Landgericht Itzehoe Urteil, 16. Juli 2010 - 7 O 171/09

ECLI:ECLI:DE:LGITZEH:2010:0716.7O171.09.0A
bei uns veröffentlicht am16.07.2010

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 44.631,10 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank aus € 44.631,10 seit dem 13.9.2009 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus nominal € 50.000,00 Genussscheinen der XXX mit der amtlichen xxx.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Höhe der angenommenen Zuwendungen Dritter im Zusammenhang mit der Vermittlung nominal € 50.000,00 der Genussscheine der XXX mit der amtlichen WKN A0F52H zu geben.

3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von € 6.435,74 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank auf den Betrag in Höhe von € 6.435,74 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 3.498,36 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Gegenleistung zu Ziffer 1 im Annahmeverzug befindet.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

7. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem beklagten Wertpapierhandelshaus aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Anlageberatung. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Wertpapierhandelshaus, welches in Zusammenarbeit mit einem Kreditinstitut, der XXX, hochverzinsliche Tagesgeldkonten anbot sowie gewerbsmäßig insbesondere Anlageberatung und Vermögensverwaltung in börsengehandelten Wertpapieren anbot. Sie war im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis nach dem WpHG.

2

Im Sommer 2006 nahm der Ehemann der Klägerin, der Zeuge XXX, Kontakt zur Beklagten auf und beantragte die Eröffnung eines Tagesgeldkontos, sogenanntes Zins-Plus-Konto. Mit Schreiben vom 4.7.2006 (Anlage K 3, Bl. 19 d. A.) bot die Beklagte dem Zeugen ein entsprechendes Tagesgeldkonto an, woraufhin die Klägerin und der Zeuge XXX die Eröffnung eines gemeinsamen Kontos beantragten. Der Eingang der Kontoeröffnungsunterlagen wurde der Beklagten mit Schreiben vom 10.07.2006 (Anlage K 3, Bl. 20 d. A.) bestätigt. In der Folge wurde das Konto eröffnet.

3

Am 10.8.2006 rief ein Wertpapierberater der Beklagten, der Zeuge xxx, beim Zeugen xxx an und bot diesem an, einen Genussschein der Emittentin XXX mit einem Zinssatz von 8,5 % zu erwerben. Er fragte diesen, ob der Zeuge XXX sich mit „rentenähnlichen Genussscheinen“ auskenne, was der Zeuge XXX verneinte. Der Zeuge XXX schilderte dann, es handele sich um Wertpapiere, die einen festen Zinstermin hätten. Zu diesem würden 8,5 % an Zinsen ausgezahlt. Zum Zeitpunkt der Ausschüttung hätten die Wertpapiere einen Kurs von 100. Dieser steige über das Jahr auf 108,5. Mit der Ausschüttung von 8,5 % falle der Kurs dann wieder auf ca. 100. Derzeit sei der vorgenannte Genussschein etwas günstiger zu erwerben, als es dem rechnerischen Kurs entspreche. Erfahrungsgemäß falle der Kurs nach der Ausschüttung auch nicht bis auf 100, sondern lediglich auf Kurse von 101 oder 101,5. Er empfehle, dass man den Genussschein jetzt kaufe, die Ausschüttung 8,5 % mitnehme und den Genussschein danach zu einem geringeren Kurs, der aber nur etwa 5 %-Punkte unter dem Einstandskurs liegen werde, wieder veräußere. Er bezeichnete diese Anlagestrategie als „runde Sache“, die „risikolos“ sei.

4

Er schilderte weiter, dass der Anleger nicht gezwungen sei, die Wertpapiere nach der Ausschüttung, die in einem Monat stattfinden werde, zu verkaufen. Er könne die Genussscheine auch längerfristig halten.

5

Auf Frage des Zeugen XXX nach den Risiken der Anlagestrategie erklärte der Zeuge XXX, es bestehe Kursrisiko, das Ertragsrisiko und das Insolvenzrisiko. Das Kursrisiko, d. h., bei welchem Kurs das Papier zu einem bestimmten Zeitpunkt stehe, sei gering. Anhand des Rückzahlungskurses und der zwischenzeitlich auflaufenden anteiligen Zinsen könne der Berater auf plus/minus ein Viertel Prozent genau ausrechnen, wo der Kurs an einem bestimmten Tag im Jahr stehen müsse.

6

Was das Ertragsrisiko angehe, d. h., die Frage, ob die Firma in der Lage sei, die entsprechende Zinszahlung zu erbringen, werde für die Ausschüttung im August 2006 auf jeden Fall erfolgen, da diese aus dem bereits festgestellten Jahresgewinn 2005 gezahlt werde. Dazu müsse man sich keine Gedanken machen.

7

Was das Insolvenzrisiko angehe, äußerte er, wenn der Zeuge das Papier heute kaufe, die Ausschüttung in wenigen Wochen abwarte und dann wieder verkaufe, sei die Gefahr gering. Wenn er das Papier langfristig halte, müsse man laufend prüfen, ob mit dem Unternehmen alles in Ordnung und ob die Gewinnsituation so sei, dass den Verpflichtungen aus dem Wertpapier laufend nachgekommen werden könne. Er äußerte dann im Namen der Beklagten: „Das machen wir ja laufend“. Zu einem späteren Zeitpunkt in dem Telefonat äußerte er auf erneute Nachfrage des Zeugen XXX, sollte ein Bonitätsrisiko entstehen oder der Zinsvorteil weg sein, dann würde sich die Beklagte „selbstverständlich“ beim Zeugen XXX melden.

8

Dies bestätigte er mit der kurz darauf erfolgten Äußerung, sollte etwas mit dem Wertpapier nicht in Ordnung sein, gehe die Beklagte auf die Kunden zu.

9

Zum Ende des Gesprächs hin erklärte der Zeugen XXX, er vertraue dem Berater und dieser möge ihn verständigen, wenn „irgendeine Gefahr“ bestehe. Das bestätigte der Berater mit der Äußerung: „Das sowieso“.

10

In der Folgezeit erteilte der Zeuge XXX den Auftrag, für das gemeinsame Depot der Klägerin und ihres Ehemannes die vom Zeugen XXX empfohlenen Genussscheine der XXX, xxx im Umfang von nominal 46.000,00 € zu erwerben.

11

Am 11.8.2006 füllte er einen sog. Risikoanalysebogen der Beklagten aus und faxte diesen an die Beklagte zurück. Darin gab er als Anlageziel an „Altersvorsorge/Familienvorsorge“. Als Anlegertyp kreuzte er die Stufe 3 an, die wie folgt beschrieben war (Anlage B 1, Bl. 41 d. A.):

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„Anlageziel: Meine Ertragserwartungen gehen über das marktübliche Zinsniveau hinaus. Die Risikobereitschaft ist gesteigert.

13

Risiken: Höhere Kursschwankungen aus Aktien-Zins- und Währungsentwicklungen.

14

Chance: Erwirtschaftung einer langfristigen Rendite.“

15

Die Beklagte hatte dem Zeugen XXX vor dem Telefonat einen Informationsflyer über den Genussschein der XXX übersandt (Anlage B 2, Bl. 42 d. A.) . Wegen der Einzelheiten und der darin enthaltenen Informationen wird auf Anlage B 2 (Bl. 42 ff d. A.) Bezug genommen.

16

Der Genussschein der Firma XXX war vom Anlageausschuss der Beklagten in Risikoklasse 3 eingestuft worden. Diese wird in der Klassifizierung der Beklagten (Anlage K 5, Bl. 22 d. A.) wie folgt beschrieben:

17

„Vermögensverwaltungsstrategie - A Vermögensverwaltungsstrategie B , Zins-Kombi in Verbindung mit einem Genussschein der xxx, Staatsanleihen mit gutem Rating aus dem Fremdwährungssektor, Genussscheine und Euro-Anleihen privater Emittenten mit gutem Rating, Aktien aus europäischen Haupt-Indices ohne Fremdführungsrisiko, Rentenfonds mit mittlerer und langer Restlaufzeit, Aktienfonds auf Euro-Basis, Euro-Anleihen/Geussscheine börsenotierter Unternehmen mit guter Bonität.“

18

Der Kaufauftrag des Zeugen XXX wurde am 11.8.2006 in 6 Teilausführungen ausgeführt und entsprechend die Wertpapiere erworben.

19

Insgesamt entstanden der Klägerin und dem Zeugen XXX für den Erwerb Aufwendungen in Höhe von insgesamt 49.528,04 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die tabellarische Aufstellung auf Seite 3 der Klagschrift (Bl. 4 d. A.) Bezug genommen.

20

Der Erwerb der Genussscheine erfolgte über die Börse. Am 12. September 2006, nach der Ausschüttung auf die oben genannten Genussscheine, rief der Zeuge XXX erneut bei der Klägerin und ihrem Ehemann an. Er empfahl dem Zeugen XXX, den ausgeschütteten Betrag zu verwenden und damit den Bestand an den erworbenen Genussscheinen aufzustocken. Das sei besser verzinst als eine Anlage in Tagesgeld. Auf Frage des Zeugen XXX nach dem Risiko schilderte er erneut die drei grundsätzlich bestehenden Risiken und äußerte zum Insolvenzrisiko, dieses bestehe dem Grunde nach. Deswegen müsse man hier auch laufend prüfen, ob mit dem Unternehmen alles in Ordnung sei. Bei der Emittentin handele es sich um eine Firma, bei der es schon „richtig brumme“ und mit der „alles in Ordnung“ sei. Diese sei sehr gut aufgestellt. Es gebe wenig Probleme. Im Folgenden erteilte der Zeuge XXX den Auftrag, weitere Genussscheine der XXX im Nominalwert von weiteren 4.000,00 € zu erwerben.

21

Dieser Erwerb wurde sodann am 12. September 2006 zum Kurs von 101,99 % über die Börse ausgeführt. Der Klägerin und dem Zeugen XXX entstanden hierfür Aufwendungen in Höhe von insgesamt 4.103,06 € (Anlage K 1, Bl. 27 d. A.).

22

Der Kurs des börsengehandelten Genussscheines brach in der Folgezeit ein und notiert noch bei Bruchteilen des ursprünglichen Wertes.

23

Die Klägerin meint, der Zeuge XXX habe sie und ihren Ehemann falsch beraten. Er habe eine Sicherheit vorgespielt, die tatsächlich nicht bestanden habe. Die Beklagte habe Provisionen, sog. Kick-Backs, erhalten, auf die sie den Zeugen XXX hätte hinweisen müssen. Die Höhe der erhaltenen Rückvergütungen beziffert die Klägerin auf bis zu 10 %. Ein Hinweis darauf, dass ein Teil- oder Totalverlustrisiko bei Genussscheinen bestehe, sei nicht erfolgt. Die Einstufung des Genussscheins der XXX in Risikoklasse 3 sei unzutreffend. Die Empfehlung eines Genussscheines habe nicht dem Anlageziel der Altersvorsorge entsprochen. Die Empfehlung der Investition des gesamten Anlagevermögens der Klägerin und ihres Ehemannes in Höhe 50.000,00 € in einer Anlage widerspreche dem Grundsatz der Risikostreuung, der bei anlegergerechter Beratung auch hätte berücksichtigt werden müssen. Auf den übersandten Flyer könne sich die Beklagte nicht berufen, da diese keinerlei Risikoaufklärung enthalte. Die Beklagte sei zur Rückabwicklung der Wertpapiertransaktionen verpflichtet.

24

Die Klägerin behauptet, dass sie und ihr Ehemann, wenn eine ordnungsgemäße Beratung erfolgt wäre, vom Erwerb der Wertpapiere abgesehen hätten.

25

Sie begehrt von der Beklagten Ersatz der für den Kauf aufgewendeten Beträge abzüglich der zwischenzeitlich erfolgten Ausschüttungen.

26

Unstreitig flossen die Klägerin und ihrem Ehemann in den Jahren 2006 und 2007 Ausschüttungen auf den Genussschein der Firma XXX in Höhe von nominal jeweils 4.500,00 € zu. Dem Konto der Klägerin und ihres Ehemannes wurde die Ausschüttung für 2006 am 14.9.2006 gutgeschrieben.

27

Die Klägerin ist weiter der Ansicht, die Beklagte habe über die Höhe der Provision, die sie für die Vermittlung der insgesamt nominal 50.000,00 € Genussscheine der XXX erhalten habe, Auskunft zu geben und diese an die Klägerin herauszugeben. Die Beklagte nehme eine entgeltliche Geschäftsbesorgung vor, § 675 BGB. Sie sei daher gemäß § 666 BGB zur Rechnungslegung und gemäß § 667 BGB zur Herausgabe der erlangten Provisionen verpflichtet. Dieser Anspruch bestehe neben dem geltend gemachten Anspruch der Rückabwicklung. Insbesondere seien die herauszugebenden Provisionen nicht auf den Schadensersatzanspruch der Klägerin anzurechnen. Der Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung folge aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 246, 2673, 266 StGB. Würden die erhalten Provisionen angerechnet, erhalte des Gericht dem Delinquenten das aus dem rechtswidrigen Verhalten Erlangte. Die Beklagte stünde dann trotz ihres Rechtsverstoßes besser dar als ohne den Rechtsverstoß.

28

Die Klägerin begehrt weiter Ersatz des Wiederanlageschadens. Sie behauptet, dass sie und ihr Ehemann, wenn sie vom Erwerb der Papiere abgesehen hätten, den Betrag anderweitig verzinslich angelegt hätten. Dabei hätten sie eine Rendite von durchschnittlich mindestens 4 % p. a. erwirtschaftet. Hieraus errechnet die Klägerin einen entgangenen Zinsgewinn von 6.435,74 €.

29

Die Klägerin und ihr Ehemann nahmen die Beklagte vorgerichtlich auf Rückzahlung des Kaufpreises (53.631,10 €) abzüglich des Nominalbetrages der erlangten Ausschüttungen (insgesamt 9.000,00 €) zuzüglich des Wiederanlageschadens von 6.435,73 €, insgesamt auf Zahlung von 51.006,83 € in Anspruch, Zug um Zug gegen Rückgabe der erworbenen Wertpapiere. Für die Rückabwicklung setzten sie eine Frist bis zum 10.08.2009, die fruchtlos verstrich. Ihre Bevollmächtigten stellten ihnen für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche eine 2,3fache Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Rechnung, insgesamt 3.498,36 €.

30

Am 6.8.2009 trat der Zeuge XXX sämtliche Ansprüche, Recht und Forderungen, die ihm im Zusammenhang mit dem Kauf der Genussscheine der XXX im Nennwert von 50.000,00 € zustehen, an die Klägerin ab, die diese Abtretung am selben Tag annahm (Anlage K2, Bl. 18 d.A.).

31

Die Klägerin beantragt,

32

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 44.631,10 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank aus € 44.631,10 ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus nominal € 50.000,00 der Genussscheine der XXX mit der amtlichen xxx.

33

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Höhe der angenommenen Zuwendungen Dritter im Zusammenhang mit der Vermittlung nominal € 50.000,00 der Genussscheine der XXX mit der amtlichen xxx zu geben.  

34

3. Nach erteilter Auskunft werden wir zudem den Antrag stellen, die Beklagte zu verurteilen, den Betrag, der sich aus der gemäß Ziffer 2 des Klagantrags erteilten Auskunft ergibt, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank auf den sich aus der Auskunft gemäß Ziffer 3 des Klagantrags ergebenen Betrags seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

35

4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von € 6.435,74 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank auf den Betrag in Höhe von € 6.435,74 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

36

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 3.498,36 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins der Europäischen Zentralbank hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

37

6. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Gegenleistung zu Ziffer 1 im Annahmeverzug befindet.

38

Die Beklagte beantragt,

39

die Klage abzuweisen.

40

Sie ist der Ansicht, Beratungsfehler lägen nicht vor. Auf die grundsätzlich bei Wertpapiererwerben bestehenden Risiken, Kursrisiko, Ertragsrisiko und Insolvenzrisiko, habe der Berater, der Zeuge XXX, hingewiesen.

41

Sie bestreitet, Zuwendungen aufgrund des Vertriebes der Genussscheine in Form von sog. Vertriebsprovisionen erhalten zu haben. Vertriebsprovisionen, die in der Tat eine Höhe von bis zu 10 % des Nominalbetrages der vertriebenen Anleihen und Genussscheine hätten, habe die Beklagte von der Emittentin stets nur für den Ersterwerb einer Anlage von der Emittentin bekommen, durch welche der Emittentin Liquidität zufließe. Sei der Erwerb hingegen, wie vorliegend, über die Börse erfolgt, habe sie keine Vertriebsprovision erhalten. Sie habe dann lediglich eine sog. Bestandspflegeprovisionen bekommen. Diese erhalte sie für die Dauer, die ihre Kunden das Wertpapier der Emittentin im Depot hätten. Die Provision belaufe sich auf max. 1 % netto p. a.

42

Über die Tatsache, dass sie von anderen Unternehmen Zuwendungen und andere geldwerte Vorteile halte, habe sie die Klägerin und ihren Ehemann dem Grunde nach mit ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeklärt. Der Erhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist zwischen den Beteiligten streitig. Unstreitig ist ein Hinweis auf die Höhe der gezahlten Provisionen jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Erwerbes der Wertpapiere im August/September 2006 nicht erfolgt.

43

Die Beklagte meint, der Zedent, der Zeuge XXX, sei ausweislich des Risikoanalysebogens zur Hinnahme gesteigerter Risiken bereit gewesen. Sie behauptet, die Einstufung des Genussscheines der XXX in Risikoklasse 3 sei zutreffend gewesen.

44

Sie meint weiter, hinsichtlich der erhaltenen Provision handele es sich von vornherein nicht um offenlegungspflichtige Rückvergütungen, da die allein erhaltene Bestandsbetreuungsprovision nicht einem Agio oder einer Verwaltungsgebühr entnommen worden sei, welche die Klägerin und der Zedent zusätzlich zum Anlagebetrag bezahlt hätten. Es habe sich lediglich um nicht aufklärungsrelevante sog. Innenprovisionen gehandelt.

