Landgericht Frankfurt am Main Urteil, 26. Feb. 2020 - 2-04 O 289/19

ECLI: lg-frankfurt-am-main
originally published: 30/06/2022 14:38, updated: 19/10/2022 17:16
Landgericht Frankfurt am Main Urteil, 26. Feb. 2020 - 2-04 O 289/19
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Das Land Hessen muss einem Anhänger von Eintracht Frankfurt 7.000,00 Euro Schadensersatz sowie Schmerzengeld zahlen, nachdem ihn Polizeibeamte bei einem Polizeieinsatz in der Commerzbank Arena über eine Bande gestoßen haben. Der Fußballfan erlitt nach dem Sturz einen Lendenwirbelbruch, musste daraufhin sechs Tage im Krankenhaus behandelt werden und war sechs Wochen arbeitsunfähig. Das LG Frankfurt entschied, dass die am Sturz beteiligten Polizeibeamten gegen ihre Amtspflichten verstoßen haben, als sie den Fan über die Bande stießen. Aus Sicht eines gewissenhaften, besonnenen und sachkundigen Amtswalters ist zu diesem Zeitpunkt keine Gefahr von den Fan ausgegangen, das stellte die Kammer des LG Frankfurt am Main auf Grundlage von Zeugenaussagen, Polizeiberichten sowie Videoaufnahmen fest und verurteilte das Land Hessen zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 7.000,00 Euro sowie Schadensersatz.

Landgericht Frankfurt am Main

 

Urteil vom 26.02.2020

Az.: 2-04 O 289/19

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000,00 Euro und 135,18 Euro Schadensersatz zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land dem Kläger alle künftigen materiellen und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbare immaterielle Schäden aus dem Ereignis vom 21.02.2019 zu zahlen hat, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem beklagten Land auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer von ihm behaupteten Amtspflichtverletzung durch Polizeibeamte des beklagten Landes vor einem Fußballspiel.

Der Kläger ist Fan des Fußfallvereins....

Am 21.02.2019 fand ein Spiel der ...im Stadion "....statt. An diesem Tag wurden Polizeibeamte des beklagten Landes, unter anderem der Einheit ......mit den Polizeibeamten ..., .... und .... eingesetzt.

Fußballfans hatten im Stadion im Gang zwischen Spielfeld und Heimtribüne ein mehrere Meter langes weißes Transparent mit der Aufschrift "...., der Ficker fickt zurück" auf dem Boden ausgelegt.

Polizeibeamte, unter anderem die Einheit der Polizisten ...., .... und ....erhielten gegen 17:17 Uhr den Auftrag, das Transparent sicherzustellen und zu entfernen. Beamte dieser Einheit trugen Helme und Einsatzanzüge.

Um diese Zeit hielt sich der Kläger mit anderen Personen und weiteren Polizeibeamten des beklagten Landes unterhalb des Heimfanblockbereichs vor Block 38, im dortigen Gangbereich zwischen dem mit einer Bande abgegrenzten Spielfeld und den aufsteigenden Zuschauerplätzen auf der Tribüne auf. Die Bande hat eine Höhe die etwa an bzw. über die Hüfte eines erwachsenen Mannes reicht.

Nach 17:17 Uhr betraten Polizeibeamte der Einheit ...... den Gangbereich zwischen Spielfeld und Tribüne über den Tunnel 4, um das Transparent zu beschlagnahmen und aus dem Gang zu entfernen.

Der Kläger ging auf Polizeibeamte zu, als diese vom Tunnel kommend den Gang betraten, es kam zu Körperkontakt. POK .... schob den Kläger weg. Der Kläger diskutierte mit einigen Beamten.

Nachdem Polizeibeamte das Transparent aus dem Gang aufgenommen hatten und in Richtung des Tunnels abtransportierten, kam es zu Körperkontakt zwischen dem Kläger und Polizeibeamten, die das Transparent wegtrugen. Der Kläger griff auch im hinteren Bereich an das mehrere Meter lange und von mehreren Polizeibeamten gleichzeitig getragene Transparent und zog es an dieser Stelle heftig an sich, um zu verhindern, dass dieses weggetragen wurde. Wegen Einzelheiten wird auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 30.12.2019, Blatt 231 der Akte verwiesen.

Daraufhin stieß POK .... den Kläger vom Transparent weg Richtung Bande und unterband das Greifen des Klägers an das Banner. Der Kläger wurde durch den Stoß an die Bande bewegt und hatte keinen Zugriff mehr auf das Transparent. POK .... drehte dem Kläger nach seinem Stoß den Rücken zu, wandte sich ab und unterstützte seine Einheit beim Abtransport des Transparents. Wegen Einzelheiten wird auf Seite 11 des Schriftsatzes vom 25.11.2019, Blatt 185 der Akte und auf Seite 8 des Schriftsatzes vom 30.12.2019, Blatt 234 (b) der Akte, und auf den Vermerk des POK .... vom 13.03.2019, Blatt 67 der beigezogenen Akte 6153 Js 224821/19 der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main verwiesen.

Während weitere Polizeibeamte das Transparent weiter wegtrugen, traten mehrere Polizeibeamte an den mit dem Rücken zur Bande stehenden Kläger heran.

Die Polizeibeamten des beklagten Landes POK.... und POK.... stießen den mit dem Rücken zur Bande stehenden Kläger jeweils gegen dessen Oberkörper. Der Kläger fiel über die Bande und schlug auf dem dortigen Boden auf.

