Landgericht Köln Urteil, 02. Juni 2016 - 22 O 435/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger und der Drittwiderbeklagte tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Im Übrigen tragen die Kosten des Rechtsstreits der Kläger zu 99 % und der Drittwiderbeklagte zu 1 %.
Das Urteil ist im Verhältnis zum Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe
110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Drittwiderbeklagte kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, es sei denn, der Beklagte leistet zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein gewerblich tätiger Inkassounternehmer mit Sitz in der Schweiz. Wegen des Angebotes, welches der Kläger seinen Kunden unterbreitet, wird auf die Webseite http://anonym.eu Bezug genommen. Über eine Registrierung nach § 10 Rechtsdienstleistungsgesetz (nachfolgend: RDG) verfügt der Kläger nicht. Auch eine Anzeige nach § 15 RDG hat er nicht vorgenommen. Durch einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 03.08.2015 – 33 O 148/15 – wurde es dem hiesigen Kläger untersagt, in der Bundesrepublik Deutschland fremde Forderungen einzuziehen oder zum Zweck der Einziehung an ihn abgetretene Forderungen einzuziehen, soweit dies als eigenständiges Geschäft geschieht (Inkassodienstleistung), und zwar wie nachstehend wiedergegeben von ihm angeboten. In der einstweiligen Verfügung ist nunmehr das damalige Internet-Angebot des hiesigen Klägers vom 28.07.2015 eingerückt. Auf das Sonderheft zum Ordnungswidrigkeitenverfahren 74 Js-OWi 51/16 StA Köln wird insoweit Bezug genommen. Ausweislich der beigezogenen OWi-Akte wurde die einstweilige Verfügung dem hiesigen Kläger am 22.09.2015 zugestellt. Widerspruch dagegen hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt eingelegt.
3Der Kläger macht aus behauptetem abgetretenem Recht des Drittwiderbeklagten Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten wegen angeblich fehlerhafter Rechtsberatung geltend. Hinsichtlich der Abtretung beruft er sich auf die Urkunde gemäß Anlage K 1 vom 11.09./22.09.2013.
4Hintergrund der behaupteten Schadensersatzansprüche ist ein Schiedsverfahren vor der Internationalen Handelskammer, Paris, vor dem Rechtsanwalt Dr. Q als Schiedsrichter, welches mit einem Endschiedsspruch vom 22.02.2011 (Anlage K 7) endete. Der hiesige Beklagte vertrat in diesem Schiedsverfahren die Firma L. (nachfolgend: Fa. L) mit Sitz in Dubai, den M Trust mit Sitz auf den Kanalinseln, dessen Treuhänder, den R Trust Ltd. sowie Herrn L1. Die Schiedsklage richtete sich gegen Herrn P, der durch Rechtsanwalt Z vertreten wurde.
5Vorausgegangen waren dem späteren Schiedsverfahren Verträge, die eine Schiedsgerichtsvereinbarung enthielten und an denen die Parteien des Schiedsverfahrens beteiligt waren. Nachdem das Vorhaben des Drittwiderbeklagten, einen Herrn T als Nachfolger für sein Unternehmen zu etablieren an dessen fehlender Leistungsfähigkeit gescheitert war, kam es Anfang 2006 zum Abschluss eines „Sales Contract“ mit Herrn P als Käufer (vgl. Anlage K 3) und eines „Employment Contract for the post of Managing Director“ (Anlage K 2). In der Folge kam es jedoch nicht zur Registrierung des Herrn P als managing director, nachdem es zu einem heftigen Zerwürfnis zwischen dem Drittwiderbeklagten und Herrn P gekommen war. In der Folge ließ Herr P durch seinen Anwalt am 29.03.2007 u.a. Folgendes mitteilen: „Mister P waive subsequent performance of the contract“ (vgl. Anlage K 6). Daraufhin stellte der Drittwiderbeklagte unter dem 27.04.2007 Antrag auf Durchführung des Schiedsverfahren vor der Internationalen Handelskammer (Anlage BK 2). Unter dem 08.09.2008 erließ der Einzelschiedsrichter die Verfügung Nr. 1 („Spezielle Verfahrensnormen“) (vgl. Schiedsspruch Anlage K 7, Rz. 25 sowie Anlage K 35). Mit Urteil des Obersten Schweizer Bundesgerichtes vom 05.12.2008 wurde dem Antrag des Schiedsbeklagten auf Ausweitung des Schiedsverfahrens auf den MTrust, auf den R Trust Ltd. und auf Herrn L1 stattgegeben (sog. neue Parteien des Schiedsverfahrens) (vgl. Anlage K 7, Rz. 28). In der Folge erließ der Einzelschiedsrichter die Verfügung Nr. 2 betreffend Fristen (vgl. Anlage K 7, Rz. 36 sowie Anlage K 36) die Verfügung Nr. 3 betreffend Prozessfragen ( vgl. Anlage K 7, Rz. 48), die Verfügung Nr. 4 betreffend die Zurückweisung des Schriftsatzes des Rechtsanwaltes Dr. U vom 25.03.2010 (vgl. Anlage K 7, Seite 8, dort Fußnote 2 sowie Anlage K 7, Rz. 53 und Anlage K 37) sowie Verfügung Nr. 5 betreffend die Erklärung der Unzulässigkeit der mit Schriftsatz des Rechtsanwaltes Dr. U vom 12.07.2010 vorgelegten Dokumente (vgl. Anlage K 7, Rz. 60 sowie Anlage K 38). Der Verfügung Nr. 5 vorausgegangen war ein Schreiben des Schiedsgerichts vom 28.05.2010 (Anlage K 40).
6Im Rahmen des schiedsgerichtlichen Verfahrens warf die Firma L Herrn P insbesondere vor, unter der Firma A mit Sitz in B wettbewerbswidrig Geschäfte zulasten der Fa. L. durchgeführt zu haben. Diesbezüglich verlangte die L insbesondere Auskunft und Schadensersatz. Mit dem Antrag zu 10. (Anlage K 7, Rz. 85) begehrte sie bezifferten Schadensersatz in Höhe von 1 Mio. Euro. Die weiteren Kläger R Trust Limited und M Trust begehrten ihrerseits von Herrn P Schadensersatz in Höhe von 1.328.514,25 € (Anlage K 7, Rz. 85). Im Wege der Gegenklage nahm Herr P die Fa. L und die sogenannten „neuen Parteien“ auf Zahlung von 577.426,51 € in Anspruch (Anlage K 7, Rz. 87). Insoweit machte Herr P insbesondere Ansprüche daraus geltend, dass seine Vertragspartner die Durchführung des sales contract gemäß Anlage K 3 und des employment contract gemäß Anlage K 2 unterlassen hätten und er deshalb von diesen Verträgen zu Recht zurückgetreten sei, was der Einzelschiedsrichter trotz der zwischen den hiesigen Parteien weitgehend unstreitigen Vertragsverletzungen des Herrn P bejahte (vgl. Anlage K 7, Rz. 372).
7Mit Schiedsspruch vom 22.02.2011 (Anlage K 7) verurteilte der Einzelschiedsrichter Herrn P lediglich zur Zahlung von 173.000,00 € zuzüglich Zinsen an die Firma L. Alle übrigen Anträge der Firma L sowie der sogenannten „neuen Parteien“ – dabei der R Trust Limited in der Eigenschaft als Trustee des M Trust – aus dem Schlussschriftsatz vom 12.07.2010 wies der Einzelschiedsrichter ab. Auf die Gegenklagte verurteilte er die L und die sogenannten „neuen Parteien“ - den R Trust Limited in der Eigenschaft als Trustee des M Trust – zur gesamtschuldnerischen Zahlung an Herrn P in Höhe von 499.388,23 € zuzüglich Zinsen sowie zur Zahlung von 116.792,00 CHF sowie von weiteren 48.000,00 US-Dollar an Kosten und Spesen.
8Wegen der Einzelheiten wird auf Ziffer VII des Schiedsspruches (Anlage K 7, Seite 135) Bezug genommen.
9Der unter dem 28.03.2011 gegen den Einzelschiedsrichter eingelegte Befangenheitsantrag, der u.a. darauf gestützt wurde, dass der Einzelschiedsrichter ein Schulkamerad des Herrn P gewesen sei und dies nicht offenbart habe (Anlage BK 14) blieb erfolglos. Ebenso erfolglos blieb die gegen den Schiedsspruch von der L und den sogenannten „neuen Parteien“, vertreten durch Rechtsanwalt C aus Zürich eingelegte Beschwerde. Diese wurde durch Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 18.10.2011 zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Anlage K 8 wird insoweit Bezug genommen.
10Wegen seiner – von dem Beklagten bestrittenen – Aktivlegitimation nimmt der Kläger Bezug auf die Abtretungserklärung gemäß Anlage K 1 sowie ein mit Faxschreiben vom 15.03.2016 übermitteltes „Memorandum of Understanding“ vom 09.01.2013 sowie einen mit demselben Fax übermittelten Vertrag vom 29.07.2014. Auf den Inhalt dieser Anlagen (Blatt 275 GA und Blatt 274 GA) wird Bezug genommen.
11Der Kläger behauptet, den damals im schiedsgerichtlichen Verfahren von dem Beklagten vertretenen Parteien sei infolge einer fehlerhaften Rechtsberatung von Seiten des Beklagten jedenfalls ein Schaden in Höhe der Klageforderung, also iHv. 809.907,48 € entstanden. Dem Beklagten sei insbesondere vorzuwerfen, dass er Urkunden nicht entsprechend den Vorgaben des Schiedsgerichts in der Verfügung vom 08.09.2008 eingereicht habe und es deshalb zu der Zurückweisung des Schriftsatzes vom 25.03.2010 mit Verfügung vom 30.04.2010 und zur Erklärung der Unzulässigkeit der mit Schriftsatz vom 12.07.2010 vorgelegten Dokumente durch Verfügung vom 13.07.2010 gekommen sei. Auf das anwaltliche Fehlverhalten des Beklagten seien jedenfalls folgende Schadensersatzpositionen zurückzuführen:
12a) Position „Provisionsforderung des Herrn P/Kassenbestand“ mit insgesamt 134.469,60 €;
13b) Fall V mit 110.000,00 €; c) Fall E mit 8.000,00 €;
14d) Fall D mit 20.000,00 €; e) Fall G mit 40.000,16 € und 135.000,00 €, insgesamt 175.000,16 €;
15f) Fall J mit 25.000,00 €; g) Fall H mit 60.000,00 €.
16Darüber hinaus begehrt er Erstattung von durch das Schiedsurteil ausgeurteilten Kosten in einer Gesamthöhe von 130.419,50 €, Erstattung der durch die Anfechtung des Schiedsspruches entstandenen Kosten in Höhe von 86.837,75 € sowie der durch die Prüfung von Schadensersatzforderungen gegen den hiesigen Beklagten entstandenen Ansprüche der Kanzlei I in Höhe von 13.486,96 €, insoweit insgesamt 100.324,71 €.
17Schließlich begehrt er Erstattung von Kosten in Höhe von 39.570,06 €, die durch die Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens in Guernsey entstanden seien sowie Erstattung von Übersetzungskosten in Höhe von 5.132,61 €.
18Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Klageschrift sowie auf die Zusammenstellung der Schadenspositionen unter Ziffer 8. der Klageschrift (Blatt 18 GA) Bezug genommen.
19Der Kläger beantragt,
20den Beklagten zu verurteilen,
211. an den Kläger 809.907,48 € nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.02.2011 zu zahlen;
222. den Kläger von Ansprüchen seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 8.546,00 € freizustellen.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Der Beklagte hat im Wege der Drittwiderklage beantragt,
26festzustellen, dass dem Drittwiderbeklagten gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz zusteht wegen Übersetzungskosten in Höhe von 5.132,61 € (Anlage K 30 zur Klage) infolge der Zwangsvollstreckung gegen den Schiedsbeklagten aus dem Urteil des Schiedsgerichts in Lugano vom 22.02.2011 Case Nr. 14953/FM der Internationalen Handelskammer in Paris.
27Der Drittwiderbeklagte hat diesen Antrag unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt. Im Termin vom 17.03.2016 ist insoweit antragsgemäß Teil-Anerkenntnisurteil ergangen, wobei die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten worden ist.
28Der Beklagte rügt ausdrücklich die Aktivlegitimation des Klägers. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass die Abtretung durch den Kläger unterschrieben worden sei. Er bestreitet die Echtheit der mit klägerischen Faxschreiben vom 15.03.2016 vorgelegten Anlagen. Die Abtretung gemäß Anlage K 1 – deren Echtheit unterstellt – sei wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz gemäß § 3 RDG i.V.m. § 134 BGB nichtig. Mit Schriftsatz vom 06.07.2015 führt er dazu aus, dass ein Ankauf von Forderungen durch den Kläger grundsätzlich nicht erfolge. Der Kläger trage lediglich das Risiko vergeblicher Aufwendungen von Prozesskosten und kein darüber hinausgehendes wirtschaftliches Risiko, insbesondere kein Veritäts- oder Bonitätsrisiko.
29Der Vorwurf einer fehlerhaften Prozessführung im schiedsgerichtlichen Verfahren sei darüber hinaus unbegründet. Mit dem durch das Schiedsgericht zurückgewiesenen Schriftsatz seien keine neuen Dokumente eingereicht worden. Hinsichtlich der Provisionsforderungen des Herrn P habe der Drittwiderbeklagte ihn angewiesen, nur pauschal zu bestreiten. Selbst nach Vorlage der Anlage C 30 durch Herrn P habe der Drittwiderbeklagte es trotz Hinweis des Beklagten bei einem einfachen Bestreiten belassen wollen. Über den Kassenbestand sei er von dem Drittwiderbeklagten nicht unterrichtet worden. Der Fall V sei durch den Vergleich vor dem Landgericht Ried mit erledigt worden. Im Fall E habe das Schiedsgericht zu Unrecht die Anlage A 4 zurückgewiesen. Im Fall D wäre auch bei Vorlage der Urkunden entsprechend den Vorgaben des Schiedsgerichts deren Echtheit bestritten geblieben. Im Fall G sei ein Schadensersatzanspruch wegen der Zäsurwirkung des Annex A zum sales contract ausgeschlossen. Im Fall J hätte der Drittwiderbeklagte den Erhalt des Betrages an Herrn P ohnehin nicht beweisen können. Im Fall H sei die vom Schiedsgericht nicht berücksichtigte Urkunde von dem Drittwiderbeklagten erst nachgereicht worden, nachdem dieser bemerkt habe, dass diese bisher nicht erwähnt worden sei.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
31Die Akten LG Ried 2 Cg 64/09 f sowie die Akten 74 Js-OWi 51/16 StA Köln lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
32Die Akten des Verfahrens vor dem Internationalen Schiedsgericht in Paris konnten nicht beigezogen werden. Die Kammer hat mehrere Anfragen an das Internationale Schiedsgericht in Paris gerichtet, die gänzlich unbeantwortet blieben. Auf die Anfrage des Klägervertreters wurde diesem gemäß Inhalt seines Schriftsatzes vom 21.10.2015 (Blatt 203 GA) telefonisch mitgeteilt, dass die Unterlagen eines Schiedsverfahrens 30 Tage nach Abschluss des Verfahrens vernichtet würden. Mit Schreiben vom 20.10.2015 (Anlage K 50, Blatt 210 GA) wurde dann mitgeteilt, dass die Unterlagen wegen Zeitablaufes nicht mehr zurückgegeben werden können. Darüber hinaus wurde dem Klägervertreter telefonisch mitgeteilt, dass selbst dann, wenn evtl. noch Unterlagen vorhanden sein würden, eine Herausgabe an Dritte nur mit Zustimmung aller ursprünglichen Verfahrensbeteiligten erfolge. Der Klägervertreter führt im vorgenannten Schriftsatz selbst aus, dass es sich von selbst verstehe, dass eine solche Einwilligung vonseiten des Herrn P nicht erfolgen werde.
33Die Kammer hat Beweis erhoben zur Frage der Aktivlegitimation durch Vernehmung der Zeugen L1 und O. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.03.2016 (Blatt 278 ff. GA) Bezug genommen.
34Entscheidungsgründe:
35Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger fehlt es bereits an der Aktivlegitimation. Dies gilt unabhängig davon, ob der von dem Kläger erstmals mit Faxschreiben vom 16.03.2016 vorgelegte Vertrag als unwirksam oder als wirksam erachtet wird. Auch im letzteren Fall verstößt die getroffene Vereinbarung gegen §§ 2, 3 RDG mit der Folge, dass diese Vereinbarung und damit auch die Abtretungsvereinbarung vom 11.09./22.09.2013 nach § 134 BGB nichtig sind.
361.
37Gemäß § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Gemäß § 10 RDG dürfen natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in bestimmten Bereichen, insbesondere Inkassodienstleistungen, nur erbringen, wenn sie bei der zuständigen Behörde registriert sind.
38Der Kläger verfügt unstreitig nicht über eine Registrierung nach dem RDG. Die Forderungseinziehung wird vom dem Kläger auch als eigenständiges Geschäft betrieben. Nach dem eigenen Internetauftritt des Klägers unter anonym.de stehen die Tätigkeit als Prozessfinanzierer und als Inkassounternehmen mindestens gleichwertig neben der Suche nach Vertragshändlern. Dass die Forderungseinziehung als bloße Nebentätigkeit zu einer anderweitigen Haupttätigkeit betrieben wird, ist weder dem Internetauftritt des Klägers noch seinem Vortrag zu entnehmen. Darüber hinaus schreibt der Kläger in seinem Antwortschreiben vom 22.07.2015 in der einstweiligen Verfügungssache 33 O 148/1 LG Köln, selbst: „Ich werde weiterhin meine Dienstleistungen weltweit anbieten – ob Ihnen das passt oder nicht“ (Blatt 25 des Sonderheftes der Beiakte 74 Js-OWi 51/16, StA Köln).
392.
40Die Tätigkeit des Klägers unterfällt auch – vorbehaltlich der Frage, ob er die hier geltend gemachte Forderung auf eigene oder auf fremde Rechnung einzieht – dem Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes.
41Die Anwendbarkeit des RDG richtet sich nicht nach dem Statut für den zwischen Rechtsdienstleister und Auftraggeber geschlossenen Vertrag, vielmehr geht es um die Frage, in welchen Fällen der Erlaubnisvorbehalt des RDG gilt. Als Teil des nationalen öffentlichen Rechts greift das RDG nach richtigem Verständnis auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Auflage 2015, Rd. 34 m.w.N.). Es gilt demnach das sogenannte Territorialitätsprinzip. Dass das Unternehmen des Klägers in der Schweiz ansässig ist, steht der Anwendbarkeit des RDG nicht entgegen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 29.08.2014 – 6 U 13/14 RZ 19, zitiert nach juris). Zur Vermeidung von Umgehungstatbeständen kommt dem Niederlassungsort des Inkassodienstleisters keine Relevanz zu. Auch der Umstand, dass der Auftraggeber, vorliegend der deutsche Staatsangehörige L1 sowie die von ihm kontrollierten Firmen ihren Sitz bzw. Wohnsitz nicht in der Bundesrepublik haben, steht der Anwendung des RDG nicht entgegen. Zum einen ist die Tätigkeit des Klägers u.a. auch gezielt auf den deutschen Markt gerichtet. In seiner Referenzliste (vgl. Anlage BK 28) sind eine Vielzahl von deutschen Firmen aufgeführt, in deren Auftrag er verschiedene Dienstleistung, darunter auch die Prozessfinanzierung, durchgeführt hat. Zum anderen ergibt sich aus dem bereits zitierten Schreiben des Klägers im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens 33 O 148/15, LG Köln, dass er ohnehin weltweit tätig ist.
