzeugend Zöller-Herget, 30. Auflage, § 101 ZPO Rn. 2 a.E.).

1.- Die Beklagte hatte der Streithelferin ... vollumfänglich den Streit verkündet, daher war die Entscheidung mit Blick auf die ... analog der Entscheidung zwischen den Hauptparteien zu treffen.

2.- Die ... hatte der Streithelferin ... den Streit mit Blick auf die gerügten Schallmängel verkündet.

a.- Der Streitwert für die Schallmängel beläuft sich auf

  • -anfänglich 50.000 €

  • -auf 224.230 € ab dem 11.08.2016.

b.- Hiervon obsiegt die Klägerin in von 141.030 € und verliert in Höhe von 83.200 €.

c.- Die Klägerin hat mithin gerundet 37% der Kosten der Streithelferin ... zu tragen.

3.- Auch der Streithelferin ... hatte die ... den Streit nur mit Blick auf die Schallmängel verkündet.

a.- Der Streitwert für die Schallmängel beläuft sich auf

  • -anfänglich 50.000 €

  • -auf 224.230 € ab dem 11.08.2016.

b.- Hiervon obsiegt die Klägerin in von 141.030 € und verliert in Höhe von 83.200 €.

c.- Die Klägerin hat mithin gerundet 37% der Kosten der Streithelferin ... zu tragen.

4.- Der Streithelferin ... hatte die ... den Streit verkündet mit Blick auf die gerügten Dachmängel (Bl. 61 ff. d.A.), ebenso die Streithelferin ... (Bl. 112 d.A.).

a.- Die Klägerin machte hier einen Minderungsbetrag in Höhe von 101.507 € geltend (Bl. 7 d.A.), der als Streitwert anzusetzen ist.

b.- Die Klägerin hat hier voll verloren (Teilurteil S. 11).

c.- Daher hat sie die Kosten der Streithelferin ... zu 100% zu tragen.

5.- Dem Streithelfer ... hatte die ... den Streit nur mit Blick auf die Schallmängel verkündet.

a.- Der Streitwert für die Schallmängel beläuft sich auf

  • -anfänglich 50.000 €

  • -auf 224.230 € ab dem 11.08.2016.

b.- Hiervon obsiegt die Klägerin in von 141.030 € und verliert in Höhe von 83.200 €.

c.- Die Klägerin hat mithin gerundet 37% der Kosten des Streithelfers ... zu tragen.

6.- Der Streithelferin ... hatte die Streithelferin ... den Streit verkündet mit Blick auf die Dachmängel.

a.- Die Klägerin machte zu diesem Punkt einen Minderungsbetrag in Höhe von 101.507 € geltend (Bl. 7 d.A.), der als Streitwert anzusetzen ist.

b.- Die Klägerin hat hier voll verloren (Teilurteil S. 11).

c.- Daher hat sie die Kosten der Streithelferin ... zu 100% zu tragen.

7.- Der ... hatte die Streithelferin ... den Streit verkündet mit Blick auf die Mängel Dach, Putz, Außenanlagen, Treppenhaus, Klingelanlage und Fahrradkeller.

a.- Der Streitwert für diese Mängel ist insgesamt auf 154.507 € festzusetzen:

Dach: 101.507 €

Putz: 30.000 €

Außenanlagen: 7.000 €

Treppenhaus: 6.000 €

Klingelanlage: 3.000 €

Fahrradkeller: 7.000 €

b.- Die Klägerin verlor hier insg. In Höhe von 121.507 €:

Dach: 101.507 €

Putz: 9.000 €

Außenanlagen: 2.000 € (Zwischenvergleich)

Treppenhaus: 3.000 € (geschätzt: Klägerin erhielt hier 1.200 € für Kabel zugesprochen; die Beklagte verpflichtete sich im Zwischenvergleich zu einer Mangelbeseitigung, Bl. 105 d.A.)

Klingelanlage: 1.500 € (Zwischenvergleich)

Fahrradkeller: 4.500 € (Zwischenvergleich)

c.- Daher trägt die Klägerin gerundet 79% der Kosten der Streithelferin ....

8.- Der ... verkündete die Streithelferin ... den Streit mit Blick auf die am Dach gerügten Mängel, ebenso die Streithelferin Karl Heinz Röpke (Bl. 112 d.A.).

a.- Die Klägerin machte zu diesem Punkt einen Minderungsbetrag in Höhe von 101.507 € geltend (Bl. 7 d.A.), der als Streitwert anzusetzen ist.

b.- Die Klägerin hat hier voll verloren (Teilurteil S. 11).

c.- Daher hat sie die Kosten der Streithelferin ... zu 100% zu tragen.

9.- Der Streithelferin ... hatte der Streithelfer ... wegen der behaupteten Schallmängel den Stret verkündet (Bl. 94 f. d.A.).

a.- Der Streitwert für die Schallmängel beläuft sich auf

  • -anfänglich 50.000 €

  • -auf 224.230 € ab dem 11.08.2016.

b.- Hiervon obsiegt die Klägerin in von 141.030 € und verliert in Höhe von 83.200 €.

c.- Die Klägerin hat mithin gerundet 37% der Kosten der Streithelferin ... zu tragen.

E.- Der Streitwert war gemäß § 63 Abs. 2 GKG endgültig durch Beschluss festzusetzen, der hier räumlich in den Urteilstenor aufgenommen werden konnte. Er war gestaffelt festzusetzen wie tenoriert.

Der Streitwert war für die Streithelfer jeweils gesondert festzusetzen (zur Berechnung siehe unter D.-).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB2/15
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er
diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner
haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen
den weiteren Schuldner Erfolg hat (Fortführung von BGH, Urteile vom 22.
Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR
5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO).

b) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag
auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

c) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem
selbständigen Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten
Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem
Rechtsverhältnis stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen
Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder
mittelbar rechtlich einwirkt.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 2/15 - OLG Dresden
LG Chemnitz
ECLI:DE:BGH:2015:181115BVIIZB2.15.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Januar 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit von Nebeninterventionen in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin macht Baumängel an einem in ihrem Auftrag errichteten Pflegeheim geltend. Sie hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen zwei bauausführende Unternehmen sowie den Antragsgegner zu 1 (im Folgenden: Antragsgegner) eingeleitet. Sie trägt vor, sie habe den Antragsgegner mit Leistungen der Leistungsphasen 4 bis 9 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. einschließlich Projektsteuerung, Winterbau sowie Architektenleistungen für Außenanlagen , Statik und Haustechnik, Bauleitung und Dokumentation beauftragt. Die von ihr geltend gemachten Baumängel seien durch ihn (mit-)verursacht worden. Das im selbständigen Beweisverfahren in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten bezieht sich unter anderem auf das Vorliegen von Mängeln und de- ren Ursachen, insbesondere auf die Frage, ob die Planung oder Bauüberwachung des Antragsgegners ursächlich für die geltend gemachten Mängel ist.
3
Der Antragsgegner hat unter anderem den Streithelfern zu 1 bis 3 der Antragstellerin den Streit verkündet mit der Aufforderung, ihm in dem selbständigen Beweisverfahren beizutreten. Zur Begründung hat er ausgeführt, sämtliche Leistungen im Zusammenhang mit der Haustechnik habe die Streithelferin zu 1, ein Ingenieurbüro in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Streithelfer zu 2 und 3 sind, erbracht. Für den Fall, dass sich die Mangelbehauptungen der Antragstellerin im Zusammenhang mit Abdichtungen in den Bädern bestätigen sollten, und für den Fall, dass er dafür gegenüber der Antragstellerin einzustehen habe, könne er sich bei den Streithelfern gemäß § 426 BGB schadlos halten.
4
Die Streithelfer haben ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie machen geltend, hieran ein rechtliches Interesse zu haben. Die Streithelferin zu 1 sei aufgrund eines Vertrages mit der Bauherrin mit Fachplanungsleistungen befasst gewesen, während der Antragsgegner aufgrund eines gesonderten Vertrages mit der Bauherrin als Generalplaner beauftragt worden sei. Für den Fall, dass die von der Antragstellerin behaupteten Mängel zuträfen und diese ursächlich auf die von dem Antragsgegner zu überwachende Befestigung und Anordnung der Flansche durch das Estrichleger-/Fliesenlegergewerk zurückzuführen sein sollten, wäre ihrerseits eine diesbezügliche Haftung ausgeschlossen. Die Behauptung der Ursächlichkeit dieser Umstände für mögliche Mängelsymptome wäre ihnen rechtlich verwehrt, wenn sie auf Seiten des Antragsgegners beitreten würden.
5
Der Antragsgegner hat beantragt, die Nebenintervention der Streithelfer zu 1 bis 3 auf der Seite der Antragstellerin analog § 71 ZPO zurückzuweisen.
Das Landgericht hat entschieden, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Entscheidung zu der Frage erfolge, ob eine Nebenintervention zulässig sei oder nicht. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Streithelfer als Nebenintervenienten zugelassen werden. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er weiterhin die Zurückweisung der Nebeninterventionen als unzulässig erreichen möchte.

II.