Der Kläger behauptet,

zwei Polizeibeamte des beklagten Landes haben ihn, als er an der Bande im Stadion gestanden und den Abtransport des bereits von ihm entfernt sich befindenden Transparent beobachtet habe, amtspflichtwidrig über die Bande gestoßen. Die beiden Schläge seien auch deshalb amtspflichtwidrig gewesen, da sie ohne jede Androhung erfolgt seien.

Zu den Folgen behauptet der Kläger,

durch die Schläge und den Sturz habe er starke Schmerzen im unteren Rückenbereich und einen horizontal verlaufenden Bruch des zweiten Lendenwirbelkörpers erlitten. Er habe sich unverzüglich in die BGU Frankfurt begeben, dort sei die Fraktur festgestellt worden.

Wegen der schmerzhaften Fraktur habe er vom 21.02. bis zum 26.02.2019 stationär in der BGU Frankfurt behandelt werden und Schmerzmittel einnehmen müssen. Er habe seit dem 21.02. bis zum 11.06.2019 an Schmerzen in der Lendenwirbelsäule beim Sitzen und Stehen nach 30 Minuten gelitten sowie an Schlafstörungen und erst ab Mai 2019 wieder mit einer Belastung beginnen dürfen. Er sei in seiner Beweglichkeit eingeschränkt gewesen und habe nicht bzw. nur eingeschränkt Sport machen können und habe Krankengymnastik wahrnehmen müssen.

Er sei bis zum 5.04.2019 arbeitsunfähig gewesen. Wegen fortbestehender Schmerzen habe ein höhenverstellbarer Tisch angeschafft werden müssen. Infolge der Arbeitsunfähigkeit sei ihm Lohn in Höhe von 426,49 Euro entgangen und er habe Zuzahlungen in Höhe von 135,18 Euro, u.a. für Krankengymnastik, erbringen müssen.

Wegen Einzelheiten zu den Folgen wird auf Seite 3 bis 4 der Klageschrift, Blatt 3 bis 4 der Akte, sowie auf Seite 3 bis 5 sowie auf Seite 8 bis 12 des Schriftsatzes vom 05.08.2019, Blatt 41 bis 43 und 46 bis 50 der Akte verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, dem Kläger Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 4.500,00 Euro,

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 561,67 Euro zu zahlen.

festzustellen, dass das beklagte Land die künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Ereignis vom 21.02.2019 zu tragen hat.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat zunächst bestritten, dass es sich bei der Person, die über die Bande gefallen sei um den Kläger handle. Wegen Einzelheiten wird auf Seite 2 der Klageerwiderung vom 18.06.2019 Blatt 33 der Akte, und auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 25.11.2019, Blatt 178 der Akte verwiesen. Nach der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 04.11.2019 hat das beklagte Land mit Schriftsatz vom 30.12.2019 mitgeteilt, dass an diesem Bestreiten nicht mehr festgehalten werde. Wegen Einzelheiten wird auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 30.12.2019, Blatt II 229 der Akte verwiesen.

Das beklagte Land bestreitet, dass der Kläger zum Zeitpunkt des zweiten und dritten Stoßes "ruhig am Zaun" gestanden habe. Wegen Einzelheiten wird auf Seite 4 der Klageerwiderung, Blatt 35 der Akte verwiesen.

Das beklagte Land bestreitet eine Amtspflichtverletzung und behauptet,

Polizeibeamte haben aufgrund des vorherigen Verhaltens des Klägers von einem bevorstehenden Angriff des Klägers auf Polizeibeamte und einem erneuten Griff des Klägers an das Transparent ausgehen dürfen. Zumindest habe eine Anscheinsgefahr für einen bevorstehenden Angriff des Klägers auf Polizeibeamte sowie für einen Widerstand gegen das Wegtragen des Transparentes vorgelegen. Der Kläger habe für das Einschreiten selbst die Ursache gesetzt. POK.... und POK.... haben von einer Anscheinsgefahr, insbesondere einer weiteren Behinderung des Abtransportes des Banners, ausgehen dürfen. Wegen Einzelheiten wird auf Seite 10 bis 12 des Schriftsatzes vom 25.11.2019, Blatt 184 bis 186 der Akte, und auf Seite 3 bis 9 des Schriftsatzes vom 30.12.2019, Blatt 230 bis 235 der Akte, sowie auf Seite 5 und Seite 6 bis 9 des Schriftsatzes vom 12.02.2020 verwiesen.

Das beklagte Land behauptet ferner, der Kläger habe den Einsatz gegen ihn selbst (mit-)verschuldet. Wegen Einzelheiten wird auf Seite 10 bis 12 des Schriftsatzes vom 25.11.2019, Blatt 184 bis 186 der Akte, und auf Seite 3 bis 9 des Schriftsatzes vom 30.12.2019, Blatt 230 bis 235 der Akte, sowie auf Seite 5 und Seite 6 bis 9 des Schriftsatzes vom 12.02.2020 verwiesen.

Das Gericht hat den Kläger informatorisch angehört, die Akte der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Az.: 6153 Js 224821/19 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht sowie Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen .......... sowie Augenscheinnahme von Videodateien und Lichtbilder. Wegen Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.11.2019, Blatt I 140 bis 152 der Akte, und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2020, Blatt II 247 bis 258 der Akte verwiesen.

