Amtsgericht Köln Urteil, 22. Juli 2015 - 261 C 56/15
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 767,93 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.7.2014 nebst außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 78,89 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 32% und die Beklagte zu 68%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin eines Pkws Audi A4 Ambition mit dem amtlichen Kennzeichen OG-S … . Das Fahrzeug gehört der Schwacke-Fahrzeuggruppe 7 an.
3Bei einem Unfall am 11.4.2014 wurde das klägerische Fahrzeug durch das Verschulden des Fahrers des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs Lkws, amtliches Kennzeichen K-Q … , mit Sattelzug, amtliches Kennzeichen K-Q … , beschädigt. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.
4Die Klägerin mietete vom 12.4. bis 23.4.2014 während der unfallbedingten Ausfallzeit ihres Pkws einen Mietwagen an. Für die Anmietung wurden ihr insgesamt € 1.934,00 brutto in Rechnung gestellt.
5Hierauf zahlte die Beklagte € 813,98 sowie auf die gesamten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten € 650,34 zu einem Gegenstandswert von € 6.802,16.
6Die Klägerin ist der Ansicht, die Mietwagenkosten seien anhand der Schwacke-Liste zu schätzen. Ferner meint sie, es sei ein Aufschlag von 20% für unfallbedingte Mehraufwendungen vorzunehmen. Auch seien für ersparte Eigenaufwendungen nur 3% abzurechnen.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.120,04 nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 2.7.2014 nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 78,89 zu zahlen,
9hilfsweise,
10die Klägerin von den Mietwagenkosten in Höhe von € 1.120,04 und von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 78,89 freizustellen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage ist teilweise begründet.
16Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten und Rechtsanwaltsgebühren in tenorierter Höhe.
17Mietwagenkosten gehören grundsätzlich zum Herstellungsaufwand, den ein Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung gemäß § 249 BGB dem Geschädigten nach einem Unfall zu ersetzen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind als erforderlicher Aufwand nur diejenigen Mietwagenkosten anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann; es ist also vom Normaltarif auszugehen.
18Für die Ermittlung des Normaltarifs sieht das Gericht den Schwacke-Mietpreisspiegel als geeignete Schätzgrundlage an. Hiervon geht offensichtlich auch der BGH aus, der u.a. in den Entscheidungen vom 14.10.2008, 17.5.2011 und 18.12.2012 die Heranziehung der Schwacke- Liste nicht beanstandet.
19Bei der Bildung der aufgeführten Werte hat sich der Schwacke- Auto- Mietpreisspiegel an den tatsächlichen Marktverhältnissen orientiert. Die Schwacke- Organisation tritt als neutrale Sachverständigenorganisation auf. Sie verzichtet bei der Datensammlung bewusst auf unzuverlässige und nicht reproduzierbare telefonische Erhebungen und auf Internetrecherche und wertet schriftliche Preislisten aus, die für jeden frei zugänglich sind. Schwacke hat ausweislich des Editorials allein im Jahr 2012 Informationen von 7.358 Vermietstationen ausgewertet. Es wurden 2.108 Preislisten aus dem Internet zur Überprüfung verwendet; ferner wurden 5064 Überprüfungen durch Doppelmeldungen durchgeführt, die zu keinen abweichenden Ergebnissen führten. Für die Jahre 2013 und 2014 gilt ähnliches. Die Manipulationsmöglichkeiten, die hinsichtlich der Schwacke-Liste immer wieder als Kritikpunkt angeführt werden, dürften in Hinblick hierauf sehr gering sein.
20Die Beklagte hätte demgegenüber konkret darlegen müssen, dass die befragten Mietwagenunternehmen völlig aus dem üblichen Preisrahmen herausfallen. Die Anwendung der Schwacke-Liste kann allenfalls dann zur Schätzung ungeeignet sein, wenn der Schädiger umfassenden Sachvortrag dazu vorbringt und insoweit Beweis antritt, dass dem Geschädigten im fraglichen Zeitraum eine Anmietung mit denselben Leistungen zu wesentlich günstigeren Preisen bei konkret benannten bestimmten anderen Mietwagenunternehmen möglich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 22.02.2011, Az.: VI ZR 353/09). An einem solchen Vortrag fehlt es hier.
