Landgericht Hamburg Urteil, 09. März 2017 - 327 O 276/16

bei uns veröffentlicht am09.03.2017

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem jeweiligen Geschäftsführer (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre), verurteilt, es zu

unterlassen

im geschäftlichen Verkehr Multilevel-Etiketten, gekennzeichnet durch folgende Merkmale

- zwei gleichfarbige rechtwinklige Dreiecke,

- deren Basen sich parallel gegenüber liegen und einen schräg verlaufenden Zwischenraum bilden,

- einen in diesem Zwischenraum mittig angeordneten Strichcode,

wie nachfolgend abgebildet, anzubieten oder in Verkehr zu bringen:

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2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer wobei hierzu Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Quittungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen sind.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.121,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2016 zu zahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 25 % und die Beklagte 75 % zu tragen.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung, und zwar hinsichtlich der Ziffer 1. in Höhe von 30.000,00 €, hinsichtlich der Ziffer 2. in Höhe von 4.000,00 € und hinsichtlich der Ziffern 4. und 6. in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt, nämlich für den ursprünglichen Klagantrag zu 1) auf 40.000,00 € und für die Klaganträge zu 2) und 3) auf jeweils 5.000,00 €.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch nebst Annexansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz geltend.

2

Die Klägerin ist Entwicklerin und Herstellerin von Barcode-Kennzeichnungen. Die Beklagte ist ein Unternehmen für Lagerorganisation und Logistik.

3

Die Klägerin stellt wie folgt gestaltete Multilevel-Etiketten für Hochregal-Lager her:

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4

Die Multilevel-Etiketten kennzeichnen Lagerplätze auf verschiedenen Ebenen eines Hochregallagers. Sie werden ebenerdig angebracht, so dass ein Mitarbeiter sie vom Boden aus scannen kann, ohne sich auf die Höhe des jeweiligen Lagerplatzes begeben zu müssen.

5

Die Klägerin bewirbt die Multilevel-Etiketten auf ihrer Internetseite gemäß Anlage K 1. In der Fachpresse wurde darüber berichtet, als die MAN Diesel & Turbo SE ihre Lagerorganisation auf die Produkte der Klägerin umstellte (Anlage K 3). Die Klägerin veröffentlichte anlässlich der Transport- und Logistikmesse „TransFair-Log“ in Hamburg im Jahr 2012 eine Pressemitteilung, in der sie ihre Multilevel-Etiketten gesondert hervorhob (Anlage K 4). Darüber hinaus ist die Klägerin unter anderem Mitglied der Logistik-Initiative Hamburg (www.hamburg-logistik.net), auf deren Internet-Portal die Multilevel-Etiketten hervorgehoben werden (Anlage K 5). In einer Pressemitteilung der HP Deutschland GmbH vom 30.09.2015 berichtete diese von der Entscheidung der Klägerin, für den Druck ihrer Multilevel-Etiketten zukünftig eine Digitaldruckmaschine von HP zu verwenden. In diesem Zusammenhang erwähnte die HP Deutschland GmbH ausdrücklich, dass die Klägerin ihre Digitaldruckmaschinen nutze (Anlage K 6).

6

Die Beklagte vertreibt ebenfalls Multilevel-Etiketten und bietet diese unter der Bezeichnung Man-Down-Etiketten an:

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7

Die Beklagte verbreitet ihren Produktkatalog bundesweit. Eine ihrer Abnehmerinnen ist die J. AG Hamburg (Anlage B 9).

8

Das Marktumfeld gestaltet sich wie auf Seite 8 der Klageschrift und in Anlage B 1 abgebildet.

9

Multilevel-Etiketten, die so gestaltet sind wie die der Klägerin, werden auch von folgenden Unternehmen angeboten:

10

- b. GmbH in I. (Anlage B 2),
- MMS M. M. S. B.-GmbH in B./ M. (Anlage B 3),
- J. E., S. J. in E. (Anlage B 4),
- P. P. B.- S. GmbH in N. (Anlage B 5),
- S. AG Strichcode-Kennzeichnungen in der S. (Anlage B 6),
- I. in F. (Anlage B 7).

