Landgericht Hamburg Urteil, 03. Mai 2017 - 318 S 48/16

bei uns veröffentlicht am03.05.2017

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 15.04.2016, Az. 532 C 367/15, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.200,-- nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.03.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreites haben der Kläger 6% und die Beklagte 94% zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf € 3.400,-- festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger, der in dem auf Eigenantrag vom 01.02.2013 am 13.03.2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der G.S.- H. (im Folgenden auch „Schuldnerin“) zum Insolvenzverwalter bestellt wurde, nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung auf Erstattung von empfangenen Zahlungen über € 3.400,-- in Anspruch.

2

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

3

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der - allein in Betracht kommende - Anspruch aus Insolvenzanfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung (§§ 129, 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO) jedenfalls daran scheitere, dass die Beklagte keine Kenntnis von einem etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt habe.

4

Der Kläger könne sich insoweit auch nicht auf die Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO berufen. Insoweit fehle es an der Kenntnis der gläubigerbenachteiligenden Wirkung der Zahlungen. Voraussetzung hierfür sei nämlich, dass der Beklagten überhaupt bekannt gewesen sei, dass die Schuldnerin weitere Gläubiger gehabt habe und zwar in einem Umfang, der es habe fraglich erscheinen lassen, dass diese nach Leistung der hier streitgegenständlichen Wohngeldzahlungen noch hätten befriedigt werden können. Dafür habe die Beklagte indes keine Anzeichen gehabt.

5

Insoweit sei zunächst zu berücksichtigen, dass die hier in Rede stehenden Forderungen mit € 3.400,-- - auch für einen Privathaushalt - noch vergleichsweise gering seien, jedenfalls aber keinen Umfang hätten, der die Beklagte habe vermuten lassen müssen, dass das Hinzutreten jeder weiteren Forderung eines anderen Gläubigers zu einer wirtschaftlichen Überforderung der Schuldnerin hätte führen müssen.

6

Es lägen aber auch keine sonstigen Umstände vor, die der Beklagten Kenntnis von der Existenz weiterer Gläubiger im o.g. Sinne vermittelt hätten. Insbesondere könne sich der Kläger vorliegend nicht auf die Rechtsprechung berufen, der zufolge die Kenntnis vom Vorhandensein weiterer Gläubiger vermutet werde, wenn dem Anfechtungsgegner bekannt sei, dass der Schuldner gewerblich oder unternehmerisch tätig sei. Diese Rechtsprechung sei anhand von Fällen entwickelt worden, bei denen auf Seiten des beklagten Anfechtungsgegners ein Sozialversicherungsträger oder ein vergleichbarer institutioneller Gläubiger gestanden habe, und auf Seiten des Schuldners ein Unternehmen mittleren bis großen Zuschnitts mit einer nennenswerten Zahl von Arbeitnehmern. In diesen Fällen sei es in der Tat ohne Weiteres zutreffend, die Gesamtumstände als Beweisanzeichen dafür anzusehen, dass der Anfechtungsgegner Kenntnis vom Vorhandensein weiterer, gegebenenfalls benachteiligter Gläubiger habe, zumal die institutionellen Anfechtungsgegner aufgrund der häufig langjährigen und weitreichenden Beziehung zum Schuldner regelmäßig über einen besseren Einblick in die wirtschaftliche Situation und Struktur des Schuldners verfügten. Diese Vermutung sei aber nicht unterschiedslos auf jegliche Formen des gewerblichen oder unternehmerischen Schuldnerhandelns übertragbar. Vielmehr sei, worauf auch der Bundesgerichtshof immer wieder zutreffend hinweise, stets zu berücksichtigen, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellten, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machten und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürften. Dem folgend sei das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in seinem Urteil vom 25.02.2011 (ZInsO 2011, S. 1066) zutreffend davon ausgegangen, dass der Umstand einer gewerblichen oder unternehmerischen Tätigkeit des Schuldners keinen hinreichenden sicheren Schluss auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zulasse, wenn es sich bei dem Anfechtungsgegner nicht um einen institutionellen Gläubiger handele (dort: Gewerberaumvermieter) und für ihn weder aus Art und Höhe der bedienten Forderung (dort: Gewerbemiete), noch aus etwaigen Kenntnissen des Gläubigers vom Zuschnitt des Gewerbebetriebes des Schuldners oder aus den sonstigen Gesamtumständen erkennbar gewesen sei, dass der Schuldner weitere Gläubiger habe, deren Forderung einen potenziell zur Überforderung führenden Umfang hätten.

7

So liege es auch hier. Bei der Beklagten handele es sich nicht um einen institutionellen Gläubiger der o.g. Art, sondern um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die jedenfalls nicht kraft der zwischen ihr und der Schuldnerin bestehenden schuldrechtlichen Verbindung über hinreichende Kenntnisse der wirtschaftlichen Umstände der Schuldnerin verfügt habe. Dies gelte umso mehr, als die wohnungseigentumsrechtliche Sonderverbindung zwischen der Beklagten und der Schuldnerin nicht die beruflich/gewerblich genutzten Räume der Schuldnerin betroffen habe, sondern deren Privatwohnung. Auch die Art und Höhe der Forderung habe keine Rückschlüsse auf das Vorhandensein weiterer Gläubiger zugelassen, denn es handele sich um eine Wohngeldforderung, die zudem - wie oben bereits ausgeführt - für sich genommen keine Höhe gehabt habe, die eine Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz (ggf. durch andere Gläubiger) vermuten lasse. Soweit der Kläger schließlich behaupte, die Beklagte habe Kenntnis davon gehabt, dass die Schuldnerin gewerblich tätig gewesen sei, sei dem nicht weiter nachzugehen gewesen. Denn der Kläger habe selbst nicht vorgetragen, dass das Unternehmen der Insolvenzschuldnerin einen Zuschnitt gehabt habe, der auf das Vorhandensein weiterer Gläubiger mit Forderungen im nennenswerten Umfang hätte schließen lassen müssen. Ausweislich des Insolvenzeröffnungsbeschlusses vom 13.3.2013 habe die Schuldnerin im Geschäftsverkehr unter der Bezeichnung „ G. S.-H. - P.-F.“ gehandelt. Unterstelle man, dass die Beklagte dies gewusst habe (was diese bestreite), so habe die Beklagte aber jedenfalls davon ausgehen können, dass die Schuldnerin als Einzelperson freiberuflich in der Journalismusbranche tätig sei. Daraus habe sie aber nicht schließen müssen, dass die Schuldnerin noch weitere Gläubiger im o.g. Sinne gehabt habe. Insbesondere gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass die Schuldnerin Arbeitnehmer beschäftigt habe, was immerhin zur Folge gehabt hätte, dass sie Schuldnerin von Arbeitslohn und Sozialversicherungsbeiträgen gewesen wäre.

8

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 19.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28.04.2016 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem am 13.06.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

9

Der Kläger trägt u.a. vor, dass entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichtes die Beklagte bereits aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gekannt habe. Mit Kenntnis der Zahlungseinstellung habe die Beklagte auch Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit gehabt. Das Amtsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Schuldnerin ihre Zahlungsunfähigkeit eingestanden habe. Weiterhin sei der Beklagten wegen eigener Forderungen die Notwendigkeit zur Zwangsvollstreckung, die jedenfalls auch auf Zahlungseinstellung hingedeutet habe, bekannt gewesen. Die Beklagte habe auch Kenntnis vom laufenden Zwangsversteigerungsverfahren betreffend die Eigentumswohnung der Schuldnerin gehabt. Unzutreffend gehe das Gericht auch davon aus, dass die Beklagte keine Kenntnis von der gewerblichen Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin und damit per se keine Kenntnis von weiteren Gläubigern gehabt habe.

10

Der Kläger beantragt,

11

das Urteil des Amtsgerichtes Hamburg-Blankenese vom 15.04.2016, Az.: 532 C 367/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 3.400,-- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 13.03.2013 zu zahlen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Sie trägt im Wesentlichen vor, dass es keine erkennbaren Indizien für eine Zahlungseinstellung oder eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gegeben habe. Der Kläger lasse völlig außer Acht, dass eine Zahlungsunfähigkeit und auch eine drohende Zahlungsunfähigkeit immer von einer insolvenzrechtlich unbeachtlichen Zahlungsstockung abgegrenzt werden müsse. In diesem Zusammenhang könne sich der Kläger auch nicht auf das Schreiben des Ehemannes der Insolvenzschuldnerin vom 10.08.2009 berufen. Zum einen sei nicht erkennbar, ob die Schuldnerin oder ihr Ehemann Zahlungsschwierigkeiten gehabt hätten, zum anderen werde entgegen der Behauptung des Klägers in diesem Schreiben keinesfalls behauptet, nicht zahlen zu können. Ausdrücklich würde es im Schreiben heißen, dass der fällige Betrag aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht auf einmal gezahlt werden könne. Aus diesem Grund sei um Ratenzahlung gebeten worden. Ihr sei auch keinesfalls die Beschlagnahme des Grundstückes der Schuldnerin im November 2009 bekannt gewesen. Sie habe - was zwischen den Parteien unstreitig geblieben ist - erstmals am 24.02.2011 durch die Mitteilung des Zwangsversteigerungsgerichtes (Anlage BF 1) von der Zwangsversteigerung des Wohnungs- und Teileigentums der Schuldnerin Kenntnis erhalten. Aus diesem Schreiben ergebe sich jedoch nicht, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen sei.

15

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug im Berufungsverfahren genommen.

II.

16

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache größtenteils auch Erfolg.

1.

17

Zu Unrecht hat das Amtsgericht die Klage in Höhe von € 3.200,-- abgewiesen. Der Kläger hat als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 InsO i.V.m. §§ 133 Abs. 1 S. 1 und 2, 129 Abs. 1 InsO einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in dieser Höhe.

18

Der erkannte Betrag setzt sich zusammen aus den 16 Zahlungen der Schuldnerin in der Zeit vom 24.02.2011 bis zum 27.09.2012 in Höhe von jeweils € 200,--.