Die Polizeibeamten....,.... und .... haben sich auf ihr Aussage- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht berufen und nicht ausgesagt. Wegen Einzelheiten wird auf Blatt 104 und Blatt 108 und Blatt 112 der Akte verwiesen.

Der Kläger hat auf die Vernehmung der Zeugen....,.... und.... mit Schriftsatz vom 21.11.2019, Blatt 171 der Akte, verzichtet.

Das Gericht hat dem beklagten Land in der mündlichen Verhandlung vom 04.11.2019 eine Auflage erteilt, vorzutragen, weshalb, nachdem der Kläger an der Bande stand, zwei weitere Polizeibeamte auf den Kläger körperlich einwirkten. Wegen Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.11.2019, Blatt I 140 ff. verwiesen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Der Kläger hat gegen das beklagte Land einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen der Verletzung einer ihn schützenden Amtspflicht durch Polizeibeamte des beklagten Landes, § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG.

Die Polizeibeamte des beklagten Landes POK.... und POK.... haben rechtswidrig eine den Kläger schützende Amtspflicht verletzt, indem sie ihn über die Bande des Stadions stießen, § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG.

Dass der Kläger über die Bande gestoßen wurde, hat das beklagte Land inzwischen nicht mehr bestritten. Unabhängig davon ergibt sich dies aufgrund der in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern und Videoaufnahmen sowie den Angaben des Zeugen.....

Die Stöße der Polizeibeamten.... und.... gegen den mit dem Rücken zur Bande des Spielfeldes stehenden Kläger waren amtspflichtwidrig.

Polizeibeamten obliegt im Rahmen ihrer Amtspflicht zum gesetzmäßigen Verhalten die Pflicht, nach den §§ 823 ff. BGB tatbestandliche und rechtswidrige Eingriffe in die Rechte eines Bürgers zu unterlassen; ein nach allgemeinem Deliktsrecht rechtswidriger Eingriff ist zugleich eine Amtspflichtverletzung (OLG Celle, NJW-RR 2001, Seite 1033 (1034); OLG Karlsruhe, VersR 2015, Seite 1561 ff.; vgl. Sprau in Palandt, BGB 79. Auflage 2020, § 839 BGB Rn. 37), es sei denn, spezifisch verwaltungsrechtliche Rechtfertigungsnormen, wie etwa die Vorschriften über den unmittelbaren Zwang, stehen dem Beamten zur Seite (MüKoBGB/Papier/Shirvani, 7. Auflage 2017, § 839 BGB Rn. 199).

Indes lagen die Voraussetzungen nach den §§ 11 ff., 52, 55 ff. HSOG für die Anwendung von unmittelbaren Zwang gegen den Kläger nicht vor.

Es bestand keine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Eine solche Gefahr im polizeirechtlichen Sinn liegt vor, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit Wahrscheinlichkeit ein polizeilich geschütztes Rechtsgut schädigen wird. Die somit erforderliche Feststellung, ob ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist, erfordert eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose, d.h. hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen, auch wenn die erwarteten Schäden im Ergebnis ausbleiben können.

Die Entscheidung darüber, ob eine Gefahr als Voraussetzung für ein polizeiliches Einschreiten bevorsteht, ist eine im Zivilprozess vollständig nachprüfbare Rechtsfrage (Zimmerling in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 839 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 427 m.w.N.). Ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum steht der Polizei- und Ordnungsbehörde bei ihrer Prognoseentscheidung nicht zu (Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. November 2007 - 3 B 665/05 -, Rn. 5, juris m.w.N.; BeckOK PolR Nds/Ullrich, 14. Ed. 1.5.2019, Nds. SOG § 2 Rn. 55).

Auch wenn eine Prognose eine subjektive Entscheidung darstellt und auf einer subjektiven Einschätzung der Tatsachengrundlage beruht, kommt es auf einen objektiven Maßstab an. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Gefahr besteht, ist damit nicht auf die (subjektive) Einschätzung des konkret handelnden Amtswalters abzustellen, sondern darauf, wie (objektiv) ein gewissenhafter, besonnener und sachkundiger Amtswalter die Sachlage zum Zeitpunkt des polizeilichen Handelns eingeschätzt hätte (OVG Lüneburg, NJW 2006, 391 (394); VGH Mannheim, Urteil vom 16.11.1999, Az.: 1 S 1315/98, Rn. 26 nach juris; Schenke, JuS 2018, Seite 505 m.w.N.). Fehleinschätzungen, die beispielsweise auf fehlendem Sachverstand, Unfähigkeit oder besonderer Ängstlichkeit eines Amtswalters beruhen, können keine Gefahrenlage begründen (BeckOK PolR Hessen/Mühl/Fischer, 15. Ed. 10.7.2019, HSOG § 1 Rn. 58).

Aufgrund der Beweisaufnahme ist das Gericht auch bei der gebotenen ex-ante Betrachtung davon überzeugt, dass von dem Kläger ab dem Zeitpunkt keine Gefahr mehr ausging, als er nach dem Stoß von POK.... an der Bande stand. Weder drohte, dass der Kläger erneut den Abtransport des Banners behindert noch, dass er Polizeibeamte angreift.