11

Die Klägerin ließ die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 01.03.2016 abmahnen und zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.531,90 € auffordern (Anlage K 10). Die Beklagte ließ der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 16.03.2016 mitteilen, dass sie keine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben werde (Anlage K 11).

12

Die Klägerin behauptet, dass sie die Multilevel-Etiketten im Jahr 2005 entwickelt habe. Sie habe dabei eng mit Kunden und Anwendern zusammengearbeitet und verkaufe die Multilevel-Etiketten mit großem Erfolg in Deutschland und international. Die Klägerin erziele mit den Multilevel-Etiketten in Deutschland einen deutlich sechsstelligen Umsatz.

13

Die Multilevel-Etiketten seien in der Branche bekannt und würden mit der Klägerin in Verbindung gebracht.

14

Bei den Unternehmen b. GmbH, J. E., P. P. B.- S. GmbH und S. AG handle es sich um Kunden der Klägerin. Gegen die Angebote der MMS M. M. S. B.-GmbH und I. gehe die Klägerin vor (Anlage K 12 bzgl. der MMS M. M. S. B.-GmbH).

15

Die Klägerin bewerbe die Multilevel-Etiketten mithilfe von Produktbroschüren mit einer jährlichen Auflage von mehreren tausend Stück, die sie auf Messen verteile und an Kunden und Interessenten versende (Anlage K 2).

16

Die Multilevel-Etiketten fänden auch in der ausländischen Fachpresse Erwähnung, beispielsweise in der Tschechischen Republik, England und Frankreich (Anlage K 7).

17

In der Klageschrift hat die Klägerin den Klagantrag zu 1) wie folgt gefasst:

18

1. Die Beklagte wird verurteilt es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Multilevel-Etiketten, gekennzeichnet durch folgende Merkmale

19

- zwei gleichfarbige rechtwinklige Dreiecke,
- deren Basen sich parallel gegenüber liegen und einen schräg verlaufenden Zwischenraum bilden,
- einen in diesem Zwischenraum mittig angeordneten Strichcode,

20

insbesondere wie nachfolgend abgebildet, anzubieten oder in Verkehr zu bringen:

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21

Nachdem die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.01.2017 ihre Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt haben, beantragt die Klägerin zuletzt:

22

1. Die Beklagte wird verurteilt es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Multilevel-Etiketten, gekennzeichnet durch folgende Merkmale

23

- zwei gleichfarbige rechtwinklige Dreiecke,
- deren Basen sich parallel gegenüber liegen und einen schräg verlaufenden Zwischenraum bilden,
- einen in diesem Zwischenraum mittig angeordneten Strichcode,

24

wie nachfolgend abgebildet, anzubieten oder in Verkehr zu bringen:

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25

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffern 1 bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe

26

a) der Menge der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer

27

wobei hierzu Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Quittungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen sind.

28

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

29

4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von Euro 1.531,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. März 2016 zu zahlen.

30

Die Beklagte hat der in der Änderung des Klagantrags zu 1) enthaltenen teilweisen Klagerücknahme widersprochen und beantragt,

31

die Klage abzuweisen.

32

Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg. Es komme insoweit darauf an, an welchem Ort die Beklagte ihre Produkte anbiete. Da die Beklagte ihren Sitz in K. habe, sei dies der Ort eines jeden Angebots der von ihr vertriebenen Ware.

33

Der Klagantrag zu 1) sei unzutreffend formuliert, da sich nicht die „Basen“, sondern Hypotenusen der Dreiecke gegenüberlägen.

34

Die Gestaltung der Etiketten der Parteien sei unterschiedlich, weil der Barcode auf den Multilevel-Etiketten der Klägerin nicht mittig angeordnet sei. Die Klägerin verwende auf ihren Multilevel-Etiketten zudem unterschiedliche Winkel (Anlage B 8). Die Klägerin könne die Wettbewerber nicht darauf verweisen, den Barcode nur genau waagerecht oder senkrecht anzuordnen.

