Landgericht Dortmund Urteil, 02. Apr. 2015 - 39 KLs 66/14

Gericht
Tenor
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften: §§ 20, 63 StGB
1
G r ü n d e :
2I.
3Der heute 39-jährige Angeklagte wurde als einziges Kind seiner Mutter in I geboren, wo er ganz überwiegend im Haushalt seiner Großeltern mütterlicherseits aufwuchs. Die Eltern des Angeklagten hatten sich bereits kurz vor seiner Geburt getrennt. Zu der in der Nähe der Großeltern lebenden Mutter bestand zunächst mindestens unregelmäßiger Kontakt, der jedoch mittlerweile eingestellt ist. Seinen etwa im Jahr 1992 verstorbenen Vater hat der Angeklagte nur zweimal getroffen. Auch nach dem Tod der Großmutter im Jahr 1990 lebte der Angeklagte weiterhin im Haushalt des Großvaters, bis dieser im Jahr 2005 verstarb.
4Nach einem Vorschuljahr altersgerecht eingeschult, besuchte der Angeklagte zunächst die Grundschule. Nachdem er dort die erste Klasse hatte wiederholen müssen, wechselte er nach fünf Jahren zur Gesamtschule, wo er in der fünften Klasse nicht versetzt wurde. Er verließ die Schule nach der siebten Klasse ohne Abgangszeugnis. Abgesehen von einer auf acht Monate befristeten ABM-Maßnahme im Garten- und Landschaftsbau hat der Angeklagte keinerlei berufliche Tätigkeit ausgeübt.
5Hintergrund dieser Entwicklung war zumindest auch der früh einsetzende Drogenkonsum des Angeklagten. Er begann bereits im Alter von vierzehn Jahren, Cannabis zu rauchen. Schon ein Jahr später kam der Konsum von Heroin dazu, wodurch der zuvor bereits tägliche Cannabisgebrauch in den Hintergrund trat. Mit steigender Dosierung des Heroins, das der Angeklagte jedoch nie injizierte, zeigten sich bei Abstinenz alsbald Entzugssymptome. Durch die Vermittlung seines Großvaters nahm der Angeklagte mit 16 Jahren eine Substitutionsbehandlung auf, in der ihm zunächst Kodein, später Methadon bzw. Polamidon verabreicht wurden. Im gleichen Alter begann der Angeklagte jedoch, neben der Substitution Benzodiazepine einzunehmen. Teilweise erwarb er diese illegal, teilweise wurden ihm die Medikamente wegen einer diagnostizierten Angsterkrankung verordnet. Im Zusammenhang mit seiner in dem im Folgenden unter 5. genannten Strafverfahren erfolgten ersten Inhaftierung im Jahr 2000 fand eine Entgiftung statt, die jedoch ohne weitere Behandlung keine dauerhafte Abstinenz zur Folge hatte. Bereits am ersten Tag nach seiner Entlassung wurde er mit Heroin und Benzodiazepinen rückfällig und später – weiterhin mit Beikonsum von Benzodiazepinen - substituiert.
6Neben der Drogenproblematik zeigten sich bei dem Angeklagten spätestens ab dem Jahr 2001 auch psychische Auffälligkeiten, die in stationären Behandlungen diagnostiziert und behandelt wurden. Im Rahmen einer durch eine akute Drogenintoxikation des Angeklagten veranlasste Aufnahme in die LWL-Klinik N vom 10.12.2001 bis zum 28.12.2001 wurde neben Polytoxikomanie, Verdacht auf hirnorganisches Psychosyndrom, Verdacht auf dependente Persönlichkeitsstörung und langdauernde depressive Reaktion diagnostiziert und der Angeklagte nach Entgiftung auf Methadon und Remergil eingestellt. Auch bei einer vom 26.03.2004 bis zum 13.04.2004 erfolgten stationären Therapie stand die Diagnose der Polytoxikomanie im Vordergrund, wobei der Angeklagte den eingeleiteten qualifizierten Drogenentzug gegen ärztlichen Rat abbrach.