Da sich die Polizeibeamten....,.... und.... jeweils auf ihr Zeugnis- bzw. Auskunftsverweigerungsrecht berechtigt wegen eines gegen sie laufenden Ermittlungsverfahrens berufen haben, konnte die Kammer diese nicht vernehmen, § 55 StPO i.V. mit §§ 383, 384 ZPO, gleichwohl aber deren in der beigezogenen Akte enthaltene Berichte verwerten.

Dass von dem Kläger nach dem Stoß durch POK.... keine Gefahr mehr ausging ergibt sich aus dem Bericht des POK.... vom 13.03.2019, Blatt 67 der beigezogenen Akte 6153 Js 224821/19 der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main. In diesem hat POK.... aufgeführt, durch seinen Stoß sei die Person (der Kläger) an die Bande bewegt worden und habe keinen Zugriff mehr auf das Banner gehabt. Er habe deshalb von dem Kläger abgelassen, sich von dem Kläger abgewandt und seinen Trupp beim Abtransport des Banners unterstützt.

Bestätigt wird die Einschätzung des POK.... von den in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern, Blatt 99 bis 105 der Akte 6153 Js 224821/19. Auf diesen ist chronologisch zu sehen, wie mehrere Polizeibeamte auf den an der Bande stehenden Kläger sich zubewegen und zwei Polizeibeamte dem nach wie vor an der Bande stehenden Kläger jeweils einen Stoß versetzen. Gewalttätigkeiten des Klägers gegen Polizeibeamte sind hingegen auf den Bildern nicht zu erkennen. Ebenfalls nicht zu erkennen ist, dass der Kläger sich von der Bande in Richtung des Transparentes fortbewegt noch seine Arme in Richtung der an ihn herantretenden Polizeibeamten bewegt. Wegen Einzelheiten zum Augenschein wird auf Seite 6 bis 11 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2020, Blatt II 252 bis 258 der Akte sowie auf die Lichtbilder, Blatt 99 bis 105 der Akte 6153 Js 224821/19 verwiesen.

Auch die in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Videodateien belegen, dass vom Kläger keine Gefahr mehr ausging. Auf diesen, beispielsweise der Datei "...." auf der CD Blatt 110 der Akte, ist ab der 36. Sekunde zu sehen, dass der an der Bande stehende Kläger, nach dem Stoß von POK...., weder auf Polizeibeamte losgeht noch erneut versucht zu dem bereits einige Schritte von ihm entfernt und weiter weggetragenen Banner zu gelangen. Er steht mit dem Rücken zur Bande am Spielfeld, als die Polizeibeamten.... und.... ihn stoßen. Wegen Einzelheiten wird auf Seite 1 bis 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2020, Blatt II 248 bis 251 sowie auf Blatt II 256 bis 258 der Akte verwiesen.

Im Einklang dazu hat der Zeuge.... bekundet, der Kläger habe mit ihm nach einem Schubser an der Bande gestanden. Ein weiterer Polizeibeamte habe dem Kläger, der zu diesem Zeitpunkt gestanden habe, einen weiteren Stoß versetzt, so dass der Kläger über die Bande gefallen sei.

Das Gericht hält nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die fehlende Gefährlichkeit des Klägers zu diesem Zeitpunkt insbesondere deshalb für erwiesen, da POK.... sich vom Kläger abwandte, ihm den Rücken zukehrte, sich vom Kläger entfernte und seiner Einheit folgte. Wäre POK.... davon ausgegangen, dass der Kläger ihn angreifen oder das Banner erneut ergreifen würde, hätte er sich vom Kläger nicht abgewandt, dem Kläger nicht den Rücken zugekehrt, da er dadurch seine eigene Abwehrbereitschaft erheblich verminderte.

Im Fall des Klägers lag auch keine Anscheinsgefahr vor, weil ein verständiger Polizeibeamter ex ante nicht von einem vom Kläger bevorstehenden Angriff ausgehenden durfte.

Eine Anscheinsgefahr ist eine im Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens bestehende Sachlage, die ein Beamter aufgrund verständiger Würdigung und hinreichender Sachverhaltsaufklärung als gefährlich ansehen durfte und auch als gefährlich angesehen hat, die sich jedoch später aufgrund neuer Erkenntnisse oder Informationen als ungefährlich erwiesen hat.

Hingegen besteht bei einer sogenannten Scheingefahr (Putativgefahr) zwar ebenfalls die Vorstellung des handelnden Amtswalters, beruht aber im Gegensatz zur Anscheinsgefahr auf einem infolge unsorgfältiger Sachverhaltsermittlung oder fehlerhafter Würdigung herbeigeführten, also vermeidbaren und damit vorwerfbaren Irrtum (BGH, NJW 1994, Seite 2355, (2356); Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Auflage, 12. Teil. Staatshaftung im Polizei- und Ordnungsrecht, Seite 504; BeckOK PolR Hessen/Mühl/Fischer, 15. Ed. 10.7.2019, HSOG § 1 Rn. 69).

Im Gegensatz zur Anscheinsgefahr handelt es sich bei der Scheingefahr nicht um eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne (Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Auflage, 12. Teil. Staatshaftung im Polizei- und Ordnungsrecht, Seite 504). Bei einer Scheingefahr ist, anders als in den Fällen der Anscheinsgefahr oder des Gefahrenverdachtes, das polizeiliche Eingreifen pflichtwidrig und löst einen Entschädigungs- oder Schadensausgleichsanspruch aus (Lisken/Denninger PolR-HdB, D. Polizeiaufgaben Rn. 50; BeckOK PolR Hessen/Mühl/Fischer, 15. Ed. 10.7.2019, HSOG § 1 Rn. 69; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Auflage, 12. Teil. Staatshaftung im Polizei- und Ordnungsrecht, Seite 504).

