Landgericht München I Verfügung, 16. Juni 2017 - 6 Qs 5/17, 6 Qs 6/17

bei uns veröffentlicht am16.06.2017
vorgehend
Landgericht München I, 6 Qs 5/17, 6 Qs 6/17, 06.06.2017
Landgericht München I, 6 Qs 5/17, 6 Qs 6/17, 08.05.2017
Amtsgericht München, ER II Gs 3133/17, 29.03.2017
nachgehend
Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1287/17, 2 BvR 1583/17, 25.07.2017
Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1287/17, 2 BvR 1583/17, 09.01.2018
Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1287/17, 2 BvR 1583/17, 27.06.2018

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1.) Eine Veröffentlichung des Beschlusses des Landgerichts München I vom 08.05.2017 zu den Aktenzeichen 6 Qs 5/17 sowie 6 Qs 6/17, auch in anonymisierter Form, wird abgelehnt.

2.) Für die Beantwortung von Anfragen einzelner Anwälte ist das Landgericht München I, 6. Strafkammer nicht zuständig. Zuständig ist vielmehr die Staatsanwaltschaft München II nach den allgemeinen strafprozessualen Vorschriften.

Gründe

I.)

Anfragen von Presse und Datenbanken auf Herausgabe von anonymisierten Entscheidungen in strafrechtlichen Angelegenheiten wurden bisher immer nach den §§ 474 ff. StPO behandelt. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens wurden die Antragsteller an die Staatsanwaltschaft verwiesen. (vgl. § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO)

1.) Die Anwendung der strafprozessualen Vorschriften über Auskunftsbegehren der Presse und von Datenbanken war stets umstritten. Die alleinige Anwendung der Vorschriften über die Akteneinsicht aus der Strafprozessordnung ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Themenkomplex (vgl. Bundesverfassungsgericht – 1 BvR 857/15 – Entscheidung vom 14.09.2015) nicht mehr haltbar. Vielmehr haben den presserechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 4 BayPrG und den grundgesetzlichen Anspruch auf Veröffentlichung von veröffentlichungswürdigen Gerichtsentscheidungen die Gerichte als Justizverwaltungsaufgabe zu erfüllen.

Diesbezüglich wurde nun in einer gemeinsamen Dienstbesprechung der Präsidenten der Landgerichte und Leitenden Oberstaatsanwälte am 21./22.10.2015 in Kloster Ettal eine Verständigung dahingehend getroffen, dass für die Übersendung anonymisierter Urteilsabschriften bei Anfragen der Presse sowie bei Anfragen von juristischen Datenbanken eine Zuständigkeit der Gerichte anzunehmen ist.

Durch Verfügung des Präsidenten des Landgerichts München I vom 03.11.2015 wurde die Entscheidung über die Erteilung anonymisierter Entscheidungsabschriften auf Anfragen von Presse und Datenbanken auf die jeweiligen Kammervorsitzenden übertragen, wobei bei der Entscheidung die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14.09.2015 (vgl. Bundesverfassungsgericht – 1 BvR 857/15 – Entscheidung vom 14.09.2015) aufgeführten Erwägungen Berücksichtigung finden sollen.

Nach den Richtlinien für die Zusammenarbeit der bayerischen Justiz mit der Presse (PresseRL, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 27.06.2016, JMBl S. 38), dort Nr. 3.5, 2. Absatz, entscheiden die Gerichte über die Veröffentlichung bzw. das Zugänglichmachen von Gerichtsentscheidungen, auch nach Rechtskraft.

Eine Zuständigkeit der Vorsitzenden der 6. Strafkammer für Anfragen der Presse und deren Mitgliedern sowie von Datenbanken ist daher gegeben.

2.) Für die Beantwortung von Anfragen einzelner Anwälte bzw. Anwaltskanzleien ist die 6. Strafkammer nicht zuständig. Zwar erfasst die Presse-Richtlinie auch das Zugänglichmachen von Entscheidungen, dies jedoch im Kontext der Zusammenarbeit mit der Presse. Es ist nicht ersichtlich, dass die Presse-Richtlinie eine allgemeine Zuständigkeit der Gerichte für Anfragen aller Art festlegt, sondern vielmehr nur für die Frage der Veröffentlichung und der Zugänglichmachung für die Presse. Gesuche einzelner Anwälte sind daher, wie bisher, von der Staatsanwaltschaft München II zu entscheiden.

II.)

Eine Veröffentlichung des Beschlusses des Landgerichts München I vom 08.05.2017 zu den Aktenzeichen 6 Qs 5/17 sowie 6 Qs 6/17 wird deshalb abgelehnt, weil bei Abwägung der betroffenen Rechte der von der Entscheidung tangierten Parteien an einer Nichtveröffentlichung und dem Interesse der Presseorgane an der Veröffentlichung der Entscheidung die Interessen der betroffenen Parteien an einer Nichtveröffentlichung überwiegen.

Die hier von der Presse angeforderte Entscheidung ist nicht zu veröffentlichen bzw. zu übersenden, weil nach den in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14.09.2015 erörterten Grundsätzen vorliegend zwar grundsätzlich eine veröffentlichungswürdige Gerichtsentscheidung vorliegt, die vor dem Hintergrund der Pressefreiheit nach dem Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auf Anforderung einem Vertreter einer öffentlichen Datenbank bzw. der Presse zu übersenden wäre, (Vgl. BVerfG, Entscheidung vom 14.09.2015, 1 BvR 857/15) einer solchen Veröffentlichung aber schützenswerte Rechte der durch den Beschluss betroffenen Parteien entgegenstehen, die das Veröffentlichungsinteresse überwiegen.

1.) Bei der Entscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist. (Bundesverfassungsgericht – 1 BvR 857/15 – Entscheidung vom 14.09.2015, Rdnr. 15 mit weiteren Nachweisen)

Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates (BVerfGE 20, 162, 174 = NJW 1966, 1603). Sie ist – neben Hörfunk und Fernsehen – ein wichtiger Faktor für die Bildung der öffentlichen Meinung, die ihrerseits als das Ergebnis einer in freier geistiger Auseinandersetzung geführten öffentlichen Diskussion über Gegenstände von allgemeinen Interesse und staatspolitischer Bedeutung in der modernen Demokratie eine entscheidende Rolle spielt (BVerfGE 8, 104 = NJW 1958, 1339; BVerfGE 12, 113 = NJW 1961, 819; BVerfGE 25, 256 (265) = NJW 1969, 1161; BVerfGE 36, 193 (204) = NJW 1974, 356). Durch Teilnahme an diesem Prozess vermitteln öffentlich zugängliche Datenbanken und die Presseveröffentlichungen dem Bürger Informationen, die es ihm ermöglichen, die Meinungen anderer kennenzulernen und zu überprüfen, seinen eigenen Standpunkt zu finden, sich an der öffentlichen Diskussion zu beteiligen und politische Entscheidungen zu treffen. Die Informationsfreiheit stellt damit im heutigen demokratischen Staat letztlich eine wesentliche Voraussetzung für eine freie politische Willensbildung des Volkes dar (vgl. BVerfGE 44, 139 = NJW 1977, 1054).

Der Funktion der freien Presse im demokratischen Staat entspricht ihre Rechtsstellung nach der Verfassung. Die in Art. 5 I 2 GG verbürgte Pressefreiheit gewährleistet sowohl als Grundrecht des einzelnen wie als Garantie des Instituts „Freie Presse“ nicht nur die Freiheit der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen; sie schützt vielmehr auch den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insbesondere die Beschaffung von Informationen gehört (BVerfGE 10, 118, (121); BVerfGE 12, 205, (260); BVerfGE 20, 162 (175, 176); BVerfGE 21, 271, (279); BVerfGE 36, 193 (204). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie eröffnete Rolle wirksam wahrzunehmen. Dabei wird der Schutz des Art. 512 GG allen Presseorganen grundsätzlich unabhängig von der Art und Weise ihrer Berichterstattung zuteil, wiewohl diese bei der Abwägung zwischen der Pressefreiheit und anderen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern im Einzelfall zu berücksichtigen sein kann (BVerfGE 50, 234 ff. m.w.N.).

Dabei ist die Pressefreiheit grundrechtlich in Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist. (ständige Rechtsprechung; vgl. BVerwG, Urteil vom 01.10.2014, 6 C 35/13, dort Rdnr. 26, sowie BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 – 1 BvR 586/62 –; BVerfGE 20, 162 <174>; BVerfGE 52, 283 <296>)

Der Presse kommt neben einer Informationsfunktion auch eine Kontrollfunktion zu. (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.06.2009 – 1 BvR 134/03 – DVBl. 2009, 1166, Rdnr. 62; BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 – BverwG 6 A 2.12 – BverwGE 146, 56, Rdnr. 27)

Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, diese ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam nachzukommen. (vgl. BVerfG – 1 BvR 857/15 – Entscheidung vom 14.09.2015, Rdnr. 15)

Grundsätzlich steht der Presse daher ein Auskunftsrecht zu, das sich bei veröffentlichungswürdigen Gerichtsentscheidungen zu einer Rechtspflicht der Gerichtsverwaltung zur Publikation verdichten kann (vgl. Urteil des BVerwG vom 26.02.1997 – 6 C 3.96).

Bei der Entscheidung hat aber stets eine am Einzelfall orientierte Abwägung zwischen dem Auskunftsbegehren der Presse und dem Persönlichkeitsrecht betroffener Personen vorauszugehen. (vgl. BVerwG Urteil vom 01.10.2014, 6 C 35/13, dort Rdnr. 18)

Die Presse- und Informationsfreiheit ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet; sie findet – ebenso wie die anderen Grundrechte aus Art. 5 I GG – ihre Schranken u.a. in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze (Art. 5 II GG). Darunter sind in diesem Zusammenhang alle Gesetze zu verstehen, die sich nicht speziell gegen die Presse, insbesondere nicht gegen die Beschaffung einer Information oder die Äußerung einer Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Information oder Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen, eines Gemeinschaftswerts, der gegenüber der Betätigung der Presse- und Informationsfreiheit den Vorrang genießt (vgl. BVerfGE 7, 198, (209); BVerfGE 21, 271, (280); BVerfGE 28, 175, (185 f.); BVerfGE 28, 282, (292). Dies bedeutet nicht, dass das Grundrecht der Pressefreiheit schlechthin unter dem Vorbehalt des einfachen Gesetzes stünde. Die allgemeinen Gesetze müssen vielmehr im Lichte der besonderen Bedeutung dieses Grundrechts für den freiheitlichen demokratischen Staat ausgelegt werden; sie sind so zu interpretieren, dass der besondere Wertgehalt des Grundrechts auf jeden Fall gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 7, 198, (208), st. Rspr., siehe BVerfGE 47, 130, (143); zuletzt BVerG – 1 BvR 857/15). Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 08.09.2014, – 1 BvR 23/14 – und die bereits zitierte Entscheidung des BVerfG 1 BvR 857/15)

Bei dem Beschluss des Landgerichts, über dessen Veröffentlichung hier zu entscheiden ist, ging es bei der dort zu entscheidenden Rechtsfrage im Wesentlichen um das Verhältnis und die Reichweite von Rechtsvorschriften, die die Zugriffsbefugnis der Strafverfolgungsbehörden auf bei Anwälten und Verteidigern befindliche Informationen regeln. Inmitten steht insbesondere der Schutz des Vertrauensverhältnisses des Mandaten zu seinem Anwalt und inwieweit die Strafverfolgungsbehörden auf die Kommunikation zwischen diesen und die Ergebnisse der Tätigkeit des Anwaltes im Rahmen von Durchsuchungen und Beschlagnahme zugreifen können. Die Rechtsfrage ist strittig, die Rechtsprechung noch uneinheitlich. Die Entscheidung der Frage kann erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit von Strafverfolgungsbehörden und Anwälten haben, insbesondere im Bereich der sogenannten „internal investigations“. Vor dem Hintergrund dieser Diskussion, die noch immer andauert, sind die vorliegend angeforderten Entscheidungen deshalb von öffentlichem Interesse. Ebenso ist ein öffentliches Interesse deshalb gegeben, weil große deutsche Automobilhersteller involviert sind.

Dieses öffentliche Interesse wurde schon dadurch dokumentiert, dass es in der Presse schon eine breite Berichterstattung zu dem sogenannten „Dieselskandal“ gegeben hat.

2.) Demgegenüber haben aber die mit dem Verfahren involvierten Personen und Firmen ein Interesse daran, dass ihre persönlichen bzw. betriebsinternen Belange nicht einer breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden.

Der anwaltliche Vertreter der VW AG und der anwaltliche Vertreter der Kanzlei Jones Day haben zu den ihnen zustehenden Rechten, die durch eine Veröffentlichung der Gerichtsentscheidung tangiert würden, vorgetragen, dass das grundrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteresse der Beschwerdeführerinnen das Interesse der Presse an einer Veröffentlichung des Beschlusses überwiege. Eine Anonymisierung sei zur Wahrung der Rechte der Beschwerdeführerinnen nicht ausreichend, da diese weitgehend ohne Wirkung bliebe. Dies beruhe darauf, dass bereits über die Tatsache der Durchsuchung in der Presse berichtet worden sei, sodass die Beschwerdeführerinnen auch bei Anonymisierung eindeutig zu identifizieren seien. Darüber hinaus, was schwerwiegender sei, seien in dem erlassenen Beschluss vom 08.05.2017 an vielfältigen Stellen Interna aus dem Mandatsverhältnis, insbesondere die Herangehensweise der Beschwerdeführerin VW AG bei der Kooperation mit Ermittlungsbehörden, sowie die Strategie der VW AG bei der Aufklärung der Diesel-Thematik und bei der Verteidigung in Strafverfahren im In- und Ausland. Dies seien Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, an deren Nichtverbreitung die VW AG ein berechtigtes Interesse habe. Aus dem zu veröffentlichenden Beschluss ergäben sich an vielfältigen Stellen Interna der VW AG zur Zusammenarbeit mit der sie vertretenden Anwaltskanzlei. Im gesamten Beschluss verteilt fänden sich Ausführungen zur Tätigkeit der Rechtsanwälte, insbesondere zur Berichterstattung an Behörden. Dies seien Details der anwaltlichen Tätigkeit, die sich auf die Verteidigung der Gesellschaft in laufenden Verfahren bezögen und zum innersten Schutzbereich des Mandatsverhältnisses gehörten.

Schließlich seien verschiedentliche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betreffend die nichtöffentliche Tätigkeit der Organe der Konzerngesellschaft genannt.

Insbesondere sei bei der Abwägung zu berücksichtigen, das die Veröffentlichung der oben genannten Informationen einen besonders tiefen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf ein faires Verfahren begründe, sowie Eingriffe in die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Eine vollständige Anonymisierung würde zur Sinnentstellung führen und wäre damit nicht praktikabel. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass das Beschwerdeverfahren zwar abgeschlossen sei, aber noch die Möglichkeit einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung offen stehe, die auch angestrebt werde. Vor dem Hintergrund, dass gerade die Rechtmäßigkeit der richterlichen Anordnung, aufgrund der die Durchsuchung stattgefunden habe, angegriffen sei und zur Frage stehe, würde eine Veröffentlichung des Beschlusses eine nachhaltige Ausweitung und Perpetuierung des Eingriffs durch den angegriffenen Beschluss bedeuten.

Schließlich sei bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass hierfür eine Darlegung der anfragenden Pressestellen betreffend ihr Interesse an einer Veröffentlichung bzw. dem Erhalt des Beschlusses erfolgen müsse. Ohne eine solche Darlegung sei, wie sich aus obergerichtlicher Rechtsprechung ergebe, eine Abwägung nicht möglich. Ein öffentliches Interesse sei in den bisher vorliegenden Anfragen noch nicht einmal behauptet, und nicht im Einzelnen dargelegt, und könne nicht durch eine staatliche Bewertung des öffentliches Interesses ersetzt werden.

Letzterer Überlegung schließt sich das Gericht nicht an. Vielmehr hat das Gericht selbst zu entscheiden, ob eine veröffentlichungswürdige Gerichtsentscheidung vorliegt, eine Darlegung durch die anfragende Presse ist nicht erforderlich. Dass ein solches Interesse vorliegt, wurde bereits dargetan.

Die übrigen Darlegungen der Beschwerdeführerinnen zu dem Vorliegen von überwiegendem Geheimhaltungsinteresse sind allerdings zutreffend und das Gericht bewertet diese Rechte als vorrangig zu dem festgestellten Interesse an einer Veröffentlichung der Entscheidung.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf Folgendes:

Das Ergebnis des Beschlusses des Landgerichts ist in der Öffentlichkeit bereits bekannt.

Bei der Abwägung mit den von den durch den Beschluss betroffenen Parteien ist allerdings von den Beschwerdeführerinnen zutreffend darauf hingewiesen worden, dass sich bei der Begründung des Beschlusses des Gerichts Interna zum Mandatsverhältnis der Kanzlei Jones Day zu der VW AG in weiten Teilen des Beschlusses finden. Solche Interna unterfallen dem Kernbereich des geschützten Mandatsverhältnisses, so dass eine Veröffentlichung des gesamten Beschlusses mit Gründen das insoweit gegebene Geheimhaltungsinteresse der VW AG und der Kanzlei Jones Day verletzen würde. Bei der Abwägung der betroffenen Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass das Verfahren in Deutschland hinsichtlich der Dieselthematik noch nicht abgeschlossen ist und schon vor diesem Hintergrund die VW AG ein gesteigertes Interesse daran hat, dass Interna ihrer Verteidigungsstrategie nicht an die Öffentlichkeit gelangen.

Eine Veröffentlichung könnte zwar auch dadurch erfolgen, dass Passagen zu schwärzen sind, in denen Internas der Mandatserteilung und der Verteidigungsstrategie der Beschwerdeführerinnen enthalten sind. Allerdings würde dies dazu führen, dass der Beschluss des Landgerichts München I dann insgesamt nicht mehr verständlich wäre, so dass eine Veröffentlichung insgesamt abzulehnen war.

Zu Recht haben die Beschwerdeführerinnen zudem darauf hingewiesen, dass eine Veröffentlichung des Beschlusses der Kammer vom 08.05.2017 mit lediglich anonymisierten Parteien, Personen und deren Adressen keineswegs dazu führen würde, dass informierten Kreisen nicht doch sehr wohl bekannt sein würde, um welche Firmen und Personen es sich handelt, so dass dies letztlich dann bedeuten würde, dass einer breiten Öffentlichkeit eben doch Internas der VW AG und von deren Mandatsverhältnis zu Jones Day bekannt werden würden. Insoweit überwiegt bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Parteien und eine Veröffentlichung des Beschlusses vom 08.05.2017, auch in anonymisierter Form, wird abgelehnt.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Strafprozeßordnung - StPO | § 478 Form der Datenübermittlung


Auskünfte nach den §§ 474 bis 476 und Datenübermittlungen von Amts wegen nach § 477 können auch durch Überlassung von Kopien aus den Akten erfolgen.

