Landgericht Hamburg Teilurteil, 09. Juli 2015 - 328 O 373/14

bei uns veröffentlicht am09.07.2015

Tenor

1. Der bezifferte Klaganspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch alle zukünftigen Kosten zu ersetzen, die aus Behandlungen durch Ärzte oder Therapeuten resultieren und die die Versicherte des Klägers, Frau D.L., aufgrund des Unfalls vom 14. März 2012 erhält, und für die der Kläger auf der Grundlage des Vertrages einzustehen und die er erstattet hat.

3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt aus übergegangenem Recht Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit einem Reitunfall von der Beklagten als Tierhalterin.

2

Der Kläger ist ein Krankenversicherungsverein. Die Versicherte, Frau D.L., unterhält über ihren Vater, Herrn M.L., beim Kläger eine private Krankenzusatzversicherung. Nach einem Reitunfall der damals 19-jährigen Frau L. erstattete der Kläger einige Kosten, die mit der Klage geltend gemacht werden.

3

Frau L.s Mutter und die Beklagte kennen sich aus dem beruflichen Umfeld. Die Beklagte ist Halterin eines Pferdes. Im Rahmen einer im einzelnen streitigen Reitbeteiligung benutzte Frau L. das Pferd der Beklagten, unter anderem zum Reitunterricht mit der Zeugin E.. Dieser Unterricht fand einmal die Woche statt. Die Beklagte erhielt im Monat € 80,00 von Frau L. bzw. ihrer Mutter. Das Pferd wurde auch durch andere Personen genutzt.

4

Im Rahmen des Reitunterrichts am 14. März 2012 kam es zu einem Unfall. Frau L. führte gerade eine Parade zum Halten durch als das Pferd hochstieg und zusammen mit Frau L. das Gleichgewicht verlor und stürzte. Frau L. wurde durch das auf sie stürzende Pferd schwer verletzt und zunächst im Wesentlichen im Klinikum St.- G. stationär behandelt.

5

Der Kläger meint, dass die Beklagte gemäß § 833 BGB für die vom Pferd ausgehende Tiergefahr hafte. Die Vereinbarung einer Reitbeteiligung durch die Mutter der Frau L. führe nicht zu einem konkludenten Haftungsausschluss. In den Absprachen mit der Beklagte sei ihr es darum gegangen, dass eine Tierhalterhaftpflichtversicherung bestehe, da sie bei einem anderen Reitunfall deswegen schlechte Erfahrungen gemacht habe. Eine gesonderte Unfallversicherung habe die Mutter von Frau L. nicht abgeschlossen und diesen Umstand in den Verhandlungen gegenüber der Beklagten auch nicht erwähnt. Lediglich über den Reiterverein bestehe eine allgemeine Versicherung, die vorliegend - unstreitig - nicht eingegriffen habe. Im Übrigen habe Frau L. ihre Verletzungen auch nicht mitverschuldet. Ein persönlich vorwerfbares Verhalten liege nicht vor.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 5.094,34 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. November 2013 sowie weitere € 3,00 zu zahlen.

8

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch alle zukünftigen Kosten, die aus Behandlungen durch Ärzte oder Therapeuten resultieren und die die Versicherte des Klägers, Frau D.L., aufgrund des Unfalls vom 14. März 2012 erhält, und für die der Kläger die Kosten erstattet, in Höhe der Kostenerstattung zu ersetzen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie meint, eine Haftung sei bereits konkludent ausgeschlossen. Auf der Grundlage der Reitbeteiligung und des Umstandes, dass man vor Abschluss des Vertrages über eine Unfallversicherung gesprochen habe, sei ein konkludenten Haftungsausschluss anzunehmen. Zudem behauptet die Beklagte, dass Frau L. selbst den Schaden mit verursacht habe, da sie sich beim Hochsteigen des Pferdes nach hinten gelehnt habe.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze.

13

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin E..

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist im Hinblick auf den Antrag zu 1. dem Grunde nach und hinsichtlich des Antrags zu 2. umfassend begründet.

I.

15

Das Gericht entscheidend vorliegend durch Teil-Grundurteil gemäß § 304 ZPO, soweit es den Zahlungsantrag betrifft, und durch Teil-Endurteil gemäß § 300 ZPO, soweit der Feststellungsantrag betroffen ist.

II.

16

Dem Kläger steht dem Grunde nach aus übergegangenem Recht, § 86 VVG, ein Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 833 BGB auf Schadensersatz wegen des Reitunfalls der Frau L. am 14. März 2012 zu. Eine Haftung war weder ausgeschlossen noch war der Anspruch wegen eines Mitverschuldens zu kürzen.