42Entscheidender Gesichtspunkt für die Anwendbarkeit des RDG auf die vorliegende Fallgestaltung ist der Umstand, dass das RDG die Funktionsfähigkeit der deutschen Rechtspflege und damit auch den Adressaten des Rechtsdienstleisters vor ungeeigneten Anbietern schützen soll, die die Qualifizierung, die für eine Registrierung nachzuweisen ist, nicht besitzen. Schon in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 05.10.2006 (I ZR 7/04) wird ausgeführt, dass der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes, inländische Rechtssuchende vor ungeeigneten Rechtsberatern zu bewahren, unmittelbar betroffen ist, wenn das zu regelnde Rechtsverhältnis im Inland ansässige Parteien betrifft. Nichts anderes gilt aber dann, wenn nur der Adressat der Inkassotätigkeit in Deutschland sitzt. Davon ist zunächst das OLG Oldenburg in seiner Entscheidung vom 29.05.2001 – 12 U 16/01 – unter Hinweis darauf ausgegangen, dass der inländische Schuldner davor geschützt werden müsse, von Inkassounternehmen angegangen zu werden, die keiner behördlichen Kontrolle unterliegen. Auch der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung, in der Auftraggeber und Schuldnerin im Inland ansässig waren, entscheidend auf den Schutz des Adressaten der Inkassotätigkeit abgestellt (BGH, Urteil vom 11.12.2013 – IV ZR 46/13, dort RZ 14 -, zitiert nach juris). Die führenden Kommentatoren auf dem Gebiet des Rechtsdienstleistungsgesetzes, Henssler und Deckenbrock, führen deshalb in ihrem Rechtsgutachten aus März 2013 zur Frage des internationalen Anwendungsbereiches des Rechtsdienstleistungsgesetzes bei grenzüberschreitender Inkassotätigkeit überzeugend aus, dass der Gesetzgeber bei Inkassodienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG vorrangig den Schutz des Forderungsschuldners vor unseriöser Forderungseinziehung im Blick hat und deshalb einem inländischen Wohnsitz des Forderungsschuldners bei der Bewertung des für die Anwendbarkeit des RDG maßgeblichen Schwerpunktes der Rechtsdienstleistung eine herausgehobene Bedeutung zukomme (Anlage BK 40). Bei der Schwerpunktbeurteilung ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der Mandatsvertrag, aus dessen Verletzung Schadensersatzansprüche hergeleitet werden sollen, dem deutschen Recht unterliegt. Darüber hinaus war schon im Rahmen der vorgerichtlichen Inkassotätigkeit klar, dass im Rahmen einer streitigen Auseinandersetzung ein deutsches Gericht unter Anwendung zumindest deutschen Prozessrechts in der Sache würde entscheiden müssen. Schließlich war der deutsche Staatsbürger L1 nicht nur Vertragspartner des Mandatsvertrages mit dem Beklagten, seinerseits deutscher Staatsangehöriger, sondern darüber hinaus auch der einzige maßgebliche Ansprechpartner für den Beklagten. Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände kann nach Auffassung der Kammer kein Zweifel daran bestehen, dass auch die vorliegende Fallgestaltung dem Regelungsbereich des RDG unterfällt.
43Bei der Tätigkeit des Klägers handelt es sich nicht um eine erlaubnisfreie Einziehung von Forderungen auf eigene Rechnung, sondern sie stellt sich in jeder Fallgestaltung als erlaubnispflichtige Einziehung auf fremde Rechnung dar.
443.
45Der Kläger hat bereits nicht schlüssig dargelegt und erst recht nicht bewiesen, dass er die Forderungen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, voll wirksam und nicht nur zur Einziehung erworben hat.
46Das von dem Kläger auf seiner Web-Seite angebotene Modell, wie es sich anschaulich aus den Anlagen BK 28 und BK 29 ergibt, ist auf eine bloße Forderungseinziehung auf fremde Rechnung gerichtet. Es handelt sich um eine Prozessführung auf Erfolgsbasis, wobei der Anteil des Klägers zwischen 18 % und 50 % variieren kann. Besonders aussagekräftig ist hier die Regelung unter „treuhänderische Sicherheit“. Dort heißt es wörtlich: „Die Schuldner sind verpflichtet, nur an unseren Anwalt zu bezahlen, welcher die Gelder nur an sie bezahlen darf – unter Abzug unseres Anteils.“. Unter anderem unter Bezugnahme auf diesen Internetauftritt, in dem auch anschaulich dargestellt wird, unter Zuhilfenahme welcher Methoden der Kläger zum Teil den Forderungseinzug betreibt, verlangten die Antragsteller des einstweiligen Verfügungsverfahrens 33 O 148/15 LG Köln eine strafbewehrte Unterlassungserklärung des hiesigen Klägers. In seinem Antwortschreiben vom 22.07.2015 wies der Kläger dies sinngemäß als „dumm- dreiste und unhaltbare Drohungen“ von in Deutschland tätigen „Winkeladvokaten“ zurück. Unter dem 03.08.2015 erging daraufhin antragsgemäß die einstweilige Verfügung gegen den hiesigen Kläger, gegen die bis heute kein Widerspruch eingelegt worden ist. Dass der Kläger dieses Geschäftsmodell auch in der Folge unverändert weiterbetrieben hat, ergibt sich ohne Weiteres aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen O. Diesem sind noch nach Durchführung eines Testanrufes bei dem Kläger im Laufe des hiesigen Prozesses die Unterlagen gemäß Anlagen BK 28 und BK 29 übermittelt worden. Danach aber hat sich an der gegen das RDG verstoßenden Inkassotätigkeit des Klägers gegenüber in Deutschland lebenden Adressaten bis zum heutigen Tage nichts geändert.
47Dass der Kläger im konkreten Falle, der Gegenstand der hiesigen Klage ist, von diesem Modell abgewichen ist, hat er weder dargelegt noch etwa bewiesen.
48Zwar hat der Kläger erstmals mit Faxschreiben vom 15.03.2016 ein „Memorandum of Understanding“ vom 09.01.2013 und einen Vertrag vom 29.07.2014 vorgelegt, wobei sich aus Letzterem ein Forderungskauf ergeben soll. Die Echtheit dieser Urkunden hat der Beklagte jedoch ausdrücklich bestritten. Der Kläger hat die Echtheit dieser Urkunden auch nicht durch Vorlage der jeweiligen Originale belegt. Dies, obwohl ihm ausdrücklich durch gerichtliche Verfügung aufgegeben worden war, die Urkunden im Termin vom 17.03.2016 vorzulegen. Der Kläger hat auch durch Faxschreiben vom 15.03.2016 angekündigt, die Originale im Termin vorzulegen. Eine solche Vorlage im Termin ist entgegen dieser Zusage aber nicht erfolgt. Bei den im Termin überreichten Unterlagen handelt es sich lediglich um Farbkopien. Diese Kopien sind einer Überprüfung ihrer Echtheit nicht zugänglich. Der Kläger persönlich hat auch eine weitere Befragung zu den Umständen betreffend das Zustandekommen, insbesondere des Vertrages vom 29.07.2014, vereitelt. Der ausdrücklichen Anordnung des persönlichen Erscheinens durch das Gericht hat er keine Folge geleistet. Er hat insoweit lediglich ein ärztliches Attest vorlegen lassen, welches nicht ansatzweise geeignet ist, eine Reiseunfähigkeit des Klägers zu belegen. In dem Attest wird lediglich ausgeführt, dass der Kläger ein Hüftleiden habe und nur mit zwei Krücken gehen könne. Dadurch aber sind weder die Nutzung eines Taxis noch eines Flugzeuges ausgeschlossen. Sein Vorschlag, ihn an seinem Wohnsitz „vernehmen zu lassen“, ist schon deshalb ungeeignet, weil angesichts der Komplexität des Sachverhaltes und der Frage der Glaubwürdigkeit des Klägers allein eine Vernehmung des Klägers vor dem Prozessgericht in Frage kommt.
49Darüber hinaus könnte der Vertrag vom 29.07.2014 – seine Echtheit unterstellt – allenfalls einen wirksamen Kauf von dem Drittwiderbeklagten und der L zustehenden angeblichen Schadensersatzforderungen belegen. Bezüglich der Firmen M Trust und R Trust Limited fehlen die Unterschriften von deren Vertretungsberechtigten, wie sich unmittelbar aus einem Vergleich zur Vollmachtsurkunde vom 08.10.2015 (Blatt 209 GA) und zur Abtretungserklärung gemäß Anlage K 1 ergibt. Die diesbezüglichen Urkunden sind von Herrn M und Herrn N für die vorgenannten beiden Firmen unterschrieben worden. Nach den Angaben des Drittwiderbeklagten anlässlich seiner Zeugenvernehmung hat er angeblich im konkreten Falle aus Kostengründen darauf verzichtet, die diesbezüglichen Unterschriften einzuholen. Der Aussage des Zeugen L1 lässt sich vielmehr entnehmen, dass die beiden Firmen, die im Vertrag vom 29.07.2014 als Verkäufer aufgeführt sind, nicht über diesen Kaufvertrag und erst recht nicht über den angeblich ausgehandelten Kaufpreis informiert worden sind. Schon von daher fehlt es an einem wirksamen Vertrag über einen Forderungskauf als Grundlage der – schon 10 Monate vorher – erfolgten Abtretung.
504.
51Es kommt deshalb schon nicht mehr entscheidend darauf an, dass der Zeuge L1 auch nicht ansatzweise in der Lage war, das Zustandekommen des Vertrages vom 29.07.2014 schlüssig zu erklären. Nach seinen Angaben wollte er „Geld haben, und zwar sofort und auch so viel wie möglich.“. Er will sich dann aber, obwohl er von Schadensersatzansprüchen von zunächst über 1 Mio. Euro und sodann von noch rund 1 Mio. Euro ausgegangen ist, auf einen Kaufpreis von 155.000,00 € eingelassen haben. Obwohl dem Drittwiderbeklagten jede Einzelheit zu den einzelnen behaupteten Schadenspositionen bekannt ist, konnte er keinerlei Erklärung dazu angeben, wie der Kaufpreis von 155.000,00 € zustande gekommen sein soll. Er konnte auch nicht erklären, warum er, obwohl er „sofort Geld haben“ wollte, sich dann auf eine Vertragsgestaltung eingelassen haben will, wonach er bis zum heutigen Tag und sogar bis zum endgültigen Abschluss des gesamten Prozesses kein Geld erhalten hat bzw. kein Geld erhalten wird. Er konnte auch keinerlei Erklärung dafür abgeben, warum der Kläger sich in Abweichung seiner regelmäßigen Geschäftspraxis im konkreten Fall darauf eingelassen haben sollte, die behaupteten Schadensersatzforderungen anzukaufen. Insbesondere hat der Zeuge L1 dazu nicht etwa angegeben, dass der Kläger aufgrund von Rechtsgutachten zur Durchsetzbarkeit der Forderungen überzeugt worden sei, einen Ankauf der Forderungen vorzunehmen. Dies wird erstmals von dem Kläger im Schriftsatz vom 31.03.2016 nach der durchgeführten Beweisaufnahme vorgetragen, ohne allerdings insoweit die diesbezüglichen gutachterlichen Stellungnahmen vorzulegen.
52Der Kläger vermag ohnehin nicht zu erklären, dass er erstmals mit Faxschreiben vom 15.03.2016 Anlass gesehen hat, den angeblichen Vertrag vom 29.07.2014 in Kopie vorzulegen. Schon in der Klageerwiderung vom 12.02.2015 wurde erstmals die Aktivlegitimation des Klägers bestritten. Im Schriftsatz vom 06.07.2015 (Blatt 151 ff. GA) wurden vonseiten des Beklagten umfangreichen Ausführungen zu der Inkassotätigkeit des Klägers gemacht, die gegen das deutsche Rechtsdienstleistungsgesetz verstoße. In diesem Zusammenhang wurde auch auf Seite 3 des Schriftsatzes ausdrücklich vorgetragen, dass der Kläger keine Forderungen ankaufe. Auch daraufhin sah der Kläger im Schriftsatz vom 16.09.2015 keinen Anlass, den Vertrag vom 29.07.2014 vorzulegen. Selbst im Faxschreiben vom 15.03.2016, in dem angekündigt wurde, die beiden Urkunden im Original vorzulegen, wird nicht ausdrücklich vorgetragen, dass der diesbezügliche Vertrag zwischen dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten geschlossen worden sei. Der ausdrückliche Vortrag, dass es zum Abschluss einer diesbezüglichen Vereinbarung gekommen sei, findet sich vielmehr erstmals in dem nach der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2016 gefertigten Schriftsatz vom 21.03.2016. Nach alledem geht die Kammer davon aus, dass der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger weder schlüssig dargelegt noch etwa durch die Vernehmung des Zeugen L1 bewiesen hätte, dass zwischen dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten ein wirksamer Forderungskauf betreffend die hier streitgegenständlich behaupteten Schadensersatzansprüche zustande gekommen ist.
535.
54Die Klage ist auch dann mangels Aktivlegitimation des Klägers unbegründet, wenn unterstellt wird, dass der Vertrag vom 29.07.2014 in dieser Form zustande gekommen ist und trotz der fehlenden Unterschriften der vertretungsberechtigten Organe des M Trust und des R Trust Limited wirksam ist. Auch in diesem Falle liegt kein erlaubnisfreier Forderungskauf vor, weil das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung nicht vollständig auf den Kläger übergegangen ist.
55Für die Abgrenzung einer nach dem RDG unter Erlaubnisvorbehalt stehenden Inkassodienstleistung zum erlaubnisfreien Forderungskauf ist darauf abzustellen, ob nach den Gesamtumständen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser das volle wirtschaftliche Risiko ihrer Beitreibung übernimmt. Dabei ist nicht auf den Wortlaut der getroffenen Vereinbarung und die Art des geschlossenen Vertrages, sondern auf die gesamten, diesen zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang, also auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30.10.2012 – IX ZR 324/11 -; OLG Köln, Urteil vom 29.08.2014 – 6 U 13/14 -). Es ist insbesondere eine wirtschaftliche Betrachtung vorzunehmen, die eine Umgehung des Gesetzes durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Einziehung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze vermeidet (BGH, Urteil vom 11.12.2013 – IV ZR 46/13 -).
56Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat der Kläger durch den Vertrag vom 29.07.2014 weder das volle Veritätsrisiko, also das Risiko des Bestehens der Forderung, noch das volle Bonitätsrisiko, also das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung hinsichtlich der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht behaupteten Schadensersatzforderungen gegen den Beklagten übernommen.
57In Ziffer 2. des Vertrages heißt es: „Der Käufer (sic) übernimmt keine Garantie für die Werthaltigkeit der verkauften Forderungen. Ferner übernimmt er keine Garantie für die Bonität des Schuldners.“. Ob hier lediglich ein redaktionelles Versehen vorliegt, indem statt „Verkäufer“ das Wort „Käufer“ gewählt wurde, oder ob sich hierdurch der Kläger als Käufer die versteckte Möglichkeit offengehalten hat, den gestundeten Kaufpreis im Falle der Nichtdurchsetzbarkeit der Forderung nicht zu bezahlen, ist unklar. Der Kläger selbst macht dazu jedenfalls keinerlei Ausführungen.
58Entscheidend dafür, dass vorliegend nicht von dem Übergang des vollen Bonitätsrisikos auf den Käufer auszugehen ist, sind aber die Ziffern 3. und 4. des Vertrages. Nach Ziffer 3. des Vertrages wird dem Käufer nachgelassen, den Kaufpreis nach Regulierung der erworbenen Ansprüche, längstens nach Abschluss eines ggf. gegen Herrn Dr.U durchgeführten Rechtsstreits zu zahlen. In Ziffer 4. verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer vollständige Unterstützung für die Durchsetzung der verkauften Forderungen zu geben. Typisch für einen Forderungskauf, bei dem das Bonitätsrisiko sofort in voller Höhe auf den Käufer übergeht, ist aber die beim echten Forderungskauf typische Vorfinanzierung (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 18.09.2013 – 7 U 118/12, dort RZ 32, zitiert nach juris). Soll der Kaufpreis nur aufschiebend bedingt nach Durchsetzung der verkauften Forderung gezahlt werden, spricht dies gegen einen vollständigen Übergang des Bonitätsrisikos auf den Käufer (vgl. OLG Köln, Urteil vom 29.08.2014 – 6 U 13/14 -). Gleiches gilt, wenn die erfolgreiche Geltendmachung der Forderung für den Zedenten von entscheidender wirtschaftlicher Bedeutung ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.10.2012 – IX ZR 324/11 -).
59Sämtliche vorgenannten Kriterien sind hier erfüllt. Außer der Prozessfinanzierung sind dem Kläger bisher keine Kosten entstanden. Insbesondere hat er bis zum heutigen Tag keinen Kaufpreis an den Drittwiderbeklagten gezahlt. Wenn überhaupt, kommt eine Zahlung an den Verkäufer erst nach „Regulierung der erworbenen Ansprüche, längstens nach Abschluss eines ggf. gegen Herrn U durchgeführten Rechtsstreits“ in Betracht. Selbst nach einem rechtskräftigen Abschluss des gegen den Beklagten geführten Rechtsstreits ist eine Zahlung des Kaufpreises aber völlig offen. Denn der Zeuge L1 als Verkäufer hat sich vertraglich verpflichtet, dem Kläger als Käufer „vollständige Unterstützung für die Durchsetzung der verkauften Forderungen“ zu geben. Ob allein dies in Anbetracht des Umstandes, dass der Drittwiderbeklagte der zentrale Zeuge des Klägers ist und damit sozusagen „verantwortlich“ für die Durchsetzbarkeit der gekauften Forderung, dazu führt, dass der Vertrag insgesamt als sittenwidrig zu behandeln ist, bedarf keiner abschließenden Prüfung. Jedenfalls gibt die Regelung unter Ziffer 4 des Vertrages dem Verkäufer die Möglichkeit, für den Fall, dass eine Titulierung der verkauften Forderungen scheitert, die Auszahlung des Kaufpreises unter Hinweis auf eine angebliche nicht vollständige Unterstützung bei der Durchsetzung trotz entsprechender vertraglicher Verpflichtung zu verweigern. Darüber hinaus führt die gewählte Vertragsgestaltung dazu, dass der Drittwiderbeklagte als Zedent an der erfolgreichen Geltendmachung der Forderung ein starkes wirtschaftliches Interesse hat. Durch seine Einbindung als Kronzeuge, der in seiner Funktion als Verkäufer bisher keinerlei Kaufpreis erhalten hat, wird er massiv unter Druck gesetzt und ihm sozusagen die erfolgreiche Durchsetzung der verkauften Schadensersatzansprüche verantwortet. Bei einer derartigen Fallgestaltung kann nach Auffassung der Kammer keine Rede davon sein, dass das volle Bonitätsrisiko hinsichtlich der abgetretenen und behaupteten Schadensersatzansprüche auf den Kläger übergegangen ist. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei dem Vertrag vom 29.07.2014 – dessen Echtheit und Wirksamkeit unterstellt – um den offensichtlichen Versuch des Klägers, die Vorschriften des deutschen Rechtsdienstleistungsgesetzes zu umgehen.
60Damit aber verbleibt es in jedem Falle bei der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers.
616.
62Es kommt nach alledem nicht mehr darauf an, ob eine schlüssige Klage nicht auch daran scheitert, dass es nicht mehr möglich ist, die Akten des Ausgangsverfahrens beizuziehen. Darüber hinaus bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob es für eine ordnungsgemäße Durchführung des Regressprozesses nicht zumindest erforderlich wäre, die gesamten Schriftsätze in italienischer Schrift einschließlich der diesbezüglichen Protokolle der Verhandlungen vor der Internationalen Handelskammer durch einen vereidigten Dolmetscher ins Deutsche zu übersetzen.
63Die Kosten des Rechtsstreits waren dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten aufzuerlegen, § 91 Abs. 1 ZPO. Daran ändert insbesondere nichts die Tatsache, dass der Drittwiderbeklagte die Drittwiderklage anerkannt hat. Der Annahme eines sofortigen Anerkenntnisses steht insoweit bereits entgegen, dass der Drittwiderbeklagte zunächst Abweisung der Drittwiderklage beantragt hat; zum anderen ist § 93 ZPO auf den Fall der Drittwiderklage nicht anwendbar (BGH, Beschluss vom 30.09.2010 – Xa ARZ 2008/10-).
64Im Übrigen beruhen die prozessualen Nebenentscheidungen auf den §§ 708 Nr.11, 709, 711 ZPO.
65Gesamtstreitwert : 815.040,09 € (809.907,48 € + 5132,61 €).
66Streitwert im Verhältnis Kläger – Beklagter : 809.907,48 €
67Streitwert im Verhältnis Drittwiderbeklagter – Beklagter : 5.132,61 €
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Urteil einreichenLandgericht Köln Urteil, 02. Juni 2016 - 22 O 435/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz zur Ausübung eines in § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 genannten oder eines vergleichbaren Berufs rechtmäßig niedergelassen sind, dürfen diesen Beruf in der Bundesrepublik Deutschland mit denselben Rechten und Pflichten wie eine nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 registrierte Person vorübergehend und gelegentlich ausüben (vorübergehende Rechtsdienstleistungen). Wenn weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf im Staat der Niederlassung reglementiert sind, gilt dies nur, wenn die Person oder Gesellschaft den Beruf in den in Satz 1 genannten Staaten während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr ausgeübt hat. Ob Rechtsdienstleistungen vorübergehend und gelegentlich erbracht werden, ist insbesondere anhand ihrer Dauer, Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr und Kontinuität zu beurteilen.