35

Auf Grund der Vielzahl von Unternehmen, die gleich gestaltete Multilevel-Etiketten anböten, sei in der Gestaltung kein Herkunftshinweis auf die Klägerin zu sehen. Selbst wenn die Unternehmen zum Teil Kunden der Klägerin seien, werde der Herkunftshinweis durch die Gestaltung der Multilevel-Etiketten jedenfalls dadurch verwässert, dass die Kunden sie jeweils unter ihrem eigenen Namen anböten.

36

Es liege keine Herkunftstäuschung vor, da die Klägerin z.B. Mitarbeitern der J. AG und der F. S. GmbH nicht bekannt sei, obwohl diese Unternehmen namhafte Anbieter im Bereich Regale und Lagertechnik seien.

37

Es sei nicht anzunehmen, dass der Beklagten im Zeitpunkt der Herstellung ihrer Man-Down-Etiketten die Multilevel-Etiketten der Klägerin bekannt gewesen seien. Die Beklagte habe die Man-Down-Etiketten erstmals auf Grund eines konkreten Kundenwunsches der J. AG im Jahr 2013 angeboten (Anlage K 11). Die Kundin der J. AG, die H. Spedition GmbH & Co. KG, habe gewünscht, dass der Barcode um 45° gedreht sein solle und die Etiketten mehrfarbig sein sollten. Die Vorlagen gemäß den Anlagen B 14 und B 18 seien von der J. AG seinerzeit nicht an die Beklagte weitergeleitet worden. Die betriebliche Herkunft der Etiketten in dieser Vorlage lasse sich nicht mehr aufklären. Da diese Etiketten jedoch anders als die der Klägerin keine schwarze Trennlinie zwischen dem farbigen Hintergrund und dem Barcodebereich aufwiesen, sei davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um Multilevel-Etiketten der Klägerin gehandelt habe.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2017 verwiesen.

39

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M.. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe

40

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

I.

41

Die Kammer hat über die Klaganträge in der Fassung der Klageschrift zu entscheiden, da die nachfolgende teilweise Klagerücknahme nach § 269 Abs. 1 ZPO unwirksam war.

42

Gemäß § 269 Abs. 1 ZPO kann die Klage ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. Im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO entspricht die Zustimmungserklärung des Beklagten dem Beginn der mündlichen Verhandlung im Sinne des § 269 Abs. 1 ZPO (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 269 Rn. 13).

43

Die Zustimmung der Parteien zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erfolgte am 12.01.2017. Den Klagantrag zu 1) hat die Klägerin anschließend mit Schriftsatz vom 09.02.2017 neu gefasst. In dieser Neufassung war eine teilweise Klagerücknahme enthalten, da die Klägerin der Beklagten nicht mehr nur das Angebot und Inverkehrbringen von Multilevel-Etiketten verbieten lassen wollte, die „insbesondere“ so gestaltet sind „wie nachfolgend abgebildet“, sondern nur noch „wie nachfolgend abgebildet“. Damit wollte die Klägerin den ursprünglich abstrahierten Unterlassungsantrag entsprechend dem Hinweis der Kammer aus dem Termin vom 12.01.2017 auf die konkrete Verletzungsform zurückführen. Dieser teilweisen Klagerücknahme hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.02.2017 widersprochen.

II.

44

Die Klage ist zulässig.

45

1. Das Landgericht Hamburg ist örtlich zuständig. Gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 UWG ist für Klagen auf Grund des UWG das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Die Beklagte bietet die streitgegenständlichen Man-Down-Etiketten bundesweit an, da sie den Produktkatalog unstreitig bundesweit verbreitet. Im Übrigen räumt die Beklagte sogar ein, die Man-Down-Etiketten an die J. AG nach Hamburg geliefert zu haben. Damit liegt ein Erfolgsort der Handlung der Beklagten in Hamburg.