19

Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz kannte. Diese Kenntnis wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

20

Diese Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO liegen hinsichtlich der vorbezeichneten Zahlungen vor.

a)

21

Bei den vorgenannten Zahlungen der Schuldnerin an den Gerichtsvollzieher E. B. handelt es sich jeweils um Rechtshandlungen (§ 140 InsO) der Schuldnerin im Zehn-Jahres-Zeitraum.

b)

22

Diese Zahlungen waren auch objektiv gläubigerbenachteiligend. Sie haben die Aktivmasse geschmälert. Entgegen der Auffassung der Beklagten entfällt die Gläubigerbenachteiligung nicht durch etwaige vormals bestandene Vorrechte gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG im Rahmen der Zwangsversteigerung der Wohnung der Schuldnerin hinsichtlich des den Zahlungen zugrundeliegenden Anspruches der Beklagten auf Zahlung von Wohngeld. Durch die erbrachten Zahlungen wurden jedenfalls alle Gläubiger benachteiligt, deren Forderungen nicht im Rahmen der Zwangsvollstreckung befriedigt worden sind. Die Beklagte ist auch nicht absonderungsberechtigt nach § 49 InsO i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG hinsichtlich der Zahlungen. Ein Absonderungsrecht hätte allein an der beschlagnahmten Wohnung der Schuldnerin entstehen können (BGH, Urteil vom 21.07.2011, Az. IX ZR 120/10, Rn. 17, zitiert nach juris). Die Wohnung wurde jedoch bereits vor der Insolvenzeröffnung zwangsversteigert.

c)

23

Die Schuldnerin hatte bei Erbringung der vorgenannten Zahlungen auch jeweils den Vorsatz, hiermit (Dritt-)Gläubiger zu benachteiligen. Der jeweilige Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin folgt aus dem Umstand, dass die Schuldnerin zumindest drohte zahlungsunfähig zu werden und die Schuldnerin von dieser - zumindest drohenden - Zahlungsunfähigkeit Kenntnis hatte.

24

Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 07.05.2015, Az. IX ZR 95/14, Rn. 11, zitiert nach juris) gegeben, wenn dieser bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, a. a. O.).

25

Gemäß § 17 Abs. 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für die Zahlungseinstellung aus. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 12.10.2006, Az. IX ZR 228/03, zitiert nach juris, Rn. 9 m. w. N.). Ein wesentliches Indiz in der gebotenen Gesamtwürdigung, das auf eine Zahlungseinstellung hindeutet, stellt zudem die eigene Erklärungen des Schuldners dar, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können (BGH, Urteil vom 30.04.2015, Az. IX ZR 149/14, Rn. 9, zitiert nach juris).

26

Die Tatsache, dass die Schuldnerin bereits vor der ersten hier anfechtungsgegenständlichen Zahlung zumindest drohend zahlungsunfähig war, ergibt sich vorliegend aus dem Umstand, dass gemäß der Insolvenztabelle nach § 175 InsO vom 21.07.2015 (Anlage K 10) Forderungen in Höhe von € 93.029,40 angemeldet worden sind, wobei allein die H. Sparkasse Forderungen aus einem am 11.01.2005 gekündigten Girokontovertrag in Höhe von € 16.184,40 und aus einem gekündigten Darlehensvertrag/Anerkenntnisurteil vom 22.11.2006 in Höhe von € 13.216,44 (Anlage K 11) zur Tabelle angemeldet hat. Zudem war die Schuldnerin auch bereits 2009 nicht in der Lage, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Beklagten nachzukommen. Mit Schreiben vom 10.08.2009 (Anlage K 9) teilte der Ehemann der Schuldnerin dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit, dass sie den fälligen Betrag aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht auf einmal zahlen könnten.

d)

27

Die Beklagte hatte auch Kenntnis von dem jeweiligen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin im Sinne von § 133 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 InsO zu den jeweiligen Zahlungszeitpunkten.

28

Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Kennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 29.10.2011, Az. IX ZR 202/10; vom 25. April 2013, Az. IX ZR 235/12). Der Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (zumindest drohende) Zahlungsunfähigkeit folgt (BGH, Urteil vom 10.01.2013, Az. IX ZR 13/12).

29

Danach hatte die Beklagte nach Auffassung der Kammer seit dem 24.02.2011 Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Mit Schreiben vom 22.02.2011, das der Verwalterin der Beklagten am 24.02.2011 zuging, teilte das Amtsgericht Hamburg-Blankenese der Beklagten mit, dass durch Beschluss vom 26.11.2009 die Zwangsversteigerung des auf die Schuldnerin und deren Ehemann eingetragenen Wohnungseigentums angeordnet worden sei. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass sich dem Schreiben nicht explizit entnehmen lässt, ob weitere Gläubiger der Schuldnerin vorhanden sind. Aufgrund einer Gesamtwürdigung, insbesondere unter Einbeziehung der weiteren Umstände, dass die Beklagte die Schuldnerin und ihren Ehemann innerhalb von zwei Jahren zweimal (2007 und 2009) auf fällige Wohngeldzahlungen gerichtlich in Anspruch nehmen musste einschließlich anschließender Zwangsvollstreckung und der Anzeige an die Beklagte, nicht in der Lage zu seien, den fälligen Betrag aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss auf einmal zu bezahlen, ist aber letztlich anzunehmen, dass die Beklagte seit dem 24.02.2011 Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und dem Vorhandensein und somit der Benachteiligung anderer Gläubiger hatte. Die Annahme, dass die Beklagte aufgrund dieser Sachlage davon ausging, die Zwangsversteigerung der Wohnung erfolge im Rahmen der Aufhebung der Eigentümergemeinschaft der Schuldnerin und ihres Ehemannes oder es seien lediglich weitere Gläubiger ihres Ehemannes vorhanden, ist fernliegend. Die Beklagte muss sich in diesem Fall das im Zusammenhang mit der Verwaltertätigkeit erlangte Wissen ihrer WEG-Verwalterin analog § 166 BGB zurechnen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2014, Az. III ZR 436/12, Rn. 18, zitiert nach juris).

30

Gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO ist mithin zu vermuten, dass die Beklagte auch Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin hatte.

2.

31

Zinsen stehen dem Kläger auf den erkannten Betrag seit dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu, § 143 Abs. 2 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

3.

32

Im Übrigen hat das Amtsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Hinsichtlich der am 21.01.2011 erfolgten Zahlung in Höhe von € 200,-- liegt (noch) keine Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin vor. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des Amtsgerichtes verwiesen. Die Kenntnis ergab sich erst im Zusammenhang mit der Mitteilung über die gerichtliche Anordnung der Zwangsversteigerung der Wohnung der Schuldnerin und den weiteren dargelegten Umständen.

4.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

34

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO zu entnehmen.

35

Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung durch das Revisionsgericht.

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(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;
1a.
im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist;
2.
bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;
3.
die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt;
4.
die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;
5.
der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;
6.
die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;
7.
die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;
8.
die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.

(3) Für die Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nummer 2 genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (unbewegliche Gegenstände), sind nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zur abgesonderten Befriedigung berechtigt.

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;
1a.
im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist;
2.
bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;
3.
die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt;
4.
die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;
5.
der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;
6.
die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;
7.
die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;
8.
die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.

(3) Für die Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nummer 2 genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

17
Diese Privilegierung der Hausgeldansprüche in der Zwangsversteigerung bleibt im Insolvenzverfahren über das Vermögen des säumigen Wohnungseigentümers bestehen; anders wäre die durch den Gesetzgeber beabsichtigte Sicherung von Wohngeldansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft unvollkommen. Durch die Verweisung in § 49 InsO auf das Zwangsversteigerungsgesetz bestimmt sich nach §§ 10 bis 14 ZVG, wer ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem unbeweglichen Vermögen hat (MünchKommInsO /Ganter, 2. Aufl., § 49 Rn. 3, 45). Ein solches Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück und mithin auf abgesonderte Befriedigung ist bei wertender Betrachtung auch den durch § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZVG Berechtigten wegen der dort genannten Hausgeldansprüche zuzubilligen (vgl. Stöber, ZVG Hdb, 9. Aufl. Rn. 399l; Bärmann/Becker, aaO, § 16 Rn. 186; Kümmel in Niederführ /Kümmel/Vanderhouten, aaO, Anhang IV, Rn. 43; Alff, ZWE 2010, 105, 112 f; Suilmann, ZWE 2010, 385, 386; Schneider, ZMR 2009, 165, 170; Schneider, ZfIR 2008, 161, 166; Hintzen/Alff, ZInsO 2008, 480, 483 f; einschränkend Derleder, ZWE 2008, 13, 20 f; a.A. Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl. Rn. F 893).
11
Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteili- gungsvorsatz, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 14 mwN; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 15; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, WM 2013, 180 Rn. 14). In diesen Fällen handelt der Schuldner ausnahmsweise nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann (BGH, Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, WM 2013, 88 Rn. 7; vom 10. Januar 2013, aaO; vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11, WM 2014, 170 Rn. 9). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013, aaO Rn. 15; vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, WM 2015, 591 Rn. 22).

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

 

Urteil vom 12.10.2006 

Az.: IX ZR 228/03

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 26. September 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 11. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der L. GmbH & Co. Das Insolvenzverfahren wurde am 26. Juni 2000 auf Antrag der Schuldnerin vom 1. Juni 2000 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.

Die Beklagte, die für die Schuldnerin als Wirtschaftsprüferin tätig war, erhielt von der Schuldnerin am 3. Dezember 1999 den Auftrag, ein von ihr erstelltes Effizienzsteigerungsprogramm zu prüfen. Die Beklagte erstattete den Prüfbericht unter dem 17. Januar 2000. Am 12. Januar 2000 stellte sie der Schuldnerin hierfür 114.450,48 DM in Rechnung.

Die Schuldnerin stellte der Beklagten am 7. April 2000 und 28. April 2000 Schecks über 57.000 DM und 57.450,48 DM aus, die am 20. April 2000 und 4. Mai 2000 dem Konto der Schuldnerin belastet wurden.

Der Kläger hat die Zahlung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO angefochten und Rückzahlung verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in vollem Umfang weiter.

Gründe

Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, der Kläger habe die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht substantiiert vorgetragen. Eine Zahlungseinstellung liege nicht vor. Soweit der Kläger sich auf die Schreiben vom 12. April 2000 beziehe, mit denen die Schuldnerin die Krankenkassen mit der Bitte um Stundung der Sozialversicherungsbeiträge für März 2000 angeschrieben habe, lasse sich hieraus nicht die Erklärung ableiten, zu Zahlungen endgültig unvermögend zu sein, da ausdrücklich mitgeteilt worden sei, es werde auf einige Zahlungseingänge gewartet. Dem Umstand, dass die Schuldnerin nach Behauptung des Klägers die Löhne der gewerblichen Mitarbeiter für April 2000 nicht mehr ordnungsgemäß habe zahlen können, komme bereits deshalb nicht die Bedeutung einer Zahlungseinstellung zu, weil die Schuldnerin die Gehälter ihrer Angestellten unstreitig gezahlt habe.