21Dass dem Kläger in der konkreten Situation ein günstiger Tarif zugänglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich oder dargelegt. Für einen solchen Umstand, dass dem Geschädigten in der konkreten Situation ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen ohne weiteres zugänglich gewesen wäre, ist die Beklagte beweispflichtig (BGH, Urteil vom 2.2.2010, Az: VI ZR 139/08). Woher die Beklagte ihre Kenntnis nimmt, dass Erkundigen von Kunden zuvor über Internet oder Telefon eingeholt werden, erschließt sich dem Gericht nicht. Gerade auf ältere Generationen, die mit dem Internet nicht vertraut sind und persönliche Gespräche vorziehen könnten, dürfte dies nicht zutreffen. Es ist auch nicht verständlich, wie ein Sachverständiger hierüber Auskunft geben sollte. Zudem liegt es gerade in einer Unfallsituation nicht nahe, dass ein Geschädigter noch am Unfallort oder in der Werkstatt über Internet oder Telefon Marktforschungen anstellt.
22Der allgemeine Verweis auf die Fraunhofer- Studie und die dort aufgeführten Tarife reicht ebenfalls nicht aus. Insbesondere stellt allein der Verweis auf alternative Schätzgrundlagen gerade keine konkrete Tatsache dar, welche geeignet ist, Mängel an der von dem Gericht herangezogenen Schätzgrundlage zu begründen, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Dies hat der BGH wiederholt bestätigt (u.a. BGH, Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09). Es liegt auch nicht schon ein solcher Mangel darin, dass etwa der Fraunhofer Mietpreisspiegel geringere Preise ausweist (vgl. LG Köln, Urteil vom 10.11.2009, 11 S 400/09 und Urteil vom 15.12.2009, 11 S 394/08). Zudem bestehen für das Gericht erhebliche Zweifel an der Fraunhofer- Studie.
23Das Fraunhofer Institut hat im Jahr 2013 mit der nicht belegten Begründung, dass der Anmietzeitraum nur in äußerst seltenen Fällen Einfluss auf den Preis habe, einen Anmietzeitpunkt gewählt, der nicht zwischen Donnerstag 14 Uhr und Montag 9 Uhr lag. Evtl. Ferieneinflüsse, Sondertarife u.ä. wurden nicht berücksichtigt und flossen auch nicht in Durchschnittspreise ein. Es wurde außerdem jeweils ein etwa eine Woche in der Zukunft liegender Anmietzeitpunkt ausgewählt, was durchgreifende Bedenken an der die Besonderheiten eines Falles wie des vorliegenden erfassenden Repräsentativität der in der Studie abgebildeten Werte begründet. Denn gerade die Notwendigkeit der kurzfristigen Verfügbarkeit kennzeichnet in einer erheblichen Anzahl von Fällen die Situation der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges, welches an Stelle des infolge des Unfalls fahruntauglichen Fahrzeugs benötigt wird (OLG Köln, Urteil vom 8.11.2011, Az: I-15 U 54/11). Die Erhebung auf Internetbasis umfasste 1578 Anmietstationen, die auf nur sieben verschiedene, überregionale Anbieter entfallen. Mittelständige oder kleine Anbieter wurden hierbei überhaupt nicht mit einbezogen. Dabei wurden von insgesamt 981.922 Einzelwerten 965.726 über das Internet erhoben. Auch bei den telefonischen Befragungen entfielen ca. 50% auf die sechs größten Anbieter, wobei genaue Zahlen diesbezüglich in der Methodik der Fraunhofer-Studie nicht genannt werden. Dass hierdurch der relevante örtliche Markt abgebildet wird, erscheint sehr zweifelhaft. Hinzu kommt, dass bei Anbietern häufig Mehrfachbefragungen erfolgen, die in die Studie eingehen, was eine Repräsentativität der Umfrageergebnisse nicht gerade erhöht. Außerdem ist die Haftungsreduzierung, die als typisch bezeichnet wird, mit einer deutlich höheren Selbstbeteiligung von € 750,00 und € 950,00 angesetzt als bei Schwacke, ohne dass Kosten für eine weitere Herabsetzung der Selbstbeteiligung genannt sind. Ferner sind Nebenkosten nicht erfasst.