6
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass in analoger Anwendung von § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren auch über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden sei. Dabei komme es für die Zulässigkeit der Nebenintervention bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 ZPO darauf an, wann ein "Obsiegen" im selbständigen Beweisverfahren anzunehmen sei. Aus Sicht des Antragstellers obsiege er im selbständigen Beweisverfahren, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt würden. Demjenigen, dem der Antragsgegner den Streit verkündet habe, sei zwar am besten damit gedient , wenn die Mängel und/oder deren Verursachung durch den Antragsgegner nicht festgestellt würden, der Antragsteller mithin im selbständigen Beweisverfahren nicht "obsiegen" würde. Am zweitbesten sei ihm allerdings damit gedient , wenn der Antragsteller obsiege, indem festgestellt werde, dass die Mängel vorhanden und durch den Antragsgegner - jedenfalls aus technischer Sicht - allein verursacht worden seien. Eine solche Feststellung könne der Streitverkündete praktisch nur durch einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers erreichen , weil er im Fall eines Beitritts auf Seiten des Streitverkünders daran gehindert sei, Beweisanträge zu stellen, die zu dessen Vorbringen im Widerspruch stehen. Da ein selbständiges Beweisverfahren auch dem Ziel der Vermeidung eines Rechtsstreits diene, sei ein "Obsiegensinteresse" so zu verstehen, dass auch Rückgriffsprozesse möglichst vermieden werden. Aus diesen Gründen hätten die Streithelfer ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren obsiege.
8
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden.
10
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht ebenfalls angenommen , die Streithelfer zu 1 bis 3 hätten ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
11
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftli- ches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, aaO; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, aaO Rn. 12).
12
bb) Nähme die Antragstellerin den Antragsgegner in einem Rechtsstreit wegen der von ihr behaupteten Mängel in Anspruch, hätten die Streithelfer nach diesen Maßstäben ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin obsiege.
13
(1) Zwar machen die Streithelfer in erster Linie geltend, ein Interesse daran zu haben, dass nur der Antragsgegner für die geltend gemachten Mängel am Bauwerk hafte. Dies allein wäre noch kein ausreichendes rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gemäß § 66 Abs. 1 ZPO. Denn ein Obsiegen der Antragstellerin hinge nicht davon ab, ob der Antragsgegner allein oder gemeinsam mit oder neben den Streithelfern haftet.
14
Die Antragstellerin behauptet wegen der noch ungeklärten Ursache für die Mangelsymptome am Bauwerk nur allgemein, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner ihm als Architekten obliegenden Aufgaben hierfür verantwortlich ist. Das schließt nicht aus, wie der Antragsgegner bei seiner Streitverkündung dargelegt hat, dass neben ihm auch die Streithelfer haften, etwa weil sich ihre Aufgabenbereiche überschnitten haben. Ebenso kommt aber auch in Betracht, dass von ihnen niemand für die Mängel am Bauwerk verantwortlich ist, weil diese (lediglich) von den bauausführenden Unternehmen zu verantworten sind.
15
Die Antragstellerin macht nicht geltend, dass die Mängel auf Umständen beruhten, die nur entweder von dem Antragsgegner oder den Streithelfern verursacht sein könnten (tatsächliche Alternativität, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 102/14, BGHZ 204, 12). Gegenstand eines Rechtsstreits wäre nicht die Frage, ob abgesehen von der Haftung bauausführender Unternehmer der Antragsgegner allein (und nicht die Streithelfer) die Mängel am Bauwerk verursacht haben. Es könnte sich im Rahmen eines solchen Rechtsstreits allenfalls zufällig bei der Ermittlung der Ursache der Mängel ergeben, dass die Streithelfer diese nicht (mit)verursacht haben. Davon wäre ein Obsiegen der Antragstellerin nicht abhängig.
16
(2) Ein rechtliches Interesse gemäß § 66 Abs. 1 ZPO an einem Beitritt auf Seiten der Antragstellerin hätten die Streithelfer in einem Rechtsstreit aber deshalb, weil auch in Betracht kommt, dass sie als Gesamtschuldner zusammen mit dem Antragsgegner haften.
17
Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen den weiteren Schuldner Erfolg hat. Jedenfalls die erfolgreiche Vollstreckung eines Urteils durch den obsiegenden Gläubiger würde rechtlich auf das Rechtsverhältnis einwirken. Denn der (unterstellte) Anspruch des Gläubigers gegen ihn würde hierdurch gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Gläubiger erfüllt und außerdem entweder ganz oder teilweise erlöschen oder auf den weiteren Schuldner übergehen, § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR 5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO; kritisch Wieczorek/ Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 63).
18
Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die Möglichkeit besteht, dass sich die Aufgabenbereiche der Streithelfer und des Antragsgegners aus den unabhängigen Verträgen mit der Bauherrin in einer Weise überschnitten haben, dass beide für die Mängel am Bauwerk (mit)verantwortlich sind.
19
cc) Kein anderes Ergebnis ergibt sich daraus, dass § 66 Abs. 1 ZPO in einem selbständigen Beweisverfahren nur entsprechend angewandt werden kann, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
20
(1) Zu Recht ist das Beschwerdegericht im Ansatz davon ausgegangen, dass nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen ist. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ebenso zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass ein Antragsteller in einem selbständigen Beweisverfahren bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 Abs. 1 ZPO dann "obsiegt", wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
21
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
22
(2) Das ist der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken jedenfalls mittelbar auf das Rechtsverhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin ein. Die begehrte Feststellung der Verursachung der Mängel durch den Antragsgegner ist eine Grundlage dafür, dass dieser deswegen von der Antragstellerin in Anspruch genommen werden kann. Das hätte die oben unter bb) (2) dargestellten rechtlichen Folgen im Verhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 31.03.2014 - 2 OH 18/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 05.01.2015 - 10 W 977/14 -

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB2/15
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er
diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner
haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen
den weiteren Schuldner Erfolg hat (Fortführung von BGH, Urteile vom 22.
Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR
5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO).

b) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag
auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

c) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem
selbständigen Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten
Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem
Rechtsverhältnis stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen
Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder
mittelbar rechtlich einwirkt.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 2/15 - OLG Dresden
LG Chemnitz
ECLI:DE:BGH:2015:181115BVIIZB2.15.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Januar 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit von Nebeninterventionen in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin macht Baumängel an einem in ihrem Auftrag errichteten Pflegeheim geltend. Sie hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen zwei bauausführende Unternehmen sowie den Antragsgegner zu 1 (im Folgenden: Antragsgegner) eingeleitet. Sie trägt vor, sie habe den Antragsgegner mit Leistungen der Leistungsphasen 4 bis 9 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. einschließlich Projektsteuerung, Winterbau sowie Architektenleistungen für Außenanlagen , Statik und Haustechnik, Bauleitung und Dokumentation beauftragt. Die von ihr geltend gemachten Baumängel seien durch ihn (mit-)verursacht worden. Das im selbständigen Beweisverfahren in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten bezieht sich unter anderem auf das Vorliegen von Mängeln und de- ren Ursachen, insbesondere auf die Frage, ob die Planung oder Bauüberwachung des Antragsgegners ursächlich für die geltend gemachten Mängel ist.
3
Der Antragsgegner hat unter anderem den Streithelfern zu 1 bis 3 der Antragstellerin den Streit verkündet mit der Aufforderung, ihm in dem selbständigen Beweisverfahren beizutreten. Zur Begründung hat er ausgeführt, sämtliche Leistungen im Zusammenhang mit der Haustechnik habe die Streithelferin zu 1, ein Ingenieurbüro in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Streithelfer zu 2 und 3 sind, erbracht. Für den Fall, dass sich die Mangelbehauptungen der Antragstellerin im Zusammenhang mit Abdichtungen in den Bädern bestätigen sollten, und für den Fall, dass er dafür gegenüber der Antragstellerin einzustehen habe, könne er sich bei den Streithelfern gemäß § 426 BGB schadlos halten.
4
Die Streithelfer haben ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie machen geltend, hieran ein rechtliches Interesse zu haben. Die Streithelferin zu 1 sei aufgrund eines Vertrages mit der Bauherrin mit Fachplanungsleistungen befasst gewesen, während der Antragsgegner aufgrund eines gesonderten Vertrages mit der Bauherrin als Generalplaner beauftragt worden sei. Für den Fall, dass die von der Antragstellerin behaupteten Mängel zuträfen und diese ursächlich auf die von dem Antragsgegner zu überwachende Befestigung und Anordnung der Flansche durch das Estrichleger-/Fliesenlegergewerk zurückzuführen sein sollten, wäre ihrerseits eine diesbezügliche Haftung ausgeschlossen. Die Behauptung der Ursächlichkeit dieser Umstände für mögliche Mängelsymptome wäre ihnen rechtlich verwehrt, wenn sie auf Seiten des Antragsgegners beitreten würden.
5
Der Antragsgegner hat beantragt, die Nebenintervention der Streithelfer zu 1 bis 3 auf der Seite der Antragstellerin analog § 71 ZPO zurückzuweisen.
Das Landgericht hat entschieden, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Entscheidung zu der Frage erfolge, ob eine Nebenintervention zulässig sei oder nicht. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Streithelfer als Nebenintervenienten zugelassen werden. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er weiterhin die Zurückweisung der Nebeninterventionen als unzulässig erreichen möchte.

II.

6
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass in analoger Anwendung von § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren auch über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden sei. Dabei komme es für die Zulässigkeit der Nebenintervention bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 ZPO darauf an, wann ein "Obsiegen" im selbständigen Beweisverfahren anzunehmen sei. Aus Sicht des Antragstellers obsiege er im selbständigen Beweisverfahren, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt würden. Demjenigen, dem der Antragsgegner den Streit verkündet habe, sei zwar am besten damit gedient , wenn die Mängel und/oder deren Verursachung durch den Antragsgegner nicht festgestellt würden, der Antragsteller mithin im selbständigen Beweisverfahren nicht "obsiegen" würde. Am zweitbesten sei ihm allerdings damit gedient , wenn der Antragsteller obsiege, indem festgestellt werde, dass die Mängel vorhanden und durch den Antragsgegner - jedenfalls aus technischer Sicht - allein verursacht worden seien. Eine solche Feststellung könne der Streitverkündete praktisch nur durch einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers erreichen , weil er im Fall eines Beitritts auf Seiten des Streitverkünders daran gehindert sei, Beweisanträge zu stellen, die zu dessen Vorbringen im Widerspruch stehen. Da ein selbständiges Beweisverfahren auch dem Ziel der Vermeidung eines Rechtsstreits diene, sei ein "Obsiegensinteresse" so zu verstehen, dass auch Rückgriffsprozesse möglichst vermieden werden. Aus diesen Gründen hätten die Streithelfer ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren obsiege.
8
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden.
10
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht ebenfalls angenommen , die Streithelfer zu 1 bis 3 hätten ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
11
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftli- ches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, aaO; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, aaO Rn. 12).
12
bb) Nähme die Antragstellerin den Antragsgegner in einem Rechtsstreit wegen der von ihr behaupteten Mängel in Anspruch, hätten die Streithelfer nach diesen Maßstäben ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin obsiege.
13
(1) Zwar machen die Streithelfer in erster Linie geltend, ein Interesse daran zu haben, dass nur der Antragsgegner für die geltend gemachten Mängel am Bauwerk hafte. Dies allein wäre noch kein ausreichendes rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gemäß § 66 Abs. 1 ZPO. Denn ein Obsiegen der Antragstellerin hinge nicht davon ab, ob der Antragsgegner allein oder gemeinsam mit oder neben den Streithelfern haftet.
14
Die Antragstellerin behauptet wegen der noch ungeklärten Ursache für die Mangelsymptome am Bauwerk nur allgemein, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner ihm als Architekten obliegenden Aufgaben hierfür verantwortlich ist. Das schließt nicht aus, wie der Antragsgegner bei seiner Streitverkündung dargelegt hat, dass neben ihm auch die Streithelfer haften, etwa weil sich ihre Aufgabenbereiche überschnitten haben. Ebenso kommt aber auch in Betracht, dass von ihnen niemand für die Mängel am Bauwerk verantwortlich ist, weil diese (lediglich) von den bauausführenden Unternehmen zu verantworten sind.
15
Die Antragstellerin macht nicht geltend, dass die Mängel auf Umständen beruhten, die nur entweder von dem Antragsgegner oder den Streithelfern verursacht sein könnten (tatsächliche Alternativität, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 102/14, BGHZ 204, 12). Gegenstand eines Rechtsstreits wäre nicht die Frage, ob abgesehen von der Haftung bauausführender Unternehmer der Antragsgegner allein (und nicht die Streithelfer) die Mängel am Bauwerk verursacht haben. Es könnte sich im Rahmen eines solchen Rechtsstreits allenfalls zufällig bei der Ermittlung der Ursache der Mängel ergeben, dass die Streithelfer diese nicht (mit)verursacht haben. Davon wäre ein Obsiegen der Antragstellerin nicht abhängig.
16
(2) Ein rechtliches Interesse gemäß § 66 Abs. 1 ZPO an einem Beitritt auf Seiten der Antragstellerin hätten die Streithelfer in einem Rechtsstreit aber deshalb, weil auch in Betracht kommt, dass sie als Gesamtschuldner zusammen mit dem Antragsgegner haften.
17
Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen den weiteren Schuldner Erfolg hat. Jedenfalls die erfolgreiche Vollstreckung eines Urteils durch den obsiegenden Gläubiger würde rechtlich auf das Rechtsverhältnis einwirken. Denn der (unterstellte) Anspruch des Gläubigers gegen ihn würde hierdurch gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Gläubiger erfüllt und außerdem entweder ganz oder teilweise erlöschen oder auf den weiteren Schuldner übergehen, § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR 5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO; kritisch Wieczorek/ Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 63).
18
Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die Möglichkeit besteht, dass sich die Aufgabenbereiche der Streithelfer und des Antragsgegners aus den unabhängigen Verträgen mit der Bauherrin in einer Weise überschnitten haben, dass beide für die Mängel am Bauwerk (mit)verantwortlich sind.
19
cc) Kein anderes Ergebnis ergibt sich daraus, dass § 66 Abs. 1 ZPO in einem selbständigen Beweisverfahren nur entsprechend angewandt werden kann, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
20
(1) Zu Recht ist das Beschwerdegericht im Ansatz davon ausgegangen, dass nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen ist. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ebenso zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass ein Antragsteller in einem selbständigen Beweisverfahren bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 Abs. 1 ZPO dann "obsiegt", wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
21
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
22
(2) Das ist der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken jedenfalls mittelbar auf das Rechtsverhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin ein. Die begehrte Feststellung der Verursachung der Mängel durch den Antragsgegner ist eine Grundlage dafür, dass dieser deswegen von der Antragstellerin in Anspruch genommen werden kann. Das hätte die oben unter bb) (2) dargestellten rechtlichen Folgen im Verhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 31.03.2014 - 2 OH 18/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 05.01.2015 - 10 W 977/14 -