46

2. Der Klagantrag zu 1) ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar wird als „Basis“ üblicherweise die dritte, nicht gleich lange Seite eines gleichschenkligen Dreiecks bezeichnet. Aus der im Klagantrag zu 1) eingeblendeten Abbildung wird jedoch ohne weiteres deutlich, dass im vorliegenden Fall damit die Hypotenusen der rechtwinkligen Dreiecke gemeint sind, zumal die beiden abgebildeten Dreiecke auch nahezu gleichschenklig sind.

III.

47

Die Klage ist bezogen auf die konkrete Verletzungsform begründet.

48

1. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 3 lit. a) UWG zu.

49

Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz besteht, wenn ein Unternehmer das Leistungsergebnis eines Mitbewerbers nachahmt und auf dem Markt anbietet, das über wettbewerbliche Eigenart verfügt, sofern besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen, und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (§ 4 Nr. 3 lit. a) UWG). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die die Unlauterkeit begründende Herkunftstäuschung und ihre Vermeidbarkeit zu stellen und umgekehrt (BGH GRUR 2016, 730 Rn. 31 - Herrnhuter Stern).

50

a) Die Kammer ist auf Grund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin die Herstellerin des Originals der Multilevel-Etiketten im Jahr 2005 war. Der Zeuge M., der technischer Vertriebsleiter der Klägerin und seit dem Jahr 2001 bei ihr beschäftigt ist, hat glaubhaft bekundet, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Multilevel-Etiketten infolge von Gesprächen mit Kunden entwickelt und im Jahr 2005 das erste Mal eingesetzt habe.

51

b) Die Multilevel-Etiketten der Klägerin besitzen eine durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart.

52

Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH GRUR 2015, 909 Rn. 10 – Exzenterzähne) und die Art der Gestaltung nicht technisch notwendig ist (BGH GRUR 2015, 909 Rn. 18 – Exzenterzähne).

53

Ausweislich der Darstellungen auf S. 8 der Klageschrift und Anlage B 1 sind im Markt ansonsten waagerechte Barcodes üblich. Die Gestaltung der Multilevel-Etiketten der Klägerin mit einer Kombination von schrägem Barcode und farbigen Dreiecken in den Ecken hebt sich vom Marktumfeld ab. Darauf deutet bereits die Formulierung des Mitarbeiters J. K. der F. S. GmbH in der E-Mail vom 29.09.2016 hin, die die Beklagte als Anlage B 16 vorgelegt hat:

54

„Wir haben bei einem schönen Projekt bei uns in W... auch die Etikettierung mitverkauft und jetzt kommt der Kunde mit etwas eigenwilligen Wünschen… schräge Barcodes

55

Siehe dazu bitte das beiliegende Foto... - wurde bei einer Besichtigungstour in Deutschland gemacht.

56

Wir haben bei uns so etwas noch nicht gemacht und unser Stammlieferant kann das auf seinen Maschinen nicht produzieren.“

57

Hinsichtlich der b. GmbH, P. P. B.- S. GmbH und S. AG, die ebenfalls Multilevel-Etiketten wie die er Klägerin anbieten, hat der Zeuge M. den Vortrag der Klägerin bestätigt, dass es sich dabei um Kunden der Klägerin handle, so dass diese Multilevel-Etiketten auf die Klägerin zurückzuführen sind. Hinsichtlich J.- E. hat der Zeuge M. erklärt, dass es sich dabei aktuell noch nicht um einen Kunden der Klägerin handle, dies aber jemand sei, der sich von einem Partner der Klägerin selbständig gemacht habe. Hinsichtlich des Angebots der MMS M. M. S. B.-GmbH ist die Klägerin ausweislich der Anlage K 12 tätig geworden. Im Übrigen behauptet die Klägerin, auch I. angeschrieben zu haben, um die Herkunft von deren Multilevel-Etiketten zu klären.