24Internetangebote stellen auch im Übrigen nach Ansicht des Gerichts keine geeignete Vergleichsgrundlage dar. Abgesehen davon, dass nicht jedes Mitglied der Bevölkerung über einen Computer und Internetzugang verfügt setzt die Internetanmietung regelmäßig eine Vorabreservierung voraus und ist insoweit nicht mit einer Vorort-Anmietung vergleichbar. Auch ist bei Internetangeboten die Anmietzeit von Anfang an befristet. Ferner werden für das zu mietende Fahrzeug fast immer nur Beispielfahrzeuge angegeben; eine Zusicherung für ein bestimmtes Fahrzeugmodell wird nicht abgegeben. Die Postleitzahlengebiete sind außerdem derart groß gewählt, dass ein Vergleich mit den kleineren Gebieten der Schwacke-Liste kaum möglich ist. Da ein Geschädigter grundsätzlich eine Anmietung in Wohnort- oder Werkstattnähe vornimmt, können weiter entfernte Mietwagenanbieter in einem groß gewählten Gebiet die Preise erheblich verzerren.
25Die genannten Bedenken sprechen auch gegen die telefonische Erhebung des Fraunhofer Instituts. Hier sind die PLZ-Gebiete zudem derart groß gewählt, dass ein Vergleich nicht möglich ist.
26Das Gericht sieht auch nicht den Mittelwert zwischen Fraunhofer und Schwacke als geeignete Grundlage für eine Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten an, der nunmehr vom OLG Köln (OLG Köln, Urteil vom 30.7.2012, Az: 15 U 212/12) zugrunde gelegt wird (so auch LG Köln, Urteil vom 13.8.2013, Az: 11 S 374/12, das weiterhin die Anwendung der Schwacke-Liste bejaht). Die Bedenken des OLGs Köln gegen die Schwacke-Liste kann das erkennende Gericht nicht teilen. Wie bereits oben dargelegt übernimmt Schwacke die Antworten aus den versendeten Fragebögen nicht blind, sondern führt in großem Umfang Überprüfungen durch Doppelerhebungen und Internetlisten durch. Dass die Preise der Schwacke-Liste in den Jahren 2010 bis 2012 gestiegen sind, während die der Fraunhofer-Liste gesunken sein sollen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es ist nicht belegt, dass die sinkenden Preise der Fraunhofer-Liste zutreffend sein sollen; auch ist die Vergleichbarkeit der Listen aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden eingeschränkt. Zudem überzeugt der Verweis auf sinkende Preise und den behaupteten Preiskampf der Mietwagenunternehmen nicht. Es könnte ebenso angenommen werden, dass ein Steigen der Mietwagenpreise realistisch ist, da nach der dts-Nachrichtenagentur auch die Preise für die Anschaffung von Fahrzeugen steigen, wobei der Anstieg deutlich über die Inflation hinausgeht (Meldung der dts- Nachrichtenagentur vom 13.6.2013, zu finden über www.finanznachrichten.de). Dies spricht eher dafür, dass die Erhebungen von Schwacke zutreffend sind als die der Fraunhofer Agentur.
27Ferner ist noch einmal darauf zu verweisen, dass der Bundesgerichtshof auch in seinen letzten Urteilen die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage gebilligt hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 27.3.2012, Az: VI ZR 40/10) und dass in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens die Art der Schätzgrundlage nicht vorgegeben ist.
28Hinzu kommt, dass das erkennende Gericht es nicht als überzeugend ansieht, aus zwei Schätzgrundlagen, die nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln Mängel ausweisen und an sich nicht geeignet sein sollen, einen Mittelwert zu bilden, der nunmehr eine taugliche Schätzgrundlage darstellen soll. Die Unterschiede in den Erhebungsmethoden und die erhebliche größeren Postleitzahlengebiete der Fraunhofer-Liste lassen nach Ansicht des erkennenden Gerichts einen Mittelwert aus beiden Listen nicht als taugliche Schätzgrundlage erscheinen.