Die Feststellung einer Zahlungsunfähigkeit habe auf der Grundlage eines Finanzstatuts zu erfolgen, das aus dem Rechnungswesen abzuleiten sei und das verfügbare Finanzmittelpotential des Unternehmens sowie dessen Verbindlichkeiten inventarmäßig erfasse. Der Kläger sei seiner Pflicht zu substantiiertem Vortrag unzureichend nachgekommen, weil er zwar den Stand der Verbindlichkeiten, bezogen auf den 20. April und 4. Mai 2000, mitgeteilt und auch angegeben habe, dass der Kreditspielraum fast vollständig ausgeschöpft gewesen sei. Diese Angaben reichten aber nicht aus. Es fehlten Angaben zu dem Bestand an fälligen Forderungen der Schuldnerin. Deren Kenntnis sei unverzichtbar, um die Zahlungsunfähigkeit feststellen zu können. Insoweit müsse auszuschließen sein, dass sich die Schuldnerin kurzfristig, innerhalb von zwei bis drei Wochen, die erforderlichen flüssigen Mittel habe beschaffen können, um die Verbindlichkeiten zu begleichen. Erforderlich seien deshalb Liquiditätsbilanzen zum 20. April 2000 und zum 4. Mai 2000.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht ist, von der Revision unangegriffen, von einer kongruenten Deckung ausgegangen. Dies ist zutreffend, weil die Bezahlung einer Schuld durch eigenen Scheck verkehrsüblich ist (BGHZ 123, 320, 324; v. 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, ZIP 2006, 578, z.V.b. in BGHZ 166, 125; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 35; Kübler/Prütting/Paulus, InsO § 131 Rn. 13).

Beide Scheckeinlösungen lagen innerhalb der 3-Monatsfrist vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Anwendbar ist deshalb § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Ein Bargeschäft liegt nicht vor, weil der erforderliche enge zeitliche - unmittelbare - Zusammenhang zwischen Leistung (Annahme des Auftrags oder Beginn der Tätigkeit) und Gegenleistung (vgl. BGH, Urt. v. 13. April 2006 - IX ZR 158/05, ZIP 2006, 1261, 1264) nicht bestand. Der Bericht der Beklagten wurde ab 3. Dezember 1999 erstellt. Die Scheckhingabe und die Scheckeinlösung lagen über 4 Monate später.

Entscheidend ist daher, ob zu dem gemäß § 140 Abs. 1 InsO maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Scheckeinlösung (vgl. BGHZ 118, 171, 176 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 140 Rn. 11) Zahlungsunfähigkeit vorlag und die Beklagte zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte.

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend zunächst gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO geprüft, ob die Schuldnerin im Zeitpunkt der Scheckeinlösung die Zahlungen eingestellt hatte. Die in dieser Vorschrift formulierte Vermutung gilt auch im Rahmen des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO (BGHZ 149, 178, 184; BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, ZIP 2003, 410, 411). Liegt Zahlungseinstellung vor, begründet dies eine gesetzliche Vermutung für die Zahlungsunfähigkeit (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 24), die vom Prozessgegner zu widerlegen wäre.

Zahlungseinstellung ist dasjenige äußere Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss sich also mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGHZ 149, 178, 184 f; BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 175/02, ZIP 2003, 410, 411; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 25; zur 3-Wochen-Frist vgl. nunmehr BGHZ 163, 134, 139 f).

Die Zahlungseinstellung hat das Berufungsgericht mit unzutreffenden Gründen abgelehnt.

a) Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (vgl. BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 81/99, ZIP 2001, 2097, 2098; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 30).

Eine solche Erklärung kommt in den Schreiben der Schuldnerin vom 12. April 2000 an die Sozialversicherungsträger zum Ausdruck. In den Schreiben ist zwar ausgeführt, dass die Schuldnerin auf Zahlungseingänge warte. Es wird aber auch klar zum Ausdruck gebracht, dass die Eingänge jedenfalls nicht bis zur Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge am 15. April 2000 zu erwarten seien, eine Zahlung bei Fälligkeit also keinesfalls erfolgen könne, sondern nur drei monatliche Raten jeweils zum Monatsende angeboten werden könnten. Die Schuldnerin war demzufolge gerade nicht in der Lage, ihren Verpflichtungen zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge binnen drei Wochen nachzukommen.

Allerdings wurden die Anträge auf Stundung noch vor Fälligkeit gestellt. Wurde ihnen rechtzeitig stattgegeben, fehlte es an der Fälligkeit der Forderungen. Hierzu und zu der Frage, ob es sich um einen erheblichen Teil der Verbindlichkeiten der Schuldnerin handelte, hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.

b) Das Berufungsgericht hat auch dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, dass nach Behauptung des Klägers die Schuldnerin zum 30. April 2000 die Löhne der gewerblichen Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß gezahlt hat. Dies sei unerheblich, weil sie gleichzeitig die Gehälter der Angestellten weitergezahlt habe.

Das Berufungsgericht hat offenbar angenommen, einzelne beträchtliche Zahlungen schlössen die Zahlungseinstellung aus. Dies ist unzutreffend. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, ZIP 1998, 2008, 2009; v. 13. April 2000 - IX ZR 144/99, ZIP 2000, 1016, 1017; v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 81/99, ZIP 2001, 2097, 2098). Dies gilt auch dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urt. v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, ZIP 2001, 524, 525; v. 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98, ZIP 2001, 1155; v. 4. Oktober 2001, aaO; v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, ZIP 2003, 488, 491; v. 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, ZIP 2003, 1666, 1668).

c) Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob unter dem Gesichtspunkt der bis zuletzt nicht beglichenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin eine Zahlungseinstellung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vorliegt.

Nach den Behauptungen des Klägers hatte die Schuldnerin am 31. März 2000 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 4,92 Mio. DM aus Lieferungen und Leistungen offen stehen, die bis zuletzt unbedient blieben und deshalb zur Tabelle angemeldet wurden. Zum 7. April 2000 soll der Betrag dieser Forderungen auf 5,13 Mio. DM, zum 20. April 2000 auf 5,45 Mio. DM, zum 28. April 2000 auf 5,65 Mio. DM und zum 4. Mai 2000 auf 5,78 Mio. DM angestiegen sein.

Danach wäre die Schuldnerin bei Einlösung des ersten Schecks bereits seit einer Frist von knapp drei Wochen ab dem 31. März 2000 nicht in der Lage gewesen, fällige Verbindlichkeiten in Höhe von mindestens 4,92 Mio. DM zu begleichen. Sie konnte sie auch in der Folgezeit nicht tilgen. Sofern es sich hierbei nicht nur um einen unerheblichen Teil der Verbindlichkeiten der Schuldnerin gehandelt hat, lag deshalb bereits seit 31. März 2000 Zahlungseinstellung vor (vgl. BGHZ 163, 134, 144 ff).

Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung hätte danach nur dadurch wieder beseitigt werden können, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen allgemein wieder aufgenommen hätte (BGHZ 149, 100, 101; 149, 178, 188). Das hätte derjenige zu beweisen, der sich hierauf beruft (BGHZ 149, 100, 101).

d) Das Berufungsurteil hat eine Zahlungseinstellung vor allem auch deshalb abgelehnt hat, weil die Nichtbegleichung der Verbindlichkeiten nicht nach außen in Erscheinung getreten sei. Auch dies ist indessen unzutreffend. Durch die Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge, der Löhne und der sonst fälligen Verbindlichkeiten über einen Zeitraum von mehr als drei Wochen nach Fälligkeit ist für die beteiligten Verkehrskreise hinreichend erkennbar geworden, dass die Nichtzahlung auf einem objektiven Mangel an Geldmitteln beruhte. Gerade Sozialversicherungsbeiträge und Löhne werden typischerweise nur dann nicht bei Fälligkeit bezahlt, wenn die erforderlichen Geldmittel hierfür nicht vorhanden sind (zu den Sozialversicherungsbeiträgen vgl. etwa BGH, Beschl. v. 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457, 1458). Einer ausdrücklichen Zahlungsverweigerung bedarf es nicht (BGH, Urt. v. 22. November 1990 - IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40).

III.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Das Berufungsgericht wird die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO erneut zu prüfen und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen hierfür zu treffen haben.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Sofern eine Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht festgestellt werden kann, ist zu prüfen, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war, § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO. Ist die Schuldnerin nicht in der Lage, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen, handelt es sich nicht mehr um eine rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung (BGHZ 163, 134, 139 f). Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke der Schuldnerin weniger als 10 % ihrer fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird. Beträgt die Liquiditätslücke der Schuldnerin 10 % oder mehr, ist dagegen regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (BGHZ 163, 134, 142 f).

a) Die Frage, ob noch von einer vorübergehenden Zahlungsstockung oder schon von einer (endgültigen) Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, muss allein aufgrund der objektiven Umstände beantwortet werden (BGHZ 163, 134, 140; MünchKomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 6; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 5). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufzustellen sein. Dabei sind die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (vgl. BGHZ 163, 134, 138; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 17 Rn. 24; MünchKomm-InsO/Eilenberger, § 17 Rn. 10; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 17 Rn. 18). Eine solche Liquiditätsbilanz ist jedoch nicht erforderlich, wenn anderweitig festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Die vom Berufungsgericht geforderte Liquiditätsbilanz ist nötig, wenn eine Prognose erforderlich ist, also etwa im Rahmen der Frage, ob Insolvenzantrag zu stellen oder ein Insolvenzverfahren zu eröffnen ist (vgl. BGHZ 163, 134, 140). Im Anfechtungsprozess lässt sich auch auf andere Weise feststellen, ob und was der Schuldner zahlen konnte. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von der Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt auszugehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn auf Grund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, damals angenommen werden konnte, der Schuldner werde rechtzeitig in der Lage sein, die Verbindlichkeiten zu erfüllen. Dass nicht lediglich eine Zahlungsstockung vorlag, ist im Nachhinein ohne weiteres feststellbar. Es bedarf insoweit keiner Prognose.

b) Der Kläger hat behauptet, dass im Zeitpunkt der Einlösung des ersten Schecks am 20. April 2000 bei der Schuldnerin Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung in Höhe von ca. 5,45 Mio. DM fällig gewesen seien, die von den Gläubigern hätten zur Tabelle angemeldet werden müssen, und die trotz aller Einnahmen, die die Schuldnerin erzielt habe, nicht mehr hätten bedient werden können. Bei Einlösung des zweiten Schecks am 4. Mai 2000 seien ca. 5,78 Mio. DM aus Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung fällig gewesen, die bis zuletzt trotz der Eingänge unbedient geblieben seien. Trifft dies zu, lag in den genannten Zeitpunkten Zahlungsunfähigkeit vor.