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 57/12
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag auf
Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

b) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem selbständigen
Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei
oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem Rechtsverhältnis
stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden
zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.

c) Die bloße Möglichkeit, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt
wird, dessen Ergebnis sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO nachteilig
auf die Rechtsposition des Nebenintervenienten auswirken könnte, stellt keinen hinreichenden
Interventionsgrund im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO dar.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 57/12 - OLG Frankfurt in Darmstadt
LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2015:181115VIIZB57.12.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Streithelferin gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2012 wird zurückgewiesen. Die Streithelferin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit einer Nebenintervention in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin beauftragte die Antragsgegnerin zu 1 mit der Planung und Bauüberwachung und die Antragsgegnerin zu 2 mit der schlüsselfertigen Errichtung des Neubaus einer in einer Kaserne in D. gelegenen Werkhalle.
3
Zwischen der Antragstellerin und ihrer Streithelferin besteht ein hiervon unabhängiges Rechtsverhältnis, aufgrund dessen die Antragstellerin der Streithelferin die Werkhalle zur Verfügung zu stellen hat und diese sie zur Instand- setzung von Fahrzeugen und Waffensystemen, unter anderem auch zur Wartung von Panzern, nutzt.
4
An der Oberschicht der Bodenplatte der Werkhalle sind Abplatzungen aufgetreten, über deren Umfang und Ursache Streit besteht. Die Antragsgegnerin zu 2 behauptet, die aufgetretenen Schäden seien ausschließlich darauf zurückzuführen , dass es in der Halle zu einer vom ursprünglichen Vertragszweck abweichenden Nutzung eines Luftkissentransportsystems komme.
5
Die Antragstellerin hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerinnen eingeleitet mit dem Ziel, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens den Umfang der Abplatzungen, die technische Verantwortlichkeit hierfür sowie die erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen klären zu lassen.
6
Die Streithelferin hat ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie macht geltend, dass das streitige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens für ihre eigene rechtliche Beziehung zur Antragstellerin vorgreiflich sei. Eine Feststellung der Mangelhaftigkeit der erbrachten Bau- bzw. Planungs- und Überwachungsleistungen bedeute zugleich, dass die Antragstellerin ihren Leistungspflichten im Verhältnis zur Streithelferin nicht gerecht werde. Die Streithelferin beabsichtige, die Antragstellerin wegen der gutachterlich festzustellenden Mängel am Hallenboden in Regress zu nehmen. Für die Streithelferin bestehe die Gefahr, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt werde, durch welches Tatsachen festgestellt werden könnten, die sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO in einem nachfolgenden Rechtsstreit zwischen ihr und der Antragstellerin nachteilig auf ihre Rechtsposition auswirken könnten.
7
Die Antragsgegnerin zu 1 hat beantragt, die Nebenintervention zurückzuweisen. Das Landgericht hat den Beitritt der Streithelferin durch Zwischenurteil zugelassen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 hat das Beschwerdegericht die Beitrittserklärung der Streithelferin als unzulässig zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Streithelferin die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.

II.

8
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
9
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Beitrittserklärung der Streithelferin sei nur dann zulässig, wenn sie ein rechtliches Interesse im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO an dem "Obsiegen" der Antragstellerin in dem zwischen ihr und den Antragsgegnerinnen anhängigen selbständigen Beweisverfahren habe. Die in einem Rechtsstreit geltenden Grundsätze zur Auslegung des Begriffs des rechtlichen Interesses seien ohne weiteres und ohne Modifikation auf eine Nebenintervention im selbständigen Beweisverfahren anzuwenden. Gemessen hieran sei ein rechtliches Interesse der Streithelferin an einem Beitritt zu verneinen. Die Hoffnung der Streithelferin, im selbständigen Beweisverfahren könnten alle aufgeworfenen Beweisfragen im Sinne der Antragstellerin bewiesen werden, und die damit verbundene Erwartung, in einem späteren Verfahren zwischen ihr und der Antragstellerin könne ein dann zuständiges Gericht das Beweisergebnis übertragen, begründe kein rechtliches Interesse an der Nebenintervention. Das Ergebnis der erstrebten Sicherung von Beweisen wirke sich allenfalls in tatsächlicher und wirtschaftlicher, nicht jedoch in rechtlicher Hinsicht auf das Verhältnis der Streithelferin zur Antragstellerin aus.
10
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
11
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.
12
b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, die Streithelferin habe kein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
13
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 12).
14
bb) In einem selbständigen Beweisverfahren kann § 66 Abs. 1 ZPO nur entsprechend angewandt werden, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
15
Bei der Prüfung eines rechtlichen Interesses ist nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ein Antragsteller "obsiegt" in einem selbständigen Beweisverfahren vielmehr dann, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
16
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
17
cc) Das ist nach diesen Maßstäben nicht der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken nicht rechtlich auf ein Rechtsverhältnis der Streithelferin ein.
18
(1) Ein Regressanspruch der Streithelferin im Sinne eines Rückgriffs gegen die Antragstellerin ist entgegen ihrer Auffassung nicht ersichtlich. Die Streithelferin hat nichts dafür dargelegt, dass sie in Anspruch genommen werden und sich bei der Antragstellerin hierfür schadlos halten könnte.
19
(2) Tatsächlich kommt nur ein Anspruch der Streithelferin aufgrund von Mängeln am Hallenboden aus den Leistungspflichten der Antragstellerin im Verhältnis zur Streithelferin in Betracht. Auf dieses Rechtsverhältnis wirkt ein Obsiegen der Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren weder unmittelbar noch mittelbar rechtlich ein.
20
Das Ergebnis des Beweisverfahrens hat für einen etwaigen Folgeprozess der Streithelferin gegen die Antragstellerin keine materiellen oder prozessualen Rechts-, insbesondere keine Bindungswirkungen.
21
Ein für die Streithelferin günstiges Beweisergebnis bindet weder ohne noch mit einem Beitritt die Antragstellerin im Verhältnis zur Streithelferin. Denn eine entsprechend § 68 ZPO eintretende Bindung wirkt nie zu Lasten der unterstützten Partei. Die Streithelferin muss auch nicht beitreten, um ein für sie negatives Beweisergebnis zu verhindern. Ohne ihren Beitritt gibt es mangels Streit- verkündung (§ 72, § 74 Abs. 3, § 69 ZPO) keine Bindungswirkung zu ihren Lasten. Ein Beitritt bringt der Streithelferin daher rechtlich allenfalls einen Nachteil in Form einer möglichen Bindungswirkung zu ihren Lasten, jedoch keinen Vorteil. Die Streithelferin kann sich nur darauf berufen, in ihrem Rechtsverhältnis zur Antragstellerin stellten sich teilweise dieselben tatsächlichen Fragen wie im vorliegenden selbständigen Beweisverfahren. Das genügt nicht, um ein rechtliches Interesse im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO zu begründen (vgl. zum Beitritt in einem Rechtsstreit BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10).
22
Auch die von der Streithelferin geltend gemachte Gefahr, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt werde, dessen Ergebnis sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO nachteilig auf ihre Rechtsposition auswirken könnte, stellt keinen hinreichenden Interventionsgrund im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO dar. Die bloße Möglichkeit der späteren Gutachtenverwertung begründet kein rechtliches Interesse an dem Beitritt (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 2009, 963). Eine nur vage und ungewisse Betroffenheit des Dritten kann die mit der Nebenintervention für die Gegenpartei verbundenen Nachteile in der Prozessführung nicht rechtfertigen (vgl. Wieczorek/Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 36 sowie Rn. 5 a.E.). Diese Möglichkeit stellt auch keine ausreichende Gefahr einer erschwerten Prozessführung des Dritten dar. Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens nach § 411a ZPO ersetzt eine schriftliche Begutachtung und ist dieser nach der gesetzlichen Konzeption gleichwertig. Die Parteien haben in gleicher Weise wie bei einer erstmaligen Beweisaufnahme Gelegenheit, auf das Beweisergebnis Einfluss zu nehmen.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher

Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 28.06.2012 - 8 OH 3/11 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 28.09.2012 - 13 W 56/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB2/15
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er
diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner
haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen
den weiteren Schuldner Erfolg hat (Fortführung von BGH, Urteile vom 22.
Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR
5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO).

b) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag
auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

c) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem
selbständigen Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten
Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem
Rechtsverhältnis stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen
Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder
mittelbar rechtlich einwirkt.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 2/15 - OLG Dresden
LG Chemnitz
ECLI:DE:BGH:2015:181115BVIIZB2.15.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Januar 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit von Nebeninterventionen in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin macht Baumängel an einem in ihrem Auftrag errichteten Pflegeheim geltend. Sie hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen zwei bauausführende Unternehmen sowie den Antragsgegner zu 1 (im Folgenden: Antragsgegner) eingeleitet. Sie trägt vor, sie habe den Antragsgegner mit Leistungen der Leistungsphasen 4 bis 9 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. einschließlich Projektsteuerung, Winterbau sowie Architektenleistungen für Außenanlagen , Statik und Haustechnik, Bauleitung und Dokumentation beauftragt. Die von ihr geltend gemachten Baumängel seien durch ihn (mit-)verursacht worden. Das im selbständigen Beweisverfahren in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten bezieht sich unter anderem auf das Vorliegen von Mängeln und de- ren Ursachen, insbesondere auf die Frage, ob die Planung oder Bauüberwachung des Antragsgegners ursächlich für die geltend gemachten Mängel ist.
3
Der Antragsgegner hat unter anderem den Streithelfern zu 1 bis 3 der Antragstellerin den Streit verkündet mit der Aufforderung, ihm in dem selbständigen Beweisverfahren beizutreten. Zur Begründung hat er ausgeführt, sämtliche Leistungen im Zusammenhang mit der Haustechnik habe die Streithelferin zu 1, ein Ingenieurbüro in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Streithelfer zu 2 und 3 sind, erbracht. Für den Fall, dass sich die Mangelbehauptungen der Antragstellerin im Zusammenhang mit Abdichtungen in den Bädern bestätigen sollten, und für den Fall, dass er dafür gegenüber der Antragstellerin einzustehen habe, könne er sich bei den Streithelfern gemäß § 426 BGB schadlos halten.
4
Die Streithelfer haben ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie machen geltend, hieran ein rechtliches Interesse zu haben. Die Streithelferin zu 1 sei aufgrund eines Vertrages mit der Bauherrin mit Fachplanungsleistungen befasst gewesen, während der Antragsgegner aufgrund eines gesonderten Vertrages mit der Bauherrin als Generalplaner beauftragt worden sei. Für den Fall, dass die von der Antragstellerin behaupteten Mängel zuträfen und diese ursächlich auf die von dem Antragsgegner zu überwachende Befestigung und Anordnung der Flansche durch das Estrichleger-/Fliesenlegergewerk zurückzuführen sein sollten, wäre ihrerseits eine diesbezügliche Haftung ausgeschlossen. Die Behauptung der Ursächlichkeit dieser Umstände für mögliche Mängelsymptome wäre ihnen rechtlich verwehrt, wenn sie auf Seiten des Antragsgegners beitreten würden.
5
Der Antragsgegner hat beantragt, die Nebenintervention der Streithelfer zu 1 bis 3 auf der Seite der Antragstellerin analog § 71 ZPO zurückzuweisen.
Das Landgericht hat entschieden, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Entscheidung zu der Frage erfolge, ob eine Nebenintervention zulässig sei oder nicht. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Streithelfer als Nebenintervenienten zugelassen werden. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er weiterhin die Zurückweisung der Nebeninterventionen als unzulässig erreichen möchte.

II.

6
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass in analoger Anwendung von § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren auch über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden sei. Dabei komme es für die Zulässigkeit der Nebenintervention bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 ZPO darauf an, wann ein "Obsiegen" im selbständigen Beweisverfahren anzunehmen sei. Aus Sicht des Antragstellers obsiege er im selbständigen Beweisverfahren, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt würden. Demjenigen, dem der Antragsgegner den Streit verkündet habe, sei zwar am besten damit gedient , wenn die Mängel und/oder deren Verursachung durch den Antragsgegner nicht festgestellt würden, der Antragsteller mithin im selbständigen Beweisverfahren nicht "obsiegen" würde. Am zweitbesten sei ihm allerdings damit gedient , wenn der Antragsteller obsiege, indem festgestellt werde, dass die Mängel vorhanden und durch den Antragsgegner - jedenfalls aus technischer Sicht - allein verursacht worden seien. Eine solche Feststellung könne der Streitverkündete praktisch nur durch einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers erreichen , weil er im Fall eines Beitritts auf Seiten des Streitverkünders daran gehindert sei, Beweisanträge zu stellen, die zu dessen Vorbringen im Widerspruch stehen. Da ein selbständiges Beweisverfahren auch dem Ziel der Vermeidung eines Rechtsstreits diene, sei ein "Obsiegensinteresse" so zu verstehen, dass auch Rückgriffsprozesse möglichst vermieden werden. Aus diesen Gründen hätten die Streithelfer ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren obsiege.
8
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden.
10
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht ebenfalls angenommen , die Streithelfer zu 1 bis 3 hätten ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
11
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftli- ches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, aaO; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, aaO Rn. 12).
12
bb) Nähme die Antragstellerin den Antragsgegner in einem Rechtsstreit wegen der von ihr behaupteten Mängel in Anspruch, hätten die Streithelfer nach diesen Maßstäben ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin obsiege.
13
(1) Zwar machen die Streithelfer in erster Linie geltend, ein Interesse daran zu haben, dass nur der Antragsgegner für die geltend gemachten Mängel am Bauwerk hafte. Dies allein wäre noch kein ausreichendes rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gemäß § 66 Abs. 1 ZPO. Denn ein Obsiegen der Antragstellerin hinge nicht davon ab, ob der Antragsgegner allein oder gemeinsam mit oder neben den Streithelfern haftet.
14
Die Antragstellerin behauptet wegen der noch ungeklärten Ursache für die Mangelsymptome am Bauwerk nur allgemein, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner ihm als Architekten obliegenden Aufgaben hierfür verantwortlich ist. Das schließt nicht aus, wie der Antragsgegner bei seiner Streitverkündung dargelegt hat, dass neben ihm auch die Streithelfer haften, etwa weil sich ihre Aufgabenbereiche überschnitten haben. Ebenso kommt aber auch in Betracht, dass von ihnen niemand für die Mängel am Bauwerk verantwortlich ist, weil diese (lediglich) von den bauausführenden Unternehmen zu verantworten sind.
15
Die Antragstellerin macht nicht geltend, dass die Mängel auf Umständen beruhten, die nur entweder von dem Antragsgegner oder den Streithelfern verursacht sein könnten (tatsächliche Alternativität, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 102/14, BGHZ 204, 12). Gegenstand eines Rechtsstreits wäre nicht die Frage, ob abgesehen von der Haftung bauausführender Unternehmer der Antragsgegner allein (und nicht die Streithelfer) die Mängel am Bauwerk verursacht haben. Es könnte sich im Rahmen eines solchen Rechtsstreits allenfalls zufällig bei der Ermittlung der Ursache der Mängel ergeben, dass die Streithelfer diese nicht (mit)verursacht haben. Davon wäre ein Obsiegen der Antragstellerin nicht abhängig.
16
(2) Ein rechtliches Interesse gemäß § 66 Abs. 1 ZPO an einem Beitritt auf Seiten der Antragstellerin hätten die Streithelfer in einem Rechtsstreit aber deshalb, weil auch in Betracht kommt, dass sie als Gesamtschuldner zusammen mit dem Antragsgegner haften.
17
Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen den weiteren Schuldner Erfolg hat. Jedenfalls die erfolgreiche Vollstreckung eines Urteils durch den obsiegenden Gläubiger würde rechtlich auf das Rechtsverhältnis einwirken. Denn der (unterstellte) Anspruch des Gläubigers gegen ihn würde hierdurch gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Gläubiger erfüllt und außerdem entweder ganz oder teilweise erlöschen oder auf den weiteren Schuldner übergehen, § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR 5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO; kritisch Wieczorek/ Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 63).
18
Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die Möglichkeit besteht, dass sich die Aufgabenbereiche der Streithelfer und des Antragsgegners aus den unabhängigen Verträgen mit der Bauherrin in einer Weise überschnitten haben, dass beide für die Mängel am Bauwerk (mit)verantwortlich sind.
19
cc) Kein anderes Ergebnis ergibt sich daraus, dass § 66 Abs. 1 ZPO in einem selbständigen Beweisverfahren nur entsprechend angewandt werden kann, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
20
(1) Zu Recht ist das Beschwerdegericht im Ansatz davon ausgegangen, dass nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen ist. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ebenso zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass ein Antragsteller in einem selbständigen Beweisverfahren bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 Abs. 1 ZPO dann "obsiegt", wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
21
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
22
(2) Das ist der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken jedenfalls mittelbar auf das Rechtsverhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin ein. Die begehrte Feststellung der Verursachung der Mängel durch den Antragsgegner ist eine Grundlage dafür, dass dieser deswegen von der Antragstellerin in Anspruch genommen werden kann. Das hätte die oben unter bb) (2) dargestellten rechtlichen Folgen im Verhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 31.03.2014 - 2 OH 18/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 05.01.2015 - 10 W 977/14 -

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB2/15
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er
diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner
haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen
den weiteren Schuldner Erfolg hat (Fortführung von BGH, Urteile vom 22.
Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR
5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO).

b) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag
auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

c) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem
selbständigen Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten
Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem
Rechtsverhältnis stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen
Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder
mittelbar rechtlich einwirkt.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 2/15 - OLG Dresden
LG Chemnitz
ECLI:DE:BGH:2015:181115BVIIZB2.15.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Januar 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit von Nebeninterventionen in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin macht Baumängel an einem in ihrem Auftrag errichteten Pflegeheim geltend. Sie hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen zwei bauausführende Unternehmen sowie den Antragsgegner zu 1 (im Folgenden: Antragsgegner) eingeleitet. Sie trägt vor, sie habe den Antragsgegner mit Leistungen der Leistungsphasen 4 bis 9 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. einschließlich Projektsteuerung, Winterbau sowie Architektenleistungen für Außenanlagen , Statik und Haustechnik, Bauleitung und Dokumentation beauftragt. Die von ihr geltend gemachten Baumängel seien durch ihn (mit-)verursacht worden. Das im selbständigen Beweisverfahren in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten bezieht sich unter anderem auf das Vorliegen von Mängeln und de- ren Ursachen, insbesondere auf die Frage, ob die Planung oder Bauüberwachung des Antragsgegners ursächlich für die geltend gemachten Mängel ist.
3
Der Antragsgegner hat unter anderem den Streithelfern zu 1 bis 3 der Antragstellerin den Streit verkündet mit der Aufforderung, ihm in dem selbständigen Beweisverfahren beizutreten. Zur Begründung hat er ausgeführt, sämtliche Leistungen im Zusammenhang mit der Haustechnik habe die Streithelferin zu 1, ein Ingenieurbüro in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Streithelfer zu 2 und 3 sind, erbracht. Für den Fall, dass sich die Mangelbehauptungen der Antragstellerin im Zusammenhang mit Abdichtungen in den Bädern bestätigen sollten, und für den Fall, dass er dafür gegenüber der Antragstellerin einzustehen habe, könne er sich bei den Streithelfern gemäß § 426 BGB schadlos halten.
4
Die Streithelfer haben ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie machen geltend, hieran ein rechtliches Interesse zu haben. Die Streithelferin zu 1 sei aufgrund eines Vertrages mit der Bauherrin mit Fachplanungsleistungen befasst gewesen, während der Antragsgegner aufgrund eines gesonderten Vertrages mit der Bauherrin als Generalplaner beauftragt worden sei. Für den Fall, dass die von der Antragstellerin behaupteten Mängel zuträfen und diese ursächlich auf die von dem Antragsgegner zu überwachende Befestigung und Anordnung der Flansche durch das Estrichleger-/Fliesenlegergewerk zurückzuführen sein sollten, wäre ihrerseits eine diesbezügliche Haftung ausgeschlossen. Die Behauptung der Ursächlichkeit dieser Umstände für mögliche Mängelsymptome wäre ihnen rechtlich verwehrt, wenn sie auf Seiten des Antragsgegners beitreten würden.
5
Der Antragsgegner hat beantragt, die Nebenintervention der Streithelfer zu 1 bis 3 auf der Seite der Antragstellerin analog § 71 ZPO zurückzuweisen.
Das Landgericht hat entschieden, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Entscheidung zu der Frage erfolge, ob eine Nebenintervention zulässig sei oder nicht. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Streithelfer als Nebenintervenienten zugelassen werden. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er weiterhin die Zurückweisung der Nebeninterventionen als unzulässig erreichen möchte.