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 14. Sept. 2015 - 1 BvR 857/15

bei uns veröffentlicht am 14.09.2015

Tenor 1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. E

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 01. Okt. 2014 - 6 C 35/13

bei uns veröffentlicht am 01.10.2014

Tatbestand 1 Im Streit ist der Umfang des Presseauskunftsrechts in Bezug auf die Namen von Personen, die an einem strafgerichtlichen Verfahren mitgewirkt haben.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 08. Sept. 2014 - 1 BvR 23/14

bei uns veröffentlicht am 08.09.2014

Tenor 1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. 2. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf E

Referenzen

Auskünfte nach den §§ 474 bis 476 und Datenübermittlungen von Amts wegen nach § 477 können auch durch Überlassung von Kopien aus den Akten erfolgen.

Tenor

1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Thüringen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Verfassungsbeschwerde liegt ein verwaltungsgerichtliches Eilrechtsschutzverfahren zugrunde, in welchem um die Übersendung einer anonymisierten Abschrift eines Strafurteils an die Beschwerdeführerin gestritten wurde.

2

1. Die Beschwerdeführerin, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des in einem Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den beigeladenen ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. ergangenen Urteils durch die Übersendung einer anonymisierten Kopie des Urteils.

3

Nach Durchführung einer sechstägigen Hauptverhandlung mit umfänglicher, Namen und Straftaten nennender Medienbegleitung wurde mit diesem Urteil der Beigeladene im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie als Stadtratsmitglied wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen weiteren Beschuldigten wurde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zurückgestellt. Eine weitere Person wird gesondert verfolgt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt E. wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme lehnte das Landgericht ab.

4

2. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Präsidenten des Landgerichts (im Folgenden: Antragsgegner) die Übersendung einer Kopie des Strafurteils. Der Antragsgegner lehnte dies ab. Durch Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des ergangenen Urteils durch Übersendung einer anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu erteilen.

5

3. Auf die Beschwerde des Beigeladenen änderte das Oberverwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung ab.

6

Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. § 4 Abs. 1 ThürPrG gewähre der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Übersendung eines anonymisierten vollständigen Urteils. Nach dieser Vorschrift seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könne. Bei der Auslegung der Norm sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen könne. Allerdings verpflichte § 4 Abs. 1 ThürPrG die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Eine besondere Form der Auskunft sei nicht vorgegeben. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lasse sich kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten herleiten. Lediglich in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben. Sie lasse sich nicht bereits aus der allgemeinen Verpflichtung der Justiz zur Veröffentlichung gerichtlicher, die Öffentlichkeit interessierender Entscheidungen herleiten. Bei der Veröffentlichung müssten die Gerichte neben den Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten und dem Datenschutz die ihnen auferlegten Neutralitätspflichten beachten. Diese Verpflichtung der Gerichte zu unbedingter Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand sei zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Grundkonzeption und habe Einfluss auf die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Sie dürfe und müsse im Rahmen der Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Justiz berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gerade durch Übersendung eines die Presse interessierenden Urteils bestehe jedenfalls dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 ThürPrG vorliege, insbesondere wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens gefährdet werden könne.

7

Dies sei hier der Fall. Angesichts des - im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch laufenden - Revisionsverfahrens sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werde und gegebenenfalls die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden müsse. Darüber hinaus sei bisher noch nicht abschließend über die Eröffnung der Hauptverhandlung in den Verfahren derjenigen Personen entschieden worden, die bei der Verurteilung des Beigeladenen wegen Abgeordnetenbestechung (§ 108e Abs. 1 StGB) und Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) die jeweils spiegelbildlichen Tatbestände verwirklicht haben könnten. Bei einer Veröffentlichung des Urteils im Wortlaut bestehe die Möglichkeit, dass Zeugen beeinflusst würden. Die Durchführung der Beweisaufnahme in der öffentlichen Hauptverhandlung und die Verlesung des Urteils seien nicht mit einer Veröffentlichung des genauen Wortlauts gleichzusetzen. Der möglichen Gefährdung der weiteren Gerichtsverfahren lasse sich nicht mit einer Anonymisierung entgegensteuern, da sich die Beteiligten und die Zeugen ohne größere Mühen wiederfinden könnten. Unabhängig von der Frage, ob im Hinblick auf die Erörterung des Schriftverkehrs in der Hauptverhandlung, der dort erfolgten Zeugenvernehmungen sowie deren Bewertung in der Urteilsbegründung der Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr erfüllt werden könne, lasse sich eine Gefährdung von Strafverfahren hier nicht von der Hand weisen. Veröffentlichungen amtlicher Schriftstücke im Wortlaut stellten eine größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die von dem Verfahren Betroffenen dar als lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichungen in nicht wörtlicher Rede, da sie eine besondere Überzeugungs- und Beweiskraft besäßen und den Eindruck amtlicher Authentizität erweckten. Diese Folgen seien bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegner hier gehalten sei, die begehrte Auskunft gerade durch Übersendung einer Urteilskopie zu erfüllen, zu berücksichtigen. Die Auskunft gebende Stelle müsse alle möglichen Auswirkungen der Freigabe der begehrten Information umfassend in den Blick nehmen, denn nach der Herausgabe einer entsprechenden Urteilskopie habe sie keinen Einfluss mehr darauf, ob die Urteilskopie vollständig veröffentlicht werde, nur Teile daraus zitiert würden oder sie überhaupt keine Verwendung finde. Entscheidend sei, dass die Information in der Hand Anderer geeignet sein könne, entsprechend bekannt zu werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse sich die Beschwerdeführerin darauf verweisen lassen, konkrete Auskunftsbegehren - beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung - an das Landgericht zu richten.

8

Ein Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelung in den landesrechtlichen Pressegesetzen nicht. Dies gelte im gleichen Maße im Hinblick auf Art. 10 EMRK.

9

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Pressefreiheit) und aus Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) geltend.

10

5. Dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen zu der Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a. -, NJW 1989, S. 382; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <503 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>).

12

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig. Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen.

13

Das in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechts-wegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>). Das bedeutet, dass auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein kann, wenn sich dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Chance bietet, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Die Notwendigkeit vorab das Klageverfahren zu betreiben, fehlt allerdings, wenn dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.> m.w.N.; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>).

14

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Entscheidung hängt von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung ab. Verwiese man den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg in der Hauptsache, würde dies einen schweren und unabwendbaren Nachteil darstellen, da auch mit Blick auf die Aktualität der Berichterstattung in einer Tageszeitung bei einem Erfolg in der Hauptsache eine Verwertung der Urteilsabschrift wegen des Zeitablaufs voraussichtlich nicht mehr in Betracht kommen würde.

15

2. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

a) Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <63>) und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Der Presse kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <471>). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren geht es - überdies in besonders einschneidender Weise - um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, NJW 2015, S. 807 <809>, unter Verweis auf BVerfGE 34, 269 <283>; 101, 361 <391>). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>).

17

b) Die Pressefreiheit ist durch die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 1 und 2 ThürPrG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt worden.

18

aa) Im Ausgangspunkt hat das Oberverwaltungsgericht die Vorschrift allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass den auskunftspflichtigen Stellen - auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - grundsätzlich ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zusteht. In keinem der Landespressegesetze - so auch nicht in Thüringen - wird der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es wird lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichten soll (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b).

19

Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 35, 202 <233>). Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse ist anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einsicht in Behördenakten.

20

bb) Für die Auskunft über Gerichtsentscheidungen gelten jedoch Besonderheiten, die das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet hat. Es ist weithin anerkannt, dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen (vgl. Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, S. 1777 <1778>). Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut. Hiermit korrespondiert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.

21

cc) Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren. Dies ändert an der grundsätzlichen Öffentlichkeit solcher Entscheidungen nichts.

22

Unberührt von der grundsätzlichen Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen bleiben auch die allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang der Medien mit den Entscheidungen. Äußerungen und Publikationen können, wie etwa nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung (vgl. BVerfGE 12, 113 <130 f.>; 114, 339 <354>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <473>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, NJW 2014, S. 2029 <2032>) oder zur Zurückhaltung bei Berichten über zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen (BVerfGE 35, 202 <233 ff.>), Grenzen unterliegen. Die Medien haben insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Pflichten liegt dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden.

23

dd) Wieweit die Beeinträchtigung des weiteren oder anderer Gerichtsverfahren der Zugänglichmachung von Gerichtsentscheidungen Grenzen setzen kann und Entscheidungen deshalb auch als Ganze zurückgehalten werden können, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls tragen die in dem angegriffenen Beschluss angeführten Gründe eine Zurückhaltung der in Frage stehenden Entscheidungen nicht.

24

Der Beschluss verweist ohne nähere Darlegungen auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Verfahrens des Beigeladenen sowie weiterer Strafverfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG, namentlich die potentielle Beeinträchtigung von Zeugen, die im Falle einer Berichterstattung mit anonymisierter Urteilsabschrift drohen könnte. Dies genügt zur Ablehnung eines auf Herausgabe der Urteilsabschrift gerichteten Auskunftsanspruchs nicht. Jedenfalls angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Beigeladenen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt und es um strafrechtliche Vorwürfe geht, die aufgrund der geschützten Rechtsgüter - die Sachlichkeit des Abstimmungsverhaltens und damit die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems einerseits (§ 108e StGB) sowie die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes (§ 331 StGB) andererseits - im öffentlichen Interesse liegen, können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.

25

Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Auch drängt sich in keiner Weise auf, dass die Beschwerdeführerin ihr obliegende Sorgfaltspflichten und die Rechte Dritter nicht respektieren wird. Vielmehr erweist sich gerade in dem zugrundeliegenden Verfahren, dass die grundsätzliche Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen und ein entsprechender Auskunftsanspruch in die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens unmittelbar eingebunden sind. So war vorliegend das Strafverfahren mit einer öffentlichen, sechs Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung von einer umfangreichen Presseberichterstattung begleitet; die Pressemitteilungen des Landgerichts nannten die Beigeladenen, die ihnen vorgeworfenen Straftaten, die Wertungen des Landgerichts sowie die im Revisionsverfahren zu beurteilenden Fragen. Entsprechend geht das Verfahrensrecht davon aus, dass die Berichterstattung auch über Einzelheiten des Verfahrens grundsätzlich hinzunehmen ist und hierdurch das Strafverfahren nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies für die Gerichtsentscheidungen selbst grundsätzlich anders zu beurteilen ist. Dass die Kenntnis des Strafurteils, anders als die öffentliche Ausgestaltung des Strafverfahrens selbst, im konkreten Fall zu einer Voreingenommenheit von Zeugen und Schöffen oder zu einer Anpassung des Vorbringens des Betroffenen führen müsste, in Folge derer die Wahrheitsfindung gefährdet und kein gerechtes Urteil mehr erwartet werden könnte, ist jedenfalls hier nicht hinreichend dargetan.

26

3. Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

27

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Thüringen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Verfassungsbeschwerde liegt ein verwaltungsgerichtliches Eilrechtsschutzverfahren zugrunde, in welchem um die Übersendung einer anonymisierten Abschrift eines Strafurteils an die Beschwerdeführerin gestritten wurde.

2

1. Die Beschwerdeführerin, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des in einem Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den beigeladenen ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. ergangenen Urteils durch die Übersendung einer anonymisierten Kopie des Urteils.

3

Nach Durchführung einer sechstägigen Hauptverhandlung mit umfänglicher, Namen und Straftaten nennender Medienbegleitung wurde mit diesem Urteil der Beigeladene im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie als Stadtratsmitglied wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen weiteren Beschuldigten wurde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zurückgestellt. Eine weitere Person wird gesondert verfolgt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt E. wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme lehnte das Landgericht ab.

4

2. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Präsidenten des Landgerichts (im Folgenden: Antragsgegner) die Übersendung einer Kopie des Strafurteils. Der Antragsgegner lehnte dies ab. Durch Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des ergangenen Urteils durch Übersendung einer anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu erteilen.

5

3. Auf die Beschwerde des Beigeladenen änderte das Oberverwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung ab.

6

Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. § 4 Abs. 1 ThürPrG gewähre der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Übersendung eines anonymisierten vollständigen Urteils. Nach dieser Vorschrift seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könne. Bei der Auslegung der Norm sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen könne. Allerdings verpflichte § 4 Abs. 1 ThürPrG die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Eine besondere Form der Auskunft sei nicht vorgegeben. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lasse sich kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten herleiten. Lediglich in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben. Sie lasse sich nicht bereits aus der allgemeinen Verpflichtung der Justiz zur Veröffentlichung gerichtlicher, die Öffentlichkeit interessierender Entscheidungen herleiten. Bei der Veröffentlichung müssten die Gerichte neben den Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten und dem Datenschutz die ihnen auferlegten Neutralitätspflichten beachten. Diese Verpflichtung der Gerichte zu unbedingter Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand sei zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Grundkonzeption und habe Einfluss auf die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Sie dürfe und müsse im Rahmen der Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Justiz berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gerade durch Übersendung eines die Presse interessierenden Urteils bestehe jedenfalls dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 ThürPrG vorliege, insbesondere wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens gefährdet werden könne.

7

Dies sei hier der Fall. Angesichts des - im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch laufenden - Revisionsverfahrens sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werde und gegebenenfalls die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden müsse. Darüber hinaus sei bisher noch nicht abschließend über die Eröffnung der Hauptverhandlung in den Verfahren derjenigen Personen entschieden worden, die bei der Verurteilung des Beigeladenen wegen Abgeordnetenbestechung (§ 108e Abs. 1 StGB) und Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) die jeweils spiegelbildlichen Tatbestände verwirklicht haben könnten. Bei einer Veröffentlichung des Urteils im Wortlaut bestehe die Möglichkeit, dass Zeugen beeinflusst würden. Die Durchführung der Beweisaufnahme in der öffentlichen Hauptverhandlung und die Verlesung des Urteils seien nicht mit einer Veröffentlichung des genauen Wortlauts gleichzusetzen. Der möglichen Gefährdung der weiteren Gerichtsverfahren lasse sich nicht mit einer Anonymisierung entgegensteuern, da sich die Beteiligten und die Zeugen ohne größere Mühen wiederfinden könnten. Unabhängig von der Frage, ob im Hinblick auf die Erörterung des Schriftverkehrs in der Hauptverhandlung, der dort erfolgten Zeugenvernehmungen sowie deren Bewertung in der Urteilsbegründung der Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr erfüllt werden könne, lasse sich eine Gefährdung von Strafverfahren hier nicht von der Hand weisen. Veröffentlichungen amtlicher Schriftstücke im Wortlaut stellten eine größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die von dem Verfahren Betroffenen dar als lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichungen in nicht wörtlicher Rede, da sie eine besondere Überzeugungs- und Beweiskraft besäßen und den Eindruck amtlicher Authentizität erweckten. Diese Folgen seien bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegner hier gehalten sei, die begehrte Auskunft gerade durch Übersendung einer Urteilskopie zu erfüllen, zu berücksichtigen. Die Auskunft gebende Stelle müsse alle möglichen Auswirkungen der Freigabe der begehrten Information umfassend in den Blick nehmen, denn nach der Herausgabe einer entsprechenden Urteilskopie habe sie keinen Einfluss mehr darauf, ob die Urteilskopie vollständig veröffentlicht werde, nur Teile daraus zitiert würden oder sie überhaupt keine Verwendung finde. Entscheidend sei, dass die Information in der Hand Anderer geeignet sein könne, entsprechend bekannt zu werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse sich die Beschwerdeführerin darauf verweisen lassen, konkrete Auskunftsbegehren - beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung - an das Landgericht zu richten.

8

Ein Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelung in den landesrechtlichen Pressegesetzen nicht. Dies gelte im gleichen Maße im Hinblick auf Art. 10 EMRK.

9

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Pressefreiheit) und aus Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) geltend.

10

5. Dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen zu der Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a. -, NJW 1989, S. 382; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <503 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>).

12

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig. Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen.

13

Das in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechts-wegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>). Das bedeutet, dass auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein kann, wenn sich dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Chance bietet, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Die Notwendigkeit vorab das Klageverfahren zu betreiben, fehlt allerdings, wenn dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.> m.w.N.; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>).

14

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Entscheidung hängt von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung ab. Verwiese man den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg in der Hauptsache, würde dies einen schweren und unabwendbaren Nachteil darstellen, da auch mit Blick auf die Aktualität der Berichterstattung in einer Tageszeitung bei einem Erfolg in der Hauptsache eine Verwertung der Urteilsabschrift wegen des Zeitablaufs voraussichtlich nicht mehr in Betracht kommen würde.

15

2. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

a) Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <63>) und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Der Presse kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <471>). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren geht es - überdies in besonders einschneidender Weise - um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, NJW 2015, S. 807 <809>, unter Verweis auf BVerfGE 34, 269 <283>; 101, 361 <391>). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>).

17

b) Die Pressefreiheit ist durch die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 1 und 2 ThürPrG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt worden.

18

aa) Im Ausgangspunkt hat das Oberverwaltungsgericht die Vorschrift allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass den auskunftspflichtigen Stellen - auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - grundsätzlich ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zusteht. In keinem der Landespressegesetze - so auch nicht in Thüringen - wird der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es wird lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichten soll (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b).

19

Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 35, 202 <233>). Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse ist anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einsicht in Behördenakten.

20

bb) Für die Auskunft über Gerichtsentscheidungen gelten jedoch Besonderheiten, die das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet hat. Es ist weithin anerkannt, dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen (vgl. Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, S. 1777 <1778>). Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut. Hiermit korrespondiert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.

21

cc) Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren. Dies ändert an der grundsätzlichen Öffentlichkeit solcher Entscheidungen nichts.

22

Unberührt von der grundsätzlichen Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen bleiben auch die allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang der Medien mit den Entscheidungen. Äußerungen und Publikationen können, wie etwa nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung (vgl. BVerfGE 12, 113 <130 f.>; 114, 339 <354>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <473>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, NJW 2014, S. 2029 <2032>) oder zur Zurückhaltung bei Berichten über zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen (BVerfGE 35, 202 <233 ff.>), Grenzen unterliegen. Die Medien haben insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Pflichten liegt dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden.

23

dd) Wieweit die Beeinträchtigung des weiteren oder anderer Gerichtsverfahren der Zugänglichmachung von Gerichtsentscheidungen Grenzen setzen kann und Entscheidungen deshalb auch als Ganze zurückgehalten werden können, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls tragen die in dem angegriffenen Beschluss angeführten Gründe eine Zurückhaltung der in Frage stehenden Entscheidungen nicht.