58

Damit wird hinreichend deutlich, dass bezüglich der auf dem Markt befindlichen Multilevel-Etiketten entweder eine Verbindung zu der Klägerin besteht oder die Klägerin sich jedenfalls bemüht, gegen den Vertrieb der Produkte vorzugehen. Dies zeigt nicht zuletzt das vorliegende Verfahren.

59

Die konkrete Anordnung eines um ca. 45° geneigten Barcodes zwischen zwei farbigen rechtwinkligen Dreiecken hebt sich damit so stark vom Markumfeld ab, dass die Gestaltung geeignet ist, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen. Diese Gestaltung ist auch nicht technisch zwingend. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, warum die farbigen Flächen eine Form haben müssen wie auf den Multilevel-Etiketten der Klägerin.

60

c) Die Man-Down-Etiketten der Beklagten ahmen die Multilevel-Etiketten der Klägerin nahezu identisch nach. Der Barcode auf den Man-Down-Etiketten ist lediglich ein wenig nach unten rechts verschoben, so dass die farbigen Dreiecke nahezu gleich groß sind und nicht wie bei der Klägerin das Dreieck links oben ein wenig kleiner ist als das Dreieck rechts unten.

61

Eine Nachahmung setzt zwar voraus, dass dem Hersteller im Zeitpunkt der Schaffung des beanstandeten Produkts das Vorbild bekannt war (BGH GRUR 2017, 79 Rn. 64 - Segmentstruktur). Ihm muss also das Original unmittelbar oder mittelbar (in Gestalt von Beschreibungen Abbildungen, Mustern usw.) vorgelegen haben. Ansonsten liegt keine Nachahmung, sondern eine selbstständige Schöpfung vor (Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 4 Rn. 3.68). Allerdings wird die Kenntnis vermutet, wenn der Anspruchsgegner zeitlich nach dem Anspruchsteller auf den Markt gekommen ist (Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 4 Rn. 3.78). Das ist hier der Fall. Die Kammer hat die Beklagte daher darauf hingewiesen, dass sie substantiiert darzulegen habe, welche Kenntnisse sie von den Etiketten der Klägerin gehabt habe und was ihr die J. AG darüber mitgeteilt habe, dass die H. Spedition GmbH & Co. KG offensichtlich über Vorlagen von Etiketten verfügte, die sie nachbauen lassen wollte. Da die Beklagte dem nicht nachgekommen ist, bleibt es bei der Vermutung zu Lasten der Beklagten.

62

d) Es liegt eine vermeidbare Herkunftstäuschung vor.

63

Die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines nachgeahmten Erzeugnisses setzt, sofern nicht Original und Nachahmung nebeneinander vertrieben werden und der Verkehr damit beide unmittelbar miteinander vergleichen kann, voraus, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise erlangt hat (BGH GRUR 2016, 730 Rn. 58 - Herrnhuter Stern). Eine Herkunftstäuschung liegt vor, wenn der angesprochene Verkehr aufgrund von Übereinstimmungen oder Annäherungen der die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale den Eindruck gewinnt, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen. Dafür genügt die Vorstellung, das Originalprodukt sei von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden (BGH GRUR 2016, 730 Rn. 64 - Herrnhuter Stern).

64

Auf Grund der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass die Multilevel-Etiketten der Klägerin zum Zeitpunkt des erstmaligen Angebots der Man-Down-Etiketten der Beklagten im Jahr 2013 über eine gewisse Verkehrsbekanntheit verfügten. Der Zeuge M. hat bekundet, dass die Klägerin die Multilevel-Etiketten seit dem Jahr 2005 vertreibe. Dass dies zum Teil über Wiederverkäufer erfolgt, ist dabei unschädlich. Das Produkt sei von Anfang an ein Erfolg gewesen. Es sei ein Türöffner für weitere Lösungen im Lager, z.B. für Böden, Tore, Einfahrten und Installationsservice. Der Umsatz mit all diesen Leistungen sei von 475.000,00 € im Jahr 2014 auf 550.000,00 € im Jahr 2016 gestiegen, wobei die Umsätze in den Anfangszeiten deutlich geringer gewesen seien. Auf der Grundlage einer kontinuierlichen Umsatzsteigerung geht die Kammer davon aus, dass die Umsätze im Lagerbereich auch im Jahr 2013 bereits deutlich im sechsstelligen Bereich gelegen haben. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich diese Umsatzzahlen nicht allein auf die streitgegenständlichen Multilevel-Etiketten beziehen. Auf Grund der vom Zeugen M. geschilderten positiven Reaktionen der Kunden aus dem Lagerbereich auf die Multilevel-Etiketten, ist die Kammer jedoch davon überzeugt, dass die Multilevel-Etiketten bereits wegen ihrer Türöffnerfunktion einen Anteil an dieser Umsatzsteigerung hatten.