II.

6
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass in analoger Anwendung von § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren auch über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden sei. Dabei komme es für die Zulässigkeit der Nebenintervention bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 ZPO darauf an, wann ein "Obsiegen" im selbständigen Beweisverfahren anzunehmen sei. Aus Sicht des Antragstellers obsiege er im selbständigen Beweisverfahren, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt würden. Demjenigen, dem der Antragsgegner den Streit verkündet habe, sei zwar am besten damit gedient , wenn die Mängel und/oder deren Verursachung durch den Antragsgegner nicht festgestellt würden, der Antragsteller mithin im selbständigen Beweisverfahren nicht "obsiegen" würde. Am zweitbesten sei ihm allerdings damit gedient , wenn der Antragsteller obsiege, indem festgestellt werde, dass die Mängel vorhanden und durch den Antragsgegner - jedenfalls aus technischer Sicht - allein verursacht worden seien. Eine solche Feststellung könne der Streitverkündete praktisch nur durch einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers erreichen , weil er im Fall eines Beitritts auf Seiten des Streitverkünders daran gehindert sei, Beweisanträge zu stellen, die zu dessen Vorbringen im Widerspruch stehen. Da ein selbständiges Beweisverfahren auch dem Ziel der Vermeidung eines Rechtsstreits diene, sei ein "Obsiegensinteresse" so zu verstehen, dass auch Rückgriffsprozesse möglichst vermieden werden. Aus diesen Gründen hätten die Streithelfer ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren obsiege.
8
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden.
10
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht ebenfalls angenommen , die Streithelfer zu 1 bis 3 hätten ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
11
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftli- ches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, aaO; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, aaO Rn. 12).
12
bb) Nähme die Antragstellerin den Antragsgegner in einem Rechtsstreit wegen der von ihr behaupteten Mängel in Anspruch, hätten die Streithelfer nach diesen Maßstäben ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin obsiege.
13
(1) Zwar machen die Streithelfer in erster Linie geltend, ein Interesse daran zu haben, dass nur der Antragsgegner für die geltend gemachten Mängel am Bauwerk hafte. Dies allein wäre noch kein ausreichendes rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gemäß § 66 Abs. 1 ZPO. Denn ein Obsiegen der Antragstellerin hinge nicht davon ab, ob der Antragsgegner allein oder gemeinsam mit oder neben den Streithelfern haftet.
14
Die Antragstellerin behauptet wegen der noch ungeklärten Ursache für die Mangelsymptome am Bauwerk nur allgemein, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner ihm als Architekten obliegenden Aufgaben hierfür verantwortlich ist. Das schließt nicht aus, wie der Antragsgegner bei seiner Streitverkündung dargelegt hat, dass neben ihm auch die Streithelfer haften, etwa weil sich ihre Aufgabenbereiche überschnitten haben. Ebenso kommt aber auch in Betracht, dass von ihnen niemand für die Mängel am Bauwerk verantwortlich ist, weil diese (lediglich) von den bauausführenden Unternehmen zu verantworten sind.
15
Die Antragstellerin macht nicht geltend, dass die Mängel auf Umständen beruhten, die nur entweder von dem Antragsgegner oder den Streithelfern verursacht sein könnten (tatsächliche Alternativität, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 102/14, BGHZ 204, 12). Gegenstand eines Rechtsstreits wäre nicht die Frage, ob abgesehen von der Haftung bauausführender Unternehmer der Antragsgegner allein (und nicht die Streithelfer) die Mängel am Bauwerk verursacht haben. Es könnte sich im Rahmen eines solchen Rechtsstreits allenfalls zufällig bei der Ermittlung der Ursache der Mängel ergeben, dass die Streithelfer diese nicht (mit)verursacht haben. Davon wäre ein Obsiegen der Antragstellerin nicht abhängig.
16
(2) Ein rechtliches Interesse gemäß § 66 Abs. 1 ZPO an einem Beitritt auf Seiten der Antragstellerin hätten die Streithelfer in einem Rechtsstreit aber deshalb, weil auch in Betracht kommt, dass sie als Gesamtschuldner zusammen mit dem Antragsgegner haften.
17
Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen den weiteren Schuldner Erfolg hat. Jedenfalls die erfolgreiche Vollstreckung eines Urteils durch den obsiegenden Gläubiger würde rechtlich auf das Rechtsverhältnis einwirken. Denn der (unterstellte) Anspruch des Gläubigers gegen ihn würde hierdurch gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Gläubiger erfüllt und außerdem entweder ganz oder teilweise erlöschen oder auf den weiteren Schuldner übergehen, § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR 5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO; kritisch Wieczorek/ Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 63).
18
Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die Möglichkeit besteht, dass sich die Aufgabenbereiche der Streithelfer und des Antragsgegners aus den unabhängigen Verträgen mit der Bauherrin in einer Weise überschnitten haben, dass beide für die Mängel am Bauwerk (mit)verantwortlich sind.
19
cc) Kein anderes Ergebnis ergibt sich daraus, dass § 66 Abs. 1 ZPO in einem selbständigen Beweisverfahren nur entsprechend angewandt werden kann, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
20
(1) Zu Recht ist das Beschwerdegericht im Ansatz davon ausgegangen, dass nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen ist. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ebenso zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass ein Antragsteller in einem selbständigen Beweisverfahren bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 Abs. 1 ZPO dann "obsiegt", wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
21
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
22
(2) Das ist der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken jedenfalls mittelbar auf das Rechtsverhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin ein. Die begehrte Feststellung der Verursachung der Mängel durch den Antragsgegner ist eine Grundlage dafür, dass dieser deswegen von der Antragstellerin in Anspruch genommen werden kann. Das hätte die oben unter bb) (2) dargestellten rechtlichen Folgen im Verhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 31.03.2014 - 2 OH 18/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 05.01.2015 - 10 W 977/14 -

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.

(2) Eine Forderung, die einem Gesamtschuldner zusteht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 57/12
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag auf
Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

b) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem selbständigen
Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei
oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem Rechtsverhältnis
stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden
zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.

c) Die bloße Möglichkeit, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt
wird, dessen Ergebnis sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO nachteilig
auf die Rechtsposition des Nebenintervenienten auswirken könnte, stellt keinen hinreichenden
Interventionsgrund im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO dar.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 57/12 - OLG Frankfurt in Darmstadt
LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2015:181115VIIZB57.12.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Streithelferin gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2012 wird zurückgewiesen. Die Streithelferin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit einer Nebenintervention in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin beauftragte die Antragsgegnerin zu 1 mit der Planung und Bauüberwachung und die Antragsgegnerin zu 2 mit der schlüsselfertigen Errichtung des Neubaus einer in einer Kaserne in D. gelegenen Werkhalle.
3
Zwischen der Antragstellerin und ihrer Streithelferin besteht ein hiervon unabhängiges Rechtsverhältnis, aufgrund dessen die Antragstellerin der Streithelferin die Werkhalle zur Verfügung zu stellen hat und diese sie zur Instand- setzung von Fahrzeugen und Waffensystemen, unter anderem auch zur Wartung von Panzern, nutzt.
4
An der Oberschicht der Bodenplatte der Werkhalle sind Abplatzungen aufgetreten, über deren Umfang und Ursache Streit besteht. Die Antragsgegnerin zu 2 behauptet, die aufgetretenen Schäden seien ausschließlich darauf zurückzuführen , dass es in der Halle zu einer vom ursprünglichen Vertragszweck abweichenden Nutzung eines Luftkissentransportsystems komme.
5
Die Antragstellerin hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerinnen eingeleitet mit dem Ziel, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens den Umfang der Abplatzungen, die technische Verantwortlichkeit hierfür sowie die erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen klären zu lassen.
6
Die Streithelferin hat ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie macht geltend, dass das streitige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens für ihre eigene rechtliche Beziehung zur Antragstellerin vorgreiflich sei. Eine Feststellung der Mangelhaftigkeit der erbrachten Bau- bzw. Planungs- und Überwachungsleistungen bedeute zugleich, dass die Antragstellerin ihren Leistungspflichten im Verhältnis zur Streithelferin nicht gerecht werde. Die Streithelferin beabsichtige, die Antragstellerin wegen der gutachterlich festzustellenden Mängel am Hallenboden in Regress zu nehmen. Für die Streithelferin bestehe die Gefahr, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt werde, durch welches Tatsachen festgestellt werden könnten, die sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO in einem nachfolgenden Rechtsstreit zwischen ihr und der Antragstellerin nachteilig auf ihre Rechtsposition auswirken könnten.
7
Die Antragsgegnerin zu 1 hat beantragt, die Nebenintervention zurückzuweisen. Das Landgericht hat den Beitritt der Streithelferin durch Zwischenurteil zugelassen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 hat das Beschwerdegericht die Beitrittserklärung der Streithelferin als unzulässig zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Streithelferin die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.

II.