17

1. Der Anspruch scheitert nicht an einem ausdrücklichen Haftungsausschluss der Parteien des Vertrages über die Reitbeteiligung. Schriftsätzlich wurde ein solcher ausdrücklicher Verzicht nicht vorgetragen. In der mündlichen Anhörung gab die Beklagte hierzu an, dass sie sich nicht mehr erinnern könne, ob besprochen worden sei, dass bei einem Unfall allein eine Versicherung der Mutter der Frau L. eingreifen sollte. Aus diesem vagen Sachverhalt lässt sich eine ausdrückliche Vereinbarung nicht ableiten.

18

2. Die Vereinbarung einer Reitbeteiligung führt vorliegend auch nicht zu der Annahme eines konkludenten Haftungsausschlusses. Das Gericht folgt insoweit nicht dem OLG Nürnberg in seiner Entscheidung vom 27. Juni 2011 (8 U 510/11, juris, Rz. 14ff.). Allein der Umstand, dass der Reiter bei einer Reitbeteiligung regelmäßig das Pferd nutzt und sich so als „Tierhalter auf Zeit“ fühlt, rechtfertigt nicht die Annahme eines Haftungsausschlusses. Bei dieser Argumentation wird die Frage der Haltereigenschaft, die bereits Tatbestandsvoraussetzung ist, mit den Fragen von Erklärungsinhalten bei Vertragsschluss zum Ausschluss der gesetzliche normierten Haftung vermischt.

19

Frau L. war im Zeitpunkt des Urteils nicht Halter des Pferdes im Sinne des § 833 BGB. Es ist hinlänglich anerkannt, dass der regelmäßige, kurzzeitige Nutzer eines Pferdes nicht selbst zum Halter wird (Staudinger/Christina Eberl-Borges (2012) BGB § 833, Rn. 104), so dass allein deshalb eine Haftung gemäß § 833 BGB nicht ausgeschlossen ist.

20

In Anwendung der vom Bundesgerichtshof zum konkludenten Haftungsausschluss aufgestellten Grundsätze sind vorliegend die „besonderen Umstände“, die unter Umgehung des ausgedrückten Willens der Vertragsparteien allein aufgrund einer Willensfiktion die Annahme eines Verzichtes rechtfertigen könnten, nicht erkennbar (z.B. BGH, 9. Juni 1992, VI ZR 49/91, juris, Rn. 13ff.). Allein der Umstand, dass eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abgeschlossen wurde, spricht dafür, dass gerade kein Haftungsverzicht eine Rolle spielen sollte, da der Verzicht nicht den Halter, sondern allein den Versicherer entlasten würde (BGH, a.a.O., Rn. 14).

21

Daneben hat der Bundesgerichtshof sowohl für die Fälle einer freundschaftlichen bzw. kameradschaftlichen Überlassung des Pferdes als auch für die Fälle einer professionell vertraglichen Überlassung des Tieres (Tierpension) entschieden, dass die Haftung gemäß § 833 BGB nicht ausgeschlossen ist. Unter Berücksichtigung verschiedener, denkbarer Begründungsansätze (Handeln auf eigene Gefahr, Gefälligkeit analog § 599 BGB, §§ 8, 8a StVG analog, Schutzzweck der Norm, Treu und Glauben) lehnt die Rechtsprechung den Haftungsausschluss ab (BGH, a.a.O., Rn. 14ff.; 25. März 2014, VI ZR 372/13, Rn. 9, juris). Der vorliegende Fall einer Reitbeteiligung liegt dem Sachverhalt und den Wertungen nach zwischen der rein freundschaftlichen und der beruflich/professionellen Überlassung eines Tieres. Das Gericht kann auf Basis der vorliegenden Sachverhaltskonstellation keinen besonderen Umstand feststellten, der die Annahme eines Haftungsausschlusses rechtfertigen könnte. Das gilt vor allem, weil die Beklagte gerade eine Tierhalterhaftpflichtversicherung unterhält. In diesem Zusammenhang hat es keine besondere Relevanz, dass die Familie L. ggf. eine Unfallversicherung abgeschlossen hat. Dieser Umstand führt nur dazu, dass ein Teil der Risiken doppelt abgesichert ist, sowohl über die Haftpflichtversicherung der Beklagten als auch über die Unfallversicherung. Ein doppelte Absicherung ergibt sich ohnehin bereits bezogen auf die Kosten einer Heilbehandlung, da Frau L. und wohl die meisten, die aus einer Tiergefahr heraus verletzt werden, eine Krankenversicherung abgeschlossen haben. Entscheidend beim konkludenten Haftungsausschluss ist, ob der Versicherer des Tierhalters, den die gesetzliche Gefährdungshaftung trifft, entlastet wird bzw. werden soll. Diese Entlastung rechtfertigt sich nicht dadurch, dass der Anspruchsberechtigte selbst Versicherungen unterhält. Diese werden in aller Regel nicht deshalb abgeschlossen, um eine Haftung Dritter bzw. Vertragspartner auszuschließen.

