Landgericht Heidelberg Urteil, 23. Jan. 2014 - 3 S 26/13

23.01.2014

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Wiesloch vom 15.08.2013, Az. 2 C 67/13, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Wiesloch ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen. Im Übrigen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das amtsgerichtliche Urteil, mit welchem der Beklagte zur Zahlung von 5.000 Euro an die Klägerin nebst Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids verurteilt worden ist, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden (§ 513 ZPO). Dies gilt auch insoweit, als der Beklagte mit der Berufung lediglich seine Verurteilung über den Betrag von 2.500 Euro hinaus beanstandet.
Richtig ist allerdings, dass es gemäß Ziff. E. 7.4 der vertragsgegenständlichen AKB bzw. § 6 Abs. 3 KfzPflVV nur dann zu einer Erhöhung der Haftungsbeschränkung von 2.500 Euro bis zu einem Betrag von 5.000 Euro und einer damit einhergehenden Leistungsfreiheit des Versicherers kommt, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich und besonders schwerwiegend verletzt hat. Auch stellt nicht jede Unfallflucht eine besonders schwerwiegende Verletzung der Aufklärungspflicht dar, weil die vorsätzliche Verwirklichung des Tatbestandes der Unfallflucht (§ 142 StGB) bereits Voraussetzung für das Bestehen der Obliegenheitsverletzung ist, deshalb also nicht erneut als Grund für eine besonders schwerwiegende Verletzung herangezogen werden kann. Das Verhalten des Versicherungsnehmers muss sich also vom "Normalfall" einer Unfallflucht, die bloß in der Entfernung des Versicherungsnehmers und des Fahrzeugs vom Unfallort liegt, abheben und es müssen erschwerende Umstände hinzutreten (vgl. schon BGH VersR 1982, 742 und 1983, 333; OLG Celle - 8 U 79/09 - Schaden-Praxis 2010, 118 Rn. 38 m.w.N.).
Solche erschwerenden Umstände, die Leistungsfreiheit des Versicherers gegenüber dem Beklagten bis zu dem Betrag von 5.000 Euro begründen, liegen im Streitfall allerdings vor.
Soweit der Beklagte mit der Berufung vorträgt, er habe entgegen den Feststellungen des Amtsgerichts nicht aus Sorge um seinen Führerschein die Unfallstelle verlassen, sondern weil er fälschlicherweise davon ausgegangen sei, nicht Unfallbeteiligter zu sein, ist dies bereits schwer in Einklang zu bringen mit der von ihm - unstreitig - (vorsätzlich) verwirklichten Unfallflucht, wegen der er ebenso rechtskräftig durch Strafbefehl bestraft worden ist wie wegen der vorausgegangenen fahrlässigen Körperverletzung der Geschädigten Zeugin D.. Dass das Amtsgericht beide Straftatbestände nach Einvernahme der beiden Zeuginnen auch aufgrund eigener Beweiswürdigung als verwirklicht angesehen hat, lässt insoweit keinen Fehler erkennen. Danach steht auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte unmittelbar nach dem Unfall und bevor er weggefahren ist, in seinem Auto sitzen geblieben ist, obwohl er von der Zeugin S. sowohl auf seine mögliche Unfallbeteiligung als auch die mögliche Gefahr, dass ihm sein Führerschein weggenommen werden könnte, angesprochen worden ist.
Ist demnach zugrunde zu legen, dass der Kläger unmittelbar nach dem Unfall sowohl die Tatsache seiner Unfallbeteiligung kannte als auch aufgrund der Gesamtumstände zumindest damit rechnen musste, dass die Zeugin D. hierbei auch körperlichen Schaden genommen hat, so muss er sich ein besonders schwerwiegendes Verschulden im Sinne der Versicherungsbedingungen jedenfalls auch unter diesem Gesichtspunkt vorwerfen lassen. Denn nach ständiger Rechtsprechung begeht in der Regel eine besonders schwerwiegende vorsätzliche Obliegenheitsverletzung, wer sich von der Unfallstelle unerlaubt entfernt, obwohl er weiß, dass er einen Menschen verletzt hat (OLG Brandenburg VersR 2005, 112 Tz. 13 in juris m.w.N.; OLG Karlsruhe VersR 1983, 429).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Strafgesetzbuch - StGB | § 142 Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort


(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er 1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung d

Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung - KfzPflVV | § 6


(1) Wegen einer nach Eintritt des Versicherungsfalls vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Obliegenheitsverletzung ist die Leistungsfreiheit des Versicherers dem Versicherungsnehmer gegenüber vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 auf einen Betrag v

Referenzen

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Wegen einer nach Eintritt des Versicherungsfalls vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Obliegenheitsverletzung ist die Leistungsfreiheit des Versicherers dem Versicherungsnehmer gegenüber vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 auf einen Betrag von höchstens 2 500 Euro beschränkt; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer

(2) Soweit eine grob fahrlässig begangene Obliegenheitsverletzung weder Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat, bleibt der Versicherer zur Leistung verpflichtet.

(3) Bei besonders schwerwiegender vorsätzlich begangener Verletzung der Aufklärungs- oder Schadensminderungspflichten ist die Leistungsfreiheit des Versicherers auf höchstens 5 000 Euro beschränkt.

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1.
zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2.
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1.
nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2.
berechtigt oder entschuldigt
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.