45

Der Zeuge XXX sei in der übersandten Kurzinformation unter der Rubrik Hinweise für Anleger darauf hingewiesen worden, dass rechtsverbindliche und maßgeblich allein der öffentliche Verkaufsprospekt sei.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2010 Bezug genommen.

47

Die Klage ist am 12.9.2009 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

48

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Die Klägerin hat aus eigenem und abgetretenen Recht ihres Ehemannes einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte auf Rückabwicklung der Wertpapiererwerbe vom 11.8.2006 und 12.9.2006.

49

1. Der Anspruch besteht dem Grunde nach. In den Telefonaten vom 10.8.2006 und 11.9.2006 zwischen dem Zedenten und dem Zeugen XXX als Erfüllungsgehilfen der Beklagten sind jeweils Anlageberatungsverträge zustandegekommen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt ein Beratungsvertrag regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199). Tritt ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so liegt darin das Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages, welches stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen wird (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199). Erforderlich ist lediglich, dass zwischen den Parteien Klarheit besteht, dass der Anlageinteressent die Kenntnisse und Verbindungen des Beraters für seine Anlageentscheidung in Anspruch nehmen will (grundlegend BGH Urt. v. 04.03.1987 - IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117).

50

Diese Maßstäbe gelten ebenso für die Beklagte, die als „Wertpapierhandelshaus“ firmiert und bei der es sich um ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 4 WpHG handelte. Sie betrieb u.a. auch Vermögensverwaltung, welche gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG a.F. bereits im Jahr 2006 als echte Wertpapierdienstleistung eingestuft war, sowie gewerbsmäßige Anlageberatung in Finanzinstrumenten, welche zum damaligen Zeitpunkt gemäß § 2 Abs. 3a Nr. 3 WpHG a.F. als Wertpapiernebendienstleistung eingestuft war. Sie war daher bereits nach § 2 Abs. 4 WpHG Wertpapierdienstleistungsunternehmen und besaß eine entsprechende Erlaubnis. Die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine Anlageberatung durch Kreditinstitute gelten in gleicher Form jedenfalls für alle Wertpapierdienstleistungsunternehmen.

51

Der Berater der Beklagten, der Zeuge XXX, hat den Ehemann der Klägerin, den Zeugen XXX, jeweils angerufen und diesen Wertpapiererwerbe vorgeschlagen. Dabei sind die Vor- und Nachteile und insbesondere die Risiken der Investition besprochen worden. Der Zeuge XXX nahm, für den Zeugen XXX ersichtlich, jeweils dessen Expertise für die Einschätzung des Risikos und Chancen, mit für eine Entscheidung in Investitionsfragen in Anspruch. Damit kam zwischen den Parteien konkludent ein Anlageberatungsvertrag zustande.

52

Der Zeuge XXX hat die Pflichten aus dem Beratungsvertrag schuldhaft verletzt. Diese Pflichtverletzung ist der Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnen. Inhalt und Umfang der Beratungspflicht sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageobjekt beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Pflicht hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199). Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein (BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199). Zur objektgerechten Beratung gehört, dass sich die Beratung in Bezug auf das Anlageobjekt auf diejenigen Eigenschaften und Risiken bezieht, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist im Grundsatz über die allgemeinen wie die individuellen Risiken des Anlageobjekts wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 m.weit.Nachw.; BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 m.weit.Nachw). Fehlen dem Berater derartige Kenntnisse, so hat er das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass er zu einer Beratung z.B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126).

53

Die Aufklärung ist nicht in anleger- und objektgerechter Weise erfolgt. Was die Risiken der empfohlenen Investition angeht, ist der Zeuge XXX durch den Berater XXX oder den zuvor übersandten Flyer an keiner Stelle darauf hingewiesen worden, dass es sich bei einem Genussschein um eine nachrangige Verbindlichkeit handelt, bei der der Zinsanspruch bereits rechtlich davon abhängt, ob die Emittentin im jeweiligen Bilanzjahr Gewinne erwirtschaftet und im Fall eines Bilanzverlustes sich sogar der Rückzahlungsanspruch nominell schmälert. Der Zeuge XXX ist lediglich darauf hingewiesen worden, dass das Ertragsrisiko bestehe, d. h., die Frage, ob die XXX in der Lage sei „ die Zinszahlung zu erbringen“. Auch die eingangs gewählte Formulierung , es handele sich um einen „rentenähnlichen Genussschein“ suggeriert er eine Vergleichbarkeit der empfohlenen Anlage mit einem festverzinslichen Wertpapier in Form einer Inhaberschuldverschreibung. Wesentliche Unterschiede, die zwischen einem Genussschein bestehen, bei dem nicht nur ein Insolvenzrisiko besteht, sondern bereits der Gewinnanspruch davon abhängig ist, dass die Emittentin im betreffenden Geschäftsjahr Gewinn erwirtschaftet und auch der Rückzahlungsanspruch juristisch davon abhängt, dass kein Bilanzverlust während der Laufzeit entsteht, wurde dem Zeugen XXX nicht erläutert. Vielmehr wurde ihm suggeriert, es handele sich der Sache nach um gleichsam dasselbe wie bei einer festverzinslichen Anlage. Das stellt einen Anlageberatungsfehler dar.

54

Soweit die Beklagte in dem übersandten Schreiben mitgeteilt hat, maßgeblich sei allein der Wertpapierprospekt und darauf verwies, dass sich der Zeuge XXX diesen - umfangreichen - Prospekt hätte herunterladen oder anderweitig besorgen können und er darin auch auf vorgenannte Umstände hingewiesen worden wäre, genügt dies den Anforderungen einer ordnungsgemäßen anleger- und objektgerechten Beratung nicht. Zwar reicht es grundsätzlich aus, wenn ein Anlageberater dem Anleger Informationen schriftlich übersendet, sofern diese Information dem Anleger so rechtzeitig zugegangen sind, dass dieser sich damit vertraut machen konnte. Der Anlageberater ist dann nicht verpflichtet, sämtliche Informationen in dem Anlageberatungsgespräch erneut zu erteilen, sondern kann sich grundsätzlich darauf verlassen, dass der Anleger die ihm übersandten Informationen zur Kenntnis genommen hat (BGH Urt. v. 25.09.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199; BGH Urt. V. 27.10.2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31).

55

So liegt der Fall hier aber nicht. Die Beklagte hat lediglich einen kurzen Hinweis darauf hin übersandt, wo sich der Anleger - umfangreich - weitere Informationen selbst besorgen könnte. Das ersetzt die grundsätzlich notwendige mögliche Aufklärung nicht. Auf die Übersendung des Flyers (Anlage B2, Bl. 42 d.A.) an die Klägerin und den Zedenten kommt es bereits deswegen nicht an, weil dieser Flyer keine Risikohinweise enthielt und die Funktion eines Genussscheines nicht beschrieb.

56

Ein zweiter Anlageberatungsfehler liegt in der suggerierten Sicherheit der Anleihe. So hat der Berater XXX zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass, wenn ein Genussschein längerfristig erhalten werde, ein Insolvenzrisiko bestehe - das ist auch bei festverzinslichen Wertpapieren der Fall - und dass die Bonität der Emittentin laufend beobachtet werden müsse. Er hat dann aber mehrfach dem Zeugen zugesagt, dass die Beklagte den Genussschein beobachte und, falls sich eine Bonitätsverschlechterung abzeichnen sollte, er rechtzeitig auf den Zeugen XXX zugehe. Dadurch hat er dieses Risiko verharmlost und als für den Zeugen XXX vernachlässigbar dargestellt. Tatsächlich ist ein solcher Hinweis in der Folgezeit nicht erfolgt. Der Kurs des Genussscheins brach erheblich ein und notiert noch bei Beträgen, die lediglich Bruchteile des ursprünglichen Nennbetrages betragen. Auch indem der Zeuge XXX das Bonitätsrisiko der Emittentin als zumindest von Seiten der Beklagten beherrscht und damit für den Kläger vernachlässigbar darstellte, lag ein klarer Anlageberatungsfehler vor.

57

Jeder dieser Fehler für sich führt dazu, dass die Investition rückabzuwickeln ist. Die Klägerin hat daher gem. § 280 Abs. 1 BGB einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz, d. h. so gestellt zu werden, als wenn der Zeuge XXX ihren Ehemann korrekt anleger- und objektgerecht beraten hätte. Hätte der Zeuge XXX den Zeugen XXX auf oben genannte Risiken vollständig und zutreffend hingewiesen, so hätte dieser die Anlage nicht getätigt. Dafür spricht bereits, dass sie sich mehrfach explizit nach den Risiken der empfohlenen Anlage erkundigte und nachfragte, ob der Zeuge XXX ihn auch wirklich informieren werde, falls sich irgendein Risiko abzeichne. Weiter streitet generell für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, muss der Aufklärungspflichtige beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (BGH Urt. v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298 m.weit.Nachw.; BGH Urt. v. 2.3.2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789; BGH Urt. v. 05.07.1973 - VII ZR 12/73 , BGHZ 61, 118). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Zedent vorliegend bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Risiken der empfohlene Anlage die Investitionen gleichwohl getätigt hätte, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

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Die Beklagte handelte auch schuldhaft. Ihr ist das Verschulden des Beraters gemäß § 278 S. 1 BGB zuzurechnen.

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2. Nach alledem hat die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückabwicklung der Wertpapieranlagen vom 11.8.2009 und 12.9.2006. Danach ergeben sich Ansprüche in folgender Höhe:

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a. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung der für die Investition aufgewandten Beträge. Aufgewandt haben die Klägerin und ihr Ehemann für den Erwerb der Wertpapiere am 11.8.2009 und 12.9.2006 insgesamt 53.631,10 €. Von diesem Betrag sind die erhaltenen Ausschüttungen im Wege der Vorteilsanrechnung abzuziehen (BGH Urt. v. 12.02.2004 -III ZR 359/02, BGHZ 158, 110; BGH Urt. v. 05.03.2009 - III ZR 17/08, WM 2009, 739). Bei den erhaltenen Ausschüttungen handelt es sich um Vorteile, die adäquat und kausal auch auf den Erwerb der Anleihe zurückgehen und die der Klägerin und ihrem Ehemann ohne den Erwerb der Genussscheine nicht zugeflossen wären. Der Klägerin steht nach alledem in der Hauptsache ein Anspruch auf Zahlung der Differenz in Höhe von 44.631,10 € zu.

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Der Klägerin steht weiter ein Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen auf diesen Betrag gemäß § 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB zu.

62

Im Gegenzug sind die erworbenen Wertpapiere herauszugeben, welche die Klägerin und ihr Ehemann bei zutreffender Anlageberatung und Unterlassung der Investition nicht erhalten hätte. Das war im Rahmen einer entsprechenden Zug-um-Zug-Verurteilung zum Ausdruck zu bringen.

63

b. Was den Antrag zu 2. auf Auskunft der Zuwendungen angeht, welche die Beklagte von Dritten für die Vermittlung der nominal insgesamt 50.000, 00 € Genussscheine erhalten hat, steht der Klägerin ein entsprechender Anspruch ebenfalls zu. Ein Anspruch auf Mitteilung der Zuwendungen, die ein Anlageberater von Dritten erhält, entsteht bereits aufgrund des Anlageberatungsvertrages, da es nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den Pflichten eines Anlageberaters im Rahmen anleger- und objektgerechter Beratung gehört, über Zuwendungen, die er von Dritten erhält, aufzuklären (BGH Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22, 24; BGH Urt. v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31). Die Beklagte war daher bereits aufgrund des Anlageberatungsvertrages auch zu verurteilen, über die Höhe der im Zusammenhang mit der vermittelten Investition angenommenen Zuwendungen Auskunft zu erteilen. Auf ein etwa fehlendes Verschulden der Beklagten, das allein unter dem Gesichtspunkt erörtert werden könnte, ob bei einer Investition, die wie vor der BGH-Entscheidung vom 20.12.2006 erfolgt ist, eine etwaige Unkenntnis von der bestehenden Aufklärungspflicht unverschuldet sein könnte, kommt es nicht an, da mit dem Auskunftsanspruch kein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird. Der Anspruch stellt vielmehr bereits einen Primäranspruch auf Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten auf anleger- und objektgerechte Beratung dar und ist daher nicht verschuldensabhängig. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof mit der Entscheidung vom 29.6.2010 (XI ZR 308/09) klargestellt, dass ein unvermeidbarer Rechtsirrtum, wenn eine Aufklärungspflicht bestand, für die hier relevanten Zeiträume nicht in Betracht kommt.

64

c. Was den Antrag zu 3 auf Zahlung der erhaltenen Provisionen angeht, war die Klage insoweit abzuweisen.

65

Über den Antrag auf Herausgabe der Provisionen war bereits im Urteil zu entscheiden. Ungeachtet der Formulierung im Antrag, die Klägerin werde nach erteilter Auskunft zudem den Antrag stellen, die Beklagte zur Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Betrages zu verurteilen, ist der Antrag als Stufenklage i.S.v. § 254 ZPO auszulegen, nicht als bloße Ankündigung eines beabsichtigten weiteren Prozesses. Die Klägerin stützt den Antrag explizit darauf, dass eine entgeltliche Geschäftsbesorgung i.S.v. § 675 BGB vorliege und die Beklagte daher nach § 667 BGB zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten verpflichtet sei. Dementsprechend stützt sie den Auskunftsanspruch zu Ziff. 2 auch auf die Rechnungslegungspflicht der Beklagten nach § 675 BGB i.V.m. § 666 BGB. Angesichts des inneren Zusammenhangs ist der Herausgabeantrag so zu verstehen, dass er bereits rechtshängig gemacht und lediglich - nach Rechnungslegung - der Höhe nach konkretisiert werden soll. Dafür und gegen die Auslegung als bloße Ankündigung eines - möglicherweise -, zukünftig beabsichtigten Antrages spricht auch, dass der Antrag nicht in der Begründung der Anklageschrift, sondern in den (weiteren) Anträgen aufgeführt ist und auch dort nicht - wie es bei einer bloßen Ankündigung zu erwarten wäre - von den (echten) Anträgen abgesetzt ist, sondern mitten zwischen den weiteren Anträgen aufgeführt ist.

66

Ist der Antrag auf Herausgabe der - der Höhe nach aus der Auskunft folgenden -Provisionen bereits rechtshängig, ist bereits über den Antrag zu entscheiden, da ein Herausgabeanspruch vorliegend nicht besteht. Neben dem von der Klägerin erfolgreich geltend gemachten Anspruch auf Rückabwicklung kommt ein gleichzeitig geltend gemachter Anspruch auf Herausgabe der Provision nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob die insoweit von der Beklagten verwendeten AGB-Klausel überhaupt vereinbart und wirksam ist, wonach diese berechtigt ist, Provisionen Dritter entgegenzunehmen und zu behalten. Jedenfalls wären etwa von der Beklagten herausgegebene Provisionen im Wege der Vorteilsanrechnung auf den Schadensersatzanspruch der Klägerin anzurechnen. Denn sie werden aufgrund des Schadensersatzes so gestellt, als hätten sie die Genussscheine nicht erworben. Dann hätten sie aber auch die Provisionen nicht erhalten. Die Klägerin und der Zedent stünden im Falle einer vollständigen Rückabwicklung der Erwerbe einerseits und gleichzeitig Herausgabe der erhaltenen Provisionen andererseits besser, als sie stünden, wenn die Aufklärung korrekt erfolgt wäre und sie die Investitionen unterlassen hätten.

67

Dem steht auch nicht, wie die Klägerin meint, entgegen, dass der Beklagten als Schädigerin dann die Vorteile aus dem schädigenden Verhalten erhalten blieben. Erfolgt eine Vorteilsausgleichung, wirkt sich dies stets zum Vorteil des Schädigers aus. Grundsätzlich ist der Schadensersatzberechtigte so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde. Kausal durch das schädigende Ereignis verursachte Vorteile, die dem Geschädigten zufließen, sind daher grundsätzlich anzurechnen, wenn nicht Wertungsgesichtspunkte ausnahmsweise eine Vorteilsausgleichung untersagen. Das ist der Fall, wenn die Anrechnung den Geschädigten unzumutbar belasten und den Schädiger unbillig begünstigen würde. Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere liegt das zum Schadensersatz verpflichtende Verhalten nicht darin, dass die Beklagte Vertriebsprovisionen entgegennahm. Das ist im Wirtschaftsverkehr üblich. Die Pflichtverletzung liegt allein darin, dass die Beklagte die Klägerin und den Zeugen XXX über diesen Umstand nicht aufklärte. Die Klägerin hat daher einen Anspruch, so gestellt zu werden, wie sie bei korrekter Aufklärung stünde. Eine unbillige Begünstigung der Beklagten, wenn sie die ihr zugeflossenen Vertriebsprovisionen behält, tritt dadurch aber nicht ein.

68

d. Was den Antrag zu 4. auf Zahlung des Wiederanlageschadens angeht, den die Klägerin und ihr Ehemann bei Unterlassen der Investitionen in die Genussscheine und bei alternativer Anlage erwirtschaftet hätte, greift dieser im Wesentlichen durch.

69

Dem Zedenten ging es um eine verzinsliche Investition seines Anlagebetrages, so dass davon auszugehen ist, dass er, wenn die Aufklärung korrekt erfolgt wäre und er, wie ausgeführt, die Investition in den Genussschein unterlassen hätte, das Geld anderweitig verzinslich angelegt hätte. Die Höhe des von ihm dabei erwirtschafteten Zinsgewinns ist naturgemäß nicht bekannt und vom Gericht als Faktor bei der Berechnung des Vermögensschadens nach § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass langfristig auch bei sicheren Anlagen ein Zins von durchschnittlich 4 % p.a. erwirtschaftet werden kann, der mithin für die Berechnung des Zinsausfallschadens zugrunde zu legen ist. Dabei geht das Gericht von bankmäßiger Berechnungsweise aus, da eine sichere Alternativanlage typischerweise in bankmäßigen Anlagen erfolgt. Nach dieser Berechnung besteht für die Zeit vom 12.8.2006 - 11.8.2009, für die der Wiederanlageschaden geltend gemacht wird, ein Anspruch in Höhe von 4 % p.a. jeweils auf den Betrag, den die Klägerin und der Zedent investiert hatten, soweit ihnen nicht bereits durch die erhaltenen Ausschüttungen ein Teilbetrag wieder zugeflossen war.