(2) Vorübergehende Rechtsdienstleistungen sind nur zulässig, wenn die Person oder Gesellschaft vor der ersten Erbringung von Dienstleistungen im Inland einer nach § 19 zuständigen Behörde in Textform eine Meldung mit dem Inhalt nach Satz 3 erstattet. Das Meldeverfahren kann auch über eine einheitliche Stelle nach den §§ 71a bis 71e des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden. Die Meldung muss neben den nach § 16 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c im Rechtsdienstleistungsregister öffentlich bekanntzumachenden Angaben enthalten:
- 1.
eine Bescheinigung darüber, dass die Person oder Gesellschaft in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz rechtmäßig zur Ausübung eines der in § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 genannten Berufe oder eines vergleichbaren Berufs niedergelassen ist und dass ihr die Ausübung dieser Tätigkeit zum Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung nicht, auch nicht vorübergehend, untersagt ist, - 2.
einen Nachweis darüber, dass die Person oder Gesellschaft den Beruf in den in Nummer 1 genannten Staaten während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr rechtmäßig ausgeübt hat, wenn der Beruf dort nicht reglementiert ist, - 3.
sofern der Beruf auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt wird, einen Nachweis über das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung nach Absatz 5 oder Angaben dazu, warum der Abschluss einer solchen Versicherung nicht möglich oder unzumutbar ist; anderenfalls eine Erklärung darüber, dass der Beruf ausschließlich aus dem Niederlassungsstaat heraus ausgeübt wird, - 4.
die Angabe der Berufsbezeichnung, unter der die Tätigkeit im Inland zu erbringen ist, und - 5.
eine Einwilligung zur Veröffentlichung von Telefonnummer und E-Mail-Adresse im Rechtsdienstleistungsregister, falls eine solche erteilt werden soll.
(3) Sobald die Meldung nach Absatz 2 vollständig vorliegt, nimmt die zuständige Behörde eine vorübergehende Registrierung oder ihre Verlängerung um ein Jahr vor und veranlasst die öffentliche Bekanntmachung im Rechtsdienstleistungsregister. Das Verfahren ist kostenfrei.
(4) Vorübergehende Rechtsdienstleistungen sind unter der in der Sprache des Niederlassungsstaats für die Tätigkeit bestehenden Berufsbezeichnung zu erbringen. Eine Verwechslung mit den in § 11 Abs. 4 aufgeführten Berufsbezeichnungen muss ausgeschlossen sein.
(5) Vorübergehend registrierte Personen oder Gesellschaften, die ihren Beruf auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausüben, sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus ihrer Berufstätigkeit in Deutschland ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen, die nach Art und Umfang den durch ihre berufliche Tätigkeit entstehenden Risiken angemessen ist. Ist der Person oder Gesellschaft der Abschluss einer solchen Versicherung nicht möglich oder unzumutbar, hat sie ihre Auftraggeberin oder ihren Auftraggeber vor ihrer Beauftragung auf diese Tatsache und deren Folgen in Textform hinzuweisen.
(6) Die zuständige Behörde kann einer vorübergehend registrierten Person oder Gesellschaft die weitere Erbringung von Rechtsdienstleistungen untersagen, wenn aufgrund begründeter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie dauerhaft unqualifizierte Rechtsdienstleistungen zum Nachteil der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs erbringen wird oder wenn sie in erheblichem Maß gegen Berufspflichten verstoßen hat. Die Voraussetzungen nach Satz 1 sind regelmäßig erfüllt, wenn die Person oder Gesellschaft
- 1.
im Staat der Niederlassung nicht mehr rechtmäßig niedergelassen ist oder ihr die Ausübung der Tätigkeit dort untersagt ist, - 2.
in erheblichem Umfang Rechtsdienstleistungen über die eingetragene Befugnis hinaus erbringt, - 3.
beharrlich gegen Darlegungs- und Informationspflichten nach § 13a verstößt, - 4.
nicht über die für die Ausübung der Berufstätigkeit im Inland erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse verfügt, - 5.
beharrlich entgegen Absatz 4 eine unrichtige Berufsbezeichnung führt oder - 6.
beharrlich gegen die Vorgaben des Absatzes 5 über die Berufshaftpflichtversicherung verstößt.
(7) Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die in einem in Absatz 1 Satz 1 genannten Staat zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht (§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3) rechtmäßig niedergelassen sind, dürfen diese Rechtsdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland mit denselben Befugnissen wie eine nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 registrierte Person vorübergehend und gelegentlich ausüben (vorübergehende Rechtsdienstleistungen). Absatz 1 Satz 2 und 3 sowie die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
(2) Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird, einschließlich der auf die Einziehung bezogenen rechtlichen Prüfung und Beratung (Inkassodienstleistung). Abgetretene Forderungen gelten für den bisherigen Gläubiger nicht als fremd.
(3) Rechtsdienstleistung ist nicht:
- 1.
die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten, - 2.
die Tätigkeit von Einigungs- und Schlichtungsstellen, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern, - 3.
die Erörterung der die Beschäftigten berührenden Rechtsfragen mit ihren gewählten Interessenvertretungen, soweit ein Zusammenhang zu den Aufgaben dieser Vertretungen besteht, - 4.
die Mediation und jede vergleichbare Form der alternativen Streitbeilegung, sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift, - 5.
die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien, - 6.
die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes).
Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
(1) Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:
- 1.
Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1), - 2.
Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung, - 3.
Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht; ist das ausländische Recht das Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, darf auch auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums beraten werden.
(2) Die Registrierung erfolgt auf Antrag. Soll die Registrierung nach Absatz 1 Satz 2 für einen Teilbereich erfolgen, ist dieser im Antrag zu bezeichnen.
(3) Die Registrierung kann, wenn dies zum Schutz der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs erforderlich ist, von Bedingungen abhängig gemacht oder mit Auflagen verbunden werden. Auflagen können jederzeit angeordnet oder geändert werden. Ist die Registrierung auf einen Teilbereich beschränkt, muss der Umfang der beruflichen Tätigkeit den Rechtsuchenden gegenüber eindeutig angegeben werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, macht aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag gegenüber dem beklagten Versicherer geltend.
- 2
- Der Versicherungsnehmer S. , der bei der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung unterhielt, unterzeichnete am 7. März 2011 einen "Geld zurück!-Auftrag", der den Verkauf seiner Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Klägerin zum Gegenstand hatte. Die Zielsetzung des "Geld zurück!-Auftrags" ist einleitend wie folgt formuliert: "Ich bin überzeugt davon, dass ich mehr erreiche, wenn ich mich der durch die AG betreuten Anspruchsgemeinschaft anschließe. Deshalb verkaufe ich Ihnen meine Ansprüche aus dem nachstehenden Versicherungsver- trag und beauftrage Sie hiermit, mich in die von Ihnen betreute Anspruchsgemeinschaft aufzunehmen und meine Ansprüche für mich gemäß der umseitigen Bedingungen der Kauf- und Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag (…) durchzusetzen."
- 3
- Der Versicherungsvertrag sollte laut Auftrag sofort durch die Klägerin gekündigt, später der Rückkaufswert abzüglich einer Kündigungs- gebühr von 87,50 € an den Versicherungsnehmer überwiesen werden. Weiter wurde vereinbart, dass der Versicherungsnehmer 50% aller künftigen Erstattungen von der Klägerin erhalten solle und er sich dafür "einmalig mit 300 Euro" an den Kosten der Klägerin beteilige. In den im "Geld zurück!-Auftrag" in Bezug genommenen "Bedingungen der Kaufund Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag" (im Folgenden: AGB) ist unter § 2 u.a. Folgendes geregelt: "2) Der Verkäufer tritt mit Wirkung zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung alle seine Rechte und Ansprüche aus dem vorderseitig genannten Vertrag vollumfänglich und unwiderruflich an die Käuferin ab, insbesondere die Ansprüche auf Auszahlung des Guthabens einschließlich Gewinnbeteiligung und dynamischen Zuwachs, sowie einschließlich des Rechtes zur Kündigung des Vertrages. Die Käuferin nimmt diese Abtretung an. (…)
5) Die Käuferin beauftragt ggf. einen Rechtsanwalt mit der Anfechtung des Vertrages und dem Ziel, möglichst alle eingezahlten Beiträge von der Gesellschaft erstattet zu bekommen. Die rechtliche Auseinandersetzung wird nach Wahl der Käuferin im eigenen Namen oder im Namen des Verkäufers erfolgen, wobei sich die Käuferin im Innenverhältnis verpflichtet, den Verkäufer von allen Kosten freizuhalten. Ausnahme sind die für die Kündigung angefallenen Kosten. …"
- 4
- In § 3 der AGB heißt es unter der Überschrift "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit" : "1) Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand nach § 1 (noch laufender Vertrag) richtet sich nach dem von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Netto-Auszahlungsbetrags nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren. Über diesen Betrag holt die Käuferin bzw. der beauftragte Rechtsanwalt eine Bestätigung der Gesellschaft ein. Der Kaufpreis erhöht sich noch um den jeweils vereinbarten Anteil an den zusätzlich zu erreichenden künftigen Erstattungen gemäß Nr. 2.
2) Der Kaufpreis für Ansprüche aus bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen beträgt je nach Vereinbarung 25-75% der noch zu erreichenden Erstattungen. Die Kaufpreiszahlung ist aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten. Die Vereinbarungen gemäß Nr. 4 gelten sinngemäß.
3) (…)
4) Der Kaufpreis gem. Abs. 1 ist auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das umseitig genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm vorderseitig benanntes Konto eines Dritten zu überweisen. (…)"
- 5
- Zeitgleich unterzeichnete der Versicherungsnehmer außerdem eine "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige", mit der er gegenüber der Beklagten den "Widerspruch, den Widerruf bzw. die Anfechtung" des Versicherungsvertrages erklärte und die Abtretung sämtlicher bestehenden und sich zukünftig ergebenden Rechte und Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag an die Klägerin anzeigte. Eine Kopie übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 9. März 2011 an die Beklagte mit der Aufforderung, den Rückkaufswert zu bestätigen. Mit Schreiben vom 10. März 2011 bat die Klägerin unter Vorlage des Originals der "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige" um vollständige Erstattung sämtlicher vom Versicherungsnehmer gezahlten Beiträge zuzüglich einer Verzinsung von 7% auf ihr Konto. Hilfsweise kündigte sie den Versicherungsvertrag. Daraufhin teilte die Beklagte mit, dass sie die Abtretung und Kündigung nicht anerkenne.
- 6
- Im Wege der Stufenklage verlangt die Klägerin Auskunft über den Rückkaufswert und dessen Auszahlung. Sie ist der Auffassung, die Rechte des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag im Wege eines echten Forderungskaufs wirksam erworben zu haben. Demgegenüber hält die Beklagte den "Geld zurück!-Auftrag" und die darin vereinbarte Abtretung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) für nichtig.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Auf die Kauf- und Abtretungsvereinbarung finde das RDG Anwendung. Insbesondere sei dessen räumlicher Anwendungsbereich eröffnet, obwohl der Sitz der Klägerin in der Schweiz liege. Die Aktivitäten der Klägerin seien auf Deutschland ausgerichtet und entfalteten hier unmittelbare Wirkungen. Außerdem sei in § 5 AGB die Anwendung deutschen Rechts vereinbart.
- 10
- Der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Versicherungsnehmer habe eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG zum Gegenstand. Die Abtretung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag sei zum Zwecke der Forderungseinziehung auf fremde Rechnung erfolgt. Um einen echten Forderungskauf, der nach der Gesetzesbegründung vom Anwendungsbereich des RDG ausgenommen sei, handele es sich nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien die entscheidenden Kriterien für das echte Factoring zum einen die Vorfinanzierung und zum anderen die Übernahme des Delkredererisikos durch den Käufer. Hier fehle es bereits an der Vorfinanzierung , weil der Verkäufer nach § 3 Abs. 1 und 4 der AGB den Kaufpreis erst und nur dann erhalte, wenn der Versicherer den Nettoauszahlungsbetrag auf das Fremdgeldkonto eingezahlt habe und das Geld dort eingegangen sei. Daher trage der Versicherungsnehmer auch das Bonitätsrisiko. Er beteilige sich mit 300 € erfolgsunabhängig an den Kosten der Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche, so dass bei deren Einziehung seine wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stünden.
- 11
- Diese Dienstleistung werde von der Klägerin als eigenständiges Geschäft i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben, da nach dem eige- nen Vortrag der Klägerin ihr Geschäftsmodell gerade der Aufkauf von Forderungen aus Versicherungsverträgen sei.
- 12
- II. Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag nicht zu, weil deren Abtretung wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig ist.
- 13
- 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Anwendbarkeit des RDG ausgegangen. Der Sitz der Klägerin in der Schweiz steht dem nicht entgegen. Zur Frage des räumlichen Anwendungsbereiches des früheren Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) hat der Bundesgerichtshof bereits klargestellt, dass der Sitz der Niederlassung des Rechtsbesorgers wegen der Umgehungsgefahr kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit war (Urteil vom 5. Oktober 2006 - I ZR 7/04, WM 2007, 231 Rn. 24 m.w.N.). Nicht qualifizierte Rechtsbesorger hätten sich andernfalls den Anforderungen des RBerG durch die bloße Verlegung ihrer Niederlassung in das Ausland entziehen können, um von dort aus rechtsberatende Tätigkeiten in Deutschland vorzunehmen und zwar nicht nur in grenznahen Gebieten, sondern auch unter Nutzung der modernen Kommunikationsmittel im gesamten Geltungsbereich des Gesetzes (aaO). Entscheidend war - mangels Anhaltspunkten im Wortlaut des Gesetzes - der verfolgte Schutzzweck des RBerG. Dieser lag in dem Schutz des Rechtssuchenden vor fachlich ungeeigneten und unzuverlässigen Personen und dem Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege (aaO Rn. 22; BVerfG, NJW 2002, 1190 unter 1 m.w.N.).
- 14
- Diese Erwägungen gelten auch für den räumlichen Anwendungsbereich des RDG (Dreyer/Müller in Dreyer/Lamm/Müller, RDG § 1 Rn. 5 ff.; Mankowski, ZErb 2007, 406, 409; Knöfel, AnwBl. 2007, 264). Trotz inhaltlich und strukturell grundlegender Neugestaltung des RDG gegenüber dem RBerG (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 1) ist die Zielrichtung beider Gesetze vergleichbar; auch das RDG dient dazu, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG, dazu auch BT-Drucks. 16/3655, S. 45). Dieser Schutzzweck ist hier betroffen , da der Versicherungsnehmer als Auftraggeber und die Beklagte als Adressatin der von der Klägerin verfassten Schreiben im Inland ansässig sind.
- 15
- 2. Gegenstand des "Geld zurück!-Auftrags" ist eine Rechtsdienstleistung i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG. Hiernach ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, die als eigenständiges Geschäft betrieben wird, eine Rechtsdienstleistung und damit nach § 3 RDG erlaubnispflichtig.
- 16
- a) Der "Geld zurück!-Auftrag" hat eine Forderungseinziehung auf fremde Rechnung zum Gegenstand.
- 17
- aa) Die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung (Inkassozession) soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 30. November 2006 unter Erlaubnisvorbehalt stehen, weil hier nur die formale Forderungsinhaberschaft auf den Einziehenden übertragen wird, die Einziehung aber weiterhin auf Risiko und Rechnung des Zedenten erfolgt und die Forderung für den Zessionar wirtschaftlich fremd bleibt (BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48). Sie ist von den Fällen des Forderungskaufs abzugrenzen, "bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht" (aaO S. 48), so dass die Einziehung auf eigene Rechnung erfolgt.
- 18
- Für diese Abgrenzung kommt es darauf an, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zukommen soll (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 13 und Beschluss vom 11. Juli 2013 - II ZR 245/11, WM 2013, 1549 Rn. 3; zu Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG: Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 17; so auch die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG: BT-Drucks. 16/3655, S. 48 f.). Hierbei ist nicht allein auf den Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten ihr zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die eine Umgehung des Gesetzes durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Einziehung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze vermeidet (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 aaO; zu Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG: Urteile vom 23. Januar 1980 - VIII ZR 91/79, BGHZ 76, 119, 125 f.; vom 4. April 2006 - VI ZR 338/04, NJW 2006, 1726 Rn. 8 m.w.N.). Entscheidend ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, d.h. das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung, übernimmt (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 aaO Rn. 14 m.w.N.; BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48 f.; ebenso: LG Aachen, Urteil vom 27. April 2012 - 9 O 626/10, BeckRS 2013, 06585 unter II 1 a aa).
- 19
- bb) Die Auslegung des "Geld zurück!-Auftrags" und der einbezogenen AGB ergibt, dass dem Versicherungsnehmer das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung zugutekommen und - von Rechtsverfolgungs- kosten abgesehen - er allein das Risiko des Forderungsausfalls tragen soll.
- 20
- (1) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der von der Klägerin verwendeten AGB ist uneingeschränkt revisionsrechtlich überprüfbar, weil diese Bedingungen zur bundesweiten Verwendung in einer Vielzahl von Fällen bestimmt sind und damit über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgehende Bedeutung für zahlreiche Vertragsbeziehungen haben (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 2007 - III ZR 159/06, NJW 2007, 1581 Rn. 15; vom 23. November 2005 - VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr., BGH, Urteile vom 29. Mai 2009 - V ZR 201/08, NJW-RR 2010, 63 Rn. 10; vom 23. November 2005 aaO, jeweils m.w.N.).
- 21
- (2) Das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung bleibt beim Versicherungsnehmer. Dies folgt aus der Vereinbarung zur Fälligkeit des "Kaufpreises" , der sich zunächst nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB nach dem Rückkaufswert richtet und nach Satz 3 um den vereinbarten Anteil an den "künftigen Erstattungen" erhöht. Dass die Erhöhung des Kaufpreises nach Satz 3 nicht vor einer erfolgreichen Beitreibung beim Versicherer fällig wird, ergibt sich bereits aus der Bezeichnung als "künftige Erstattungen". Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin verwendeten AGB im Übrigen zu Recht dahin ausgelegt, dass auch hinsichtlich des Kaufpreises i.S. von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB die Fälligkeit erst nach der Auszahlung durch den Versicherer eintritt.
- 22
- (a) Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - III ZR 159/06, NJW 2007, 1581 Rn. 16; Palandt/Grüneberg,BGB 72. Aufl. § 271 Rn. 1). Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien. Haben diese eine Zeit bestimmt, ist gemäß § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner sie aber vorher bewirken kann. Das bedeutet, dass die Forderung zwar erfüllbar, jedoch noch nicht fällig ist (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 aaO Rn. 17).
- 23
- (b) Der Kaufpreis ist im Vertrag noch nicht von vornherein festgelegt , sondern richtet sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB nach dem vom Versicherer "zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden NettoAuszahlungsbetrag" , über den nach Satz 2 eine Bestätigung des Versicherers einzuholen ist. Bereits Satz 1, der die Kaufpreishöhe von dem zur Auszahlung kommenden Betrag abhängig macht, deutet darauf hin, dass die Kaufpreisfälligkeit nicht vor dieser Auszahlung eintreten soll. Auch aus Satz 2 ergibt sich nicht, dass der Kaufpreis bereits mit Eingang der Bestätigung beim Käufer fällig ist. Die Bestätigung kann auch die Funktion haben, die Parteien der Vereinbarung über die Höhe des Kaufpreises zu informieren. Für ein solches Verständnis und gegen eine Auslegung als Fälligkeitsregelung spricht, dass die Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 nur die Höhe des Kaufpreises betreffen. Zudem lässt die Überschrift des § 3 "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit" eine gesonderte und eindeutige Fälligkeitsregelung erwarten. Eine solche findet sich in § 3 Abs. 4 Satz 1 AGB. Hiernach wird der Kaufpreis auf ein Fremdgeldkonto eingezogen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang an den Versicherungsnehmer überwiesen. Diese Fristbestimmung ist nach der Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB dahingehend zu verstehen, dass der Kaufpreis erst 10 Banktage nach Eingang der Zahlung auf dem Fremdgeldkonto fällig wird. Für die klägerische Interpretation, § 3 Abs. 4 AGB gelte nur für"Sonderfälle" treuhänderischer Abwicklung, in denen Versicherungsnehmer eine Auszahlung des Kaufpreises an verschiedene Zahlungsempfänger wünschten , findet sich weder im "Geld zurück!-Auftrag" noch in den AGB ein Anhaltspunkt.