24

Der Beschluss verweist ohne nähere Darlegungen auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Verfahrens des Beigeladenen sowie weiterer Strafverfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG, namentlich die potentielle Beeinträchtigung von Zeugen, die im Falle einer Berichterstattung mit anonymisierter Urteilsabschrift drohen könnte. Dies genügt zur Ablehnung eines auf Herausgabe der Urteilsabschrift gerichteten Auskunftsanspruchs nicht. Jedenfalls angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Beigeladenen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt und es um strafrechtliche Vorwürfe geht, die aufgrund der geschützten Rechtsgüter - die Sachlichkeit des Abstimmungsverhaltens und damit die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems einerseits (§ 108e StGB) sowie die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes (§ 331 StGB) andererseits - im öffentlichen Interesse liegen, können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.

25

Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Auch drängt sich in keiner Weise auf, dass die Beschwerdeführerin ihr obliegende Sorgfaltspflichten und die Rechte Dritter nicht respektieren wird. Vielmehr erweist sich gerade in dem zugrundeliegenden Verfahren, dass die grundsätzliche Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen und ein entsprechender Auskunftsanspruch in die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens unmittelbar eingebunden sind. So war vorliegend das Strafverfahren mit einer öffentlichen, sechs Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung von einer umfangreichen Presseberichterstattung begleitet; die Pressemitteilungen des Landgerichts nannten die Beigeladenen, die ihnen vorgeworfenen Straftaten, die Wertungen des Landgerichts sowie die im Revisionsverfahren zu beurteilenden Fragen. Entsprechend geht das Verfahrensrecht davon aus, dass die Berichterstattung auch über Einzelheiten des Verfahrens grundsätzlich hinzunehmen ist und hierdurch das Strafverfahren nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies für die Gerichtsentscheidungen selbst grundsätzlich anders zu beurteilen ist. Dass die Kenntnis des Strafurteils, anders als die öffentliche Ausgestaltung des Strafverfahrens selbst, im konkreten Fall zu einer Voreingenommenheit von Zeugen und Schöffen oder zu einer Anpassung des Vorbringens des Betroffenen führen müsste, in Folge derer die Wahrheitsfindung gefährdet und kein gerechtes Urteil mehr erwartet werden könnte, ist jedenfalls hier nicht hinreichend dargetan.

26

3. Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

27

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tatbestand

1

Im Streit ist der Umfang des Presseauskunftsrechts in Bezug auf die Namen von Personen, die an einem strafgerichtlichen Verfahren mitgewirkt haben.

2

Der Kläger ist Redakteur der juristischen Fachzeitschrift „Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht“ (ANA-ZAR). Er wurde durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. März 2010 auf ein Strafurteil des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 2. Juli 2009 aufmerksam, mit dem ein afghanischer Staatsangehöriger zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt worden war. In den Entscheidungsgründen des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. März 2010, das die Ausweisung des Verurteilten betraf, war das Strafurteil als rechtsfehlerhaft bezeichnet worden.

3

Der Kläger bat den Direktor des Amtsgerichts Nürtingen um Übersendung einer Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 zwecks Publikation in den ANA-ZAR. Er erhielt eine anonymisierte Urteilsabschrift. Mitgeteilt wurde ihm später der Name der Berufsrichterin. Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 lehnte der Direktor des Amtsgerichts das Ersuchen des Klägers ab, ihm eine hinsichtlich der Personen, die berufsmäßig am Verfahren mitgewirkt haben, nicht anonymisierte Urteilsabschrift zu übersenden. Sinngemäß hieß es in dem Schreiben, die Belange der Schöffen, des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle und des Verteidigers seien bei Abwägung gegen die Belange der Presse als vorrangig einzustufen. Der Kläger legte Widerspruch ein. Der Präsident des Landgerichts Stuttgart wertete diesen als Dienstaufsichtsbeschwerde und teilte dem Kläger mit, er sehe keine Veranlassung für Maßnahmen der Dienstaufsicht.

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Der Kläger hat daraufhin Klage mit dem Begehren erhoben, unter Aufhebung der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 den Beklagten zu verpflichten, durch Übersendung einer nur hinsichtlich des Verurteilten anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen der Personen zu erteilen, die an dem Strafverfahren beteiligt waren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage unter Verweis auf vorrangige schutzwürdige private Interessen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG) dieser Personen abgewiesen.

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Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat er mitgeteilt, das Strafurteil vom 2. Juli 2009 in den ANA-ZAR 2010, 32 unter Erwähnung des Namens der Berufsrichterin und des Verteidigers besprochen zu haben. Den Namen des Verteidigers habe er anderweitig erfahren. Hinsichtlich der Auskunft über den Namen der Berufsrichterin haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Kläger hat daraufhin vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und festzustellen, dass die Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 rechtswidrig war, soweit keine Auskunft über den Namen des Verteidigers erteilt worden ist, sowie den Beklagten unter Aufhebung der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 zu verpflichten, dem Kläger durch Übersendung einer - mit Ausnahme der Angaben zum Verurteilten, zur Berufsrichterin und zum Verteidiger - nicht anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen der Personen zu erteilen, die an dem Strafverfahren beteiligt waren.

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Im Umfang der Erledigungserklärung der Beteiligten hat der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren eingestellt und das erstinstanzliche Urteil für unwirksam erklärt. Er hat ferner den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Auskunft über die Namen der an dem Strafverfahren mitwirkenden Schöffen zu erteilen, und die Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 insoweit aufgehoben. Die Klage im Übrigen hat er abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt:

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Die Klage sei hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen des Verteidigers unbegründet. Der Auskunftserteilung hätten schutzwürdige private Interessen des Verteidigers (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG) entgegengestanden, die das Informationsinteresse des Klägers überwogen hätten. Bei Anwendung von § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG bedürfe es der grundrechtlichen Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Presse und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener. Das Gewicht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verteidigers werde in der vorliegenden Konstellation durch den Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen (§ 169 GVG) gemindert. Ein Verteidiger müsse sich grundsätzlich auf die Beobachtung seines beruflichen Verhaltens und eine in der Öffentlichkeit verbreitete Kritik unter Namensnennung einstellen. Das Informationsinteresse des Klägers habe im Ausgangspunkt ein erhebliches Gewicht, da es eine Frage betreffe - ob nämlich der im Strafverfahren Verurteilte eine unangemessen harte Bestrafung erfahren habe -, welche die Öffentlichkeit wesentlich angehe. Es sei zudem nicht mit hinreichender Gewissheit davon auszugehen gewesen, dass die namentliche Benennung des Verteidigers in einer Veröffentlichung des Klägers eine unzulässige Pranger- oder Stigmatisierungswirkung erzeugt hätte. Dem Informationsinteresse des Klägers sei jedoch durch die Übersendung der anonymisierten Urteilsabschrift sowie die Nennung des Namens der Berufsrichterin bereits ganz überwiegend nachgekommen worden. Der Kläger habe so den Kern der die Öffentlichkeit angehenden Frage, ob der Verurteilte unangemessen hart bestraft worden sei, in der Fachzeitschrift hinreichend erörtern können. Der Name des Verteidigers sei für das Verständnis des Falls nicht wesentlich gewesen. Dieser trage unmittelbar keine Verantwortung für das Strafurteil. Das Informationsinteresse des Klägers sei daher als sehr gering und folglich nachrangig gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Verteidigers einzustufen.

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Die Klage sei begründet, soweit der Kläger Auskunft über die Namen der an dem Strafverfahren beteiligten Schöffen verlange. Die Namen der Schöffen hätten im Unterschied zum Namen des Verteidigers eigenen Informationswert für die Erörterung der Frage nach einer etwaigen unangemessen harten Bestrafung des Verurteilten. Die Schöffen verantworteten das Urteil in gleicher Weise wie ein Berufsrichter.

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Die Klage sei im Hinblick auf die begehrte Auskunft über die Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unbegründet. Insoweit würden, wie im Fall des Verteidigers, überwiegende schutzwürdige Interessen in Gestalt der Persönlichkeitsrechte dieser Personen der Auskunftserteilung entgegenstehen. Auch ihre Namen besäßen keinen eigenen Informationswert für die Erörterung der Frage nach einer etwaigen unangemessen harten Bestrafung. Staatsanwalt und Urkundsbeamtin trügen keine unmittelbare Verantwortung für das Strafurteil.

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Die Revision des Klägers richtet sich gegen das Berufungsurteil, soweit hiermit seiner Klage nicht stattgegeben worden ist. Sein bereits in der Vorinstanz anhängig gemachtes Fortsetzungsfeststellungsbegehren im Hinblick auf die unterbliebene Auskunftserteilung zum Namen des Verteidigers verfolgt der Kläger unverändert weiter. Nachdem das Amtsgericht Nürtingen dem Kläger mit Schreiben vom 20. März 2014 eine vollständig ungeschwärzte Ablichtung des Strafurteils vom 2. Juli 2009 übermittelt hatte, hat er auch hinsichtlich der Auskunftserteilung zu den Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren durch ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren ersetzt.

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Der Kläger trägt in der Sache im Wesentlichen vor, die Presse müsse keine Gründe für ein Verlangen angeben, Informationen zu einem ihr bekannt gewordenen Strafverfahren zu erhalten. Ohne Kenntnis der Namen der am Verfahren Beteiligten seien bestimmte weitergehende Recherchen nicht möglich. Der Verwaltungsgerichtshof gehe fehl, wenn er dem Verteidiger und dem Staatsanwalt eine Mitverantwortung für den Verfahrensausgang abspreche. Das Gewicht ihres Persönlichkeitsrechts sei durch die Öffentlichkeit der Verhandlung erheblich gemindert.

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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen sei verpflichtet gewesen, ihm durch Überlassung einer insoweit ungeschwärzten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts zu erteilen, die an dem betreffenden Strafverfahren mitgewirkt haben. In Bezug auf die verweigerte Auskunft über den Namen der mitwirkenden Urkundsbeamtin ist die Revision unbegründet. Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO).

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1. Die Revision des Klägers richtet sich gegen das Berufungsurteil im Hinblick auf die Auskunftsansprüche zu allen drei genannten Personen. Unschädlich ist, dass der Kläger in der Revisionsbegründung vom 2. Januar 2014 den Auskunftsanspruch hinsichtlich des Verteidigers nicht in dem dort formulierten Antrag aufgeführt hat. In den weiteren Ausführungen der Revisionsbegründung hat er hinreichend deutlich gemacht, das Berufungsurteil auch im Hinblick auf die Verneinung eines Auskunftsanspruchs zum Namen des Verteidigers für fehlerhaft zu halten und daher angreifen zu wollen; bereits bei Einlegung der Revision hatte er angegeben, das Berufungsurteil zur revisionsgerichtlichen Überprüfung stellen zu wollen, „soweit der Klage nicht stattgegeben wurde“ (Schriftsatz vom 24. Oktober 2013). Damit ist den aus § 139 Abs. 3 VwGO folgenden Anforderungen an die Bestimmung des Revisionsgegenstandes innerhalb der Revisionsbegründungsfrist Genüge getan (vgl. Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C 32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 19). Der Revisionsbegründung kann ferner entnommen werden, dass es dem Kläger nicht nur um die Auskunftserteilung als solche geht, sondern auch um ihre spezifische Modalität in Gestalt der Überlassung einer nicht anonymisierten Urteilsabschrift.

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2. Die Klage ist mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren, das nunmehr die Auskunftsansprüche zu den Namen aller drei Personen einschließt, zulässig.

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a. Der Beklagte hat während des Revisionsverfahrens den Klageanspruch nicht anerkannt. Die Übermittlung einer ungeschwärzten Ablichtung der ersten Seite des Strafurteils vom 2. Juli 2009 mit Schreiben des Amtsgerichts Nürtingen an den Kläger vom 20. März 2014 erfüllt nicht die Anforderungen an ein Anerkenntnis im Sinne von § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO.

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b. Der Rechtsstreit ist nicht im Nachgang zu der genannten Übermittlung aufgrund übereinstimmender Erklärung der Erledigung der Hauptsache beendet worden. Zwar sind dahingehende Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 18. Juni 2014 sowie im Schriftsatz des Klägers vom 14. Juli 2014 enthalten. Aus dem letztgenannten Schriftsatz ergibt sich jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Kläger in Wahrheit nicht um eine Beendigung des Rechtsstreits gegangen ist, sondern er - nachdem durch die Übermittlung ein erledigendes Ereignis eingetreten war - die Absicht gefasst hat, nunmehr die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der früheren Auskunftsverweigerung zu erwirken. Der Übergang zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO schließt es aus, gleichzeitig eine Erledigungserklärung nach § 161 Abs. 2 VwGO abzugeben (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1981 - BVerwG 8 C 39.80 - Buchholz 448.0 § 9 WPflG Nr. 7 S. 2). Da hinsichtlich des wahren Willens des Klägers kein Zweifel besteht, kann sein auf eine Erledigungserklärung weisendes Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 14. Juli 2014 als unbeachtlich gewertet werden.

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c. Die im Revisionsverfahren auch hinsichtlich der Auskunft zu den Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin erfolgte Umstellung der Klage auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren ist statthaft. Da der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt, handelt es sich hierbei nicht um eine im Revisionsverfahren unzulässige (§ 142 Abs. 1 VwGO) Klageänderung (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO; vgl. etwa Urteil vom 28. Oktober 1999 - BVerwG 7 C 32.98 - BVerwGE 110, 17 <19 f.> = Buchholz 406.252 § 7 UIG Nr. 1 S. 3). Das entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse liegt unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr vor. Es besteht die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen in künftigen vergleichbaren Fällen ein Auskunftsbegehren des Klägers abschlägig bescheiden wird. An der Gefahr einer Wiederholung fehlt es entgegen dem Beklagten nicht deshalb, weil der Entscheidung über entsprechende Auskunftsbegehren stets eine am Einzelfall orientierte Abwägung zwischen dem Auskunftsinteresse der Presse und dem Persönlichkeitsrecht betroffener Personen voraus zu gehen hat. Eine solche Abwägung folgt, auch wenn sie Gegebenheiten des Einzelfalls einbezieht, bestimmten abstrakten Kriterien. Es ist denkbar, dass der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen zukünftig gerade aufgrund der Kriterien, auf die er sich im vorliegenden Fall gestützt hat, dem Kläger eine Auskunft über die Namen von Personen verwehrt, die an Gerichtsverfahren mitwirken.

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3. Das Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts begründet. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht in Gestalt der Pressefreiheit des Klägers gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG137 Abs. 1 VwGO). Dass sich das Berufungsurteil insoweit aus anderen Gründen als richtig darstellen könnte (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist für den Senat nicht ersichtlich.

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a. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Auffassung, schutzwürdige private Interessen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG hätten der Auskunftserteilung entgegen gestanden, mit der Annahme begründet, dass die verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte dieser Personen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) unter den vorliegend gegebenen Umständen das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Auskunftsinteresse des Klägers überwogen hätten. Insoweit beruht seine Anwendung der irrevisiblen Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG auf einer bestimmten Gewichtung und Abwägung revisiblen Rechts. Ein Instanzgericht wendet revisibles Recht auch insoweit an, als es sich bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Rechts durch revisibles Recht gebunden sieht (stRspr; vgl. etwa Urteil vom 16. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 8.01 - BVerwGE 117, 313 <317> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 160 S. 96).

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b. Mit der genannten Annahme hat der Verwaltungsgerichtshof die in Rede stehenden grundrechtlichen Positionen fehlerhaft abgewogen. Die Persönlichkeitsrechte des Verteidigers und des Staatsanwalts standen der Auskunftserteilung an den Kläger nicht entgegen, da dessen Auskunftsinteresse unter den gegebenen Umständen Vorrang zukam.

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aa. Dem vom Kläger verfolgten Auskunftsinteresse kam im vorliegenden Fall hohes Gewicht bei.

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(1) Das Auskunftsbegehren unterfiel dem Schutzbereich der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

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Der Schutz der Pressefreiheit reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Der publizistischen Vorbereitungstätigkeit ist besonderes Gewicht beizulegen. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen. Das gilt auch im Hinblick auf das gerichtliche Verfahren. Die Pressefreiheit umschließt auch das Recht der im Pressewesen tätigen Personen, sich über Vorgänge in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu informieren (BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1994 - 1 BvR 1595, 1606/92 - BVerfGE 91, 125 <134>). Auch die Recherche über Gerichtsverfahren, in denen keine öffentliche Verhandlung stattfindet, ist von der Pressefreiheit umfasst.

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(2) Das Auskunftsinteresse hatte unter den gegebenen Umständen hohes Gewicht.

26

Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162 <174>; Beschluss vom 6. November 1979 - 1 BvR 81/76 - BVerfGE 52, 283 <296>). Der Presse kommt neben einer Informationsfunktion insbesondere auch eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 - DVBl 2009, 1166 Rn. 62; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - BVerwG 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 27 = Buchholz 422.1 Presserecht Nr. 12). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren wird staatliche Gewalt - überdies in besonders einschneidender Weise - ausgeübt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. zu dieser Abstufung BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - BVerfGE 34, 269 <283>; Urteil vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361 <391>).

27

Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse in Bezug auf Gerichtsverfahren erstreckt sich auch auf Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren mitwirken. Sie erschöpft sich nicht in der Berichterstattung zu sachlichen Verfahrensinhalten.

28

(3) Das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers war nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine Gerichtsverhandlung bezog, an der er selbst nicht als Zuschauer teilgenommen hatte. Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse greift gleichermaßen bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter beigewohnt hat, wie bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter nicht beigewohnt hat. Sie greift auch in Bezug auf Verfahren, in denen keine öffentliche Verhandlung stattfindet.

29

(4) Das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers war ferner nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine frühere Gerichtsverhandlung bezog. Zum Zeitpunkt der Anfrage des Klägers lag der Erlass des Strafurteils weniger als ein Jahr zurück und war daher weiterhin von aktuellem Interesse.

30

bb. Die Persönlichkeitsrechte eines Verteidigers und eines Staatsanwalts, nach deren Namen die Presse wegen ihrer Verfahrensmitwirkung fragt, sind infolge des Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen in ihrem grundrechtlichen Gewicht gemindert.

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Der einfachgesetzlich in § 169 Satz 1 GVG normierte Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen besitzt als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 - 1 BvR 2623/95, 622/99 - BVerfGE 103, 44 <63>). Die Verfassung setzt damit als Regelfall voraus, dass die Mitwirkung des Verteidigers und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft bei einer Gerichtsverhandlung unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet und so ihre Namen öffentlich bekannt werden können.