29Auch die vorgelegten Angebote der Firmen F, B und T führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Diese betreffen schon einen anderen Zeitraum als den, für den der Geschädigte ein Mietfahrzeug in Anspruch genommen hat. Die pauschale Behauptung der Beklagten, dass diese auch für den betroffenen Zeitraum in 2014 gültig gewesen wären, wurde in keiner Weise näher ausgeführt oder durch Belege gestützt. Es ist allgemein bekannt, dass Mietwagenkosten zu bestimmten Zeiten aufgrund erhöhter Nachfrage (Ferien, Messe etc.) erheblich voneinander abweichen können. Weshalb gerade die von der Beklagten eingereichten Angebote für Mai 2015 die gleichen Tarife ausweisen sollen wie im Anmietzeitraum, ist nicht ersichtlich. Es ist auch nicht zwangsläufig so, dass die Mietwagenpreise sich mit der Zeit steigern, wie das Gericht bei eigenen Recherchen im Internet feststellen konnte. Zum Teil lagen Preise aus einem späteren Zeitraum weit über den von Versicherungen in ihren Screenshots genannten Preisen, zum Teil aber auch darunter. Das Beweisangebot, der Preis von April 2015 sei mit dem im Anmietzeitraum identisch, erfolgte offensichtlich völlig ins Blaue hinein; eine Beweiserhebung hierzu würde einen Ausforschungsbeweis darstellen. Ferner ist die Mietzeit von vorneherein festgelegt, was bei der Anmietung eines Mietfahrzeugs während der Reparatur eines Unfallwagens problematisch sein dürfte. Es ist außerdem eine unklare Vormietzeit berücksichtigt und der Mietpreis teilweise bei Abholung zu zahlen. Bei allen Angeboten sind die Kosten für Zusatzleistungen nicht aufgeführt. Bei T liegt die Höhe des Selbstbehalts bei € 1.050,00, bei F und B ist dies nicht einmal zu erkennen. Ob eine Zustellung und Abholung möglich ist und die genannten Tarife hierbei auch gelten würden, ist nicht ersichtlich. Auch ist nicht zu erkennen, ob ein Mindestalter oder Mindestführerscheinbesitz erforderlich sind. Die Konditionen der Anmietung sind nicht einmal im Ansatz vorgetragen.
30Ferner ist nicht sicher, ob ein Mietvertrag wirklich zu den genannten Konditionen zustande kommen würde. Wie sich bspw. aus den im Internet abrufbaren allgemeinen Buchungsbedingungen der Fa. B unter 1.1. ergibt, führt die Buchung noch nicht zum Abschluss eines Mietvertrags. Ferner werden laut Ziffer 1.1 Bestandteil des Mietvertrags die Mietvertragsbedingungen des jeweiligen lokalen Anbieters, die in dem von der Beklagten vorgelegten Angebot nicht zu erkennen sind.
31Zudem handelt es sich um Internetangebote. Hierauf kann ein Geschädigter nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht verwiesen werden. Die Mietzeit ist, wie bereits erläutert, von vorneherein festgelegt, was bei der Reparatur eines Unfallfahrzeugs, bei der die benötigte Zeit nicht immer von vorneherein feststeht, problematisch sein kann. Zudem ist zur Anmietung eine Kreditkarte oder die Stellung einer Barkaution erforderlich. Beides ist dem Geschädigten nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht zuzumuten. Dies liegt bei der Stellung einer Barkaution auf der Hand. Auch kann von einem Geschädigten nicht verlangt werden, dass er in Zeiten hoher Internetkriminalität seine Kreditkartendaten im Internet angibt und sich hierdurch einem Missbrauchsrisiko aussetzt (vgl. hierzu OLG Köln, Urteil vom 18.8.2010, Az: 5 U 44/10). Zudem liegt es gerade bei Unfällen nahe, dass die Geschädigten sich zur Abdeckung etwaiger weiterer, nicht ohne weiteres vorhersehbarer Kosten ein etwa noch nicht ausgeschöpftes Kreditkartenlimit offenhalten wollen und daher zunächst von dem Einsatz ihrer Kreditkarten absehen, wenn ihnen durch ein Mietwagenunternehmen die Möglichkeit eingeräumt wird, ein Unfallersatzfahrzeug ohne Einsatz ihrer Kreditkarte anzumieten (OLG Köln, Urteil 8.11.2011, Az: I-15 U 54/11).