7Nach dem Tod seines Großvaters im Jahre 2005 und der Auflösung dessen Haushalts war der Angeklagte zunächst obdachlos, bis er durch Vermittlung der Drogenberatung Aufnahme in der Einrichtung L1 fand. Auch während seines dortigen Aufenthalts erfolgte vom 17.07.2006 bis zum 19.07.2006 eine kurzfristige stationäre Behandlung in der LWL-Klinik N, anlässlich derer neben Polytoxikomanie eine mittelgradige depressive Episode sowie eine schizoaffektive Störung festgestellt wurde. Auch diese Behandlung brach der Angeklagte gegen ärztlichen Rat ab. Da er in der Folge wiederum nicht ohne Beikonsum von Benzodiazepinen und Cannabis blieb, erfolgte nach etwa zwei Jahren seine disziplinarische Entlassung aus der Einrichtung L1. Er gelangte anschließend in eine Einrichtung für Abhängigkeitskranke in D, von wo er für ca. vier Monate zu einem Pferdehof in I1 wechselte. Dort fühlte der Angeklagte sich insbesondere wegen der Arbeit mit den Tieren wohl und konnte kurzfristig vom Drogenkonsum Abstand nehmen. Zum Ende der Maßnahme verzog er nach V in die Einrichtung M, wurde dort jedoch alsbald erneut rückfällig. Bei einer mit dem Ziel des qualifizierten Drogenentzuges erfolgten Aufnahme in die LWL-Klinik N vom 11.12.2007 bis zum 18.12.2007 wurden neben der Opiat- und Benzodiazepinabhängigkeit und Cannabismissbrauch eine rezidivierende depressive sowie eine emotional-instabile Störung vom impulsiven Typus festgestellt. Der auch nach Abbruch dieser Behandlung anhaltende Beikonsum hatte nach etwa eineinhalb Jahren wiederum die disziplinarische Entlassung des Angeklagten zur Folge. Anschließend wurde er wegen Suizidgefahr etwa zwei Monate in der LWL-Klinik E behandelt, bevor ihn ein dortiger Sozialarbeiter wiederum über die Einrichtung in D zu dem Pferdehof in I1 vermittelte. Nachdem dort von dem Angeklagten wiederum als glücklich empfundenen etwa einjährigen Aufenthalt verzog er erneut in die Einrichtung L1. Durch Vermittlung einer dortigen Mitarbeiterin wechselte er etwa Anfang des Jahres 2012 in die bis zum Tatzeitraum bewohnte C3-Einrichtung in I.
8Strafrechtlich ist der Angeklagte wie folgt in Erscheinung getreten:
91.
10Am 08.06.1993 stellte das Amtsgericht Hamm ein wegen räuberischer Erpressung in drei Fällen, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb, sowie schweren Raubes geführtes Jugendstrafverfahren gemäß § 47 JGG ein.
112.
12Am 06.04.1995 erteilte das Amtsgericht Hamm wegen Diebstahls in sechs Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, eine richterliche Weisung.
133.
14Mit Strafbefehl vom 08.12.1997 verhängte das Amtsgericht Hamm gegen ihn wegen Diebstahls eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen.
154.
16Durch Urteil vom 31.05.1999 belegte ihn das Amtsgericht Hamm wegen Diebstahls in zwei Fällen und gefährlicher Körperverletzung mit einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, deren Vollstreckung zunächst für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafaussetzung wurde widerrufen.
175.
18Am 05.06.2000 verurteilte ihn das Amtsgericht Hamm wegen Diebstahls in zwei Fällen, zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung am 01.06.2001 erledigt war.
196.
20Durch Urteil vom 18.06.2003 verhängte das Amtsgericht Hamm gegen ihn wegen Diebstahls in drei Fällen eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten. Die zunächst gewährte Strafaussetzung zur Bewährung wurde widerrufen, die Strafvollstreckung war am 29.04.2005 erledigt.
217.
22Mit Urteil vom 22.03.2004 erkannte das Amtsgericht Hamm gegen ihn wegen Diebstahls auf eine Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung am 08.06.2005 erledigt war.