- 24
- Auch die Verwendung des Begriffs "Fremdgeldkonto" in § 3 Abs.4 AGB spricht dafür, dass der Rückkaufswert nach Auszahlung durch den Versicherer wirtschaftlich dem Versicherungsnehmer zugeordnet wird, der Kaufpreis vor dieser Auszahlung nicht an den Versicherungsnehmer auszukehren ist. Der Begriff lässt sich nur dahin verstehen, dass es sich um ein von der Klägerin für Rechnung der Versicherungsnehmer verwaltetes Konto handelt. Soweit die Klägerin den Begriff "Fremdgeldkonto" damit zu erläutern versucht, es sei ein Konto der von der Klägerin beauftragten Rechtsanwälte gemeint, findet dies im Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Klausel keine Stütze. Vielmehr ist von dem "Fremdgeldkonto" in den AGB ausschließlich im Zusammenhang mit der Auszahlung des Kaufpreises an den Versicherungsnehmer die Rede; ein Einzug des Kaufpreises durch von der Klägerin beauftragte Rechtsanwälte ist in § 3 AGB nicht erwähnt.
- 25
- Ein anderes Verständnis folgt auch nicht aus einem Umkehrschluss aus § 3 Abs. 2 Satz 2 AGB. Hiernach ist bei bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen die Kaufpreiszahlung "aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten". Zwar fehlt eine entsprechende Regelung für noch laufende Versicherungsverträge. Der Sinn und Zweck einer besonderen Regelung zur Höhe und zur "Zahlbarkeit" des Kaufpreises bei bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen ergibt sich aber daraus, dass die Höhe des Kaufpreises für die Parteien erst mit Auszahlung der weiteren Erstattungen durch den Versicherer feststeht, schon die Entstehung des Kaufpreisanspruchs also unter der aufschiebenden Bedingung der erfolgreichen Beitreibung steht. Für die Fälligkeit gilt aufgrund der Verweisung in Satz 3 ebenfalls die Frist von 10 Banktagen nach Eingang auf dem Fremdgeldkonto. Demgegenüber steht bei noch laufenden Verträgen bereits mit der Bestätigung des Versicherers der Kaufpreisteilanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB der Höhe nach fest und ist damit entstanden - wenn auch noch nicht fällig.
- 26
- (c) Die erstmalig in der Revisionsbegründung vorgetragene Behauptung , die Parteien des "Geld zurück!-Auftrags" hätten diesem übereinstimmend ein von dem objektiven Inhalt abweichendes Verständnis zugrunde gelegt, ist bereits deshalb unbeachtlich, weil nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen unterliegt, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Unbeachtlich ist daher auch die mit der Revisionsbegründung erstmals vorgelegte, vom Versicherungsnehmer unterzeichnete "Auslegungs- und Änderungsvereinbarung". Die diesbezügliche Verfahrensrüge der Revision hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
- 27
- (d) Nach allem hat die Klägerin das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung nicht übernommen. Ob, wann und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer den "Kaufpreis" i.S. von § 3 Abs. 1 AGB erhält, ist vom Verlauf der Auseinandersetzung mit dem Versicherer abhängig. Die Klägerin trägt allein das Risiko vergeblicher Aufwendung von Prozesskosten , soweit diese die vom Versicherungsnehmer zu tragende Kostenpauschale übersteigen.
- 28
- (3) Wirtschaftlich steht daher bei Abschluss des "Geld zurück!- Auftrags" nicht das Interesse des Versicherungsnehmers an einer Übertragung des Ausfallrisikos auf die Klägerin im Vordergrund. Die Klägerin übernimmt lediglich die für die Beitreibung erforderlichen Dienstleistungen und stellt dem Versicherungsnehmer daneben die mit einer Bündelung von Interessen möglicherweise verbundenen Vorteile für die Durchsetzung seiner Forderungen in Aussicht. Dieser Zweck ist auf dem Formular des "Geld zurück!-Auftrags" einleitend deutlich formuliert. Der Versicherungsnehmer ist auch nach der Abtretung an dem Bestand und der Durchsetzbarkeit der zedierten Forderungen interessiert, während die Klägerin kein nennenswertes Risiko eingeht. Dementsprechend hält sie sich nach § 2 Abs. 5 Satz 2 AGB die Möglichkeit offen, die rechtliche Auseinandersetzung mit dem Versicherer im Namen des Versicherungsnehmers zu führen. Die Einziehung erfolgt auch nicht deshalb auf eigene Rechnung, weil die Klägerin nach dem "Geld zurück!-Auftrag" an den künftigen Erstattungen partizipieren soll. Diese Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit ändert nichts an dem Fremdcharakter des Geschäfts (BGH Urteile vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 19; vom 25. November 2008 - XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 20; vom 5. November 2004 - BLw 11/04, WM 2005, 102 unter III 2 a).
- 29
- b) Die Einziehung wird von der Klägerin auch als eigenständiges Geschäft i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben. Ein solches liegt vor, wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 aaO Rn. 21 m.w.N.; BT-Drucks. 16/3655, S. 49). Die Einziehung von Forderungen aus Versicherungsverträgen bildet das Hauptgeschäft der Klägerin, die sich als "LV-Doktor" bezeichnet. Das Berufungsgericht hat dazu - von der Revision unangegriffen - festgestellt, es handele sich dabei um das Geschäftsmodell der Klägerin.
- 30
- Damit ist zugleich festgestellt, dass die Inkassotätigkeit der Klägerin keine bloße Nebenleistung im Sinne von § 5 RDG darstellt. Zwarsind hiernach Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Wird die Inkassodienstleistung als eigenständiges Geschäft betrieben, erübrigt sich aber die Prüfung, ob die Einziehung als Nebenleistung nach § 5 RDG zulässig ist (BT-Drucks. 16/3655, S. 49; Krenzler/Offermann-Burckart, RDG § 2 Rn. 127).
- 31
- 3. Da eine Erlaubnisfreiheit nach §§ 5 bis 8 RDG nicht in Betracht kommt und die Klägerin nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt, ist die Abtretung der Klageforderung wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 i.V.m. § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig. Die Nichtigkeit erfasst sowohl schuldrechtliche als auch Verfügungsverträge wie die Forderungsabtretung, wenn diese auf eine nicht erlaubte Rechtsdienstleistung zielen (BGH, Urteile vom 5. März 2013 - VI ZR 245/11, VersR 2013, 730 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 34-36 m.w.N.).
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 24.02.2011 - 11 O 8489/11 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 20.12.2012- 8 U 607/12 -
(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
(2) Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird, einschließlich der auf die Einziehung bezogenen rechtlichen Prüfung und Beratung (Inkassodienstleistung). Abgetretene Forderungen gelten für den bisherigen Gläubiger nicht als fremd.
(3) Rechtsdienstleistung ist nicht:
- 1.
die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten, - 2.
die Tätigkeit von Einigungs- und Schlichtungsstellen, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern, - 3.
die Erörterung der die Beschäftigten berührenden Rechtsfragen mit ihren gewählten Interessenvertretungen, soweit ein Zusammenhang zu den Aufgaben dieser Vertretungen besteht, - 4.
die Mediation und jede vergleichbare Form der alternativen Streitbeilegung, sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift, - 5.
die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien, - 6.
die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes).
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.12.2013 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 68/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leisten. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich des Unterlassungsanspruchs 200.000,00 € und im übrigen für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die Kläger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin, eine in Köln niedergelassene und bundesweit tätige Rechtsanwälte-Partnergesellschaft, nimmt die in der Schweiz ansässige Beklagte nach erfolgloser Abmahnung auf Unterlassung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) in Anspruch.
4Die Beklagte befasst sich mit der Geltendmachung von Ansprüchen aus gekündigten Lebens- bzw. Rentenversicherungsverträgen. Sie verfügt nicht über eine Registrierung nach § 10 RDG. Potentielle Kunden der Beklagten sind Inhaber von Versicherungsverträgen, die an diesen nicht mehr festhalten wollen oder diese bereits gekündigt haben. Die Beklagte bietet solchen Versicherungsnehmern zwei Geschäftsmodelle an: zum einen eine sog. Kauf- und Abtretungsvereinbarung, bei der die Rechte des Kunden aus dem jeweiligen Versicherungsvertrag an sie abgetreten werden, zum anderen einen sog. Prozessbetreuungsvertrag, bei dem sie die Ansprüche des Kunden in dessen Namen durchsetzen soll und die Finanzierung der Prozesskosten üblicherweise durch eine Rechtsschutzversicherung des Kunden erfolgt. Beiden Geschäftsmodellen liegen Vertragsbedingungen zugrunde, die im Laufe der Tätigkeit der Beklagten wiederholt geändert worden sind, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob und in welchem Umfang diese Vertragsbedingungen in ihren jeweiligen Fassungen heute noch Verwendung finden.
5Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte mit ihren Geschäftsmodellen gegen das RDG verstoße, unabhängig davon, welche Generation von Geschäftsunterlagen verwendet werde. Mit dem einen Modell erbringe die Beklagte unzulässig Inkassodienstleistungen i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG, mit dem anderen Modell unzulässig außergerichtliche Rechtsdienstleistungen in konkreten fremden Angelegenheiten i.S.d. Generaltatbestandes des § 2 Abs. 1 RDG.
6Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, es der Beklagten bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu untersagen, sich - solange sie nicht im Rechtsdienstleistungsregister registriert ist - geschäftsmäßig Rechte aus Versicherungsverträgen mit dem Zweck abtreten zu lassen, diese nach rechtlicher Prüfung, soweit noch nicht geschehen, zu kündigen und auf Rechnung der Zedenten die auf die jeweiligen Verträge gezahlten Beiträge vom Versicherer außergerichtlich zurückzuverlangen und einzuziehen, und/oder Versicherungsnehmer geschäftsmäßig aufzufordern, Versicherungsverträge samt Korrespondenz mit den betreffenden Versicherer einzureichen und eine entgeltliche rechtliche Prüfung hinsichtlich der Erfolgsaussichten einer vollständigen oder teilweisen Beitragsrückforderung vorzunehmen, jeweils unter Bezugnahme auf konkrete Verletzungsformen; ferner hat die Klägerin Abmahnkosten i.H.v. 2.380,80 € geltend gemacht.
7Die Beklagte hat in erster Instanz Abweisung der Klage beantragt und eingewandt, dass die von ihr entwickelten Geschäftsmodelle nicht gegen das RDG verstießen. Beim Prozessbetreuungsvertrag leiste sie keinerlei Rechtsberatung. Sie nehme keine rechtliche Prüfung im Einzelfall vor. Im Prozess trete der Kunde im eigenen Namen auf. Sie vermittle dem Kunden lediglich einen unabhängigen Rechtsanwalt, der die eigentliche rechtliche Prüfung vornehme, und erhalte dafür eine Erfolgsbeteiligung. Auch bei der Kauf- und Abtretungsvereinbarung liege keine erlaubnispflichtige Tätigkeit vor. Sie betreibe keinen Forderungseinzug auf fremde Rechnung. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG sei nicht einschlägig, da die Forderung nicht fremd sei oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetreten worden sei. Ihre Tätigkeit sei auch nicht gemäß § 2 Abs. 1 RDG erlaubnispflichtig. Weder besorge sie fremde Rechtsangelegenheiten – der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liege im wirtschaftlichen Bereich –, noch nehme sie eine rechtliche Prüfung im Einzelfall vor. Die Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Klage wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig sei. Die Klägerin habe die Klage nicht im eigenen Interesse, sondern ausschließlich im Interesse ihrer Mandanten aus dem Bereich der Versicherungsunternehmen eingereicht. Auch fehle es an der Klagebefugnis, da die Klägerin – bei unterstelltem Verstoß gegen das RDG – kein Mitbewerber sei. Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klägerin habe bereits seit dem Jahr 2010 Kenntnis von ihrer, der Beklagten, Tätigkeit.
8Das Landgericht Köln ist der Argumentation der Beklagten nicht gefolgt und hat der Klage mit Urteil vom 10.12.2013 stattgegeben.
9Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Die Beklagte macht nunmehr in erster Linie geltend, dass das RDG bzw. seine Anwendung durch das Landgericht verfassungswidrig sei. Vor dem Hintergrund der im Zivilrecht geltenden Vertragsfreiheit und Privatautonomie seien die vorliegenden Vertragsmodelle so auszulegen, dass eine wirksame Vereinbarung angenommen werden könne. Hinsichtlich des Prozessbetreuungsvertrages sei die vom Landgericht unter Berufung auf den Bundesgerichtshof herangezogene „Vertretertheorie“, nach der ein Auftrag zu einer Rechtsdienstleistung nur von dem Vertretenen und nicht durch zwischengeschaltete Vertreter erteilt werden dürfen, mit dem Gebot der verfassungskonformen Auslegung des RDG nicht zu vereinbaren. Die Subunternehmertätigkeit von Rechtsanwälten sei schon immer alltägliche Praxis gewesen. Allein der Umstand, dass das Angebot einer Rechtsdienstleistung Hauptzweck des Unternehmens sei, rechtfertige am Maßstab der Ziele des RDG keine andere Betrachtungsweise. Die Annahme des Vorbehalts auch für diese Fälle greife unverhältnismäßig in die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer sowie in ihre, der Beklagten, Berufsfreiheit ein. Im Übrigen verstoße der Prozessbetreuungsvertrag schon deshalb nicht gegen das RDG, weil sie selbst keine eigenen Rechtsdienstleistungen erbringe; sie vermittele lediglich aus ihrem Pool einen spezialisierten Rechtsanwalt, überwache das gesamte Verfahren und stelle Informationen aus der Vielzahl der von ihr betreuten Verfahren bereit. Die Kauf- und Abtretungsvereinbarung sei keine Inkassodienstleistung, weil das wirtschaftliche Risiko auf sie übergegangen sei. Auch das Gebot einer verfassungskonformen Auslegung spreche gegen eine Erlaubnispflichtigkeit nach dem RDG. Ein Eingriff in Art. 2, 12 GG sei nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig, dem das Landgericht nicht Rechnung getragen habe. Das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass es hier nicht um das Gemeinwohl gehe, sondern um den Schutz der Versicherungswirtschaft. Da eine gerichtliche Geltendmachung der Forderungen durch unabhängige Rechtsanwälte vorgenommen werde, sei die mit dem RDG angestrebte Qualität der Rechtsdienstleistungen gewährleistet. Ein Verbot würde auch die Versicherungsnehmer unverhältnismäßig belasten, die dann gezwungen wären, sich einen teuren Rechtsanwalt zu suchen.
10Die Beklagte beantragt,
11das Urteil des LG Köln vom 05.11.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
12Die Klägerin beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO, sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
16II.
17Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung stattgegeben.
181. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt aus § 8 Abs. 1 UWG. Danach kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
19Aus der Berufungsbegründung folgt, dass die Unterlassungsverpflichtung betreffend den Prozessbetreuungsvertrag „Prüfauftrag Easypaket“ Stand 10.03.2008 (Anlage K 23, Bl. 202 f. GA) in zweiter Instanz nicht mehr in Streit steht. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 08.08.2014 bestätigt, dass die erstinstanzliche Entscheidung insoweit nicht angegriffen und das Rechtsmittel auf die Kauf- und Abtretungsvereinbarungen „AV 4 2011“ mit AGB 2011 (Anlagen K2, K5, Bl. 26, 35 GA) und die Kauf- und Abtretungsvereinbarungen „AV 4 2012“ mit AGB 2012 (Anlage B3, Bl. 131, 132 GA) sowie die Prozessbetreuungsverträge „Prüfauftrag Ökopaket“ Stand 24.09.2007 und 10.03.2008 (Anlage K 24, Bl. 204 – 207 GA), „Prüfauftrag Rechtssschutzpaket“ Stand 10.03.2008 (Anlagen K10, K9, Bl. 42, 41 GA), „MRS 2011“ mit AGB 2011 (Anlage B5, Bl. 255, 256 GA) und „MRS 2012“ mit AGB 2012 (Anlage B2, Bl. 129, 130 GA) begrenzt ist.
20a) Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie unlauter und zudem geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Unlauter handelt insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer des Marktverhalten zu regeln, § 4 Nr. 11 UWG.
21Die Beklagte hat hier mit beiden streitgegenständlichen Geschäftsmodellen nach dem RDG unerlaubte Rechtsdienstleistungen erbracht, damit gegen Marktverhaltensregeln verstoßen und die Interessen der Klägerin spürbar beeinträchtigt.
22Das RDG ist unabhängig davon, dass die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz hat, anwendbar. Dies ist für die Tätigkeit speziell der Beklagten vom Bundesgerichtshof geklärt (BGH VersR 2014, 183, juris-Tz. 13) und wird mit der Berufung auch nicht mehr in Frage gestellt. Die Auftraggeber der Beklagten und die Versicherer sind im Inland ansässig, so dass der Schutzzweck des RDG berührt ist. Einwendungen gegen die Aktivlegitimation werden von der Beklagten in zweiter Instanz ebenfalls nicht mehr erhoben. Die aus einem Zusammenschluss von Rechtsanwälten bestehende Klägerin ist auf dem Gebiet der Rechtsberatung im Verhältnis zur Beklagten Mitbewerberin i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG und damit unproblematisch klagebefugt (vgl. Henssler/Prütting-Weth, Kommentar zur BRAO, 4. Aufl., § 3 RDG Rn. 16). Die Beklagte beruft sich schließlich auch nicht mehr darauf, dass die Klage wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig sei.
23§ 3 RDG, wonach die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig ist, in dem sie durch das RDG oder andere Gesetze erlaubt wird, ist vor dem Hintergrund des in § 1 Abs. 1 Satz 1 RDG formulierten Zwecks, Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, eine Marktverhaltensregelung. Verstöße gegen das RDG stellen ein unlauteres Verhalten i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar. Allein schon im Hinblick auf den Rang der verletzten Interessen sowie wegen der Nachahmungsgefahr beeinträchtigt ein solches Verhalten regelmäßig spürbar die Interessen der Marktteilnehmer i.S.d § 3 Abs. 1 UWG und ist daher unzulässig (s. Köhler/Bornkamm-Köhler, Kommentar zum UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 11.63, m.w.N. aus der BGH-Rechtsprechung).
24Die Beklagte, die keine registrierte Person nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 12 RDG ist, hat selbstständig außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbracht, zum einen in Form des unzulässigen Forderungseinzugs auf fremde Rechnung, zum anderen in Form der entgeltlichen Rechtsprüfung.
25aa) Beide Verträge zu dem Geschäftsmodell Kauf- und Abtretungsvereinbarung, die mit Ziff. 1a) des Tenores der angefochtenen Entscheidung erfasst werden, beginnen jeweils mit der Einleitung:
26"Ich bin überzeugt davon, dass ich mehr erreiche, wenn ich mich der durch die Q AG* betreuten Anspruchsgemeinschaft anschließe. Deshalb verkaufe ich Ihnen meine Ansprüche aus dem nachstehenden Versicherungsvertrag und beauftrage Sie hiermit, mich in die von Ihnen betreute Anspruchsgemeinschaft aufzunehmen und meine Ansprüche für mich gemäß der umseitigen Bedingungen der Kauf- und Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag (Stand 01/2011) durchzusetzen."
27Die AGB sowohl zum Vertrag Stand 20.01.201 als auch zum Vertrag Stand 13.02.2012 2011lauten unter „§ 2 Abtretung, Vollmacht“:
28„… 2) Der Verkäufer tritt mit Wirkung zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung alle seine Rechte und Ansprüche aus dem vorderseitig genannten Vertrag vollumfänglich und unwiderruflich an die Käuferin ab ...
295) Die Käuferin beauftragt ggf. einen Rechtsanwalt mit der Anfechtung des Vertrages und dem Ziel, möglichst alle eingezahlten Beiträge von der Gesellschaft erstattet zu bekommen. Die rechtliche Auseinandersetzung wird nach Wahl der Käuferin im eigenen Namen oder im Namen des Verkäufers erfolgen, wobei sich die Käuferin im Innenverhältnis verpflichtet, den Verkäufer von allen Kosten freizuhalten. Ausnahme sind die für die Kündigung angefallenen Kosten. ...“
30(1) Dass die Kauf- und Abtretungsvereinbarung, wie sie die Beklagte im Jahr 2011 verwendet hat – „Geld zurück! – Auftrag“ AV 4 2011 mit AGB 2011 – eine Inkassodienstleistung i.S.d § 2 Abs. 2 RGD darstellt, hat der Bundesgerichtshof inzwischen im Nachgang zu der vom Landgericht Köln im angefochtenen Urteil umfassend zitierten Entscheidung des OLG Nürnberg bestätigt (BGH VersR 2014, 183, Urteil v. 11.12.2013, IV ZR 46/13). Am 11.12.2013 sind zwei weitere, im Wesentlichen gleichlautende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergangen (BGH IV ZR 136/13, bei juris; BGH IV ZR 131/13), wobei diese nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten die Vertragsgeneration 2010 mit den AGB Stand 11/2009 betreffen.
31Es besteht keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen.