32Derartige Internetangebote stellen im Übrigen einen Sondermarkt dar, der nicht ohne weiteres mit dem allgemeinen regionalen Mietwagenmarkt vergleichbar ist (LG Bonn, Urteil vom 18.7.2011, Az: 1 O 78/11; Landgericht Mönchengladbach, Urteil vom 6.8.2010, Az: 5 S 111/09).
33Hiergegen spricht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.12.2012, Az: VI ZR 316/11. Wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Der Tatrichter ist weder gehindert seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen, er muss jedoch dann die Eignung der Listen und Tabellen klären, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (vgl. Urteil des BGH vom 18.12.2012). Der BGH hat nur eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag gefordert; er hat jedoch kein Ergebnis dieser Auseinandersetzung vorgegeben. Die von der Beklagten eingereichten Online-Anfragen sind aus den genannten Gründen nicht geeignet, die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage zu erschüttern.
34Anzuwenden ist grundsätzlich der Schwacke Automietpreisspiegel für das Jahr der Anmietung, also der des Jahres 2014. Anzusetzen ist in ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts der Moduswert.
35Insoweit im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des OLG Köln (vgl. OLG Köln, Urteil vom 30.7.2013, Az: 15 U 186/12) sind nach der Auffassung des erkennenden Gerichts nicht die in der Schwacke-Liste aufgeführten Pauschalen zu addieren. Vielmehr ist für die Berechnung unabhängig von der bei Mietbeginn absehbaren bzw. geplanten Mietdauer die jeweils tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer maßgeblich. Abzustellen ist auf einen 1-Tages-Tarif, der anhand der höchsten, von der Gesamtmietdauer umfassten Pauschale berechnet wird. Dies stellt sicher, dass Kosten, die nur einmal anfallen, wie etwa Vertragsabschluss, Säuberungskosten, Bereitstellung, Rückgabe etc. sowie die in kürzere Anmietzeiträume aufgenommenen Risikozuschläge für Leerstände, nicht mehrfach mit in die Berechnung eingehen. Hiergegen spricht auch nicht, dass in der Schwacke-Liste die verschiedenen Pauschalen aufgeführt sind. Denn dort ist nicht vorgegeben, dass diese Pauschalen addiert werden müssen; vielmehr wird durch die unterschiedlichen Pauschalen verdeutlicht, dass die Tageskosten bei längerer Anmietung meist geringer werden. Weshalb dies keine Berücksichtigung finden sollte, ist nicht nachvollziehbar. Dies ist sicherlich auch von den Erstellern der Schwacke-Liste nicht beabsichtigt; vielmehr dürfte es nur nicht möglich gewesen sein, für jeden denkbaren Zeitraum eine eigene Pauschale anzugeben. Unter den gegebenen Umständen (PLZ-Gebiet 776, Gruppe 7) ergibt sich aus einem Wochenpreis von € 806,00 ein Tagespreis von € 115,14.
36Hieraus ergibt sich folgende Abrechnung:
3711 x € 115,14 € 1.266,54
38Da der Geschädigte kein gruppenniedrigeres Fahrzeug anmietete, ist in ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10% vorzunehmen, § 287 ZPO. Es folgt ein ersatzfähiger Preis von 1.139,89.