70

Zu berücksichtigen waren folgende Punkte:

71

- Kaufpreis der am 11.8.2006 erworbenen Papiere: insgesamt

49.528,04 €

- Kaufpreis der am 12.9.2006 erworbenen Papiere:

4.103,06 €

- erste Ausschüttung, gutgeschrieben per 14.9.2006

4.500,-- €

- zweite Ausschüttung, gutschrieben 2007

4.500,-- €

72

Hinsichtlich der Ausschüttung 2007, deren genaues Datum im Jahr von der insoweit darlegungsbelasteten Klägerin nicht vorgetragen ist, war zugrundezulegen, dass diese spätestens am 31.12.2007 erfolgte.

73

Danach ergibt sich folgender Wiederanlageschaden:

74

4 % p.a. auf 49.528,04 € für die Zeit vom 11.8.2006 bis 11.9.2006:

165,09 €

4 % p.a. auf 53.631,10 € für die Zeit vom 12.9.2006 bis 13.9.2006:

11,92 €

4 % p.a. auf 49.131,10 € für die Zeit vom 14.9.2006 bis 30.12.2007:

2.549,36 €

4 % p.a. auf 44.631,10 € für die Zeit vom 31.12.2007 bis 11.8.2009:

2.886,14 €

Insgesamt:

5.612,51 €

75

Hinsichtlich des weiter geltend gemachten Zinsausfallschadens war die Klage abzuweisen.

76

e. Was den Antrag zu 5 auf Zahlung der Rechtsverfolgungskosten angeht, steht der Klägerin dem Grunde nach auch ein Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten zu. Was die Höhe des Anspruchs angeht, erscheint der Ansatz einer 2,3 fachen Geschäftsgebühr - bestehend aus einer 2,0 fachen Geschäftsgebühr für die Schwierigkeit des Geschäfts und einer 0,3 fachen Erhöhungsgebühr - überhöht. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass für derartige Anlageberatungsstreitigkeiten, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die einen erheblichen Aufwand begründen, wie etwa das Anhören von Telefonaten vor Ort bei der Beklagten, oder im Fall einer Erhöhungsgebühr wegen des Vertretens mehrerer Auftraggeber gleichzeitig, grundsätzlich eine Geschäftsgebühr im Bereich von 1,5 - 1,8 als angemessen erachtet werden kann. Der Ansatz einer Geschäftsgebühr von 2,0 ist - jedenfalls für einen wie vorliegend vergleichsweise einfachen Fall mit lediglich zwei streitgegenständlichen Erwerbsvorgängen - , überhöht und nach § 315 Abs. 3 ZPO durch das Gericht der angemessene Betrag festzusetzen. Vorliegend hat das Gericht angesichts der Tatsache, dass, wie ausgeführt, ein vergleichsweise einfacher Fall vorliegt, bei dem lediglich zwei nah zusammenhängenden Erwerbsvorgänge streitgegenständlich sind, die ersatzfähige Geschäftsgebühr mit einem Faktor von 1,6 angesetzt. Hinzu kam die Erhöhungsgebühr von 0,3, da zum Zeitpunkt der außergerichtlichen Geltendmachung noch zwei Auftraggeber vertreten worden sind. Hinsichtlich des Gegenstandswertes waren die beiden Ausschüttungen abzuziehen. Diese mindern, wie ausgeführt, den Rückzahlungsanspruch, so dass ein Gegenstandswert von 44.631,10 € zugrunde zu legen ist. Danach ergeben sich ersatzfähige Rechtsverfolgungskosten in Höhe einer Geschäftsgebühr von 1.558,40 Euro und einer Erhöhungsgebühr von 292,20 Euro. Hinzu kommt die Kostenpauschale (20,00 €) und die Umsatzsteuer (355,41 €). Insgesamt war die Beklagte zur Zahlung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.226,01 € zu verurteilen. Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten war die Klage abzuweisen.

77

f. Aufgrund der Inanspruchnahme der Beklagten auf Rückabwicklung durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der die Beklagte nicht nachgekommen ist, befindet sich die Beklagte mit der Rückabwicklung zu Ziff. 1 auch im Annahmeverzug.

78

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Mehrforderungen, hinsichtlich derer die Klägerin nicht obsiegt hat, waren geringfügig und hat die Kosten nicht erhöht. Die Kosten waren danach vollständig der Beklagten aufzuerlegen.

79

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Gesetz über den Wertpapierhandel


Wertpapierhandelsgesetz - WpHG

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung


(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichte

Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesond

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 667 Herausgabepflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 254 Stufenklage


Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 666 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 246 Unterschlagung


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Ist in

Zivilprozessordnung - ZPO | § 315 Unterschrift der Richter


(1) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhi

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(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 320/06 Verkündet am:
25. September 2007
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen sowie die
Richter Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. September 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Der Zedent, ein Bauingenieur, erwarb auf Empfehlung der Beklagten durch Beitrittserklärungen vom 20. Juli 1990 und 22. November 1991 Kommanditbeteiligungen in Höhe von 80.000 DM bzw. 60.000 DM an zwei Immobilienfonds, deren Gesellschaftszweck auf den Erwerb, die Sanierung, die Errichtung und die Vermietung von Wohn- und Gewerberäumen gerichtet war. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Zedenten die Emissionsprospekte der Fondsgesellschaften bereits vor Abgabe der Beitrittserklärungen vorgelegt wurden. Die Fondsgesellschaften gerieten in der Folgezeit in finanzielle Schwierigkeiten bzw. wurden insolvent.
3
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe den Zedenten nicht ausreichend darüber aufgeklärt, dass die Beteiligungen praktisch unveräußerlich seien, dass die Prospektangaben über zu erwartende Mietsteigerungen zu optimistisch seien und dass der Anteil der "weichen Kosten" am Gesamtaufwand unverhältnismäßig hoch sei. Mit der Klage nimmt sie die Beklagte auf Ersatz der Anlagebeträge, eines späteren Sanierungsbeitrages und entgangener Zinsen aus einer sicheren Anlage in Höhe von insgesamt 135.710,48 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung der Kommanditanteile sowie auf Feststellung, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Kommanditanteile in Verzug befindet, in Anspruch.

4
Landgericht Das hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung zur Zahlung auf 129.120,48 € nebst Zinsen reduziert. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Klägerin Der stehe gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Anlageberatungs- oder -vermittlungsvertrages zu. Zwischen dem Zedenten und der Beklagten sei ein Auskunftsvertrag zustande gekommen, durch den die Beklagte sich zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluss des Zedenten wesentlichen Umstände verpflichtet habe. Dieser Aufklärungspflicht sei die Beklagte nicht nachgekommen, weil sie auf die für den Vertrieb gezahlten Innenprovisionen, die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage begründeten, nicht speziell hingewiesen habe. Zu den Vergütungen, die der Veräußerer an die von ihm beauftragten Vertriebsorganisationen zahle, rechne neben der Marketinggebühr von 3% der Beteiligungssumme auch die im Prospekt aufgeführte "Eigenkapitalbeschaffung" in Höhe von 16,55% beim Fonds Nr. ... bzw. 18,8% beim Fonds Nr. .... Diese Vergütungen für den Vertrieb überschritten die Grenze von 15%, von der an nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 158, 110, 121) eine Auskunftspflicht gegenüber dem Anleger bestehe. Die Hinweispflicht sei unabhängig davon gegeben, ob die Emissionsprospekte dem Zedenten vor den Beitrittserklärungen übergeben worden seien. Die in den Prospekten verwandte Bezeichnung "Eigenkapitalkosten (u.a.)" lasse den Anleger darüber im Unklaren, dass darunter die Kosten für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zu verstehen seien. Dieses Informationsdefizit habe die Beklagte im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle erkennen und durch eine entsprechende Aufklärung ausgleichen müssen.
8
Die Verletzung der Aufklärungspflicht sei für die Anlageentscheidung des Zedenten ursächlich gewesen. Die dahingehende Vermutung habe die Beklagte nicht ausgeräumt. Sie sei deshalb zum Ersatz des investierten Kapitals, einschließlich der Marketinggebühren, des späteren Sanierungsbeitrages des Zedenten für einen Fonds und der entgangenen Zinsen aus einer sicheren Anlage verpflichtet. Die Klägerin müsse sich allerdings die vom Zedenten erlangten Steuervorteile anrechnen lassen.
9
Die Klageforderung sei nicht verjährt. Die aus Vertragsverletzung haftende Beklagte könne sich nicht auf die kurze Verjährungsfrist für die Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne berufen.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
11
1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist im Ergebnis die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei vertraglich verpflichtet gewesen, den Zedenten richtig und vollständig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht ergibt sich allerdings, anders als das Berufungsgericht meint, nicht aus einem Auskunfts-, sondern aus einem Beratungsvertrag.
12
Beratungsvertrag Ein kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686). Tritt ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (Senat BGHZ 123, 126, 128; vgl. auch Senat, Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, 852). Diese Voraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt, weil die Beteiligung an den beiden Immobilienfonds dem Zedenten, der nach einem Grundstücksverkauf über 200.000 DM verfügte, von einem Prokuristen der Beklagten empfohlen worden ist.

13
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte habe ihre Pflichten aufgrund des Beratungsvertrages verletzt.
14
a) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Beratung muss anlage- und objektgerecht sein. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden, andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjektes ergeben (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen, über die der Anleger wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären ist (vgl. Senat , Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, 852), gehört auch eine im Anlageprospekt nicht ausgewiesene, an den Vermittler gezahlte Innenprovision von 15% und mehr (BGHZ 158, 110, 121; Senat, Urteil vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - gegenüber dem Anleger eine Marketinggebühr von 3% der Beteiligungssumme offen ausgewiesen wird und ohne Erwähnung der Innenprovision ein unrichtiger Eindruck von der Höhe der Vertriebskosten entstünde (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874).
15
b) Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt , d.h. bei Vorlage der Emissionsprospekte rechtzeitig vor Abgabe der Beitrittserklärungen, kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, eine Pflicht zur Aufklärung über für den Vertrieb gezahlte Innenprovisionen verletzt zu haben. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung in Höhe von 16,55% bzw. 18,8% bestand entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, weil diese Kosten in den Emissionsprospekten ausgewiesen sind. Die dabei verwandte Bezeichnung als Kosten der "Eigenkapitalbeschaffung (u.a.)" hat den Anleger nicht darüber im Unklaren gelassen, dass darunter Kosten für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zu verstehen sind.
16
Zur Akquisition verwendete Prospekte sind allgemein darauf ausgerichtet , die angebotene Anlage als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen. Sie erwecken regelmäßig den Anschein, dass der Preis der Anlage jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Veräußerer für sie erbrachten sachlichen Leistungen steht (BGHZ 158, 110, 120). Deshalb sind Innenprovisionen, die als solche keine Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Anlage schließen lassen (BGHZ 158, 110, 118), dem Anleger offen zu legen. Dafür reicht es aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 158, 110, 121) aus, dass die Innenprovision im Prospekt als "Kosten der Eigenkapitalbeschaffung" bezeichnet wird. Da die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung in den Prospekten beider Immobilienfonds als solche ausgewiesen sind, war die Beklagte nicht verpflichtet, von sich aus ungefragt eine weitere Aufklärung über diese Kosten vorzunehmen. Das Berufungsgericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf das Urteil des Senats vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225, in dem eine Aufklärungspflicht eines Anlagevermittlers nur für im Anlageprospekt nicht ausgewiesene Innenprovisionen bejaht worden ist.

III.


17
DasangefochteneUrte il war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nunmehr Feststellungen dazu zu treffen haben, ob dem Zedenten die Emissionsprospekte der Fondsgesellschaften bereits so rechtzeitig vor Abgabe der Beitrittserklärungen vorgelegt worden sind, dass er sich mit ihrem Inhalt vor seiner Beitrittsentscheidung vertraut machen konnte. Gegebenenfalls sind auch Feststellungen zu den weiteren von der Klägerin geltend gemachten und vom Berufungsgericht bislang offen gelassenen Pflichtverletzungen der Beklagten erforderlich.

Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 25.08.2005 - 3 O 362/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.09.2006 - 17 U 273/05 -

(1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere

1.
Aktien,
2.
andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien vertreten,
3.
Schuldtitel,
a)
insbesondere Genussscheine und Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen sowie Hinterlegungsscheine, die Schuldtitel vertreten,
b)
sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren nach den Nummern 1 und 2 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von Wertpapieren, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird; nähere Bestimmungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Geldmarktinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind Instrumente, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, insbesondere Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate, Commercial Papers und sonstige vergleichbare Instrumente, sofern im Einklang mit Artikel 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565

1.
ihr Wert jederzeit bestimmt werden kann,
2.
es sich nicht um Derivate handelt und
3.
ihre Fälligkeit bei Emission höchstens 397 Tage beträgt,
es sei denn, es handelt sich um Zahlungsinstrumente.

(3) Derivative Geschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte:
a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente,
b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die in Artikel 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Voraussetzungen erfüllt, oder Rechnungseinheiten,
c)
Zinssätze oder andere Erträge,
d)
Indices der Basiswerte der Buchstaben a, b, c oder f, andere Finanzindizes oder Finanzmessgrößen,
e)
derivative Geschäfte oder
f)
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes,Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate);
2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie
a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist,
b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden und nicht über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte im Sinne von Absatz 20 sind, die effektiv geliefert werden müssen, oder
c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind;
3.
finanzielle Differenzgeschäfte;
4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate);
5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.

(4) Finanzinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1,
2.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs,
3.
Geldmarktinstrumente im Sinne des Absatzes 2,
4.
derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3,
5.
Emissionszertifikate,
6.
Rechte auf Zeichnung von Wertpapieren und
7.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes sowie Namensschuldverschreibungen, die mit einer vereinbarten festen Laufzeit, einem unveränderlich vereinbarten festen positiven Zinssatz ausgestattet sind, bei denen das investierte Kapital ohne Anrechnung von Zinsen ungemindert zum Zeitpunkt der Fälligkeit zum vollen Nennwert zurückgezahlt wird, und die von einem CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, dem eine Erlaubnis nach § 32 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes erteilt worden ist, oder von einem in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95; L 212 vom 3.7.2020, S. 20; L 436 vom 28.12.2020, S. 77), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/338 (ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14) geändert worden ist, namentlich genannten Kreditinstitut, das über eine Erlaubnis verfügt, Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes zu betreiben, ausgegeben werden, wenn das darauf eingezahlte Kapital im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts nicht erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird.

(5) Waren im Sinne dieses Gesetzes sind fungible Wirtschaftsgüter, die geliefert werden können; dazu zählen auch Metalle, Erze und Legierungen, landwirtschaftliche Produkte und Energien wie Strom.

(6) Waren-Spot-Kontrakt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vertrag im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.

(7) Referenzwert im Sinne dieses Gesetzes ist ein Kurs, Index oder Wert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 29 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014.

(8) Wertpapierdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft),
2.
das
a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten an den Finanzmärkten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals (Market-Making),
b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung),
c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere (Eigenhandel) oder
d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik im Sinne von Absatz 44, auch ohne Dienstleistung für andere (Hochfrequenzhandel),
3.
die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten in fremdem Namen für fremde Rechnung (Abschlussvermittlung),
4.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung),
5.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft),
6.
die Platzierung von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft),
7.
die Verwaltung einzelner oder mehrerer in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung),
8.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems),
9.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems),
10.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen im Sinne des Artikels 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).
Das Finanzkommissionsgeschäft, der Eigenhandel und die Abschlussvermittlung umfassen den Abschluss von Vereinbarungen über den Verkauf von Finanzinstrumenten, die von einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einem Kreditinstitut ausgegeben werden, im Zeitpunkt ihrer Emission. Ob ein häufiger systematischer Handel vorliegt, bemisst sich nach der Zahl der Geschäfte außerhalb eines Handelsplatzes (OTC-Handel) mit einem Finanzinstrument zur Ausführung von Kundenaufträgen, die von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen für eigene Rechnung durchgeführt werden. Ob ein Handel in erheblichem Umfang vorliegt, bemisst sich entweder nach dem Anteil des OTC-Handels an dem Gesamthandelsvolumen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens in einem bestimmten Finanzinstrument oder nach dem Verhältnis des OTC-Handels des Wertpapierdienstleistungsunternehmens zum Gesamthandelsvolumen in einem bestimmten Finanzinstrument in der Europäischen Union; nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 12 bis 17 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565. Die Voraussetzungen der systematischen Internalisierung sind erst dann erfüllt, wenn sowohl die Obergrenze für den häufigen systematischen Handel als auch die Obergrenze für den Handel in erheblichem Umfang überschritten werden oder wenn ein Unternehmen sich freiwillig den für die systematische Internalisierung geltenden Regelungen unterworfen und eine Erlaubnis zum Betreiben der systematischen Internalisierung bei der Bundesanstalt beantragt hat. Als Wertpapierdienstleistung gilt auch die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die keine Dienstleistung für andere im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 darstellt (Eigengeschäft). Der Finanzportfolioverwaltung gleichgestellt ist hinsichtlich der §§ 63 bis 83 und 85 bis 92 dieses Gesetzes sowie des Artikels 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014, des Artikels 26 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Artikel 72 bis 76 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 die erlaubnispflichtige Anlageverwaltung nach § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 11 des Kreditwesengesetzes.