32Der Argumentation der Beklagten, die Kauf- und Abtretungsvereinbarung sei entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs keine Inkassodienstleistung, auch wenn der Zedent/Verkäufer den Kaufpreis nicht bereits mit Kauf-/Abtretungsvertragsabschluss erhalte, da die Kaufpreiszahlung allein von der Versicherungsbestätigung als einer reinen Routineangelegenheit abhinge und sie das volle Durchsetzungsrisiko einschließlich der Kosten übernommen habe, kann nicht beigetreten werden. Für die Abgrenzung einer nach dem RDG unter Erlaubnisvorbehalt stehenden Inkassodienstleistungen zum erlaubnisfreien Forderungskauf ist darauf abzustellen, ob nach den Gesamtumständen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser das volle wirtschaftliche Risiko ihrer Beitreibung übernimmt. Hiervon geht auch die Beklagte aus. Dass bei der streitgegenständlichen Vertragsgestaltung aus dem Jahr 2011 – d.h. der als Anlage K2/K5 eingeblendeten konkreten Verletzungsform – das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung beim Versicherungsnehmer nicht vollständig auf die Beklagte übergegangen ist, hat der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 11.12.2013 umfassend dargelegt (BGH VersR 2014, 183, juris-Tz. 21 ff.; BGH IV ZR 136/13, bei juris, juris-Tz. 19 ff.). Er hat dabei auf § 3 der AGB 2011 abgestellt
33„§ 3 Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit
341) Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand nach § 1 (noch laufender Vertrag) richtet sich nach dem von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Netto-Auszahlungsbetrags nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren. Über diesen Betrag holt die Käuferin bzw. der beauftragte Rechtsanwalt eine Bestätigung der Gesellschaft ein. Der Kaufpreis erhöht sich noch um den jeweils vereinbarten Anteil an den zusätzlich zu erreichenden künftigen Erstattungen gemäß Nr. 2.
352) Der Kaufpreis für Ansprüche aus bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen beträgt je nach Vereinbarung 25-75% der noch zu erreichenden Erstattungen. Die Kaufpreiszahlung ist aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten. Die Vereinbarungen gemäß Nr. 4 gelten sinngemäß.
363) ...
374) Der Kaufpreis gem. Abs. 1 ist auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das umseitig genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm vorderseitig benanntes Konto eines Dritten zu überweisen. ...“
38und hierzu ausgeführt, aus der Vereinbarung zur Fälligkeit des „Kaufpreises“, der sich zunächst nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB nach dem Rückkaufswert richte und nach Satz 3 um den vereinbarten Anteil an den „künftigen Erstattungen“ erhöhe, folge, dass das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung beim Versicherungsnehmer bleibe. Die Erhöhung des Kaufpreises nach Satz 3 werde nicht vor einer erfolgreichen Beitreibung beim Versicherer fällig, wie sich bereits aus der Bezeichnung als „künftige Erstattungen“ ergebe. Auch hinsichtlich des Kaufpreises i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB trete die Fälligkeit erst nach der Auszahlung durch den Versicherer ein. Aus Satz 2 ergebe sich nicht, dass der Kaufpreis bereits mit Eingang der Bestätigung beim Käufer fällig sei. Hiergegen spreche, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 AGB nur die Höhe des Kaufpreises betreffe. Zudem lassen die Überschrift des § 3 AGB „Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit“ eine gesonderte und eindeutige Fälligkeitsregelung erwarten. Eine solche finde sich in § 3 Abs. 4 Satz 1 AGB. Diese Fristbestimmung sei nach § 271 Abs. 2 BGB dahingehend zu verstehen, dass der Kaufpreis erst zehn Banktage nach Eingang der Zahlung auf dem Fremdgeldkonto fällig werde. Auch die Verwendung des Begriffs „Fremdgeldkonto“ spreche dafür, dass der Rückkaufswert nach Auszahlung durch den Versicherer wirtschaftlich dem Versicherungsnehmer zugeordnet werde, der Kaufpreis vor dieser Auszahlung nicht an den Versicherungsnehmer auszukehren sei. Der Begriff lasse sich nur dahin verstehen, dass es sich um ein von der Beklagten für Rechnung der Versicherungsnehmer verwaltetes Konto handele. Ein anderes Verständnis folge auch nicht aus einem Umkehrschluss aus § 3 Abs. 2 Satz 2 AGB. Sinn und Zweck einer besonderen Regelung zur Höhe und Zahlbarkeit des Kaufpreises bei bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen ergebe sich daraus, dass die Höhe des Kaufpreises für die Partei erst mit Auszahlung der weiteren Erstattungen durch den Versicherer feststehe, schon die Entstehung des Kaufpreisanspruchs also unter der aufschiebenden Bedingung der erfolgreichen Beitreibung stehe. Für die Fälligkeit gelte aufgrund der Verweisung in Satz 3 ebenfalls die Frist von zehn Banktagen nach Eingang auf dem Fremdgeldkonto. Demgegenüber stehe bei noch laufenden Verträgen bereits mit der Bestätigung des Versicherers der Kaufpreisteilanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB der Höhe nach fest und sei damit entstanden, wenn auch noch nicht fällig.
39Vor dem Hintergrund, dass die Versicherungsnehmer im Vertragsverhältnis zur Beklagten wirtschaftlich nicht an dem ihnen ohnehin zustehenden Rückkaufswert interessiert sind, sondern an dem diesen überschießenden Anteil, der seinerseits nicht von der Höhe des Rückkaufswertes abhängt, ist die Argumentation des Bundesgerichtshofs – im Gegensatz zu der der Beklagten – überzeugend.
40Soweit die Beklagte rügt, dass die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 11.12.2013 nur den „Geld zurück!- Auftrag“ aus dem Jahr 2011 beträfen, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Vertrag aus dem Jahr 2012 – d.h. die als Anlage B3 eingeblendete konkrete Verletzungsform – sich in den nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Punkten nicht von dem Auftrag aus dem Jahr 2011 unterscheidet. § 3 Ziff. 1, 2 und 4 Satz 1 der AGB 2011 („Stand 01/2011 … AGB © 2011 Q AGB / Stand: 20.01.2011“) und der AGB 2012 („Stand 01/2011 … AGB © 2012 Q AGB / Stand: 09.01.2012“) sind inhaltlich identisch.
41Der Einwand der Beklagten, der Bundesgerichtshof habe die Vertragsklauseln nach dem allgemeinem Verständnis ausgelegt und den konkreten Parteiwillen sowie das im Übrigen zwischen den Parteien Vereinbarte außen vor gelassen, da sie damals mit ihrem entsprechenden Vortrag präkludiert gewesen war, ist im Ergebnis ohne Belang. Die Beklagte trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich ein allen Verträgen zugrunde liegender und von deren objektivem Inhalt abweichender übereinstimmender Parteiwille herleiten ließe. Ihr pauschales Vorbringen, es komme maßgeblich auf die Werbung und die damit erzeugte Erwartungshaltung an, genügt insoweit nicht. Die von der Beklagten vorgelegte „Auslegungs- und Änderungsvereinbarung“ bezieht sich zum einen auf eine „Kauf- und Abtretungsvereinbarung … vom 24.11.2010“, d.h. nicht auf die streitgegenständlichen Verträge der Generation 2011 und 2012, zum anderen hat die Beklagte nicht schlüssig dargetan, dass eine solche Vereinbarung mit jedem ihrer Vertragspartner geschlossen worden ist. Außerdem kann ein bereits erfolgter Verstoß gegen das RDG, der einen Unterlassungsanpruch nach dem UWG auslöst, nicht nachträglich durch eine Abänderungsvereinbarung beseitigt werden.
42Die Inkassodienstleistungen erbringt die Beklagte als eigenständiges Geschäft i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 2 RDG; sie ist wesentlicher Teil ihres Geschäftsmodells.
43(2) Die von der Beklagten vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gebieten keine Korrektur der angefochtenen Entscheidung.
44Dass der Erlaubnisvorbehalt in §§ 3, 2 RDG für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten grundsätzlich verfassungsgemäß ist, ist durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (BVerfG, NJW 2007, 2389, juris-Tz. 8, m.w.N., noch zu Art. 1 RBerG).
45Der Eingriff in die Berufsfreiheit, Art 12 GG, ist vor dem Hintergrund des § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG für Inkassodienstleistungen nicht unverhältnismäßig. Nach §§ 10, 11, 12 RDG dürfen in diesem Bereich Rechtsdienstleistungen durch registrierte Personen erbracht werden, wobei Voraussetzung der Registrierung eine besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts, insbesondere des bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts ist. Die geforderte Sachkunde schützt gerade die Interessen der Versicherungsnehmer. Auch die Gesamtregelung in §§ 2, 3, 10, 11, 12 RDG dient nicht dem Schutz der Versicherungswirtschaft, sondern dem Schutz der Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, § 1 Abs. 1 Satz 2 RDG. Dieser Schutz greift im außergerichtlichen Bereich, § 1 Satz 1 RDG, so dass die Argumentation der Beklagten, da eine gerichtliche Geltendmachung der Forderungen durch unabhängige Rechtsanwälte vorgenommen werde, die mit dem RDG angestrebte Qualität der Rechtsdienstleistungen gewährleistet sei, schon im Ansatz fehl geht.
46bb) Das Geschäftsmodell des Prozessbetreuungsvertrages ist in allen hier streitgegenständlichen Varianten, die mit Ziff. 1b) des Tenors der angefochtenen Entscheidung erfasst sind, jeweils auf eine selbständige außergerichtliche Rechtsdienstleistung i.S.d. § 3, 2 Abs. 1 RDG gerichtet. Der vom Versicherungsnehmer erteilte Auftrag zur Anspruchsdurchsetzung erfordert im Vorfeld der gerichtlichen Geltendmachung eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles. So lautet der Prüfauftrag Ökopaket sowohl in der Version Stand 24.09.2007 als auch der Version Stand 10.03.2008:
47„Ich bin davon überzeugt, dass nach Kündigung meines Versicherungsvertrages ein erheblich höherer Rückkaufswert erzielt werden kann. Um von möglichen zusätzlichen Rückerstattungen profitieren zu können, bitte ich um Ihre Unterstützung. Ich biete Ihnen dazu den Abschluss eines Prozessfinanzierungs- und Prozessbetreuungsvertrages nach den mir bekannten und ausgehändigten PFV-Bedingungen (Stand: 06-2007) zur Anfechtung des nachstehend bezeichneten Vertrages an. … Zudem beauftrage ich Sie, umgehend einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung meiner Interessen sowie der sofortigen Kündigung des vorstehenden Vertrages zu beauftragen.… Anbei gebe ich Ihnen eine Blankovollmacht, die Sie an den Rechtsanwalt ihrer Wahl aushändigen können. Mir ist bewusst, dass kein Vertrags- bzw. Mandatsverhältnis zwischen mir und dem von Ihnen beauftragten Rechtsanwalt zustande kommt. … Ich bin mir darüber im Klaren, dass durch die Q AG und deren Rechtsanwälte lediglich eine Prüfung der Anfechtbarkeit meiner Verträge vorgenommen wird. Es erfolgt keinerlei Überprüfung der damit verbundenen Absicherungen und durch die Kündigung ggf. entstehenden Versorgungslücken. … Insofern stelle ich die Q AG und deren Rechtsanwälte von sämtlichen diesbezüglich evtl. entstehenden Verpflichtungen und Ansprüchen frei. …“
48Der Prüfauftrag Rechtssschutzpaket Stand 10.03.2008 ist insoweit inhaltlich gleich. Die Behauptung der Beklagten, es liege dort ein Schreibfehler vor und es müsse heißen „Mir ist bewusst, dass EIN Vertrags- bzw. Mandatsverhältnis zwischen mir und dem von Ihnen beauftragten Rechtsanwalt zustande kommt“, ist vor dem Hintergrund der identischen Formulierung in den Versionen Stand 24.09.2007 und Stand 10.03.2008 nicht überzeugend. Der von der Beklagten im nicht nachglassenen Schriftsatz vom 21.08.2014 betonte „wesentliche Unterschied“ zwischen den Modellen RS, Öko und Easy, aus dem sich die Sinnlosigkeit der identischen Formulierung beim Modell RS ergebe, ist weder nachvollziehbar dargetan noch sonst ersichtlich.
49Der Prozessbetreuungsvertrag MRS 2011 mit AGB 2011 lautet:
50„Ich bin überzeugt davon, dass ich mehr erreiche, wenn ich mich der durch die Q ergeben betreuten Anspruchsgemeinschaft anschließe. Deshalb beauftrage ich Sie hiermit meine Ansprüche für mich gemäß der umseitigen Bedingungen über die Prozessbetreuung zur Anfechtung von Versicherungsverträgen (Stand 01/2011) durchzusetzen.… Ich entscheide mich für das Modell RS von LV-Doktor: Ich habe eine Rechtsschutzversicherung, die die Verfahrenskosten trägt. … Ich bin mir im Klaren, dass durch die Q AG und die beauftragten Rechtsanwälte keine Überprüfung der bestehenden Absicherungen und durch Kündigung entstehender eventueller Versorgungslücken vorgenommen wird. … Insofern stelle ich die Q AG und die beauftragten Rechtsanwälte von sämtlichen diesbezüglich evtl. entstehenden Verpflichtungen und Ansprüchen frei. …“
51AGB
52„Präambel
53… Um schnellstmöglich über das Guthaben verfügen zu können, beauftragt der Anspruchsinhaber die Q durch umstehende Erklärung mit der Betreuung und Steuerung der Anspruchsdurchsetzung. Die Q hat hierzu eine Strategie entwickelt, die ihr Know-how und damit einen wesentlichen Teil ihrer Geschäftsgrundlage darstellt und mit welcher der gesamte Verfahrensablauf gesteuert werden soll. … Die Q erbringt im Rahmen dieser Vereinbarung selbst keine Leistungen im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Mit der Prüfung des Sachverhalts sowie der gegebenenfalls erforderlichen außergerichtlichen Korrespondenz zum Zwecke der Anspruchsdurchsetzung werden jeweils unabhängige Rechtsanwälte beauftragt, welche dem Netzwerk der Q zugehörig sind. …
54§ 2 Leistungen der Q
55(1) Die Q übernimmt die Betreuung und Steuerung der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche des Anspruchsinhabers gegenüber der Versicherung. Hierfür bringt die Q ihr gesamtes Know-how, das sie bereits erworben hat und stetig weiterentwickelt, ein.
56(2) Die pro Konzept ist … bevollmächtigt, für die gerichtliche und außergerichtliche Wahrnehmung der Interessen des Anspruchsinhabers gegenüber dem Versicherer einen unabhängigen Rechtsanwalt aus ihrem Netzwerk auszuwählen und mit der Anspruchsdurchsetzung zu beauftragen. Die Q wird durch den Anspruchsinhabern ermächtigt, in Abstimmung mit den bevollmächtigten Rechtsanwälten in Vertretung für den Anspruchsinhaber zu entscheiden, welche außergerichtlichen bzw. gerichtlichen Maßnahmen für die Durchsetzung der sich etwaig aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Ansprüche eingeleitet werden. …“
57Der Prozessbetreuungsvertrag MRS 2012 mit AGB 2012 (B2, Bl. 129, 130 GA) lautet:
58„Ich bin überzeugt, dass ich mehr erreiche, wenn ich für die Durchsetzung meiner Ansprüche ein durch die Q AG betreutes Musterverfahren durchführen und mich in diesem Zusammenhang durch einen spezialisierten Rechtsanwalt des Netzwerks der Q AG vertreten lassen. Deshalb beauftrage ich Sie hiermit, die Durchsetzung meiner Ansprüche für mich gemäß der umseitigen Bedingungen über die Prozessbetreuung zur Anfechtung von Versicherungsverträgen (Stand 02/2012) zu betreuen. … Die Verfahrenskosten übernimmt meine Rechtsschutzversicherung. … Ich bin mir im Klaren, dass durch die Q AG und die beauftragten Rechtsanwälte keine Überprüfung der bestehenden Absicherungen und durch Kündigung entstehender eventueller Versorgungslücken vorgenommen wird. … Insofern stelle ich die Q AG und die beauftragten Rechtsanwälte von sämtlichen diesbezüglich evtl. entstehenden Verpflichtungen und Ansprüchen frei. …“
59Die AGB 2012 sind mit den AGB 2011 im oben zitierten Umfang identisch.
60Die Rechtsdienstleistung wird von der Beklagten selbständig erbracht. Aus allen Varianten des Prozessbetreuungsvertrages ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte nicht nur dem Versicherungsnehmer einen spezialisierten Rechtsanwalt aus ihrem Pool vermittelt, anschließend ein Vertrag zwischen dem Rechtsanwalt und dem Versicherungsnehmer geschlossen wird, der Rechtsanwalt im Auftrag des Versicherungsnehmers die rechtliche Prüfung übernimmt und die Beklagte das weitere Verfahren als außenstehende Dritte betreut, sondern dass Vertragsbeziehungen – nur – zwischen dem Versicherungsnehmer und der Beklagten sowie der Beklagten und dem Rechtsanwalt bestehen, so dass die rechtliche Prüfung aus Sicht des Versicherungsnehmers / Auftraggebers von der Beklagten vorgenommen wird, die ihrerseits ggf. einen Rechtsanwalt hinzuzieht. Damit unterfällt die Beklagte dem RDG, ohne sich durch ihre AGB („Die Q erbringt im Rahmen dieser Vereinbarung selbst keine Leistungen im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes“) bzw. die PFV-Bedingungen Stand 06/2007 zum Prüfauftrag Ökopaket („Rechtliche Beratung und Betreuung des Anspruchsinhabers werden nicht übernommen“) freizeichnen zu können. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nicht dadurch gerechtfertigt, dass sich der Dienstleister der Hilfe von Rechtsanwälten bedient (s. BGH, GRUR 2009, 1077 – Finanz-Sanierung, Tz. 23 f., m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt:
61„Der Senat hat bereits in der Entscheidung „Schuldenregulierung“ ausgesprochen, dass eine ohne entsprechende Erlaubnis vorgenommene Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nicht dadurch gerechtfertigt wird, dass der Handelnde sich dabei der Hilfe eines Rechtsberaters bedient … Denn auch dann, wenn er sich insofern eines Rechtsanwalts bedient, verpflichtet er sich gegenüber dem Vertragspartner, die Rechtsbesorgung zu übernehmen. … Der Senat sieht auch unter der Geltung des Rechtsdienstleistungsgesetzes keinen Anlass, von dieser Auffassung abzurücken. Sie stellt im Interesse der rechtsuchenden Bürger sicher, dass die gesetzliche Regelung nicht umgangen wird und nur Rechtsberater tätig werden, die selbst die erforderliche persönliche und sachliche Zuverlässigkeit besitzen, und gewährleistet, dass im Falle einer fehlerhaften Beratung Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend gemacht werden können … Außerdem hat der Rechtsberater, der vom ohne Erlaubnis handelnden Geschäftsbesorger zugezogen wird, nach seinen vertraglichen Verpflichtungen in erster Linie die Interessen seines Auftraggebers und nicht die des zu beratenden Rechtsuchenden wahrzunehmen, so dass die Gefahr von Interessenkollisionen besteht, die die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des hinzugezogenen Rechtsberaters gefährden können … Die Bundesregierung hat zwar im Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes vorgeschlagen, dem Dienstleistenden zu gestatten, die Rechtsdienstleistung als Teil seines eigenen Leistungsangebots zu erbringen, solange er insofern einen Anwalt hinzuzieht, der die Rechtsdienstleistung eigenverantwortlich erbringt (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks. 16/3655, S. 38, 56 f.; § 5 Abs. 3 RDG-E). Der Gesetzgeber hat jedoch von der Einführung einer solchen Regelung Abstand genommen und eine Tätigkeit des zugelassenen Rechtsberaters als Erfüllungsgehilfe eines nichtanwaltlichen Unternehmens weiterhin nicht zugelassen. Danach besteht das Erfordernis einer gesonderten Einschaltung eines zugelassenen Rechtsberaters nach dem neuen Recht fort …Der in diesem Sinne verstandene Erlaubnisvorbehalt ist auch durch ausreichende Belange des Gemeinwohls gedeckt und daher in verfassungsrechtlicher Hinsicht unbedenklich (vgl. BGH NJW 2008, 3069 Tz. 22). Der der Berufsfreiheit Rechnung tragende Zweck der Regelung in … § 5 RDG, Berufe, die ohne gleichzeitige Rechtsberatung nicht ausgeübt werden können, nicht am Rechtsberatungsgesetz bzw. Rechtsdienstleistungsgesetz scheitern zu lassen, bleibt von dem Erlaubnisvorbehalt unberührt ...“
62Dem ist beizutreten. Die Ansicht der Beklagten, bei verfassungskonformer Auslegung des RDG müsse der Auftrag zu einer Rechtsdienstleistung auch durch einen zwischengeschalteten Vertreter erteilt werden dürfen, überzeugt dagegen nicht. Gerade weil das Angebot einer Rechtsdienstleistung Hauptzweck des Unternehmens der Beklagten ist und die Beklagte eigene wirtschaftliche Interessen gegenüber ihren jeweiligen Vertragspartnern verfolgt, ist der verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Erlaubnisvorbehalt des RDG im Rahmen der Auslegung und Anwendung des RDG auf den konkreten Einzelfall verhältnismäßig. Die von der Beklagten geforderte „Auslegung“ des RDG steht gegen den vom Gesetzgeber bewusst gewählten Gesetzeswortlaut, wobei auch nach der nahezu einhelligen Ansicht in der Literatur (z.B. Henssler/Prütting-Weth, Kommentar zur BRAO, 4. Aufl., RDG Einl. Rn. 40c, Rn. 33 ff.; Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 11.62; Palandt-Ellenberger, BGB, 73. Aufl.,§ 134 Rn. 21; a.A. Albrecht, GewArch 2013, 7 ff.) keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das RDG bestehen, das die zum RBerG ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt und den früheren Verbotsumfang entsprechend eingeschränkt hat. So sind Ausnahmen insbesondere für zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehörende Nebenleistungen, § 5 RDG, für unentgeltliche Rechtsdienstleistungen, § 6 Abs. 1 RDG, und für bestimmte Vereinigungen, § 7 Abs. 1 RDG, vorgesehen, ferner in bestimmten Bereichen eine Zulassung bei Nachweis besonderer Sachkunde.
63Soweit sich die Beklagte im Schriftsatz vom 31.07.2014 auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen IV ZR 124/13, IV ZR 156/13 und IV ZR 58/13) zur Frage der Deckungspflicht des Rechtsschutzversicherers im Verhältnis zum Versicherungsnehmer beruft, bestätigen diese nicht ihre Ansicht, dass der Prozessbetreuungsvertrag mit dem RDG zu vereinbaren sei.
64b) Die Wiederholungsgefahr folgt aus den bereits vorgenommenen Verletzungshandlungen, zumal die Beklage nach wie vor der Ansicht ist, ihr Geschäftsmodell sei zulässig.
652. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der ihrer Höhe nach unstreitigen Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
663. Auf Verjährung der Ansprüche beruft sich die Beklagte in zweiter Instanz nicht mehr. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte beide Geschäftsmodelle noch nach dem Jahr 2010 fortgesetzt und auch nicht schlüssig dargelegt, wann die Klägerin von welcher der jeweiligen Vertragsvarianten aus den konkreten Verletzungsformen Kenntnis gehabt hat.
674. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 21.08.2014 gibt zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung.
68III.
69Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
70Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, macht aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag gegenüber dem beklagten Versicherer geltend.
- 2
- Der Versicherungsnehmer S. , der bei der Beklagten eine fondsgebundene Lebensversicherung unterhielt, unterzeichnete am 7. März 2011 einen "Geld zurück!-Auftrag", der den Verkauf seiner Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Klägerin zum Gegenstand hatte. Die Zielsetzung des "Geld zurück!-Auftrags" ist einleitend wie folgt formuliert: "Ich bin überzeugt davon, dass ich mehr erreiche, wenn ich mich der durch die AG betreuten Anspruchsgemeinschaft anschließe. Deshalb verkaufe ich Ihnen meine Ansprüche aus dem nachstehenden Versicherungsver- trag und beauftrage Sie hiermit, mich in die von Ihnen betreute Anspruchsgemeinschaft aufzunehmen und meine Ansprüche für mich gemäß der umseitigen Bedingungen der Kauf- und Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag (…) durchzusetzen."
- 3
- Der Versicherungsvertrag sollte laut Auftrag sofort durch die Klägerin gekündigt, später der Rückkaufswert abzüglich einer Kündigungs- gebühr von 87,50 € an den Versicherungsnehmer überwiesen werden. Weiter wurde vereinbart, dass der Versicherungsnehmer 50% aller künftigen Erstattungen von der Klägerin erhalten solle und er sich dafür "einmalig mit 300 Euro" an den Kosten der Klägerin beteilige. In den im "Geld zurück!-Auftrag" in Bezug genommenen "Bedingungen der Kaufund Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag" (im Folgenden: AGB) ist unter § 2 u.a. Folgendes geregelt: "2) Der Verkäufer tritt mit Wirkung zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung alle seine Rechte und Ansprüche aus dem vorderseitig genannten Vertrag vollumfänglich und unwiderruflich an die Käuferin ab, insbesondere die Ansprüche auf Auszahlung des Guthabens einschließlich Gewinnbeteiligung und dynamischen Zuwachs, sowie einschließlich des Rechtes zur Kündigung des Vertrages. Die Käuferin nimmt diese Abtretung an. (…)
5) Die Käuferin beauftragt ggf. einen Rechtsanwalt mit der Anfechtung des Vertrages und dem Ziel, möglichst alle eingezahlten Beiträge von der Gesellschaft erstattet zu bekommen. Die rechtliche Auseinandersetzung wird nach Wahl der Käuferin im eigenen Namen oder im Namen des Verkäufers erfolgen, wobei sich die Käuferin im Innenverhältnis verpflichtet, den Verkäufer von allen Kosten freizuhalten. Ausnahme sind die für die Kündigung angefallenen Kosten. …"
- 4
- In § 3 der AGB heißt es unter der Überschrift "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit" : "1) Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand nach § 1 (noch laufender Vertrag) richtet sich nach dem von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Netto-Auszahlungsbetrags nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren. Über diesen Betrag holt die Käuferin bzw. der beauftragte Rechtsanwalt eine Bestätigung der Gesellschaft ein. Der Kaufpreis erhöht sich noch um den jeweils vereinbarten Anteil an den zusätzlich zu erreichenden künftigen Erstattungen gemäß Nr. 2.
2) Der Kaufpreis für Ansprüche aus bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen beträgt je nach Vereinbarung 25-75% der noch zu erreichenden Erstattungen. Die Kaufpreiszahlung ist aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten. Die Vereinbarungen gemäß Nr. 4 gelten sinngemäß.
3) (…)
4) Der Kaufpreis gem. Abs. 1 ist auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das umseitig genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm vorderseitig benanntes Konto eines Dritten zu überweisen. (…)"
- 5
- Zeitgleich unterzeichnete der Versicherungsnehmer außerdem eine "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige", mit der er gegenüber der Beklagten den "Widerspruch, den Widerruf bzw. die Anfechtung" des Versicherungsvertrages erklärte und die Abtretung sämtlicher bestehenden und sich zukünftig ergebenden Rechte und Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag an die Klägerin anzeigte. Eine Kopie übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 9. März 2011 an die Beklagte mit der Aufforderung, den Rückkaufswert zu bestätigen. Mit Schreiben vom 10. März 2011 bat die Klägerin unter Vorlage des Originals der "Widerrufserklärung und Abtretungsanzeige" um vollständige Erstattung sämtlicher vom Versicherungsnehmer gezahlten Beiträge zuzüglich einer Verzinsung von 7% auf ihr Konto. Hilfsweise kündigte sie den Versicherungsvertrag. Daraufhin teilte die Beklagte mit, dass sie die Abtretung und Kündigung nicht anerkenne.
- 6
- Im Wege der Stufenklage verlangt die Klägerin Auskunft über den Rückkaufswert und dessen Auszahlung. Sie ist der Auffassung, die Rechte des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag im Wege eines echten Forderungskaufs wirksam erworben zu haben. Demgegenüber hält die Beklagte den "Geld zurück!-Auftrag" und die darin vereinbarte Abtretung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) für nichtig.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Auf die Kauf- und Abtretungsvereinbarung finde das RDG Anwendung. Insbesondere sei dessen räumlicher Anwendungsbereich eröffnet, obwohl der Sitz der Klägerin in der Schweiz liege. Die Aktivitäten der Klägerin seien auf Deutschland ausgerichtet und entfalteten hier unmittelbare Wirkungen. Außerdem sei in § 5 AGB die Anwendung deutschen Rechts vereinbart.
- 10
- Der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Versicherungsnehmer habe eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG zum Gegenstand. Die Abtretung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag sei zum Zwecke der Forderungseinziehung auf fremde Rechnung erfolgt. Um einen echten Forderungskauf, der nach der Gesetzesbegründung vom Anwendungsbereich des RDG ausgenommen sei, handele es sich nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien die entscheidenden Kriterien für das echte Factoring zum einen die Vorfinanzierung und zum anderen die Übernahme des Delkredererisikos durch den Käufer. Hier fehle es bereits an der Vorfinanzierung , weil der Verkäufer nach § 3 Abs. 1 und 4 der AGB den Kaufpreis erst und nur dann erhalte, wenn der Versicherer den Nettoauszahlungsbetrag auf das Fremdgeldkonto eingezahlt habe und das Geld dort eingegangen sei. Daher trage der Versicherungsnehmer auch das Bonitätsrisiko. Er beteilige sich mit 300 € erfolgsunabhängig an den Kosten der Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche, so dass bei deren Einziehung seine wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stünden.
- 11
- Diese Dienstleistung werde von der Klägerin als eigenständiges Geschäft i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben, da nach dem eige- nen Vortrag der Klägerin ihr Geschäftsmodell gerade der Aufkauf von Forderungen aus Versicherungsverträgen sei.
- 12
- II. Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag nicht zu, weil deren Abtretung wegen Verstoßes gegen das RDG nichtig ist.
- 13
- 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Anwendbarkeit des RDG ausgegangen. Der Sitz der Klägerin in der Schweiz steht dem nicht entgegen. Zur Frage des räumlichen Anwendungsbereiches des früheren Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) hat der Bundesgerichtshof bereits klargestellt, dass der Sitz der Niederlassung des Rechtsbesorgers wegen der Umgehungsgefahr kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Frage der Anwendbarkeit war (Urteil vom 5. Oktober 2006 - I ZR 7/04, WM 2007, 231 Rn. 24 m.w.N.). Nicht qualifizierte Rechtsbesorger hätten sich andernfalls den Anforderungen des RBerG durch die bloße Verlegung ihrer Niederlassung in das Ausland entziehen können, um von dort aus rechtsberatende Tätigkeiten in Deutschland vorzunehmen und zwar nicht nur in grenznahen Gebieten, sondern auch unter Nutzung der modernen Kommunikationsmittel im gesamten Geltungsbereich des Gesetzes (aaO). Entscheidend war - mangels Anhaltspunkten im Wortlaut des Gesetzes - der verfolgte Schutzzweck des RBerG. Dieser lag in dem Schutz des Rechtssuchenden vor fachlich ungeeigneten und unzuverlässigen Personen und dem Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege (aaO Rn. 22; BVerfG, NJW 2002, 1190 unter 1 m.w.N.).
- 14
- Diese Erwägungen gelten auch für den räumlichen Anwendungsbereich des RDG (Dreyer/Müller in Dreyer/Lamm/Müller, RDG § 1 Rn. 5 ff.; Mankowski, ZErb 2007, 406, 409; Knöfel, AnwBl. 2007, 264). Trotz inhaltlich und strukturell grundlegender Neugestaltung des RDG gegenüber dem RBerG (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 1) ist die Zielrichtung beider Gesetze vergleichbar; auch das RDG dient dazu, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG, dazu auch BT-Drucks. 16/3655, S. 45). Dieser Schutzzweck ist hier betroffen , da der Versicherungsnehmer als Auftraggeber und die Beklagte als Adressatin der von der Klägerin verfassten Schreiben im Inland ansässig sind.
- 15
- 2. Gegenstand des "Geld zurück!-Auftrags" ist eine Rechtsdienstleistung i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG. Hiernach ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, die als eigenständiges Geschäft betrieben wird, eine Rechtsdienstleistung und damit nach § 3 RDG erlaubnispflichtig.
- 16
- a) Der "Geld zurück!-Auftrag" hat eine Forderungseinziehung auf fremde Rechnung zum Gegenstand.
- 17
- aa) Die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung (Inkassozession) soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 30. November 2006 unter Erlaubnisvorbehalt stehen, weil hier nur die formale Forderungsinhaberschaft auf den Einziehenden übertragen wird, die Einziehung aber weiterhin auf Risiko und Rechnung des Zedenten erfolgt und die Forderung für den Zessionar wirtschaftlich fremd bleibt (BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48). Sie ist von den Fällen des Forderungskaufs abzugrenzen, "bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des Forderungsausfalls auf den Erwerber übergeht" (aaO S. 48), so dass die Einziehung auf eigene Rechnung erfolgt.
- 18
- Für diese Abgrenzung kommt es darauf an, ob das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung dem Abtretenden zukommen soll (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 13 und Beschluss vom 11. Juli 2013 - II ZR 245/11, WM 2013, 1549 Rn. 3; zu Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG: Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 17; so auch die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG: BT-Drucks. 16/3655, S. 48 f.). Hierbei ist nicht allein auf den Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten ihr zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die eine Umgehung des Gesetzes durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Einziehung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze vermeidet (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 aaO; zu Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG: Urteile vom 23. Januar 1980 - VIII ZR 91/79, BGHZ 76, 119, 125 f.; vom 4. April 2006 - VI ZR 338/04, NJW 2006, 1726 Rn. 8 m.w.N.). Entscheidend ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Bonitätsrisiko, d.h. das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung, übernimmt (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 aaO Rn. 14 m.w.N.; BT-Drucks. 16/3655, S. 36, 48 f.; ebenso: LG Aachen, Urteil vom 27. April 2012 - 9 O 626/10, BeckRS 2013, 06585 unter II 1 a aa).
- 19
- bb) Die Auslegung des "Geld zurück!-Auftrags" und der einbezogenen AGB ergibt, dass dem Versicherungsnehmer das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung zugutekommen und - von Rechtsverfolgungs- kosten abgesehen - er allein das Risiko des Forderungsausfalls tragen soll.
- 20
- (1) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der von der Klägerin verwendeten AGB ist uneingeschränkt revisionsrechtlich überprüfbar, weil diese Bedingungen zur bundesweiten Verwendung in einer Vielzahl von Fällen bestimmt sind und damit über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgehende Bedeutung für zahlreiche Vertragsbeziehungen haben (vgl. BGH, Urteile vom 1. Februar 2007 - III ZR 159/06, NJW 2007, 1581 Rn. 15; vom 23. November 2005 - VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr., BGH, Urteile vom 29. Mai 2009 - V ZR 201/08, NJW-RR 2010, 63 Rn. 10; vom 23. November 2005 aaO, jeweils m.w.N.).
- 21
- (2) Das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung bleibt beim Versicherungsnehmer. Dies folgt aus der Vereinbarung zur Fälligkeit des "Kaufpreises" , der sich zunächst nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB nach dem Rückkaufswert richtet und nach Satz 3 um den vereinbarten Anteil an den "künftigen Erstattungen" erhöht. Dass die Erhöhung des Kaufpreises nach Satz 3 nicht vor einer erfolgreichen Beitreibung beim Versicherer fällig wird, ergibt sich bereits aus der Bezeichnung als "künftige Erstattungen". Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin verwendeten AGB im Übrigen zu Recht dahin ausgelegt, dass auch hinsichtlich des Kaufpreises i.S. von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB die Fälligkeit erst nach der Auszahlung durch den Versicherer eintritt.
- 22
- (a) Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - III ZR 159/06, NJW 2007, 1581 Rn. 16; Palandt/Grüneberg,BGB 72. Aufl. § 271 Rn. 1). Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien. Haben diese eine Zeit bestimmt, ist gemäß § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner sie aber vorher bewirken kann. Das bedeutet, dass die Forderung zwar erfüllbar, jedoch noch nicht fällig ist (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 aaO Rn. 17).
- 23
- (b) Der Kaufpreis ist im Vertrag noch nicht von vornherein festgelegt , sondern richtet sich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB nach dem vom Versicherer "zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden NettoAuszahlungsbetrag" , über den nach Satz 2 eine Bestätigung des Versicherers einzuholen ist. Bereits Satz 1, der die Kaufpreishöhe von dem zur Auszahlung kommenden Betrag abhängig macht, deutet darauf hin, dass die Kaufpreisfälligkeit nicht vor dieser Auszahlung eintreten soll. Auch aus Satz 2 ergibt sich nicht, dass der Kaufpreis bereits mit Eingang der Bestätigung beim Käufer fällig ist. Die Bestätigung kann auch die Funktion haben, die Parteien der Vereinbarung über die Höhe des Kaufpreises zu informieren. Für ein solches Verständnis und gegen eine Auslegung als Fälligkeitsregelung spricht, dass die Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 nur die Höhe des Kaufpreises betreffen. Zudem lässt die Überschrift des § 3 "Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit" eine gesonderte und eindeutige Fälligkeitsregelung erwarten. Eine solche findet sich in § 3 Abs. 4 Satz 1 AGB. Hiernach wird der Kaufpreis auf ein Fremdgeldkonto eingezogen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang an den Versicherungsnehmer überwiesen. Diese Fristbestimmung ist nach der Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB dahingehend zu verstehen, dass der Kaufpreis erst 10 Banktage nach Eingang der Zahlung auf dem Fremdgeldkonto fällig wird. Für die klägerische Interpretation, § 3 Abs. 4 AGB gelte nur für"Sonderfälle" treuhänderischer Abwicklung, in denen Versicherungsnehmer eine Auszahlung des Kaufpreises an verschiedene Zahlungsempfänger wünschten , findet sich weder im "Geld zurück!-Auftrag" noch in den AGB ein Anhaltspunkt.
- 24
- Auch die Verwendung des Begriffs "Fremdgeldkonto" in § 3 Abs.4 AGB spricht dafür, dass der Rückkaufswert nach Auszahlung durch den Versicherer wirtschaftlich dem Versicherungsnehmer zugeordnet wird, der Kaufpreis vor dieser Auszahlung nicht an den Versicherungsnehmer auszukehren ist. Der Begriff lässt sich nur dahin verstehen, dass es sich um ein von der Klägerin für Rechnung der Versicherungsnehmer verwaltetes Konto handelt. Soweit die Klägerin den Begriff "Fremdgeldkonto" damit zu erläutern versucht, es sei ein Konto der von der Klägerin beauftragten Rechtsanwälte gemeint, findet dies im Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Klausel keine Stütze. Vielmehr ist von dem "Fremdgeldkonto" in den AGB ausschließlich im Zusammenhang mit der Auszahlung des Kaufpreises an den Versicherungsnehmer die Rede; ein Einzug des Kaufpreises durch von der Klägerin beauftragte Rechtsanwälte ist in § 3 AGB nicht erwähnt.
- 25
- Ein anderes Verständnis folgt auch nicht aus einem Umkehrschluss aus § 3 Abs. 2 Satz 2 AGB. Hiernach ist bei bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen die Kaufpreiszahlung "aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten". Zwar fehlt eine entsprechende Regelung für noch laufende Versicherungsverträge. Der Sinn und Zweck einer besonderen Regelung zur Höhe und zur "Zahlbarkeit" des Kaufpreises bei bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen ergibt sich aber daraus, dass die Höhe des Kaufpreises für die Parteien erst mit Auszahlung der weiteren Erstattungen durch den Versicherer feststeht, schon die Entstehung des Kaufpreisanspruchs also unter der aufschiebenden Bedingung der erfolgreichen Beitreibung steht. Für die Fälligkeit gilt aufgrund der Verweisung in Satz 3 ebenfalls die Frist von 10 Banktagen nach Eingang auf dem Fremdgeldkonto. Demgegenüber steht bei noch laufenden Verträgen bereits mit der Bestätigung des Versicherers der Kaufpreisteilanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB der Höhe nach fest und ist damit entstanden - wenn auch noch nicht fällig.
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- (c) Die erstmalig in der Revisionsbegründung vorgetragene Behauptung , die Parteien des "Geld zurück!-Auftrags" hätten diesem übereinstimmend ein von dem objektiven Inhalt abweichendes Verständnis zugrunde gelegt, ist bereits deshalb unbeachtlich, weil nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen unterliegt, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Unbeachtlich ist daher auch die mit der Revisionsbegründung erstmals vorgelegte, vom Versicherungsnehmer unterzeichnete "Auslegungs- und Änderungsvereinbarung". Die diesbezügliche Verfahrensrüge der Revision hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
- 27
- (d) Nach allem hat die Klägerin das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung nicht übernommen. Ob, wann und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer den "Kaufpreis" i.S. von § 3 Abs. 1 AGB erhält, ist vom Verlauf der Auseinandersetzung mit dem Versicherer abhängig. Die Klägerin trägt allein das Risiko vergeblicher Aufwendung von Prozesskosten , soweit diese die vom Versicherungsnehmer zu tragende Kostenpauschale übersteigen.