39Ein Aufschlag von 20% ist nicht hinzuzurechnen. Zwar ist die Anmietung noch am auf den Unfall folgenden Tag erfolgt. Ein solcher Aufschlag würde aber voraussetzen, dass die Anmietung eines Fahrzeugs gerade in einer typischen Situation der Unfallersatzanmietung geschieht, da nur dann ein kausaler Zusammenhang zwischen der Anmietung und dem gerade mit Blick auf die Situation der Unfallersatzanmietung typischerweise anfallenden und pauschal kalkulierten Zusatzaufwand besteht (so zutreffend OLG Köln, Urteil vom 14.6.2011, Az: 15 U 9/11). Hierfür reicht nicht alleine aus, dass die Anmietung des Ersatzfahrzeugs am Unfalltag (oder folgenden Tag) erfolgt. Das OLG Köln führt insoweit aus:
40„Denn allein der Umstand, dass noch am Schadenstag ein Unfallersatzfahrzeug von den Zedenten angemietet wurde, lässt nicht darauf schließen, dass ihnen die Anmietung von Ersatzfahrzeugen für ihre unfallbeschädigten Fahrzeuge zum „Normaltarif“ nicht zu zumutbaren Bedingungen zugänglich war. Angesichts des Umstandes, dass Mietwagenunternehmen bis in die Abendstunden und auch an Wochenenden für die Anmietung eines Fahrzeugs telefonisch erreichbar sind, lässt sich nicht erkennen, dass die Anmietung in einer durch die Besonderheiten der Unfallsituation geprägten Eilbedürftigkeit und Notlage erfolgte... Eine abweichende, die Zuerkennung des pauschalen Zuschlags rechtfertigende Wertung lässt sich auch nicht dem in der mündlichen Verhandlung im gegebenen Zusammenhang vorgebrachten Argument der Klägerin entnehmen, wonach sich aus der im Zeitpunkt der Anmietung der Unfallersatzfahrzeuge bestehenden Unsicherheit über das Datum des von der Reparaturzeit der unfallgeschädigten Fahrzeuge abhängigen Rückgabetermins und damit der Ungewissheit der tatsächlichen Mietdauer ein zusätzlicher Dispositionsaufwand ergebe. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin diesen Unwägbarkeiten, die ihr im Fall der vorzeitigen Rückgabe eines Unfallersatzfahrzeugs die Möglichkeit einer früheren anderweitigen Verwertung eröffnen, nicht durch die jeweilige Kalkulation und Staffelung ihrer Normalmietpreise Rechnung tragen kann und Rechnung trägt, sind weder nach dem Vortrag der Klägerin noch nach dem Sachverhalt im Übrigen zu erkennen.“
41(vgl. hierzu auch OLG Köln, Urteil vom 27.7.2011, Az: I-5 U 44/11). Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Denn ein Aufschlag ist nicht allein durch eine besonders schnelle Anmietung gerechtfertigt, solange diese nicht eilig und erforderlich ist. Zu einer Eil- oder Notsituation der Klägerin ist hier aber nichts vorgetragen.
42Weiterhin sieht das Gericht die Kosten für die Haftungsreduzierung mit einer Selbstbeteiligung von € 150,00 gemäß Schwacke als ersatzfähig an. Kaskokosten sind grundsätzlich erstattungsfähig, soweit diese nicht schon in die Werte der Schwacke-Liste eingepreist sind. Dies gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug des Geschädigten in gleicher Weise versichert war, wenn der Geschädigte während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt ist (OLG Köln, Urteil vom 30.7. 2013, Az: 15 U 212/12). Dies ist bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs der Fall, da das Risiko der erneuten Verwicklung in einen insbesondere allein oder jedenfalls mitverschuldeten Schadensfall mit dem angemieteten Fahrzeug als erheblich und ebenfalls unfallbedingt anzusehen ist (OLG Köln, a.a.O.). Der Geschädigte muss es grundsätzlich nicht hinnehmen, für den Schadensfall mit einer eingepreisten Selbstbeteiligung von € 500,00 belastet zu werden (LG Köln, Urteil vom 7.1.2014, Az: 11 S 191/13). Der Geschädigte verstößt dabei nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, auch wenn zur weiteren Absenkung des Selbstbehalts nicht unwesentliche Summen aufgewendet werden, die teilweise über dem vereinbarten Selbstbehalt liegen. Denn ebenso wie die Kosten für die Reduzierung der Selbstbeteiligung mit der Dauer der Anmietung ansteigen steigt auch die Gefahr, mit dem Mietfahrzeug einen Unfall zu erleiden. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit besteht, dass der Geschädigte mehrere Unfälle erleiden könnte, bei denen die Selbstbeteiligung mehrfach anfallen würde. Der Geschädigte muss sich nicht selbst mit Kosten belasten oder der Gefahr einer eigenen Kostenerstattung aussetzen, um die Kosten für den Schädiger geringer zu halten (LG Köln, Urteil vom 20.05.2014, 11 S 336/13). Dass eine Haftungsreduzierung in dieser Höhe vereinbart wurde, ist an der Rechnung zu erkennen und ergibt sich außerdem aus dem von der Geschädigten unterzeichneten Mietvertrag. Anhaltspunkte dafür, dass etwas aufgeführt ist, das nicht vereinbart und zur Verfügung gestellt wurde, liegen nicht vor. Nach Schwacke ergeben sich Kosten von € 24,00 pro Tag, insgesamt € 264,00.