POK.... schildert in seinem Bericht, vom 23.02.2019, Blatt 66 der Akte 6153 Js 224821/19, POK.... habe durch den Stoß gegen den Kläger das Greifen des Klägers an das Banner unterbunden. Weiteres aggressives Verhalten des Klägers nach dem Stoß durch POK... schildert POK.... indes nicht.

Gleiches gilt für den Bericht des POK.... vom 23.02.2019, Blatt 65 der Akte 6153 Js 224821/19. In diesem schildert POK..... nicht, woraus sich ergeben soll, dass der Kläger sich nach dem Stoß des POK .... weiterhin aggressiv verhielt.

POK..... und POK.... berichten keine Gründe, die bei Würdigung des Sachverhaltes nach dem Stoß des POK.... befürchten ließen, dass der Kläger Polizeibeamte angreift oder den Abtransport des Banners stören würde. Dabei konnten beide Beamten aus ihrer Perspektive wahrnehmen, dass das einige Schritte vor ihnen von weiteren Polizeibeamten weggetragene Transparent zum Zeitpunkt ihrer Stöße bereits einige Schritte vom Kläger entfernt war, POK.... sich vom Kläger abgewendet hatte, dem Kläger den Rücken zukehrte und seiner Einheit folgte sowie der Kläger weiterhin an der Bande stand, mithin sich nicht erneut zum Banner bewegte oder Anstalten machte, Polizeibeamte anzugreifen.

Bei dieser Sachlage hätte ein durchschnittlicher Polizeibeamter bei verständiger Würdigung bereits ex ante erkennen können und müssen, dass von der Person des Klägers keine Gefahr mehr ausging.

Das beklagte Land trägt, trotz der richterlichen Auflage, nicht vor, weshalb ein durchschnittlicher Polizeibeamter nach dem Stoß durch POK.... davon ausgehen durfte, dass von dem Kläger weiterhin eine Gefahr droht.

Auch zeitlich lagen die Voraussetzungen für die Annahme einer Anscheinsgefahr in Bezug auf den Kläger weder aus der ex-ante Perspektive der POK.... und POK.... noch eines Durchschnittsbeamten vor.

Denn bleibt der Polizei bei verständiger Würdigung der Sachlage noch ausreichend Zeit, sich hinsichtlich der für einen möglichen Schadenseintritt relevanten Umstände kundig zu machen und diesen auszuschließen, ohne damit die Wirksamkeit der Gefahrenabwehr in Frage zu stellen, fehlt es dort, wo tatsächlich kein Schaden droht, an einer Anscheinsgefahr und folglich auch an einer konkreten Gefahr (Schenke, JuS 2018, Seite 505 (507)).

Obwohl POK.... weitere Maßnahmen nicht ergriff, mithin nicht für erforderlich hielt, trägt das beklagte Land, trotz der erteilten Auflage, nicht vor, weshalb ein durchschnittlicher Polizeibeamter, im Gegensatz zu POK...., das weitere Verhalten des an der Bande stehenden Klägers nicht abwarten hätten können. Zumal der Kläger vereinzelt stand, sich nicht fortbewegte und von mehreren Polizeibeamten umgeben war.

Selbst wenn aber die Voraussetzungen für die Anwendung von unmittelbaren Zwang gegen den Kläger zum Zeitpunkt der Stöße durch POK.... und.... vorgelegen hätten, schließt die Zulässigkeit der Anwendung des unmittelbaren Zwangs durch Polizeibeamte ein amtspflichtwidriges Verhalten bei der Durchführung der Zwangsmaßnahmen nicht aus (BGH, VersR 1984, Seite 68; OLG Hamm, Urteil vom 27.05.2009, Az.: 11 U 175/07). Es ist rechtlich möglich und notwendig, die Zulässigkeit der Anwendung unmittelbaren Zwangs und die Art seiner Durchführung unterschiedlich zu beurteilen (BGH, VersR 1984, Seite 68). Dabei ist jede Stufe der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich in vollem Umfang im gerichtlichen Verfahren überprüfbar (BeckOK PolR Bayern/Goldhammer, 11. Ed. 10.11.2019, PAG Art. 4 Rn. 155).

Bei der Anwendung des unmittelbaren Zwangs haben Polizeibeamte nach den §§ 4, 52, 54 ff. HSOG den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. BeckOK PolR Hessen/Lambrecht, 16. Ed. 1.1.2020, HSOG § 52 Rn. 9; OLG Hamm, a.a.O.; Zimmerling in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 839 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 427). Auch bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist auf die ex-ante Perspektive eines pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten abzustellen (BeckOK PolR Hessen/Müller-Franken, 16. Ed. 1.1.2020, HSOG § 4 Rn. 9).

Unterstellt, von dem an der Bande stehenden Kläger hätte die (Anscheins-)Gefahr gedroht, er würde weiter den Abtransport des Banners behindern oder Polizeibeamte angreifen, war die konkrete Art des unmittelbaren Zwangs ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig.

Es liegt ein Fall des Ermessensausfalls vor. Weder aus dem Bericht des POK.... noch des POK.... ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass sie ihr Ermessen ausgeübt haben.