22

3. Das Gericht ist zudem nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass Frau L. den Unfall nicht mitverschuldet hat, § 254 BGB.

a)

23

Die Behauptung der Beklagten, dass sich Frau L. beim Aufsteigen des Pferdes nach hinten gelehnt habe, hat sich durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Das Gericht ist vielmehr davon überzeugt, dass Frau L. in der Sitzposition verblieben ist. Das hat die Zeugin E. in ihrer Vernehmung bestätigt. Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Reitlehrerin E., die sowohl Frau L. als auch die Beklagte kennt, unrichtige Angaben gemacht haben könnte.

b)

24

Der von der Zeugin erstmals in den Prozess eingeführte Umstand, dass Frau L. nicht den sogenannten Schutzgriff um den Hals des Pferdes ausgeführt habe, führt zu keiner anderen Betrachtung. Zum einen hat sich die Beklagte diesen „Vortrag“ der Zeugin nicht zu eigen gemacht. Zum anderen führt dieses Unterlassen nicht zu einem Vorwurf gemäß § 254 BGB; hier in Form der unterlassenen Schadensabwendung gemäß Absatz 2, denn das Aufsteigen als solches war unstreitig nicht durch Frau L. veranlasst worden.

25

Nach der Überzeugung des Gerichts ist Frau L. dieses Unterlassen nicht konkret vorwerfbar. Die Zeugin E., die insoweit aufgrund des Erlebens der konkreten Situation, in Kenntnis der Möglichkeiten von Frau L. aufgrund ihres Ausbildungsstandes als sachverständige Aussageperson Angaben machte, führte dazu aus, dass sie als erfahrener Profi den Schutzgriff veranlasst hätte. Von ihrer Reitschülerin habe sie diesen Griff nicht erwartet, auch deshalb nicht, weil er nicht Teil der Ausbildung gewesen sei. Das Gericht folgt diesen Angaben.

26

Überdies hat die Zeugin ausgeführt, dass sie nicht beurteilen könne, ob der Schutzgriff erfolgreich gewesen wäre, so dass die Kausalität dieses Unterlassens in Frage steht. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ging das Gericht davon aus, dass der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für ein fehlendes Verschulden trägt. Grund war die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu einer analogen Anwendung der Regeln des § 834 BGB (BGH, 9. Juni 1992, VI ZR 49/91, juris, Rn. 21.). In neueren Urteilen geht der Bundesgerichtshof nunmehr von Folgendem aus: (z.B. Urteil vom 17. März 2009 – VI ZR 166/08 –, Rn. 22, juris)

27

Ob das Verhalten desjenigen, der sich der Tiergefahr vertragsgemäß aussetzt, ohne Tierhüter zu sein (§ 834 BGB), bei der Schadensverursachung mitgewirkt hat, ist ausschließlich nach § 254 BGB zu beurteilen. Für ein die Haftung minderndes Mitverschulden des Geschädigten ist aber regelmäßig der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (Senatsurteil BGHZ 175, 153, 158), im Anwendungsbereich des § 833 BGB also der Tierhalter (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2005 - VI ZR 238/04 - VersR 2005, 1254, 1256). Dass dieser zu den Handlungen des Geschädigten beim Umgang mit dem Tier möglicherweise mangels Kenntnis nicht ausreichend vortragen kann, rechtfertigt keine Umkehr der Beweislast. Der Geschädigte hat insoweit im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkret zu seinem Handeln vorzutragen, der Schädiger hat sodann zu beweisen, inwieweit der Vortrag des Geschädigten unrichtig ist“.

28

Danach trägt die Beklagte die Beweislast. Im Hinblick auf die Kausalität des unterlassenen Schutzgriffs wirkt sich dieser Umstand aus, da die Beklagte wird nicht beweisen können, dass der Griff einen Sturz des Pferdes vermieden hätte.

29

Das Urteil stützt sich zur Vermeidung einer Wiedereröffnung bzw. einer Überraschungsentscheidung nicht auf diesen Umstand. Denn insoweit ist das Gericht, wie oben ausgeführt, davon überzeugt, dass Frau L. dieses Unterlassen nicht vorzuwerfen ist.

III.

30

Nebenentscheidungen mangels vollstreckungsfähigen Tenors des Teil-Grund- und Endurteils nicht veranlasst.

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Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil zu erlassen.