- 28
- (3) Wirtschaftlich steht daher bei Abschluss des "Geld zurück!- Auftrags" nicht das Interesse des Versicherungsnehmers an einer Übertragung des Ausfallrisikos auf die Klägerin im Vordergrund. Die Klägerin übernimmt lediglich die für die Beitreibung erforderlichen Dienstleistungen und stellt dem Versicherungsnehmer daneben die mit einer Bündelung von Interessen möglicherweise verbundenen Vorteile für die Durchsetzung seiner Forderungen in Aussicht. Dieser Zweck ist auf dem Formular des "Geld zurück!-Auftrags" einleitend deutlich formuliert. Der Versicherungsnehmer ist auch nach der Abtretung an dem Bestand und der Durchsetzbarkeit der zedierten Forderungen interessiert, während die Klägerin kein nennenswertes Risiko eingeht. Dementsprechend hält sie sich nach § 2 Abs. 5 Satz 2 AGB die Möglichkeit offen, die rechtliche Auseinandersetzung mit dem Versicherer im Namen des Versicherungsnehmers zu führen. Die Einziehung erfolgt auch nicht deshalb auf eigene Rechnung, weil die Klägerin nach dem "Geld zurück!-Auftrag" an den künftigen Erstattungen partizipieren soll. Diese Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit ändert nichts an dem Fremdcharakter des Geschäfts (BGH Urteile vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 19; vom 25. November 2008 - XI ZR 413/07, WM 2009, 259 Rn. 20; vom 5. November 2004 - BLw 11/04, WM 2005, 102 unter III 2 a).
- 29
- b) Die Einziehung wird von der Klägerin auch als eigenständiges Geschäft i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben. Ein solches liegt vor, wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2012 aaO Rn. 21 m.w.N.; BT-Drucks. 16/3655, S. 49). Die Einziehung von Forderungen aus Versicherungsverträgen bildet das Hauptgeschäft der Klägerin, die sich als "LV-Doktor" bezeichnet. Das Berufungsgericht hat dazu - von der Revision unangegriffen - festgestellt, es handele sich dabei um das Geschäftsmodell der Klägerin.
- 30
- Damit ist zugleich festgestellt, dass die Inkassotätigkeit der Klägerin keine bloße Nebenleistung im Sinne von § 5 RDG darstellt. Zwarsind hiernach Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Wird die Inkassodienstleistung als eigenständiges Geschäft betrieben, erübrigt sich aber die Prüfung, ob die Einziehung als Nebenleistung nach § 5 RDG zulässig ist (BT-Drucks. 16/3655, S. 49; Krenzler/Offermann-Burckart, RDG § 2 Rn. 127).
- 31
- 3. Da eine Erlaubnisfreiheit nach §§ 5 bis 8 RDG nicht in Betracht kommt und die Klägerin nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt, ist die Abtretung der Klageforderung wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 i.V.m. § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig. Die Nichtigkeit erfasst sowohl schuldrechtliche als auch Verfügungsverträge wie die Forderungsabtretung, wenn diese auf eine nicht erlaubte Rechtsdienstleistung zielen (BGH, Urteile vom 5. März 2013 - VI ZR 245/11, VersR 2013, 730 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 34-36 m.w.N.).
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 24.02.2011 - 11 O 8489/11 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 20.12.2012- 8 U 607/12 -
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.12.2013 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 68/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leisten. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich des Unterlassungsanspruchs 200.000,00 € und im übrigen für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die Kläger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin, eine in Köln niedergelassene und bundesweit tätige Rechtsanwälte-Partnergesellschaft, nimmt die in der Schweiz ansässige Beklagte nach erfolgloser Abmahnung auf Unterlassung wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) in Anspruch.
4Die Beklagte befasst sich mit der Geltendmachung von Ansprüchen aus gekündigten Lebens- bzw. Rentenversicherungsverträgen. Sie verfügt nicht über eine Registrierung nach § 10 RDG. Potentielle Kunden der Beklagten sind Inhaber von Versicherungsverträgen, die an diesen nicht mehr festhalten wollen oder diese bereits gekündigt haben. Die Beklagte bietet solchen Versicherungsnehmern zwei Geschäftsmodelle an: zum einen eine sog. Kauf- und Abtretungsvereinbarung, bei der die Rechte des Kunden aus dem jeweiligen Versicherungsvertrag an sie abgetreten werden, zum anderen einen sog. Prozessbetreuungsvertrag, bei dem sie die Ansprüche des Kunden in dessen Namen durchsetzen soll und die Finanzierung der Prozesskosten üblicherweise durch eine Rechtsschutzversicherung des Kunden erfolgt. Beiden Geschäftsmodellen liegen Vertragsbedingungen zugrunde, die im Laufe der Tätigkeit der Beklagten wiederholt geändert worden sind, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob und in welchem Umfang diese Vertragsbedingungen in ihren jeweiligen Fassungen heute noch Verwendung finden.
5Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte mit ihren Geschäftsmodellen gegen das RDG verstoße, unabhängig davon, welche Generation von Geschäftsunterlagen verwendet werde. Mit dem einen Modell erbringe die Beklagte unzulässig Inkassodienstleistungen i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG, mit dem anderen Modell unzulässig außergerichtliche Rechtsdienstleistungen in konkreten fremden Angelegenheiten i.S.d. Generaltatbestandes des § 2 Abs. 1 RDG.
6Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, es der Beklagten bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu untersagen, sich - solange sie nicht im Rechtsdienstleistungsregister registriert ist - geschäftsmäßig Rechte aus Versicherungsverträgen mit dem Zweck abtreten zu lassen, diese nach rechtlicher Prüfung, soweit noch nicht geschehen, zu kündigen und auf Rechnung der Zedenten die auf die jeweiligen Verträge gezahlten Beiträge vom Versicherer außergerichtlich zurückzuverlangen und einzuziehen, und/oder Versicherungsnehmer geschäftsmäßig aufzufordern, Versicherungsverträge samt Korrespondenz mit den betreffenden Versicherer einzureichen und eine entgeltliche rechtliche Prüfung hinsichtlich der Erfolgsaussichten einer vollständigen oder teilweisen Beitragsrückforderung vorzunehmen, jeweils unter Bezugnahme auf konkrete Verletzungsformen; ferner hat die Klägerin Abmahnkosten i.H.v. 2.380,80 € geltend gemacht.
7Die Beklagte hat in erster Instanz Abweisung der Klage beantragt und eingewandt, dass die von ihr entwickelten Geschäftsmodelle nicht gegen das RDG verstießen. Beim Prozessbetreuungsvertrag leiste sie keinerlei Rechtsberatung. Sie nehme keine rechtliche Prüfung im Einzelfall vor. Im Prozess trete der Kunde im eigenen Namen auf. Sie vermittle dem Kunden lediglich einen unabhängigen Rechtsanwalt, der die eigentliche rechtliche Prüfung vornehme, und erhalte dafür eine Erfolgsbeteiligung. Auch bei der Kauf- und Abtretungsvereinbarung liege keine erlaubnispflichtige Tätigkeit vor. Sie betreibe keinen Forderungseinzug auf fremde Rechnung. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG sei nicht einschlägig, da die Forderung nicht fremd sei oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetreten worden sei. Ihre Tätigkeit sei auch nicht gemäß § 2 Abs. 1 RDG erlaubnispflichtig. Weder besorge sie fremde Rechtsangelegenheiten – der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liege im wirtschaftlichen Bereich –, noch nehme sie eine rechtliche Prüfung im Einzelfall vor. Die Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Klage wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig sei. Die Klägerin habe die Klage nicht im eigenen Interesse, sondern ausschließlich im Interesse ihrer Mandanten aus dem Bereich der Versicherungsunternehmen eingereicht. Auch fehle es an der Klagebefugnis, da die Klägerin – bei unterstelltem Verstoß gegen das RDG – kein Mitbewerber sei. Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klägerin habe bereits seit dem Jahr 2010 Kenntnis von ihrer, der Beklagten, Tätigkeit.
8Das Landgericht Köln ist der Argumentation der Beklagten nicht gefolgt und hat der Klage mit Urteil vom 10.12.2013 stattgegeben.
9Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Die Beklagte macht nunmehr in erster Linie geltend, dass das RDG bzw. seine Anwendung durch das Landgericht verfassungswidrig sei. Vor dem Hintergrund der im Zivilrecht geltenden Vertragsfreiheit und Privatautonomie seien die vorliegenden Vertragsmodelle so auszulegen, dass eine wirksame Vereinbarung angenommen werden könne. Hinsichtlich des Prozessbetreuungsvertrages sei die vom Landgericht unter Berufung auf den Bundesgerichtshof herangezogene „Vertretertheorie“, nach der ein Auftrag zu einer Rechtsdienstleistung nur von dem Vertretenen und nicht durch zwischengeschaltete Vertreter erteilt werden dürfen, mit dem Gebot der verfassungskonformen Auslegung des RDG nicht zu vereinbaren. Die Subunternehmertätigkeit von Rechtsanwälten sei schon immer alltägliche Praxis gewesen. Allein der Umstand, dass das Angebot einer Rechtsdienstleistung Hauptzweck des Unternehmens sei, rechtfertige am Maßstab der Ziele des RDG keine andere Betrachtungsweise. Die Annahme des Vorbehalts auch für diese Fälle greife unverhältnismäßig in die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer sowie in ihre, der Beklagten, Berufsfreiheit ein. Im Übrigen verstoße der Prozessbetreuungsvertrag schon deshalb nicht gegen das RDG, weil sie selbst keine eigenen Rechtsdienstleistungen erbringe; sie vermittele lediglich aus ihrem Pool einen spezialisierten Rechtsanwalt, überwache das gesamte Verfahren und stelle Informationen aus der Vielzahl der von ihr betreuten Verfahren bereit. Die Kauf- und Abtretungsvereinbarung sei keine Inkassodienstleistung, weil das wirtschaftliche Risiko auf sie übergegangen sei. Auch das Gebot einer verfassungskonformen Auslegung spreche gegen eine Erlaubnispflichtigkeit nach dem RDG. Ein Eingriff in Art. 2, 12 GG sei nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig, dem das Landgericht nicht Rechnung getragen habe. Das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass es hier nicht um das Gemeinwohl gehe, sondern um den Schutz der Versicherungswirtschaft. Da eine gerichtliche Geltendmachung der Forderungen durch unabhängige Rechtsanwälte vorgenommen werde, sei die mit dem RDG angestrebte Qualität der Rechtsdienstleistungen gewährleistet. Ein Verbot würde auch die Versicherungsnehmer unverhältnismäßig belasten, die dann gezwungen wären, sich einen teuren Rechtsanwalt zu suchen.
10Die Beklagte beantragt,
11das Urteil des LG Köln vom 05.11.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
12Die Klägerin beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO, sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
16II.
17Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung stattgegeben.
181. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt aus § 8 Abs. 1 UWG. Danach kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
19Aus der Berufungsbegründung folgt, dass die Unterlassungsverpflichtung betreffend den Prozessbetreuungsvertrag „Prüfauftrag Easypaket“ Stand 10.03.2008 (Anlage K 23, Bl. 202 f. GA) in zweiter Instanz nicht mehr in Streit steht. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 08.08.2014 bestätigt, dass die erstinstanzliche Entscheidung insoweit nicht angegriffen und das Rechtsmittel auf die Kauf- und Abtretungsvereinbarungen „AV 4 2011“ mit AGB 2011 (Anlagen K2, K5, Bl. 26, 35 GA) und die Kauf- und Abtretungsvereinbarungen „AV 4 2012“ mit AGB 2012 (Anlage B3, Bl. 131, 132 GA) sowie die Prozessbetreuungsverträge „Prüfauftrag Ökopaket“ Stand 24.09.2007 und 10.03.2008 (Anlage K 24, Bl. 204 – 207 GA), „Prüfauftrag Rechtssschutzpaket“ Stand 10.03.2008 (Anlagen K10, K9, Bl. 42, 41 GA), „MRS 2011“ mit AGB 2011 (Anlage B5, Bl. 255, 256 GA) und „MRS 2012“ mit AGB 2012 (Anlage B2, Bl. 129, 130 GA) begrenzt ist.
20a) Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie unlauter und zudem geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Unlauter handelt insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer des Marktverhalten zu regeln, § 4 Nr. 11 UWG.
21Die Beklagte hat hier mit beiden streitgegenständlichen Geschäftsmodellen nach dem RDG unerlaubte Rechtsdienstleistungen erbracht, damit gegen Marktverhaltensregeln verstoßen und die Interessen der Klägerin spürbar beeinträchtigt.
22Das RDG ist unabhängig davon, dass die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz hat, anwendbar. Dies ist für die Tätigkeit speziell der Beklagten vom Bundesgerichtshof geklärt (BGH VersR 2014, 183, juris-Tz. 13) und wird mit der Berufung auch nicht mehr in Frage gestellt. Die Auftraggeber der Beklagten und die Versicherer sind im Inland ansässig, so dass der Schutzzweck des RDG berührt ist. Einwendungen gegen die Aktivlegitimation werden von der Beklagten in zweiter Instanz ebenfalls nicht mehr erhoben. Die aus einem Zusammenschluss von Rechtsanwälten bestehende Klägerin ist auf dem Gebiet der Rechtsberatung im Verhältnis zur Beklagten Mitbewerberin i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG und damit unproblematisch klagebefugt (vgl. Henssler/Prütting-Weth, Kommentar zur BRAO, 4. Aufl., § 3 RDG Rn. 16). Die Beklagte beruft sich schließlich auch nicht mehr darauf, dass die Klage wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig sei.
23§ 3 RDG, wonach die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig ist, in dem sie durch das RDG oder andere Gesetze erlaubt wird, ist vor dem Hintergrund des in § 1 Abs. 1 Satz 1 RDG formulierten Zwecks, Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, eine Marktverhaltensregelung. Verstöße gegen das RDG stellen ein unlauteres Verhalten i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar. Allein schon im Hinblick auf den Rang der verletzten Interessen sowie wegen der Nachahmungsgefahr beeinträchtigt ein solches Verhalten regelmäßig spürbar die Interessen der Marktteilnehmer i.S.d § 3 Abs. 1 UWG und ist daher unzulässig (s. Köhler/Bornkamm-Köhler, Kommentar zum UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 11.63, m.w.N. aus der BGH-Rechtsprechung).
24Die Beklagte, die keine registrierte Person nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 12 RDG ist, hat selbstständig außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbracht, zum einen in Form des unzulässigen Forderungseinzugs auf fremde Rechnung, zum anderen in Form der entgeltlichen Rechtsprüfung.
25aa) Beide Verträge zu dem Geschäftsmodell Kauf- und Abtretungsvereinbarung, die mit Ziff. 1a) des Tenores der angefochtenen Entscheidung erfasst werden, beginnen jeweils mit der Einleitung:
26"Ich bin überzeugt davon, dass ich mehr erreiche, wenn ich mich der durch die Q AG* betreuten Anspruchsgemeinschaft anschließe. Deshalb verkaufe ich Ihnen meine Ansprüche aus dem nachstehenden Versicherungsvertrag und beauftrage Sie hiermit, mich in die von Ihnen betreute Anspruchsgemeinschaft aufzunehmen und meine Ansprüche für mich gemäß der umseitigen Bedingungen der Kauf- und Abtretungsvereinbarung über Forderungen aus Versicherungsvertrag (Stand 01/2011) durchzusetzen."
27Die AGB sowohl zum Vertrag Stand 20.01.201 als auch zum Vertrag Stand 13.02.2012 2011lauten unter „§ 2 Abtretung, Vollmacht“:
28„… 2) Der Verkäufer tritt mit Wirkung zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung alle seine Rechte und Ansprüche aus dem vorderseitig genannten Vertrag vollumfänglich und unwiderruflich an die Käuferin ab ...
295) Die Käuferin beauftragt ggf. einen Rechtsanwalt mit der Anfechtung des Vertrages und dem Ziel, möglichst alle eingezahlten Beiträge von der Gesellschaft erstattet zu bekommen. Die rechtliche Auseinandersetzung wird nach Wahl der Käuferin im eigenen Namen oder im Namen des Verkäufers erfolgen, wobei sich die Käuferin im Innenverhältnis verpflichtet, den Verkäufer von allen Kosten freizuhalten. Ausnahme sind die für die Kündigung angefallenen Kosten. ...“
30(1) Dass die Kauf- und Abtretungsvereinbarung, wie sie die Beklagte im Jahr 2011 verwendet hat – „Geld zurück! – Auftrag“ AV 4 2011 mit AGB 2011 – eine Inkassodienstleistung i.S.d § 2 Abs. 2 RGD darstellt, hat der Bundesgerichtshof inzwischen im Nachgang zu der vom Landgericht Köln im angefochtenen Urteil umfassend zitierten Entscheidung des OLG Nürnberg bestätigt (BGH VersR 2014, 183, Urteil v. 11.12.2013, IV ZR 46/13). Am 11.12.2013 sind zwei weitere, im Wesentlichen gleichlautende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergangen (BGH IV ZR 136/13, bei juris; BGH IV ZR 131/13), wobei diese nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten die Vertragsgeneration 2010 mit den AGB Stand 11/2009 betreffen.
31Es besteht keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen.
32Der Argumentation der Beklagten, die Kauf- und Abtretungsvereinbarung sei entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs keine Inkassodienstleistung, auch wenn der Zedent/Verkäufer den Kaufpreis nicht bereits mit Kauf-/Abtretungsvertragsabschluss erhalte, da die Kaufpreiszahlung allein von der Versicherungsbestätigung als einer reinen Routineangelegenheit abhinge und sie das volle Durchsetzungsrisiko einschließlich der Kosten übernommen habe, kann nicht beigetreten werden. Für die Abgrenzung einer nach dem RDG unter Erlaubnisvorbehalt stehenden Inkassodienstleistungen zum erlaubnisfreien Forderungskauf ist darauf abzustellen, ob nach den Gesamtumständen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser das volle wirtschaftliche Risiko ihrer Beitreibung übernimmt. Hiervon geht auch die Beklagte aus. Dass bei der streitgegenständlichen Vertragsgestaltung aus dem Jahr 2011 – d.h. der als Anlage K2/K5 eingeblendeten konkreten Verletzungsform – das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung beim Versicherungsnehmer nicht vollständig auf die Beklagte übergegangen ist, hat der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 11.12.2013 umfassend dargelegt (BGH VersR 2014, 183, juris-Tz. 21 ff.; BGH IV ZR 136/13, bei juris, juris-Tz. 19 ff.). Er hat dabei auf § 3 der AGB 2011 abgestellt
33„§ 3 Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit
341) Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand nach § 1 (noch laufender Vertrag) richtet sich nach dem von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Kauf- und Abtretungsvereinbarung übermittelten und zur Auszahlung kommenden Netto-Auszahlungsbetrags nach Abzug von Steuern, Abgaben und Gebühren. Über diesen Betrag holt die Käuferin bzw. der beauftragte Rechtsanwalt eine Bestätigung der Gesellschaft ein. Der Kaufpreis erhöht sich noch um den jeweils vereinbarten Anteil an den zusätzlich zu erreichenden künftigen Erstattungen gemäß Nr. 2.
352) Der Kaufpreis für Ansprüche aus bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen beträgt je nach Vereinbarung 25-75% der noch zu erreichenden Erstattungen. Die Kaufpreiszahlung ist aufschiebend bedingt erst zahlbar, wenn durch die Tätigkeit der Käuferin weitere Erstattungen von der Gesellschaft eingefordert werden konnten. Die Vereinbarungen gemäß Nr. 4 gelten sinngemäß.
363) ...