Die Anwendung des unmittelbaren Zwangs war auch unverhältnismäßig.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war es, bei Anwendung des gefahren- bzw. polizeirechtlichen Prüfungsmaßstabes zum Zeitpunkt des polizeilichen Handelns ex-ante, nicht notwendig und erkennbar außer Verhältnis, den Kläger über die Bande zu stoßen, wie auch die Einschätzung des POK.... belegt.

Stattdessen hätte es wegen des bereits mehrere Schritte entfernt vom Kläger befindlichen Banners und der deutlichen Übermacht an Polizeibeamten in unmittelbarer Nähe um den Kläger herum aus Sicht eines durchschnittlichen Polizeibeamten in dieser Situation ausgereicht, wenn nicht wie POK.... das weitere Handeln des Klägers abzuwarten, den Kläger zu umstellen, die Anwendung von unmittelbaren Zwang anzudrohen oder die Identität des Klägers festzustellen oder den Kläger festzunehmen, um das Banner vom Kläger abzuriegeln.

Die Verletzung der Amtspflicht erfolgte zumindest fahrlässig.

Wenn eine objektive Amtspflichtverletzung feststeht, spricht in der Regel der Anschein für ein Verschulden, der in Anspruch Genommene hat deshalb nachzuweisen, dass Umstände vorliegen, unter denen die Amtspflichtverletzung nicht schuldhaft wäre (BGH, VersR 2002, Seite 622; BGH, NJW 2017, Seite 397 (401) Rn. 41; Sprau in Palandt, a.a.O., Rn. 84).

Dabei sind die Anforderungen an amtspflichtgemäßes Verhalten am Maßstab des pflichtgetreuen Durchschnittspolizeibeamten, nicht auf den konkret handelnden Beamten, zu orientieren. Nach dem auch im Rahmen des § 839 BGB maßgebenden objektivierten Sorgfaltsmaßstab kommt es für die Verschuldensfrage darauf an, welche Kenntnisse und Einsichten für die Führung des übernommenen Amtes im Durchschnitt erforderlich sind und nicht auf die Fähigkeiten, über die der konkret eingesetzte Beamte tatsächlich verfügt (BGH, NJW 1986, Seite 2829 (2831); BGH, NJW 2018, Seite 2732 (2728) Rn. 58).

Das beklagte Land trägt nicht vor, weshalb ein pflichtgetreuer Durchschnittsbeamter die Situation anders beurteilen hätte müssen als POK.... . Zumal das Verhalten des Klägers vor dem Stoß durch POK.... abgeschlossen war und POK.... sich vom Kläger abwendete, mithin nicht davon ausging, dass weitere Angriffe vom Kläger drohten.

Es mag sein, dass die ggfs. noch jungen Polizeibeamten POK.... und POK.... sich von der Gesamtsituation im Stadion und insbesondere vom Kläger bedroht fühlten sowie ihre Kollegen vor befürchteten Übergriffen schützen wollten, zumal ihnen nur wenige Sekunden für die Entscheidung über ihr weiteres Verhalten verblieb. Indes entlastet eine Fehleinschätzung eines Amtswalters das beklagte Land wegen des objektiven Maßstabes nicht.

Da für die Beurteilung der Amtspflichtverletzung auf einen durchschnittlichen Beamten abzustellen ist, ist mit der Bejahung der Amtspflichtverletzung kein Urteil darüber getroffen, ob sich POK.... und POK .... einer Körperverletzung strafbar gemacht haben. Diese Frage war im streitgegenständlichen Zivilverfahren auch nicht zu klären.

Auch die Voraussehbarkeit des konkret aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens war nicht Voraussetzung des Schuldvorwurfs (BGH, VersR 1984, Seite 68; Sprau in Palandt, a.a.O., § 839 BGB Rn. 50). Es ist damit unerheblich, ob die Polizeibeamten die schwere Verletzung des Klägers vorhergesehen haben.

Soweit der Beklagtenvertreter im nachgelassen Schriftsatz auf die Einschätzung des Beamten POK.... abstellt, ist dies unzutreffend. Aus den vorgenannten Gründen ist es unerheblich, ob POK.... von einer Anscheinsgefahr ausging, da für die Beurteilung einer (Anscheins-)Gefahr nicht auf ihn, sondern auf einen durchschnittlichen Beamten abzustellen ist. Unabhängig davon lag auch aus der Perspektive des POK...., aus den vorgenannten Gründen, keine Anscheinsgefahr vor.

Soweit der Beklagtenvertreter vorträgt, bei der Protokollierung sei das vorherige Verhalten des Klägers nicht vollständig im Protokoll aufgenommen worden, legt er nicht dar, weshalb es erforderlich sein soll, über unstreitigen Vortrag Beweis zu erheben.

Der Kläger räumt ein, an das Banner, das Polizeibeamten abtransportierten, gegriffen zu haben, um den Abtransport zu behindern.

Das vom beklagten Land vorgetragene Verhalten des Klägers vor dem ersten Stoß durch POK.... stellt der Kläger nicht in Abrede, noch wendet er sich gegen die in der mündlichen Verhandlung ab Seite 3 des Protokolls vom 22.01.2020 protokolierten Wahrnehmungen seines Verhaltens.