(9) Wertpapiernebendienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Verwahrung und die Verwaltung von Finanzinstrumenten für andere, einschließlich Depotverwahrung und verbundener Dienstleistungen wie Cash-Management oder die Verwaltung von Sicherheiten mit Ausnahme der Bereitstellung und Führung von Wertpapierkonten auf oberster Ebene (zentrale Kontenführung) gemäß Abschnitt A Nummer 2 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 909/2014 (Depotgeschäft),
2.
die Gewährung von Krediten oder Darlehen an andere für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen, sofern das Unternehmen, das den Kredit oder das Darlehen gewährt, an diesen Geschäften beteiligt ist,
3.
die Beratung von Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie sowie die Beratung und das Angebot von Dienstleistungen bei Unternehmenskäufen und Unternehmenszusammenschlüssen,
4.
Devisengeschäfte, die in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen stehen,
5.
das Erstellen oder Verbreiten von Empfehlungen oder Vorschlägen von Anlagestrategien im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlagestrategieempfehlung) oder von Anlageempfehlungen im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (Anlageempfehlung),
6.
Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Emissionsgeschäft stehen,
7.
Dienstleistungen, die sich auf einen Basiswert im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 oder Nr. 5 beziehen und im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen stehen.

(9a) Umschichtung von Finanzinstrumenten im Sinne dieses Gesetzes ist der Verkauf eines Finanzinstruments und der Kauf eines Finanzinstruments oder die Ausübung eines Rechts, eine Änderung im Hinblick auf ein bestehendes Finanzinstrument vorzunehmen.

(10) Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, nach § 53 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen und Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

(11) Organisierter Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach nichtdiskretionären Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.

(12) Drittstaat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Staat, der weder Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist.

(13) Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, sind

1.
Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1 000 Euro oder dem am Ausgabetag entsprechenden Gegenwert in einer anderen Währung oder von Aktien,
a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder
b)
die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind und die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat nach § 4 Absatz 1 gewählt haben,
2.
Emittenten, die andere als die in Nummer 1 genannten Finanzinstrumente begeben und
a)
die ihren Sitz im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind oder
b)
die ihren Sitz nicht im Inland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind
und die die Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des § 4 Absatz 2 als Herkunftsstaat gewählt haben,
3.
Emittenten, die nach Nummer 1 Buchstabe b oder Nummer 2 die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen können und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, solange sie nicht wirksam einen Herkunftsmitgliedstaat gewählt haben nach § 4 in Verbindung mit § 5 oder nach entsprechenden Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(14) Inlandsemittenten sind

1.
Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. EU Nr. L 390 S. 38) unterliegen, und
2.
Emittenten, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.

(15) MTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,

1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf multilateralen Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, oder
2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur an multilateralen Handelssystemen im Inland gehandelt werden.

(16) OTF-Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind Emittenten von Finanzinstrumenten,

1.
die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf organisierten Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sind, soweit sie in diesem Staat den Anforderungen des Artikels 21 der Richtlinie 2004/109/EG unterliegen, oder
2.
die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente nur eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben.

(17) Herkunftsmitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
im Falle eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens,
a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens befindet;
b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich ihr Sitz befindet;
c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für das Wertpapierdienstleistungsunternehmen maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
2.
im Falle eines organisierten Marktes der Mitgliedstaat, in dem dieser registriert oder zugelassen ist, oder, sofern für ihn nach dem Recht dieses Mitgliedstaats kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet;
3.
im Falle eines Datenbereitstellungsdienstes,
a)
sofern es sich um eine natürliche Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Datenbereitstellungsdienstes befindet;
b)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, der Mitgliedstaat, in dem sich der Sitz des Datenbereitstellungsdienstes befindet;
c)
sofern es sich um eine juristische Person handelt, für die nach dem nationalen Recht, das für den Datenbereitstellungsdienst maßgeblich ist, kein Sitz bestimmt ist, der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung befindet.

(18) Aufnahmemitgliedstaat im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen der Mitgliedstaat, in dem es eine Zweigniederlassung unterhält oder Wertpapierdienstleistungen im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs erbringt;
2.
für einen organisierten Markt der Mitgliedstaat, in dem er geeignete Vorkehrungen bietet, um in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Marktteilnehmern den Zugang zum Handel über sein System zu erleichtern.

(19) Eine strukturierte Einlage ist eine Einlage im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 und 2 des Einlagensicherungsgesetzes, die bei Fälligkeit in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wobei sich die Zahlung von Zinsen oder einer Prämie, das Zinsrisiko oder das Prämienrisiko aus einer Formel ergibt, die insbesondere abhängig ist von

1.
einem Index oder einer Indexkombination,
2.
einem Finanzinstrument oder einer Kombination von Finanzinstrumenten,
3.
einer Ware oder einer Kombination von Waren oder anderen körperlichen oder nicht körperlichen nicht übertragbaren Vermögenswerten oder
4.
einem Wechselkurs oder einer Kombination von Wechselkursen.
Keine strukturierten Einlagen stellen variabel verzinsliche Einlagen dar, deren Ertrag unmittelbar an einen Zinsindex, insbesondere den Euribor oder den Libor, gebunden ist.

(20) Energiegroßhandelsprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Energiegroßhandelsprodukt im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (ABl. L 326 vom 8.12.2011, S. 1), sowie der Artikel 5 und 6 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(21) Multilaterales System im Sinne dieses Gesetzes ist ein System oder ein Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt.

(22) Handelsplatz im Sinne dieses Gesetzes ist ein organisierter Markt, ein multilaterales Handelssystem oder ein organisiertes Handelssystem.

(23) Liquider Markt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Markt für ein Finanzinstrument oder für eine Kategorie von Finanzinstrumenten,

1.
auf dem kontinuierlich kauf- oder verkaufsbereite vertragswillige Käufer oder Verkäufer verfügbar sind und
2.
der unter Berücksichtigung der speziellen Marktstrukturen des betreffenden Finanzinstruments oder der betreffenden Kategorie von Finanzinstrumenten nach den folgenden Kriterien bewertet wird:
a)
Durchschnittsfrequenz und -volumen der Geschäfte bei einer bestimmten Bandbreite von Marktbedingungen unter Berücksichtigung der Art und des Lebenszyklus von Produkten innerhalb der Kategorie von Finanzinstrumenten;
b)
Zahl und Art der Marktteilnehmer, einschließlich des Verhältnisses der Marktteilnehmer zu den gehandelten Finanzinstrumenten in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument;
c)
durchschnittlicher Spread, sofern verfügbar.
Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 1 bis 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/567 der Kommission vom 18. Mai 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Begriffsbestimmungen, Transparenz, Portfoliokomprimierung und Aufsichtsmaßnahmen zur Produktintervention und zu den Positionen (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 90), in der jeweils geltenden Fassung.

(24) Zweigniederlassung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Betriebsstelle, die

1.
nicht die Hauptverwaltung ist,
2.
einen rechtlich unselbstständigen Teil eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens bildet und
3.
Wertpapierdienstleistungen, gegebenenfalls auch Wertpapiernebendienstleistungen, erbringt, für die dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Zulassung erteilt wurde.
Alle Betriebsstellen eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens mit Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat, die sich in demselben Mitgliedstaat befinden, gelten als eine einzige Zweigniederlassung.

(25) Mutterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Mutterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86) geändert worden ist.

(26) Tochterunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist, sofern nicht die Abschnitte 6 und 16 besondere Regelungen enthalten, ein Tochterunternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 und des Artikels 22 der Richtlinie 2013/34/EU, einschließlich aller Tochterunternehmen eines Tochterunternehmens des an der Spitze stehenden Mutterunternehmens.

(27) Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist eine Gruppe im Sinne des Artikels 2 Nummer 11 der Richtlinie 2013/34/EU.

(27a) Überwiegend kommerzielle Gruppe im Sinne dieses Gesetzes ist jede Gruppe, deren Haupttätigkeit nicht in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder in der Erbringung von in Anhang I der Richtlinie 2013/36/EU aufgeführten Tätigkeiten oder in der Tätigkeit als Market Maker in Bezug auf Warenderivate besteht.

(28) Eine enge Verbindung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen wie folgt miteinander verbunden sind:

1.
durch eine Beteiligung in Form des direkten Haltens oder des Haltens im Wege der Kontrolle von mindestens 20 Prozent der Stimmrechte oder der Anteile an einem Unternehmen,
2.
durch Kontrolle in Form eines Verhältnisses zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, wie in allen Fällen des Artikels 22 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2013/34/EU oder einem vergleichbaren Verhältnis zwischen einer natürlichen oder juristischen Person und einem Unternehmen; Tochterunternehmen von Tochterunternehmen gelten ebenfalls als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens, das an der Spitze dieser Unternehmen steht oder
3.
durch ein dauerhaftes Kontrollverhältnis beider oder aller Personen, das zu derselben dritten Person besteht.

(29) Zusammenführung sich deckender Kundenaufträge (Matched Principal Trading) im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschäft, bei dem

1.
zwischen Käufer und Verkäufer ein Vermittler zwischengeschaltet ist, der während der gesamten Ausführung des Geschäfts zu keiner Zeit einem Marktrisiko ausgesetzt ist,
2.
Kauf- und Verkaufsgeschäfte gleichzeitig ausgeführt werden und
3.
das zu Preisen abgeschlossen wird, durch die der Vermittler abgesehen von einer vorab offengelegten Provision, Gebühr oder sonstigen Vergütung weder Gewinn noch Verlust macht.

(30) Direkter elektronischer Zugang im Sinne dieses Gesetzes ist eine Vereinbarung, in deren Rahmen ein Mitglied, ein Teilnehmer oder ein Kunde eines Handelsplatzes einer anderen Person die Nutzung seines Handelscodes gestattet, damit diese Person Aufträge in Bezug auf Finanzinstrumente elektronisch direkt an den Handelsplatz übermitteln kann, mit Ausnahme der in Artikel 20 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Fälle. Der direkte elektronische Zugang umfasst auch Vereinbarungen, die die Nutzung der Infrastruktur oder eines anderweitigen Verbindungssystems des Mitglieds, des Teilnehmers oder des Kunden durch diese Person zur Übermittlung von Aufträgen beinhalten (direkter Marktzugang), sowie diejenigen Vereinbarungen, bei denen eine solche Infrastruktur nicht durch diese Person genutzt wird (geförderter Zugang).

(31) Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind und die ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen Emittenten mit Sitz im Ausland gehandelt werden können.

(32) Börsengehandeltes Investmentvermögen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs, bei dem mindestens eine Anteilsklasse oder Aktiengattung ganztägig an mindestens einem Handelsplatz und mit mindestens einem Market Maker, der tätig wird, um sicherzustellen, dass der Preis seiner Anteile oder Aktien an diesem Handelsplatz nicht wesentlich von ihrem Nettoinventarwert und, sofern einschlägig, von ihrem indikativen Nettoinventarwert abweicht, gehandelt wird.

(33) Zertifikat im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das auf dem Kapitalmarkt handelbar ist und das im Falle der durch den Emittenten vorgenommenen Rückzahlung einer Anlage bei dem Emittenten Vorrang vor Aktien hat, aber nicht besicherten Anleiheinstrumenten und anderen vergleichbaren Instrumenten nachgeordnet ist.

(34) Strukturiertes Finanzprodukt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Wertpapier, das zur Verbriefung und Übertragung des mit einer ausgewählten Palette an finanziellen Vermögenswerten einhergehenden Kreditrisikos geschaffen wurde und das den Wertpapierinhaber zum Empfang regelmäßiger Zahlungen berechtigt, die vom Geldfluss der Basisvermögenswerte abhängen.

(34a) Make-Whole-Klausel im Sinne dieses Gesetzes ist eine Klausel, die den Anleger schützen soll, indem sichergestellt wird, dass der Emittent im Falle der vorzeitigen Rückzahlung einer Anleihe verpflichtet ist, dem Anleger, der die Anleihe hält, einen Betrag zu zahlen, welcher der Summe des Nettogegenwartwertes der verbleibenden Kuponzahlungen, die bis zur Fälligkeit erwartet werden, und dem Kapitalbetrag der zurückzuzahlenden Anleihe entspricht.

(35) Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind derivative Geschäfte im Sinne des Absatzes 3 sowie Wertpapiere im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe b.

(36) Warenderivate im Sinne dieses Gesetzes sind Finanzinstrumente im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 30 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(36a) Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind Derivatkontrakte in Bezug auf die Erzeugnisse, die in Artikel 1 und Anhang I Teil I bis XX und XXIV/1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671; L 189 vom 27.6.2014, S. 261; L 130 vom 19.5.2016, S. 18; L 34 vom 9.2.2017, S. 41; L 106 vom 6.4.2020, S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/2220 (ABl. L 437 vom 28.12.2020, S. 1) geändert worden ist, sowie in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/560 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 11) geändert worden ist, aufgeführt sind.

(37) Genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigtes Veröffentlichungssystem im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(38) (weggefallen)

(39) Genehmigter Meldemechanismus im Sinne dieses Gesetzes ist ein genehmigter Meldemechanismus im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(40) Datenbereitstellungsdienst im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
ein genehmigtes Veröffentlichungssystem,
2.
ein genehmigter Meldemechanismus.

(41) Drittlandunternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen, das ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wäre, wenn es seinen Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum hätte.

(42) Öffentliche Emittenten im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Emittenten von Schuldtiteln:

1.
die Europäische Union,
2.
ein Mitgliedstaat einschließlich eines Ministeriums, einer Behörde oder einer Zweckgesellschaft dieses Mitgliedstaats,
3.
im Falle eines bundesstaatlich organisierten Mitgliedstaats einer seiner Gliedstaaten,
4.
eine für mehrere Mitgliedstaaten tätige Zweckgesellschaft,
5.
ein von mehreren Mitgliedstaaten gegründetes internationales Finanzinstitut, das dem Zweck dient, Finanzmittel zu mobilisieren und seinen Mitgliedern Finanzhilfen zu gewähren, sofern diese von schwerwiegenden Finanzierungsproblemen betroffen oder bedroht sind,
6.
die Europäische Investitionsbank.

(43) Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

1.
es dem Kunden gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine Dauer, die für die Zwecke der Informationen angemessen ist, einsehen kann, und
2.
die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.
Nähere Bestimmungen enthält Artikel 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(43a) Elektronische Form im Sinne dieses Gesetzes ist ein dauerhaftes Medium, das kein Papier ist.

(44) Hochfrequente algorithmische Handelstechnik im Sinne dieses Gesetzes ist ein algorithmischer Handel im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1, der gekennzeichnet ist durch

1.
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder einen direkten elektronischen Hochgeschwindigkeitszugang,
2.
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und
3.
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen.

(45) Zentrale Gegenpartei im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der jeweils geltenden Fassung.

(46) Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, deren durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 200 Millionen Euro betrug. Nähere Bestimmungen enthalten die Artikel 77 bis 79 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(47) Öffentlicher Schuldtitel im Sinne dieses Gesetzes ist ein Schuldtitel, der von einem öffentlichen Emittenten begeben wird.

(48) PRIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.

(49) PRIIP im Sinne dieses Gesetzes ist ein Produkt im Sinne des Artikels 4 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 320/06 Verkündet am:
25. September 2007
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen sowie die
Richter Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. September 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
2
Der Zedent, ein Bauingenieur, erwarb auf Empfehlung der Beklagten durch Beitrittserklärungen vom 20. Juli 1990 und 22. November 1991 Kommanditbeteiligungen in Höhe von 80.000 DM bzw. 60.000 DM an zwei Immobilienfonds, deren Gesellschaftszweck auf den Erwerb, die Sanierung, die Errichtung und die Vermietung von Wohn- und Gewerberäumen gerichtet war. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Zedenten die Emissionsprospekte der Fondsgesellschaften bereits vor Abgabe der Beitrittserklärungen vorgelegt wurden. Die Fondsgesellschaften gerieten in der Folgezeit in finanzielle Schwierigkeiten bzw. wurden insolvent.
3
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe den Zedenten nicht ausreichend darüber aufgeklärt, dass die Beteiligungen praktisch unveräußerlich seien, dass die Prospektangaben über zu erwartende Mietsteigerungen zu optimistisch seien und dass der Anteil der "weichen Kosten" am Gesamtaufwand unverhältnismäßig hoch sei. Mit der Klage nimmt sie die Beklagte auf Ersatz der Anlagebeträge, eines späteren Sanierungsbeitrages und entgangener Zinsen aus einer sicheren Anlage in Höhe von insgesamt 135.710,48 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung der Kommanditanteile sowie auf Feststellung, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Kommanditanteile in Verzug befindet, in Anspruch.