43Es besteht ferner ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Zustellung und Abholung des Fahrzeugs. Es folgt nach Schwacke ein Ersatzanspruch von jeweils € 23,00, insgesamt € 46,00. Die Zustellung und Abholung ergibt sich sowohl aus dem von der Klägerin unterzeichneten Mietvertrag als auch aus der Rechnung; irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass diese nicht zutreffend sein sollte, bestehen nicht und sind nicht vorgetragen. Weshalb die Geschädigte auf eine Zustellung und Abholung nicht angewiesen sein sollte und wie sie zu dem Mietfahrzeug hätte gelangen sollen ist nicht dargelegt.
44Zudem hat die Geschädigte Anspruch auf Ersatz der Kosten für einen Zusatzfahrer in Höhe von € 12,00 pro Tag laut Schwacke, insgesamt € 132,00.Kosten für einen Zusatzfahrer hat der Schädiger grundsätzlich zu erstatten (OLG Köln, Urteil vom 30.7.2013, Az: 15 U 212/12). Angesichts des Umstands, dass diese in der Rechnung aufgeführt und im Mietvertrag ein zweiter Fahrer vereinbart und namentlich benannt ist, ist das einfache Bestreiten der Beklagten diesbezüglich unbeachtlich. Ob das geschädigte Fahrzeug von mehreren Personen genutzt wurde, ist unerheblich; auch ist nicht von Bedeutung, ob eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurde. Denn durch die vereinbarte Nutzung durch eine weitere Person ist das Risiko eines intensiveren Fahrzeuggebrauchs eröffnet, welches mit den Kosten für den Zusatzfahrer abgedeckt werden soll (OLG Köln, a.a.O.).
45Hieraus ergibt sich ein Gesamtanspruch von € 1.581,89 (Normaltarif € 1.139,89, Haftungsreduzierung € 264,00, Zustellung und Abholung € 46,00, Zusatzfahrer 132,00). Nach Abzug der geleisteten Zahlung von € 813,96 verbleibt ein Anspruch auf Zahlung weiterer € 767,93.
46Dabei ist unabhängig von der Frage, ob die Mietwagenkosten beglichen wurden, ein Erstattungsanspruch der Klägerin und nicht lediglich ein Freistellungsanspruch gegeben. Unbestritten wurde die Beklagte am 23.6.2014 zur Zahlung bis zum 1.7.2014 aufgefordert. Trotz dieser Fristsetzung haben die Beklagten die Anwaltskosten nicht erstattet. Mit Ablauf der gesetzten Frist zur Regulierung hat sich der Anspruch auf Naturalrestitution gemäß § 250 BGB in einen Geldanspruch umgewandelt (AG Hagen (Westfalen), Urteil vom 24.5.2006, Az: 16 C 371/05; BGH, Urteil vom 13.1.2004, Az: XI ZR 355/02).
47Der Anspruch auf die zugesprochenen Zinsen folgt aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 286ff BGB.
48Die Klägerin hat weiterhin Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu einem Gesamtgegenstandwert von € 7.570,09 (bereits regulierte € 6.802,16 zzgl. weiterer zugesprochener € 767,93). Es ergeben sich Rechtsanwaltskosten von insgesamt € 729,23 abzgl. gezahlter € 650,34; es verbleibt ein Anspruch auf Zahlung weiterer € 78,89.
49Die Ermächtigung der Klägerin, diese Kosten im eigenen Namen zur Zahlung an sich geltend zu machen, ergibt sich aus dem Schreiben der Rechtsschutzversicherung.
50Streitwert: € 1.120,04
51Rechtsbehelfsbelehrung:
52Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
531. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
542. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
55Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
56Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
57Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
58Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Annotations
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.