Soweit des beklagte Land beispielsweise im Schriftsatz vom 30.12.2019 vorträgt, der Kläger habe Polizeibeamte beim Anlaufen in Richtung des Banners behindert und sei aus dem Weg geschoben worden, er habe sich Polizeibeamten in den Weg gestellt, er habe mit aggressiven Ton mit den Einheitsführern diskutiert und körperlich durch diese zurückgehalten werden müssen, der Kläger habe beim Abtransport des Banners dieses ergriffen und einem Beamten ein Bein gestellt, er habe versucht die Beschlagnahme zu verhindern, er habe am Banner heftig gezogen, hat der Kläger diesen Vortrag des beklagten Landes nicht bestritten.

Selbst wenn der Vortrag des Klägers auf Seite 2, letzter Absatz, des nachgelassenen Schriftsatzes vom 03.02.2020 so zu verstehen wäre, dass er Aggressivität und Gewalttätigkeit bestreiten würde, wäre dieses einfache Bestreiten wegen des ausführlichen Vortrages des beklagten Landes zum Verhalten des Klägers vor dem ersten Stoß durch POK... nach § 138 ZPO unwirksam und damit ist der Vortrag des beklagten Landes als unstreitig zu Grunde zu legen.

Unabhängig davon ist das Verhalten des Klägers auf den in den mündlichen Verhandlungen in Augenschein genommenen Videoaufnahmen und Lichtbildern ausreichend erfolgt und im Protokoll dargestellt, zumal die Dateien vollständig in Augenschein genommen wurden.

Soweit schließlich im Schriftsatz vom 30.12.2019, für das Verhalten des Klägers bei Betreten des Innenraumes durch Polizeibeamten, die Beiziehung der Ermittlungsakte im Verfahren gegen den Kläger beantragt wird, war deren Beiziehung nicht erforderlich. Denn dieses Verhalten des Klägers ist zwischen den Parteien nicht streitig. Unstreitiger Vortrag ist nicht beweisbedürftig, mithin ist insoweit kein Beweis zu erheben (statt aller: Greger in Zöller 33. Auflage 2020, § 138 Rn. 9).

Zudem kann sich eine Partei nicht durch eine arbeitsteilige Organisation ihres Betätigungsbereiches ihrer prozessualen Erklärungspflichten entziehen, sondern muss Informationen von den Personen einholen, die unter ihrer Anleitung oder Verantwortung tätig geworden sind (BGH, NJW 1995, Seite 130 (131); Greger in Zöller, a.a.O., § 138 Rn. 16). Dem beklagten Land obliegt es damit, sich selbst kundig zu machen.

Während nicht nur die Klägervertreter und die Rechtsanwälte der Polizeibeamten....., .... und .... Einsicht in die durch das Gericht beigezogene Akte bei der Staatsanwaltschaft beantragt haben, sondern auch die Abteilung .... des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main, Blatt 184 d.A., konnte ein Einsichtsgesuch der Beklagtenvertreter nicht gefunden werden. Die Beklagtenvertreter legen weder dar, dass sie Einsicht bei der Staatsanwaltschaft in die Akte des Klägers in dessen Ermittlungsverfahren beantragt haben noch, dass die Staatanwaltschaft ihnen Akteneinsicht verwehrt hat. Ebenso tragen die Beklagtenvertreter nicht vor, weshalb sie nicht Einsicht in die später durch das Gericht beigezogene Akte der Staatsanwaltschaft und zwar bereits nach Zustellung der Klageschrift bei der Staatsanwaltschaft beantragt haben noch, dass dieser Antrag abgelehnt worden wäre.

Auf die §§ 32, 34 StGB hat sich das beklagte Land nicht berufen noch liegen deren Voraussetzungen, aus den vorgenannten Gründen, vor.

Der Kläger hat den Schaden auch nicht mitverschuldet, § 254 BGB.

Auch bei § 839 BGB trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast für Mitverschulden, der sich darauf beruft (BGH, NVwZ 2017, Seite 251).

Umstände, die ein Mitverschulden begründen könnten, hat das insofern darlegungs- und beweispflichtige beklagte Land jedoch nicht vorgetragen noch stehen diese nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.

Der Vortrag des beklagten Landes, vom Kläger habe ständig die Gefahr gedroht, dass er Polizeibeamte angreife, wird von den in Augenschein genommenen Videodateien und Lichtbildern nicht bestätigt.

Zwar kommt es, wie auf dem in Augenschein genommenen Video der Datei "....." auf der CD Blatt 110 der Akte zu sehen, um die 15. Sekunde zu Körperkontakt zwischen Kläger und Polizeibeamten, der Kläger wird zur Seite geschoben. Im weiteren Verlauf diskutiert der Kläger mit Polizeibeamten, ohne diese anzugreifen. Gegen Sekunde 28 schiebt ein Polizeibeamter den Kläger leicht zur Seite. Zwar greift er um die 36. Sekunde an das Banner und wird von POK.... durch einen Stoß an die Bande geschoben, 37. Sekunde. Sodann steht der Kläger aber an der Bande, ohne sich dem einige Schritte bereits entfernten Transparent zu nähern oder Polizeibeamte anzugreifen, während POK.... sich vom Kläger abwendet und sich entfernt sowie mehrere Polizeibeamte den Kläger umzingeln. Wegen Einzelheiten zum Augenschein wird auf Blatt 256 bis 258 der Akte sowie auf die vorgenannte Datei auf der CD Blatt 110 der Akte verwiesen.