(2) Das Gleiche gilt, wenn von mehreren zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung verbundenen Prozessen nur der eine zur Endentscheidung reif ist.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Der Verleiher hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

Die Vorschriften des § 7 gelten nicht,

1.
wenn der Unfall durch ein Kraftfahrzeug verursacht wurde, das auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 Kilometer in der Stunde fahren kann, es sei denn, es handelt sich um ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion im Sinne des § 1d Absatz 1 und 2, das sich im autonomen Betrieb befindet,
2.
wenn der Verletzte bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig war oder
3.
wenn eine Sache beschädigt worden ist, die durch das Kraftfahrzeug befördert worden ist, es sei denn, dass eine beförderte Person die Sache an sich trägt oder mit sich führt.

Im Fall einer entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderung darf die Verpflichtung des Halters, wegen Tötung oder Verletzung beförderter Personen Schadensersatz nach § 7 zu leisten, weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Die Geschäftsmäßigkeit einer Personenbeförderung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beförderung von einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wird.

9
b) Der Auffassung des Berufungsgerichts, eine Haftung des Beklagten werde deshalb nicht vom Schutzzweck der Norm des § 833 Satz 1 BGB umfasst , weil das Interesse der Klägerin, den Hund aufzunehmen, das des Beklagten überwiege, weil sie mit dem Betrieb der Hundepension ihren Lebensunterhalt verdiene, kann nicht gefolgt werden. Der erkennende Senat ist einer solchen Sichtweise bereits früher entgegengetreten (Senatsurteil vom 28. Mai 1968 - VI ZR 35/67, VersR 1968, 797, 798). Er hat für den Fall der Verletzung eines Hufschmiedes durch ein zu beschlagendes Pferd ausgeführt, es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Hufschmied durch Abschluss des Werkvertrages allein noch nicht die Gefahr einer Verletzung durch das Tier übernehme. Denn es entspreche weder der Interessenlage noch den Erfordernissen von Treu und Glauben, dass der Hufschmied, der sich der mit dem Hufbeschlag notwendig verbundenen Tiergefahr aussetzen müsse, um seinen Lebensunterhalt zu erwerben, auch die durch die Tiergefahr hervorgerufenen Schadensfolgen auf sich nehme, die das Gesetz dem Tierhalter als dem Urheber der Gefahr anlaste. Zum Wesen des Beschlagvertrages gehöre es, dass der Hufschmied sich einer erhöhten Tiergefahr aussetze, nicht dagegen, dass er den Tierhalter, von dessen Tier die Gefahr ausgehe, von seiner gesetzlichen Haftung für die Schadensfolgen entbinde, die aus der Tiergefahr erwachsen könnten.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

22
Ob das Verhalten desjenigen, der sich der Tiergefahr vertragsgemäß aussetzt, ohne Tierhüter zu sein (§ 834 BGB), bei der Schadensverursachung mitgewirkt hat, ist ausschließlich nach § 254 BGB zu beurteilen. Für ein die Haftung minderndes Mitverschulden des Geschädigten ist aber regelmäßig der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (Senatsurteil BGHZ 175, 153, 158), im Anwendungsbereich des § 833 BGB also der Tierhalter (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2005 - VI ZR 238/04 - VersR 2005, 1254, 1256). Dass dieser zu den Handlungen des Geschädigten beim Umgang mit dem Tier möglicherweise mangels Kenntnis nicht ausreichend vortragen kann, rechtfertigt keine Umkehr der Beweislast. Der Geschädigte hat insoweit im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkret zu seinem Handeln vorzutragen, der Schädiger hat sodann zu beweisen, inwieweit der Vortrag des Geschädigten unrichtig ist (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 100, 190, 195 f.; 163, 209, 214, jeweils m.w.N.).

