Landgericht Köln Urteil, 13. Aug. 2013 - 11 S 374/12
Gericht
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin wird auf ihre Berufung das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 18.07.2012 – 261 C 78/12 – teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 689,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 240,00 € seit dem 13.03.2011, aus 269,48 € seit dem 19.07.2011, aus 40,00 € seit dem 17.03.2010 und aus 140,00 € seit dem 17.05.2011 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 11 Prozent und die Beklagte 89 Prozent; von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 43 Prozent und die Beklagte 57 Prozent.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen. –
1
Entscheidungsgründe:
2Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
3Das Amtsgericht hat in fünf Schadensfällen der Klägerin gegen die Beklagte restliche Mietwagenkosten in Höhe von 3.274,38 € nebst Zinsen zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es wird auf die Gründe in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
4Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die nunmehr Zahlung weiterer 1205,28 € begehrt und sich gegen der Aberkennung der Winterreifen und des pauschalen Aufschlags von 20 Prozent wehrt. Zum Aufschlag von 20 Prozent habe die Klägerin die unfallspezifischen Mehrleistungen im Einzelnen vorgetragen. Außerdem seien die Anmietungen zeitnah zum Unfall gewesen, und zwar im Fall 2 (U) ein Tag nach dem Unfall, im Fall 3 (T) am Unfalltag und im Fall 5 (G) ein Tag nach dem Unfall. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Berufungsbegründungsschrift Bezug genommen.
5Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hat sich auf die Gründe in der angefochtenen Entscheidung berufen.
6Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
7Die verfahrensrechtlich bedenkenfreie Berufung der Klägerin ist in der Sache teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz, auf Ersatz der Winterreifen in den Fällen 2. (U) 240,00 €; in dem Fall 4. (W) 40,00 € und im Fall 5, (G) 140,00 € also insgesamt in Höhe von 420,00 €. Fehlerhaft hat das Amtsgericht die Kosten für Winterreifen in diesen Fällen als nicht erstattungsfähig angesehen.
8Ob es sich bei den Kosten für Winterreifen um erstattungsfähige Nebenleistungen handelt, ist in der Rechtsprechung umstritten. Während teilweise eine vergütungspflichtige Nebenleistung verneint wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14.06.2011 – 15 U 9/11 -; LG Dortmund, Urteil vom 19.07.2010 – 21 O 489/08; LG Karlsruhe, Urteil vom 14.05.2010 – 9 S 442/09 - sämtlich zitiert nach Juris), ist eine solche von anderen Gerichten bejaht worden (OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011 – 1 U 27/11 – zitiert nach Juris; OLG Stuttgart NZV 2011, 556; OLG Köln NZV 2011, 450; OLG Celle MDR 2012, 760). Die Kammer schließt sich der letztgenannten Auffassung an wie jetzt auch ausdrücklich das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.03.2013 – VI ZR 245/11 – zitiert nach Juris.
9Dass Winterreifen zu den konkreten Anmietzeiten zur erforderlichen Ausstattung der Fahrzeuge gehören, um deren Verkehrssicherheit sicherzustellen und dass deshalb die Klägerin verpflichtet war und ist, ihren Mietern das Ersatzfahrzeug ausgestattet mit Winterreifen zu überlassen, bedeutet nicht, dass der Vermieter für eine solche Ausstattung nicht auch eine besondere Vergütung verlangen kann (vgl. BGH a.a.O.). Da Winterreifen nicht zur Erstausstattung eines Fahrzeuges gehören, handelt es sich um Zusatzkosten des Vermieters, die in zulässiger Weise an den Kunden weitergegeben werden dürfen. Entsprechend legen Mietwagenfirmen die Kosten für die Ausstattung des Fahrzeuges mit Winterreifen grundsätzlich auf die Mieter um, so dass regelmäßig ein Aufschlag hierfür berechnet wird und folglich von den Mietern auch gezahlt werden muss. Im Übrigen kommt es gemäß § 249 BGB auch nur darauf an, was der Geschädigte in seiner Situation für erforderlich halten durfte. Wenn das Mietwagenunternehmen die Ausstattung des Mietfahrzeuges mit Winterreifen nur gegen Aufschlag anbietet, die Nutzung des Fahrzeuges bei Eis, Schnee und Matsch aber nur mit Winterreifen zulässig ist, darf der Geschädigte, der zur Wahrung seiner Verpflichtung nach der StVO Winterreifen benötigt, diese Kosten für erforderlich halten im Sinne von § 249 BGB (vgl. LG Köln, Urteil vom 06.09.2011 – 11 S 293/10 -).
10Weiterhin ist die Berufung insoweit begründet, dass die Klägerin gegen die Beklagte im Schadensfall 3. (Fall T) einen Zuschlag von 20 Prozent wegen unfallbedingter Mehraufwendungen verlangen kann. Dies ist ein Betrag von 269,48 €, während in den Schadensfällen 2. und 5. das Amtsgericht zu Recht einen Zuschlag von 20 Prozent wegen unfallbedingter Mehraufwendungen versagt hat. Nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05.03.2013 – VI ZR 245/11 – entfällt - trotz ansonsten vorliegender unfallbedingter Mehraufwendungen – der Zuschlag, wenn keine Eil- oder Notsituation vorlag, die bei einer Anmietung ein Tag nach dem Unfall grundsätzlich nicht angenommen werden kann und sogar bei einer Anmietung noch am Unfalltag fehlen kann, wenn es dem Geschädigten in der konkreten Anmietsituation zuzumuten war, sich vor Anmietung nach günstigeren Tarifen zu erkundigen, wobei es dem Anspruchsteller bzw. Geschädigten obliegt, darzulegen, dass sich die konkrete Anmietsituation als Notsituation darstellte (vgl. BGH a.a.O.). Ein solcher Vortrag fehlt in den Schadensfällen 2. und 5., in denen die Anmietung jeweils ein Tag nach dem Unfallgeschehen erfolgte.
11Demgegenüber hat die Klägerin einen Anspruch auf einen Zuschlag von 20 Prozent im Schadensfall 3. (Fall T), wo sich der Unfall in Aachen ereignete und der Geschädigte vier Stunden nach dem Unfall den Pkw bei der Klägerin angemietet hat. Insoweit hat die Klägerin konkret eine Eilbedürftigkeit für den Geschädigten vorgetragen, der die Beklagte nicht entgegengetreten ist, so dass dies unstreitig ist. In diesem Fall hat die Klägerin gegen die Beklagte insoweit noch einen Anspruch in Höhe von 269,48 €.
12Nach alledem steht der Klägerin insgesamt gegen die Beklagte noch ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 689,48 € zu.
13Auch die Entscheidung des OLG Köln vom 30.07.2013 – 15 U 212/12 – rechtfertigt keine andere Entscheidung. Die Kammer folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der den Automietpreisspiegel Schwacke-Liste grundsätzlich als ein zulässige Schätzungsgrundlage angesehen hat.
14Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
15Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 ZPO).
16Berufungsstreitwert: 1.205,28 Euro.
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Annotations
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.