4
Landgericht Das hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung zur Zahlung auf 129.120,48 € nebst Zinsen reduziert. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Klägerin Der stehe gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Anlageberatungs- oder -vermittlungsvertrages zu. Zwischen dem Zedenten und der Beklagten sei ein Auskunftsvertrag zustande gekommen, durch den die Beklagte sich zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluss des Zedenten wesentlichen Umstände verpflichtet habe. Dieser Aufklärungspflicht sei die Beklagte nicht nachgekommen, weil sie auf die für den Vertrieb gezahlten Innenprovisionen, die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage begründeten, nicht speziell hingewiesen habe. Zu den Vergütungen, die der Veräußerer an die von ihm beauftragten Vertriebsorganisationen zahle, rechne neben der Marketinggebühr von 3% der Beteiligungssumme auch die im Prospekt aufgeführte "Eigenkapitalbeschaffung" in Höhe von 16,55% beim Fonds Nr. ... bzw. 18,8% beim Fonds Nr. .... Diese Vergütungen für den Vertrieb überschritten die Grenze von 15%, von der an nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 158, 110, 121) eine Auskunftspflicht gegenüber dem Anleger bestehe. Die Hinweispflicht sei unabhängig davon gegeben, ob die Emissionsprospekte dem Zedenten vor den Beitrittserklärungen übergeben worden seien. Die in den Prospekten verwandte Bezeichnung "Eigenkapitalkosten (u.a.)" lasse den Anleger darüber im Unklaren, dass darunter die Kosten für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zu verstehen seien. Dieses Informationsdefizit habe die Beklagte im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle erkennen und durch eine entsprechende Aufklärung ausgleichen müssen.
8
Die Verletzung der Aufklärungspflicht sei für die Anlageentscheidung des Zedenten ursächlich gewesen. Die dahingehende Vermutung habe die Beklagte nicht ausgeräumt. Sie sei deshalb zum Ersatz des investierten Kapitals, einschließlich der Marketinggebühren, des späteren Sanierungsbeitrages des Zedenten für einen Fonds und der entgangenen Zinsen aus einer sicheren Anlage verpflichtet. Die Klägerin müsse sich allerdings die vom Zedenten erlangten Steuervorteile anrechnen lassen.
9
Die Klageforderung sei nicht verjährt. Die aus Vertragsverletzung haftende Beklagte könne sich nicht auf die kurze Verjährungsfrist für die Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne berufen.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
11
1. Rechtlich nicht zu beanstanden ist im Ergebnis die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei vertraglich verpflichtet gewesen, den Zedenten richtig und vollständig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht ergibt sich allerdings, anders als das Berufungsgericht meint, nicht aus einem Auskunfts-, sondern aus einem Beratungsvertrag.
12
Beratungsvertrag Ein kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 218/01, WM 2002, 1683, 1686). Tritt ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (Senat BGHZ 123, 126, 128; vgl. auch Senat, Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, 852). Diese Voraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt, weil die Beteiligung an den beiden Immobilienfonds dem Zedenten, der nach einem Grundstücksverkauf über 200.000 DM verfügte, von einem Prokuristen der Beklagten empfohlen worden ist.

13
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte habe ihre Pflichten aufgrund des Beratungsvertrages verletzt.
14
a) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Beratung muss anlage- und objektgerecht sein. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden, andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts , sowie die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjektes ergeben (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen, über die der Anleger wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären ist (vgl. Senat , Urteile vom 9. Mai 2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, 852), gehört auch eine im Anlageprospekt nicht ausgewiesene, an den Vermittler gezahlte Innenprovision von 15% und mehr (BGHZ 158, 110, 121; Senat, Urteil vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - gegenüber dem Anleger eine Marketinggebühr von 3% der Beteiligungssumme offen ausgewiesen wird und ohne Erwähnung der Innenprovision ein unrichtiger Eindruck von der Höhe der Vertriebskosten entstünde (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874).
15
b) Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt , d.h. bei Vorlage der Emissionsprospekte rechtzeitig vor Abgabe der Beitrittserklärungen, kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, eine Pflicht zur Aufklärung über für den Vertrieb gezahlte Innenprovisionen verletzt zu haben. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung in Höhe von 16,55% bzw. 18,8% bestand entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, weil diese Kosten in den Emissionsprospekten ausgewiesen sind. Die dabei verwandte Bezeichnung als Kosten der "Eigenkapitalbeschaffung (u.a.)" hat den Anleger nicht darüber im Unklaren gelassen, dass darunter Kosten für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zu verstehen sind.
16
Zur Akquisition verwendete Prospekte sind allgemein darauf ausgerichtet , die angebotene Anlage als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen. Sie erwecken regelmäßig den Anschein, dass der Preis der Anlage jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Veräußerer für sie erbrachten sachlichen Leistungen steht (BGHZ 158, 110, 120). Deshalb sind Innenprovisionen, die als solche keine Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Anlage schließen lassen (BGHZ 158, 110, 118), dem Anleger offen zu legen. Dafür reicht es aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 158, 110, 121) aus, dass die Innenprovision im Prospekt als "Kosten der Eigenkapitalbeschaffung" bezeichnet wird. Da die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung in den Prospekten beider Immobilienfonds als solche ausgewiesen sind, war die Beklagte nicht verpflichtet, von sich aus ungefragt eine weitere Aufklärung über diese Kosten vorzunehmen. Das Berufungsgericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf das Urteil des Senats vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225, in dem eine Aufklärungspflicht eines Anlagevermittlers nur für im Anlageprospekt nicht ausgewiesene Innenprovisionen bejaht worden ist.

III.


17
DasangefochteneUrte il war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nunmehr Feststellungen dazu zu treffen haben, ob dem Zedenten die Emissionsprospekte der Fondsgesellschaften bereits so rechtzeitig vor Abgabe der Beitrittserklärungen vorgelegt worden sind, dass er sich mit ihrem Inhalt vor seiner Beitrittsentscheidung vertraut machen konnte. Gegebenenfalls sind auch Feststellungen zu den weiteren von der Klägerin geltend gemachten und vom Berufungsgericht bislang offen gelassenen Pflichtverletzungen der Beklagten erforderlich.

Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 25.08.2005 - 3 O 362/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.09.2006 - 17 U 273/05 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 586/07 Verkündet am:
12. Mai 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 282 (Fassung: 1.1.1964), § 280 Abs. 1 Satz 2 (Fassung: 2.1.2002)

a) Verletzt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Pflicht, den
Kunden über Rückvergütungen aufzuklären, trägt es die Darlegungsund
Beweislast dafür, dass es nicht vorsätzlich gehandelt hat, auch
dann, wenn seine Haftung für fahrlässiges Handeln nach § 37a WpHG
verjährt ist (Fortführung von BGHZ 170, 226).

b) Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt auch im Falle unterlassener
Aufklärung über Rückvergütungen.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht der H. GmbH (im Folgenden: Zedentin) im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften in Anspruch.
2
Die Zedentin erwarb nach einem - inhaltlich im Einzelnen streitigen - Beratungsgespräch mit Mitarbeitern der Beklagten am 15. Februar 2000 zwischen dem 16. Februar und dem 14. Juni 2000 über die Beklagte für 141.478,21 € Anteile an Aktienfonds und für 106.395,72 € Aktien. In den Wertpapierabrechnungen über die Fondsanteile sind nicht besonders ausgewiesene Ausgabeaufschläge zwischen 3% und 5% enthalten. Die Beklagte, die aus diesen Aufschlägen und den von den konzerneigenen Fonds erhobenen Verwaltungsgebühren Rückvergütungen erhält, gewährte der Zedentin insoweit Bonifikationen von zumeist 1%, in einem Fall von 2,5%. Über die Ausgabeaufschläge wurde die Zedentin informiert , nicht aber über die Rückvergütungen an die Beklagte.
3
Nach erheblichen Kursverlusten suchte der Geschäftsführer der Zedentin, der sich falsch beraten fühlte, am 8. August 2000 zusammen mit einem Rechtsanwalt die Beklagte auf. Der Inhalt des Gesprächs ist streitig. Nach Veräußerung eines Teils der Fondsanteile für 70.842,62 € und der Aktien für 54.908,60 € hat der Kläger am 13. August 2003 Klage eingereicht und unter Berücksichtigung erzielter Wertpapiererträge von 511,58 € die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 127.611,13 € zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der restlichen Wertpapiere beantragt.
4
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226) das Berufungsurteil aufgehoben, weil die Beklagte durch das Verschweigen der Rückvergütungen den zwischen der Zedentin und der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt hat und ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Zedentin aus vorsätzlichem Handeln der Beklagten nicht nach § 37a WpHG verjährt ist.
Er hat die Sache zur Klärung der Frage, ob die Beklagte die erhaltenen Rückvergütungen vorsätzlich verschwiegen hat, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im zweiten Berufungsverfahren hat der Kläger unter Berücksichtigung dessen, dass ein Teil der streitgegenständlichen Wertpapiere zum 1. Januar 2006 veräußert worden ist, nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 91.668,16 € nebst Zinsen zu zahlen, und im Übrigen den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers nach Vernehmung des damals für die Beklagte tätigen Anlageberaters K. erneut zurückgewiesen.
5
Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im Umfang der zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet.

I.


7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2008, 351 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der für die Beklagte tätig gewesene Mitarbeiter K. habe seine Beratung damals als rechtlich ausreichend erachtet und noch nicht einmal als möglich erkannt, dass er Aufklärungspflichten verletze. Ihm habe daher das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt. Dieser Rechtsirrtum schließe den Vorsatz aus.
9
Der Kläger könne sich auch nicht auf ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten berufen. Seine Behauptung, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht gekannt, die Rückvergütung aber behalten wollen, ohne sie zu offenbaren, lasse kein vorsätzliches und für den Abschluss der streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte ursächliches Verhalten eines Entscheidungsträgers der Beklagten erkennen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, das zuständige Vorstandsmitglied der Beklagten sei nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, sich bei der Rechtsabteilung über die Behandlung von Rückvergütungen zu vergewissern und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Rückvergütungen dem Kunden offenbarten, lasse die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht zu. Dass von einem Verantwortlichen der Beklagten durch eine Einzelfallweisung, eine generelle Anordnung oder eine bankinterne Richtlinie die gebotene Aufklärung im vorliegenden Fall vorsätzlich verhindert worden wäre, sei nicht ersichtlich.
10
Dass es dem Kläger mangels Kenntnis von den Unternehmensinterna der Beklagten naturgemäß Schwierigkeiten bereite, ein etwaiges vorsätzliches Verhalten der Beklagten durch konkreten Tatsachenvortrag zu untermauern, rechtfertige es nicht, den Vorsatz einer Person, deren Verhalten der Beklagten nach § 31 BGB oder § 278 BGB zuzurechnen sei, zu unterstellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 280 Abs. 1 BGB282 BGB aF) grundsätzlich der Schädiger die Beweislast dafür trage, die Pflichtverletzung nicht vertreten zu müssen. Komme - wie vorliegend wegen Verjährung (§ 37a WpHG) der auf Fahr- lässigkeit gestützten Ansprüche - nur eine Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens in Betracht, obliege es dem Geschädigten, das Vorliegen des Vorsatzes darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

II.


11
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht, den Kläger über die Rückvergütungen zu unterrichten, zu Unrecht verneint.
12
Ohne 1. Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass dem Anlageberater K. das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Unterlassens gefehlt habe und er sich daher in einem Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum befunden habe. Die tatrichterliche Würdigung der Aussage des Zeugen K. , die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar ist, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision ausdrücklich hingenommen.
13
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten verneint.
14
Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutz des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern , die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird (vgl. BGHZ 135, 202, 205 ff.; MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rn. 26 m.w.N.). Danach ist hier ein vorsätzliches Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihre Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat (bedingter Vorsatz) und es gleichwohl bewusst unterlassen hat, ihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären (Nobbe, ZBB 2009, 93, 104; Koller, ZBB 2007, 197, 201).
15
a) Insoweit hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur auftrags- bzw. kommissionsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabepflicht (§§ 666, 667 BGB, § 384 Abs. 2 HGB) in Bezug auf heimlich hinter dem Rücken des Auftraggebers geflossene Zahlungen (vgl. BGHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239 und BGH, Urteil vom 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89, WM 1992, 879, 880 f.) und unter Hinweis auf Ziffer 2.2 Abs. 2 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions -, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586), nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird, behauptet, die Beklagte habe ihre Herausgabe- und Aufklärungspflicht zwar gekannt, die Rückvergütungen aber behalten wollen und deswegen nicht offenbart. Soweit das Berufungsgericht diesen Vortrag als unschlüssig angesehen hat, erscheint das im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (die Revision hat sich zusätzlich noch auf BGHZ 78, 263, 268 und das Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 bezogen) zu Herausgabe- und Aufklärungspflichten eines Beraters zweifelhaft, kann aber letztlich da- hinstehen, da das Berufungsgericht bereits die Darlegungs- und Beweislast für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten verkannt hat.
16
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Darlegungs - und Beweislast für vorsätzliches Handeln der Beklagten trage der Kläger.
17
aa) Nach § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) muss der Schuldner beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören gleichermaßen Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen (vgl. MünchKommBGB/ Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 35 m.w.N.). Das ist jedoch mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB aF (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nF) nicht vereinbar. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen (BGHZ 46, 260, 267). Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist (vgl. Soergel /Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 282 Rn. 14 m.w.N.; Nobbe, ZBB 2009, 93, 104). Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.
18
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trägt der Kläger auch nicht ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz der Beklagten, weil die ohne Zweifel vorliegende fahrlässige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nach § 37a WpHG verjährt ist und damit nur noch eine Vorsatzhaftung im Streit ist. Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht als Beleg für seine Ansicht auf das Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 (XI ZR 155/92, WM 1993, 2251, 2252) berufen. Das Senatsurteil betraf den Aufrechnungsausschluss nach § 393 BGB, bei dem der Vorsatz eine Voraussetzung des Ausschlusses ist, so dass er von demjenigen, der sich darauf beruft, darzulegen und zu beweisen ist. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten hat, indem sie die Rückvergütungen verschwiegen hat. Für diese fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte grundsätzlich bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Ihre Haftung ist nicht auf vorsätzliches Handeln beschränkt. Die Besonderheit besteht vorliegend allein darin, dass der Anspruch des Klägers wegen fahrlässig unterlassener Aufklärung, der an sich gegeben ist, wegen der Sonderverjährungsregelung des § 37a WpHG bereits verjährt und damit lediglich nicht mehr durchsetzbar ist. Dadurch wird aber der Anspruch des Klägers nicht ein solcher, der allein durch vorsätzliches Handeln begründet werden kann und bei dem der Vorsatz zum Anspruchsgrund ge- hört (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, Rn. 864).
19
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 1. Juli 2008 (XI ZR 411/06, WM 2008, 1596, Tz. 23), dessen Aussagen zur Beweislast nicht die allgemeine Vorsatzhaftung nach § 276 BGB betreffen. In jenem Fall ging es um arglistiges Verhalten eines Kapitalanlagevermittlers nach § 123 BGB, für das der Anspruchsteller darlegungsund beweispflichtig ist. Da die Arglist des Vermittlers bei einem verbundenen Geschäft nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 239, Tz. 29 f.) zugleich eine Haftung der den Erwerb der Kapitalanlage finanzierenden Bank für ein vorsätzliches Verschulden bei Vertragsverhandlungen (jetzt § 311 Abs. 2 BGB) begründet, trägt die Beweislast für diesen aus der Arglist hergeleiteten Vorsatz ausnahmsweise ebenfalls der Anspruchsteller.
20
c) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen K. feststeht, dass die Beklagte ihre Anlageberater nicht angehalten hat, die Kunden über die Rückvergütungen aufzuklären. Es geht danach letztlich allein um die Frage, ob bei den Verantwortlichen der Beklagten in Bezug auf die Aufklärungspflicht ein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum bestand. Wer sich aber wie die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, muss diesen auch darlegen und beweisen (vgl. BGHZ 69, 128, 143; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276 Rn. 11).

III.


21
angefochtene Das Urteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Die Beklagte wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit haben, ergänzend dazu vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, dass sie trotz Kenntnis der Auskunfts- und Herausgabepflichten des Geschäftsbesorgers nach §§ 675, 666, 667 BGB bzw. des Kommissionärs nach §§ 383, 384 Abs. 2 HGB und der dazu veröffentlichten Rechtsprechung sowie der darauf Bezug nehmenden BAWe-Richtlinie vom 26. Mai 1997 (aaO) eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht erkannt und auch nicht für möglich gehalten hat und sie es deswegen auch nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit unterlassen hat, ihre Anlageberater zur Aufklärung der Kunden zu verpflichten.
22
Für den Fall, dass das Berufungsgericht nach neuer Verhandlung eine Haftung der Beklagten aus vorsätzlichem Handeln bejahen sollte, weist der Senat darauf hin, dass bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; auch BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789, Tz. 6 m.w.N.). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rn. 863). Erwirbt der Anleger neben Produkten, bei denen ihm Rückvergütungen verschwiegen wurden, auch Produkte, bei denen die Bank keine Rückvergütungen erhalten hat, so kann er sich aber nur in Bezug auf die erstgenannten Produkte auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Hinsichtlich der Produkte, bei denen keine Rückvergütungen gezahlt wurden, muss der Anleger darlegen und beweisen, dass er bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt mit der beratenden Bank abgebrochen und auch die Produkte nicht erworben hätte, bei denen keine Rückvergütungen geflossen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, WM 2007, 487, Tz. 27, insoweit in BGHZ 170, 226 nicht abgedruckt).
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.04.2004 - 11 HKO 15075/03 -
OLG München, Entscheidung vom 19.12.2007 - 7 U 3009/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 266/07 Verkündet am:
2. März 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Es besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die unrichtige Darstellung der
Lage des Grundstücks oder des Bodenwerts im Prospekt für die Entscheidung, einem
geschlossenen Immobilienfonds beizutreten, wegen der Auswirkungen auf die
Vermietbarkeit und die Höhe des Mietzinses ursächlich ist.
BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. November 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 17. Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger erklärten am 3. Dezember 1997 ihren Beitritt zum Immobilienfonds "B.
und KG" leisteten eine Kommanditeinlage in Höhe von 400.000,00 DM. Der Beklagte nahm den Beitritt der Kläger als Treuhänder an. Er wirkte bei der Erstellung des Emissionsprospekts und beim Abschluss der Verträge mit, war Gründungsgesellschafter des Fonds sowie Treuhandkommanditist. Der Fonds erwarb ein mit einem Wohngebäude bebautes Grundstück in W. und ein mit einem Bürogebäude bebautes Grundstück
in B. , das langfristig vermietet war. Die B. -Bau GmbH gab für beide Grundstücke eine befristete Mietgarantie ab. Das Grundstück in B. war im Prospekt mit der richtigen Anschrift angegeben, seine Lage auf einer Planskizze falsch eingezeichnet. Die Kläger haben vom Beklagten wegen unrichtiger Angaben der Lage des Grundstücks bei B. und des Werts für Grund und Boden des Grundstücks in W. die Rückabwicklung ihres Beitritts verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richten sich die vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen der Kläger.