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 238/04
Verkündet am:
3. Mai 2005
Böhringer-Mangold
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 833 Ha; § 254 Da, F; ZPO § 286 C
Zur Halterhaftung für Hunde auf einem Reiterhof.
BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 - VI ZR 238/04 - LG Chemnitz
AG Freiberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 26. Juli 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz seiner materiellen und immateriellen Schäden in Anspruch, die er durch Hundebisse auf dem Reiterhof der Beklagten zu 3 erlitten hat. Dieser wird von den Beklagten als Familienbetrieb bewirtschaftet. Der Beklagte zu 1 ist der Ehemann der Beklagten zu 3, der Beklagte zu 2 ist deren Sohn. Auf dem Hof werden zwei von der Beklagten zu 3 gekaufte Rottweiler sowie ein Staffordshire-Terrier, der dem Beklagten zu 2 gehört, ge-
halten. Das Grundstück ist eingezäunt. Neben dem Tor zur Straße befindet sich ein Warnschild, das einen Rottweiler zeigt und die Aufschrift trägt: "Vorsicht, bissiger Hund". Die zweiflüglige Hauseingangstür ist mit einer Außenklinke versehen. Neben der Tür befindet sich ein kleineres Warnschild mit der Aufschrift "Warnung vor dem Hund". In unmittelbarer Nähe des Wohnhauses sind zwei Zwinger, in denen die Hunde tagsüber während des Publikumsverkehrs untergebracht werden. Sonst werden sie im Wohnhaus gehalten. Am Nachmittag des 30. September 2001 wollte der Kläger - wie dem Beklagten zu 1 bekannt war - seine damalige Verlobte von dem Reiterhof abholen, den er schon von mehreren Besuchen kannte. Der Beklagte zu 1 hielt sich mit den Hunden im Haus auf. Als der Kläger die Haustür öffnete, brachten ihn die Hunde zu Fall und fügten ihm zahlreiche Bißwunden zu. Der herbeieilende Beklagte zu 1 konnte die Tiere wegzerren. Das Amtsgericht hat der Klage auf Ersatz der durch diesen Unfall entstandenen Schäden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers von 75% stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Auf die Anschlußberufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im wesentlichen weiter, räumt allerdings - wie schon im zweiten Rechtszug - einen Mitverschuldensanteil von 25% ein.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, daß die Beklagten zu 2 und 3 als Tierhalter gemäß § 833 Satz 1 BGB grundsätzlich haften. Mangels einer vertraglichen Abrede hafte der Beklagte zu 1 nicht als Tieraufseher, sondern, da er auch nicht Halter der Tiere sei, allenfalls aus eigenem Verschulden nach § 823 BGB. Die drei Hunde seien für den Betrieb der Beklagten zu 3 Nutztiere im Sinne des § 833 Satz 2 BGB. Es sei offensichtlich und werde durch die von den Beklagten geschilderte Art der Hundehaltung bestätigt, daß Hunde von solcher Größe auf einem zu Erwerbszwecken geführten Reiterhof gehalten würden , um den Schutz des Objektes und insbesondere der wertvollen Reittiere sicherzustellen. Daß die Hunde entgegen dem ersten Anschein nicht zur Bewachung des landwirtschaftlichen Anwesens und der Pferde eingesetzt würden, habe der Kläger nicht darzulegen vermocht. Die Beklagten zu 2 und 3 hätten die bei der Beaufsichtigung der Tiere im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet. Sie hätten das Notwendige und Erforderliche getan, um die Verursachung eines Schadens durch ihre Hunde auszuschließen , indem sie die Tiere bei Publikumsverkehr regelmäßig im Zwinger hielten. Die Hunde hätten ohne das Zutun Dritter das Haus nicht verlassen können. Der Kläger habe nicht bewiesen, daß die Beklagte zu 3 ihn aufgefordert habe, das Wohnhaus zu betreten und daß er mehrfach geklingelt bzw. geklopft habe. Der Beklagte zu 1 habe darauf vertrauen dürfen, daß aufgrund der Warnschilder am Haus und der vorhandenen Zwinger kein Unbefugter das Grundstück und insbesondere das Haus betreten würde und daß auch niemand, der - wie der Kläger - mit den tatsächlichen Gegebenheiten vertraut sei, das Haus betreten würde, wenn er die Zwinger leer vorfinden würde.