Zwar hat sich der Kläger somit bis zu dem ersten Stoß durch POK.... teilweise aggressiv verhalten. Indes war dieses Verhalten zum Zeitpunkt der Stöße durch POK.... und POK.... abgeschlossen. Aus den vorgenannten Gründen gab es aber keinen Anlass, den Kläger über die Bande zu stoßen. Das Verhalten des Klägers vor dem Stoß durch POK.... tritt jedenfalls vollständig hinter die unverhältnismäßige Amtspflichtverletzung zurück.

Das beklagte Land hat nach den §§ 249 ff. BGB dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der bei einem Vergleich mit und ohne schädigendem Ereignis entstanden ist. Art und Umfang des Schadensersatzes bestimmen sich auch bei § 839 BGB nach den allgemeinen Vorschriften des BGB über die Schadensersatzverpflichtung bei unerlaubten Handlungen (MüKoBGB/Papier/Shirvani, 7. Aufl. 2017, BGB § 839 Rn. 295). Die Frage, ob infolge der Pflichtverletzung ein Vermögensschaden entstanden ist, richtet sich nach § 287 ZPO, da es sich hierbei im Rahmen des § 839 BGB um eine Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität handelt (BGH, VersR 1994, Seite 1467; Greger in Zöller, 33. Auflage 2020, § 287 ZPO Rn. 3).

Das Gericht hat die Zuzahlung, u.a. für Krankengymnastik, nach § 287 ZPO geschätzt auf 135,18 Euro aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen Blatt 64 bis 65 der Akte. Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger infolge des Lendenwirbelbruchs mehrere Wochen lang Krankengymnastik wahrnehmen musste, dafür 75,18 Euro zahlen musste sowie 60,00 Euro bei der BGU Frankfurt zahlen musste.

Aufgrund der durch den Vorfall erlittenen Verletzungen steht dem Kläger nach § 253 Abs. 2 BGB ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000,00 Euro nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles zu.

Dass der Kläger infolge des Sturzes eine Fraktur des zweiten Lendenwirbels erlitt, vom 21.02. bis zum 26.02.2019 in der BGU Frankfurt stationär behandelt wurde und Schmerzmittel einnehmen musste hält das Gericht aufgrund der Angaben des Klägers in seiner informatorischen Anhörung, die von Seite 2 des Arztbriefes der BGU Frankfurt vom 26.02.2019, Blatt 11 der Akte, bestätigt, wird für überwiegend wahrscheinlich. Dass der Kläger unmittelbar nach seinem Sturz an Schmerzen litt, belegen die in Augenschein genommenen Videoaufnahmen, auf denen der Kläger sich nach dem Sturz an seinen Rücken fasst und sein Gesicht verzerrt. Dass der Kläger vom 21.02.2019 bis zum 14.04.2019 arbeitsunfähig war, hält das Gericht ebenfalls aus seinen Angaben, die von den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 26.02., 05.03., 21.03., 03.04.2019, Blatt 13 bis 14 und Blatt 55 bis 59 der Akte bestätigt werden, für überwiegend wahrscheinlich.

Schmerzensgelderhöhend wirkt sich neben der Schwere der Verletzung die Dauer der mehrtägigen stationären Behandlung sowie die Dauer des Heilungsprozesses aus. Zu berücksichtigen war ferner, dass der Kläger zweifach gestoßen wurde. Schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen ist auch, dass er dadurch mehrere Wochen arbeitsunfähig war und Schmerzmittel einnehmen musste.

Der Kläger hat gegen das beklagte Land auch einen Anspruch auf Feststellung künftiger, bislang nicht vorhersehbarer Schäden, soweit diese nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Zwischen dem Anspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu § 64 Abs. 1 Satz 2 HSOG besteht Anspruchskonkurrenz.

Im Übrigen ist die Klage nicht begründet.

Der Kläger legt einen Verdienstausfall in Höhe von 426,49 Euro nicht schlüssig dar. Bereits der normale Bruttolohn wird nicht nachvollziehbar dargelegt. Es ist nicht klar, welches Einkommen der Kläger in den Monaten vor dem schädigenden Ereignis durchschnittlich erzielte. Der Kläger stellt auch nicht dar, welche Beträge er von dem klageweise geltend gemachten Betrag in Höhe von 426,49 Euro an Fiskus und Sozialversicherungsträger abzuführen hat bzw. auf diese übergegangen sind, so dass die Schadenshöhe nach dem knappen Vortrag des Klägers nicht berechnet werden kann.

Ferner hat der Kläger hinsichtlich der künftigen Schäden, die auf Dritte übergehen, keinen Anspruch gegen das beklagte Land, so dass insoweit der Feststellungsantrag einzuschränken war.

Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil es verurteilt wurde und das Unterliegen des Klägers geringfügig ist, § 91 Abs. 1, 92 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Annotations

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:

1.
der Verlobte einer Partei;
2.
der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner einer Partei, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren;
4.
Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt;
6.
Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.

(2) Die unter Nummern 1 bis 3 bezeichneten Personen sind vor der Vernehmung über ihr Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren.

(3) Die Vernehmung der unter Nummern 4 bis 6 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.

Das Zeugnis kann verweigert werden:

1.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;
2.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem seiner im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen zur Unehre gereichen oder die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden;
3.
über Fragen, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.