2. Anfechtungsvoraussetzung ist gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin kannte. Hierzu hat der Kläger vorgetragen, das Berufungsgericht aber keine Feststellungen getroffen. Für die Kenntnis genügt es, wenn die Beklagte aus den ihr bekannten Tatsachen und dem Verhalten der Schuldnerin bei natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss gezogen hat, dass die Schuldnerin wesentliche Teile, d.h. 10 % und mehr, ihrer fällig gestellten Verbindlichkeiten in einem Zeitraum von drei Wochen nicht wird tilgen können (HK-InsO/Kreft, aaO § 130 Rn. 23). Dieser Kenntnis steht nach § 130 Abs. 2 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen.

3. Das Berufungsgericht wird bei der Prüfung dieser Fragen auch das von der Beklagten erstattete Gutachten zu berücksichtigen haben, in dem aus deren Sicht ausgeführt ist, unter welchen Voraussetzungen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gegeben war.

Dr. Gero Fischer

Dr. Ganter

Dr. Kayser Vill

Dr. Detlev Fischer

9
aa) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 25. September 1997 - IX ZR 231/96, NJW 1998, 607, 608; vom 22. Januar 1998 - IX ZR 99/97, ZIP 1998, 477, 479, insoweit bei BGHZ 138, 40 nicht abgedruckt). Ersatzweise reicht es für die Anfechtung aus, wenn der Leistungsempfänger Indiztatsachen von solcher Beweiskraft kennt, dass sich daraus eine Zahlungseinstellung eindeutig ergibt. Die Umstände müssen konkret sein und ein eindeutiges Urteil über die Liquiditätsgesamtlage des Schuldners ermöglichen (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 17). Dazu kann ein einziger Anhaltspunkt von hinreichendem Aussagewert genügen, etwa eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - IX ZR 203/12, ZInsO 2015, 396 Rn. 21 mwN), auch wenn sie mit einer Stundungsbitte verbunden sind (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, NZI 2014, 863 Rn. 28 mwN). Lässt ein gewerblich tätiger Schuldner monatelang einen Rückstand von erheblicher Höhe mit betriebsnotwendigen fortlaufenden Verbindlichkeiten - insbesondere Steuern und Sozialabgaben , aber auch Löhne und Mieten - aufkommen und zahlt er danach unregelmäßig einzelne Raten, ohne jedoch die Gesamtschuld verringern zu können, so deuten diese Tatsachen auf eine Zahlungsunfähigkeit hin (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 185 f; vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, NZI 2003, 542, 544; vom 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, NJW 2003, 3560, 3562; zu allem MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 130 Rn. 35 ff, Rn. 39a).

(1) Der Insolvenzverwalter hat jede angemeldete Forderung mit den in § 174 Abs. 2 und 3 genannten Angaben in eine Tabelle einzutragen. Die Tabelle ist mit den Anmeldungen sowie den beigefügten Urkunden innerhalb des ersten Drittels des Zeitraums, der zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin liegt, in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen.

(2) Hat ein Gläubiger eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus einer vorsätzlich pflichtwidrig verletzten gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung angemeldet, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner auf die Rechtsfolgen des § 302 und auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinzuweisen.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 235/12
Verkündet am:
25. April 2013
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Vorsatzanfechtung gegenüber einem Versicherungsmakler als zweiten Leistungsmittler.
BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - LG Stuttgart
AG Stuttgart
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den
Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 12. September 2012 und das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 23. März 2012 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zur Masse 3.192,05 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26. November 2011 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger verlangt als Verwalter in dem am 13. Dezember 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH (künftig: Schuldnerin) von der Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung von Versicherungsprämien. Die Beklagte ist Versicherungsmaklerin. Sie vermittelte der Schuldnerin Versicherungsverträge für ihre Fahrzeuge. Da die Schuldnerin die Versicherungsprämien an den Versicherer nicht, wie geschuldet, vierteljährlich, sondern monatlich zahlen wollte, vereinbarte sie mit der Beklagten, dass diese die anteiligen Versicherungsprämien monatlich vom Konto der Schuldnerin einziehen und quartalsweise an die Versicherung weiterleiten sollte. Entsprechend wurde verfahren. Im Streit sind die vom Konto der Schuldnerin eingezogenen Prämien für Juli, August und September 2007 über insgesamt 3.192,05 €.
2
Auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 9. November 2007 bestellte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Dieser setzte die Beklagte am 16. November 2007 hierüber in Kenntnis. Gleichzeitig genehmigte er gegenüber der Schuldnerbank die Einziehung der Versicherungsprämien für die streitigen Monate, die am 31. Juli 2007, 20. September 2007 und 27. September 2007 vom Konto der Schuldnerin im Lastschriftverfahren abgebucht worden waren. Am 17. Dezember 2007 leitete die Beklagte die Versicherungsprämien an den Versicherer weiter.
3
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Anfechtungsanspruch in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.

I.


5
Das Berufungsgericht hat gemeint, es spreche vieles dafür, dass die Beklagte nicht nur bloße Zahlstelle gewesen sei, weil sie nicht nur wie ein Bankinstitut ohne Kenntnis von Einzelheiten zur Abwicklung von Zahlungsvorgängen eingeschaltet gewesen sei, sondern den Vertragszweck gekannt und die Funktion der Prämienansammlung ausgeübt habe.
6
Als anfechtbare Rechtshandlung komme nur die Genehmigung der Einziehung gegenüber der Bank am 16. November 2007 in Betracht. Insoweit sei bereits fraglich, ob eine Rechtshandlung der Schuldnerin vorliege, weil die Genehmigung durch den vorläufigen Verwalter erklärt worden sei. Jedenfalls sei die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO erschüttert, wenn der (zunächst vorläufige) Verwalter zu erkennen gebe, dass er mit dem Zahlungsvorgang einverstanden sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn er hiermit den Zweck verfolge, die notwendige Haftpflichtversicherung für den Weiterbetrieb der Fahrzeuge im Interesse der Masse zu sichern. Hätte er sich die Anfechtung gegenüber der Beklagten vorbehalten, hätte diese die Prämien nicht an den Versicherer weitergeleitet und diesen über die Insolvenz informiert, was mit Sicherheit die Kündigung zur Folge gehabt hätte. Dies habe der Kläger vermeiden wollen und deshalb die Genehmigung vorbehaltslos erklärt. In einem solchen Fall liege kei- ne Kenntnis des Gläubigers vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vor.
7
Eine Deckungsanfechtung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei den angefochtenen Zahlungen um mittelbare Zuwendungen gehandelt habe, die die Schuldnerin mit Hilfe der Beklagten als Mittelsperson an den Versicherer geleistet habe. Dann sei das gesamte Rechtsverhältnis so anzusehen , als ob nur der Dritte vom Schuldner unmittelbar erworben hätte.

II.


8
Demgegenüber macht die Revision geltend, die Beklagte könne als uneigennützige Treuhänderin Anfechtungsgegnerin nach § 133 Abs. 1 InsO sein, weil sie nicht nur eine bloße Zahlstellenfunktion wahrgenommen habe. Eine Schuldnerhandlung liege schon deshalb vor, weil das Genehmigungsschreiben des Klägers gegenüber der Schuldnerbank vom 16. November 2007 auch vom Geschäftsführer der Schuldnerin unterschrieben gewesen sei. Das Berufungsgericht verkenne, dass § 133 Abs. 1 InsO keinen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Anfechtungsgegners erfordere. Es genüge die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Diese sei hier zu bejahen, weil die Beklagte im Zeitpunkt der Genehmigung Kenntnis vom Insolvenzantrag gehabt habe. Die Genehmigung der Lastschriften sei im Übrigen nicht gegenüber der Beklagten, sondern der Schuldnerbank erfolgt. Der vorläufige Verwalter habe damit gerade den Zweck verfolgt, gegenüber der Beklagten anfechten zu können. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht geschaffen worden. Dass der Versicherer bei entsprechender Information die Versicherungsverträge habe kündigen können, sei unerheblich. Ein hypothetischer Geschehensablauf finde im Insol- venzanfechtungsrecht keine Berücksichtigung. Mit einer Kündigung sei zudem im Hinblick auf eine mögliche Unternehmensfortführung weder zu rechnen gewesen noch habe überhaupt gekündigt werden können. Denn im Zeitpunkt der Weiterleitung der Prämien am 17. Dezember 2007 sei das Insolvenzverfahren bereits eröffnet gewesen.

III.


9
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
10
1. Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf das Urteil des Amtsgerichts eine Anfechtbarkeit der Zahlungen an die Beklagte nach § 130 InsO zutreffend verneint.
11
Hat der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert hat, richtet sich die Deckungsanfechtung allein gegen den Dritten als Empfänger, wenn es sich für diesen erkennbar um eine Leistung des Schuldners handelte (BGH, Urteil vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 287; vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 35; vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 9). Da mittelbare Zuwendungen so zu behandeln sind, als habe der befriedigte Gläubiger unmittelbar von dem Schuldner erworben, finde die Deckungsanfechtung nicht gegenüber dem Leistungsmittler, der als solcher kein Gläubiger des Schuldners ist, sondern allein gegen den Leistungsempfänger statt (BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14; vom 26. April 2012, aaO).
12
Die Schuldnerin hat sich im Streitfall neben ihrer Bank auch der Beklagten bedient, um die Versicherungsprämien an den Versicherer zu bezahlen. Für Letzteren war erkennbar, dass es sich um Leistungen der Schuldnerin auf ihre vertraglichen Zahlungspflichten handelte. Eine Anfechtung nach §§ 130, 131 InsO kommt deshalb sowohl gegenüber der Schuldnerbank als auch gegenüber der Beklagten, die beide Leistungsmittler waren, nicht in Betracht. Dass die Beklagte selbst Insolvenzgläubigerin gewesen wäre, etwa weil sie insoweit selbst eigene durchsetzbare Ansprüche gegen die Schuldnerin erworben gehabt hätte , die sie in eigenem Namen hätte geltend machen können, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Die Revision hat gegen die Entscheidung der Vorinstanzen insoweit keine Bedenken erhoben.
13
2. Die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte als zweite Zahlungsmittlerin waren jedoch gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar.
14
a) Die mögliche Deckungsanfechtung gegenüber dem Versicherer als Insolvenzgläubiger schließt die Vorsatzanfechtung gegenüber dem oder den Zahlungsmittlern nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007, aaO Rn. 24 f; vom 26. April 2012, aaO Rn. 14; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, WM 2013, 361 Rn. 14).
15
b) Die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in Höhe von insgesamt 3.192,05 € haben infolge des Vermögensabflusses bei der Schuldnerin eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirkt.

16
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, WM 2011, 371 Rn. 12; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, WM 2011, 803 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, WM 2011, 2293 Rn. 6; vom 26. April 2012, aaO Rn. 11).
17
Durch die Genehmigung der Einziehung der Prämien vom Konto der Schuldnerin durch die Beklagte hat sich die Schuldnerin zum Nachteil ihrer Gläubiger finanzieller Mittel entäußert, ohne hierfür eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Der zunächst noch bestehende Herausgabeanspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte gemäß §§ 675, 667 BGB ist keine gleichwertige Gegenleistung der abgeflossenen Zahlungsmittel. Allerdings war das Auftragsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten nach §§ 115, 116 InsO mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Schuldnerin erloschen. Auch wenn die Beklagte dem Insolvenzverwalter nach § 97 InsO zur Auskunft verpflichtet gewesen wäre, hätten sich Schwierigkeiten dabei ergeben können, den Verbleib der Gelder aufzuklären und zur Masse zurückzuführen. Folglich ist bereits die Weggabe des Geldes durch Genehmigung der Lastschriften für die Gläubiger benachteiligend (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 12).
18
Dies gilt auch, wenn die Zahlung mit Mitteln eines zuvor eingeräumten und vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, ZIP 2013, 371 Rn. 20 mwN; st. Rspr.) oder aus den Mitteln einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung bewirkt wurde (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 11 ff).
19
c) Die für § 133 Abs. 1 InsO erforderliche Rechtshandlung der Schuldnerin (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 ff) lag vor.
20
Bei einer Zahlung im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens liegt die anfechtbare Rechtshandlung erst in der Genehmigung der Lastschriftbuchung , nicht bereits in dieser Buchung selbst, weil die Belastung des Kontos bis zur Genehmigung ohne materielle Wirkung bleibt (BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 21; vom 30. September 2010 - IX ZR 177/07, WM 2010, 2167 Rn. 11; vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 10). Die Genehmigung ist durch das gemeinsame Schreiben des Klägers und der Schuldnerin vom 16. November 2007 erteilt worden, das an die Schuldnerbank und damit an den richtigen Adressaten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - IX ZR 115/10, WM 2011, 2130 Rn. 12 mwN) gerichtet war. Die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion der zwischen Schuldnerin und der Schuldnerbank vereinbarten Nr. 7 Abs. 4 AGBSparkassen lagen zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor, weil die Frist von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zum 30. September 2007 (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 19) noch nicht abgelaufen war. Der Rechnungsabschluss war der Schuldnerin erst am 8. Oktober 2007 zugegangen.
21
Das Genehmigungsschreiben war zwar auf Briefpapier des Insolvenzverwalters abgefasst, enthielt aber sowohl die Unterschrift des für die Schuldnerin handelnden Geschäftsführers sowie deren Firmendaten, wie auch diejenige des mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters. Sie war deshalb wirksam für die Schuldnerin erteilt und ist der Schuldnerbank unstreitig am 19. November 2007 per Telefax zugegangen.
22
Die am 16. November 2007 erteilte Genehmigung war als anfechtbare Rechtshandlung nach der Insolvenzantragstellung vorgenommen worden (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 177/07, WM 2010, 2167 Rn. 14; vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 10).
23
d) Die Schuldnerin handelte mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.
24
Der Schuldner handelt mit diesem Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei Vornahme der Rechtshandlung bekannt war (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 8; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 32; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 24).
25
Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 15; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 25).

26
Die Schuldnerin hatte am 9. November 2007 Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Bei Erteilung der Genehmigung des Lastschrifteinzuges mit Schreiben vom 16. November 2007 war ihr dies bekannt.
27
e) Die Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt zudem voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kennt. Dies hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
28
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung der Lastschriften Kenntnis vom Insolvenzantrag der Schuldnerin. Kennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder ist er über einen gegen den Schuldner gestellten Eröffnungsantrag unterrichtet, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 153; vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, WM 2010, 851 Rn. 19 ff; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 21; vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 15; vom 26. April 2012, aaO Rn. 20).
29
bb) Allerdings kann aus der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Insolvenzantrags nicht in jedem Fall auf die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden.

30
(1) Wird ein Anfechtungsgegner als bloße Zahlstelle des Schuldners tätig und ist er an dem Zahlungsvorgang nur in technischen Funktionen beteiligt, kann auch bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Insolvenzantrags nicht auf die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes geschlossen werden (BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 21; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, ZIP 2013, 371 Rn. 31 ff; MünchKomm-InsO/ Kirchhof, InsO, 2. Aufl. § 129 Rn. 49a). Ist der Leistungsmittler in dieser Funktion gesetzlich verpflichtet, von dem Schuldner veranlasste Zahlungsaufträge durchzuführen, kann vielmehr eine Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nur unter besonderen Voraussetzungen bejaht werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22 ff; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 30 ff).
31
(2) Die Beklagte war jedoch nicht lediglich als Zahlstelle in diesem Sinne tätig. Sie ist kein Zahlungsdienstleister im Sinne des § 675o Abs. 2 BGB, der zur Ausführung eines Zahlungsauftrags der Schuldnerin im Sinne dieser Vorschrift verpflichtet gewesen wäre. Aufgrund Vereinbarung mit der Schuldnerin hatte sie sich bereit erklärt und verpflichtet, monatlich die anteiligen Versicherungsbeiträge bei der Schuldnerin einzuziehen, zu sammeln und bei Fälligkeit quartalsweise an den Versicherer weiterzuleiten. Die hier streitgegenständlichen Abbuchungen erfolgten am 31. Juli 2007, 20. September 2007 und 27. September 2007, die Weiterleitung an die Versicherung erst am 17. Dezember 2007.
32
Die Beklagte hat damit bei der Befriedigung des Versicherers eine eigene maßgebliche Rolle übernommen, die die Zahlung der Versicherungsbeiträge sicherstellen sollte. Damit verfolgte die Beklagte, welche die Versicherungsver- träge vermittelt hatte, offensichtlich auch eigene Interessen, jedenfalls aber Interessen der Schuldnerin. Im anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung wusste die Beklagte nicht nur vom Insolvenzantrag, sondern auch von der durch die Genehmigung der Abbuchung eintretenden Gläubigerbenachteiligung. Die Beklagte kannte auch die näheren Umstände. Sie wusste, dass die Zahlung nicht etwa zur Befriedigung eines insolvenzfest gesicherten Gläubigers verwendet oder ein solches Sicherungsrecht abgelöst werden sollte. Eine Zahlung aus unpfändbarem Vermögen kam schon im Hinblick auf die Rechtsform der Schuldnerin nicht in Betracht; ebenso wenig konnte unter dem Gesichtspunkt der Deckungsanfechtung ein Bargeschäft vorliegen, schon weil es hier am unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung fehlte (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 30 ff; vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, ZIP 2008, 232 Rn. 20; Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 134/05, nv Rn. 2; Urteil vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 118/11, ZIP 2012, 333 Rn. 25 ff).
33
Die Beklagte nahm einen erheblichen eigenen Handlungsspielraum in Anspruch. Sie war dadurch selbst in die Gläubigerbenachteiligung eingebunden. Dies zeigen sowohl die Abbuchungszeitpunkte wie der Umstand, dass die Prämie für Juli, August und September 2007 schließlich erst am 17. Dezember 2007 an den Versicherer weitergeleitet wurden. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, dass sie das eingezogene Geld als Treugut aussonderungsfähig auf einem nachweisbar ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenem Geld bestimmten Konto angelegt gehabt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - III ZR 422/04, ZIP 2005, 1465, 1466; vom 10. Februar 2011 - IX ZR 49/10, BGHZ 188, 317 Rn. 13). Die abgebuchten Beträge waren in ihr eigenes Vermögen übergegangen.

34
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 13. Dezember 2007 war das Auftragsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten gemäß §§ 115, 116 InsO erloschen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 12). Dies hinderte die Beklagte als Vollrechtsinhaberin allerdings nicht gemäß § 81 InsO, wirksam zu Gunsten des Versicherers zu verfügen (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZR 213/11, WM 2012, 1496 Rn. 10 mwN). Aus denselben Gründen stand auch § 91 InsO einem Rechtserwerb des Versicherers nicht entgegen. Der Umstand, dass die Beklagte, nachdem sie am 16. November 2007 von der Einleitung des Insolvenzeröffnungsverfahrens erfahren hatte, noch über einen Monat zuwartete, bis sie das Geld an den Versicherer weiterleitete , zeigt abermals ihre weitreichende eigenständige Handlungsbefugnis. Es besteht deshalb keine Veranlassung, ihre bestehende Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin durch eine einschränkende Auslegung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO unberücksichtigt zu lassen.
35
3. Die Anfechtung gegenüber der Beklagten hindert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Umstand, dass der Kläger der Genehmigung der Abbuchungen der Beklagten vom Konto der Schuldnerin zugestimmt hat. Dadurch wurde kein der Anfechtung entgegenstehender Vertrauenstatbestand für die Beklagte begründet.
36
Der vorläufige Insolvenzverwalter ohne allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hat keine an den endgültigen Insolvenzverwalter derart angenäherte Rechtsstellung, dass er Rechtshandlungen des Schuldners, denen er zugestimmt hat, als Insolvenzverwalter nicht anfechten könnte. Die Anfechtung ist vielmehr nur dann ausgeschlossen, wenn der vorläufige Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauens- tatbestand gesetzt hat und der Empfänger der Leistung demzufolge nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - IX ZR 156/04, BGHZ 165, 283, 286; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 161/11, ZIP 2013, 528 Rn. 17 mwN).
37
Ein schutzwürdiges Vertrauen in diesem Sinne hat der Kläger als vorläufiger Verwalter gegenüber der Beklagten nicht begründet. Er hat lediglich der Genehmigung der Abbuchung durch die Schuldnerin gegenüber ihrer Bank zugestimmt. Daraus kann die Beklagte nichts zu ihren Gunsten ableiten. Die Bank war ihrerseits lediglich als Zahlungsmittlerin eingeschaltet. Dass ihr gegenüber die Abbuchungen der im Lastschriftverfahren eingezogenen Beträge genehmigt wurden, schließt die Anfechtung gegenüber der Zahlungsempfängerin nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, aaO Rn. 25; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, aaO Rn. 14), auch wenn diese wie hier ihrerseits Leistungsmittlerin ist, die die Zahlungen erneut weiterleitet.
38
Die Ausübung des Anfechtungsrechts stellt sich damit auch nicht als treuwidriges Verhalten des Klägers gegenüber der Beklagten dar.
39
4. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ändert an der Anfechtbarkeit der Zahlung auch nichts der Umstand, dass der Versicherer bei Nichtzahlung der Prämien womöglich gekündigt hätte.
40
Hypothetische Geschehensabläufe sind schon dem Grunde nach gemäß ständiger Rechtsprechung des Senats im Rahmen des Anfechtungsrechts nicht berücksichtigungsfähig (BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 258/02, BGHZ 159, 397, 401; vom 29. September 2005 - IX ZR 184/04, ZIP 2005, 2025, 2026; vom 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084 Rn. 15).
41
Davon abgesehen hat das Berufungsgericht keine entsprechenden Feststellungen getroffen, sondern lediglich Vermutungen angestellt, die nicht einmal nahe liegen. Bis zur Weiterleitung des Geldes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte der Versicherer noch nicht gekündigt. Selbst eine Mahnung ist nicht vorgetragen oder festgestellt. Eine Kündigung hätte jedenfalls erst erhebliche Zeit nach Eröffnung erfolgen können. Für den Fall der Fortführung des Schuldnerunternehmens hätte dann aber eher ein Erfüllungsverlangen des Klägers nach § 103 InsO nahegelegen, was die Prämien anteilig ab dem Zeitpunkt der Eröffnung zu Masseverbindlichkeiten gemacht hätte, für deren Erfüllung der Kläger nach § 61 InsO einzustehen gehabt hätte. Die Prämienforderungen für die Zeit vor Eröffnung wären zu Insolvenzforderungen geworden (vgl. § 105 Satz 1 InsO), woran sich vom Versicherer auch nichts mehr ändern ließ. Deshalb hätte es eher nahegelegen, dass der Versicherer den Kläger zur Erklärung nach § 103 Abs. 2 Satz 2 InsO aufgefordert hätte.
42
5. Auf Entreicherung kann sich die Beklagte nicht berufen (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 30 ff). Dies macht sie in der Revision auch nicht mehr geltend.
43
Den Eintritt der Verjährung hat das Berufungsgericht bei rechtzeitiger Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags zutreffend gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB verneint. Hiergegen erinnert die Revision ebenfalls nichts.

IV.


44
Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte ist antragsgemäß zu verurteilen.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Stuttgart, Entscheidung vom 23.03.2012 - 1 C 4707/11 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 12.09.2012 - 13 S 70/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 13/12
Verkündet am:
10. Januar 2013
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"Göttinger Gruppe"

a) Ein vom Gläubiger mit der Durchsetzung einer Forderung gegen den späteren
Insolvenzschuldner beauftragter Rechtsanwalt ist Wissensvertreter des Gläubigers
, soweit er sein Wissen aus allgemein zugänglichen Quellen erlangt oder es
über seine Internetseite selbst verbreitet hat.

b) Die Angaben des Rechtsanwalts auf seiner Internetseite zu der Liquiditätslage des
späteren Insolvenzschuldners können ein Beweisanzeichen für die Kenntnis vom
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz darstellen.
BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - LG München I
AG München
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den
Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Grupp und die Richterin
Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 15. Dezember 2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die S. Göttinger Aktiengesellschaft (künftig: Schuldnerin) sammelte von zahlreichen Anlegern , insbesondere Kleinanlegern, Kapital zum Erwerb, zur Verwaltung und zur Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen, indem sie diese veranlasste, mit ihr stille Gesellschaften zu gründen. Auch der Beklagte beteiligte sich in den neunziger Jahren an der Schuldnerin. Im Jahr 2001 kündigte er die Beteiligung und verlangte von der Schuldnerin seine Einlage zurück. Da diese nicht freiwillig zahlte, verklagte er sie und legte gegen das klageabweisende Urteil Berufung ein. Er ließ sich durch die Rechtsanwälte L. und Kollegen (künftig: Anwälte) vertreten, die neben ihm eine Vielzahl von weiteren Anlegern vertraten und auf ihrer Internetseite sich seit 2001 immer wieder mit der Schuldnerin beschäftigten.

2
Nach Bekanntwerden der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den geltend gemachten Ansprüchen von Anlegern der Schuldnerin (Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254; jeweils vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753; - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; - II ZR 310/03, ZIP 2005, 759; vom 26. September 2005 - II ZR 314/03, ZIP 2005, 2060) schloss diese am 18. November 2005 mit den Anwälten zugunsten von deren Mandanten, die sie bis zum 11. September 2005 mit ihrer Vertretung beauftragt hatten, einen Gesamtvergleich, wonach sie mit den Mandanten nach einem vereinbarten Schlüssel Einzelvergleiche schließen und an die Anwälte bis zum 15. April 2006 treuhänderisch 1.733.618,14 € zur Verteilung an die Mandanten zahlen sollte. Wenn der Termin nicht gehalten würde, sollte sie 2.088.606,19 € nebst Zinsen zahlen. Das Geld sollte sie in Höhe von 1.411.952,20 € (Zahlung bis zum 15. April 2006) beziehungsweise in Höhe von 1.766.940,95 € (Zahlung nach dem 15. April 2006) durch die Veräußerung vinkulierter Namensaktien an der G. Lebensversicherung und durch die Veräußerung von näher bezeichneten Immobilien aufbringen. Die Namensaktien wurden als Sicherung an die Anwälte verpfändet. Weiter verpflichtete sich die Schuldnerin, ihre Grundstückskäufer in dem notariellen Kaufvertrag anzuweisen, vom Kaufpreis 321.665,94 € direkt an die Anwälte zu zahlen. Dementsprechend verglich sich die Schuldnerin mit dem Beklagten am 7. April 2006 durch vom Berufungsgericht festgestellten Vergleich auf die Zahlung von 1.604,91 € nebst Zinsen beziehungsweise auf die Zahlung von 1.283,93 €, wenn sie bis zum 15. April 2006 erfolgte.
3
Der vereinbarte Zahlungstermin verstrich ereignislos. Erst im August 2006 wurden die Grundstücke und im Oktober 2006 die Aktien veräußert. Vom Kaufpreis für die Versicherung flossen weisungsgemäß 1.507.274,50 € auf das Konto des eingeschalteten Notars, der das Geld ebenfalls weisungsgemäß an die Anwälte weiterüberwies. Daraus wurden Ende Oktober 2006 an den Beklagten 1.604,91 € gezahlt. Eine weitere Rate in Höhe von 300.000 € wurde Anfang April 2007 wiederum über den Notar an die Anwälte gezahlt.
4
Am 14. Juni 2007 wurde auf am 7. April 2007 eingegangenen Gläubigerantrag hin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er focht die im Oktober 2006 an den Beklagten erfolgte Zahlung an.
5
Das Amtsgericht hat den Kläger verurteilt, an die Schuldnerin 1.604,91 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision will der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist unbegründet.

I.


7
Das Landgericht hat ausgeführt: Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO. Die angefochtene Zahlung vom 31. Oktober 2006 stelle eine Rechtshandlung der Schuldnerin dar, die zu einer Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger geführt habe. Die Schuldnerin habe mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt, wovon der Beklagte gewusst habe. Die Schuldnerin sei im maßgeblichen Zeitpunkt am 31. Oktober 2006 bereits zahlungsunfähig gewesen, ohne dass sie mit einer baldigen Überwindung der Krise habe rechnen können. Da es sich hierbei um für die Schuldnerin offen zutage liegende Umstände gehandelt habe, sei von einer entsprechenden Kenntnis der Schuldnerin auszugehen. Konkrete Umstände, die eine Beseitigung der Liquiditätslücke in naher Zukunft erwarten ließen, seien nicht ersichtlich und würden von dem Beklagten nicht vorgetragen. Der Beklagte oder aber seine Bevollmächtigten, deren allgemeines, sich aus ihren Internetpublikationen ergebendes Wissen dem Beklagten nach § 166 BGB zuzurechnen sei, hätten zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gewusst. Dass die wirtschaftliche Lage schlecht gewesen sei und die Zahlungsunfähigkeit gedroht habe, ergebe sich schon aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin, der dem Beklagten bekannten Art und Weise der Liquiditätsbeschaffung und der Lage, in der sich die Schuldnerin angesichts der Prozesslawine befunden habe.
8
Dahinstehen könne, ob an den Aktien der G. Lebensversicherung ein Sicherungspfandrecht entstanden sei. Die Verpfändung wäre gleichfalls anfechtbar gewesen. Mangels anfechtungsfesten Absonderungsrechts habe die Zahlung gegen Freigabe des Pfandes objektiv gläubigerbenachteiligende Wirkung. Auf die Frage der Inkongruenz komme es für die Entscheidung nicht an, weil die Zahlung nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sei.

II.