374) Der Kaufpreis gem. Abs. 1 ist auf das Fremdgeldkonto einzuziehen und unter Abzug der vereinbarten Gebühren innerhalb von 10 Banktagen nach Eingang des Geldes an den Verkäufer auf das umseitig genannte Konto des Verkäufers oder auf ein anderes von ihm vorderseitig benanntes Konto eines Dritten zu überweisen. ...“
38und hierzu ausgeführt, aus der Vereinbarung zur Fälligkeit des „Kaufpreises“, der sich zunächst nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB nach dem Rückkaufswert richte und nach Satz 3 um den vereinbarten Anteil an den „künftigen Erstattungen“ erhöhe, folge, dass das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung beim Versicherungsnehmer bleibe. Die Erhöhung des Kaufpreises nach Satz 3 werde nicht vor einer erfolgreichen Beitreibung beim Versicherer fällig, wie sich bereits aus der Bezeichnung als „künftige Erstattungen“ ergebe. Auch hinsichtlich des Kaufpreises i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB trete die Fälligkeit erst nach der Auszahlung durch den Versicherer ein. Aus Satz 2 ergebe sich nicht, dass der Kaufpreis bereits mit Eingang der Bestätigung beim Käufer fällig sei. Hiergegen spreche, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 AGB nur die Höhe des Kaufpreises betreffe. Zudem lassen die Überschrift des § 3 AGB „Kaufpreis, Kaufpreisfälligkeit“ eine gesonderte und eindeutige Fälligkeitsregelung erwarten. Eine solche finde sich in § 3 Abs. 4 Satz 1 AGB. Diese Fristbestimmung sei nach § 271 Abs. 2 BGB dahingehend zu verstehen, dass der Kaufpreis erst zehn Banktage nach Eingang der Zahlung auf dem Fremdgeldkonto fällig werde. Auch die Verwendung des Begriffs „Fremdgeldkonto“ spreche dafür, dass der Rückkaufswert nach Auszahlung durch den Versicherer wirtschaftlich dem Versicherungsnehmer zugeordnet werde, der Kaufpreis vor dieser Auszahlung nicht an den Versicherungsnehmer auszukehren sei. Der Begriff lasse sich nur dahin verstehen, dass es sich um ein von der Beklagten für Rechnung der Versicherungsnehmer verwaltetes Konto handele. Ein anderes Verständnis folge auch nicht aus einem Umkehrschluss aus § 3 Abs. 2 Satz 2 AGB. Sinn und Zweck einer besonderen Regelung zur Höhe und Zahlbarkeit des Kaufpreises bei bereits gekündigten und ausgezahlten Verträgen ergebe sich daraus, dass die Höhe des Kaufpreises für die Partei erst mit Auszahlung der weiteren Erstattungen durch den Versicherer feststehe, schon die Entstehung des Kaufpreisanspruchs also unter der aufschiebenden Bedingung der erfolgreichen Beitreibung stehe. Für die Fälligkeit gelte aufgrund der Verweisung in Satz 3 ebenfalls die Frist von zehn Banktagen nach Eingang auf dem Fremdgeldkonto. Demgegenüber stehe bei noch laufenden Verträgen bereits mit der Bestätigung des Versicherers der Kaufpreisteilanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGB der Höhe nach fest und sei damit entstanden, wenn auch noch nicht fällig.
39Vor dem Hintergrund, dass die Versicherungsnehmer im Vertragsverhältnis zur Beklagten wirtschaftlich nicht an dem ihnen ohnehin zustehenden Rückkaufswert interessiert sind, sondern an dem diesen überschießenden Anteil, der seinerseits nicht von der Höhe des Rückkaufswertes abhängt, ist die Argumentation des Bundesgerichtshofs – im Gegensatz zu der der Beklagten – überzeugend.
40Soweit die Beklagte rügt, dass die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 11.12.2013 nur den „Geld zurück!- Auftrag“ aus dem Jahr 2011 beträfen, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Vertrag aus dem Jahr 2012 – d.h. die als Anlage B3 eingeblendete konkrete Verletzungsform – sich in den nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Punkten nicht von dem Auftrag aus dem Jahr 2011 unterscheidet. § 3 Ziff. 1, 2 und 4 Satz 1 der AGB 2011 („Stand 01/2011 … AGB © 2011 Q AGB / Stand: 20.01.2011“) und der AGB 2012 („Stand 01/2011 … AGB © 2012 Q AGB / Stand: 09.01.2012“) sind inhaltlich identisch.
41Der Einwand der Beklagten, der Bundesgerichtshof habe die Vertragsklauseln nach dem allgemeinem Verständnis ausgelegt und den konkreten Parteiwillen sowie das im Übrigen zwischen den Parteien Vereinbarte außen vor gelassen, da sie damals mit ihrem entsprechenden Vortrag präkludiert gewesen war, ist im Ergebnis ohne Belang. Die Beklagte trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich ein allen Verträgen zugrunde liegender und von deren objektivem Inhalt abweichender übereinstimmender Parteiwille herleiten ließe. Ihr pauschales Vorbringen, es komme maßgeblich auf die Werbung und die damit erzeugte Erwartungshaltung an, genügt insoweit nicht. Die von der Beklagten vorgelegte „Auslegungs- und Änderungsvereinbarung“ bezieht sich zum einen auf eine „Kauf- und Abtretungsvereinbarung … vom 24.11.2010“, d.h. nicht auf die streitgegenständlichen Verträge der Generation 2011 und 2012, zum anderen hat die Beklagte nicht schlüssig dargetan, dass eine solche Vereinbarung mit jedem ihrer Vertragspartner geschlossen worden ist. Außerdem kann ein bereits erfolgter Verstoß gegen das RDG, der einen Unterlassungsanpruch nach dem UWG auslöst, nicht nachträglich durch eine Abänderungsvereinbarung beseitigt werden.
42Die Inkassodienstleistungen erbringt die Beklagte als eigenständiges Geschäft i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 2 RDG; sie ist wesentlicher Teil ihres Geschäftsmodells.
43(2) Die von der Beklagten vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gebieten keine Korrektur der angefochtenen Entscheidung.
44Dass der Erlaubnisvorbehalt in §§ 3, 2 RDG für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten grundsätzlich verfassungsgemäß ist, ist durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (BVerfG, NJW 2007, 2389, juris-Tz. 8, m.w.N., noch zu Art. 1 RBerG).
45Der Eingriff in die Berufsfreiheit, Art 12 GG, ist vor dem Hintergrund des § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG für Inkassodienstleistungen nicht unverhältnismäßig. Nach §§ 10, 11, 12 RDG dürfen in diesem Bereich Rechtsdienstleistungen durch registrierte Personen erbracht werden, wobei Voraussetzung der Registrierung eine besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts, insbesondere des bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts ist. Die geforderte Sachkunde schützt gerade die Interessen der Versicherungsnehmer. Auch die Gesamtregelung in §§ 2, 3, 10, 11, 12 RDG dient nicht dem Schutz der Versicherungswirtschaft, sondern dem Schutz der Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, § 1 Abs. 1 Satz 2 RDG. Dieser Schutz greift im außergerichtlichen Bereich, § 1 Satz 1 RDG, so dass die Argumentation der Beklagten, da eine gerichtliche Geltendmachung der Forderungen durch unabhängige Rechtsanwälte vorgenommen werde, die mit dem RDG angestrebte Qualität der Rechtsdienstleistungen gewährleistet sei, schon im Ansatz fehl geht.
46bb) Das Geschäftsmodell des Prozessbetreuungsvertrages ist in allen hier streitgegenständlichen Varianten, die mit Ziff. 1b) des Tenors der angefochtenen Entscheidung erfasst sind, jeweils auf eine selbständige außergerichtliche Rechtsdienstleistung i.S.d. § 3, 2 Abs. 1 RDG gerichtet. Der vom Versicherungsnehmer erteilte Auftrag zur Anspruchsdurchsetzung erfordert im Vorfeld der gerichtlichen Geltendmachung eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles. So lautet der Prüfauftrag Ökopaket sowohl in der Version Stand 24.09.2007 als auch der Version Stand 10.03.2008:
47„Ich bin davon überzeugt, dass nach Kündigung meines Versicherungsvertrages ein erheblich höherer Rückkaufswert erzielt werden kann. Um von möglichen zusätzlichen Rückerstattungen profitieren zu können, bitte ich um Ihre Unterstützung. Ich biete Ihnen dazu den Abschluss eines Prozessfinanzierungs- und Prozessbetreuungsvertrages nach den mir bekannten und ausgehändigten PFV-Bedingungen (Stand: 06-2007) zur Anfechtung des nachstehend bezeichneten Vertrages an. … Zudem beauftrage ich Sie, umgehend einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung meiner Interessen sowie der sofortigen Kündigung des vorstehenden Vertrages zu beauftragen.… Anbei gebe ich Ihnen eine Blankovollmacht, die Sie an den Rechtsanwalt ihrer Wahl aushändigen können. Mir ist bewusst, dass kein Vertrags- bzw. Mandatsverhältnis zwischen mir und dem von Ihnen beauftragten Rechtsanwalt zustande kommt. … Ich bin mir darüber im Klaren, dass durch die Q AG und deren Rechtsanwälte lediglich eine Prüfung der Anfechtbarkeit meiner Verträge vorgenommen wird. Es erfolgt keinerlei Überprüfung der damit verbundenen Absicherungen und durch die Kündigung ggf. entstehenden Versorgungslücken. … Insofern stelle ich die Q AG und deren Rechtsanwälte von sämtlichen diesbezüglich evtl. entstehenden Verpflichtungen und Ansprüchen frei. …“
48Der Prüfauftrag Rechtssschutzpaket Stand 10.03.2008 ist insoweit inhaltlich gleich. Die Behauptung der Beklagten, es liege dort ein Schreibfehler vor und es müsse heißen „Mir ist bewusst, dass EIN Vertrags- bzw. Mandatsverhältnis zwischen mir und dem von Ihnen beauftragten Rechtsanwalt zustande kommt“, ist vor dem Hintergrund der identischen Formulierung in den Versionen Stand 24.09.2007 und Stand 10.03.2008 nicht überzeugend. Der von der Beklagten im nicht nachglassenen Schriftsatz vom 21.08.2014 betonte „wesentliche Unterschied“ zwischen den Modellen RS, Öko und Easy, aus dem sich die Sinnlosigkeit der identischen Formulierung beim Modell RS ergebe, ist weder nachvollziehbar dargetan noch sonst ersichtlich.
49Der Prozessbetreuungsvertrag MRS 2011 mit AGB 2011 lautet:
50„Ich bin überzeugt davon, dass ich mehr erreiche, wenn ich mich der durch die Q ergeben betreuten Anspruchsgemeinschaft anschließe. Deshalb beauftrage ich Sie hiermit meine Ansprüche für mich gemäß der umseitigen Bedingungen über die Prozessbetreuung zur Anfechtung von Versicherungsverträgen (Stand 01/2011) durchzusetzen.… Ich entscheide mich für das Modell RS von LV-Doktor: Ich habe eine Rechtsschutzversicherung, die die Verfahrenskosten trägt. … Ich bin mir im Klaren, dass durch die Q AG und die beauftragten Rechtsanwälte keine Überprüfung der bestehenden Absicherungen und durch Kündigung entstehender eventueller Versorgungslücken vorgenommen wird. … Insofern stelle ich die Q AG und die beauftragten Rechtsanwälte von sämtlichen diesbezüglich evtl. entstehenden Verpflichtungen und Ansprüchen frei. …“
51AGB
52„Präambel
53… Um schnellstmöglich über das Guthaben verfügen zu können, beauftragt der Anspruchsinhaber die Q durch umstehende Erklärung mit der Betreuung und Steuerung der Anspruchsdurchsetzung. Die Q hat hierzu eine Strategie entwickelt, die ihr Know-how und damit einen wesentlichen Teil ihrer Geschäftsgrundlage darstellt und mit welcher der gesamte Verfahrensablauf gesteuert werden soll. … Die Q erbringt im Rahmen dieser Vereinbarung selbst keine Leistungen im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Mit der Prüfung des Sachverhalts sowie der gegebenenfalls erforderlichen außergerichtlichen Korrespondenz zum Zwecke der Anspruchsdurchsetzung werden jeweils unabhängige Rechtsanwälte beauftragt, welche dem Netzwerk der Q zugehörig sind. …
54§ 2 Leistungen der Q
55(1) Die Q übernimmt die Betreuung und Steuerung der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche des Anspruchsinhabers gegenüber der Versicherung. Hierfür bringt die Q ihr gesamtes Know-how, das sie bereits erworben hat und stetig weiterentwickelt, ein.
56(2) Die pro Konzept ist … bevollmächtigt, für die gerichtliche und außergerichtliche Wahrnehmung der Interessen des Anspruchsinhabers gegenüber dem Versicherer einen unabhängigen Rechtsanwalt aus ihrem Netzwerk auszuwählen und mit der Anspruchsdurchsetzung zu beauftragen. Die Q wird durch den Anspruchsinhabern ermächtigt, in Abstimmung mit den bevollmächtigten Rechtsanwälten in Vertretung für den Anspruchsinhaber zu entscheiden, welche außergerichtlichen bzw. gerichtlichen Maßnahmen für die Durchsetzung der sich etwaig aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Ansprüche eingeleitet werden. …“
57Der Prozessbetreuungsvertrag MRS 2012 mit AGB 2012 (B2, Bl. 129, 130 GA) lautet:
58„Ich bin überzeugt, dass ich mehr erreiche, wenn ich für die Durchsetzung meiner Ansprüche ein durch die Q AG betreutes Musterverfahren durchführen und mich in diesem Zusammenhang durch einen spezialisierten Rechtsanwalt des Netzwerks der Q AG vertreten lassen. Deshalb beauftrage ich Sie hiermit, die Durchsetzung meiner Ansprüche für mich gemäß der umseitigen Bedingungen über die Prozessbetreuung zur Anfechtung von Versicherungsverträgen (Stand 02/2012) zu betreuen. … Die Verfahrenskosten übernimmt meine Rechtsschutzversicherung. … Ich bin mir im Klaren, dass durch die Q AG und die beauftragten Rechtsanwälte keine Überprüfung der bestehenden Absicherungen und durch Kündigung entstehender eventueller Versorgungslücken vorgenommen wird. … Insofern stelle ich die Q AG und die beauftragten Rechtsanwälte von sämtlichen diesbezüglich evtl. entstehenden Verpflichtungen und Ansprüchen frei. …“
59Die AGB 2012 sind mit den AGB 2011 im oben zitierten Umfang identisch.
60Die Rechtsdienstleistung wird von der Beklagten selbständig erbracht. Aus allen Varianten des Prozessbetreuungsvertrages ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte nicht nur dem Versicherungsnehmer einen spezialisierten Rechtsanwalt aus ihrem Pool vermittelt, anschließend ein Vertrag zwischen dem Rechtsanwalt und dem Versicherungsnehmer geschlossen wird, der Rechtsanwalt im Auftrag des Versicherungsnehmers die rechtliche Prüfung übernimmt und die Beklagte das weitere Verfahren als außenstehende Dritte betreut, sondern dass Vertragsbeziehungen – nur – zwischen dem Versicherungsnehmer und der Beklagten sowie der Beklagten und dem Rechtsanwalt bestehen, so dass die rechtliche Prüfung aus Sicht des Versicherungsnehmers / Auftraggebers von der Beklagten vorgenommen wird, die ihrerseits ggf. einen Rechtsanwalt hinzuzieht. Damit unterfällt die Beklagte dem RDG, ohne sich durch ihre AGB („Die Q erbringt im Rahmen dieser Vereinbarung selbst keine Leistungen im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes“) bzw. die PFV-Bedingungen Stand 06/2007 zum Prüfauftrag Ökopaket („Rechtliche Beratung und Betreuung des Anspruchsinhabers werden nicht übernommen“) freizeichnen zu können. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nicht dadurch gerechtfertigt, dass sich der Dienstleister der Hilfe von Rechtsanwälten bedient (s. BGH, GRUR 2009, 1077 – Finanz-Sanierung, Tz. 23 f., m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt:
61„Der Senat hat bereits in der Entscheidung „Schuldenregulierung“ ausgesprochen, dass eine ohne entsprechende Erlaubnis vorgenommene Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nicht dadurch gerechtfertigt wird, dass der Handelnde sich dabei der Hilfe eines Rechtsberaters bedient … Denn auch dann, wenn er sich insofern eines Rechtsanwalts bedient, verpflichtet er sich gegenüber dem Vertragspartner, die Rechtsbesorgung zu übernehmen. … Der Senat sieht auch unter der Geltung des Rechtsdienstleistungsgesetzes keinen Anlass, von dieser Auffassung abzurücken. Sie stellt im Interesse der rechtsuchenden Bürger sicher, dass die gesetzliche Regelung nicht umgangen wird und nur Rechtsberater tätig werden, die selbst die erforderliche persönliche und sachliche Zuverlässigkeit besitzen, und gewährleistet, dass im Falle einer fehlerhaften Beratung Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend gemacht werden können … Außerdem hat der Rechtsberater, der vom ohne Erlaubnis handelnden Geschäftsbesorger zugezogen wird, nach seinen vertraglichen Verpflichtungen in erster Linie die Interessen seines Auftraggebers und nicht die des zu beratenden Rechtsuchenden wahrzunehmen, so dass die Gefahr von Interessenkollisionen besteht, die die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des hinzugezogenen Rechtsberaters gefährden können … Die Bundesregierung hat zwar im Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes vorgeschlagen, dem Dienstleistenden zu gestatten, die Rechtsdienstleistung als Teil seines eigenen Leistungsangebots zu erbringen, solange er insofern einen Anwalt hinzuzieht, der die Rechtsdienstleistung eigenverantwortlich erbringt (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks. 16/3655, S. 38, 56 f.; § 5 Abs. 3 RDG-E). Der Gesetzgeber hat jedoch von der Einführung einer solchen Regelung Abstand genommen und eine Tätigkeit des zugelassenen Rechtsberaters als Erfüllungsgehilfe eines nichtanwaltlichen Unternehmens weiterhin nicht zugelassen. Danach besteht das Erfordernis einer gesonderten Einschaltung eines zugelassenen Rechtsberaters nach dem neuen Recht fort …Der in diesem Sinne verstandene Erlaubnisvorbehalt ist auch durch ausreichende Belange des Gemeinwohls gedeckt und daher in verfassungsrechtlicher Hinsicht unbedenklich (vgl. BGH NJW 2008, 3069 Tz. 22). Der der Berufsfreiheit Rechnung tragende Zweck der Regelung in … § 5 RDG, Berufe, die ohne gleichzeitige Rechtsberatung nicht ausgeübt werden können, nicht am Rechtsberatungsgesetz bzw. Rechtsdienstleistungsgesetz scheitern zu lassen, bleibt von dem Erlaubnisvorbehalt unberührt ...“
62Dem ist beizutreten. Die Ansicht der Beklagten, bei verfassungskonformer Auslegung des RDG müsse der Auftrag zu einer Rechtsdienstleistung auch durch einen zwischengeschalteten Vertreter erteilt werden dürfen, überzeugt dagegen nicht. Gerade weil das Angebot einer Rechtsdienstleistung Hauptzweck des Unternehmens der Beklagten ist und die Beklagte eigene wirtschaftliche Interessen gegenüber ihren jeweiligen Vertragspartnern verfolgt, ist der verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Erlaubnisvorbehalt des RDG im Rahmen der Auslegung und Anwendung des RDG auf den konkreten Einzelfall verhältnismäßig. Die von der Beklagten geforderte „Auslegung“ des RDG steht gegen den vom Gesetzgeber bewusst gewählten Gesetzeswortlaut, wobei auch nach der nahezu einhelligen Ansicht in der Literatur (z.B. Henssler/Prütting-Weth, Kommentar zur BRAO, 4. Aufl., RDG Einl. Rn. 40c, Rn. 33 ff.; Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 11.62; Palandt-Ellenberger, BGB, 73. Aufl.,§ 134 Rn. 21; a.A. Albrecht, GewArch 2013, 7 ff.) keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das RDG bestehen, das die zum RBerG ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt und den früheren Verbotsumfang entsprechend eingeschränkt hat. So sind Ausnahmen insbesondere für zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehörende Nebenleistungen, § 5 RDG, für unentgeltliche Rechtsdienstleistungen, § 6 Abs. 1 RDG, und für bestimmte Vereinigungen, § 7 Abs. 1 RDG, vorgesehen, ferner in bestimmten Bereichen eine Zulassung bei Nachweis besonderer Sachkunde.
63Soweit sich die Beklagte im Schriftsatz vom 31.07.2014 auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen IV ZR 124/13, IV ZR 156/13 und IV ZR 58/13) zur Frage der Deckungspflicht des Rechtsschutzversicherers im Verhältnis zum Versicherungsnehmer beruft, bestätigen diese nicht ihre Ansicht, dass der Prozessbetreuungsvertrag mit dem RDG zu vereinbaren sei.
64b) Die Wiederholungsgefahr folgt aus den bereits vorgenommenen Verletzungshandlungen, zumal die Beklage nach wie vor der Ansicht ist, ihr Geschäftsmodell sei zulässig.
652. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der ihrer Höhe nach unstreitigen Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
663. Auf Verjährung der Ansprüche beruft sich die Beklagte in zweiter Instanz nicht mehr. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte beide Geschäftsmodelle noch nach dem Jahr 2010 fortgesetzt und auch nicht schlüssig dargelegt, wann die Klägerin von welcher der jeweiligen Vertragsvarianten aus den konkreten Verletzungsformen Kenntnis gehabt hat.
674. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 21.08.2014 gibt zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung.
68III.
69Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
70Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.