Entscheidungsgründe:

2
Die Revisionen haben Erfolg.
3
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger hafte als Gründungsgesellschafter und Treuhandkommanditist für unrichtige Prospektangaben aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Der Ersatzanspruch sei nach § 195 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB auch nicht verjährt. Die Kläger hätten aber nicht schlüssig dargelegt, dass sie durch den Prospekt über wesentliche bzw. erhebliche Umstände, die für ihre Entschließung von Bedeutung gewesen seien, fehlerhaft oder unvollständig informiert worden seien. Aufgrund der Art der Immobilie, des mit dem langfristigen Mietvertrag für 15 Jahre festgelegten Nutzungszwecks und der Mietgarantie sei der konkrete Standort des Grundstücks bei Bremen von untergeordneter Bedeutung gewesen. Der Nutzungszweck habe zudem eher eine Stadtrandlage als eine Innenstadtlage vorgegeben. Aber selbst wenn der graphisch falsch dargestellte Standort als ein wesentlicher Umstand für die Anlageentscheidung angesehen würde, fehle es an der Ursächlichkeit des Fehlers für den Beitritt der Kläger. Sie könnten sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht stützen, weil die Vermutung nicht gelte, wenn mehrere Verhaltensvarianten in Frage kämen. Die Kläger hätten selbst vorgetragen, dass sie den Emissionsprospekt von ihrem Steuerberater und der D. Bank in B. hätten überprüfen lassen, dass von dort keine Einwände erhoben worden seien und die Bank sogar erklärt habe , sie könne kein mit diesen Konditionen und Sicherheiten vergleichbar gutes Angebot unterbreiten. Eine gehörige Aufklärung hätte bei den Klägern daher einen Entscheidungskonflikt ausgelöst, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben habe. Das gelte auch für die von den Klägern behauptete falsche Angabe zum Bodenwert des Grundstücks in W. Zu ihren Gunsten gelte auch insoweit keine Kausalitätsvermutung, weil sie sich angesichts der sonstigen mit der Anlage verbundenen Vorteile in einem Entscheidungskonflikt befunden hätten.
4
II. Dies hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
5
1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Ursächlichkeit der unstreitigen bzw. behaupteten Prospektmängel für die Anlageentscheidung verneint , weil sich die Kläger in einem Entscheidungskonflikt befunden hätten und die falsche Lageangabe für das Grundstück bei B. wegen der Mietgarantie sowie der langfristigen Vermietung ohne Bedeutung sei.
6
a) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war (st.Rspr. BGHZ 79, 337, 346; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104; v. 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, ZIP 2004, 312; v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651). Durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts wird in das Recht des Anlegers eingegriffen, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht. Das Bestehen von Handlungsvarianten ist nicht geeignet, diese auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung für die Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung bei Immobilien zu entkräften, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht (BGH, Urt. v. 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568). Eine Ausnahme kommt allenfalls bei - hier nicht vorliegenden - von vornherein spekulativen Geschäften in Betracht, bei denen es nur um das Maß der Sicherheit geht (vgl. BGHZ 160, 58, 66). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kläger hätten sich wegen der Einschätzung der D. Bank, kein mit den Konditionen und Sicherheiten des Fonds vergleichbar gutes Angebot machen zu können, in einem Entscheidungskonflikt befunden, beruht außerdem auf einem Denkfehler. Es hat verkannt , dass diese Bewertung auf den Angaben im Prospekt beruht, die die D. Bank für richtig gehalten hat, während zumindest zu unterstellen ist, dass sie nicht zutreffen.
7
b) Zu Unrecht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die falsche Angabe zur Lage des Grundstücks bei B. kein für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstand gewesen sei, weil eine Mietgarantie abgegeben und das Grundstück langfristig vermietet worden sei. Die Lage ist ein für die Bewertung einer Immobilie maßgebender Umstand, weil sie sich auf den Vermietungserfolg auswirkt. Daran ändern weder die hier gegebene Mietgarantie noch der Umstand etwas, dass ein langfristiger Mietvertrag geschlossen worden ist. Eine befristete Mietgarantie ist keine nachhaltige Sicherung des Erwerbers , die von der Verpflichtung zur Aufklärung über die tatsächlichen Umstände der Vermietung und der erzielbaren Miete befreit (vgl. BGH Urt. v. 10. Oktober 2008 - V ZR 175/07, NJW 2008, 3699; Urt. v. 15. Juni 2000 - III ZR 305/98, ZIP 2000, 1392). Sie kann - was allgemein bekannt ist und gerade bei Anlagemodellen immer wieder deutlich wird - infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Vertragspartners jederzeit ausfallen. Ebenso kann sich schnell erweisen, dass der langfristige Mieter seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, weil er seine wirtschaftlichen Aussichten falsch eingeschätzt hat. Sowohl für die Möglichkeit der Wiedervermietung als solche als auch für den erzielbaren Mietzins gewinnt die Lage des Grundstücks dann entscheidende Bedeutung.
8
c) Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Berufungsgericht ist zu Recht und von der Revisionserwiderung nicht angegriffen davon ausgegangen, dass eine Haftung des Beklagten aus vorvertraglichem Verschulden in Betracht kommt, weil er Gründungsgesellschafter ist, und dass der Schadensersatzanspruch nicht verjährt ist.
9
2. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Beklagte kann die tatsächliche Vermutung, dass eine fehlerhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war, widerlegen (vgl. Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16). Die Vermutung ist grundsätzlich erschüttert, wenn dem Anleger der Prospektmangel beim Beitritt bekannt ist. Der Beklagte hat behauptet, die tatsächliche Lage des Grundstücks sei den Klägern bei ihrem Beitritt bekannt gewesen, weil sie es besichtigt hätten. Den dazu angebotenen Beweis hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - bisher nicht erhoben. Die Ursächlichkeit eines Prospektfehlers für die Anlageentscheidung kann nach der Lebenserfahrung auch fehlen, wenn er für die Werthaltigkeit des Anlageobjekts objektiv keine Bedeutung hat (Senat BGHZ 123, 106, 114). Der Beklagte hat sich darauf berufen, der falsche Lageplan sei für die Grundstücksbewertung belanglos, weil die tatsächliche Lage der eingezeichneten Lage mindestens gleichwertig sei. Auch dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
10
Sollte das Berufungsgericht wieder zu dem Ergebnis gelangen, dass die falsche Lagezeichnung für die Anlageentscheidung nicht ursächlich war, ist der Behauptung der Kläger nachzugehen, der Prospekt sei auch hinsichtlich der Wertangabe für das Grundstück in W. falsch; im Übrigen haben die Parteien Gelegenheit, ihr Vorbringen zu den unterbliebenen Verlustzuweisungen zu ergänzen und zu konkretisieren. Goette Kurzwelly Kraemer Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.09.2006 - 10 O 96/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.11.2007 - I-6 U 216/06 -

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 359/02
Verkündet am:
12. Februar 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Frage der Verpflichtung des Vermittlers einer prospektierten Kapitalanlage
zur Offenlegung von an ihn für den Vertrieb gezahlten "Innenprovisionen".
BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dörr, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM plus 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs GmbH & Co. P. -A. /W. -G. 1 KG ("Grundrenditefonds P. -A. und W. -G. 1"; im folgenden: W.
1) und an der D. Grundstücks-EntwicklungsGmbH & Co. W. -G. 2 KG ("Grundrenditefonds W. -G. 2/Galerie
R. Straße"; im folgenden: W. 2). Diese Kapitalanlagen waren dem Kläger durch die Beklagte unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte vermittelt worden.
Der Kläger behauptet, beide Immobilienfonds befänden sich in einer katastrophalen wirtschaftlichen Lage, da die tatsächlichen Mieteinnahmen für die Gewerbeeinheiten in erheblichem Umfang hinter den zugesagten Mieten zurückgeblieben seien. Er verlangt von der Beklagten Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen entstandenen Aufwendungen, Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, wobei er sich auf den geltend gemachten Schaden Ausschüttungen von insgesamt 5.600 DM anrechnen läßt. Die Haftung der Beklagten leitet der Kläger aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung - mit der Behauptung, die Prospekte für die beiden Immobilienfonds seien in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft gewesen - und daraus her, daß die Beklagte ihm gegenüber (vor-)vertragliche Aufklärungspflichten verletzt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen, "soweit der Kläger seinen vermeintlichen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Beteiligung an W. 1 auf die nicht erfolgte Aufklärung über die an die Beklagte gezahlte weitere Provision stützt". Soweit sie nicht bereits durch das Berufungsgericht zugelassen worden ist, hat der Senat die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Die Revision rügt als Verfahrensfehler, das Berufungsgericht hätte nicht, wie geschehen, eine Entscheidung nach Lage der Akten (§§ 331a, 251a Abs. 2 ZPO) treffen dürfen. Darin liege ein Verstoß gegen § 285 Abs. 2 ZPO, weil das Berufungsgericht nach der Vernehmung von Zeugen durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin im darauf anberaumten Verhandlungstermin den Parteien keine Gelegenheit gegeben habe, "das Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der Beweisverhandlungen vorzutragen".
Diese Rüge ist unbegründet. Im Streitfall haben beide Parteien nach der Zeugenvernehmung durch die - aufgrund einer vorausgegangenen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - beauftragte Richterin des Berufungsgerichts zu dem Beweisergebnis schriftlich Stellung genommen. Im anschließenden Verhandlungstermin vor dem Senat des Oberlandesgerichts hat der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt, er werde keinen Antrag stellen. Daraufhin hat das Berufungsgericht, wie von den Beklagten beantragt, nach Lage der Akten entschieden. Dazu war es entgegen der Auffassung der Revision berechtigt; § 285 Abs. 2 ZPO stand nicht entgegen. Wie der Bundesgerichtshof bereits ausgesprochen hat (BGHZ 63, 94, 95), erfordert diese Vorschrift nicht eine Wiederholung bereits gestellter Anträge (durch die auf schrift-
sätzliches Vorbringen zur Beweisaufnahme hätte Bezug genommen werden können, § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Sie soll nur gewährleisten, daß den Parteien Gelegenheit gegeben wird, über das Ergebnis der Beweisaufnahme unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln (BGHZ aaO). Hatten die Parteien diese Gelegenheit, so ist, wenn eine Partei sich freiwillig durch ihre Säumnis oder das Nichtverhandeln ihres Anwalts der Verhandlungsmöglichkeit begeben hat, auch ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan (Stein/ Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 285 Rn. 9).

II.


Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im engeren Sinne, weil die Beklagte nur für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zuständig gewesen sei und nicht zu dem von der Rechtsprechung in Betracht gezogenen Kreis der Prospektverantwortlichen gehört habe. Eine vom Kläger behauptete Mitwirkung der Beklagten an den Prospekten sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen , auch nicht, daß die Beklagte Einfluß auf die Konzeptionierung der Anlagefonds genommen habe. Auch ein Einfluß der Beklagten auf die Zusammensetzung des für die Fonds verantwortlichen Personenkreises, etwa die Benennung des Treuhänders, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Schließlich ergebe sich eine maßgebliche Einflußnahme der Beklagten auf das gesamte Projekt nicht daraus, daß die Beklagte die einzige Vertriebsfirma gewesen wäre, die für einen Vertrieb der Objekte in Frage gekommen wäre.
Das Berufungsgericht lehnt auch eine Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen eines ihr zur Last fallenden Verschuldens als Anlageberater oder -vermittler ab. In diesem Zusammenhang würdigt das Berufungsgericht die Tätigkeit der Beklagten als die eines Anlagevermittlers, nicht eines Anlageberaters: Die Beklagte sei schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht als unabhängige Beraterin aufgetreten, sondern als Werberin für das zu vermittelnde Kommanditkapital der Fondsgesellschaften. Insbesondere die Tatsache, daß die Beklagte das unternehmerische Konzept der Gewerbezentren nicht selbständig bewertet, sondern auch nach dem Vortrag des Klägers insoweit allein auf den Prospekt verwiesen und nur zu den steuerlichen Fragen ein Votum abgegeben habe, zeige, daß sie nur die Rolle der Anlagevermittlerin habe übernehmen wollen und dies den Anlegern auch deutlich gemacht habe.
Ihren Verpflichtungen als Anlagevermittlerin, so das Berufungsgericht weiter, sei die Beklagte nachgekommen. Weder sei der Beklagten anzulasten, daß sie fehlerhafte und unklare Prospekte verwendet, noch daß sie eine Plausibilitätsprüfung der Prospekte unterlassen habe. Die Emissionsprospekte für W. 1 und W. 2 erfüllten die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen hinsichtlich Klarheit und Wahrheit. Auch die Verflechtung der Projektentwicklungsfirmen werde zutreffend offengelegt. Eine Verpflichtung, die Bonität der Mieter der Gewerbezentren zu prüfen, habe die Beklagte als Anlagevermittlerin nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, daß es zum damaligen Zeitpunkt Kenntnisse über betrügerisches Verhalten von Beteiligten gegeben habe, seien nicht ersichtlich. Darauf, ob die Mietgarantien im Zeitpunkt der Prospektherausgabe schon vertraglich eingeräumt worden waren und eine Bankbürgschaft in der prospektierten Höhe schon vorlag, komme es nicht an.
Die Beklagte habe sich die darauf bezogenen Verträge so lange nicht vorlegen zu lassen brauchen, als keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in den Prospekten aufgetreten seien.
Schließlich meint das Berufungsgericht, eine Haftung der Beklagten komme auch nicht deswegen in Betracht, weil sie den Kläger nicht über an sie gezahlte Innenprovisionen aufgeklärt habe. Eine Aufklärung über den Erhalt von Innenprovisionen sei nicht in jedem Fall geboten. Gegen eine grundsätzliche Aufklärungspflicht spreche, daß die Gefahr, verdeckte Kosten zu Lasten der Anleger dem eingezahlten Kapital zu entnehmen oder in anderen Posten zu verstecken, z.B. in überteuerten Grundstückspreisen, in erster Linie dann bestehe, wenn die Gesellschaften, zu deren Gunsten die Provisionen gezahlt würden, mit der Initiatorenseite wirtschaftlich, kapitalmäßig und persönlich verflochten seien und insoweit eine Interessenkollision zu Lasten der Anleger bestehe. Gebe es eine solche Verflechtung nicht, könne zwar nicht ausgeschlossen werden, daß die Provision zahlende Verkäuferin der Grundstücke diese Kosten bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt habe. Da der Kaufpreis den potentiellen Anlegern jedoch durch den Prospekt bekannt werde, seien sie über die anfallenden Kosten aufgeklärt und es bestehe die Möglichkeit zu prüfen, ob diese Kosten überteuert seien oder nicht. Überdies sei im Prospekt für W. 2 darauf hingewiesen worden, daß die Beklagte von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren eine weitere Vergütung (Werbekostenzuschuß) erhalte; die Anleger seien also darüber aufgeklärt worden , daß eine Innenprovision gezahlt werde. Die Aufklärung über die Höhe sei schon deswegen nicht erforderlich gewesen, weil es jedem Anleger unbenommen gewesen wäre, wegen der Tatsache, daß eine Innenprovision gezahlt wird, von einer Beteiligung abzusehen. Bei W. 1 fehle ein solcher Hinweis
zum Punkt Eigenkapitalbeschaffung. Dies sei indessen insoweit zutreffend, als die Beklagte bei diesem Fonds nicht von der Beteiligungsgesellschaft mit dem Vertrieb beauftragt worden sei, sondern die Beteiligungsgesellschaft die Firma D. P. -, E. - und M. AG mit der Beschaffung des fehlenden Gesellschaftskapitals betraut habe, die ihrerseits die Beklagte mit dem Vertrieb beauftragt habe. Die D. P. -, E. - und M. AG habe jedoch keine Vergütung erhalten, die über die im Pro- spekt genannte Vergütung hinausgehe, "sondern die an die Beklagte über ihren Anteil hinausgehenden 5 % Provision" unbestritten "aus ihrer Gewinnmarge bei der Veräußerung der Grundstücke gezahlt". Auch im Hinblick darauf, daß deswegen eine Überteuerung der Grundstücke nicht ersichtlich sei, sei eine Aufklärung im Prospekt nicht geboten gewesen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn (vgl. Siol DRiZ 2003, 204), wie sie an sich auch für Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds der vorliegenden Art in Betracht zu ziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130), hier nicht als gegeben angesehen hat, weil die Beklagte nicht zu den Prospektverantwortlichen der Anlagemodelle W. 1 und W. 2 gehörte.

a) Für den Prospektinhalt müssen in erster Linie diejenigen einstehen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Das sind namentlich die Initiatoren, Gründer und
Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherrschen (BGHZ 71, 284, 287 ff; Siol aaO S. 207), einschließlich der sogenannten "Hintermänner" (BGHZ 72, 382, 387; 79, 337, 340; 83, 222, 224; 115, 213, 217 f; 145, 121, 127). Darüber hinaus haften auch diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erscheinung getreten sind (BGHZ 77, 172, 176 f; 111, 314, 319 f; BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 883; Siol aaO S. 207).
Vorliegend erschöpfte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Mitwirkung der Beklagten an W. 1 und W. 2 in der Übernahme des Vertriebs. Eine weitergehende verantwortliche Mitwirkung im Sinne einer Mitgestaltung der Anlagemodelle oder der (Mit-)Verantwortlichkeit für die Prospekte hat es aufgrund seiner Beweisaufnahme nicht festzustellen vermocht.

b) Die Rügen, die die Revision gegen diese Würdigung, die weitgehend im tatrichterlichen Bereich liegt und daher als solche im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden kann, erhebt, sind unbegründet.
aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Hinweis des Klägers darauf übergangen, daß die Beklagte selbst "keinen Schöpfer der Prospekte" benennen könne, der mit eigenen gedanklichen Leistungen die Prospekte verfaßt habe. Indessen führt dieses Vorbringen - ebenso wie das weitere Vorbringen der Revision, bei den vorliegenden Anlagen habe "die Trennung von Initiatoren und Vertrieb nicht mehr der Praxis entsprochen" - mangels weiterer konkreter Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu dem Schluß, die
Beklagte gehöre neben dem in den Prospekten genannten Prospektherausgeber und den weiteren nach dem Inhalt der Prospekte als Initiatoren in Betracht zu ziehenden Personen zu den Initiatoren oder den sonst Prospektverantwortlichen. Die Übernahme des Vertriebs begründet für sich nicht die Verantwortlichkeit für den dabei verwendeten Prospekt nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn.
bb) Es ist entgegen der Revision auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht daraus, daß bestimmte Formulierungen im Prospekt (für W.
2) darauf abzielen, (auch) den Vertrieb "aus der Haftung zu nehmen", keine Schlüsse in Richtung darauf gezogen hat, hier sei die Vertreibergesellschaft selbst auch Mitherausgeberin des Prospekts gewesen.
2. Folgerichtig hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten, soweit sie die in Rede stehenden Vermögensanlagen (Fondsbeteiligungen) unter Verwendung von Prospekten vertrieben hat, nur nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinn (vgl. BGHZ 83, 222, 227; Siol aaO S. 204), also nur unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß bzw. wegen einer ihr zur Last fallenden Pflichtverletzung als Anlageberater oder Anlagevermittler in Betracht gezogen.

a) Hierbei hat das Berufungsgericht die von der Beklagten bei dem Vertrieb der Anlagen entwickelte Tätigkeit gegenüber dem Kläger rechtsfehlerfrei als Anlagevermittlung, nicht als Anlageberatung, eingeordnet.
aa) Das Berufungsgericht hat die für die Abgrenzung maßgeblichen Merkmale (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993,
1114 f; fortgeführt mit Urteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998) zutreffend erkannt und tatrichterlich einwandfrei umgesetzt.
bb) Soweit die Revision rügt, diese Einordnung widerspreche der Lebenserfahrung , versucht sie nur in unzulässiger Weise, ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Einen Erfahrungssatz, wonach der Vertrieb von "Fondskonzepten" stets als "Beratung" erfolgt, wie die Revision meint, gibt es nicht. Es mag allerdings sein, daß die Vertriebsunternehmen ihren Außendienstmitarbeitern empfehlen, sich gegenüber ihrem Kundenkreis als Berater zu gerieren, um ihr Produkt besser "verkaufen" zu können. Das ändert aber grundsätzlich nichts daran, daß sich bei einer objektiven Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände der Werbung des Kunden der betreffende Vorgang in der Vermittlung der Vermögensanlage erschöpfen kann, auch wenn - je nach Sachlage - der Vermittler selbst im Rahmen des Vermittlungsvorgangs dem Kunden nähere Hinweise und Informationen, etwa über steuerliche Aspekte, gibt.

b) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der Anlagevermittler im Rahmen des zwischen ihm und dem Anlageinteressenten stillschweigend zustande gekommenen Vertrags auf Auskunftserteilung zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet ist, die für den Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung sind. Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospekts, so muß er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen , im Rahmen der geschuldeten "Plausibilitätsprüfung" (Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO) den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die
darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind.

c) Soweit das Berufungsgericht meint, der Beklagten seien keine Verstöße gegen ihre (vor-)vertraglichen Aufklärungspflichten als Anlagevermittlerin vorzuwerfen, begegnet dies jedoch, wie die Revision mit Recht rügt, durchgreifenden rechtlichen Bedenken in bezug auf die von der Beklagten vereinnahmten Innenprovisionen, die in den Prospekten nicht hinreichend ausgewiesen waren.
aa) Es ist im Revisionsverfahren bezüglich der Innenprovisionen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
(1) Nach dem Investitionsplan für W. 1 sollte der Gesamtaufwand für diese Anlage 62.845.301 DM betragen. Hiervon waren 27 Mio. DM zuzüglich 5 % Agio als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern zu beschaffen.
Der Prospekt für W. 1 enthielt einen Hinweis darauf, daß die Objektgesellschaft ("Beteiligungsfirma") die D. P. -, E. - und M. AG, welche laut Prospekt als Generalübernehmer der Baumaßnahme fungierte, mit der Beschaffung des Eigenkapitals beauftragt hatte oder beauftragen werde. Ein Preis (Provisionshöhe) wurde hier nicht genannt. Das Berufungsgericht geht allerdings nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen im Anschluß an den Vortrag der Beklagten von einer "im Prospekt genannten" Vergütung von 20 % aus, wobei es ersichtlich die prospektierten Angaben (im Investitionsplan, Anlage I zum Gesellschaftsvertrag) über Kosten der Eigen-
kapitalbeschaffung (4,032 Mio. DM = ca. 15 % von 27 Mio. DM) und Agio (1,344 Mio. DM = ca. 5 % von 27 Mio DM) in den Blick genommen hat. Die Revision des Klägers bringt hiergegen für sich keine Rügen an.
Die Beklagte hat nach eigenem Vortrag jedoch insgesamt 25 % erhalten, und zwar weitere 5 % (= 1,35 Mio. DM) aufgrund des von der D. P. -, E. - und M. AG an sie weitergegebenen Auftrags aus deren "Gewinn"; letzteres war nach dem Sinn und Zweck dieser Zahlungen ebenfalls eine (weitere) Innenprovision.
Diese weitere Innenprovision wurde im Prospekt nicht ausgewiesen.
(2) Bezüglich W. 2, bei dem der prospektierte Gesamtaufwand 37.920.000 DM betragen sollte, wovon 19.200.000 DM (ohne Agio) als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern aufzubringen waren, enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen über den Umfang der an die Beklagte als Vertriebsfirma insgesamt gezahlten (Innen-)Provisionen. Das waren zunächst einmal die im Prospekt als solche ausgewiesenen 11 % von 27 Mio. DM (5 % Agio und weitere 6 % des vermittelten Kommanditkapitals). Der Kläger hat im Berufungsverfahren weitere Zahlungen an die Beklagte, insbesondere seitens der Veräußerer der Galerie R. Straße (A. Immobilien- und Vermögensverwaltung AG) und der W. -Galerie 2 (D. P. -, E. - und M. AG), in Höhe von ca. 14 % behauptet; die Beklagte, die in den Tatsacheninstanzen diesem Vorbringen nicht entgegengetreten ist, legt in ihrer Revisionserwiderung denselben Betrag zugrunde. Revisionsrechtlich ist also davon auszugehen , daß die Beklagte weitere 14 %, insgesamt also 25 %, bezogen auf das
von ihr beschaffte Kommanditkapital von 19.200.000 DM, an Innenprovisionen erhalten hat.
Hiervon deckte der Prospekt über die bereits genannten 11 % hinaus nur auf, daß die Vermittlungsgesellschaft eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuß ) ... von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren ... erhält ...", ohne jedoch weitere Beträge zu nennen.
bb) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Vergütungen, die der Veräußerer an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft zahlt (sog. Innenprovision), in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen, ist höchstrichterlich nicht geklärt und im Schrifttum sowie in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten (vgl. zum Meinungsstand die Hinweise in dem Urteil BGHZ 145, 121, 129; außerdem Gallandi WM 2000, 279; Kiethe NZG 2001, 107; Rohlfing MDR 2002, 738; Schirp/Mosgo BKR 2002, 354). In den Urteilen BGHZ 145, 121 und vom 13. November 2003 - VII ZR 26/03 - NJW 2004, 288), die Bauträgermodelle betreffen, hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs diese Frage ausdrücklich offengelassen, ebenso der V. Zivilsenat für den Fall des Verkaufs von Eigentumswohnungen (Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02 - NJW 2003, 1811, 1812).
Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht eine Pflicht zur Ausweisung von Innenprovisionen bei dem Vertrieb von Anlagemodellen der Art, wie sie im Streitfall dem Publikum unter Verwendung von Prospekten angeboten wurden - also insbesondere auch von geschlossenen Immobilienfonds -, zwar nicht in jedem Fall, wohl aber ab einer gewissen Größenordnung derartiger Provisionen. Unabhängig von der Gesamthöhe der Innenprovisionen müs-
sen im Prospekt diesbezügliche Angaben zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr darf nicht bestehen.
(1) Insbesondere bei einer aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage können sich aus der Existenz und der Höhe solcher Innenprovisionen - die als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen - Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Anlage ergeben. Dies gilt für den Fall, daß, wie hier, Kapitalanleger sich an einer Immobiliengesellschaft beteiligen, nicht nur in bezug auf Provisionszahlungen der Objektgesellschaft an die Vertriebsfirma als Teil des "Gesamtaufwands" , sondern auch in bezug auf Provisionszahlungen eines in das Anlagemodell einbezogenen Unternehmens, das seinerseits das betreffende Objekt (Grundstück und Bauvorhaben) an die Objektgesellschaft veräußert hat, zumal bei diesem Veräußerungsvorgang eine eigentliche geldwerte "Vermittlung" überhaupt nicht stattfindet.
Wie der Bundesgerichtshof für den Fall des Verkaufs einer (dort "gebrauchten" ) Immobilie ausgesprochen hat, begründet allerdings der Umstand, daß bei dem Käufer eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts entstehen kann, für sich selbst dann noch keine Offenbarungspflicht , wenn die Höhe der Provision(en) tatsächlich zu einem Kaufpreis führt, der den objektiven Wert der Immobilie - erheblich - übersteigt (BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02 - NJW 2003, 1811 f). Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers (zu diesem Fall vgl. BGHZ 146, 298, 301 ff) bleibt es vielmehr den Vertragsparteien überlassen, welchen Preis sie vereinbaren. Mithin besteht für den
Verkäufer grundsätzlich selbst dann keine Pflicht zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjektes, wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt. Im Regelfall muß der Verkäufer auch den Käufer nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, daß sich sein künftiger Vertragspartner selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft (Urteil vom 14. März 2003 aaO m.w.N.; vgl. auch - für den Erwerb finanzierende Kreditinstitute - BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01 - NJW 2003, 424); unberührt bleiben Schadensersatzansprüche des Käufers für den Fall, daß der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben zur Rendite gemacht hat, die sich als unzutreffend erweisen, oder Schadensersatzansprüche aus einem besonderen Beratungsvertrag (Urteil vom 14. März 2003 aaO). Nichts anderes dürfte in der Regel in den Fällen gelten, in denen ein wesentlicher Teil des Anlageobjekts aus einem von dem Veräußerer (neu) zu errichtenden Bauwerk besteht. Es ist im Grundsatz Sache des Unternehmers, wie er den Preis für sein Werk kalkuliert, insbesondere auch, was er darin für den "Vertrieb" ansetzt. Umgekehrt muß auch der Erwerber einer noch zu bebauenden Immobilie immer damit rechnen, daß der ihm genannte Erwerbspreis einen gewissen Vertriebskostenanteil enthält.
(2) Der Aufklärungsbedarf für den Anlageinteressenten (Verbraucher) ist jedoch - jedenfalls zu diesem erörterten Punkt - typischerweise größer, wenn und soweit ihm das Anlage-"Modell" vom Anbieter oder vom Vertreiber mittels eines Prospekts vorgestellt wird.
Anlagemodelle wie etwa auch geschlossene Immobilienfonds sind dadurch gekennzeichnet, daß die Initiatoren, sogenannte Hintermänner und Pro-
spektherausgeber maßgeblichen Einfluß auf die Vorbereitung und Durchführung haben und mit den Prospektinformationen, für die sie verantwortlich sind, Vertrauen der Erwerber in Anspruch nehmen. Die zur Akquisition verwendeten Prospekte dienen dazu, dem Erwerber die für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen zu liefern, damit er die Anlage beurteilen und die Risiken einschätzen kann (vgl. BGHZ 77, 172, 176; 145, 121, 125). Solche Prospekte sind naturgemäß allgemein dahin ausgerichtet, die angebotenen Anlagen als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen. Sie erwecken regelmäßig den Anschein, daß der Preis der Anlage - abgesehen von in den "Gesamtaufwand" mit hineingenommenen einzelnen Dienstleistungen, die häufig im wesentlichen auf Steuerersparnisse abzielen - jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Veräußerer für sie erbrachten sachlichen Leistungen steht. Das schließt nach dem nächstliegenden Verständnis durchschnittlicher Verbraucher normalerweise zugleich die Vorstellung aus, in dem "Gesamtaufwand" (Preis) könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Veräußerer oder Vergütungen für den Vertreiber (letztere in Form von Innenprovisionen ) stecken, daß die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage von vornherein in Frage gestellt sein könnte.
Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Umstandes, daß für den Anleger der Prospekt bei solchen Modellen oftmals die einzige oder jedenfalls die wichtigste Informationsquelle und damit die maßgebliche Grundlage für seine Anlageentscheidung ist (BGHZ 145, 121, 125) und daß dem Anleger eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Vorhaben kaum möglich ist, eine besondere Schutzwürdigkeit des Anlegers. Mit der Schutzwürdigkeit des Anlegers korrespondiert die Verpflichtung der Prospektverantwortlichen und derjenigen, die sich des Prospekts zum Vertrieb bedienen, im
Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten Auskunftserteilung sämtliche für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig darzustellen (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f).
(3) Zu den für die Anlageentscheidung des Anlegers "bedeutsamen" Umständen gehört es aber - im Hinblick auf die erörterte Verknüpfung mit der Werthaltigkeit des Objekts - auch, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Immobilienanlage , die im Prospekt als rentables Renditeobjekt dargestellt wird, erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen stecken. Dabei mag allerdings die übliche Provisionshöhe für normale Maklerleistungen (etwa 3 bzw. 6 %; vgl. BGHZ 125, 135, 129) nicht unbedingt den für eine Übertragung auf den geschäftsmäßigen Vertrieb solcher Anlagemodelle geeigneten Vergleichsmaßstab darstellen. Nach einzelnen Hinweisen im Schrifttum sollen in diesem Bereich Innenprovisionen um 15 % als üblich gelten (Kiethe aaO S. 110; vgl. auch Schirp/Mosgo aaO S. 359). Selbst wenn dies zutreffen sollte, braucht jedoch der Verbraucher nicht ohne weiteres mit (internen) Vertriebskosten , die der Kapitalanlage nicht zugute kommen, in dieser Größenordnung zu rechnen.
cc) Der Senat ist der Auffassung, daß der Anleger über einen "Abfluß" dieser Art, jedenfalls dann, wenn er 15 % überschreitet, generell unterrichtet werden muß.
Eine nähere Festlegung erübrigt sich im Streitfall. Denn hier liegt eine objektive Pflichtverletzung schon darin, daß die in den Prospekten gemachten Angaben, was die Innenprovisionen angeht, unvollständig (unrichtig) und irreführend waren.

Im Prospekt für W. 1 gab es, wie oben ausgeführt, Hinweise auf Innenprovisionen in einer Größenordnung von 20 % ("Kosten der Eigenkapitalbeschaffung" ; "Agio"). Mit weiteren Innenprovisionszahlungen (5 %) brauchte der Anlageinteressent nicht zu rechnen.
Im Prospekt für W. 2 verschleierte der bloße Hinweis, daß von seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuß)" gezahlt werde, den Umstand, daß diese Zahlungen (weitere 14 %) betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausgingen, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte.
Die insoweit unvollständigen Prospektangaben waren geeignet, beim Kläger (Anlageinteressent) Fehlvorstellungen über die geflossenen Innenprovisionen und damit über die Werthaltigkeit der Anlagen hervorzurufen.

III.


Die Beurteilung des Berufungsgerichts läßt sich danach, soweit das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten als Vermittlerin der vorliegenden Anlagen verneint hat, nicht aufrechterhalten.
Da Entscheidungsreife im Revisionsrechtszug nicht gegeben ist (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO), muß die Sache zur tatrichterlichen Prüfung der weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Schlick Streck Dörr Galke Herrmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 17/08
Verkündet am:
5. März 2009
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Pflicht eines auf den Vertrieb von Beteiligungen an Windkraftanlagen
spezialisierten Anlagevermittlers, den Emissionsprospekt auf Plausibilität zu
überprüfen.
BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - OLG Hamm
LG Münster
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Seiters und Schilling