9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Mit Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass dem Kläger gegen den Beklagten ein Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO zusteht. Rechtsfehler, die das Ergebnis in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht hat die von ihm verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen in tatrichterlicher Verantwortung entsprechend gewürdigt.
10
Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO sind Rechtshandlungen, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen , vorgenommen hat, anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
11
1. Die Rückzahlung der Einlage an den Beklagten acht Monate vor Stellung des Insolvenzantrags stellt sich aufgrund der Anweisung der Schuldnerin an die Käufer der Namensaktien, den Kaufpreis an den Notar zu zahlen, und an den Notar, das Geld an die Anwälte weiterzuleiten, als Rechtshandlung der Schuldnerin dar. Diese hat willensgeleitet darüber entschieden, die Zahlungen letztlich über die Anwälte an den Beklagten zu erbringen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, ZInsO 2011, 1350 Rn. 10).
12
2. Durch die Zahlung an den Beklagten sind die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligt worden (§ 129 Abs. 1 InsO). Denn deren Befriedigungsmöglichkeiten hätten sich ohne sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZInsO 2010, 807 Rn. 14). Durch die Zahlung an den Beklagten ist das Aktivvermögen der Schuldnerin verkürzt und insoweit der Zugriff der Gläubiger auf ihr Vermögen vereitelt worden (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 Rn. 19 mwN). Selbst wenn der Beklagte trotz der möglichen Unwirksamkeitsgründe, nämlich der mangelnden Bestimmtheit des Verpfän- dungsvertrages und der fehlenden Besitzverschaffung an den Aktien, durch die gewählte Treuhandkonstruktion ein Absonderungsrecht an den Aktien erworben haben sollte, wäre der Verpfändungsvertrag seinerseits - ebenfalls eine objektiv gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung der Schuldnerin - wirksam nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO angefochten.
13
3. Die Schuldnerin handelte sowohl bei Abschluss des Gesamtvergleichs mit Verpfändungsvertrag als auch bei der Zahlung mit dem Vorsatz, ihre Gläubiger zu benachteiligen.
14
a) Der Schuldner handelt mit Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei der Vornahme der Rechtshandlung bekannt war (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 32; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). In diesen Fällen handelt der Schuldner dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit , bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 8; vom 5. März 2009, aaO; vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, Rn. 7, zVb).
15
aa) Entgegen der Revisionsbegründung gelten diese Grundsätze auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird. Einem Schuldner, der weiß, dass er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann, und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um diesen von der Stellung des Insolvenzantrags abzuhalten, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen in Kauf (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f; vom 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, NJW 2003, 3560, 3561). Aber auch dann, wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen einzelnen Gläubiger befriedigt, um ihn von der Vollstreckung oder von der Stellung eines Insolvenzantrags abzuhalten, handelt er mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er nur weiß, dass er zur Zeit der Wirksamkeit der Rechtshandlung (§ 140 InsO) zahlungsunfähig war (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 19; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZInsO 2008, 273 Rn. 18 f; vgl. Fischer, NZI 2008, 588, 589 f). Mithin hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, dass die Schuldnerin ab November 2005 zahlungsunfähig war und sie darum wusste.
16
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit seit Mitte November 2005 bejaht. Die Revision greift diese Wertung auch nicht an. Eine Gesamtwürdigung der hier zu beachtenden Indizien gestattet den Schluss auf eine Zahlungseinstellung ab Mitte November 2005. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt allein den von den Anwälten vertretenen Anlegern runde 146.000 € Schadensersatz und einer Gläubigerin - tituliert seit dem 1. November 2005 - 1,3 Millionen € und einer weiteren 87.000 € aus Lieferung und Leistung schuldete und diese Forderungen bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglich. Zum 31. Oktober 2006 schuldete die Schuldnerin allein den von den Anwälten vertretenen Anlegern Schadensersatz in Höhe von 1.375.420,73 € und anderen Gläubigern 3.230.242,36 € aus Lieferung und Leistung und beglich diese Forderungen bis zur Insolvenzeröffnung nicht. Haben im für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 28; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12). Eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung liegt nicht vor, wenn es dem Schuldner über mehrere Monate nicht gelingt, seine fälligen Verbindlichkeiten spätestens innerhalb von drei Wochen auszugleichen und die rückständigen Beträge insgesamt so erheblich sind, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede sein kann (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 43; vom 30. Juni 2011, aaO). Dass es sich bei den genannten Beträgen nicht um lediglich geringfügige Liquiditätslücken gehandelt hat, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler daraus geschlossen , dass in die Grundbücher der der Schuldnerin gehörenden Immobilien ab Ende Mai 2005 Zwangshypotheken in einem Umfang von 756.000 € und bis Ende 2005 in einem Umfang von runden 4,4 Millionen € eingetragen worden sind, eine Bank Ende Dezember 2005 das Kreditengagement über runde 5,3 Millionen € gekündigt und fällig gestellt hat und ab Juli 2006 der Gerichtsvollzieher wegen Forderungen in einem Umfang von 5,9 Millionen € mit nur teilweisem Erfolg bei der Schuldnerin regelmäßig vollstreckte.
17
cc) Dass die Schuldnerin beziehungsweise die für sie verantwortlich Handelnden von ihrer Zahlungsunfähigkeit wussten, hat das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei - ohne dass die Revision insoweit eine Rüge erhoben hätte - daraus geschlossen, dass diese Umstände für die Schuldnerin offen zutage lagen. Danach handelte die Schuldnerin nur dann ohne Benachteiligungsvorsatz , wenn sie aufgrund besonderer Umstände davon ausgehen durfte, durch Verringerung der fälligen Forderungen und durch Erhöhung der Liquidität die fälligen Verbindlichkeiten insgesamt erfüllen zu können. Auch ernsthafte Sanierungsbemühungen können gegen den Benachteiligungsvorsatz sprechen. Es muss dann allerdings zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges , von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, ZInsO 2012, 171 Rn. 11).
18
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldnerin aufgrund etwaiger Sanierungsbemühungen, erwarteter Mittelzuflüsse oder der wirtschaftlichen Neuaufstellung mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Der Beklagte hat auch nie behauptet, dass die Schuldnerin aufgrund eines schlüssigen Sanierungskonzeptes im November 2005 den Gesamtvergleich geschlossen und im Oktober 2006 die Auszahlung an den Beklagten vorgenommen hat. Die bloße Hoffnung der Schuldnerin , die Krise überwinden zu können, genügt nicht, den Benachteiligungsvorsatz zu widerlegen. Allerdings hat der Beklagte vorgetragen, dass der Vorstand der Schuldnerin vor Abschluss des Gesamtvergleichs die Anlegervertreter um einen Sanierungsbeitrag gebeten und darauf verwiesen hat, dass man eine Steuererstattung und Geldeingänge von anderen Anlegern erwarte. Hierin ist ein schlüssiges Sanierungskonzept jedoch nicht zu erkennen.
19
b) Ein erhebliches Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist ferner gegeben, wenn der Gläubiger eine Befriedigung oder Sicherung erhält, die er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, mithin eine inkongruente Deckung (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, aaO Rn. 10). Allerdings hat das Berufungsgericht offen gelassen, ob Verpfändung und Zahlung kongruente oder inkongruente Leistungen darstellen. Das ist entgegen der Revision als solches nicht zu beanstanden, sofern das Gericht - wie geschehen - trotz Annahme einer kongruenten Leistung einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz feststellt. Das Berufungsgericht hat zudem Tatsachen festgestellt, die den Schluss auf eine inkongruente Leistung zulassen.
20
aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Beklagten gegen die Schuldnerin ein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Einlage jedenfalls in Höhe des im Prozessvergleich vereinbarten Betrages zustand. Der Zahlungsanspruch ist spätestens mit der gerichtlichen Geltendmachung fällig geworden. Zudem haben sich die Schuldnerin und der Beklagte in dieser Höhe im April 2006 vor dem Berufungsgericht verglichen.
21
bb) Ein Anspruch auf Besicherung folgt hieraus nicht. Er ist nicht als minus in dem Anspruch auf Befriedigung enthalten, sondern als aliud anzusehen. Die Gewährung einer Sicherheit ist demgemäß nur dann kongruent, wenn der Sicherungsnehmer einen Anspruch auf gerade diese Sicherheit hatte. Wird ein Anspruch auf Sicherung in demselben Vertrag eingeräumt, durch den der gesicherte Anspruch selbst entsteht, liegt in der späteren Gewährung der Sicherheit keine inkongruente Deckung, weil von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand. Wird hingegen eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträglich besichert, liegt darin eine inkongruente Deckung (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZInsO 2010, 807 Rn. 16).
22
Zwar hatte die Schuldnerin die Aktien an der Lebensversicherung den Anwälten als Sicherung zugleich mit dem Gesamtvergleich vom 18. November 2005 verpfändet. Die gesicherten Forderungen der von den Anwälten vertretenen Anleger waren jedoch bereits lange zuvor infolge der Verletzung von Aufklärungspflichten (jetzt § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) entstanden. In dem Gesamtvergleich hat die Schuldnerin ihre Zahlungspflicht gegenüber den Anwälten dem Grunde nach anerkannt und dadurch auf der einen Seite das Prozess- und Vollstreckungsrisiko der von den Anwälten vertretenen Anleger vermindert und auf der anderen Seite sich selbst infolge des teilweisen Forderungsverzichts Liquidität verschafft; der Vergleich diente dabei neben der Verstärkung auch der Sicherung der zuvor entstandenen Ansprüche. Jedenfalls auf die Sicherung ihrer Schadensersatzforderungen hatten die Anleger keinen Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010, aaO Rn. 17). Mithin war die Verpfändung der Aktien, ihre Wirksamkeit unterstellt, inkongruent.
23
cc) Ebenso wenig hatte der Beklagte einen Anspruch darauf, den Geldbetrag aufgrund einer mittelbaren Zahlung durch einen Gläubiger der Schuldnerin , nämlich den Käufer der Aktien, zu erhalten, der von der Schuldnerin angewiesen worden war, den Kaufpreis auf ein Notarkonto zu überweisen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine vom Schuldner durch Anweisung einer Zwischenperson erwirkte mittelbare Zahlung an einen seiner Gläubiger inkongruent , wenn jener Gläubiger keinen Anspruch auf diese Art der Erfüllung hatte (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, NJW 2006, 1348 Rn. 9). Auch hier bewirkt der Gesamtvergleich vom 18. November 2005 keine kongruente Zahlung, weil er die abweichende Erfüllung der bereits zuvor entstandenen Ansprüche vorsah.
24
4. Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt weiter voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Dies hat das Berufungsgericht nach der festgestellten Indizienlage rechtsfehlerfrei angenommen.
25
a) Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). Die vom Berufungsge- richt in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 25), ist dadurch teilweise überholt (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009, aaO). Die vom Senat in der neueren Rechtsprechung betonte Gesamtwürdigung der Beweisanzeichen hat das Berufungsgericht im Ergebnis vorgenommen, so dass seine Annahme einer tatsächlichen Vermutung im Ergebnis ohne Folgen geblieben ist. Es hat die Kenntnis des Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin aus den zwischen den Parteien unstreitigen Umständen und den Angaben der Anwälte in ihren Internetveröffentlichungen geschlossen. Diese Würdigung hält gleichfalls den Angriffen der Revision stand.
26
aa) Beanstandungsfrei hat es dabei auf das Wissen der den Beklagten im Rechtsstreit mit der Schuldnerin vertretenden Anwälte abgestellt, die - soweit sie ihr Wissen aus allgemein zugänglichen Quellen erlangt oder ihr Wissen über ihre Internetseiten allgemein verbreitet haben - nach § 166 Abs. 1 BGB Wissensvertreter des Beklagten waren (vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 130 Rn. 123; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 130 Rn. 41). Eine Wissenszurechnung kommt auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 14 ff).
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bb) Die Kenntnis des Beklagten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Verantwortung aus dem Gesamtvergleich, der verspäteten Zahlung, den höchstrichterlich bestätigten Ansprüchen der Anleger gegen die Göttinger Gruppe und den Internetveröffentlichungen der Anwälte abgeleitet. Die Revisionsrügen bringen diese Würdigung nicht zu Fall.
28
(1) Die schlechte wirtschaftliche Lage der Schuldnerin und deren drohende Zahlungsunfähigkeit hat das Berufungsgericht entgegen den Ausführungen der Revisionsbegründung nicht allein aus dem Umstand der verspäteten Zahlung hergeleitet, sondern insbesondere aus dem Umstand, dass die Schuldnerin durch die nicht fristgerechte Zahlung die Chance vergeben hat, eine weitere Reduzierung der Forderung um runde 354.000 € zu erreichen. Auch hat das Berufungsgericht in der den Anwälten bekannten Herkunft der Zahlungsmittel ein gewichtiges Indiz für die fehlende Liquidität der Schuldnerin gesehen. Diese musste zur Begleichung der Vergleichsforderung Anlagevermögen veräußern, wofür ihr nach dem Inhalt des Vergleichs ein Zeitraum von fünf Monaten zugestanden wurde, sie tatsächlich aber fast elf Monate benötigte.
29
(2) Zutreffend hat das Berufungsgericht auf die in der ersten Hälfte des Jahres 2005 bekannt gewordenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu etwaigen Schadensersatzansprüchen von Anlegern der Schuldnerin hingewiesen. Den Entscheidungen war zu entnehmen, dass jedenfalls die Anleger, denen nach den vertraglichen Vereinbarungen das Auseinandersetzungsguthaben ratierlich ausgezahlt werden sollte, ihre Beteiligung kündigen durften, nachdem sich die Schuldnerin in einem Rechtsstreit mit dem Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen in einem Prozessvergleich verpflichtet hatte, die Auseinandersetzungsguthaben nicht mehr ratierlich, sondern nur noch in jeweils einer Summe auszuzahlen (BGH, Urteile vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 758; II ZR 310/03, ZIP 2005, 759, 762). Daraus hat das Berufungsgericht mit Recht geschlossen, dass der Schuldnerin hierdurch erhebliche Liquidität entzogen wurde. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass aus diesem Grund die meisten, wenn nicht alle Anleger sich von ihrer Beteiligung trennen konnten, ist von der Revision nicht angegriffen.