238.
24Am 29.08.2011 verhängte das Amtsgericht Hamm gegen ihn wegen Diebstahls in zwei Fällen eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen.
259.
26Mit Urteil vom 20.04.2012 belegte ihn das Amtsgericht Hamm wegen Diebstahls mit Waffen mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung.
2710.
28Unter Einbeziehung der unter 9. genannten Freiheitsstrafe verurteilte ihn das Amtsgericht Hamm am 11.09.2012 wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten. Die auch hierbei gewährte Strafaussetzung zur Bewährung wurde ebenfalls widerrufen.
2911.
30Mit Urteil vom 24.04.2013 verhängte das Amtsgericht Hamm gegen ihn wegen Diebstahls in drei Fällen und versuchter Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von acht Monaten.
31Dieser Verurteilung lag unter anderem folgender Sachverhalt zu Grunde:
32„Am 12.09.2012 gegen 14.40 Uhr entwendete der Angeklagte aus den Auslagen der Filiale L2 am N-platz in I eine Packung Nüsse im Wert von 3,99 €, eine Packung Chips im Wert von 1,99 € und eine Packung Nudeln im Wert von 1,99 €, indem er die Ware in einen von ihm mitgeführten Rucksack verstaute und die Kasse passierte, ohne zu bezahlen. Der Zeuge Q, der die Tat beobachtet hatte, sprach den Angeklagten hinter der Kassenanlage an und forderte ihn auf, ihm ins Büro zu folgen. Der Angeklagte, der in Richtung des Ausganges zum Marktplatz wollte, schubste den Zeugen Q zurück, um sich einem Festhalten zu entziehen. Als der Zeuge Q nicht locker ließ, holte der Angeklagte zweimal mit der Faust aus und versuchte den Zeugen Q zu schlagen. Diese gelang ihm nicht, da der Zeuge jeweils auseichen konnte.“
3312.
34Durch Urteil vom 29.11.2013 erkannte das Amtsgericht Hamm gegen ihn wegen Diebstahls in drei Fällen und Beleidigung auf eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten.
35Dieser Verurteilung lag neben drei Ladendiebstählen die Beleidigung von Polizeibeamten, begangen im Zeitraum vom 20.05. bis zum 31.08.2013, zu Grunde.
36II.
37Etwa ab Mitte des Jahres 2012 war der Angeklagte zusammen mit dem Zeugen S in der betreuten Einrichtung C3, X-straße in I untergebracht. In der in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung verfügten beide über ein eigenes Schlafzimmer und teilten sich den Küchen- und Badbereich. Nachdem das Zusammenleben anfänglich harmonisch verlaufen war, kam es nach kurzer Zeit zu nicht unerheblichen Konflikten zwischen dem Zeugen S3 und dem Angeklagten. Der Angeklagte fühlte sich von seinem Mitbewohner zunehmend unter Druck gesetzt und durch dessen lautstarkes Musikhören gestört. Seine Eingaben an Einrichtungsleitung und Gesundheitsamt führten zu keiner Änderung der Wohnverhältnisse. Lediglich einmal erfolgte eine einwöchige anderweitige Unterbringung des Angeklagten, was jedoch nach seiner Rückkehr in die gemeinsame Wohnung zu keiner dauerhaften Deeskalation geführt hatte. Die häufigen verbalen Auseinandersetzungen gipfelten zum Teil auch in Tätlichkeiten, im Rahmen derer der Angeklagte mindestens einmal einen Nasenbeinbruch erlitt, der Gegenstand einer polizeilichen Ermittlung gegen den Zeugen S3 war.
38In dieser sich zuspitzenden Situation verschlechterte sich zunehmend auch der psychische Zustand des Angeklagten. Es zeigten sich Symptome der inzwischen verfestigten schizoaffektiven Psychose, in der der Angeklagte sich über die tatsächlichen Streitigkeiten mit dem Zeugen S3 hinaus auch in anderen Situationen durch verzerrte Realitätswahrnehmung massiv bedroht fühlte und sich auch impulsiv aggressiv verhielt. Die mit den psychotischen Symptomen einhergehende Angstproblematik suchte er neben der Substitution und dem Konsum von Benzodiazepinen in diesem Zeitraum zunehmend auch durch verstärkten Alkoholkonsum zu kompensieren.