32

Der Gesetzgeber ist zwar befugt, die Öffentlichkeit auf die im Raum der Verhandlung Anwesenden zu beschränken; von dieser Befugnis hat er in § 169 Satz 1 GVG Gebrauch gemacht. Eine derart beschränkte Öffentlichkeit genügt dem rechtsstaatlichen Interesse der öffentlichen Kontrolle des Gerichtsverfahrens sowie dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz der Zugänglichkeit von Informationen, die für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung von Bedeutung sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 65 f.). Wie anderen Personen ist aber auch Pressevertretern der Zugang zum Gerichtssaal eröffnet. Pressevertreter können so an Gerichtsverhandlungen teilnehmen und anschließend über sie berichten. Hierin wird berücksichtigt, dass Informationen in erster Linie über die Presse an die Öffentlichkeit vermittelt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 66). Ohne diese mediale Vermittlungsmöglichkeit würde der Kontroll- und Informationszweck des verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatzes unzureichend umgesetzt werden. Bürger, die nicht selbst an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen, sind auf Presseberichterstattung angewiesen, um sich ein Bild von der Verhandlung machen und das Verfahren würdigen zu können. Die Zugänglichkeit der Gerichtsverhandlung gerade für Pressevertreter ist daher verfassungsrechtlich von besonderem Gewicht. Wenn die Verfassung voraussetzt, dass die Mitwirkung des Verteidigers sowie des Staatsanwalts bei einer Gerichtsverhandlung regelmäßig unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet, rechnet sie ein, dass es sich hierbei potentiell um eine Medienöffentlichkeit handelt, d.h. die Namen der genannten Personen auch Vertretern der Presse bekannt werden können.

33

Die Möglichkeit des (presse-)öffentlichen Bekanntwerdens der namentlichen Identität von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege in Gerichtsverhandlungen mitwirken, wird von der Verfassung nicht lediglich als tatsächliche Konsequenz des Öffentlichkeitsgrundsatzes bloß hingenommen, sondern sie entspricht der normativen Stoßrichtung dieses Grundsatzes. Das Bedürfnis, die Ausübung der rechtsprechenden Gewalt gegenüber der Öffentlichkeit transparent zu machen, erstreckt sich auch auf die Identität der hieran mitwirkenden nichtrichterlichen, aber in weitem Umfang unabhängig handelnden Funktionsträger. Die Öffentlichkeit der Verhandlung soll unter anderem auch die Möglichkeit eröffnen, personelle Zurechnungszusammenhänge deutlich zu machen und so persönliche Verantwortlichkeiten zu markieren. Die mitwirkenden Funktionsträger sollen für die Art und Weise der Mitwirkung öffentlich einstehen.

34

Hieraus erschließt sich, dass das Gewicht der Persönlichkeitsrechte mitwirkender Verteidiger oder Staatsanwälte nicht nach dem Zeitpunkt variieren kann, zu dem ein Auskunftsbegehren gestellt wird, das auf die Kenntnis ihrer namentlichen Identität gerichtet ist. Fragt ein Pressevertreter erst nach Abschluss einer Gerichtsverhandlung, an der er selbst nicht teilgenommen hat, nach den Namen des mitwirkenden Verteidigers bzw. des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, ist das Gewicht ihrer Persönlichkeitsrechte nicht höher einzustufen als in dem Fall, dass ein Pressevertreter ihre Namen aufgrund eigener Sitzungsteilnahme erfährt. Das rechtsstaatliche Bedürfnis, persönliche Verantwortlichkeiten für Akte der dritten Gewalt transparent zu machen, besteht im einen wie im anderen Fall gleichermaßen. Es kommt konsequenterweise auch nicht darauf an, ob im Einzelfall überhaupt eine Verhandlung bzw. eine öffentliche Verhandlung stattfindet. Die dem verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatz innewohnende Wertung, amtliche Funktionsträger in gerichtlichen Verfahren hätten ebenso wie mitwirkende nichtamtliche Organe der Rechtspflege für ihre Mitwirkung öffentlich einzustehen, gilt unabhängig davon, welche Regelungen die Prozessordnungen über die Möglichkeit von Entscheidungen im schriftlichen Verfahren oder über den Ausschluss der Öffentlichkeit treffen.

35

cc. Aus dem Vorstehenden folgt als Ergebnis, dass in einer Konstellation wie der Vorliegenden die Persönlichkeitsrechte von Staatsanwälten und Verteidigern das publizistische Informations- und Verbreitungsinteresse regelmäßig nicht überwiegen. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht anlässlich von Streitfällen entschieden, in denen die Zulässigkeit der Erstellung und Verbreitung von Bild- und Tonaufnahmen vor und nach gerichtlichen Verhandlungen oder in Sitzungspausen in Frage stand. Es hat hierbei ausgesprochen, dass Richter, Verteidiger und Staatsanwälte kraft des ihnen übertragenen Amtes bzw. ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege anlässlich ihrer Teilnahme an Gerichtsverhandlungen im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen und ein berechtigtes Interesse dieser Personen, nur durch die in der Sitzung Anwesenden wahrgenommen zu werden, angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren regelmäßig nicht anzunehmen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 21. Juli 2000 - 1 BvQ 17/00 - DVBl 2000, 1778 <1779> und vom 7. Juni 2007 - 1 BvR 1438/07 - NJW-RR 2007, 1416; Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 620/07 - BVerfGE 119, 309 <323 f.>; Kammerbeschluss vom 30. März 2012 - 1 BvR 711/12 - NJW 2012, 2178 <2179>). Diese auf das Recht am eigenen Bild bezogene Rechtsprechung kann auf den Fall, dass das Recht am eigenen Namen betroffen ist, übertragen werden.

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Etwaigen persönlichkeitsrechtlichen Risiken sind die genannten Personen hierdurch nicht schutzlos ausgesetzt. Die Rechtsordnung gibt ihnen Instrumente an die Hand, um sich gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen von Seiten der Presse angemessen zur Wehr setzen zu können. Die Offenbarung ihres Namens an die Presse entbindet diese nicht davon, beim weiteren Umgang mit der erlangten Information ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren. Auch öffentliche Amtsträger sind - auch hinsichtlich ihrer Amtstätigkeit - in den Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts einbezogen (vgl. Urteil vom 23. Juni 2004 - BVerwG 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 <125 f.> = Buchholz 115 Sonst. Wiedervereinigungsrecht Nr. 49 S. 89).

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dd. Ein Vorrang der Persönlichkeitsrechte von mitwirkenden Verteidigern und Staatsanwälten gegenüber dem Informationsinteresse der Presse ist bei Zugrundelegung der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann anzunehmen, sofern diese Personen erhebliche Belästigungen oder eine Gefährdung ihrer Sicherheit durch Übergriffe Dritter zu befürchten haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2007 a.a.O. S. 324; Kammerbeschluss vom 21. Juli 2000 a.a.O.). Für solche Befürchtungen bestand nach dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt jedoch kein Grund. Dies gilt auch für die - hier maßgebliche - Erkenntnislage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts über das Auskunftsersuchen des Klägers.

38

ee. Der Verwaltungsgerichtshof durfte dem Auskunftsinteresse des Klägers nicht aufgrund der Erwägung Nachrang gegenüber den Persönlichkeitsrechten des Verteidigers und des Staatsanwalts einräumen, diese trügen keine unmittelbare Verantwortung für das Strafurteil vom 2. Juli 2009, so dass die Kenntnis ihrer Namen für das Verständnis des Falles nicht bedeutsam gewesen sei.

39

(1) Mit dieser Erwägung lässt sich zum einen nicht begründen, dass das grundrechtliche Gewicht der Persönlichkeitsrechte des Verteidigers und des Staatsanwalts höher als vorstehend ausgeführt zu veranschlagen wäre. Zwar ist ihre Verantwortung für Verlauf und Ausgang des gerichtlichen Verfahrens nicht dieselbe wie bei Mitgliedern des gerichtlichen Spruchkörpers. Jedoch verfügen Verteidiger und Staatsanwalt über eigene Verfahrensrechte und haben hierüber substantiellen Einfluss auf die gerichtliche Wahrheits- und Entscheidungsfindung. Die Informations- und Kontrollzwecke des Öffentlichkeitsgrundsatzes greifen aus diesem Grund auch ihnen gegenüber.

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(2) Die genannte Erwägung rechtfertigt zum anderen nicht, das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers geringer als vorstehend ausgeführt zu veranschlagen.

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Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Presse wäre es nicht vereinbar, wenn die Durchsetzung ihres Informationsinteresses von einer staatlichen Inhaltsbewertung des Informationsanliegens abhinge. Die Presse muss nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält und was nicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361 <389>; Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 - NJW 2001, 503 <505>). Diese Maßgaben, die sich als Gebot staatlicher Inhaltsneutralität verstehen lassen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 a.a.O. S. 506), sind nicht nur für das Stadium der Publikation, sondern auch für das vorgelagerte Stadium der Recherche von Belang. Es ist Sache der Presse, selbst zu beurteilen, welche Informationen für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung im Recherchewege aufzubereiten. Staatlichen Stellen dürfen sich keine Möglichkeiten bieten, über den Informationswert bestimmter Gegebenheiten mit zu entscheiden und auf diese Weise mittelbar auf den Publikationsinhalt Einfluss zu nehmen. Dem Einwand fehlender Eignung einer Information für die Aufbereitung eines bestimmten Themas steht darüber hinaus entgegen, dass die Bedeutung einer Information vielfach im Stadium vor ihrer Erhebung und zuweilen selbst im unmittelbaren Anschluss hieran noch nicht abschließend bewertet werden kann. Es liegt im Wesen der journalistischen Recherche, dass sie teilweise von unbewiesenen Hypothesen ausgeht und sich so ihr Zweck auch in der Falsifizierung bzw. darin erfüllen kann, dass von einer Publikation Abstand genommen wird. Der Aussagegehalt einzelner Informationen ergibt sich unter Umständen erst aus der Verknüpfung mit anderen, möglicherweise später gewonnenen Informationen. Einzelne Informationen können, auch wenn sie selbst nicht publikationswürdig sind, Anhaltspunkte für die Gewinnung weiterer Informationen liefern oder zur Neubewertung bereits vorliegender Informationen führen. Aus alledem ergibt sich die Notwendigkeit journalistischer Freiräume im Rahmen von Informationsanfragen und hier insbesondere bei der Beurteilung der sachlichen Notwendigkeit angefragter Informationen. Der Komplexität und möglichen Zweckfülle von Rechercheprozessen werden staatliche Stellen grundsätzlich nicht gerecht, wenn sie das grundrechtliche Gewicht eines von der Presse geltend gemachten Auskunftsinteresses von einer journalistischen Relevanzprüfung abhängig machen. Sie würden hiermit auf einen Maßstab zugreifen, den Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht ihnen, sondern der Presse überantwortet.

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Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Presse im Rahmen der Recherche zu Gerichtsverfahren auch solche personenbezogenen Informationen herausverlangen dürfte, denen selbst bei Anlegung eines großzügigen, den besonderen Funktionsbedürfnissen und Arbeitsweisen der Presse vollauf Rechnung tragenden Maßstabs jede erkennbare materielle Bedeutung im Zusammenhang mit dem verlautbarten Thema der Recherche bzw. der ins Auge gefassten Berichterstattung abgeht. Das Auskunftsinteresse der Presse genießt keinen Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht eines an einem Gerichtsverfahren mitwirkenden nichtrichterlichen Funktionsträgers, wenn es speziell in Bezug auf diese Person im Dunkeln bleibt und so die Vermutung naheliegen muss, das Informationsverlangen erfolge insoweit „ins Blaue“ hinein oder besitze jedenfalls keinen ernsthaften sachlichen Hintergrund. Verweigert eine staatliche Stelle aus diesen Gründen die Herausgabe einer personenbezogenen Information und erläutert die Presse daraufhin nicht zumindest ansatzweise die von ihr zugrunde gelegte Einschätzung des Werts dieser Information für ihre Recherche bzw. die ins Auge gefasste Berichterstattung, muss die staatliche Stelle davon ausgehen, dass dem Informationsverlangen ein ernsthafter Hintergrund fehlt, und ist sie daher ausnahmsweise nicht zur Informationsherausgabe verpflichtet.

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Richtet sich wie hier das Informationsverlangen darauf, bei Überlassung einer Urteilsabschrift zu Publikationszwecken auch die Namen des mitwirkenden Verteidigers und des mitwirkenden Staatsanwalts zu erfahren, kann in Anbetracht der dargelegten Stellung dieser Personen im Rahmen des Gerichtsverfahrens indes schon den äußeren Umständen nach nicht davon ausgegangen werden, das Verlangen erfolge „ins Blaue“ hinein oder ihm fehle ein ernsthafter sachlicher Hintergrund. Der Kläger war folglich insoweit nicht gehalten, gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts nähere Erläuterungen vorzunehmen.

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(3) Keiner Erörterung bedarf im vorliegenden Zusammenhang die Frage, in welchem Umfang der Presse bei Auskunftsverlangen gegenüber staatlichen Stellen, die sich auf nicht frei zugängliche Informationen beziehen, vorgelagert die Spezifizierung des von ihr anvisierten Recherche- bzw. Publikationsthemas obliegt, um die staatliche Stelle überhaupt erst in den Stand zu versetzen, eine Abwägung mit etwaigen entgegenstehenden Rechtspositionen vorzunehmen. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts angegeben, es gehe ihm um eine mögliche Publikation in einer juristischen Fachzeitschrift. Zu hierüber hinausgehenden Angaben war er nicht gehalten.

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c. Der Kläger besaß einen Anspruch darauf, dass ihm die Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts im Wege der Überlassung einer hinsichtlich dieser Personen nicht anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 mitgeteilt werden. Insoweit genügt der Hinweis auf das Berufungsurteil, mit dem der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung der landesrechtlichen Vorschrift des § 4 Abs. 1 LPresseG hinsichtlich der Namen der mitwirkenden Schöffen der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. Diese Entscheidung ist mangels entgegenstehender Hinweise in den Entscheidungsgründen so zu verstehen, dass sie - entsprechend dem ausdrücklich hierauf abzielenden Klagebegehren - den Beklagten zur Nennung der Namen der Schöffen speziell im Wege der Urteilsüberlassung verpflichtet hat. Für den Anspruch auf Auskunft über den Namen von Verteidiger und Staatsanwalt kann im Hinblick auf diese Modalität der Auskunftserteilung landesrechtlich nichts anderes gelten.

46

4. Das Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen der Urkundsbeamtin unbegründet. Ihr Persönlichkeitsrecht überwog im vorliegenden Fall das Auskunftsinteresse des Klägers. Insoweit verstößt das Berufungsurteil im Ergebnis nicht gegen revisibles Recht.

47

Es kann dahinstehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass der Urkundsbeamtin eine vergleichsweise untergeordnete Funktion im Rahmen der gerichtlichen Wahrheits- und Entscheidungsfindung zukommt. Jedenfalls musste für den Direktor des Amtsgerichts Nürtingen hinsichtlich ihrer Person im Dunkeln bleiben, welches Informationsinteresse der Kläger mit seinem Auskunftsverlangen verfolgte. Weder im Rahmen eines bloßen Urteilsabdrucks, noch im Rahmen einer Urteilsbesprechung entspricht es auch nur annähernd einer geläufigen journalistischen Praxis, auf die Person des Urkundsbeamten einzugehen oder gar dessen Namen zu publizieren. Der Verdacht, dass insoweit dem Auskunftsverlangen des Klägers ein ernsthafter sachlicher Hintergrund fehlte, lag daher nahe. Ausgehend von den oben dargelegten Maßstäben hätte es bei dieser Sachlage dem Kläger oblegen, sein Auskunftsinteresse zumindest ansatzweise zu substantiieren, nachdem ihm von Seiten des Amtsgerichtsdirektors die Einschätzung mitgeteilt worden war, der Name der Urkundsbeamtin sei „ohne Belang“. Zu diesem Schritt hat sich der Kläger jedoch nicht bereitgefunden.

48

5. Kein anderes Ergebnis ergibt sich im Lichte sonstiger Vorschriften.

49

a. Dies gilt zum einen für § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO, sofern man diese Vorschrift hier überhaupt für anwendbar halten sollte. Gemäß § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO sind Auskünfte zu erteilen, soweit hierfür ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2 StPO sind sie zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat. Bei Anwendung dieser Maßgaben gelangt man jeweils zu den gleichen Erwägungen, wie sie vorstehend ausgeführt worden sind.

50

b. Für einen Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 GG bestand schon in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelungen in § 4 LPresseG kein Raum.

51

c. Der Senat hat in einem Urteil vom 26. Februar 1997 - BVerwG 6 C 3.96 - (BVerwGE 104, 105 ff. = Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 155) aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährleistungspflicht, dem Demokratiegebot sowie dem Grundsatz der Gewaltenteilung einen Verfassungsauftrag aller Gerichte hergeleitet, die Entscheidungen ihrer Spruchkörper der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Urteil vom 26. Februar 1997 a.a.O. S. 108 f. bzw. 8 f.). Hierzu seien zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, des Datenschutzes und des Steuergeheimnisses auf einer ersten Stufe herausgabefähige, insbesondere anonymisierte und neutralisierte Fassungen der zur Veröffentlichung vorgesehenen Entscheidungen herzustellen (Urteil vom 26. Februar 1997 a.a.O. S. 111 f. bzw. 10 f.). Für das vorliegende Verfahren kann dieses Urteil außer Betracht bleiben. Die danach bestehende verfassungsunmittelbare Herausgabepflicht reicht nicht weiter als die Herausgabepflicht nach der gesetzlichen Vorschrift des § 4 LPresseG, die gegenüber jener Anwendungsvorrang genießt. Auf der anderen Seite hat der Senat mit diesem Urteil ersichtlich nicht zum Ausdruck bringen wollen, es sei unter jeglichen Umständen verfassungsrechtlich geboten, Gerichtsentscheidungen Dritten, insbesondere auch Pressevertretern, ausschließlich bei Anonymisierung sämtlicher am Gerichtsverfahren mitwirkenden Personen zugänglich zu machen.