Selbst bei Annahme eines Sorgfaltsverstoßes auf Seiten der Beklagten trete eine etwaige Haftung der drei Beklagten in Anbetracht des erheblichen Mitverschuldens des Klägers zurück. Das Verhalten des Klägers stelle unter den gegebenen Umständen eine schuldhafte Selbstgefährdung dar.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Der aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstandenden Auffassung der Revision, daß alle Beklagten Tierhalter im Sinne des § 833 BGB sind, tritt die Revisionserwiderung nicht entgegen. 2. Durchgreifende Bedenken bestehen jedoch, soweit das Berufungsgericht den Beklagten die Entlastungsmöglichkeit des § 833 Satz 2 BGB zugute kommen läßt. Nach dieser Vorschrift tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Die Revision beanstandet mit Erfolg, daß die Auffassung des Berufungsgerichts, die Hunde seien Nutztiere im Sinne des § 833 Satz 2 BGB, nicht frei von Rechtsfehlern ist.
a) Daß die Hunde Haustiere sind, wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen. Ob bei einem Haustier eine derart umfangreiche wirtschaftliche Nutzung vorliegt, die es zum Nutztier im Sinne des § 833 Satz 2 BGB werden läßt, ist zwar grundsätzlich vom Tatrichter nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1954 - VI ZR 255/53 - VersR 1955, 116; vom 23. Juni 1959 - VI ZR 83/58 -
VersR 1959, 853 f.; vom 16. März 1965 - VI ZR 276/63 - VersR 1965, 572 ff.; vom 25. Mai 1965 - VI ZR 15/64 - VersR 1965, 719 ff. und vom 26. November 1985 - VI ZR 9/85 - VersR 1986, 345 ff.; Kreft in: BGB-RGRK, 12. Aufl., 833 Rdn. 79, 80). Doch beruht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Hunde dienten hauptsächlich der Bewachung des Reiterhofes, auf einer fehlerhaft festgestellten Tatsachengrundlage.
b) Auch wenn das Berufungsgericht den entsprechenden Vortrag der Beklagten für nachvollziehbar und plausibel hält, ist es nicht offensichtlich, daß Hunde dieser Größe auf einem zu Erwerbszwecken geführten Reiterhof gehalten werden, um dessen Schutz sicherzustellen. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Nutztiereigenschaft nicht bereits aus der Natur der Tiere wie etwa bei Kühen und Hühnern. Es handelt sich bei Hunden in ähnlicher Weise wie bei Pferden, um "potentiell doppelfunktionale" Tiere. Bei solchen kommt es darauf an, welchem Zweck die Tiere objektiv dienstbar gemacht werden und konkludent gewidmet sind (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1954 - VI ZR 255/53 - VersR 1955, 116 und vom 19. Juni 1962 - VI ZR 227/61 - VersR 1962, 807, 808; Wagner in MünchKomm, BGB 4. Aufl., § 833 Rdn. 37 f.). Hat das Tier verschiedene Funktionen, von denen einige dem Erwerbsstreben, andere aber der Freizeitgestaltung zuzurechnen sind, ist für die Beurteilung auf die allgemeine Widmung des Tiers, vor allem seine hauptsächliche Zweckbestimmung abzustellen (vgl. Senatsurteil vom 16. März 1982 - VI ZR 209/80 - VersR 1982, 670, 671; vom 12. Januar 1982 - VI ZR 188/80 - VersR 1982, 366, 367 und vom 26. November 1985 - VI ZR 9/85 - VersR 1986, 345, 346; Wagner in: MünchKomm , aaO, Rdn. 38; Belling/Eberl-Borges in Staudinger, 2002, § 833 Rdn. 140; Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl. § 833 Rdn. 15).
c) Da der Kläger bestreitet, daß es sich bei den Hunden der Beklagten um Nutztiere im Rahmen der Bewirtschaftung des Reiterhofes handle, obliegt
nach allgemeinen beweisrechtlichen Grundsätzen (BGHZ 113, 222, 224 f.; BGH, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR 386/97 - NJW 1999, 352, 353; Zöller /Greger, ZPO, 25. Aufl. vor § 284 Rdn. 17 a; Rosenberg, Die Beweislast, 1965, S. 98, 101) den Beklagten die Behauptungs- und Beweislast für die Tatsachen , aus denen sich die Nutztiereigenschaft ergibt. Demgegenüber hat das Berufungsgericht ersichtlich den Kläger für darlegungspflichtig gehalten und dies auf den Beweis des ersten Anscheins für die Nutztierhaltung gestützt. Beides ist fehlerhaft. aa) Mangels einer Typizität des zugrundeliegenden Lebenssachverhalts kommt den Beklagten der Beweis nach dem ersten Anschein nicht zugute. Ein solcher kommt nur dann in Frage, wenn im Einzelfall ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder Folge hinweist und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, daß die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten (vgl. Senatsurteile vom 26. September 1961 - VI ZR 92/61 - NJW 1962, 31; vom 19. März 1996 - VI ZR 380/94 - VersR 1996, 772 und vom 5. März 2002 - VI ZR 398/00 - VersR 2002, 613 ff.; BGHZ 100, 31, 34 f.). Nach der gebotenen Gesamtbetrachtung liegt kein typischer Lebenssachverhalt vor, der auf die Nutztierwidmung schließen ließe. Der erkennende Senat vermag insbesondere den vom Berufungsgericht aufgestellten allgemeinen Erfahrungssatz nicht zu bestätigen, daß typischerweise nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Anschaffung und Haltung von drei Hunden der hier beschriebenen Art von Bewohnern eines Reiterhofs erfolgt, um die Sicherheit der Pferde sicherzustellen. bb) Für die Haltung der Hunde vorwiegend zum Schutz der Pferde sprechen auch nicht die übrigen vom Berufungsgericht festgestellten tatsächlichen Umstände der Hundehaltung. Soweit das Berufungsgericht in seine Beurteilung einbezogen hat, daß die Hunde in besonderen Situationen nachts zu Bewa-