65

Darüber hinaus hat der Zeuge M. bestätigt, dass der Flyer gemäß Anlage K 2 immer wieder neu gedruckt und zweimal im Jahr auf Messen verteilt werde. Dabei komme die Klägerin auf etwa 500 bis 1000 Stück pro Jahr. Darüber hinaus würden die Flyer auch an Kunden versandt.

66

Vor dem Hintergrund der durchschnittlichen wettbewerbliche Eigenart der Multilevel-Etiketten und des erheblichen Grades der Übernahme der wesentlichen Gestaltungsmerkmale durch die zum Verwechseln ähnlichen Man-Down-Etiketten ist daher eine betriebliche Herkunftstäuschung zu bejahen.

67

e) Der Unterlassungsanspruch der Klägerin besteht allerdings nur in Bezug auf die konkrete Verletzungsform, also die Man-Down-Etiketten gemäß Anlage K 8. Die Klägerin hat keinen Anspruch, der Beklagten verbieten zu lassen, „insbesondere“ so gestaltete Multilevel-Etiketten anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Dass die Klägerin auch Multilevel-Etiketten herstellt, die einen anderen Winkel des Barcodes ausweisen (Anlage B 8), führt nicht zu einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr auf Seiten der Beklagten, auch anders gestaltete Multilevel-Etiketten anzubieten. Inwieweit der Klägerin auch bezüglich dieser anders gestalteten Multilevel-Etiketten ein Unterlassungsanspruch zustünde, hat die Kammer daher nicht zu entscheiden.

68

2. Der Auskunftsanspruch folgt aus § 242 BGB und der Schadensersatzanspruch aus § 9 UWG.

69

3. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.121,90 € ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Die Klägerin kann den Ersatz einer 1,3 Geschäftsgebühr jedoch nur nach einem Gegenstandswert in Höhe von 30.000,00 € verlangen, da dies dem Wert des auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Unterlassungsanspruches entspricht.

70

Die Zinsforderung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, da die Beklagte (auch) die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten mit dem Schreiben vom 16.03.2016 (Anlage K 11) endgültig verweigert hatte.

IV.

71

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt bzgl. der Vollstreckung durch die Klägerin aus § 709 ZPO und durch die Beklagte aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 12 Einstweiliger Rechtsschutz; Veröffentlichungsbefugnis; Streitwertminderung


(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 9 Schadensersatz


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige g

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 14 Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung


(1) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig. (2) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grun

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(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig.

(2) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist außerdem das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Satz 2 gilt nicht für

1.
Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien oder
2.
Rechtsstreitigkeiten, die von den nach § 8 Absatz 3 Nummer 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten geltend gemacht werden,
es sei denn, der Beklagte hat im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand.

(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte eines von ihnen als Gericht für Wettbewerbsstreitsachen zu bestimmen, wenn dies der Rechtspflege in Wettbewerbsstreitsachen dienlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung die den Gerichten eines Landes obliegenden Klagen nach Absatz 1 insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 richtet sich die Zuständigkeit für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch nach § 9 Absatz 2 Satz 1 geltend gemacht wird, nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs.

(3) Gegen verantwortliche Personen von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nach den Absätzen 1 und 2 nur bei einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung geltend gemacht werden.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.