52

6. Das im Berufungsurteil hervorgehobene Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14. November 2002 in der Sache „Wirtschafts-Trend“ Zeitschriften-Verlagsgesellschaft mbH gegen Österreich - Nr. 62746/00 - (Slg. 2002-X, 281 ff.) steht nicht im Widerspruch zur vorliegenden Entscheidung. Zu entscheiden war dort über einen Pressebericht zu einem Abschiebungsversuch, der mit dem Tod des Abzuschiebenden endete. In dem Pressebericht waren Details aus strafrechtlichen Vorermittlungen gegen drei die Abschiebung begleitende Polizeibeamte sowie der Name eines dieser Beamten veröffentlicht worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil das Persönlichkeitsrecht des namentlich erwähnten Polizeibeamten höher gewichtet als das Auskunftsinteresse der Presse und es hiervon ausgehend für vereinbar mit Art. 10 EMRK gehalten, dass das Presseunternehmen zur Schadensersatzleistung gegenüber dem Polizeibeamten verurteilt worden war. Er hat sich hierbei mit auf die Erwägung gestützt, die Offenlegung des Namens des Polizeibeamten hätte keinen zusätzlichen Informationswert von derartigem Gewicht gehabt, dass er das Interesse dieses Beamten an der Nichtoffenlegung seiner Identität überwogen hätte („The disclosure of his full name did not add anything of public interest to the information already given in the article that could have outweighed the interests of the person concerned in non-disclosure of his identity“). Der Gerichtshof hat sich allerdings zusätzlich auf weitere Erwägungen gestützt, insbesondere darauf, dass sich die strafrechtlichen Vorermittlungen noch in einem frühen Stadium befunden hatten und dass das Privatleben des benannten Polizeibeamten durch die Veröffentlichung tatsächlich beeinträchtigt worden war. Der im hier zu entscheidenden Fall zentrale Gesichtspunkt, dass das Persönlichkeitsrecht von Verteidigern und Staatsanwälten, die an gerichtlichen Verhandlungen mitwirken, infolge des Öffentlichkeitsgrundsatzes in seinem Gewicht gemindert ist, konnte in dem vom Gerichtshof entschiedenen Fall nicht zum Tragen kommen. Mit Rücksicht auf diese Umstände ist die genannte Erwägung des Gerichtshofs zum fehlenden Informationswert des offengelegten Namens des Polizeibeamten auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

53

7. Die Kostenentscheidung, in die der rechtskräftig gewordene Teil der vorinstanzlichen Kostenentscheidung einzubeziehen ist, beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Tenor

1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Thüringen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Verfassungsbeschwerde liegt ein verwaltungsgerichtliches Eilrechtsschutzverfahren zugrunde, in welchem um die Übersendung einer anonymisierten Abschrift eines Strafurteils an die Beschwerdeführerin gestritten wurde.

2

1. Die Beschwerdeführerin, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des in einem Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den beigeladenen ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. ergangenen Urteils durch die Übersendung einer anonymisierten Kopie des Urteils.

3

Nach Durchführung einer sechstägigen Hauptverhandlung mit umfänglicher, Namen und Straftaten nennender Medienbegleitung wurde mit diesem Urteil der Beigeladene im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie als Stadtratsmitglied wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen weiteren Beschuldigten wurde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zurückgestellt. Eine weitere Person wird gesondert verfolgt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt E. wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme lehnte das Landgericht ab.

4

2. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Präsidenten des Landgerichts (im Folgenden: Antragsgegner) die Übersendung einer Kopie des Strafurteils. Der Antragsgegner lehnte dies ab. Durch Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des ergangenen Urteils durch Übersendung einer anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu erteilen.

5

3. Auf die Beschwerde des Beigeladenen änderte das Oberverwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung ab.

6

Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. § 4 Abs. 1 ThürPrG gewähre der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Übersendung eines anonymisierten vollständigen Urteils. Nach dieser Vorschrift seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könne. Bei der Auslegung der Norm sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen könne. Allerdings verpflichte § 4 Abs. 1 ThürPrG die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Eine besondere Form der Auskunft sei nicht vorgegeben. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lasse sich kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten herleiten. Lediglich in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben. Sie lasse sich nicht bereits aus der allgemeinen Verpflichtung der Justiz zur Veröffentlichung gerichtlicher, die Öffentlichkeit interessierender Entscheidungen herleiten. Bei der Veröffentlichung müssten die Gerichte neben den Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten und dem Datenschutz die ihnen auferlegten Neutralitätspflichten beachten. Diese Verpflichtung der Gerichte zu unbedingter Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand sei zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Grundkonzeption und habe Einfluss auf die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Sie dürfe und müsse im Rahmen der Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Justiz berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gerade durch Übersendung eines die Presse interessierenden Urteils bestehe jedenfalls dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 ThürPrG vorliege, insbesondere wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens gefährdet werden könne.

7

Dies sei hier der Fall. Angesichts des - im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch laufenden - Revisionsverfahrens sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werde und gegebenenfalls die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden müsse. Darüber hinaus sei bisher noch nicht abschließend über die Eröffnung der Hauptverhandlung in den Verfahren derjenigen Personen entschieden worden, die bei der Verurteilung des Beigeladenen wegen Abgeordnetenbestechung (§ 108e Abs. 1 StGB) und Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) die jeweils spiegelbildlichen Tatbestände verwirklicht haben könnten. Bei einer Veröffentlichung des Urteils im Wortlaut bestehe die Möglichkeit, dass Zeugen beeinflusst würden. Die Durchführung der Beweisaufnahme in der öffentlichen Hauptverhandlung und die Verlesung des Urteils seien nicht mit einer Veröffentlichung des genauen Wortlauts gleichzusetzen. Der möglichen Gefährdung der weiteren Gerichtsverfahren lasse sich nicht mit einer Anonymisierung entgegensteuern, da sich die Beteiligten und die Zeugen ohne größere Mühen wiederfinden könnten. Unabhängig von der Frage, ob im Hinblick auf die Erörterung des Schriftverkehrs in der Hauptverhandlung, der dort erfolgten Zeugenvernehmungen sowie deren Bewertung in der Urteilsbegründung der Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr erfüllt werden könne, lasse sich eine Gefährdung von Strafverfahren hier nicht von der Hand weisen. Veröffentlichungen amtlicher Schriftstücke im Wortlaut stellten eine größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die von dem Verfahren Betroffenen dar als lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichungen in nicht wörtlicher Rede, da sie eine besondere Überzeugungs- und Beweiskraft besäßen und den Eindruck amtlicher Authentizität erweckten. Diese Folgen seien bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegner hier gehalten sei, die begehrte Auskunft gerade durch Übersendung einer Urteilskopie zu erfüllen, zu berücksichtigen. Die Auskunft gebende Stelle müsse alle möglichen Auswirkungen der Freigabe der begehrten Information umfassend in den Blick nehmen, denn nach der Herausgabe einer entsprechenden Urteilskopie habe sie keinen Einfluss mehr darauf, ob die Urteilskopie vollständig veröffentlicht werde, nur Teile daraus zitiert würden oder sie überhaupt keine Verwendung finde. Entscheidend sei, dass die Information in der Hand Anderer geeignet sein könne, entsprechend bekannt zu werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse sich die Beschwerdeführerin darauf verweisen lassen, konkrete Auskunftsbegehren - beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung - an das Landgericht zu richten.

8

Ein Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelung in den landesrechtlichen Pressegesetzen nicht. Dies gelte im gleichen Maße im Hinblick auf Art. 10 EMRK.

9

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Pressefreiheit) und aus Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) geltend.

10

5. Dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen zu der Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a. -, NJW 1989, S. 382; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <503 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>).

12

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig. Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen.

13

Das in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechts-wegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>). Das bedeutet, dass auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein kann, wenn sich dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Chance bietet, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Die Notwendigkeit vorab das Klageverfahren zu betreiben, fehlt allerdings, wenn dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.> m.w.N.; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>).

14

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Entscheidung hängt von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung ab. Verwiese man den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg in der Hauptsache, würde dies einen schweren und unabwendbaren Nachteil darstellen, da auch mit Blick auf die Aktualität der Berichterstattung in einer Tageszeitung bei einem Erfolg in der Hauptsache eine Verwertung der Urteilsabschrift wegen des Zeitablaufs voraussichtlich nicht mehr in Betracht kommen würde.

15

2. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

a) Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <63>) und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Der Presse kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <471>). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren geht es - überdies in besonders einschneidender Weise - um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, NJW 2015, S. 807 <809>, unter Verweis auf BVerfGE 34, 269 <283>; 101, 361 <391>). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>).

17

b) Die Pressefreiheit ist durch die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 1 und 2 ThürPrG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt worden.

18

aa) Im Ausgangspunkt hat das Oberverwaltungsgericht die Vorschrift allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass den auskunftspflichtigen Stellen - auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - grundsätzlich ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zusteht. In keinem der Landespressegesetze - so auch nicht in Thüringen - wird der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es wird lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichten soll (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b).

19

Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 35, 202 <233>). Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse ist anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einsicht in Behördenakten.

20

bb) Für die Auskunft über Gerichtsentscheidungen gelten jedoch Besonderheiten, die das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet hat. Es ist weithin anerkannt, dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen (vgl. Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, S. 1777 <1778>). Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut. Hiermit korrespondiert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.

21

cc) Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren. Dies ändert an der grundsätzlichen Öffentlichkeit solcher Entscheidungen nichts.

22

Unberührt von der grundsätzlichen Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen bleiben auch die allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang der Medien mit den Entscheidungen. Äußerungen und Publikationen können, wie etwa nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung (vgl. BVerfGE 12, 113 <130 f.>; 114, 339 <354>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <473>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, NJW 2014, S. 2029 <2032>) oder zur Zurückhaltung bei Berichten über zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen (BVerfGE 35, 202 <233 ff.>), Grenzen unterliegen. Die Medien haben insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Pflichten liegt dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden.

23

dd) Wieweit die Beeinträchtigung des weiteren oder anderer Gerichtsverfahren der Zugänglichmachung von Gerichtsentscheidungen Grenzen setzen kann und Entscheidungen deshalb auch als Ganze zurückgehalten werden können, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls tragen die in dem angegriffenen Beschluss angeführten Gründe eine Zurückhaltung der in Frage stehenden Entscheidungen nicht.

24

Der Beschluss verweist ohne nähere Darlegungen auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Verfahrens des Beigeladenen sowie weiterer Strafverfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG, namentlich die potentielle Beeinträchtigung von Zeugen, die im Falle einer Berichterstattung mit anonymisierter Urteilsabschrift drohen könnte. Dies genügt zur Ablehnung eines auf Herausgabe der Urteilsabschrift gerichteten Auskunftsanspruchs nicht. Jedenfalls angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Beigeladenen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt und es um strafrechtliche Vorwürfe geht, die aufgrund der geschützten Rechtsgüter - die Sachlichkeit des Abstimmungsverhaltens und damit die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems einerseits (§ 108e StGB) sowie die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes (§ 331 StGB) andererseits - im öffentlichen Interesse liegen, können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.

25

Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Auch drängt sich in keiner Weise auf, dass die Beschwerdeführerin ihr obliegende Sorgfaltspflichten und die Rechte Dritter nicht respektieren wird. Vielmehr erweist sich gerade in dem zugrundeliegenden Verfahren, dass die grundsätzliche Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen und ein entsprechender Auskunftsanspruch in die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens unmittelbar eingebunden sind. So war vorliegend das Strafverfahren mit einer öffentlichen, sechs Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung von einer umfangreichen Presseberichterstattung begleitet; die Pressemitteilungen des Landgerichts nannten die Beigeladenen, die ihnen vorgeworfenen Straftaten, die Wertungen des Landgerichts sowie die im Revisionsverfahren zu beurteilenden Fragen. Entsprechend geht das Verfahrensrecht davon aus, dass die Berichterstattung auch über Einzelheiten des Verfahrens grundsätzlich hinzunehmen ist und hierdurch das Strafverfahren nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies für die Gerichtsentscheidungen selbst grundsätzlich anders zu beurteilen ist. Dass die Kenntnis des Strafurteils, anders als die öffentliche Ausgestaltung des Strafverfahrens selbst, im konkreten Fall zu einer Voreingenommenheit von Zeugen und Schöffen oder zu einer Anpassung des Vorbringens des Betroffenen führen müsste, in Folge derer die Wahrheitsfindung gefährdet und kein gerechtes Urteil mehr erwartet werden könnte, ist jedenfalls hier nicht hinreichend dargetan.

26

3. Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

27

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tatbestand

1

Im Streit ist der Umfang des Presseauskunftsrechts in Bezug auf die Namen von Personen, die an einem strafgerichtlichen Verfahren mitgewirkt haben.

2

Der Kläger ist Redakteur der juristischen Fachzeitschrift „Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht“ (ANA-ZAR). Er wurde durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. März 2010 auf ein Strafurteil des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 2. Juli 2009 aufmerksam, mit dem ein afghanischer Staatsangehöriger zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt worden war. In den Entscheidungsgründen des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. März 2010, das die Ausweisung des Verurteilten betraf, war das Strafurteil als rechtsfehlerhaft bezeichnet worden.

3

Der Kläger bat den Direktor des Amtsgerichts Nürtingen um Übersendung einer Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 zwecks Publikation in den ANA-ZAR. Er erhielt eine anonymisierte Urteilsabschrift. Mitgeteilt wurde ihm später der Name der Berufsrichterin. Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 lehnte der Direktor des Amtsgerichts das Ersuchen des Klägers ab, ihm eine hinsichtlich der Personen, die berufsmäßig am Verfahren mitgewirkt haben, nicht anonymisierte Urteilsabschrift zu übersenden. Sinngemäß hieß es in dem Schreiben, die Belange der Schöffen, des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle und des Verteidigers seien bei Abwägung gegen die Belange der Presse als vorrangig einzustufen. Der Kläger legte Widerspruch ein. Der Präsident des Landgerichts Stuttgart wertete diesen als Dienstaufsichtsbeschwerde und teilte dem Kläger mit, er sehe keine Veranlassung für Maßnahmen der Dienstaufsicht.

4

Der Kläger hat daraufhin Klage mit dem Begehren erhoben, unter Aufhebung der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 den Beklagten zu verpflichten, durch Übersendung einer nur hinsichtlich des Verurteilten anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen der Personen zu erteilen, die an dem Strafverfahren beteiligt waren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage unter Verweis auf vorrangige schutzwürdige private Interessen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG) dieser Personen abgewiesen.

5

Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat er mitgeteilt, das Strafurteil vom 2. Juli 2009 in den ANA-ZAR 2010, 32 unter Erwähnung des Namens der Berufsrichterin und des Verteidigers besprochen zu haben. Den Namen des Verteidigers habe er anderweitig erfahren. Hinsichtlich der Auskunft über den Namen der Berufsrichterin haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Kläger hat daraufhin vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und festzustellen, dass die Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 rechtswidrig war, soweit keine Auskunft über den Namen des Verteidigers erteilt worden ist, sowie den Beklagten unter Aufhebung der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 zu verpflichten, dem Kläger durch Übersendung einer - mit Ausnahme der Angaben zum Verurteilten, zur Berufsrichterin und zum Verteidiger - nicht anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen der Personen zu erteilen, die an dem Strafverfahren beteiligt waren.

6

Im Umfang der Erledigungserklärung der Beteiligten hat der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren eingestellt und das erstinstanzliche Urteil für unwirksam erklärt. Er hat ferner den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Auskunft über die Namen der an dem Strafverfahren mitwirkenden Schöffen zu erteilen, und die Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 insoweit aufgehoben. Die Klage im Übrigen hat er abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt:

7

Die Klage sei hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen des Verteidigers unbegründet. Der Auskunftserteilung hätten schutzwürdige private Interessen des Verteidigers (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG) entgegengestanden, die das Informationsinteresse des Klägers überwogen hätten. Bei Anwendung von § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG bedürfe es der grundrechtlichen Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Presse und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener. Das Gewicht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verteidigers werde in der vorliegenden Konstellation durch den Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen (§ 169 GVG) gemindert. Ein Verteidiger müsse sich grundsätzlich auf die Beobachtung seines beruflichen Verhaltens und eine in der Öffentlichkeit verbreitete Kritik unter Namensnennung einstellen. Das Informationsinteresse des Klägers habe im Ausgangspunkt ein erhebliches Gewicht, da es eine Frage betreffe - ob nämlich der im Strafverfahren Verurteilte eine unangemessen harte Bestrafung erfahren habe -, welche die Öffentlichkeit wesentlich angehe. Es sei zudem nicht mit hinreichender Gewissheit davon auszugehen gewesen, dass die namentliche Benennung des Verteidigers in einer Veröffentlichung des Klägers eine unzulässige Pranger- oder Stigmatisierungswirkung erzeugt hätte. Dem Informationsinteresse des Klägers sei jedoch durch die Übersendung der anonymisierten Urteilsabschrift sowie die Nennung des Namens der Berufsrichterin bereits ganz überwiegend nachgekommen worden. Der Kläger habe so den Kern der die Öffentlichkeit angehenden Frage, ob der Verurteilte unangemessen hart bestraft worden sei, in der Fachzeitschrift hinreichend erörtern können. Der Name des Verteidigers sei für das Verständnis des Falls nicht wesentlich gewesen. Dieser trage unmittelbar keine Verantwortung für das Strafurteil. Das Informationsinteresse des Klägers sei daher als sehr gering und folglich nachrangig gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Verteidigers einzustufen.

8

Die Klage sei begründet, soweit der Kläger Auskunft über die Namen der an dem Strafverfahren beteiligten Schöffen verlange. Die Namen der Schöffen hätten im Unterschied zum Namen des Verteidigers eigenen Informationswert für die Erörterung der Frage nach einer etwaigen unangemessen harten Bestrafung des Verurteilten. Die Schöffen verantworteten das Urteil in gleicher Weise wie ein Berufsrichter.

9

Die Klage sei im Hinblick auf die begehrte Auskunft über die Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unbegründet. Insoweit würden, wie im Fall des Verteidigers, überwiegende schutzwürdige Interessen in Gestalt der Persönlichkeitsrechte dieser Personen der Auskunftserteilung entgegenstehen. Auch ihre Namen besäßen keinen eigenen Informationswert für die Erörterung der Frage nach einer etwaigen unangemessen harten Bestrafung. Staatsanwalt und Urkundsbeamtin trügen keine unmittelbare Verantwortung für das Strafurteil.

10

Die Revision des Klägers richtet sich gegen das Berufungsurteil, soweit hiermit seiner Klage nicht stattgegeben worden ist. Sein bereits in der Vorinstanz anhängig gemachtes Fortsetzungsfeststellungsbegehren im Hinblick auf die unterbliebene Auskunftserteilung zum Namen des Verteidigers verfolgt der Kläger unverändert weiter. Nachdem das Amtsgericht Nürtingen dem Kläger mit Schreiben vom 20. März 2014 eine vollständig ungeschwärzte Ablichtung des Strafurteils vom 2. Juli 2009 übermittelt hatte, hat er auch hinsichtlich der Auskunftserteilung zu den Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren durch ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren ersetzt.

11

Der Kläger trägt in der Sache im Wesentlichen vor, die Presse müsse keine Gründe für ein Verlangen angeben, Informationen zu einem ihr bekannt gewordenen Strafverfahren zu erhalten. Ohne Kenntnis der Namen der am Verfahren Beteiligten seien bestimmte weitergehende Recherchen nicht möglich. Der Verwaltungsgerichtshof gehe fehl, wenn er dem Verteidiger und dem Staatsanwalt eine Mitverantwortung für den Verfahrensausgang abspreche. Das Gewicht ihres Persönlichkeitsrechts sei durch die Öffentlichkeit der Verhandlung erheblich gemindert.

12

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen sei verpflichtet gewesen, ihm durch Überlassung einer insoweit ungeschwärzten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts zu erteilen, die an dem betreffenden Strafverfahren mitgewirkt haben. In Bezug auf die verweigerte Auskunft über den Namen der mitwirkenden Urkundsbeamtin ist die Revision unbegründet. Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO).