chungszwecken auf die vorhandenen Ställe aufgeteilt würden, rügt die Revision mit Recht, daß dieser Umstand keinerlei Grundlage im Vortrag der Parteien findet , § 286 ZPO. Daß die Tiere am Unfalltag um 16.30 Uhr im Wohnhaus gehalten wurden, läßt auf die Nutztiereigenschaft im Hinblick auf den Reiterhof und insbesondere für die Bewachung der wertvollen Pferde nicht schließen, denn die Bewachung des Wohnhauses dient lediglich der Befriedigung eines allgemeinen , jedermann zukommenden Sicherungsbedürfnisses (vgl. OLG Köln, VersR 1999, 1293, 1294; Palandt/Sprau, aaO, Rdn. 17; Belling/Eberl-Borges, aaO, Rdn. 137). Auch das im allgemeinen übliche Wegsperren der Hunde tagsüber in den Zwingern besagt für die Widmung der Hunde zu Nutztieren nichts. Schließlich ist auch der Umstand, daß die Hunde von den Beklagten auf Kontrollgänge über die Koppeln mitgenommen werden, kein Hinweis auf die vorwiegende Nutzung der Tiere zu Erwerbszwecken. Der Gang über die Koppel in Begleitung der Hunde kann der Freizeitgestaltung zuzurechnen oder betrieblich bedingt sein. Da bei Tieren mit verschiedenen Funktionen - wie im Streitfall - auf deren hauptsächliche Zweckbestimmung abzustellen ist (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1970 - VI ZR 121/69 - VersR 1971, 320; vom 16. März 1982 - VI ZR 209/80 - VersR 1982, 670, 671 und vom 26. November 1985 - VI ZR 9/85 - VersR 1986, 345, 346; Wagner in: MünchKomm, aaO, Rdn. 38) wären außerdem zusätzlich Anlaß und Häufigkeit der jeweiligen Verwendung aufzuklären. Nachdem die Beklagten bisher ihrer Darlegungslast und Beweislast nicht genügt haben, war der Kläger nicht gehalten darzulegen, aufgrund welcher Tatsachen anzunehmen ist, daß die Hunde nicht zur Bewachung des Reiterhofes eingesetzt werden. 3. Sollte sich die Nutztiereigenschaft der Hunde nicht bestätigen, besteht keine Entlastungsmöglichkeit der Beklagten nach § 833 Satz 2 BGB, so daß es
insoweit auf die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt nicht ankommt. Diese kann allerdings Bedeutung bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge erlangen. Dem Berufungsgericht kann nach den bisherigen Feststellungen nicht darin gefolgt werden, daß etwaige Ansprüche jedenfalls wegen überwiegenden Mitverschuldens des Klägers gemäß § 254 BGB ausgeschlossen wären. Allerdings gehört die Abwägung der Verantwortlichkeiten nach § 254 BGB in den dem Revisionsgericht nur begrenzt zugänglichen Bereich der tatrichterlichen Würdigung. Eine Nachprüfung ist dem Revisionsgericht aber dahin möglich, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 2002 - VI ZR 364/00 - VersR 2002, 330, 331 m.w.N.). Das Berufungsgericht legt der Abwägung fälschlicherweise zugrunde, daß die Beklagten ihrer Sorgfaltspflicht genügt hätten. Dies beruht auf einem unzutreffenden Verständnis des unter den Umständen des Streitfalles anzuwendenden Maßstabes an die erforderliche Sorgfaltspflicht. Es verkennt zudem , daß der Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zu einer gänzlichen Haftungsfreistellung des Schädigers führt, wenn sich der Geschädigte bewußt in eine Situation begeben hat, in der ihm die Eigengefährdung droht (wie etwa bei der Teilnahme an Boxkämpfen oder anderen besonders gefährlichen Sportarten; vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 316, 323 und vom 21. Februar 1995 - VI ZR 19/94 - VersR 1995, 583, 585 m.w.N).
a) Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß das Maß der von dem Tierhalter zu beobachtenden Sorgfalt von der Gattung und den besonderen Eigenschaften des Tieres, die er kennt oder kennen muß, sowie den sonstigen Umständen abhängt (vgl. Senatsurteile vom 19. Juni 1962 - VI ZR 227/61 -