30
Zudem hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Anleger, die eine Beteiligung an der Schuldnerin nach dem 1. Januar 1998 erworben haben und denen die Schuldnerin eine ratierliche Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens versprochen hatte, in jedem Fall die Einlage im Wege des Schadensersatzes wegen Verletzung der Aufklärungspflicht von der Schuldnerin zurückverlangen konnten. Nach der Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG durch die 6. KWG-Novelle hätte die Schuldnerin entweder für Klarheit sorgen müssen, ob das Stehenlassen eines Auseinandersetzungsguthabens möglicherweise als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft aufgefasst werden konnte und deswegen die Gefahr bestand, dass die Aufsichtsbehörde - wie geschehen - gegen sie eine Verbotsverfügung erlasse. Alternativ hätte sie die Anlageinteressenten darauf hinweisen müssen, dass aufgrund der Gesetzesänderung rechtliche Bedenken gegen die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben bestehen könnten (BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765). Daraus hat das Berufungsgericht unbeanstandet geschlossen, dass ein maßgeblicher Teil der Anleger von der Schuldnerin die Einlage zurückfordern konnte.
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Die Anwälte, die zumindest seit 2001 sich mit der Schuldnerin und der Göttinger Gruppe beschäftigten, etwa 400 Anleger gegen die Schuldnerin vertraten und selbst wegen dieser Ansprüche für ihre Mandanten Prozesse führten , haben die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage verfolgt und die entsprechenden Schlüsse zeitnah gezogen. Dass sich daran ihre Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schon im November 2005 anschloss, durfte das Berufungsgericht aus ihrem Internetauftritt vom 5. Juni 2007 schließen, wo diese mitgeteilt haben, nach den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sei das Schicksal der Göttinger Gruppe als Unternehmen besiegelt. Jedem, der seine Augen nicht völlig verschlossen habe, müsse klar sein, dass aufgrund der bisher getätigten Anlagen eine Erfüllung der Schadensersatzansprüche selbst dann nicht mehr möglich sei, wenn sie nur von einem Bruchteil der Anleger geltend gemacht würden. Aus diesen Äußerungen und den Äußerungen der Anwälte in den vor 2005 erfolgten Internetauftritten ergibt sich, dass diese die Geschäftstätigkeit der Göttinger Gruppe seit 2001 kritisch beobachteten und ihnen die desolate finanzielle und wirtschaftliche Lage zum maßgeblichen Zeitpunkt bekannt war, sie insbesondere wussten, dass die Schuldnerin sich im Wesentlichen nur über die Einlagen der Anleger finanzierte.
32
(3) Gegen diese Würdigung spricht nicht der Vortrag des Beklagten, die Anwälte seien davon ausgegangen, der Konzern der Schuldnerin habe in der Vergangenheit bei den Anlegern mehr als 2 Milliarden € eingesammelt, weshalb die von ihnen repräsentierte Forderung von 1,7 Millionen € noch nicht einmal ein Promille dieser Summe decke. Selbst wenn die Göttinger Gruppe als Konzern seit Ende der achtziger und Beginn der neunziger Jahre bei den Anlegern Einlagen in einem Umfang von über 2 Milliarden € eingesammelt haben sollte, sagt dies nichts über die Liquidität des Konzerns und der Schuldnerin sowie die Kenntnis des Beklagten von der fehlenden Liquidität in November 2005 und im Oktober 2006 aus. Die Anwälte haben seit 2001 anhand der ihnen zugänglichen Informationen immer wieder in ihren vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Internetauftritten darauf hingewiesen, dass das eingenommene Geld nicht mehr vorhanden war. Deswegen war ihnen wegen der Vielzahl der Anleger und des Umfangs der berechtigten Schadensersatzansprüche klar, dass die Schuldnerin nicht alle Forderungen der Anleger würde begleichen können.
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(4) Das Berufungsgericht hat auch keinen Vortrag des Beklagten übergangen. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils ist der Vortrag des Beklagten genannt, die für die Schuldnerin handelnden Vorstände hätten im Rahmen der Gespräche, die zum Abschluss des Gesamtvergleichs geführt hätten, gefragt, ob ein Sanierungsbeitrag erbracht werden könnte. Hierzu hätten sie angegeben , dass sie neben den Einzahlungen von Anlegern eine Steuerrückzahlung erwarteten, das Geschäftsfeld der Schuldnerin neu ausrichten und das Unternehmen dadurch sanieren wollten. Daraus musste das Berufungsgericht indes nicht den Schluss ziehen, der Beklagte habe keine Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt.
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Allerdings verlangt § 133 Abs. 1 InsO als Indizgrundlage positive Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, das heißt für sicher gehaltenes Wissen. Steht in Rede, die (drohende) Zahlungsunfähigkeit sei behoben, genügt hierfür, dass der Anfechtungsgegner von dieser Möglichkeit ausging (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2008 - IX ZR 98/07, NJW 2008, 2190 Rn. 14). Doch darf eine anfechtbare Rechtshandlung nicht allein aufgrund eines "Gesinnungswandels" auf Seiten des Anfechtungsgegners zu einer unanfechtbaren werden. Vielmehr muss die Auffassung des Anfechtungsgegners , der Schuldner sei nunmehr (möglicherweise) nicht mehr (drohend ) zahlungsunfähig, an eine ihm nachträglich bekannt gewordene Veränderung der Tatsachengrundlage anknüpfen (vgl. BGH, aaO Rn. 15). Haben zunächst - wie im Streitfall - Umstände vorgelegen, die zwingend auf die (drohende ) Zahlungsunfähigkeit schließen ließen, weshalb deren Kenntnis der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit gleich stand, kommt der Wegfall der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit nur in Betracht, wenn diese Umstände nicht mehr gegeben sind (BGH, aaO Rn. 17).
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Dazu fehlt es an jedem Vortrag des Beklagten. Die durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eröffnete Möglichkeit der Anleger, vereinbarte Zahlungen an die Schuldnerin zu verweigern und Einlagen zurückzufordern, bestand weiterhin. Mit den Einlagen neuer Anleger durften die Altanleger nicht ausbezahlt werden, weil diese - als Folge des jedenfalls dann vorliegenden Schneeballsystems - wiederum Schadensersatzansprüche gegen die Schuldnerin gehabt hätten, was die Anwälte wussten. Ebenso wenig hat der Beklagte dargetan, dass die erwartete Steuerrückerstattung die Liquiditätslage der Schuldnerin durchgreifend verbessern würde. Dass die Anwälte darauf nicht vertraut haben, ergibt sich schon daraus, dass sie für ihre Mandanten eine nachträgliche Sicherung haben erreichen wollen.
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Ebenso wenig hat das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten übergangen, die Staatsanwaltschaft Braunschweig habe ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen der Schuldnerin wegen Insolvenzverschleppung eingestellt. Es hat diesem Umstand nur nicht die Bedeutung beigemessen, die die Revision ihr beimessen will. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Anwälte sich durch die Einstellung des Verfahrens in ihrer Überzeugung über die schlechte finanzielle Lage der Schuldnerin nicht hätten erschüttern lassen, wie die Internetauftritte der Anwälte belegen.
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b) Ein weiteres Beweisanzeichen für die Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, welches das Berufungsgericht zu Lasten des Beklagten ebenfalls hätte berücksichtigen können, sind die inkongruente Verpfändung der Namensaktien und die inkongruenten Zahlungen (vgl. oben). Nach der Rechtsprechung des Senats bildet eine inkongruente Deckung ein Beweisanzeichen für die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn. 13). Dies war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall (vgl. oben).
Kayser Vill Lohmann
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 23.03.2011 - 132 C 23454/10 -
LG München I, Entscheidung vom 15.12.2011 - 6 S 9752/11 -

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

18
c) Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen ist es zwar nicht von vorneherein ausgeschlossen, das durch L. im Zusammenhang mit der Verwaltung der Gelder dieser Gemeinschaften erlangte Wissen der jeweils betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft zuzurechnen (vgl. OLG München, NJW-RR 2007, 1097, 1098; OLG Hamm, NJOZ 2009, 3753, 3759; Palandt/ Ellenberger aaO § 199 Rn. 24; Gaier, NZM 2003, 90, 94 ff.; Otto, Die Bestimmung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, 2006, S. 179 f).

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.