14

1. Die Revision des Klägers richtet sich gegen das Berufungsurteil im Hinblick auf die Auskunftsansprüche zu allen drei genannten Personen. Unschädlich ist, dass der Kläger in der Revisionsbegründung vom 2. Januar 2014 den Auskunftsanspruch hinsichtlich des Verteidigers nicht in dem dort formulierten Antrag aufgeführt hat. In den weiteren Ausführungen der Revisionsbegründung hat er hinreichend deutlich gemacht, das Berufungsurteil auch im Hinblick auf die Verneinung eines Auskunftsanspruchs zum Namen des Verteidigers für fehlerhaft zu halten und daher angreifen zu wollen; bereits bei Einlegung der Revision hatte er angegeben, das Berufungsurteil zur revisionsgerichtlichen Überprüfung stellen zu wollen, „soweit der Klage nicht stattgegeben wurde“ (Schriftsatz vom 24. Oktober 2013). Damit ist den aus § 139 Abs. 3 VwGO folgenden Anforderungen an die Bestimmung des Revisionsgegenstandes innerhalb der Revisionsbegründungsfrist Genüge getan (vgl. Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C 32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 19). Der Revisionsbegründung kann ferner entnommen werden, dass es dem Kläger nicht nur um die Auskunftserteilung als solche geht, sondern auch um ihre spezifische Modalität in Gestalt der Überlassung einer nicht anonymisierten Urteilsabschrift.

15

2. Die Klage ist mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren, das nunmehr die Auskunftsansprüche zu den Namen aller drei Personen einschließt, zulässig.

16

a. Der Beklagte hat während des Revisionsverfahrens den Klageanspruch nicht anerkannt. Die Übermittlung einer ungeschwärzten Ablichtung der ersten Seite des Strafurteils vom 2. Juli 2009 mit Schreiben des Amtsgerichts Nürtingen an den Kläger vom 20. März 2014 erfüllt nicht die Anforderungen an ein Anerkenntnis im Sinne von § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO.

17

b. Der Rechtsstreit ist nicht im Nachgang zu der genannten Übermittlung aufgrund übereinstimmender Erklärung der Erledigung der Hauptsache beendet worden. Zwar sind dahingehende Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 18. Juni 2014 sowie im Schriftsatz des Klägers vom 14. Juli 2014 enthalten. Aus dem letztgenannten Schriftsatz ergibt sich jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Kläger in Wahrheit nicht um eine Beendigung des Rechtsstreits gegangen ist, sondern er - nachdem durch die Übermittlung ein erledigendes Ereignis eingetreten war - die Absicht gefasst hat, nunmehr die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der früheren Auskunftsverweigerung zu erwirken. Der Übergang zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO schließt es aus, gleichzeitig eine Erledigungserklärung nach § 161 Abs. 2 VwGO abzugeben (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1981 - BVerwG 8 C 39.80 - Buchholz 448.0 § 9 WPflG Nr. 7 S. 2). Da hinsichtlich des wahren Willens des Klägers kein Zweifel besteht, kann sein auf eine Erledigungserklärung weisendes Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 14. Juli 2014 als unbeachtlich gewertet werden.

18

c. Die im Revisionsverfahren auch hinsichtlich der Auskunft zu den Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin erfolgte Umstellung der Klage auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren ist statthaft. Da der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt, handelt es sich hierbei nicht um eine im Revisionsverfahren unzulässige (§ 142 Abs. 1 VwGO) Klageänderung (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO; vgl. etwa Urteil vom 28. Oktober 1999 - BVerwG 7 C 32.98 - BVerwGE 110, 17 <19 f.> = Buchholz 406.252 § 7 UIG Nr. 1 S. 3). Das entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse liegt unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr vor. Es besteht die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen in künftigen vergleichbaren Fällen ein Auskunftsbegehren des Klägers abschlägig bescheiden wird. An der Gefahr einer Wiederholung fehlt es entgegen dem Beklagten nicht deshalb, weil der Entscheidung über entsprechende Auskunftsbegehren stets eine am Einzelfall orientierte Abwägung zwischen dem Auskunftsinteresse der Presse und dem Persönlichkeitsrecht betroffener Personen voraus zu gehen hat. Eine solche Abwägung folgt, auch wenn sie Gegebenheiten des Einzelfalls einbezieht, bestimmten abstrakten Kriterien. Es ist denkbar, dass der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen zukünftig gerade aufgrund der Kriterien, auf die er sich im vorliegenden Fall gestützt hat, dem Kläger eine Auskunft über die Namen von Personen verwehrt, die an Gerichtsverfahren mitwirken.

19

3. Das Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts begründet. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht in Gestalt der Pressefreiheit des Klägers gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG137 Abs. 1 VwGO). Dass sich das Berufungsurteil insoweit aus anderen Gründen als richtig darstellen könnte (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist für den Senat nicht ersichtlich.

20

a. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Auffassung, schutzwürdige private Interessen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG hätten der Auskunftserteilung entgegen gestanden, mit der Annahme begründet, dass die verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte dieser Personen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) unter den vorliegend gegebenen Umständen das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Auskunftsinteresse des Klägers überwogen hätten. Insoweit beruht seine Anwendung der irrevisiblen Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG auf einer bestimmten Gewichtung und Abwägung revisiblen Rechts. Ein Instanzgericht wendet revisibles Recht auch insoweit an, als es sich bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Rechts durch revisibles Recht gebunden sieht (stRspr; vgl. etwa Urteil vom 16. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 8.01 - BVerwGE 117, 313 <317> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 160 S. 96).

21

b. Mit der genannten Annahme hat der Verwaltungsgerichtshof die in Rede stehenden grundrechtlichen Positionen fehlerhaft abgewogen. Die Persönlichkeitsrechte des Verteidigers und des Staatsanwalts standen der Auskunftserteilung an den Kläger nicht entgegen, da dessen Auskunftsinteresse unter den gegebenen Umständen Vorrang zukam.

22

aa. Dem vom Kläger verfolgten Auskunftsinteresse kam im vorliegenden Fall hohes Gewicht bei.

23

(1) Das Auskunftsbegehren unterfiel dem Schutzbereich der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

24

Der Schutz der Pressefreiheit reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Der publizistischen Vorbereitungstätigkeit ist besonderes Gewicht beizulegen. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen. Das gilt auch im Hinblick auf das gerichtliche Verfahren. Die Pressefreiheit umschließt auch das Recht der im Pressewesen tätigen Personen, sich über Vorgänge in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu informieren (BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1994 - 1 BvR 1595, 1606/92 - BVerfGE 91, 125 <134>). Auch die Recherche über Gerichtsverfahren, in denen keine öffentliche Verhandlung stattfindet, ist von der Pressefreiheit umfasst.

25

(2) Das Auskunftsinteresse hatte unter den gegebenen Umständen hohes Gewicht.

26

Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162 <174>; Beschluss vom 6. November 1979 - 1 BvR 81/76 - BVerfGE 52, 283 <296>). Der Presse kommt neben einer Informationsfunktion insbesondere auch eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 - DVBl 2009, 1166 Rn. 62; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - BVerwG 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 27 = Buchholz 422.1 Presserecht Nr. 12). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren wird staatliche Gewalt - überdies in besonders einschneidender Weise - ausgeübt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. zu dieser Abstufung BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - BVerfGE 34, 269 <283>; Urteil vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361 <391>).

27

Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse in Bezug auf Gerichtsverfahren erstreckt sich auch auf Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren mitwirken. Sie erschöpft sich nicht in der Berichterstattung zu sachlichen Verfahrensinhalten.

28

(3) Das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers war nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine Gerichtsverhandlung bezog, an der er selbst nicht als Zuschauer teilgenommen hatte. Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse greift gleichermaßen bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter beigewohnt hat, wie bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter nicht beigewohnt hat. Sie greift auch in Bezug auf Verfahren, in denen keine öffentliche Verhandlung stattfindet.

29

(4) Das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers war ferner nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine frühere Gerichtsverhandlung bezog. Zum Zeitpunkt der Anfrage des Klägers lag der Erlass des Strafurteils weniger als ein Jahr zurück und war daher weiterhin von aktuellem Interesse.

30

bb. Die Persönlichkeitsrechte eines Verteidigers und eines Staatsanwalts, nach deren Namen die Presse wegen ihrer Verfahrensmitwirkung fragt, sind infolge des Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen in ihrem grundrechtlichen Gewicht gemindert.

31

Der einfachgesetzlich in § 169 Satz 1 GVG normierte Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen besitzt als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 - 1 BvR 2623/95, 622/99 - BVerfGE 103, 44 <63>). Die Verfassung setzt damit als Regelfall voraus, dass die Mitwirkung des Verteidigers und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft bei einer Gerichtsverhandlung unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet und so ihre Namen öffentlich bekannt werden können.

32

Der Gesetzgeber ist zwar befugt, die Öffentlichkeit auf die im Raum der Verhandlung Anwesenden zu beschränken; von dieser Befugnis hat er in § 169 Satz 1 GVG Gebrauch gemacht. Eine derart beschränkte Öffentlichkeit genügt dem rechtsstaatlichen Interesse der öffentlichen Kontrolle des Gerichtsverfahrens sowie dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz der Zugänglichkeit von Informationen, die für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung von Bedeutung sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 65 f.). Wie anderen Personen ist aber auch Pressevertretern der Zugang zum Gerichtssaal eröffnet. Pressevertreter können so an Gerichtsverhandlungen teilnehmen und anschließend über sie berichten. Hierin wird berücksichtigt, dass Informationen in erster Linie über die Presse an die Öffentlichkeit vermittelt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 66). Ohne diese mediale Vermittlungsmöglichkeit würde der Kontroll- und Informationszweck des verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatzes unzureichend umgesetzt werden. Bürger, die nicht selbst an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen, sind auf Presseberichterstattung angewiesen, um sich ein Bild von der Verhandlung machen und das Verfahren würdigen zu können. Die Zugänglichkeit der Gerichtsverhandlung gerade für Pressevertreter ist daher verfassungsrechtlich von besonderem Gewicht. Wenn die Verfassung voraussetzt, dass die Mitwirkung des Verteidigers sowie des Staatsanwalts bei einer Gerichtsverhandlung regelmäßig unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet, rechnet sie ein, dass es sich hierbei potentiell um eine Medienöffentlichkeit handelt, d.h. die Namen der genannten Personen auch Vertretern der Presse bekannt werden können.

33

Die Möglichkeit des (presse-)öffentlichen Bekanntwerdens der namentlichen Identität von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege in Gerichtsverhandlungen mitwirken, wird von der Verfassung nicht lediglich als tatsächliche Konsequenz des Öffentlichkeitsgrundsatzes bloß hingenommen, sondern sie entspricht der normativen Stoßrichtung dieses Grundsatzes. Das Bedürfnis, die Ausübung der rechtsprechenden Gewalt gegenüber der Öffentlichkeit transparent zu machen, erstreckt sich auch auf die Identität der hieran mitwirkenden nichtrichterlichen, aber in weitem Umfang unabhängig handelnden Funktionsträger. Die Öffentlichkeit der Verhandlung soll unter anderem auch die Möglichkeit eröffnen, personelle Zurechnungszusammenhänge deutlich zu machen und so persönliche Verantwortlichkeiten zu markieren. Die mitwirkenden Funktionsträger sollen für die Art und Weise der Mitwirkung öffentlich einstehen.

34

Hieraus erschließt sich, dass das Gewicht der Persönlichkeitsrechte mitwirkender Verteidiger oder Staatsanwälte nicht nach dem Zeitpunkt variieren kann, zu dem ein Auskunftsbegehren gestellt wird, das auf die Kenntnis ihrer namentlichen Identität gerichtet ist. Fragt ein Pressevertreter erst nach Abschluss einer Gerichtsverhandlung, an der er selbst nicht teilgenommen hat, nach den Namen des mitwirkenden Verteidigers bzw. des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, ist das Gewicht ihrer Persönlichkeitsrechte nicht höher einzustufen als in dem Fall, dass ein Pressevertreter ihre Namen aufgrund eigener Sitzungsteilnahme erfährt. Das rechtsstaatliche Bedürfnis, persönliche Verantwortlichkeiten für Akte der dritten Gewalt transparent zu machen, besteht im einen wie im anderen Fall gleichermaßen. Es kommt konsequenterweise auch nicht darauf an, ob im Einzelfall überhaupt eine Verhandlung bzw. eine öffentliche Verhandlung stattfindet. Die dem verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatz innewohnende Wertung, amtliche Funktionsträger in gerichtlichen Verfahren hätten ebenso wie mitwirkende nichtamtliche Organe der Rechtspflege für ihre Mitwirkung öffentlich einzustehen, gilt unabhängig davon, welche Regelungen die Prozessordnungen über die Möglichkeit von Entscheidungen im schriftlichen Verfahren oder über den Ausschluss der Öffentlichkeit treffen.

35

cc. Aus dem Vorstehenden folgt als Ergebnis, dass in einer Konstellation wie der Vorliegenden die Persönlichkeitsrechte von Staatsanwälten und Verteidigern das publizistische Informations- und Verbreitungsinteresse regelmäßig nicht überwiegen. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht anlässlich von Streitfällen entschieden, in denen die Zulässigkeit der Erstellung und Verbreitung von Bild- und Tonaufnahmen vor und nach gerichtlichen Verhandlungen oder in Sitzungspausen in Frage stand. Es hat hierbei ausgesprochen, dass Richter, Verteidiger und Staatsanwälte kraft des ihnen übertragenen Amtes bzw. ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege anlässlich ihrer Teilnahme an Gerichtsverhandlungen im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen und ein berechtigtes Interesse dieser Personen, nur durch die in der Sitzung Anwesenden wahrgenommen zu werden, angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren regelmäßig nicht anzunehmen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 21. Juli 2000 - 1 BvQ 17/00 - DVBl 2000, 1778 <1779> und vom 7. Juni 2007 - 1 BvR 1438/07 - NJW-RR 2007, 1416; Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 620/07 - BVerfGE 119, 309 <323 f.>; Kammerbeschluss vom 30. März 2012 - 1 BvR 711/12 - NJW 2012, 2178 <2179>). Diese auf das Recht am eigenen Bild bezogene Rechtsprechung kann auf den Fall, dass das Recht am eigenen Namen betroffen ist, übertragen werden.

36

Etwaigen persönlichkeitsrechtlichen Risiken sind die genannten Personen hierdurch nicht schutzlos ausgesetzt. Die Rechtsordnung gibt ihnen Instrumente an die Hand, um sich gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen von Seiten der Presse angemessen zur Wehr setzen zu können. Die Offenbarung ihres Namens an die Presse entbindet diese nicht davon, beim weiteren Umgang mit der erlangten Information ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren. Auch öffentliche Amtsträger sind - auch hinsichtlich ihrer Amtstätigkeit - in den Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts einbezogen (vgl. Urteil vom 23. Juni 2004 - BVerwG 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 <125 f.> = Buchholz 115 Sonst. Wiedervereinigungsrecht Nr. 49 S. 89).

37

dd. Ein Vorrang der Persönlichkeitsrechte von mitwirkenden Verteidigern und Staatsanwälten gegenüber dem Informationsinteresse der Presse ist bei Zugrundelegung der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann anzunehmen, sofern diese Personen erhebliche Belästigungen oder eine Gefährdung ihrer Sicherheit durch Übergriffe Dritter zu befürchten haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2007 a.a.O. S. 324; Kammerbeschluss vom 21. Juli 2000 a.a.O.). Für solche Befürchtungen bestand nach dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt jedoch kein Grund. Dies gilt auch für die - hier maßgebliche - Erkenntnislage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts über das Auskunftsersuchen des Klägers.

38

ee. Der Verwaltungsgerichtshof durfte dem Auskunftsinteresse des Klägers nicht aufgrund der Erwägung Nachrang gegenüber den Persönlichkeitsrechten des Verteidigers und des Staatsanwalts einräumen, diese trügen keine unmittelbare Verantwortung für das Strafurteil vom 2. Juli 2009, so dass die Kenntnis ihrer Namen für das Verständnis des Falles nicht bedeutsam gewesen sei.

39

(1) Mit dieser Erwägung lässt sich zum einen nicht begründen, dass das grundrechtliche Gewicht der Persönlichkeitsrechte des Verteidigers und des Staatsanwalts höher als vorstehend ausgeführt zu veranschlagen wäre. Zwar ist ihre Verantwortung für Verlauf und Ausgang des gerichtlichen Verfahrens nicht dieselbe wie bei Mitgliedern des gerichtlichen Spruchkörpers. Jedoch verfügen Verteidiger und Staatsanwalt über eigene Verfahrensrechte und haben hierüber substantiellen Einfluss auf die gerichtliche Wahrheits- und Entscheidungsfindung. Die Informations- und Kontrollzwecke des Öffentlichkeitsgrundsatzes greifen aus diesem Grund auch ihnen gegenüber.

40

(2) Die genannte Erwägung rechtfertigt zum anderen nicht, das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers geringer als vorstehend ausgeführt zu veranschlagen.

41

Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Presse wäre es nicht vereinbar, wenn die Durchsetzung ihres Informationsinteresses von einer staatlichen Inhaltsbewertung des Informationsanliegens abhinge. Die Presse muss nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält und was nicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361 <389>; Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 - NJW 2001, 503 <505>). Diese Maßgaben, die sich als Gebot staatlicher Inhaltsneutralität verstehen lassen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 a.a.O. S. 506), sind nicht nur für das Stadium der Publikation, sondern auch für das vorgelagerte Stadium der Recherche von Belang. Es ist Sache der Presse, selbst zu beurteilen, welche Informationen für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung im Recherchewege aufzubereiten. Staatlichen Stellen dürfen sich keine Möglichkeiten bieten, über den Informationswert bestimmter Gegebenheiten mit zu entscheiden und auf diese Weise mittelbar auf den Publikationsinhalt Einfluss zu nehmen. Dem Einwand fehlender Eignung einer Information für die Aufbereitung eines bestimmten Themas steht darüber hinaus entgegen, dass die Bedeutung einer Information vielfach im Stadium vor ihrer Erhebung und zuweilen selbst im unmittelbaren Anschluss hieran noch nicht abschließend bewertet werden kann. Es liegt im Wesen der journalistischen Recherche, dass sie teilweise von unbewiesenen Hypothesen ausgeht und sich so ihr Zweck auch in der Falsifizierung bzw. darin erfüllen kann, dass von einer Publikation Abstand genommen wird. Der Aussagegehalt einzelner Informationen ergibt sich unter Umständen erst aus der Verknüpfung mit anderen, möglicherweise später gewonnenen Informationen. Einzelne Informationen können, auch wenn sie selbst nicht publikationswürdig sind, Anhaltspunkte für die Gewinnung weiterer Informationen liefern oder zur Neubewertung bereits vorliegender Informationen führen. Aus alledem ergibt sich die Notwendigkeit journalistischer Freiräume im Rahmen von Informationsanfragen und hier insbesondere bei der Beurteilung der sachlichen Notwendigkeit angefragter Informationen. Der Komplexität und möglichen Zweckfülle von Rechercheprozessen werden staatliche Stellen grundsätzlich nicht gerecht, wenn sie das grundrechtliche Gewicht eines von der Presse geltend gemachten Auskunftsinteresses von einer journalistischen Relevanzprüfung abhängig machen. Sie würden hiermit auf einen Maßstab zugreifen, den Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht ihnen, sondern der Presse überantwortet.

42

Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Presse im Rahmen der Recherche zu Gerichtsverfahren auch solche personenbezogenen Informationen herausverlangen dürfte, denen selbst bei Anlegung eines großzügigen, den besonderen Funktionsbedürfnissen und Arbeitsweisen der Presse vollauf Rechnung tragenden Maßstabs jede erkennbare materielle Bedeutung im Zusammenhang mit dem verlautbarten Thema der Recherche bzw. der ins Auge gefassten Berichterstattung abgeht. Das Auskunftsinteresse der Presse genießt keinen Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht eines an einem Gerichtsverfahren mitwirkenden nichtrichterlichen Funktionsträgers, wenn es speziell in Bezug auf diese Person im Dunkeln bleibt und so die Vermutung naheliegen muss, das Informationsverlangen erfolge insoweit „ins Blaue“ hinein oder besitze jedenfalls keinen ernsthaften sachlichen Hintergrund. Verweigert eine staatliche Stelle aus diesen Gründen die Herausgabe einer personenbezogenen Information und erläutert die Presse daraufhin nicht zumindest ansatzweise die von ihr zugrunde gelegte Einschätzung des Werts dieser Information für ihre Recherche bzw. die ins Auge gefasste Berichterstattung, muss die staatliche Stelle davon ausgehen, dass dem Informationsverlangen ein ernsthafter Hintergrund fehlt, und ist sie daher ausnahmsweise nicht zur Informationsherausgabe verpflichtet.

43

Richtet sich wie hier das Informationsverlangen darauf, bei Überlassung einer Urteilsabschrift zu Publikationszwecken auch die Namen des mitwirkenden Verteidigers und des mitwirkenden Staatsanwalts zu erfahren, kann in Anbetracht der dargelegten Stellung dieser Personen im Rahmen des Gerichtsverfahrens indes schon den äußeren Umständen nach nicht davon ausgegangen werden, das Verlangen erfolge „ins Blaue“ hinein oder ihm fehle ein ernsthafter sachlicher Hintergrund. Der Kläger war folglich insoweit nicht gehalten, gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts nähere Erläuterungen vorzunehmen.

44

(3) Keiner Erörterung bedarf im vorliegenden Zusammenhang die Frage, in welchem Umfang der Presse bei Auskunftsverlangen gegenüber staatlichen Stellen, die sich auf nicht frei zugängliche Informationen beziehen, vorgelagert die Spezifizierung des von ihr anvisierten Recherche- bzw. Publikationsthemas obliegt, um die staatliche Stelle überhaupt erst in den Stand zu versetzen, eine Abwägung mit etwaigen entgegenstehenden Rechtspositionen vorzunehmen. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts angegeben, es gehe ihm um eine mögliche Publikation in einer juristischen Fachzeitschrift. Zu hierüber hinausgehenden Angaben war er nicht gehalten.

45

c. Der Kläger besaß einen Anspruch darauf, dass ihm die Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts im Wege der Überlassung einer hinsichtlich dieser Personen nicht anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 mitgeteilt werden. Insoweit genügt der Hinweis auf das Berufungsurteil, mit dem der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung der landesrechtlichen Vorschrift des § 4 Abs. 1 LPresseG hinsichtlich der Namen der mitwirkenden Schöffen der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. Diese Entscheidung ist mangels entgegenstehender Hinweise in den Entscheidungsgründen so zu verstehen, dass sie - entsprechend dem ausdrücklich hierauf abzielenden Klagebegehren - den Beklagten zur Nennung der Namen der Schöffen speziell im Wege der Urteilsüberlassung verpflichtet hat. Für den Anspruch auf Auskunft über den Namen von Verteidiger und Staatsanwalt kann im Hinblick auf diese Modalität der Auskunftserteilung landesrechtlich nichts anderes gelten.

46

4. Das Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen der Urkundsbeamtin unbegründet. Ihr Persönlichkeitsrecht überwog im vorliegenden Fall das Auskunftsinteresse des Klägers. Insoweit verstößt das Berufungsurteil im Ergebnis nicht gegen revisibles Recht.

47

Es kann dahinstehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass der Urkundsbeamtin eine vergleichsweise untergeordnete Funktion im Rahmen der gerichtlichen Wahrheits- und Entscheidungsfindung zukommt. Jedenfalls musste für den Direktor des Amtsgerichts Nürtingen hinsichtlich ihrer Person im Dunkeln bleiben, welches Informationsinteresse der Kläger mit seinem Auskunftsverlangen verfolgte. Weder im Rahmen eines bloßen Urteilsabdrucks, noch im Rahmen einer Urteilsbesprechung entspricht es auch nur annähernd einer geläufigen journalistischen Praxis, auf die Person des Urkundsbeamten einzugehen oder gar dessen Namen zu publizieren. Der Verdacht, dass insoweit dem Auskunftsverlangen des Klägers ein ernsthafter sachlicher Hintergrund fehlte, lag daher nahe. Ausgehend von den oben dargelegten Maßstäben hätte es bei dieser Sachlage dem Kläger oblegen, sein Auskunftsinteresse zumindest ansatzweise zu substantiieren, nachdem ihm von Seiten des Amtsgerichtsdirektors die Einschätzung mitgeteilt worden war, der Name der Urkundsbeamtin sei „ohne Belang“. Zu diesem Schritt hat sich der Kläger jedoch nicht bereitgefunden.

48

5. Kein anderes Ergebnis ergibt sich im Lichte sonstiger Vorschriften.

49

a. Dies gilt zum einen für § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO, sofern man diese Vorschrift hier überhaupt für anwendbar halten sollte. Gemäß § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO sind Auskünfte zu erteilen, soweit hierfür ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2 StPO sind sie zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat. Bei Anwendung dieser Maßgaben gelangt man jeweils zu den gleichen Erwägungen, wie sie vorstehend ausgeführt worden sind.

50

b. Für einen Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 GG bestand schon in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelungen in § 4 LPresseG kein Raum.

51

c. Der Senat hat in einem Urteil vom 26. Februar 1997 - BVerwG 6 C 3.96 - (BVerwGE 104, 105 ff. = Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 155) aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährleistungspflicht, dem Demokratiegebot sowie dem Grundsatz der Gewaltenteilung einen Verfassungsauftrag aller Gerichte hergeleitet, die Entscheidungen ihrer Spruchkörper der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Urteil vom 26. Februar 1997 a.a.O. S. 108 f. bzw. 8 f.). Hierzu seien zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, des Datenschutzes und des Steuergeheimnisses auf einer ersten Stufe herausgabefähige, insbesondere anonymisierte und neutralisierte Fassungen der zur Veröffentlichung vorgesehenen Entscheidungen herzustellen (Urteil vom 26. Februar 1997 a.a.O. S. 111 f. bzw. 10 f.). Für das vorliegende Verfahren kann dieses Urteil außer Betracht bleiben. Die danach bestehende verfassungsunmittelbare Herausgabepflicht reicht nicht weiter als die Herausgabepflicht nach der gesetzlichen Vorschrift des § 4 LPresseG, die gegenüber jener Anwendungsvorrang genießt. Auf der anderen Seite hat der Senat mit diesem Urteil ersichtlich nicht zum Ausdruck bringen wollen, es sei unter jeglichen Umständen verfassungsrechtlich geboten, Gerichtsentscheidungen Dritten, insbesondere auch Pressevertretern, ausschließlich bei Anonymisierung sämtlicher am Gerichtsverfahren mitwirkenden Personen zugänglich zu machen.

52

6. Das im Berufungsurteil hervorgehobene Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14. November 2002 in der Sache „Wirtschafts-Trend“ Zeitschriften-Verlagsgesellschaft mbH gegen Österreich - Nr. 62746/00 - (Slg. 2002-X, 281 ff.) steht nicht im Widerspruch zur vorliegenden Entscheidung. Zu entscheiden war dort über einen Pressebericht zu einem Abschiebungsversuch, der mit dem Tod des Abzuschiebenden endete. In dem Pressebericht waren Details aus strafrechtlichen Vorermittlungen gegen drei die Abschiebung begleitende Polizeibeamte sowie der Name eines dieser Beamten veröffentlicht worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil das Persönlichkeitsrecht des namentlich erwähnten Polizeibeamten höher gewichtet als das Auskunftsinteresse der Presse und es hiervon ausgehend für vereinbar mit Art. 10 EMRK gehalten, dass das Presseunternehmen zur Schadensersatzleistung gegenüber dem Polizeibeamten verurteilt worden war. Er hat sich hierbei mit auf die Erwägung gestützt, die Offenlegung des Namens des Polizeibeamten hätte keinen zusätzlichen Informationswert von derartigem Gewicht gehabt, dass er das Interesse dieses Beamten an der Nichtoffenlegung seiner Identität überwogen hätte („The disclosure of his full name did not add anything of public interest to the information already given in the article that could have outweighed the interests of the person concerned in non-disclosure of his identity“). Der Gerichtshof hat sich allerdings zusätzlich auf weitere Erwägungen gestützt, insbesondere darauf, dass sich die strafrechtlichen Vorermittlungen noch in einem frühen Stadium befunden hatten und dass das Privatleben des benannten Polizeibeamten durch die Veröffentlichung tatsächlich beeinträchtigt worden war. Der im hier zu entscheidenden Fall zentrale Gesichtspunkt, dass das Persönlichkeitsrecht von Verteidigern und Staatsanwälten, die an gerichtlichen Verhandlungen mitwirken, infolge des Öffentlichkeitsgrundsatzes in seinem Gewicht gemindert ist, konnte in dem vom Gerichtshof entschiedenen Fall nicht zum Tragen kommen. Mit Rücksicht auf diese Umstände ist die genannte Erwägung des Gerichtshofs zum fehlenden Informationswert des offengelegten Namens des Polizeibeamten auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

53

7. Die Kostenentscheidung, in die der rechtskräftig gewordene Teil der vorinstanzlichen Kostenentscheidung einzubeziehen ist, beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Tenor

1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Thüringen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Verfassungsbeschwerde liegt ein verwaltungsgerichtliches Eilrechtsschutzverfahren zugrunde, in welchem um die Übersendung einer anonymisierten Abschrift eines Strafurteils an die Beschwerdeführerin gestritten wurde.

2

1. Die Beschwerdeführerin, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des in einem Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den beigeladenen ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. ergangenen Urteils durch die Übersendung einer anonymisierten Kopie des Urteils.

3

Nach Durchführung einer sechstägigen Hauptverhandlung mit umfänglicher, Namen und Straftaten nennender Medienbegleitung wurde mit diesem Urteil der Beigeladene im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie als Stadtratsmitglied wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen weiteren Beschuldigten wurde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zurückgestellt. Eine weitere Person wird gesondert verfolgt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt E. wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme lehnte das Landgericht ab.

4

2. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Präsidenten des Landgerichts (im Folgenden: Antragsgegner) die Übersendung einer Kopie des Strafurteils. Der Antragsgegner lehnte dies ab. Durch Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des ergangenen Urteils durch Übersendung einer anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu erteilen.

5

3. Auf die Beschwerde des Beigeladenen änderte das Oberverwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung ab.

6

Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. § 4 Abs. 1 ThürPrG gewähre der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Übersendung eines anonymisierten vollständigen Urteils. Nach dieser Vorschrift seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könne. Bei der Auslegung der Norm sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen könne. Allerdings verpflichte § 4 Abs. 1 ThürPrG die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Eine besondere Form der Auskunft sei nicht vorgegeben. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lasse sich kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten herleiten. Lediglich in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben. Sie lasse sich nicht bereits aus der allgemeinen Verpflichtung der Justiz zur Veröffentlichung gerichtlicher, die Öffentlichkeit interessierender Entscheidungen herleiten. Bei der Veröffentlichung müssten die Gerichte neben den Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten und dem Datenschutz die ihnen auferlegten Neutralitätspflichten beachten. Diese Verpflichtung der Gerichte zu unbedingter Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand sei zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Grundkonzeption und habe Einfluss auf die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Sie dürfe und müsse im Rahmen der Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Justiz berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gerade durch Übersendung eines die Presse interessierenden Urteils bestehe jedenfalls dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 ThürPrG vorliege, insbesondere wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens gefährdet werden könne.

7

Dies sei hier der Fall. Angesichts des - im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch laufenden - Revisionsverfahrens sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werde und gegebenenfalls die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden müsse. Darüber hinaus sei bisher noch nicht abschließend über die Eröffnung der Hauptverhandlung in den Verfahren derjenigen Personen entschieden worden, die bei der Verurteilung des Beigeladenen wegen Abgeordnetenbestechung (§ 108e Abs. 1 StGB) und Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) die jeweils spiegelbildlichen Tatbestände verwirklicht haben könnten. Bei einer Veröffentlichung des Urteils im Wortlaut bestehe die Möglichkeit, dass Zeugen beeinflusst würden. Die Durchführung der Beweisaufnahme in der öffentlichen Hauptverhandlung und die Verlesung des Urteils seien nicht mit einer Veröffentlichung des genauen Wortlauts gleichzusetzen. Der möglichen Gefährdung der weiteren Gerichtsverfahren lasse sich nicht mit einer Anonymisierung entgegensteuern, da sich die Beteiligten und die Zeugen ohne größere Mühen wiederfinden könnten. Unabhängig von der Frage, ob im Hinblick auf die Erörterung des Schriftverkehrs in der Hauptverhandlung, der dort erfolgten Zeugenvernehmungen sowie deren Bewertung in der Urteilsbegründung der Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr erfüllt werden könne, lasse sich eine Gefährdung von Strafverfahren hier nicht von der Hand weisen. Veröffentlichungen amtlicher Schriftstücke im Wortlaut stellten eine größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die von dem Verfahren Betroffenen dar als lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichungen in nicht wörtlicher Rede, da sie eine besondere Überzeugungs- und Beweiskraft besäßen und den Eindruck amtlicher Authentizität erweckten. Diese Folgen seien bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegner hier gehalten sei, die begehrte Auskunft gerade durch Übersendung einer Urteilskopie zu erfüllen, zu berücksichtigen. Die Auskunft gebende Stelle müsse alle möglichen Auswirkungen der Freigabe der begehrten Information umfassend in den Blick nehmen, denn nach der Herausgabe einer entsprechenden Urteilskopie habe sie keinen Einfluss mehr darauf, ob die Urteilskopie vollständig veröffentlicht werde, nur Teile daraus zitiert würden oder sie überhaupt keine Verwendung finde. Entscheidend sei, dass die Information in der Hand Anderer geeignet sein könne, entsprechend bekannt zu werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse sich die Beschwerdeführerin darauf verweisen lassen, konkrete Auskunftsbegehren - beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung - an das Landgericht zu richten.

8

Ein Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelung in den landesrechtlichen Pressegesetzen nicht. Dies gelte im gleichen Maße im Hinblick auf Art. 10 EMRK.

9

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Pressefreiheit) und aus Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) geltend.

10

5. Dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen zu der Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a. -, NJW 1989, S. 382; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <503 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>).

12

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig. Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen.

13

Das in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechts-wegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>). Das bedeutet, dass auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein kann, wenn sich dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Chance bietet, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Die Notwendigkeit vorab das Klageverfahren zu betreiben, fehlt allerdings, wenn dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.> m.w.N.; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>).

14

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Entscheidung hängt von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung ab. Verwiese man den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg in der Hauptsache, würde dies einen schweren und unabwendbaren Nachteil darstellen, da auch mit Blick auf die Aktualität der Berichterstattung in einer Tageszeitung bei einem Erfolg in der Hauptsache eine Verwertung der Urteilsabschrift wegen des Zeitablaufs voraussichtlich nicht mehr in Betracht kommen würde.

15

2. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

a) Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <63>) und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Der Presse kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <471>). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren geht es - überdies in besonders einschneidender Weise - um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, NJW 2015, S. 807 <809>, unter Verweis auf BVerfGE 34, 269 <283>; 101, 361 <391>). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>).

17

b) Die Pressefreiheit ist durch die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 1 und 2 ThürPrG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt worden.

18

aa) Im Ausgangspunkt hat das Oberverwaltungsgericht die Vorschrift allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass den auskunftspflichtigen Stellen - auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - grundsätzlich ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zusteht. In keinem der Landespressegesetze - so auch nicht in Thüringen - wird der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es wird lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichten soll (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b).

19

Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 35, 202 <233>). Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse ist anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einsicht in Behördenakten.

20

bb) Für die Auskunft über Gerichtsentscheidungen gelten jedoch Besonderheiten, die das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet hat. Es ist weithin anerkannt, dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen (vgl. Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, S. 1777 <1778>). Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut. Hiermit korrespondiert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.

21

cc) Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren. Dies ändert an der grundsätzlichen Öffentlichkeit solcher Entscheidungen nichts.

22

Unberührt von der grundsätzlichen Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen bleiben auch die allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang der Medien mit den Entscheidungen. Äußerungen und Publikationen können, wie etwa nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung (vgl. BVerfGE 12, 113 <130 f.>; 114, 339 <354>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <473>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, NJW 2014, S. 2029 <2032>) oder zur Zurückhaltung bei Berichten über zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen (BVerfGE 35, 202 <233 ff.>), Grenzen unterliegen. Die Medien haben insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Pflichten liegt dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden.

23

dd) Wieweit die Beeinträchtigung des weiteren oder anderer Gerichtsverfahren der Zugänglichmachung von Gerichtsentscheidungen Grenzen setzen kann und Entscheidungen deshalb auch als Ganze zurückgehalten werden können, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls tragen die in dem angegriffenen Beschluss angeführten Gründe eine Zurückhaltung der in Frage stehenden Entscheidungen nicht.

24

Der Beschluss verweist ohne nähere Darlegungen auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Verfahrens des Beigeladenen sowie weiterer Strafverfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG, namentlich die potentielle Beeinträchtigung von Zeugen, die im Falle einer Berichterstattung mit anonymisierter Urteilsabschrift drohen könnte. Dies genügt zur Ablehnung eines auf Herausgabe der Urteilsabschrift gerichteten Auskunftsanspruchs nicht. Jedenfalls angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Beigeladenen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt und es um strafrechtliche Vorwürfe geht, die aufgrund der geschützten Rechtsgüter - die Sachlichkeit des Abstimmungsverhaltens und damit die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems einerseits (§ 108e StGB) sowie die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes (§ 331 StGB) andererseits - im öffentlichen Interesse liegen, können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.