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. November 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an den 28. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung von Beratungspflichten im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage.
2
Zum Jahresende 2001 gab der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf. Dies führte zur Aufdeckung stiller Reserven, die hohe Steuerforderungen nach sich zu ziehen drohten. Auf Anraten seines Steuerberaters suchte der Kläger deshalb eine Möglichkeit zu einer langfristigen Geldanlage mit hohen Verlustzuweisungen, um seine Steuerlast zu reduzieren. Durch Werbebroschü- ren, die im Büro des Steuerberaters auslagen, stieß der Kläger auf den Beklagten , dessen Geschäftstätigkeit ausweislich seiner Visitenkarte unter anderem die "Vermittlung von Beteiligungen an Windparks" war. Nach einem ersten Kontakt beteiligte sich der Kläger auf Vermittlung des Beklagten, der von Haus aus Landwirt ist, mit einer Einlage von 100.000 DM an dem Windpark P. I. Nach Rücksprache mit seinem Steuerberater wollte der Kläger seine Beteiligung aufstocken. Dies war jedoch bei diesem Windpark nicht mehr möglich. Deshalb wies der Beklagte den Kläger auf ein anderes Windparkprojekt bei O. hin und übersandte ihm am 1. Dezember 2001 einen Prospekt über dieses Vorhaben. Am 10. Dezember 2001 zeichnete der Beklagte eine Beteiligung von 50.000 €.
3
Der Windpark O. nahm am 30. April 2002 seinen Betrieb auf. Die tatsächlichen Erträge blieben erheblich unter den prognostizierten. Die Betreibergesellschaft wurde zahlungsunfähig und beantragte am 25. April 2005 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Die Windkraftanlage wurde abgebaut und anderweitig verwertet.
4
Der Kläger behauptet, der über den Windpark O. erstellte Emissionsprospekt weise eine Reihe von Mängeln auf, die dem Beklagten bei einer Plausibilitätsprüfung hätten auffallen müssen.
5
Gemeinsam mit 39 weiteren Anlegern hat der Kläger 14 mit der Konzeption , Vermittlung und Durchführung des Projekts befasste Personen, zu denen auch der Beklagte gehört, auf Schadensersatz in Anspruch genommen. In einem vor dem Landgericht Osnabrück geschlossenen Vergleich hat die Prospektverantwortliche die Verpflichtung übernommen, an den Kläger 22.547,70 € zu zahlen. Der Beklagte, der sich in einem weiteren Vergleich verpflichtet hatte, an den Kläger weitere 7.515,90 € zu zahlen, hat hingegen von dem ihm vorbehaltenen Widerrufsrecht Gebrauch gemacht.
6
Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 27.558,30 € verlangt hat, abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten nach einer Reduzierung der Klageforderung zur Zahlung von 23.352,06 € Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Beklagte hafte dem Kläger aus positiver Vertragsverletzung (in Verbindung mit Art. 229 § 5 EGBGB) im Zusammenhang mit einem Anlageberatungs - oder Anlagevermittlungsvertrag. Kapitalanlagevermittler seien unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genössen, verpflichtet, das Konzept der Anlage, die sie empfehlen wollten und bezüglich derer sie Auskunft erteilen sollten, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, selbst zu prüfen. Verfüge der Anlagevermittler nicht über objektive eigene Kenntnisse, etwa weil er eigene Informationen nicht eingeholt oder keine Prüfungsmöglichkeit gehabt habe, so dass er sich bei seiner Empfehlung ausschließlich auf nicht überprüfte Informationen des Kapitalsuchenden stütze, müsse er dies dem Interessenten offen legen. Der Beklagte habe eine Plausibilitätsprüfung unterlassen. Er habe sich vielmehr auf die Angaben im Emissionsprospekt einschließlich der darin enthaltenen unzutreffenden Ertragsberechnungen verlassen, dies dem Kläger jedoch nicht offenbart. Was eine Plausibilitätsprüfung ergeben hätte, könne offen bleiben. Die bestehenden Mitteilungspflichten habe der Beklagte jedenfalls fahrlässig verletzt. Die schuldhafte Pflichtverletzung sei auch ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers geworden. Soweit der Beklagte behaupte, der Kläger hätte die Anlage auch dann gezeichnet, wenn er ihn auf sämtliche geltend gemachten Prospektmängel hingewiesen hätte und sich der Beklagte insoweit auf das Zeugnis des Steuerberaters des Klägers berufe, sei dies kein geeigneter Beweisantritt. Es sprächen keine objektiven Umstände dafür, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, sein Geld allein um der steuerlichen Vorteile willen unabhängig von den Risiken in den Windpark O. zu investieren. Der Kläger sei auch nicht durch den vor dem Landgericht Osnabrück abgeschlossenen Vergleich gehindert , die Restforderung von 23.352,06 € in voller Höhe geltend zu machen. Diesem habe erkennbar keine Gesamtwirkung im Verhältnis zum Beklagten zukommen sollen. Eine endgültige Regelung habe nur im Verhältnis der Parteien eintreten sollen, die an der Bereinigung mitgewirkt hätten.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die vorstehenden Erwägungen rechtfertigen noch nicht die Verurteilung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz an den Kläger.

10
1. Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass der Beklagte zumindest als Anlagevermittler tätig geworden ist. Dies nimmt auch die Revision hin.
11
2. a) Als Anlagevermittler schuldete der Beklagte dem Kläger nach Maßgabe der in der Senatsrechtsprechung entwickelten Grundsätze eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung waren (z.B.: BGHZ 158, 110, 116; Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 8 jew. m.w.N.). Der Anlagevermittler muss das Anlagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen (z.B.: Senatsurteile vom 12. Mai 2005 - III ZR 413/04 - WM 2005, 1219, 1220 und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - WM 2000, 426, 427; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 - III ZR 230/07 - juris Rn. 5). Unterlässt er diese Prüfung, muss der Anlagevermittler den Interessenten hierauf hinweisen (z.B.: Senatsurteile vom 12. Mai 2005 und vom 13. Januar 2000 jew. aaO).
12
der In Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist weiter anerkannt, dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Interessenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Interessenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (z.B.: Senatsurteil vom 12. Juli 2007 aaO, Rn. 9; BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03 - WM 2005, 833, 837 m.w.N.). Vertreibt der Vermittler , wie hier, die Anlage anhand eines Prospekts, muss er aber, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen, im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen , soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind (Senatsurteile BGHZ aaO und vom 22. März 2007 - III ZR 218/06 - NJW-RR 2007, 925 Rn. 4; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO). Ist die Plausibilitätsprüfung des Prospekts unterblieben , hat der Anlagevermittler den Interessenten hierauf ebenfalls hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2007 aaO, S. 1693 Rn. 14 und vom 12. Mai 2005; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 jew. aaO).
13
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterließ der Beklagte schuldhaft sowohl die Plausibilitätsprüfung des Emissionsprospekts für den Windpark O. als auch die Aufklärung des Klägers über diesen Umstand. Damit verstieß er zwar gegen seine aus dem Vertrag mit dem Kläger folgenden Pflichten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt dies jedoch noch nicht, um eine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger zu begründen. Der Schutzzweck der Prüfungs- beziehungsweise Offenbarungspflicht des Anlagevermittlers ist nicht betroffen, wenn der Prospekt einer Plausibilitätsprüfung in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten standgehalten hätte (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2007 aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07 - NJW 2008, 3700, 3701, Rn. 14). Hiernach ist jeweils festzustellen, ob eine (hypothetische) Untersuchung des Prospekts auf Plausibilität durch den Anlagevermittler Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte. Hierzu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen. Dies ist nachzuholen, da der Kläger mehrere Prospektmängel vorgetragen hat.
14
c) Sollte sich im weiteren Verfahren ergeben, dass der Emissionsprospekt fehlerhaft war, stellt sich die weitere Frage, ob der Beklagte die Mängel bei einer Plausibilitätsprüfung hätte erkennen müssen. Insoweit obliegt ihm die Darlegungs - und Beweislast, da er die gebotene Prüfung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterließ und er damit seine Pflichten gegenüber dem Kläger verletzte. Will er einwenden, die (etwaigen) Fehler des Prospekts seien für ihn auch bei der hypothetischen Plausibilitätsprüfung nicht zu entdecken gewesen, ist dies nicht mehr ein Problem des Schutzzwecks der Prüfungs- und Offenbarungspflicht, da dieser gerade bei Vorliegen von Prospektmängeln eingreift. Vielmehr würde der Beklagte den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erheben. Für dessen tatsächliche Voraussetzungen ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der ihn geltend macht (z.B.: BGHZ 29, 176, 187; BGH, Urteil vom 25. November 1992 - VIII ZR 170/91 - NJW 1993, 520, 521 m.w.N.)
15
Hinsichtlich der von der Revision aufgeworfenen Frage, ob sich die Prüfungspflicht des Beklagten auch auf das den Energieertragsberechnungen im Prospekt zugrunde liegende Windgutachten erstreckte, weist der Senat für das weitere Verfahren auf folgendes hin: Die Plausibilitätsprüfung kann auch in gewissem Umfang Ermittlungspflichten einschließen, wenn es um Umstände geht, die nach der vorauszusetzenden Kenntnis des Anlagevermittlers Zweifel an der inneren Schlüssigkeit einer im Prospekt mitgeteilten Tatsache zu begründen vermögen. Andererseits dürfen an die Pflichten eines Anlagevermittlers keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; der mit der notwendigen Überprüfung verbundene Aufwand muss ihm zumutbar sein (vgl. Senatsurteile BGHZ aaO und vom 22. März 2007 aaO; Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO). Wo die Grenzen einer Prüfungspflicht im Einzelfall zu ziehen sind, hängt weit gehend davon ab, welche Informationen der Anleger konkret abfragt und welches Vertrauen der Vermittler in Anspruch nimmt (Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO).
16
Für die Beurteilung der Streitsache wird insoweit zu berücksichtigen sein, dass sich der Beklagte speziell als Vermittler von "Beteiligungen an Windparks" bezeichnete. In solchen Fällen erwartet der Anleger regelmäßig nicht nur allgemeine wirtschaftliche Kenntnisse des Vermittlers, sondern weitergehendes, auch technisches Wissen im Zusammenhang mit diesem besonderen Wirtschaftszweig , zumal die Rentabilität der Anlage entscheidend von den technisch -meteorologischen Vorbedingungen abhängt. Einer etwaigen Überforderung kann der Vermittler ohne weiteres dadurch begegnen, dass er wahrheitsgemäß unzureichende Kenntnisse offen legt (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Mai 2008 aaO).
17
Der Anleger wird deshalb regelmäßig erwarten können, dass der spezialisierte Anlagevermittler die Plausibilität der Prospektangaben über die zu erwartende Windausbeute überprüft. Dabei wird der Vermittler, wenn ihm nicht andere gleichwertige Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen, die Prospektangaben mit den Ergebnissen der ihnen zugrunde liegenden Windgutachten abzugleichen haben. Ob er darüber hinaus verpflichtet ist, die Schlüssigkeit des Windgutachtens selbst zu überprüfen, hängt davon ab, welche Anforderungen dies stellt und welche Qualifikation der Anlagevermittler für sich in Anspruch genommen hat. Sofern der Vermittler sich nicht einer entsprechenden Ausbildung berühmt, kann von ihm regelmäßig nicht erwartet werden, dass er eine umfassende Überprüfung des Windgutachtens vornimmt, wenn und soweit dies ein meteorologisches oder sonstiges naturwissenschaftliches Studium voraussetzt. Die - wie der Senat nicht verkennt, schwierige - Abgrenzung zwischen den Wissensanforderungen, die an einen auf die Vermittlung von Beteiligungen an Windparks spezialisierten Anlagevermittler zu stellen sind, und den weitergehenden Kenntnissen, die der Anleger bei einem Vermittler ohne naturwissenschaftliche Ausbildung nicht mehr erwarten kann, obliegt im wesentlichen dem Tatrichter. Gleiches gilt für die Beurteilung, ob die Überprüfung der dem Emissionsprospekt zugrunde liegenden Windgutachten eine wissenschaftliche Ausbildung erfordert.
18
3. Weiterhin ist für das neue Verfahren vor dem Berufungsgericht auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen.
19
a) Die Rüge der Revision, die Vorinstanz habe die Vernehmung des als Zeugen angebotenen Steuerberaters des Klägers O. zu Unrecht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG abgelehnt, ist unbegründet. Der Beklagte hat in seiner Berufungserwiderung den Steuerberater als Zeugen für die Behauptungen angeboten, für den Kläger habe Ende 2001 keine steuerlich vernünftige Alternative zur Anlage der 50.000 € in dem Windparkprojekt O. bestanden , und der Kläger hätte sich deshalb auch bei einer Aufklärung über die von ihm nunmehr geltend gemachten Risiken zu der Beteiligung entschlossen. Das Berufungsgericht hat die Zeugenvernehmung des Steuerberaters mit der Begründung abgelehnt, es sprächen keine objektiven Umstände dafür, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, sein Geld allein um der steuerlichen Vorteile willen unabhängig von den Risiken der Anlage in den Windpark O. zu investieren. Der Beklagte habe nicht behauptet, der Kläger habe gegenüber seinem Steuerberater erklärt, er wolle die ihm vorgeschlagene Beteiligung unabhängig von den wirtschaftlichen Gefahren aus steuerlichen Gründen in jedem Fall eingehen. Über die steuerlichen Auswirkungen der Beteiligung an dem Windpark O. für den Kläger sei der Steuerberater nicht zu vernehmen , da das Interesse des Klägers an einer steuergünstigen Anlage nach der Lebenserfahrung allein noch nicht besage, dass es ihm ansonsten gleichgültig gewesen sei, wie es um die Rentabilität und die Sicherheit der Beteiligung bestellt gewesen sei.
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Diese Erwägungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein substantiierter Beweisantrag zur Vernehmung eines Zeugen setzt zwar, wie der Revision zuzugestehen ist, nicht voraus, dass der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen hat (Senatsbeschluss vom 1. August 2007 - III ZR 35/07 - juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 13. Juli 1988 - IVa ZR 67/87 - NJW-RR 1988, 1529). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht allerdings , wenn ein Zeuge über innere Vorgänge einer anderen Person vernommen werden soll, da solche Tatsachen einer direkten Wahrnehmung durch Dritte entzogen sind. In einem solchen Fall kann der Zeuge nur äußere Umstände bekunden, die einen Rückschluss auf den zu beweisenden inneren Vorgang zulassen. Es handelt sich deshalb um einen Indizienbeweis, bei dem der Richter vor der Beweiserhebung prüfen darf und muss, ob der Beweisantritt schlüssig ist (z.B.: Senat aaO; BGH, Urteile vom 30. April 1992 - VII ZR 78/91 - NJW 1992, 2489 und vom 13. Juli 1988 aaO).
21
Der vom Beklagten behauptete Entschluss des Klägers, die Beteiligung an dem Windpark O. unabhängig von den wirtschaftlichen Risiken der Anlage einzugehen, ist eine innere Tatsache, die lediglich einem Indizienbeweis zugänglich ist. Zutreffend hat das Berufungsgericht herausgestellt, dass der Beklagte eine entsprechende Äußerung des Klägers gegenüber seinem Steu- http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=286 - 12 - erberater, die ein starkes Indiz für die vorgebrachte Haupttatsache gewesen wäre, nicht behauptet hat. Soweit das Berufungsgericht weiter ausgeführt hat, aus dem Umstand, dass die Beteiligung an dem Windpark O. die einzige realistische noch in Betracht kommende, steuerlich vernünftige Anlage gewesen sei, lasse sich nicht schließen, dass der Kläger diese ungeachtet der wirtschaftlichen Risiken vorgenommen hätte, handelt es sich um die Würdigung der Aussagekraft einer vom Beklagten vorgebrachten - in das Wissen des Steuerberaters gestellten - Hilfstatsache. Bei einem auf Indizien gestützten Beweis ist der Tatrichter grundsätzlich frei, welche Aussagekraft er den Hilfstatsachen im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Er stellt die den Indizien zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrade und somit die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen fest (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03 - NJW 2004, 3423, 3424). Revisionsrechtlich ist seine Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO nur darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen hat (z.B.: BGH, Urteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03 - NJW-RR 2005, 558 m.w.N. und vom 13. Juli 2004 aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 13. Dezember 2007 - III ZR 163/07 - NJW 2008, 651, 652 Rn. 24). Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs sind die Ausführungen der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Ihre Würdigung ist möglich, widerspruchsfrei , nachvollziehbar und lässt keine in dem Rechtsstreit vorgebrachten Tatsachen außer Acht (vgl. im Übrigen auch Senatsurteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - WM 2006, 668, 671).
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b) Unbegründet ist weiterhin die Rüge der Revision, der Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger sei auch nicht durch den vor dem Landgericht Osnabrück abgeschlossenen Vergleich gehindert, seine Restforderung von 23.352,06 € in voller Höhe geltend zu machen, liege ein falsches Verständnis des Sachverhalts zugrunde. Die Revision bemängelt, anders als das Berufungsgericht meine, habe eine "Privilegierung" des Beklagten in der Weise, dass er wegen des Vergleichs nur in Höhe von 15 % der Schadenssumme hafte , nicht in Rede gestanden. Vielmehr habe der Beklagte einen Erlass in Höhe von lediglich 40 % der ursprünglichen Klagesumme durch den Vergleichsabschluss behauptet. Die Darstellung der Revision und der Sachverhalt, von dem das Berufungsgericht ausgegangen ist, widersprechen einander nicht. Nach dem Vergleichsvorschlag des Landgerichts Osnabrück, der von den Prospektverantwortlichen angenommen worden ist, sollten die Anleger insgesamt 60 % ihrer Investitionen zurückerstattet erhalten. Hiervon sollten, soweit Anlagevermittler eingeschaltet waren, diese 15 Prozentpunkte übernehmen und die Prospektverantwortlichen 45 Prozentpunkte (Protokoll der Sitzung der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 29. Mai 2006, S. 173 der Gerichtsakten). Durch den Vergleich sollten demnach den seinerzeitigen Beklagten 40 % der gegen sie gerichteten Forderungen "erlassen" werden. Von den verbleibenden 60 % sollte der hiesige Beklagte als Anlagevermittler 15 Prozentpunkte tragen.
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c) Soweit die Revision unter Hinweis auf andere oberlandesgerichtliche Entscheidungen (OLG Dresden BauR 2005, 1954, 1955; OLG Hamm [11. Zivilsenat ] NJW-RR 1998, 486, 487; OLG Hamm [2. Zivilsenat] BauR 1997, 1056) die Auslegung des Vergleichs durch das Berufungsgericht beanstandet, nach der die Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten nicht begrenzt werden, ist folgendes anzumerken: Welche Wirkungen ein Vergleich mit einem Gesamtschuldner auch im Verhältnis zu anderen, nicht an ihm beteiligten Gesamtschuldnern hat, ist eine Frage der Interpretation im Einzelfall (OLG Hamm jeweils aaO), die als Auslegung eines Individualvertrags dem Tatrichter obliegt. Revisionsrechtlich relevante Fehler bei der Auslegung des vor dem Landgericht Osnabrück geschlossenen Vergleichs durch das Berufungsgericht sind nicht ersichtlich.
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3. In dem neuen Verfahren wird sich der 28. Zivilsenat des Berufungsgerichts , an den der Senat die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwiesen hat, auch mit den weiteren Beanstandungen der Revision zu befassen haben, auf die einzugehen im derzeitigen Verfahrensstadium kein Anlass besteht.
Schlick Herrmann Hucke
Seiters Schilling
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 22.01.2007 - 15 O 477/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 22.11.2007 - 4 U 30/07 -

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

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b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, aber darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Urteil ist von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt.

(2) Ein Urteil, das in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet wird, ist vor Ablauf von drei Wochen, vom Tage der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser Frist das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe der Geschäftsstelle zu übermitteln. In diesem Fall sind Tatbestand und Entscheidungsgründe alsbald nachträglich anzufertigen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Verkündung oder der Zustellung nach § 310 Abs. 3 zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Prozessakten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.