391.
40Am Vormittag des 04.12.2012 steigerte sich die Verzweiflung des Angeklagten dermaßen, dass er im Büro der C3-Einrichtung damit drohte, sich mit Benzin zu übergießen und anzuzünden. Dem in dieser Situation herbeigerufenen Zeugen T2 gelang es, beruhigend auf den Angeklagten einzuwirken, so dass dieser sich freiwillig in psychiatrische Behandlung im N-krankenhaus in I begab. Als ihm dort der ihn zunächst untersuchende Zeuge A die verlangte sofortige Gabe von Polamidon nicht ohne Rücksprache mit dem behandelnden Substitutionsarzt gewähren wollte, zeigte sich der Angeklagte wieder äußerst aggressiv. Gegen 15:45 Uhr begab er sich in einen Aufenthaltsraum, in dem sich noch weitere Patienten aufhielten. Dort nahm er ein Glas in die Hand und zerschlug es auf dem Boden, um sodann eine der Glasscherben aufzunehmen. Diese Scherbe richtete er zunächst gegen sich selbst, dann jedoch auch gegen die Zeugen Dr. S2 und A. Er vollführte gegen die sich bedroht fühlenden Zeugen Stichbewegungen und verlangte, dass man ihm ohne weitere Prüfung sofort Polamidon und Beruhigungsmittel gebe. Dabei war ihm bewusst, darauf in dieser Form keinen Anspruch zu haben. Den Zeugen gelang es, den internen Krisenalarm auszulösen, so dass alle verfügbaren, insbesondere männlichen Personalkräfte die Station betraten. Gegenüber dieser starken Präsenz von Mitarbeitern erkannte der Angeklagte, dass er seine Forderung auf diese Weise nicht würde durchsetzen können. Er beruhigte sich, legte die Scherbe ab und ließ sich auf sein Zimmer führen.
41Am nächsten Tag zeigte er sich mit dem beabsichtigten Behandlungsvertrag nicht einverstanden und verließ die Station wieder.
422.
43Am Morgen des 08.07.2013 beabsichtigte der Angeklagte, sich mit dem Fahrrad zu seinem behandelnden Substutionsarzt zu begeben. Als er feststellte, dass der Reifen seines Fahrrades zerstochen worden war, verdächtigte er sogleich seinen Mitbewohner S3, zu dem sich das Verhältnis bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin verschlechtert hatte. Da der Angeklagte davon ausging, ohne funktionstüchtiges Fahrrad den Ausgabetermin für das Polamidon zu verpassen und deswegen Entzugserscheinungen befürchtete, begab er sich zu Fuß zu einer Filiale der Firma L, wo er vier 200 ml-Flaschen Wodka erwarb. Nachdem er die erste Flasche geleert hatte, musste er erbrechen. Dennoch trank er unmittelbar anschließend die verbliebenen Flaschen aus. Bei seiner Rückkehr in die Wohnung, nahm er aus dem Zimmer des Zeugen S3 erneut laute Musik war. Hierdurch weiter gereizt, nahm der Angeklagte eine Zwille, die er einige Zeit zuvor erworben hatte, und schoss damit mehrere Stahlkugeln durch eine Glastür in das Zimmer des Zeugen S3. Dabei nahm er billigend in Kauf, den im Zimmer aufhältigen Zeugen zu verletzten. Die Kugeln zerstörten die Glasscheibe und gelangten in das Rauminnere, wo sie den Zeugen jedoch verfehlten. Anschließend sprühte der Angeklagte durch die entstandene Öffnung Pfefferspray in das Zimmer des Zeugen, wodurch dieser eine Augenreizung erlitt, womit der Angeklagte ebenfalls gerechnet und was er in Kauf genommen hatte.
44Auch gegenüber den hinzugezogenen Polizeibeamten, u.a. dem Zeugen C, zeigte sich der Angeklagte aggressiv. Er schwang einen Stock, den er auch nach entsprechender Aufforderung der Polizeibeamten nicht zur Seite legte. Schließlich konnte er durch den Zeugen C zu Boden gebracht und so überwältigt werden. Bei der anschließenden körperlichen Durchsuchung des Angeklagten stellten die Polizeibeamten das Pfefferspray sowie ein Messer sicher. In der Wohnung wurden die Zwille sowie die verwendeten Stahlkugeln aufgefunden. Für das Erscheinungsbild der Zwille, der Stahlkugeln, der Beschädigung der Tür und die Augenreizung des Zeugen S3 wird gemäß § 267 Abs.1 Satz3 StPO auf die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder Bezug genommen.
45Auch nach seiner Festnahme zeigte der Angeklagte sich äußert aggressiv. Spätestens während seiner Überführung in den Polizeigewahrsam – möglicherweise noch vorher - äußerte er, dass er seine Kumpels von der Platte holen würde, die den Zeugen S3 fertig machen würden. Er werde dem Zeugen mit den Stahlkugeln ein Loch in den Kopf schießen, sein Gehirn entnehmen und anschließend in der Pfanne braten und verzehren. Er werde dem Zeugen ein Ende machen und ihn töten.
46Die durch die ermittelnden Beamten hinzu gezogene Amtsärztin attestierte eine von dem Angeklagten ausgehende akute Fremdgefährdung, was seine Unterbringung nach dem PsychKG zur Folge hatte. Der auf der Polizeistation durchgeführte Atemalkoholtest ergab einen Wert von 0,42 mg pro Liter.
47Am 21.10.2013 begab der Angeklagte sich zur in der P-allee in I gelegenen Praxis des Zeugen B3, der ihn seit einigen Jahren als Substitutionsarzt behandelt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die Therapie jedoch bereits seit etwa zwei Wochen aus disziplinarischen Gründen beendet worden. Der Zeuge B3 hatte die Weiterbehandlung verweigert, nachdem der Angeklagte auf die ihm immer wieder begründete Weigerung, eine Depotmedikation zu gewähren mit Drohungen gegen den Zeugen, dessen Ehefrau und Angestellten reagiert hatte. Obwohl der Zeuge B3 ihm andere Ärzte genannt und eine Vermittlung an diese angeboten hatte, hatte der Angeklagte die Beendigung der Behandlung nachhaltig ignoriert und war immer wieder – teilweise auch alkoholisiert - in den Praxisräumen erschienen.
48Vor diesem Hintergrund betrat der Angeklagte am frühen Abend des oben genannten Tages erneut die Praxisräume des Zeugen B3. Er traf dort auf den Zeugen I, der ihm aus der Einrichtung L1 flüchtig bekannt und der als Patient des Zeugen B3 auf eine Behandlung wartete. Als der Angeklagte mit der als Sprechstundenhilfe tätigen Zeugin C4 erneut die Beendigung der Behandlung ignorierend lautstark Substitution verlangte, mahnte ihn der Zeuge I zur Eile. Dies führte zu einer verbalen Auseinandersetzung, im Rahmen derer der Zeuge I dem Angeklagten signalisierte, man könne die Angelegenheit nach seiner Behandlung vor der Praxis klären, jedoch ohne damit zu rechnen, dass der ihm körperlich deutlich unterlegene Angeklagte sich darauf einlassen würde.
49Tatsächlich wartete der durch die Auseinandersetzung wieder äußerst gereizte Angeklagte nach Verlassen der Praxis auf den Zeugen I. Als auch dieser wenige Minuten später aus den Praxisräumen kam, stellte sich ihm der Angeklagte unter Vorhalt eines Teppichmessers entgegen und wollte ihn nicht vorbeigehen lassen. Der körperlich deutlich überlegene Zeuge stieß den Angeklagten zur Seite, wodurch dieser zu Boden fiel. Daraufhin schnellte der Angeklagte hoch und versetzte dem Zeugen einen Stich in den Oberschenkel. Bei dem Versuch des Zeugen, den Hieb abzuwehren, zog er sich zudem eine Schnittverletzung an der Hand zu, die ebenso wie die Oberschenkelverletzung in der Praxis behandelt werden konnte und folgenlos verheilt ist. Dem Zeugen gelang es, den Angeklagten bis zum Eintreffen der durch die Zeugin C2 herbeigerufene Polizei festzuhalten.
50Die Untersuchung der dem Angeklagten um 20.00 Uhr entnommenen Blutprobe ergab einen Wert von 1,16 Promille sowie Cannabisrückstände.
51Das wegen dieser Tat eingeleitete Strafverfahren ist durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 26.03.2014 gemäß § 153 StPO mit Zustimmung des Amtsgerichts Hamm eingestellt worden.
52Der Angeklagte befandet sich nach seiner Festnahme am 13.10.2013 zur Vollstreckung der oben unter I. 10. bis 12. genannten Urteile in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt X1. Anlässlich einer stationären Behandlung im Justizvollzugskrankenhaus vom 13.11.2013 bis zum 09.01.2014 wurden eine Alkohol-, Benzodiazepin- und Opiatabhängigkeit sowie rezidivierende depressive Episoden mit psychotischen Symptomen sowie der Verdacht auf soziale Phobie diagnostiziert.
53III.
54Die unter I. getroffenen Feststellungen beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben des Angeklagten sowie auf der Verlesung des ihn betreffenden Auszugs aus dem Bundeszentralregister vom 10.02.2015 und der Urteile des Amtsgerichts Hamm vom 24.04.2013 und 29.11.2013.
55Die unter II. getroffenen Feststellungen beruhen auf den überwiegend geständigen Angaben des Angeklagten.
56Die unter II. 2. geschilderte Tat hat der Angeklagte vollständig eingeräumt. An der Glaubhaftigkeit dieses Geständnisses zu zweifeln besteht kein Anlass, zumal die Schilderung des Angeklagten durch den vernommenen Zeugen PK C und die objektiven, sich aus den Lichtbildern ergebenden Anhaltspunkte bestätigt werden. Diese zeigen neben der zerstörten Glasscheibe die im Zimmer des Zeugen S3 aufgefundenen Stahlkugeln sowie dessen Augen- und Hautreizungen.
57Hinsichtlich der unter II. 1. dargestellten Tat hat der Angeklagte den Tatablauf ebenfalls im Wesentlichen eingeräumt. Abweichend von den getroffenen Feststellungen hat er sich dahingehend eingelassen, er habe die Scherbe lediglich gegen sich selbst gerichtet.
58Diese Einlassung, die möglicherweise auch der Erinnerung des Angeklagten an den Vorfall entspricht, ist zur Überzeugung der Kammer aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Zeugen Dr. S2 und A widerlegt. Beide Zeugen haben in sich schlüssig bekundet, dass der Angeklagte mit der Glasscherbe Bewegungen in ihre Richtung gemacht habe und sie sich dementsprechend massiv bedroht gefühlt und andere Bedienstete zu Hilfe gerufen hätten. Die Kammer vermag für keinen der Zeugen ein Motiv für eine zu Unrecht erfolgte Belastung des Angeklagten erkennen.
59Auch die Feststellungen zu dem Geschehen vom 21.10.2013 beruhen zum Einen auf den den äußeren Ablauf einräumenden Angaben des Angeklagten. Er hat angegeben, sich mit einem Schnitt gegen einen Tritt des Zeugen gewehrt zu haben, ohne dass er ihn habe „großartig“ verletzen wollen.
60Darüber hinaus werden die Feststellungen durch die glaubhaften Angaben der Zeugen B3, C2 und I bestätigt, an denen zu zweifeln die Kammer keinen Anlass gesehen hat. Die Zeugen haben die Ereignisse in und vor der Praxis, soweit diese Gegenstand ihrer Wahrnehmung waren, wie oben unter II. festgestellt, widerspruchsfrei und lebensnah geschildert. Dabei haben sie auch keine überschießende Belastungstendenz gezeigt, sondern – auch der Zeuge I als Tatopfer – eingeräumt, dass zunächst eine verbale Auseinandersetzung stattgefunden hat, bei der der Zeuge I den Angeklagten – wenn auch nach dessen Angaben unbeabsichtigt – provoziert habe.
61Die Feststellungen zum Alkoholisierungsgrad des Angeklagten beruhen im Fall II.2. auf den diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben des Zeugen PK C, hinsichtlich des Geschehens vom 21.10.2013 auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten des Labors L2 vom 23.10.2013.
62IV.
63Nach den unter II. getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte eine versuchte schwere räuberische Erpressung (II. 1.) gemäß §§ 249, 250 Abs.2 Nr.1, 253, 255, 22, 23 StGB sowie eine gefährliche Körperverletzung (II. 2.) gemäß §§ 223 Abs.1, 224 Abs.1 Nr.2 StGB begangen.
64Gleichwohl musste eine Verurteilung des Angeklagten unterbleiben, da nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. N1, die den Angeklagten als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie eingehend exploriert hat und an deren Sachkunde zu zweifeln keine Veranlassung besteht, sich der Angeklagte im Zeitpunkt dieser Taten nicht ausschließbar im Zustand aufgehobener Steuerungsfähigkeit befunden hat (20 StGB).
65Die Sachverständige hat hierzu plausibel, nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Taten unter einer schizoaffektiven Psychose litt, die eine krankhafte seelische Störung darstellt. Gleichzeitig litt der Angeklagte an einer depressiven Episode mit psychotischem Erleben mit einer leichten Minderbegabung und Polytoxikomanie, wodurch das Kriterium der schweren anderen seelischen Abartigkeit erfüllt ist. Aufgrund dieser komplexen psychischen Erkrankung und vor allem der beiden Krankheiten immanenten psychotischen Komponente lag für den Angeklagten in beiden Tatsituationen ein symptomatischen Wahrnehmungsverzerrung und ein massives Bedrohungserleben vor, das zu einer mindestens nicht ausschließbaren Aufhebung der Steuerungsfähigkeit geführt hat. Vor diesem Hintergrund, im Fall II. 2. verstärkt durch den vorherigen Alkoholkonsum, war der Angeklagte nicht mehr in der Lage, bei noch vorhandener Unrechtseinsicht danach zu handeln und seine starken aggressiven Impulse zu steuern.
66V.
67Gemäß § 63 StGB war die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischem Krankenhaus anzuordnen.
68Der Angeklagte hat die vorgeworfenen Taten im Zustand der aufgehobenen Schuldfähigkeit begangen. Die Gesamtwürdigung seiner Person und der von ihm begangenen Taten ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Auch insoweit stützt sich die Kammer auf die überzeugende Beurteilung der Sachverständigen Dr. N1, deren diesbezüglichen Ausführungen sie nach eigener rechtlicher Bewertung folgt.
69Bei dem Angeklagten besteht eine schizoaffektive Psychose, die bislang noch nicht ausreichend behandelt ist. Daneben leidet er unter depressiven Episoden mit psychotischem Erleben bei leichter Minderbegabung und Polytoxikomanie. Diese komplexe psychische Erkrankung und die mit beiden Diagnosen einhergehende psychotische Symptomatik stellen einen dauerhaften und inzwischen chronifizierten Zustand dar. Wenn zuvor auch die gleichzeitig bestehende Abhängigkeitserkrankung und deren Behandlung bei stationären Aufenthalten oft im Vordergrund gestanden haben, ist nunmehr primär die seit Jahren schon diagnostizierte psychische Erkrankung deutlich handlungsbestimmender geworden und in den Vordergrund getreten. Dabei wirkt sich zudem prognostisch ungünstig aus, dass der Angeklagte keine Krankheitseinsicht erkennen lässt, sich nicht für psychisch krank, sondern allenfalls überfordert und lediglich für drogenabhängig hält.
70Vor diesem Hintergrund muss nach den überzeugenden Darlegungen der Sachverständigen, solange der Angeklagte untherapiert ist, jederzeit mit dem Wiederauftreten einer psychotischen Symptomatik und erneuten Gewalthandlungen gerechnet werden. Schon in den hier in Rede stehenden Taten (II. 1. und 2.) und bei Berücksichtigung des nachfolgenden Geschehens vom 21.10.2013 besteht ein hohes Körperverletzungsrisiko, zumal der Angeklagte sich nunmehr bewaffnet hat und immer wieder in Wahrnehmungsverzerrung massiv bedroht fühlt. Ein betreutes Wohnen überfordert ihn, wie die Delikte gezeigt haben, es besteht die Gefahr der Verstärkung seines psychotischen Erlebens. Erneuter Drogen- und Alkoholkonsum des Angeklagten, mit dem ebenfalls zu rechnen ist, lässt befürchten, dass es bei ihm zu einer Verschlimmerung der psychotischen Symptomatik kommen könnte und er in seinem Verhalten noch unberechenbarer wäre. Vor diesem Hintergrund besteht auch nicht eine auf eine bestimmte Person oder einen abgrenzbaren Personenkreis beschränkte Gefährdung, da die Impulsdurchbrüche auch in Alltagssituationen, in denen der Angeklagte sich bedroht fühlt, zu erwarten sind.
71Nach alledem kann die Vollstreckung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht nach § 67 b StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.
72Eine erfolgversprechende Behandlung und den erforderlichen Schutz der Allgemeinheit stellt nur eine stationäre Unterbringung dar, in der dem Angeklagten durch entsprechende medikamentöse Einstellung und Tagesstruktur ein geeigneter Behandlungsrahmen zur Verfügung steht. Die bisherige Unterbringung in einem betreuten Wohnen hat demgegenüber krankheitsbedingte Impulsdurchbrüche nicht verhindern können.
73VI.
74Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB war daneben nicht anzuordnen.
75Zwar besteht bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne der vorgenannten Vorschrift, berauschende Mittel zu sich zu nehmen, die sich in seiner früh und bereits im jugendlichen Alter einsetzenden Neigung zu Drogenkonsum zeigt. Auch stand der Angeklagte bei den hier in Rede stehenden Taten unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol.
76Die Anordnung der Unterbringung hatte jedoch gemäß § 64 Satz 2 StGB zu unterbleiben, weil für sie keine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg besteht.
77Auch wenn zunächst die Suchtkomponente bei den langjährigen bisherigen Behandlungen des Angeklagten im Vordergrund gestanden hat, ist nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen, denen die Kammer nach eigener rechtlicher Bewertung folgt, mittlerweile die komplexe psychische Erkrankung als im Vordergrund stehend anzusehen. Solange diese nicht erfolgreich behandelt worden ist, fehlt dem Angeklagten das Potenzial für eine erfolgversprechende Entziehungsbehandlung nach § 64 StGB. Nach der Einschätzung der Sachverständigen, die die Kammer teilt, wird die psychiatrische Behandlung einige Zeit in Anspruch nehmen, in der auch die Drogenproblematik mit aufgearbeitet werden kann.
78VII.
79Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.

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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter das Verfahren einstellen, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen, - 2.
eine erzieherische Maßnahme im Sinne des § 45 Abs. 2, die eine Entscheidung durch Urteil entbehrlich macht, bereits durchgeführt oder eingeleitet ist, - 3.
der Richter eine Entscheidung durch Urteil für entbehrlich hält und gegen den geständigen Jugendlichen eine in § 45 Abs. 3 Satz 1 bezeichnete Maßnahme anordnet oder - 4.
der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist.
(2) Die Einstellung bedarf der Zustimmung des Staatsanwalts, soweit er nicht bereits der vorläufigen Einstellung zugestimmt hat. Der Einstellungsbeschluß kann auch in der Hauptverhandlung ergehen. Er wird mit Gründen versehen und ist nicht anfechtbar. Die Gründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind.
(3) Wegen derselben Tat kann nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel von neuem Anklage erhoben werden.
(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.
(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.
Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.