8
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
9
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Beitrittserklärung der Streithelferin sei nur dann zulässig, wenn sie ein rechtliches Interesse im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO an dem "Obsiegen" der Antragstellerin in dem zwischen ihr und den Antragsgegnerinnen anhängigen selbständigen Beweisverfahren habe. Die in einem Rechtsstreit geltenden Grundsätze zur Auslegung des Begriffs des rechtlichen Interesses seien ohne weiteres und ohne Modifikation auf eine Nebenintervention im selbständigen Beweisverfahren anzuwenden. Gemessen hieran sei ein rechtliches Interesse der Streithelferin an einem Beitritt zu verneinen. Die Hoffnung der Streithelferin, im selbständigen Beweisverfahren könnten alle aufgeworfenen Beweisfragen im Sinne der Antragstellerin bewiesen werden, und die damit verbundene Erwartung, in einem späteren Verfahren zwischen ihr und der Antragstellerin könne ein dann zuständiges Gericht das Beweisergebnis übertragen, begründe kein rechtliches Interesse an der Nebenintervention. Das Ergebnis der erstrebten Sicherung von Beweisen wirke sich allenfalls in tatsächlicher und wirtschaftlicher, nicht jedoch in rechtlicher Hinsicht auf das Verhältnis der Streithelferin zur Antragstellerin aus.
10
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
11
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.
12
b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, die Streithelferin habe kein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
13
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 12).
14
bb) In einem selbständigen Beweisverfahren kann § 66 Abs. 1 ZPO nur entsprechend angewandt werden, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
15
Bei der Prüfung eines rechtlichen Interesses ist nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ein Antragsteller "obsiegt" in einem selbständigen Beweisverfahren vielmehr dann, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
16
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
17
cc) Das ist nach diesen Maßstäben nicht der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken nicht rechtlich auf ein Rechtsverhältnis der Streithelferin ein.
18
(1) Ein Regressanspruch der Streithelferin im Sinne eines Rückgriffs gegen die Antragstellerin ist entgegen ihrer Auffassung nicht ersichtlich. Die Streithelferin hat nichts dafür dargelegt, dass sie in Anspruch genommen werden und sich bei der Antragstellerin hierfür schadlos halten könnte.
19
(2) Tatsächlich kommt nur ein Anspruch der Streithelferin aufgrund von Mängeln am Hallenboden aus den Leistungspflichten der Antragstellerin im Verhältnis zur Streithelferin in Betracht. Auf dieses Rechtsverhältnis wirkt ein Obsiegen der Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren weder unmittelbar noch mittelbar rechtlich ein.
20
Das Ergebnis des Beweisverfahrens hat für einen etwaigen Folgeprozess der Streithelferin gegen die Antragstellerin keine materiellen oder prozessualen Rechts-, insbesondere keine Bindungswirkungen.
21
Ein für die Streithelferin günstiges Beweisergebnis bindet weder ohne noch mit einem Beitritt die Antragstellerin im Verhältnis zur Streithelferin. Denn eine entsprechend § 68 ZPO eintretende Bindung wirkt nie zu Lasten der unterstützten Partei. Die Streithelferin muss auch nicht beitreten, um ein für sie negatives Beweisergebnis zu verhindern. Ohne ihren Beitritt gibt es mangels Streit- verkündung (§ 72, § 74 Abs. 3, § 69 ZPO) keine Bindungswirkung zu ihren Lasten. Ein Beitritt bringt der Streithelferin daher rechtlich allenfalls einen Nachteil in Form einer möglichen Bindungswirkung zu ihren Lasten, jedoch keinen Vorteil. Die Streithelferin kann sich nur darauf berufen, in ihrem Rechtsverhältnis zur Antragstellerin stellten sich teilweise dieselben tatsächlichen Fragen wie im vorliegenden selbständigen Beweisverfahren. Das genügt nicht, um ein rechtliches Interesse im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO zu begründen (vgl. zum Beitritt in einem Rechtsstreit BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10).
22
Auch die von der Streithelferin geltend gemachte Gefahr, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt werde, dessen Ergebnis sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO nachteilig auf ihre Rechtsposition auswirken könnte, stellt keinen hinreichenden Interventionsgrund im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO dar. Die bloße Möglichkeit der späteren Gutachtenverwertung begründet kein rechtliches Interesse an dem Beitritt (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 2009, 963). Eine nur vage und ungewisse Betroffenheit des Dritten kann die mit der Nebenintervention für die Gegenpartei verbundenen Nachteile in der Prozessführung nicht rechtfertigen (vgl. Wieczorek/Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 36 sowie Rn. 5 a.E.). Diese Möglichkeit stellt auch keine ausreichende Gefahr einer erschwerten Prozessführung des Dritten dar. Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens nach § 411a ZPO ersetzt eine schriftliche Begutachtung und ist dieser nach der gesetzlichen Konzeption gleichwertig. Die Parteien haben in gleicher Weise wie bei einer erstmaligen Beweisaufnahme Gelegenheit, auf das Beweisergebnis Einfluss zu nehmen.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher

Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 28.06.2012 - 8 OH 3/11 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 28.09.2012 - 13 W 56/12 -

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB2/15
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er
diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner
haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen
den weiteren Schuldner Erfolg hat (Fortführung von BGH, Urteile vom 22.
Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR
5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO).

b) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag
auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

c) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem
selbständigen Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten
Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem
Rechtsverhältnis stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen
Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder
mittelbar rechtlich einwirkt.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 2/15 - OLG Dresden
LG Chemnitz
ECLI:DE:BGH:2015:181115BVIIZB2.15.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Januar 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit von Nebeninterventionen in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin macht Baumängel an einem in ihrem Auftrag errichteten Pflegeheim geltend. Sie hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen zwei bauausführende Unternehmen sowie den Antragsgegner zu 1 (im Folgenden: Antragsgegner) eingeleitet. Sie trägt vor, sie habe den Antragsgegner mit Leistungen der Leistungsphasen 4 bis 9 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. einschließlich Projektsteuerung, Winterbau sowie Architektenleistungen für Außenanlagen , Statik und Haustechnik, Bauleitung und Dokumentation beauftragt. Die von ihr geltend gemachten Baumängel seien durch ihn (mit-)verursacht worden. Das im selbständigen Beweisverfahren in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten bezieht sich unter anderem auf das Vorliegen von Mängeln und de- ren Ursachen, insbesondere auf die Frage, ob die Planung oder Bauüberwachung des Antragsgegners ursächlich für die geltend gemachten Mängel ist.
3
Der Antragsgegner hat unter anderem den Streithelfern zu 1 bis 3 der Antragstellerin den Streit verkündet mit der Aufforderung, ihm in dem selbständigen Beweisverfahren beizutreten. Zur Begründung hat er ausgeführt, sämtliche Leistungen im Zusammenhang mit der Haustechnik habe die Streithelferin zu 1, ein Ingenieurbüro in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Streithelfer zu 2 und 3 sind, erbracht. Für den Fall, dass sich die Mangelbehauptungen der Antragstellerin im Zusammenhang mit Abdichtungen in den Bädern bestätigen sollten, und für den Fall, dass er dafür gegenüber der Antragstellerin einzustehen habe, könne er sich bei den Streithelfern gemäß § 426 BGB schadlos halten.
4
Die Streithelfer haben ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie machen geltend, hieran ein rechtliches Interesse zu haben. Die Streithelferin zu 1 sei aufgrund eines Vertrages mit der Bauherrin mit Fachplanungsleistungen befasst gewesen, während der Antragsgegner aufgrund eines gesonderten Vertrages mit der Bauherrin als Generalplaner beauftragt worden sei. Für den Fall, dass die von der Antragstellerin behaupteten Mängel zuträfen und diese ursächlich auf die von dem Antragsgegner zu überwachende Befestigung und Anordnung der Flansche durch das Estrichleger-/Fliesenlegergewerk zurückzuführen sein sollten, wäre ihrerseits eine diesbezügliche Haftung ausgeschlossen. Die Behauptung der Ursächlichkeit dieser Umstände für mögliche Mängelsymptome wäre ihnen rechtlich verwehrt, wenn sie auf Seiten des Antragsgegners beitreten würden.
5
Der Antragsgegner hat beantragt, die Nebenintervention der Streithelfer zu 1 bis 3 auf der Seite der Antragstellerin analog § 71 ZPO zurückzuweisen.
Das Landgericht hat entschieden, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Entscheidung zu der Frage erfolge, ob eine Nebenintervention zulässig sei oder nicht. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Streithelfer als Nebenintervenienten zugelassen werden. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er weiterhin die Zurückweisung der Nebeninterventionen als unzulässig erreichen möchte.

II.

6
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass in analoger Anwendung von § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren auch über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden sei. Dabei komme es für die Zulässigkeit der Nebenintervention bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 ZPO darauf an, wann ein "Obsiegen" im selbständigen Beweisverfahren anzunehmen sei. Aus Sicht des Antragstellers obsiege er im selbständigen Beweisverfahren, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt würden. Demjenigen, dem der Antragsgegner den Streit verkündet habe, sei zwar am besten damit gedient , wenn die Mängel und/oder deren Verursachung durch den Antragsgegner nicht festgestellt würden, der Antragsteller mithin im selbständigen Beweisverfahren nicht "obsiegen" würde. Am zweitbesten sei ihm allerdings damit gedient , wenn der Antragsteller obsiege, indem festgestellt werde, dass die Mängel vorhanden und durch den Antragsgegner - jedenfalls aus technischer Sicht - allein verursacht worden seien. Eine solche Feststellung könne der Streitverkündete praktisch nur durch einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers erreichen , weil er im Fall eines Beitritts auf Seiten des Streitverkünders daran gehindert sei, Beweisanträge zu stellen, die zu dessen Vorbringen im Widerspruch stehen. Da ein selbständiges Beweisverfahren auch dem Ziel der Vermeidung eines Rechtsstreits diene, sei ein "Obsiegensinteresse" so zu verstehen, dass auch Rückgriffsprozesse möglichst vermieden werden. Aus diesen Gründen hätten die Streithelfer ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren obsiege.
8
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden.
10
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht ebenfalls angenommen , die Streithelfer zu 1 bis 3 hätten ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
11
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftli- ches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, aaO; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, aaO Rn. 12).
12
bb) Nähme die Antragstellerin den Antragsgegner in einem Rechtsstreit wegen der von ihr behaupteten Mängel in Anspruch, hätten die Streithelfer nach diesen Maßstäben ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin obsiege.
13
(1) Zwar machen die Streithelfer in erster Linie geltend, ein Interesse daran zu haben, dass nur der Antragsgegner für die geltend gemachten Mängel am Bauwerk hafte. Dies allein wäre noch kein ausreichendes rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gemäß § 66 Abs. 1 ZPO. Denn ein Obsiegen der Antragstellerin hinge nicht davon ab, ob der Antragsgegner allein oder gemeinsam mit oder neben den Streithelfern haftet.
14
Die Antragstellerin behauptet wegen der noch ungeklärten Ursache für die Mangelsymptome am Bauwerk nur allgemein, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner ihm als Architekten obliegenden Aufgaben hierfür verantwortlich ist. Das schließt nicht aus, wie der Antragsgegner bei seiner Streitverkündung dargelegt hat, dass neben ihm auch die Streithelfer haften, etwa weil sich ihre Aufgabenbereiche überschnitten haben. Ebenso kommt aber auch in Betracht, dass von ihnen niemand für die Mängel am Bauwerk verantwortlich ist, weil diese (lediglich) von den bauausführenden Unternehmen zu verantworten sind.
15
Die Antragstellerin macht nicht geltend, dass die Mängel auf Umständen beruhten, die nur entweder von dem Antragsgegner oder den Streithelfern verursacht sein könnten (tatsächliche Alternativität, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 102/14, BGHZ 204, 12). Gegenstand eines Rechtsstreits wäre nicht die Frage, ob abgesehen von der Haftung bauausführender Unternehmer der Antragsgegner allein (und nicht die Streithelfer) die Mängel am Bauwerk verursacht haben. Es könnte sich im Rahmen eines solchen Rechtsstreits allenfalls zufällig bei der Ermittlung der Ursache der Mängel ergeben, dass die Streithelfer diese nicht (mit)verursacht haben. Davon wäre ein Obsiegen der Antragstellerin nicht abhängig.
16
(2) Ein rechtliches Interesse gemäß § 66 Abs. 1 ZPO an einem Beitritt auf Seiten der Antragstellerin hätten die Streithelfer in einem Rechtsstreit aber deshalb, weil auch in Betracht kommt, dass sie als Gesamtschuldner zusammen mit dem Antragsgegner haften.
17
Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen den weiteren Schuldner Erfolg hat. Jedenfalls die erfolgreiche Vollstreckung eines Urteils durch den obsiegenden Gläubiger würde rechtlich auf das Rechtsverhältnis einwirken. Denn der (unterstellte) Anspruch des Gläubigers gegen ihn würde hierdurch gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Gläubiger erfüllt und außerdem entweder ganz oder teilweise erlöschen oder auf den weiteren Schuldner übergehen, § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR 5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO; kritisch Wieczorek/ Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 63).
18
Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die Möglichkeit besteht, dass sich die Aufgabenbereiche der Streithelfer und des Antragsgegners aus den unabhängigen Verträgen mit der Bauherrin in einer Weise überschnitten haben, dass beide für die Mängel am Bauwerk (mit)verantwortlich sind.
19
cc) Kein anderes Ergebnis ergibt sich daraus, dass § 66 Abs. 1 ZPO in einem selbständigen Beweisverfahren nur entsprechend angewandt werden kann, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
20
(1) Zu Recht ist das Beschwerdegericht im Ansatz davon ausgegangen, dass nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen ist. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ebenso zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass ein Antragsteller in einem selbständigen Beweisverfahren bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 Abs. 1 ZPO dann "obsiegt", wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
21
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
22
(2) Das ist der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken jedenfalls mittelbar auf das Rechtsverhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin ein. Die begehrte Feststellung der Verursachung der Mängel durch den Antragsgegner ist eine Grundlage dafür, dass dieser deswegen von der Antragstellerin in Anspruch genommen werden kann. Das hätte die oben unter bb) (2) dargestellten rechtlichen Folgen im Verhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 31.03.2014 - 2 OH 18/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 05.01.2015 - 10 W 977/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 57/12
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag auf
Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

b) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem selbständigen
Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei
oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem Rechtsverhältnis
stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden
zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.

c) Die bloße Möglichkeit, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt
wird, dessen Ergebnis sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO nachteilig
auf die Rechtsposition des Nebenintervenienten auswirken könnte, stellt keinen hinreichenden
Interventionsgrund im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO dar.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 57/12 - OLG Frankfurt in Darmstadt
LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2015:181115VIIZB57.12.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Streithelferin gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2012 wird zurückgewiesen. Die Streithelferin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit einer Nebenintervention in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin beauftragte die Antragsgegnerin zu 1 mit der Planung und Bauüberwachung und die Antragsgegnerin zu 2 mit der schlüsselfertigen Errichtung des Neubaus einer in einer Kaserne in D. gelegenen Werkhalle.
3
Zwischen der Antragstellerin und ihrer Streithelferin besteht ein hiervon unabhängiges Rechtsverhältnis, aufgrund dessen die Antragstellerin der Streithelferin die Werkhalle zur Verfügung zu stellen hat und diese sie zur Instand- setzung von Fahrzeugen und Waffensystemen, unter anderem auch zur Wartung von Panzern, nutzt.
4
An der Oberschicht der Bodenplatte der Werkhalle sind Abplatzungen aufgetreten, über deren Umfang und Ursache Streit besteht. Die Antragsgegnerin zu 2 behauptet, die aufgetretenen Schäden seien ausschließlich darauf zurückzuführen , dass es in der Halle zu einer vom ursprünglichen Vertragszweck abweichenden Nutzung eines Luftkissentransportsystems komme.
5
Die Antragstellerin hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerinnen eingeleitet mit dem Ziel, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens den Umfang der Abplatzungen, die technische Verantwortlichkeit hierfür sowie die erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen klären zu lassen.
6
Die Streithelferin hat ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie macht geltend, dass das streitige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens für ihre eigene rechtliche Beziehung zur Antragstellerin vorgreiflich sei. Eine Feststellung der Mangelhaftigkeit der erbrachten Bau- bzw. Planungs- und Überwachungsleistungen bedeute zugleich, dass die Antragstellerin ihren Leistungspflichten im Verhältnis zur Streithelferin nicht gerecht werde. Die Streithelferin beabsichtige, die Antragstellerin wegen der gutachterlich festzustellenden Mängel am Hallenboden in Regress zu nehmen. Für die Streithelferin bestehe die Gefahr, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt werde, durch welches Tatsachen festgestellt werden könnten, die sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO in einem nachfolgenden Rechtsstreit zwischen ihr und der Antragstellerin nachteilig auf ihre Rechtsposition auswirken könnten.
7
Die Antragsgegnerin zu 1 hat beantragt, die Nebenintervention zurückzuweisen. Das Landgericht hat den Beitritt der Streithelferin durch Zwischenurteil zugelassen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 hat das Beschwerdegericht die Beitrittserklärung der Streithelferin als unzulässig zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Streithelferin die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.

II.

8
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
9
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Beitrittserklärung der Streithelferin sei nur dann zulässig, wenn sie ein rechtliches Interesse im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO an dem "Obsiegen" der Antragstellerin in dem zwischen ihr und den Antragsgegnerinnen anhängigen selbständigen Beweisverfahren habe. Die in einem Rechtsstreit geltenden Grundsätze zur Auslegung des Begriffs des rechtlichen Interesses seien ohne weiteres und ohne Modifikation auf eine Nebenintervention im selbständigen Beweisverfahren anzuwenden. Gemessen hieran sei ein rechtliches Interesse der Streithelferin an einem Beitritt zu verneinen. Die Hoffnung der Streithelferin, im selbständigen Beweisverfahren könnten alle aufgeworfenen Beweisfragen im Sinne der Antragstellerin bewiesen werden, und die damit verbundene Erwartung, in einem späteren Verfahren zwischen ihr und der Antragstellerin könne ein dann zuständiges Gericht das Beweisergebnis übertragen, begründe kein rechtliches Interesse an der Nebenintervention. Das Ergebnis der erstrebten Sicherung von Beweisen wirke sich allenfalls in tatsächlicher und wirtschaftlicher, nicht jedoch in rechtlicher Hinsicht auf das Verhältnis der Streithelferin zur Antragstellerin aus.
10
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
11
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.
12
b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, die Streithelferin habe kein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
13
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 12).
14
bb) In einem selbständigen Beweisverfahren kann § 66 Abs. 1 ZPO nur entsprechend angewandt werden, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
15
Bei der Prüfung eines rechtlichen Interesses ist nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ein Antragsteller "obsiegt" in einem selbständigen Beweisverfahren vielmehr dann, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
16
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
17
cc) Das ist nach diesen Maßstäben nicht der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken nicht rechtlich auf ein Rechtsverhältnis der Streithelferin ein.
18
(1) Ein Regressanspruch der Streithelferin im Sinne eines Rückgriffs gegen die Antragstellerin ist entgegen ihrer Auffassung nicht ersichtlich. Die Streithelferin hat nichts dafür dargelegt, dass sie in Anspruch genommen werden und sich bei der Antragstellerin hierfür schadlos halten könnte.
19
(2) Tatsächlich kommt nur ein Anspruch der Streithelferin aufgrund von Mängeln am Hallenboden aus den Leistungspflichten der Antragstellerin im Verhältnis zur Streithelferin in Betracht. Auf dieses Rechtsverhältnis wirkt ein Obsiegen der Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren weder unmittelbar noch mittelbar rechtlich ein.
20
Das Ergebnis des Beweisverfahrens hat für einen etwaigen Folgeprozess der Streithelferin gegen die Antragstellerin keine materiellen oder prozessualen Rechts-, insbesondere keine Bindungswirkungen.
21
Ein für die Streithelferin günstiges Beweisergebnis bindet weder ohne noch mit einem Beitritt die Antragstellerin im Verhältnis zur Streithelferin. Denn eine entsprechend § 68 ZPO eintretende Bindung wirkt nie zu Lasten der unterstützten Partei. Die Streithelferin muss auch nicht beitreten, um ein für sie negatives Beweisergebnis zu verhindern. Ohne ihren Beitritt gibt es mangels Streit- verkündung (§ 72, § 74 Abs. 3, § 69 ZPO) keine Bindungswirkung zu ihren Lasten. Ein Beitritt bringt der Streithelferin daher rechtlich allenfalls einen Nachteil in Form einer möglichen Bindungswirkung zu ihren Lasten, jedoch keinen Vorteil. Die Streithelferin kann sich nur darauf berufen, in ihrem Rechtsverhältnis zur Antragstellerin stellten sich teilweise dieselben tatsächlichen Fragen wie im vorliegenden selbständigen Beweisverfahren. Das genügt nicht, um ein rechtliches Interesse im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO zu begründen (vgl. zum Beitritt in einem Rechtsstreit BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10).
22
Auch die von der Streithelferin geltend gemachte Gefahr, dass in dem selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstellt werde, dessen Ergebnis sich im Falle einer Anwendung von § 411a ZPO nachteilig auf ihre Rechtsposition auswirken könnte, stellt keinen hinreichenden Interventionsgrund im Sinne des § 66 Abs. 1 ZPO dar. Die bloße Möglichkeit der späteren Gutachtenverwertung begründet kein rechtliches Interesse an dem Beitritt (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 2009, 963). Eine nur vage und ungewisse Betroffenheit des Dritten kann die mit der Nebenintervention für die Gegenpartei verbundenen Nachteile in der Prozessführung nicht rechtfertigen (vgl. Wieczorek/Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 36 sowie Rn. 5 a.E.). Diese Möglichkeit stellt auch keine ausreichende Gefahr einer erschwerten Prozessführung des Dritten dar. Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens nach § 411a ZPO ersetzt eine schriftliche Begutachtung und ist dieser nach der gesetzlichen Konzeption gleichwertig. Die Parteien haben in gleicher Weise wie bei einer erstmaligen Beweisaufnahme Gelegenheit, auf das Beweisergebnis Einfluss zu nehmen.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher

Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 28.06.2012 - 8 OH 3/11 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 28.09.2012 - 13 W 56/12 -

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB2/15
vom
18. November 2015
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er
diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner
haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen
den weiteren Schuldner Erfolg hat (Fortführung von BGH, Urteile vom 22.
Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR
5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO).

b) Im selbständigen Beweisverfahren ist entsprechend § 71 ZPO über einen Antrag
auf Zurückweisung einer Nebenintervention durch Beschluss zu entscheiden.

c) Für ein rechtliches Interesse entsprechend § 66 Abs. 1 ZPO am Beitritt in einem
selbständigen Beweisverfahren muss der Nebenintervenient zu der unterstützten
Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in einem
Rechtsverhältnis stehen, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen
Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder
mittelbar rechtlich einwirkt.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - VII ZB 2/15 - OLG Dresden
LG Chemnitz
ECLI:DE:BGH:2015:181115BVIIZB2.15.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier, Dr. Kartzke, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Januar 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist ein Zwischenstreit über die Zulässigkeit von Nebeninterventionen in einem selbständigen Beweisverfahren.
2
Die Antragstellerin macht Baumängel an einem in ihrem Auftrag errichteten Pflegeheim geltend. Sie hat ein selbständiges Beweisverfahren gegen zwei bauausführende Unternehmen sowie den Antragsgegner zu 1 (im Folgenden: Antragsgegner) eingeleitet. Sie trägt vor, sie habe den Antragsgegner mit Leistungen der Leistungsphasen 4 bis 9 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. einschließlich Projektsteuerung, Winterbau sowie Architektenleistungen für Außenanlagen , Statik und Haustechnik, Bauleitung und Dokumentation beauftragt. Die von ihr geltend gemachten Baumängel seien durch ihn (mit-)verursacht worden. Das im selbständigen Beweisverfahren in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten bezieht sich unter anderem auf das Vorliegen von Mängeln und de- ren Ursachen, insbesondere auf die Frage, ob die Planung oder Bauüberwachung des Antragsgegners ursächlich für die geltend gemachten Mängel ist.
3
Der Antragsgegner hat unter anderem den Streithelfern zu 1 bis 3 der Antragstellerin den Streit verkündet mit der Aufforderung, ihm in dem selbständigen Beweisverfahren beizutreten. Zur Begründung hat er ausgeführt, sämtliche Leistungen im Zusammenhang mit der Haustechnik habe die Streithelferin zu 1, ein Ingenieurbüro in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Streithelfer zu 2 und 3 sind, erbracht. Für den Fall, dass sich die Mangelbehauptungen der Antragstellerin im Zusammenhang mit Abdichtungen in den Bädern bestätigen sollten, und für den Fall, dass er dafür gegenüber der Antragstellerin einzustehen habe, könne er sich bei den Streithelfern gemäß § 426 BGB schadlos halten.
4
Die Streithelfer haben ihren Beitritt auf Seiten der Antragstellerin erklärt. Sie machen geltend, hieran ein rechtliches Interesse zu haben. Die Streithelferin zu 1 sei aufgrund eines Vertrages mit der Bauherrin mit Fachplanungsleistungen befasst gewesen, während der Antragsgegner aufgrund eines gesonderten Vertrages mit der Bauherrin als Generalplaner beauftragt worden sei. Für den Fall, dass die von der Antragstellerin behaupteten Mängel zuträfen und diese ursächlich auf die von dem Antragsgegner zu überwachende Befestigung und Anordnung der Flansche durch das Estrichleger-/Fliesenlegergewerk zurückzuführen sein sollten, wäre ihrerseits eine diesbezügliche Haftung ausgeschlossen. Die Behauptung der Ursächlichkeit dieser Umstände für mögliche Mängelsymptome wäre ihnen rechtlich verwehrt, wenn sie auf Seiten des Antragsgegners beitreten würden.
5
Der Antragsgegner hat beantragt, die Nebenintervention der Streithelfer zu 1 bis 3 auf der Seite der Antragstellerin analog § 71 ZPO zurückzuweisen.
Das Landgericht hat entschieden, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Entscheidung zu der Frage erfolge, ob eine Nebenintervention zulässig sei oder nicht. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Streithelfer als Nebenintervenienten zugelassen werden. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er weiterhin die Zurückweisung der Nebeninterventionen als unzulässig erreichen möchte.

II.

6
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
7
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass in analoger Anwendung von § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren auch über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden sei. Dabei komme es für die Zulässigkeit der Nebenintervention bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 ZPO darauf an, wann ein "Obsiegen" im selbständigen Beweisverfahren anzunehmen sei. Aus Sicht des Antragstellers obsiege er im selbständigen Beweisverfahren, wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt würden. Demjenigen, dem der Antragsgegner den Streit verkündet habe, sei zwar am besten damit gedient , wenn die Mängel und/oder deren Verursachung durch den Antragsgegner nicht festgestellt würden, der Antragsteller mithin im selbständigen Beweisverfahren nicht "obsiegen" würde. Am zweitbesten sei ihm allerdings damit gedient , wenn der Antragsteller obsiege, indem festgestellt werde, dass die Mängel vorhanden und durch den Antragsgegner - jedenfalls aus technischer Sicht - allein verursacht worden seien. Eine solche Feststellung könne der Streitverkündete praktisch nur durch einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers erreichen , weil er im Fall eines Beitritts auf Seiten des Streitverkünders daran gehindert sei, Beweisanträge zu stellen, die zu dessen Vorbringen im Widerspruch stehen. Da ein selbständiges Beweisverfahren auch dem Ziel der Vermeidung eines Rechtsstreits diene, sei ein "Obsiegensinteresse" so zu verstehen, dass auch Rückgriffsprozesse möglichst vermieden werden. Aus diesen Gründen hätten die Streithelfer ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren obsiege.
8
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Nebenintervention und die Streitverkündung (§§ 66 ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - VII ZB 9/12, BGHZ 194, 68 Rn. 6 m.w.N.). Damit ist auch entsprechend § 71 ZPO im selbständigen Beweisverfahren über einen Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention zu entscheiden.
10
b) Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht ebenfalls angenommen , die Streithelfer zu 1 bis 3 hätten ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner entsprechend § 66 Abs. 1, § 71 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.
11
aa) Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftli- ches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, NJW-RR 2011, 907 Rn. 10; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, WM 2006, 1252 Rn. 8; vom 17. Januar 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 166, 18 Rn. 7). Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten , der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2011 - I ZB 63/09, aaO; vom 24. April 2006 - II ZB 16/05, aaO Rn. 12).
12
bb) Nähme die Antragstellerin den Antragsgegner in einem Rechtsstreit wegen der von ihr behaupteten Mängel in Anspruch, hätten die Streithelfer nach diesen Maßstäben ein rechtliches Interesse daran, dass die Antragstellerin obsiege.
13
(1) Zwar machen die Streithelfer in erster Linie geltend, ein Interesse daran zu haben, dass nur der Antragsgegner für die geltend gemachten Mängel am Bauwerk hafte. Dies allein wäre noch kein ausreichendes rechtliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner gemäß § 66 Abs. 1 ZPO. Denn ein Obsiegen der Antragstellerin hinge nicht davon ab, ob der Antragsgegner allein oder gemeinsam mit oder neben den Streithelfern haftet.
14
Die Antragstellerin behauptet wegen der noch ungeklärten Ursache für die Mangelsymptome am Bauwerk nur allgemein, dass der Antragsgegner im Rahmen seiner ihm als Architekten obliegenden Aufgaben hierfür verantwortlich ist. Das schließt nicht aus, wie der Antragsgegner bei seiner Streitverkündung dargelegt hat, dass neben ihm auch die Streithelfer haften, etwa weil sich ihre Aufgabenbereiche überschnitten haben. Ebenso kommt aber auch in Betracht, dass von ihnen niemand für die Mängel am Bauwerk verantwortlich ist, weil diese (lediglich) von den bauausführenden Unternehmen zu verantworten sind.
15
Die Antragstellerin macht nicht geltend, dass die Mängel auf Umständen beruhten, die nur entweder von dem Antragsgegner oder den Streithelfern verursacht sein könnten (tatsächliche Alternativität, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 102/14, BGHZ 204, 12). Gegenstand eines Rechtsstreits wäre nicht die Frage, ob abgesehen von der Haftung bauausführender Unternehmer der Antragsgegner allein (und nicht die Streithelfer) die Mängel am Bauwerk verursacht haben. Es könnte sich im Rahmen eines solchen Rechtsstreits allenfalls zufällig bei der Ermittlung der Ursache der Mängel ergeben, dass die Streithelfer diese nicht (mit)verursacht haben. Davon wäre ein Obsiegen der Antragstellerin nicht abhängig.
16
(2) Ein rechtliches Interesse gemäß § 66 Abs. 1 ZPO an einem Beitritt auf Seiten der Antragstellerin hätten die Streithelfer in einem Rechtsstreit aber deshalb, weil auch in Betracht kommt, dass sie als Gesamtschuldner zusammen mit dem Antragsgegner haften.
17
Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen den weiteren Schuldner Erfolg hat. Jedenfalls die erfolgreiche Vollstreckung eines Urteils durch den obsiegenden Gläubiger würde rechtlich auf das Rechtsverhältnis einwirken. Denn der (unterstellte) Anspruch des Gläubigers gegen ihn würde hierdurch gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Gläubiger erfüllt und außerdem entweder ganz oder teilweise erlöschen oder auf den weiteren Schuldner übergehen, § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116 Rn. 38; vom 21. Juni 1951 - III ZR 5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO; kritisch Wieczorek/ Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 66 Rn. 63).
18
Diese Voraussetzungen liegen vor, weil die Möglichkeit besteht, dass sich die Aufgabenbereiche der Streithelfer und des Antragsgegners aus den unabhängigen Verträgen mit der Bauherrin in einer Weise überschnitten haben, dass beide für die Mängel am Bauwerk (mit)verantwortlich sind.
19
cc) Kein anderes Ergebnis ergibt sich daraus, dass § 66 Abs. 1 ZPO in einem selbständigen Beweisverfahren nur entsprechend angewandt werden kann, weil es ein "Obsiegen" im engeren Sinne hier nicht gibt.
20
(1) Zu Recht ist das Beschwerdegericht im Ansatz davon ausgegangen, dass nicht auf ein Obsiegen in einem gedachten Hauptsacheprozess abzustellen ist. Eine derartige hypothetische Prüfung ist in diesem Stadium eines Verfahrens schon deshalb nicht möglich, weil noch nicht feststeht, mit welchen Anträgen ein solches Hauptsacheverfahren durchgeführt werden würde. Ebenso zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass ein Antragsteller in einem selbständigen Beweisverfahren bei einer entsprechenden Anwendung von § 66 Abs. 1 ZPO dann "obsiegt", wenn die von ihm behaupteten Mängel und deren Verursachung durch den Antragsgegner festgestellt werden. Insoweit besteht sein rechtliches Interesse im Sinne von § 485 Abs. 2 ZPO gegenüber dem Antragsgegner an der Feststellung des Zustandes einer Sache und der Ursache eines Sachmangels, für den eine Haftung des Antragsgegners ihm gegenüber in Betracht kommt.
21
Mithin kommt es darauf an, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt.
22
(2) Das ist der Fall. Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens und ein Obsiegen der Antragstellerin wirken jedenfalls mittelbar auf das Rechtsverhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin ein. Die begehrte Feststellung der Verursachung der Mängel durch den Antragsgegner ist eine Grundlage dafür, dass dieser deswegen von der Antragstellerin in Anspruch genommen werden kann. Das hätte die oben unter bb) (2) dargestellten rechtlichen Folgen im Verhältnis der Streithelfer zur Antragstellerin.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Kartzke Jurgeleit Sacher
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 31.03.2014 - 2 OH 18/12 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 05.01.2015 - 10 W 977/14 -

Der Nebenintervenient wird im Verhältnis zu der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört, dass der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei; er wird mit der Behauptung, dass die Hauptpartei den Rechtsstreit mangelhaft geführt habe, nur insoweit gehört, als er durch die Lage des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts oder durch Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei verhindert worden ist, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder als Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die ihm unbekannt waren, von der Hauptpartei absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht sind.

Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. Für ihn gelten die §§ 141 und 278 Absatz 3 entsprechend.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.