25

Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Auch drängt sich in keiner Weise auf, dass die Beschwerdeführerin ihr obliegende Sorgfaltspflichten und die Rechte Dritter nicht respektieren wird. Vielmehr erweist sich gerade in dem zugrundeliegenden Verfahren, dass die grundsätzliche Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen und ein entsprechender Auskunftsanspruch in die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens unmittelbar eingebunden sind. So war vorliegend das Strafverfahren mit einer öffentlichen, sechs Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung von einer umfangreichen Presseberichterstattung begleitet; die Pressemitteilungen des Landgerichts nannten die Beigeladenen, die ihnen vorgeworfenen Straftaten, die Wertungen des Landgerichts sowie die im Revisionsverfahren zu beurteilenden Fragen. Entsprechend geht das Verfahrensrecht davon aus, dass die Berichterstattung auch über Einzelheiten des Verfahrens grundsätzlich hinzunehmen ist und hierdurch das Strafverfahren nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies für die Gerichtsentscheidungen selbst grundsätzlich anders zu beurteilen ist. Dass die Kenntnis des Strafurteils, anders als die öffentliche Ausgestaltung des Strafverfahrens selbst, im konkreten Fall zu einer Voreingenommenheit von Zeugen und Schöffen oder zu einer Anpassung des Vorbringens des Betroffenen führen müsste, in Folge derer die Wahrheitsfindung gefährdet und kein gerechtes Urteil mehr erwartet werden könnte, ist jedenfalls hier nicht hinreichend dargetan.

26

3. Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

27

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen Presseauskunftsanspruch gegenüber dem Bundesnachrichtendienst. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

2

1. a) Der Beschwerdeführer ist Redakteur einer Tageszeitung. Vor dem Hintergrund der Medienberichterstattung über die Ausführung so genannter Dual-Use-Güter nach Syrien, welche für die Herstellung von Waffen geeignet sein können, bat er im September 2013 den Bundesnachrichtendienst um Auskünfte zu Stellungnahmen des Bundesnachrichtendiensts zur Ausfuhr von Gütern nach Syrien in der Zeit von 2002 bis 2010 gegenüber dem Ausfuhrausschuss der Bundesregierung. Der Bundesnachrichtendienst verweigerte die erbetenen Angaben, da die Behörde dazu ausschließlich der Bundesregierung und den zuständigen Gremien des Bundestags berichte und der Ausfuhrausschuss der Bundesregierung nicht öffentlich tage.

3

b) Der Beschwerdeführer bat sodann "hilfsweise" um inhaltliche Beschreibungen der Stellungnahmen. Der Bundesnachrichtendienst teilte daraufhin mit, die Stellungnahmen unterlägen der Geheimhaltung und könnten daher weder in allgemeinen Zügen noch im Detail öffentlich bekannt gemacht werden. Nach der Publikation weiterer zur Herstellung von Chemiewaffen geeigneter Dual-Use-Exporte nach Syrien bis 2011 durch das Bundeswirtschaftsministerium erweiterte der Beschwerdeführer Anfang Oktober seine Fragen bezüglich Zeiträumen und exportierten Stoffen. Hierauf erfolgte seitens des Bundesnachrichtendienstes keine Reaktion mehr.

4

2. Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2013 hat der Beschwerdeführer um vorläufigen Rechtsschutz beim Bundesverwaltungsgericht nachgesucht und beantragt, dem Bundesnachrichtendienst aufzugeben, die im dortigen Schriftsatz beantragten Auskünfte zu erteilen. Die pauschale Verweigerung der begehrten Auskünfte sei rechtswidrig und verletze den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Pressefreiheit.

5

3. Mit angegriffenem Beschluss vom 26. November 2013 hat das Bundesverwaltungsgericht in erstinstanzlicher Zuständigkeit (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

6

a) Der Beschwerdeführer habe bereits einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft machen können. Dies gelte sowohl für den beantragten Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Erteilung von Auskünften über den Wortlaut der Stellungnahme des Bundesnachrichtendiensts gegenüber der Bundesregierung wie auch für den "höchst hilfsweise" gestellten Antrag, der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens - der Bundesrepublik Deutschland - aufzugeben, den Inhalt dieser Stellungnahmen, soweit Dritten gegenüber zulässig, zu beschreiben.

7

Mit diesen Anträgen begehre der Beschwerdeführer keine vorläufige Maßnahme, sondern eine endgültige Vorwegnahme der in einem künftigen Hauptsacheverfahren zu erstrebenden Entscheidung. Solchen Anträgen sei im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise stattzugeben, wenn ein Abwarten in der Hauptsache für den Beschwerdeführer schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei sei dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen.

8

b) Von diesem Maßstab ausgehend habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht, dass ihm bei einem Abwarten auf die Entscheidung in einem etwaigen Hauptsacheverfahren unzumutbare, auch nach einem Erfolg in diesem Verfahren nicht mehr zu beseitigende Nachteile drohen.

9

aa) Der Beschwerdeführer habe vorgetragen, es gehe ihm darum, durch Kenntnisnahme der begehrten Informationen die Plausibilität der Angaben zu beleuchten und nachzuprüfen, die aus dem Kreis der Bundesregierung zur Frage der Nutzung nach Syrien ausgeführter Chemikalien gemacht worden seien, sowie die durch die gewünschten Auskünfte gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen einer öffentlichen Berichterstattung darzulegen. Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache würde die begehrten Informationen möglicherweise vollständig entwerten. In Monaten oder Jahren würde sich die Anfrage durch die rasch voranschreitende politische Entwicklung in Syrien wie auch durch neue Agenden (innen- wie auch außenpolitischer) eine Berichterstattung aller Wahrscheinlichkeit nach erledigen.

10

bb) Aus dem Vortrag des Beschwerdeführers gehe nicht hervor, dass ein Abwarten auf die Entscheidungen eines etwaigen Hauptsacheverfahren die Verwirklichung des von dem Beschwerdeführer verfolgten Anliegens - eine möglichst aktuelle, nämlich unmittelbar an eine laufende politische Diskussion anknüpfende Berichterstattung zu der von ihm ins Auge gefassten Thematik vorzunehmen - beeinträchtigen würde.

11

Es erscheine zwar in der Tat denkbar, dass eine Berichterstattung zu einem späteren Zeitpunkt Gefahr liefe, geringere öffentliche Resonanz zu erzeugen. Damit sei aber jedoch noch nicht dargetan, dass die dem Beschwerdeführer durch ein Abwarten auf eine etwaige Hauptsacheentscheidung drohenden Nachteile unzumutbar wären. Die vorgesehene Berichterstattung als solche bleibe ihm auch nach einer späteren Entscheidung noch möglich. Die begehrten Informationen wären auch zu diesem Zeitpunkt noch einer Verwertung zugänglich und, sofern sie sich als inhaltlich gehaltvoll herausstellen sollten, auch dann noch geeignet, ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung hervorzurufen. Die verfassungsrechtlich anerkannte Kontroll- und Vermittlungsfunktion der Presse bleibe somit weiterhin gewahrt.

12

cc) Unzumutbar könnte dem Beschwerdeführer ein Abwarten auf die Hauptsacheentscheidung allenfalls dann sein, wenn Vorgänge in Rede stünden, die unabweisbar einer sofortigen, keinen Aufschub duldenden journalistischen Aufklärung bedürften, etwa weil manifeste Hinweise auf aktuelle schwere Rechtsbrüche staatlicher Stellen vorlägen oder ein unmittelbares staatliches Handeln zur Abwehr von Gemeinwohlgefahren dringend gefordert sein könnte. Für einen solchen Tatbestand, in dem die Kontroll- und Vermittlungsfunktion der Presse leerliefe, wenn keine zeitnahe Berichterstattung erfolgen könne, ergeben sich jedoch im zu beurteilenden Fall weder aus dem Vortrag des Beschwerdeführers noch aus anderen möglichen Blickwinkeln greifbare Hinweise.

13

c) Unabhängig davon könne einem Begehren, eine die Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung zu erwirken, nur dann stattgegeben werden, wenn eine Hauptsacheentscheidung schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden, summarischen Prüfung des Sachverhalts erkennbar Aussicht auf Erfolg habe.

14

aa) Gerade bei einer Vorwegnahme der Hauptsache seien strenge Anforderungen an die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu stellen. Der Beschwerdeführer berufe sich auf den verfassungsunmittelbaren Presseauskunftsanspruch gegenüber dem Bundesnachrichtendienst, welcher dort ende, wo berechtigte schutzwürdige Interessen entgegenstünden.

15

bb) Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens habe nachvollziehbar dargelegt, dass die von dem Beschwerdeführer gewünschten Dokumente und Informationen vornehmlich durch nachrichtendienstliche Aufklärungsaktivitäten gewonnen worden seien, namentlich auch mit Hilfe menschlicher Quellen, durch technische Quellen oder im Rahmen der informellen Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten. Das Auskunftsverlangen des Beschwerdeführers bringe die Gefahr mit sich, dass Rückschlüsse über die Herkunft und die Aufklärungsfähigkeiten des Bundesnachrichtendiensts ermöglicht würden. Sofern die Stellungnahmen des Bundesnachrichtendiensts öffentlich zugänglich gemacht werden würden, könnten hieraus überdies Rückschlüsse über Wissensstände und Wissensdefizite des Bundesnachrichtendiensts über fremde Proliferationsaktivitäten gezogen werden.

16

cc) In Anbetracht dieser Sachlage erscheine es naheliegend, dass berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen der begehrten Auskunftserteilung an den Beschwerdeführer entgegenstehen könnten; dies sei in einem Hauptsacheverfahren zu klären. Dass dieses erkennbar zugunsten des Beschwerdeführers ausgehen würde, könne jedenfalls nach derzeitigem Stand nicht angenommen werden.

17

4. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 sowie aus Art. 19 Abs. 4 GG. Der Beschwerdeführer hat seine Verfassungsbeschwerde mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden.

18

5. Gelegenheit zur Stellungnahme hatten das Bundesministerium des Innern, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Bundeskanzleramt und der Bundesnachrichtendienst. Die Bundesregierung hat daraufhin Stellung genommen und ausgeführt, dass die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet sei und deshalb keine Aussicht auf Erfolg haben könne. Das Bundesverwaltungsgericht habe die verfassungsrechtlichen Vorgaben an einen effektiven Eilrechtsschutz im Hinblick auf einen Auskunftsanspruch der Presse hinreichend beachtet, eine Grundrechtsverletzung liege nicht vor. Die angewendeten Maßstäbe und ihre Anwendung im Einzelfall seien von Verfassung wegen nicht zu beanstanden. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.

II.

19

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) und eine Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG) ist nicht angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten.

20

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig.

21

Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen. Ein Beschwerdeführer, der sich gegen Entscheidungen in einem letztinstanzlich abgeschlossenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wendet, kann nicht auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden, wenn er gerade die Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes rügt (vgl. BVerfGE 59, 63 <84>).

22

2. Die Verfassungsbeschwerde ist aber nicht begründet.

23

a) Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; 96, 27 <39>). Wirksam ist nur ein Rechtsschutz, der innerhalb angemessener Zeit gewährt wird. Namentlich der vorläufige Rechtsschutz im Eilverfahren hat so weit wie möglich der Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorzukommen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich eine Maßnahme bei endgültiger richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist (vgl. BVerfGE 37, 150 <153>; 65, 1 <70>). Die Gerichte sind gehalten, bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über einstweiligen Rechtsschutz der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>; BVerfGK 4, 36 <40>). Je schwerer die aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden (vgl. BVerfGE 35, 382 <402>; BVerfGK 3, 135 <139>). Diese Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmung über den Eilrechtsschutz (vgl. BVerfGK 1, 201 <204>) wirken auch auf den verwaltungsprozessualen Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache zurück und begrenzen diesen im Einzelfall (vgl. BVerfGE 79, 69 <77 f.>). Entscheidend ist, dass die Prüfung im Verfahren des Eilrechtsschutzes eingehend genug ist, um den Antragsteller vor erheblichen und unzumutbaren, anders weder abwendbaren noch reparablen Nachteilen effektiv zu schützen (vgl. BVerfGK 5, 135 <140>).

24

Grundsätzlich ist für die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine summarische Prüfung verfassungsrechtlich unbedenklich; die notwendige Prüfungsintensität steigt jedoch mit der drohenden Rechtsverletzung, die bis dahin reichen kann, dass die Gerichte unter besonderen Umständen - wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen - dazu verpflichtet sein können, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>; 93, 1 <13 f.>; 126, 1 <27 f.>; BVerfGK 1, 292 <296>; 5, 237 <242>).

25

b) Diese Maßstäbe hat das Bundesverwaltungsgericht bei der ihm obliegenden Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO hinreichend berücksichtigt. Eine Grundrechtsverletzung ist im Ergebnis nicht zu erkennen. Das Bundesverwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass hier die Frage nach der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Problem einer - zumindest teilweisen - verwaltungsprozessualen Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist. Die hieraus für den vorliegenden Fall gefolgerten Anforderungen an die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes sind mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht frei von Bedenken, letztlich aber noch verfassungsmäßig.

26

aa) Unbeschadet der Frage, ob der vorliegend geltend gemachte Presseauskunftsanspruch gegen den Bundesnachrichtendienst unmittelbar aus der Verfassung - namentlich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - abgeleitet werden kann und wie weit dieser genau reicht, ist bei einer Eilentscheidung über einen solchen Auskunftsanspruch jedenfalls die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Soweit die Vorwegnahme der Hauptsache nur bei Vorliegen eines schweren Nachteils zulässig ist, muss dabei auch die Bedeutung der Auskunftsansprüche für eine effektive Presseberichterstattung durch den Beschwerdeführer hinreichend beachtet werden.

27

bb) Die angegriffene Entscheidung berücksichtigt im Ergebnis hinreichend das grundrechtlich geschützte Interesse des Beschwerdeführers an einer hinsichtlich des Zeitpunkts möglichst selbstbestimmten Publikation von bestimmten Inhalten, die einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion leisten und möglicherweise auf erkannte Missstände hinweisen sollen.

28

(1) Verfassungsrechtlich bedenklich ist es allerdings, wenn das Bundesverwaltungsgericht bei seiner auf seiner auf das Anordnungsverfahren begrenzten Maßstabsbildung davon ausgeht, dass eine gewisse Aktualitätseinbuße von der Presse regelmäßig hinzunehmen sei und eine Ausnahme "allenfalls" dann vorliege, wenn Vorgänge in Rede stünden, die unabweisbar einer sofortigen, keinen Aufschub duldenden journalistischen Aufklärung bedürften, etwa wenn manifeste Hinweise auf aktuelle schwere Rechtsbrüche staatlicher Stellen vorlägen oder ein unmittelbares staatliches Handeln zur Abwehr von Gemeinwohlgefahren dringend gefordert sein könnte. Diese Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts führt den schweren Nachteil zu eng und legt damit einen Maßstab an, der die Aufgabe der Presse in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat nicht hinreichend berücksichtigt.

29

Die Aufgabe der Presse ist vornehmlich die Information der Bevölkerung als Grundlage der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>). Grundsätzlich entscheidet die Presse in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>). Unter das Selbstbestimmungsrecht in zeitlicher Hinsicht fällt auch die Freiheit der Presse, zu entscheiden, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll. Kann sich die Presse im Wege gerichtlichen Eilrechtsschutzes von öffentlichen Stellen aber solche Informationen nur unter den Voraussetzungen beschaffen, die das Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung nennt, so begrenzt dies im Blick auf die Pressefreiheit den vorläufigen Rechtsschutz unverhältnismäßig.

30

Zwar genügt es, wenn Eilrechtsschutz nur gewährt wird, wo ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen (so beispielsweise VG Köln, Beschluss vom 27. August 2009 - 6 L 918/09 -, Rn. 12, juris; siehe auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. August 2004 - 7 CE 04.1601 -, juris; VG Dresden, Beschluss vom 7. Mai 2009 - 5 L 42/09 -, Rn. 68 ff., juris). Dies kann jedoch nicht deshalb verneint werden, weil die Berichterstattung nicht auf unaufschiebbare Berichte wie die Aufdeckung von schweren Rechtsbrüchen staatlicher Entscheidungen ziele und sie im Übrigen auch später möglich bleibe; denn dies ist angesichts der Fähigkeit der Presse, selbst Themen zu setzen, immer denkbar. Vielmehr kann die Presse ihre Kontroll- und Vermittlungsfunktion nur wahrnehmen, wenn an den Eilrechtsschutz in Auskunftsverfahren auch hinsichtlich der Aktualität einer Berichterstattung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden.

31

(2) Dennoch ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn für den konkreten Fall hat das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen eines Anordnungsgrundes verfassungsrechtlich unbedenklich verneint. Zu Recht geht es davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht hinreichend deutlich gemacht hat, warum seine Anfrage, die sich auf Vorgänge der Jahre 2002 bis 2011 bezieht, nun eine solche Eile zukommt, dass hierüber nur im Wege einstweiligen Rechtsschutzes, zumal unter einer Vorwegnahme der Hauptsache, entschieden werden kann. Zwar können auch zurückliegende Vorgänge unter veränderten Umständen plötzlich eine Relevanz bekommen, die eine Eilbedürftigkeit begründet. Wenn der Beschwerdeführer jedoch Auskünfte über solche zurückliegenden Vorgänge verlangt, so obliegt es ihm, näher dazu vorzutragen, warum er für die jetzige Berichterstattungsabsicht sogleich Einsicht in diese Dokumente benötigt und warum diese Berichterstattung ohne diese Dokumente in nicht hinzunehmender Weise erschwert wird. Dafür genügt es nicht, lediglich darauf zu verweisen, dass aktuell über die Lage in Syrien sowie in diesem Zusammenhang über Dual-Use-Exporte berichtet wird und eine solche Berichterstattung im öffentlichen Interesse liegt. Es ist dem Beschwerdeführer zuzumuten, näher darzulegen, warum er gerade die angefragten Dokumente für eine effektive Presseberichterstattung sofort benötigt. Wenn er insoweit darauf verweist, dass er die Plausibilität der Aussagen der Bundesregierung zu diesen Exporten durch die angeforderten Unterlagen überprüfen möchte, so folgt aus diesem bloßen Verweis auf die Notwendigkeit der Unterlagen zur Berichterstattung jedoch noch nicht unmittelbar die Eilbedürftigkeit. Angesichts der nicht dargelegten Eilbedürftigkeit liegt keine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG durch den Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts vor.

32

cc) Soweit der Beschwerdeführer weiterhin vorbringt, die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache verstoße gleichfalls gegen Art. 19 Abs. 4 GG, so verhilft das der Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Da die Verneinung des "schweren Nachteils" durch das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist und eigenständig die Abweisung trägt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten mit Art. 19 Abs. 4 GG in Einklang steht.

33

3. Da die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wird, erledigt sich damit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

34

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.