VersR 1962, 807, 808; vom 16. März 1965 - VI ZR 276/63 - VersR 1965, 572, 573 und vom 25. Mai 1965 - VI ZR 15/64 - VersR 1965, 719 ff.). Ist ein Hund bekanntermaßen aggressiv und bissig, sind die Sorgfaltsanforderungen bei seiner Beaufsichtigung in erheblichem Maße erhöht (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2001, 724). Je gefährlicher der Hund ist, desto größere Bedeutung erlangt seine sichere Verwahrung (vgl. Belling/Eberl-Borges, aaO, Rdn. 168). Deshalb kann die Tierhalterhaftung auch dann eingreifen, wenn sich jemand einem Tier unbefugt nähert, das sich in einem umfriedeten Bezirk befindet (vgl. Wussow /Terbille Unfallhaftpflichtrecht 15. Aufl. Kap. 11 Rdn. 59). Handelt es sich - wie im vorliegenden Fall - um bissige und gefährliche Hunde, ist es notwendig, durch entsprechende Maßnahmen zu verhindern, daß die Tiere ins Freie gelangen und Menschen ohne hinreichende Einwirkungsmöglichkeiten - wie geschehen - erheblich verletzen. Im vorliegenden Fall war es deshalb nicht ausreichend, daß die Tiere im Haus gehalten wurden und Warnschilder auf die Hundehaltung hinwiesen. Wie der Streitfall zeigt, genügte das durch die Außenklinke mögliche Öffnen der Haustür, damit die Hunde ins Freie gelangten und ungehindert einen Menschen anfallen konnten (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 25. Mai 1965 - VI ZR 15/64 - VersR 1965, aaO; OLG Düsseldorf VersR 1981, 1035 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 26. Mai 1981 - VI ZR 193/80 -). Es wäre Sache der Beklagten gewesen, den Kläger vor einem Angriff zu bewahren. Ihnen war die Gefährlichkeit der Hunde bekannt, weswegen sie diese bei Publikumsverkehr grundsätzlich wegsperrten. Daß sie dies unterließen, obwohl sie mit dem Kommen des Klägers rechneten, stellt einen erheblichen Sorgfaltsverstoß der Beklagten dar. Da der Beklagte zu 1 wußte, daß der Kläger seine damalige Verlobte abholen würde, durfte er nicht schon wegen dessen Kenntnis von den konkreten Umständen der Hundehaltung darauf vertrauen, daß dieser außerhalb des Wohnhauses warten würde. Vielmehr war damit zu rechnen, daß
der Kläger, wenn er seine Verlobte nicht unmittelbar auf dem Gelände treffen würde, versuchen könnte, in das Wohnhaus einzutreten. Unter solchen Umständen entsprach es nicht mehr der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, die Tiere ohne zusätzliche Sicherung im Erdgeschoß des Hauses frei herumlaufen zu lassen.
b) In rechtlicher Hinsicht verkennt das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine Haftungsbefreiung der Beklagten wegen des Handelns des Klägers auf eigene Gefahr. Der Aspekt des Handels auf eigene Gefahr greift bei der Tierhalterhaftung nur ausnahmsweise ein, wenn sich der Verletzte bewußt Risiken aussetzt, die über die normale Tiergefahr hinausgehen (vgl. Senatsurteil vom 24. November 1954 - VI ZR 255/53 - VersR 1955, 116). Das Bewußtsein der Gefährdung ist stets Voraussetzung, um ein Handeln auf eigene Gefahr anzunehmen. Im Streitfall fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß sich der Kläger mit dem Öffnen der Tür bewußt der Gefahr aussetzte, gebissen zu werden. Auch wenn ihm die Haltung der Hunde aufgrund seiner vorangegangenen Besuche auf dem Reiterhof bekannt war, mußte er nicht damit rechnen, daß die Beklagten die Tiere im Haus frei laufen lassen würden, obwohl sich seine ehemalige Verlobte auf dem Grundstück aufhielt und die Beklagten wußten, daß er kommen würde. Auch der Umstand, daß der Zwinger vor dem Haus leer war, zwang ihm nicht einen solchen Schluß auf. Die Hunde konnten entweder im zweiten Zwinger sein oder sich mit den Beklagten zu 1 und/oder 2 außerhalb des Grundstücks aufhalten.
c) Schließlich hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, daß alle verbleibenden Unklarheiten des Sachverhalts zu Lasten der für das Mitverschulden des Klägers beweispflichtigen Beklagten gehen. Die Unaufklär-
barkeit der Behauptung, die Beklagte zu 3 habe den Kläger aufgefordert, das Wohnhaus zu betreten, kann - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht zu Lasten des Klägers gehen. Weiterhin beanstandet die Revision zu Recht, daß das Berufungsgericht ohne erneute Beweisaufnahme in Abweichung von den Feststellungen des Amtsgerichts nicht annehmen durfte, der Kläger habe nicht an der Haustür geklopft. An die Feststellung des Amtsgerichts , daß der Kläger jedenfalls geklopft habe, war das Berufungsgericht vielmehr gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, wenn es nicht wegen ernsthafter Zweifel eigene Feststellungen treffen wollte (vgl. Gummer/Heßler in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 529 Rdn. 7, 8, 11; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl. § 529 Rdn. 13,

14).


Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll