Landgericht Bochum Urteil, 21. Apr. 2015 - 9 S 204/14
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 5.11.2014 (Az. 67 C 255/14) wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.617,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2014 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei Dr. H, in Höhe von 334,75 € freizustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Versicherungsleistungen. Sie hat bei ihr für das Fahrzeug Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen #, eine Teilkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung abgeschlossen. Das Fahrzeug befindet sich nicht in ihrem Eigentum, so dass sie eine sog. Fremdversicherung abgeschlossen hat.
4Gemäß Ziff. A 2.2.3 der AKB (Stand 1.9.2013) gilt folgendes:
5„Versichert ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Schneelawinen, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug… Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.“
6Am 6.1.2014 befuhr der Sohn der Klägerin, der Zeuge L, mit dem versicherten Fahrzeug gegen 23 Uhr die A 40 in Richtung Bochum, wobei es zu einem Überschwemmungsschaden gekommen sein soll.
7Mit Schreiben vom 21.1.2014 hat die Beklagte ihre Eintrittspflicht endgültig zurückgewiesen.
8Die Klägerin hat behauptet, dass zum Zeitpunkt des Unfalls Starkregen geherrscht habe. Der Zeuge sei deswegen lediglich 40 km/h schnell gefahren. Zwischen der Einfädelung der A 52 und der A 40 habe er links in der Leitplanke ein anderes Fahrzeug bemerkt und sei gleichzeitig mit seinem Fahrzeug in eine für ihn nicht erkennbare, sich über die gesamte Fahrbahnbreite der A 40 erstreckende tiefe Wasserfläche geraten. Durch das in den Motorraum und in den Bereich der Scheinwerfer eindringende Wasser seien Kurzschlüsse verursacht sowie zwei Steuergeräte zerstört worden. Dadurch sei der rechte Scheinwerfer ausgefallen, sowie der linke Scheinwerfer zerstört worden. Beide Blinker seien außer Funktion; außerdem würde die Leuchtweitenregulierung nicht mehr funktionieren.
9Zur vollständigen fachgerechten Reparatur sei ein Betrag in Höhe von 2.617,30 € (netto) erforderlich, was von der Beklagtenseite nicht bestritten wird.
10Die Klägerin ist unter Ausführung unterschiedlicher Argumente der Ansicht, dass der Schaden unter den Versicherungsschutz falle.
11Sie hat beantragt,
12die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.617,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2014 zu zahlen,
13die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Kanzlei Dr. H iHv. 334,75 € freizustellen.
14Die Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Überdurchschnittliche Wassermassen seien an diesem Tag in Essen nicht zu verzeichnen gewesen. Außerdem liege – unter Verweis auf eine Definition in wikipedia - ein Überschwemmungsschaden nicht vor. Dies sei nur der Fall, wenn ein Fahrzeug auf einer trockenen Bodenfläche geparkt sei und diese dann durch auflaufendes Wasser geflutet werde. Eine unmittelbare Einwirkung würde ebenso wenig vorliegen. Das sei nach der Rechtsprechung nämlich nicht der Fall, wenn ein Fahrzeug eine überflutete Straße überfährt oder in einen überschwemmten Straßenabschnitt fährt. Auf ein Verschulden des Fahrers komme es insoweit nicht an.
17Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.
18Es könne dahin stehen, ob überhaupt eine Überschwemmung vorgelegen habe. Denn jedenfalls fehle es an der erforderlichen Unmittelbarkeit der Überschwemmung für den Eintritt des Schadens. Das Kriterium der Unmittelbarkeit sei nur erfüllt, wenn weitere Ursachen für den Schaden ausschieden. Hier sei weitere Ursache aber die Bewegung des Fahrzeugs in den überschwemmten Teil des Straßenbereichs gewesen.
19Hiergegen richtet sich die vollumfängliche Berufung der Klägerin. Es sei rechtsfehlerhaft, dass das Hineinfahren in einen überschwemmten Straßenbereich die Unmittelbarkeit der Überschwemmung für den Schadenseintritt entfallen lasse. Vielmehr sei ein weiteres mitursächliches und vom Normalfall abweichendes pflichtwidriges Fahrverhalten des Fahrzeugführers erforderlich, was hier nicht vorliege. Dafür spreche S. 4 der Ziff. A 2.2.3 AKB, der ansonsten überflüssig wäre.
20Sie beantragt,
21 unter Abänderung des am 5.11.2014 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Bochum der Klage stattzugeben,
22 hilfsweise das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 5.11.2014 aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Bei dem von der Klägerin behaupteten – und von der Beklagten bestrittenen - Zustand würde es sich zwar um eine Überschwemmung handeln. Jedenfalls fehle es aber an der unmittelbaren Einwirkung, was sich bereits aus der Wortlautauslegung ergebe. Die Kaskoversicherung zahle nur, wenn das Wasser zum Auto komme, aber nicht, wenn das Auto zum Wasser komme. Auf S. 4 von A 2.2.3 der AKB komme es nicht an, weil S. 1 schon nicht erfüllt sei.
26II.
27Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens in der beantragten Höhe.
28Ein solcher Anspruch folgt aus dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag, weil der von der Klägerin behauptete Schadensverlauf als Teilkasko-Schaden unter das versicherte Risiko fällt (unter 1.) und ein Schaden entstanden ist (unter 2.). Die Aktivlegitimation der Klägerin, die eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§ 43 ff. VVG abgeschlossen hat, ist darüber hinaus in der Berufungsinstanz unstreitig gestellt worden.
291. Haftung dem Grunde nach
30Nach Ziff. A 2.2.3 der AKB (Stand 1.9.2013) ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Schneelawinen, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug versichert.
31b) Vorliegen einer Überschwemmung
32Im streitgegenständlichen Fall lag eine Überschwemmung vor.
33Nach einer jüngeren Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2006 kommt es für die Auslegung des Begriffs „Überschwemmung“ auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, das sich an dem Wortlaut der Klausel sowie an deren Sinn und Zweck orientiert. Dieser wird die Klausel dahin verstehen, dass ihm das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens abgenommen werden soll. Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Begriff der Überschwemmung für ihn unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch. Danach liegt eine Überschwemmung im Sinne der Klausel vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalen Weg abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Dagegen setzt eine Überschwemmung nicht voraus, dass ein Gewässer über die Ufer tritt. (BGH, Urteil vom 26.4.2006, Az. IV ZR 154/05) Von ihr ist auch auszugehen, wenn eine Straße durch Wolkenbruch überschwemmt wird. (Knappmann, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, AKB 2008 A 2.2.2 Rn 37) Denn eine Überschwemmung liegt auch vor, wenn starker Regen in dem Maße niedergeht, dass er weder vollständig versickert, noch sonst geordnet über natürliche Wege abfließen kann. (vgl. BGH a.a.O.)
34Vor diesem Hintergrund hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur sicheren Überzeugung der Kammer (§ 286 ZPO) eine Überschwemmung im Sinne der AKB vorgelegen. Denn der Zeuge L hat detailreich geschildert, dass auf der von ihm befahrenen Autobahn A 40 nach dem Tunnel nach der Ausfahrt Essen-Zentrum, an der Stelle, wo die A 52 in die A 40 mündet, sehr starker Regen geherrscht habe. Dies habe ihn veranlasst, trotz geringen Verkehrsaufkommens lediglich 40 km/h bis 50 km/h schnell zu fahren. Er habe auf der linken Seite ein anderes Fahrzeug bemerkt, das in die Leitplanke gefahren sei, als sich plötzlich vor ihm eine Wasserlache, die sich über beide Fahrspuren erstreckt habe, aufgetan habe. Diese habe nicht besonders tief ausgesehen; sei aber doch so tief gewesen, dass es, als er durchgefahren sei, an den Seiten hochgespritzt habe.
35Gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage oder die Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen keine Bedenken. Insbesondere steht die Schilderung nicht im Widerspruch zu seiner telefonische Schadensanzeige (vgl. Bl. 46 d. GA.), seiner schriftlichen Schadensanzeige vom 17.1.2014 (Bl. 51 d.A.) oder seiner ergänzenden schriftlichen Mitteilung vom 23.1.2014 (Bl. 50 d.A.). Denn durchgängig hat der Zeuge starke Regenfälle und dass er durch ungewöhnlich hohes Wasser gefahren sei, worauf die Scheinwerfer ausfielen, geschildert.
36Der Einholung eines Wettergutachtens bedarf es nach Auffassung der Kammer daher nicht.
37c) Unmittelbare Einwirkung der Überschwemmung
38Die Überschwemmung hat zudem unmittelbar auf das Fahrzeug eingewirkt.
39aa) Definition der Unmittelbarkeit
40Die Auslegung des Begriffs „unmittelbare Einwirkung“ ist zwischen den Parteien höchst streitig und wird auch in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet.
41Einigkeit besteht noch insoweit, dass das Erfordernis der Unmittelbarkeit eine über die Adäquanz hinausgehende Einengung der Kausalität ist. (vgl. Knappmann, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, AKB 2008 A 2.2.2 Rn 38) Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Teilversicherung im Gegensatz zur Vollversicherung nur Schäden abdeckt, die durch ganz bestimmte Ursachen ausgelöst worden sind.
42Nach einer Ansicht sollen die Fälle vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, in denen das Naturereignis „Überschwemmung“ die Reaktion des Fahrers im Sinne eines mitursächlichen Abweichens vom Normalverhalten beeinflusse, weil in diesen Fällen die Grenze zwischen dem (vollkaskoversicherten) Risiko des Fahrerverhaltens und dem (teilkaskoversicherten) Risiko des Überschwemmungsschadens nur schwer zu ziehen sei. Nicht versichert sei daher ein Schaden, der infolge einer Ausweichbewegung des Fahrers aufgrund des Naturereignisses eintrete. Ob ihn insoweit ein Verschulden treffe, sei unerheblich. (BGH, Urteil vom 26.4.2006, Az. IV ZR 154/05) Es komme vielmehr darauf an, ob die Schäden auf ein durch die Naturereignisse veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen seien. Menschliches Verhalten dürfe unabhängig vom Verschulden nicht bedeutsam für die Entstehung des Schadens geworden sein oder müsse zumindest ganz zurücktreten. Geschützt seien nur solche Folgen von Naturgewalten, denen sich der Versicherungsnehmer nicht mehr durch geeignete Gegenmaßnahmen entziehen könne. (OLG Hamburg, Urteil vom 29.6.1971, Az. 7 U 142/70; OLG Stuttgart, Urteil vom 18.10.1973, Az. 10 U 83/73; auch OLG Hamm, Urteil vom 15.6.1988, Az. 20 U 261/87; LG Chemnitz, Urteil vom 19.3.2004, Az. 6 S 98/02 mit Anmerkung Rixecker, ZfS 2004, 325; so im Ergebnis wohl auch OLG Köln, Urteil vom 1.12.1998, Az. 9 U 103/98)
43Eine strengere Ansicht vertritt die Auffassung, dass die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache für den KfZ-Schaden sein müsse. (LG Göttingen, Urteil vom 7.6.1967, Az. 4 O 79/67; Knappmann, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, AKB 2008 A 2.2.2 Rn 38) Durch die Klausel solle die Eintrittspflicht des Versicherers bei der Teileversicherung gegenüber der Vollversicherung nicht nur abgrenzt, sondern v.a. eingeschränkt werden. Klauseln, die die übernommene Gefahr beschränken oder ausschließen, dürften nicht ausdehnend ausgelegt werden. (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 29.6.1971, Az. 7 U 142/70)
44In zahlreichen Entscheidungen wird daher das Kriterium der Unmittelbarkeit beim Befahren einer überfluteten Straße bzw. wenn das Kraftfahrzeug kraft seiner Bewegungsenergie in eine Überschwemmung gerät, verneint. (so Knappmann, in: Prölss/ Martin, VVG, 29. Auflage, 2015, AKB 2008 A 2.2.2 Rn 38; ohne nähere Begründung LG Mühlhausen, Urteil vom 23.9.2002, Az. 4 O 750/02; LG Lübeck, Urteil vom 21.11.2003, Az. 4 O 80/03; AG Neustadt, Urteil vom 26.7.1985, Az. 2 C 509/85; AG Krefeld, Urteil vom 25.6.2010, Az. 6 C 456/09; außerdem LG Göttingen, Urteil vom 7.6.1967, Az. 4 O 79/67; so wohl auch die zitierte Entscheidung des OLG Hamm, Urteil vom 29.10.1986, Az. 20 U 128/86, VersR 1988, 239) Eine (überzeugende) Begründung lassen diese Entscheidungen indes größtenteils vermissen.
45Die Kammer folgt der erstgenannten Auffassung. Entscheidend muss es darauf ankommen, ob das menschliche Verhalten durch das Naturereignis veranlasst worden ist. Eine bloße einfache Kausalität des menschlichen Verhaltens (= Hineinfahren in die Überschwemmung) reicht auch bei der gebotenen zurückhaltenden Auslegung der Klausel nicht aus. Dies gilt umso mehr, als die in diesem Fall zu erwartenden Schäden typische Überschwemmungsschäden durch eindringendes Wasser sind. Insofern liegt der Fall anders, als wenn zum Beispiel der Fahrzeugführer, um einer Überschwemmung auszuweichen, das Lenkrad verreißt, er aufgrund dessen mit seinem Fahrzeug gegen einen Baum fährt und es zu Blechschäden kommt. In einem solchen Fall ist das Schadensbild ein gänzlich anderes und eben maßgeblich durch das Ausweichverhalten des Fahrzeugführers veranlasst.
46Schließlich spricht für eine solche Auslegung S. 4 von A 2.2.3 der AKB. Danach sind Schäden ausgeschlossen, die auf ein durch das Naturereignis veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind. Nach allgemeiner Auffassung kommt dem Satz indes keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr hat er lediglich klarstellende Wirkung, ohne einen echten Risikoausschluss zu enthalten, da sich die Beschränkung des Versicherungsschutzes bereits aus dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verursachung ergibt. (BGH, Urteil vom 26.4.2006, Az. IV ZR 154/05 für den vergleichbaren § 12 (1) I c Satz 4 AKB a.F.; Jacobsen, in: Feyock u.a., Kraftfahrversicherung, 3. Auflage, 2009, A.2. Kaskoversicherung Rn 67; auch OLG Hamm, Urteil vom 15.6.1988, Az. 20 U 261/87) Bei einer solchen Auslegung muss aber das Kriterium „durch das Naturereignis veranlasstes Verhalten des Fahrers“ in den Begriff „Unmittelbarkeit“ mit hineingelesen werden.
47Die in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte Schriftsatzfrist zu dieser Rechtsfrage war der Beklagten nicht einzuräumen. Die Frage der Unmittelbarkeit der Einwirkung ist zwischen den Parteien nämlich von Beginn des Rechtsstreits an diskutiert worden.
48bb) Unmittelbarkeit im konkreten Fall
49Bei der von der Kammer vertretenen Auslegung ist vorliegend die Unmittelbarkeit der Einwirkung zu bejahen. Denn der Zeuge L ist zwar in die Überschwemmung hineingefahren und hat damit den Schadenseintritt im Sinne einfacher Kausalität erst ermöglicht. Auch ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und seinen diesbezüglichen Bekundungen davon auszugehen, dass er die Überschwemmung kurz vorher bemerkt hatte. Allerdings ist sein Fahrweg von der Überschwemmung nicht beeinflusst worden. Vielmehr hat er nach seinen Angaben das Gas weggenommen und das Lenkrad festgehalten; im Übrigen seine Fahrt jedoch wie vorher beabsichtigt fortgesetzt. Eine bewusste oder auch unbewusste Ausweichbewegung, die bedeutsam für den Schadenseintritt geworden wäre, hat er nicht unternommen.
504. Schaden der Höhe nach
51Der Höhe nach hat die Klägerin einen Anspruch auf die begehrten 2.617,30 €.
52a) Schadenseintritt
53Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der glaubhaften Einlassung des Zeugen L, der die Beklagte nicht weiter entgegen getreten ist, sind durch den Wassereintritt Kurzschlüsse in den Scheinwerfern des versicherten PKW aufgetreten, die daraufhin genauso wie beide Blinker ausgefallen sind. Außerdem sind zwei Steuergeräte zerstört worden, so dass die Leuchtweitenregulierung nicht mehr funktioniert.
54b) Schadenshöhe
55Nach dem vorgelegten Kostenvoranschlag der Firma E1 vom 17.1.2014, gegen den die Beklagte keine Einwendungen erhebt, ist für die Reparatur ein Betrag in Höhe von 2.617,30 € netto aufzuwenden.
56c) Mitverschulden gemäß § 81 VVG
57Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist schließlich nicht nach § 81 VVG ausgeschlossen bzw. gekürzt.
58Danach ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt (Abs. 1). Führt er ihn grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, die Leistung entsprechend zu kürzen (Abs. 2).
59Diesbezüglich fehlt es jedoch an Vortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagtenseite, dass der Zeuge L die Überschwemmung rechtzeitig hätte erkennen und abbremsen bzw. ausweichen können.
605. Nebenforderungen
61Der Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB iVm. §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 21.1.2014 die Eintrittspflicht ernsthaft und endgültig abgelehnt.
62III.
631. Kostenentscheidung
64Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
652. Vollstreckbarkeitsentscheidung
66Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
673. Zulassung der Revision
68Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen, da die diesbezüglichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
69Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
70Dies ist nur dann der Fall, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt. (u.a. BVerfG, Beschluss vom 8.12.2010, Az. 1 BvR 381/10)
71Dies ist vorliegend nicht gegeben. Es ist höchstrichterlich nämlich bereits entschieden, dass es darauf ankommt, ob die Schäden auf ein durch die Naturereignisse veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind. (vgl. BGH, Urteil vom 26.4.2006, Az. IV ZR 154/05) Ob ein solches veranlasstes Verhalten jeweils vorliegt, ist eine Einzelfallentscheidung.
72Aus den gleichen Gründen sind die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt, da die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Bochum Urteil, 21. Apr. 2015 - 9 S 204/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Bochum Urteil, 21. Apr. 2015 - 9 S 204/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandgericht Bochum Urteil, 21. Apr. 2015 - 9 S 204/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird gemäß §§ 3-5 ZPO auf 2.617,40 € festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin unterhält bei der Beklagten für den PKW Mercedes-Benz, amtliches Kennzeichen xxx eine Teilkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung.
3Am 06.01.2014 befuhr der Sohn der Klägerin, der Zeuge L., die A40 Richtung Bochum. Zur Vorfallszeit herrschte Dunkelheit und heftiger Regen.
4Aufgrund dieses Regens kam es zu einer teilweise gegebenen Überschwemmung der Fahrbahn.
5Diese Überschwemmung war nach dem Sachvortrag der Klägerin für den Fahrer nicht erkennbar.
6Es habe sich um kniehohes Wasser gehandelt. Unmittelbar vor dem Vorfall habe der Sohn der Klägerin einen links an der Leitplanke stehenden PKW wahrgenommen. Gleichzeitig sei er in die Wassermenge gefahren. Die Klägerin behauptet, der streitgegenständliche Schaden sei aufgrund des Wasserhochstands verursacht.
7Sie meint, es handele sich um einen Kaskoschaden, denn bei der Wasseransammlung habe es sich um eine Überschwemmung gehandelt. Dem Sohn der Klägerin sei auch kein Fahrfehler unterlaufen, sodass hier auch eine alleinige Verursachung durch die Wassermenge gegeben sei.
8Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin wird auf den Inhalt der Klageschrift nebst Anlagen (Blatt 1 ff. d.A.) verwiesen.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.617,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.01.2014 zu zahlen und sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Kanzlei H. in Höhe von 334,75 € freizustellen,
11die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
12Sie behauptet mit Nichtwissen, die Wassermenge sei nicht geeignet gewesen, den fraglichen Schaden herbeizuführen. Im Übrigen ist die Beklagte der Ansicht, dass es sich nicht um einen Schaden handele, der unmittelbare Folge der Überschwemmung gewesen sei.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 06.08.2014 (Blatt 45 ff. d.A.) verwiesen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage ist bereits nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin unbegründet.
16Diese hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Zahlungsansprüche gegen die Beklagte.
17Ein solcher Anspruch ergibt sich besonders nicht aus dem hier fraglichen Kaskoversicherungsvertrag, denn die Voraussetzungen der Ziffer A.2.2.3. AKB liegen nicht vor.
18Es kann hier vollkommen dahinstehen, ob es sich bei der teilweisen Überflutung der Fahrbahn tatsächlich um eine Überschwemmung im Sinne der Versicherungsbedingungen handelt.
19Es fehlt allerdings hier an der Unmittelbarkeit der Überschwemmung für den Eintritt des Schadens.
20Zu Unrecht vertritt die Klägerin die Rechtsansicht, die Art der Fahrweise des Sohnes der Klägerin sei maßgeblich für die Frage der Unmittelbarkeit.
21Unmittelbar im Sinne der genannten Klausel wirkt sich die Naturgewalt aber nur dann aus, wenn weitere Ursachen ausscheiden.
22Nach der von der Beklagten zutreffend zitierten Rechtsprechung fehlt es an der Unmittelbarkeit bereits dann, wenn eine weitere Ursache für den Schaden hinzutritt.
23Diese weitere Ursache war hier die Bewegung des Fahrzeugs der Klägerin in den überschwemmten Teil des Straßenbereiches. Gerade deshalb fehlt es an der Voraussetzung, wonach die Naturgewalt alleinige unmittelbare Ursache für den Schadensfall ist. Das Gleiche ergibt sich eigentlich auch schon aus der von der Klägerin in der Klageschrift selbst zitierten Entscheidung des OLG Hamm. Die Formulierung „dürfte“ wird hier offenbar von der Klägerin missverstanden. Das OLG Hamm wollte hier eindeutig zu der Rechtsfrage Stellung nehmen, obwohl es möglicherweise auf die Beantwortung der Rechtsfrage nicht ankommt. Andererseits wollte das OLG Hamm seine Rechtsansicht klarstellen, dass für den hier fraglichen Fall eine Unmittelbarkeit der Einwirkung ausscheidet.
24Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte, ihre frühere Prozessbevollmächtigte , wegen der Verletzung anwaltlicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Im August 2002 war die Klägerin mit ihrem Pkw, für den sie eine Kraftfahrzeugteilversicherung (Teilkasko) mit einer Selbstbeteiligung genommen hatte, im Urlaub auf Sizilien unterwegs. Am 28. August 2002 befuhr sie eine Bergstraße auf der vom Berghang aus gesehen äußeren Fahrbahn. Da es an den vorangegangenen Tagen nahezu ununterbro- chen sehr stark geregnet hatte, flossen erhebliche Niederschlagsmengen sturzbachartig über den Steilhang in Richtung Fahrbahn ab. Dabei wurden auch auf dem Hang liegende Gesteinsbrocken vom Wasser mitgerissen. Die Klägerin bemerkte einen solchen großen Stein auf dem vor ihr liegenden Teil des Berghangs. Da sie erkannte, dass der Stein auf die Straße stürzen würde, leitete sie zur Vermeidung einer Kollision ein Ausweichmanöver nach rechts ein. Trotzdem wurde ihr Pkw von dem Stein an der linken vorderen Felge getroffen. Infolge des Ausweichmanövers stieß der Pkw gegen die am rechten Fahrbahnrand verlaufende Begrenzungsmauer der Bergstraße. Der Klägerin entstand ein Schaden in Höhe von insgesamt 2.417,04 €. Davon entfielen auf den durch die Kollision mit dem Stein an der linken Fahrzeugseite entstandenen Schaden 1.288,67 €.
- 3
- gegen Ihre den Versicherer gerichtete Klage auf Erstattung des Gesamtbetrages wies das Amtsgericht mit der Begründung ab, es habe keine Überschwemmung im Sinne des § 12 (1) I c AKB vorgelegen. Diese Klausel lautet auszugsweise: "Die Fahrzeugversicherung umfasst die Beschädigung (…) des Fahrzeugs (…) in der Teilversicherung (…) durch unmittelbare Einwirkung von (…) Überschwemmung auf das Fahrzeug. (…) Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind;“
- 4
- Die als Prozessbevollmächtigte der Klägerin tätige Beklagte versäumte schuldhaft die Berufungsbegründungfrist.
- 5
- Klägerin Die hat daraufhin ihre frühere Prozessbevollmächtigte wegen positiver Verletzung des Anwaltsvertrages in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage mangels Schadens abgewiesen, weil eine bedingungsgemäße Überschwemmung nicht vorgelegen habe. Das Rechtsmittel der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- Nach I. Auffassung des Berufungsgerichts liegt eine "Überschwemmung" im Sinne des § 12 (1) I c AKB vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließe, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete und dieses überflute. Dass ein Gewässer über die Ufer trete, sei nicht erforderlich. Gemessen daran fehle es hier an einer Überschwemmung, da auf einen Berghang auftreffendes Regenwasser üblicherweise auch über diesen abfließe, also gerade nicht auf einem sonst nicht in Anspruch genommenen Gelände in Erscheinung trete. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 21. Mai 1964 - II ZR 9/63 - VersR 1964, 712 die Voraussetzungen einer Überschwemmung bejaht, wenn sich Erdreich, Steine u. ä. mit dem auf den Hang auftreffenden Regenwasser vermischten, mit ihm abflössen und dann gegen einen Pkw geschleudert würden. Nach den damals getroffenen Feststellungen habe der betreffende Berghang jedoch über Abflussrinnen verfügt , über die die großen Regenwassermengen nicht mehr geordnet hätten abgeleitet werden können. Das Wasser sei vielmehr teilweise über den Hang abgeflossen, teilweise in ihn eingedrungen. Zu vergleichbaren Abflussvorrichtungen habe die Klägerin hier nichts vorgetragen.
- 8
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Für die Auslegung des Begriffs "Überschwemmung" in § 12 (1) I c AKB kommt es auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, das sich am Wortlaut der Klausel und deren Sinn und Zweck orientiert (BGHZ 123, 83, 85). Dieser wird die Klausel dahin verstehen , dass ihm das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens abgenommen werden soll. Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Begriff der Überschwemmung - mangels näherer Anhaltspunkte in der Klausel selbst - für ihn unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 51/82 - VersR 1984, 28 unter I 3 für den Sturmschaden). Danach liegt - wie der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 21. Mai 1964 - II ZR 9/63 - VersR 1964, 712 - erkannt hat, eine Überschwemmung im Sinne der Klausel vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Dagegen setzt eine Überschwemmung im Sinne des § 12 (1) I c AKB nicht voraus, dass ein Ge- wässer über die Ufer tritt. Das sieht auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend.
- 10
- 2. Nicht zu folgen ist dagegen seiner Auffassung, bei diesem Begriffsverständnis könne eine Überschwemmung dann nicht vorliegen, wenn Regenwasser auf einen Berghang treffe, weil das Wasser üblicherweise über dieses Gelände abfließe, also gerade nicht auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete. Das greift zu kurz und lässt sich auch nicht mit dem dafür in Anspruch genommenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Mai 1964 (aaO) vereinbaren. Denn eine Überschwemmung im Sinne der Klausel liegt auch dann vor, wenn starker Regen auf einem Berghang in einem Maße niedergeht, dass er weder vollständig versickert oder sonst geordnet über natürliche Wege (z.B. Rinnen oder Furchen) abfließen kann; auch insoweit tritt Wasser auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung , wenngleich es sich aufgrund der Hanglage nicht sammelt, sondern - sturzbachartig - den Hang hinab fließt.
- 11
- 3. Einer unmittelbaren Einwirkung einer Überschwemmung auf das versicherte Fahrzeug, wie sie § 12 (1) I c AKB voraussetzt, steht auch nicht entgegen, dass - wovon im Revisionsverfahren auszugehen ist - das auf den Berghang auftreffende und über diesen abfließende Wasser Steine mit sich geführt hat, von denen dann einer gegen das Fahrzeug geraten ist (vgl. schon BGH, Urteil vom 21. Mai 1964 aaO; OLG Celle VersR 1979, 178)
- 12
- III. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 13
- Gemäß § 12 (1) I c Satz 4 AKB sind diejenigen Schäden vom Versicherungsschutz nicht umfasst, die auf ein durch die betreffende Naturgewalt veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind. Danach darf zwischen die durch das Naturereignis bedingte Einwirkung und deren Erfolg, also die Beschädigung oder Zerstörung des Kraftfahrzeugs, keine weitere Ursache treten. Diese Klarstellung, die keinen echten Risikoausschluss enthält, da sich die Beschränkung des Versicherungsschutzes schon aus dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verursachung ergibt (OLG Hamm NJW-RR 1989, 26, 27; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 AKB Rdn. 40; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 12 Rdn. 54), trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kfz-Teilversicherung im Unterschied zur Vollversicherung im Sinne des § 12 (1) II AKB nur Schäden deckt, die durch ganz bestimmte Ursachen ausgelöst worden sind. Es sollen die Fälle vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, in denen das Naturereignis "Überschwemmung" die Reaktion des Fahrers im Sinne eines mitursächlichen Abweichens vom Normalverhalten beeinflusst, weil in diesen Fällen die Grenze zwischen dem (vollkaskoversicherten) Risiko des Fahrerverhaltens und dem (teilkaskoversicherten) Risiko des Überschwemmungsschadens nur schwer zu ziehen ist (OLG Köln RuS 1986, 27, 28; OLG Hamburg VersR 1972, 241, 242; OLG Karlsruhe VersR 1968, 889). Soweit der Pkw infolge einer Ausweichbewegung der Klägerin und des dadurch bedingten Auftreffens auf die Begrenzungsmauer der Straße beschädigt wurde, ist der Versicherer deshalb nicht aus § 12 (1) I c AKB zur Leistung verpflichtet. Ob die Klägerin insoweit ein Verschulden trifft, ist unerheblich (OLG Hamburg aaO).
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
AG Essen-Borbeck, Entscheidung vom 07.12.2004 - 6 C 320/04 -
LG Essen, Entscheidung vom 12.05.2005 - 10 S 34/05 -
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte, ihre frühere Prozessbevollmächtigte , wegen der Verletzung anwaltlicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Im August 2002 war die Klägerin mit ihrem Pkw, für den sie eine Kraftfahrzeugteilversicherung (Teilkasko) mit einer Selbstbeteiligung genommen hatte, im Urlaub auf Sizilien unterwegs. Am 28. August 2002 befuhr sie eine Bergstraße auf der vom Berghang aus gesehen äußeren Fahrbahn. Da es an den vorangegangenen Tagen nahezu ununterbro- chen sehr stark geregnet hatte, flossen erhebliche Niederschlagsmengen sturzbachartig über den Steilhang in Richtung Fahrbahn ab. Dabei wurden auch auf dem Hang liegende Gesteinsbrocken vom Wasser mitgerissen. Die Klägerin bemerkte einen solchen großen Stein auf dem vor ihr liegenden Teil des Berghangs. Da sie erkannte, dass der Stein auf die Straße stürzen würde, leitete sie zur Vermeidung einer Kollision ein Ausweichmanöver nach rechts ein. Trotzdem wurde ihr Pkw von dem Stein an der linken vorderen Felge getroffen. Infolge des Ausweichmanövers stieß der Pkw gegen die am rechten Fahrbahnrand verlaufende Begrenzungsmauer der Bergstraße. Der Klägerin entstand ein Schaden in Höhe von insgesamt 2.417,04 €. Davon entfielen auf den durch die Kollision mit dem Stein an der linken Fahrzeugseite entstandenen Schaden 1.288,67 €.
- 3
- gegen Ihre den Versicherer gerichtete Klage auf Erstattung des Gesamtbetrages wies das Amtsgericht mit der Begründung ab, es habe keine Überschwemmung im Sinne des § 12 (1) I c AKB vorgelegen. Diese Klausel lautet auszugsweise: "Die Fahrzeugversicherung umfasst die Beschädigung (…) des Fahrzeugs (…) in der Teilversicherung (…) durch unmittelbare Einwirkung von (…) Überschwemmung auf das Fahrzeug. (…) Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind;“
- 4
- Die als Prozessbevollmächtigte der Klägerin tätige Beklagte versäumte schuldhaft die Berufungsbegründungfrist.
- 5
- Klägerin Die hat daraufhin ihre frühere Prozessbevollmächtigte wegen positiver Verletzung des Anwaltsvertrages in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage mangels Schadens abgewiesen, weil eine bedingungsgemäße Überschwemmung nicht vorgelegen habe. Das Rechtsmittel der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- Nach I. Auffassung des Berufungsgerichts liegt eine "Überschwemmung" im Sinne des § 12 (1) I c AKB vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließe, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete und dieses überflute. Dass ein Gewässer über die Ufer trete, sei nicht erforderlich. Gemessen daran fehle es hier an einer Überschwemmung, da auf einen Berghang auftreffendes Regenwasser üblicherweise auch über diesen abfließe, also gerade nicht auf einem sonst nicht in Anspruch genommenen Gelände in Erscheinung trete. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 21. Mai 1964 - II ZR 9/63 - VersR 1964, 712 die Voraussetzungen einer Überschwemmung bejaht, wenn sich Erdreich, Steine u. ä. mit dem auf den Hang auftreffenden Regenwasser vermischten, mit ihm abflössen und dann gegen einen Pkw geschleudert würden. Nach den damals getroffenen Feststellungen habe der betreffende Berghang jedoch über Abflussrinnen verfügt , über die die großen Regenwassermengen nicht mehr geordnet hätten abgeleitet werden können. Das Wasser sei vielmehr teilweise über den Hang abgeflossen, teilweise in ihn eingedrungen. Zu vergleichbaren Abflussvorrichtungen habe die Klägerin hier nichts vorgetragen.
- 8
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Für die Auslegung des Begriffs "Überschwemmung" in § 12 (1) I c AKB kommt es auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, das sich am Wortlaut der Klausel und deren Sinn und Zweck orientiert (BGHZ 123, 83, 85). Dieser wird die Klausel dahin verstehen , dass ihm das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens abgenommen werden soll. Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Begriff der Überschwemmung - mangels näherer Anhaltspunkte in der Klausel selbst - für ihn unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 51/82 - VersR 1984, 28 unter I 3 für den Sturmschaden). Danach liegt - wie der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 21. Mai 1964 - II ZR 9/63 - VersR 1964, 712 - erkannt hat, eine Überschwemmung im Sinne der Klausel vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Dagegen setzt eine Überschwemmung im Sinne des § 12 (1) I c AKB nicht voraus, dass ein Ge- wässer über die Ufer tritt. Das sieht auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend.
- 10
- 2. Nicht zu folgen ist dagegen seiner Auffassung, bei diesem Begriffsverständnis könne eine Überschwemmung dann nicht vorliegen, wenn Regenwasser auf einen Berghang treffe, weil das Wasser üblicherweise über dieses Gelände abfließe, also gerade nicht auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete. Das greift zu kurz und lässt sich auch nicht mit dem dafür in Anspruch genommenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Mai 1964 (aaO) vereinbaren. Denn eine Überschwemmung im Sinne der Klausel liegt auch dann vor, wenn starker Regen auf einem Berghang in einem Maße niedergeht, dass er weder vollständig versickert oder sonst geordnet über natürliche Wege (z.B. Rinnen oder Furchen) abfließen kann; auch insoweit tritt Wasser auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung , wenngleich es sich aufgrund der Hanglage nicht sammelt, sondern - sturzbachartig - den Hang hinab fließt.
- 11
- 3. Einer unmittelbaren Einwirkung einer Überschwemmung auf das versicherte Fahrzeug, wie sie § 12 (1) I c AKB voraussetzt, steht auch nicht entgegen, dass - wovon im Revisionsverfahren auszugehen ist - das auf den Berghang auftreffende und über diesen abfließende Wasser Steine mit sich geführt hat, von denen dann einer gegen das Fahrzeug geraten ist (vgl. schon BGH, Urteil vom 21. Mai 1964 aaO; OLG Celle VersR 1979, 178)
- 12
- III. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 13
- Gemäß § 12 (1) I c Satz 4 AKB sind diejenigen Schäden vom Versicherungsschutz nicht umfasst, die auf ein durch die betreffende Naturgewalt veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind. Danach darf zwischen die durch das Naturereignis bedingte Einwirkung und deren Erfolg, also die Beschädigung oder Zerstörung des Kraftfahrzeugs, keine weitere Ursache treten. Diese Klarstellung, die keinen echten Risikoausschluss enthält, da sich die Beschränkung des Versicherungsschutzes schon aus dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verursachung ergibt (OLG Hamm NJW-RR 1989, 26, 27; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 AKB Rdn. 40; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 12 Rdn. 54), trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kfz-Teilversicherung im Unterschied zur Vollversicherung im Sinne des § 12 (1) II AKB nur Schäden deckt, die durch ganz bestimmte Ursachen ausgelöst worden sind. Es sollen die Fälle vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, in denen das Naturereignis "Überschwemmung" die Reaktion des Fahrers im Sinne eines mitursächlichen Abweichens vom Normalverhalten beeinflusst, weil in diesen Fällen die Grenze zwischen dem (vollkaskoversicherten) Risiko des Fahrerverhaltens und dem (teilkaskoversicherten) Risiko des Überschwemmungsschadens nur schwer zu ziehen ist (OLG Köln RuS 1986, 27, 28; OLG Hamburg VersR 1972, 241, 242; OLG Karlsruhe VersR 1968, 889). Soweit der Pkw infolge einer Ausweichbewegung der Klägerin und des dadurch bedingten Auftreffens auf die Begrenzungsmauer der Straße beschädigt wurde, ist der Versicherer deshalb nicht aus § 12 (1) I c AKB zur Leistung verpflichtet. Ob die Klägerin insoweit ein Verschulden trifft, ist unerheblich (OLG Hamburg aaO).
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
AG Essen-Borbeck, Entscheidung vom 07.12.2004 - 6 C 320/04 -
LG Essen, Entscheidung vom 12.05.2005 - 10 S 34/05 -
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 19.04.2002, Az.: 2 C 709/01, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Wirkungslosigkeit dieses Urteils wegen Klagerücknahme festgestellt wird, soweit es die Abweisung des im Tatbestand dieses Urteils unter Ziffer 1 aufgeführten Klageantrags angeht.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
|
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte, ihre frühere Prozessbevollmächtigte , wegen der Verletzung anwaltlicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Im August 2002 war die Klägerin mit ihrem Pkw, für den sie eine Kraftfahrzeugteilversicherung (Teilkasko) mit einer Selbstbeteiligung genommen hatte, im Urlaub auf Sizilien unterwegs. Am 28. August 2002 befuhr sie eine Bergstraße auf der vom Berghang aus gesehen äußeren Fahrbahn. Da es an den vorangegangenen Tagen nahezu ununterbro- chen sehr stark geregnet hatte, flossen erhebliche Niederschlagsmengen sturzbachartig über den Steilhang in Richtung Fahrbahn ab. Dabei wurden auch auf dem Hang liegende Gesteinsbrocken vom Wasser mitgerissen. Die Klägerin bemerkte einen solchen großen Stein auf dem vor ihr liegenden Teil des Berghangs. Da sie erkannte, dass der Stein auf die Straße stürzen würde, leitete sie zur Vermeidung einer Kollision ein Ausweichmanöver nach rechts ein. Trotzdem wurde ihr Pkw von dem Stein an der linken vorderen Felge getroffen. Infolge des Ausweichmanövers stieß der Pkw gegen die am rechten Fahrbahnrand verlaufende Begrenzungsmauer der Bergstraße. Der Klägerin entstand ein Schaden in Höhe von insgesamt 2.417,04 €. Davon entfielen auf den durch die Kollision mit dem Stein an der linken Fahrzeugseite entstandenen Schaden 1.288,67 €.
- 3
- gegen Ihre den Versicherer gerichtete Klage auf Erstattung des Gesamtbetrages wies das Amtsgericht mit der Begründung ab, es habe keine Überschwemmung im Sinne des § 12 (1) I c AKB vorgelegen. Diese Klausel lautet auszugsweise: "Die Fahrzeugversicherung umfasst die Beschädigung (…) des Fahrzeugs (…) in der Teilversicherung (…) durch unmittelbare Einwirkung von (…) Überschwemmung auf das Fahrzeug. (…) Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind;“
- 4
- Die als Prozessbevollmächtigte der Klägerin tätige Beklagte versäumte schuldhaft die Berufungsbegründungfrist.
- 5
- Klägerin Die hat daraufhin ihre frühere Prozessbevollmächtigte wegen positiver Verletzung des Anwaltsvertrages in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage mangels Schadens abgewiesen, weil eine bedingungsgemäße Überschwemmung nicht vorgelegen habe. Das Rechtsmittel der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- Nach I. Auffassung des Berufungsgerichts liegt eine "Überschwemmung" im Sinne des § 12 (1) I c AKB vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließe, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete und dieses überflute. Dass ein Gewässer über die Ufer trete, sei nicht erforderlich. Gemessen daran fehle es hier an einer Überschwemmung, da auf einen Berghang auftreffendes Regenwasser üblicherweise auch über diesen abfließe, also gerade nicht auf einem sonst nicht in Anspruch genommenen Gelände in Erscheinung trete. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 21. Mai 1964 - II ZR 9/63 - VersR 1964, 712 die Voraussetzungen einer Überschwemmung bejaht, wenn sich Erdreich, Steine u. ä. mit dem auf den Hang auftreffenden Regenwasser vermischten, mit ihm abflössen und dann gegen einen Pkw geschleudert würden. Nach den damals getroffenen Feststellungen habe der betreffende Berghang jedoch über Abflussrinnen verfügt , über die die großen Regenwassermengen nicht mehr geordnet hätten abgeleitet werden können. Das Wasser sei vielmehr teilweise über den Hang abgeflossen, teilweise in ihn eingedrungen. Zu vergleichbaren Abflussvorrichtungen habe die Klägerin hier nichts vorgetragen.
- 8
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Für die Auslegung des Begriffs "Überschwemmung" in § 12 (1) I c AKB kommt es auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, das sich am Wortlaut der Klausel und deren Sinn und Zweck orientiert (BGHZ 123, 83, 85). Dieser wird die Klausel dahin verstehen , dass ihm das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens abgenommen werden soll. Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Begriff der Überschwemmung - mangels näherer Anhaltspunkte in der Klausel selbst - für ihn unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 51/82 - VersR 1984, 28 unter I 3 für den Sturmschaden). Danach liegt - wie der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 21. Mai 1964 - II ZR 9/63 - VersR 1964, 712 - erkannt hat, eine Überschwemmung im Sinne der Klausel vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Dagegen setzt eine Überschwemmung im Sinne des § 12 (1) I c AKB nicht voraus, dass ein Ge- wässer über die Ufer tritt. Das sieht auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend.
- 10
- 2. Nicht zu folgen ist dagegen seiner Auffassung, bei diesem Begriffsverständnis könne eine Überschwemmung dann nicht vorliegen, wenn Regenwasser auf einen Berghang treffe, weil das Wasser üblicherweise über dieses Gelände abfließe, also gerade nicht auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete. Das greift zu kurz und lässt sich auch nicht mit dem dafür in Anspruch genommenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Mai 1964 (aaO) vereinbaren. Denn eine Überschwemmung im Sinne der Klausel liegt auch dann vor, wenn starker Regen auf einem Berghang in einem Maße niedergeht, dass er weder vollständig versickert oder sonst geordnet über natürliche Wege (z.B. Rinnen oder Furchen) abfließen kann; auch insoweit tritt Wasser auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung , wenngleich es sich aufgrund der Hanglage nicht sammelt, sondern - sturzbachartig - den Hang hinab fließt.
- 11
- 3. Einer unmittelbaren Einwirkung einer Überschwemmung auf das versicherte Fahrzeug, wie sie § 12 (1) I c AKB voraussetzt, steht auch nicht entgegen, dass - wovon im Revisionsverfahren auszugehen ist - das auf den Berghang auftreffende und über diesen abfließende Wasser Steine mit sich geführt hat, von denen dann einer gegen das Fahrzeug geraten ist (vgl. schon BGH, Urteil vom 21. Mai 1964 aaO; OLG Celle VersR 1979, 178)
- 12
- III. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 13
- Gemäß § 12 (1) I c Satz 4 AKB sind diejenigen Schäden vom Versicherungsschutz nicht umfasst, die auf ein durch die betreffende Naturgewalt veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind. Danach darf zwischen die durch das Naturereignis bedingte Einwirkung und deren Erfolg, also die Beschädigung oder Zerstörung des Kraftfahrzeugs, keine weitere Ursache treten. Diese Klarstellung, die keinen echten Risikoausschluss enthält, da sich die Beschränkung des Versicherungsschutzes schon aus dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verursachung ergibt (OLG Hamm NJW-RR 1989, 26, 27; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 AKB Rdn. 40; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 12 Rdn. 54), trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kfz-Teilversicherung im Unterschied zur Vollversicherung im Sinne des § 12 (1) II AKB nur Schäden deckt, die durch ganz bestimmte Ursachen ausgelöst worden sind. Es sollen die Fälle vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, in denen das Naturereignis "Überschwemmung" die Reaktion des Fahrers im Sinne eines mitursächlichen Abweichens vom Normalverhalten beeinflusst, weil in diesen Fällen die Grenze zwischen dem (vollkaskoversicherten) Risiko des Fahrerverhaltens und dem (teilkaskoversicherten) Risiko des Überschwemmungsschadens nur schwer zu ziehen ist (OLG Köln RuS 1986, 27, 28; OLG Hamburg VersR 1972, 241, 242; OLG Karlsruhe VersR 1968, 889). Soweit der Pkw infolge einer Ausweichbewegung der Klägerin und des dadurch bedingten Auftreffens auf die Begrenzungsmauer der Straße beschädigt wurde, ist der Versicherer deshalb nicht aus § 12 (1) I c AKB zur Leistung verpflichtet. Ob die Klägerin insoweit ein Verschulden trifft, ist unerheblich (OLG Hamburg aaO).
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
AG Essen-Borbeck, Entscheidung vom 07.12.2004 - 6 C 320/04 -
LG Essen, Entscheidung vom 12.05.2005 - 10 S 34/05 -
(1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Versicherungsfall herbeiführt.
(2) Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
---|---|---|
2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte, ihre frühere Prozessbevollmächtigte , wegen der Verletzung anwaltlicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch.
- 2
- Im August 2002 war die Klägerin mit ihrem Pkw, für den sie eine Kraftfahrzeugteilversicherung (Teilkasko) mit einer Selbstbeteiligung genommen hatte, im Urlaub auf Sizilien unterwegs. Am 28. August 2002 befuhr sie eine Bergstraße auf der vom Berghang aus gesehen äußeren Fahrbahn. Da es an den vorangegangenen Tagen nahezu ununterbro- chen sehr stark geregnet hatte, flossen erhebliche Niederschlagsmengen sturzbachartig über den Steilhang in Richtung Fahrbahn ab. Dabei wurden auch auf dem Hang liegende Gesteinsbrocken vom Wasser mitgerissen. Die Klägerin bemerkte einen solchen großen Stein auf dem vor ihr liegenden Teil des Berghangs. Da sie erkannte, dass der Stein auf die Straße stürzen würde, leitete sie zur Vermeidung einer Kollision ein Ausweichmanöver nach rechts ein. Trotzdem wurde ihr Pkw von dem Stein an der linken vorderen Felge getroffen. Infolge des Ausweichmanövers stieß der Pkw gegen die am rechten Fahrbahnrand verlaufende Begrenzungsmauer der Bergstraße. Der Klägerin entstand ein Schaden in Höhe von insgesamt 2.417,04 €. Davon entfielen auf den durch die Kollision mit dem Stein an der linken Fahrzeugseite entstandenen Schaden 1.288,67 €.
- 3
- gegen Ihre den Versicherer gerichtete Klage auf Erstattung des Gesamtbetrages wies das Amtsgericht mit der Begründung ab, es habe keine Überschwemmung im Sinne des § 12 (1) I c AKB vorgelegen. Diese Klausel lautet auszugsweise: "Die Fahrzeugversicherung umfasst die Beschädigung (…) des Fahrzeugs (…) in der Teilversicherung (…) durch unmittelbare Einwirkung von (…) Überschwemmung auf das Fahrzeug. (…) Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind;“
- 4
- Die als Prozessbevollmächtigte der Klägerin tätige Beklagte versäumte schuldhaft die Berufungsbegründungfrist.
- 5
- Klägerin Die hat daraufhin ihre frühere Prozessbevollmächtigte wegen positiver Verletzung des Anwaltsvertrages in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage mangels Schadens abgewiesen, weil eine bedingungsgemäße Überschwemmung nicht vorgelegen habe. Das Rechtsmittel der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- Nach I. Auffassung des Berufungsgerichts liegt eine "Überschwemmung" im Sinne des § 12 (1) I c AKB vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließe, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete und dieses überflute. Dass ein Gewässer über die Ufer trete, sei nicht erforderlich. Gemessen daran fehle es hier an einer Überschwemmung, da auf einen Berghang auftreffendes Regenwasser üblicherweise auch über diesen abfließe, also gerade nicht auf einem sonst nicht in Anspruch genommenen Gelände in Erscheinung trete. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 21. Mai 1964 - II ZR 9/63 - VersR 1964, 712 die Voraussetzungen einer Überschwemmung bejaht, wenn sich Erdreich, Steine u. ä. mit dem auf den Hang auftreffenden Regenwasser vermischten, mit ihm abflössen und dann gegen einen Pkw geschleudert würden. Nach den damals getroffenen Feststellungen habe der betreffende Berghang jedoch über Abflussrinnen verfügt , über die die großen Regenwassermengen nicht mehr geordnet hätten abgeleitet werden können. Das Wasser sei vielmehr teilweise über den Hang abgeflossen, teilweise in ihn eingedrungen. Zu vergleichbaren Abflussvorrichtungen habe die Klägerin hier nichts vorgetragen.
- 8
- II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Für die Auslegung des Begriffs "Überschwemmung" in § 12 (1) I c AKB kommt es auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, das sich am Wortlaut der Klausel und deren Sinn und Zweck orientiert (BGHZ 123, 83, 85). Dieser wird die Klausel dahin verstehen , dass ihm das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens abgenommen werden soll. Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Begriff der Überschwemmung - mangels näherer Anhaltspunkte in der Klausel selbst - für ihn unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 51/82 - VersR 1984, 28 unter I 3 für den Sturmschaden). Danach liegt - wie der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 21. Mai 1964 - II ZR 9/63 - VersR 1964, 712 - erkannt hat, eine Überschwemmung im Sinne der Klausel vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Dagegen setzt eine Überschwemmung im Sinne des § 12 (1) I c AKB nicht voraus, dass ein Ge- wässer über die Ufer tritt. Das sieht auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend.
- 10
- 2. Nicht zu folgen ist dagegen seiner Auffassung, bei diesem Begriffsverständnis könne eine Überschwemmung dann nicht vorliegen, wenn Regenwasser auf einen Berghang treffe, weil das Wasser üblicherweise über dieses Gelände abfließe, also gerade nicht auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung trete. Das greift zu kurz und lässt sich auch nicht mit dem dafür in Anspruch genommenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Mai 1964 (aaO) vereinbaren. Denn eine Überschwemmung im Sinne der Klausel liegt auch dann vor, wenn starker Regen auf einem Berghang in einem Maße niedergeht, dass er weder vollständig versickert oder sonst geordnet über natürliche Wege (z.B. Rinnen oder Furchen) abfließen kann; auch insoweit tritt Wasser auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung , wenngleich es sich aufgrund der Hanglage nicht sammelt, sondern - sturzbachartig - den Hang hinab fließt.
- 11
- 3. Einer unmittelbaren Einwirkung einer Überschwemmung auf das versicherte Fahrzeug, wie sie § 12 (1) I c AKB voraussetzt, steht auch nicht entgegen, dass - wovon im Revisionsverfahren auszugehen ist - das auf den Berghang auftreffende und über diesen abfließende Wasser Steine mit sich geführt hat, von denen dann einer gegen das Fahrzeug geraten ist (vgl. schon BGH, Urteil vom 21. Mai 1964 aaO; OLG Celle VersR 1979, 178)
- 12
- III. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
- 13
- Gemäß § 12 (1) I c Satz 4 AKB sind diejenigen Schäden vom Versicherungsschutz nicht umfasst, die auf ein durch die betreffende Naturgewalt veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind. Danach darf zwischen die durch das Naturereignis bedingte Einwirkung und deren Erfolg, also die Beschädigung oder Zerstörung des Kraftfahrzeugs, keine weitere Ursache treten. Diese Klarstellung, die keinen echten Risikoausschluss enthält, da sich die Beschränkung des Versicherungsschutzes schon aus dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verursachung ergibt (OLG Hamm NJW-RR 1989, 26, 27; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 AKB Rdn. 40; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. § 12 Rdn. 54), trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kfz-Teilversicherung im Unterschied zur Vollversicherung im Sinne des § 12 (1) II AKB nur Schäden deckt, die durch ganz bestimmte Ursachen ausgelöst worden sind. Es sollen die Fälle vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, in denen das Naturereignis "Überschwemmung" die Reaktion des Fahrers im Sinne eines mitursächlichen Abweichens vom Normalverhalten beeinflusst, weil in diesen Fällen die Grenze zwischen dem (vollkaskoversicherten) Risiko des Fahrerverhaltens und dem (teilkaskoversicherten) Risiko des Überschwemmungsschadens nur schwer zu ziehen ist (OLG Köln RuS 1986, 27, 28; OLG Hamburg VersR 1972, 241, 242; OLG Karlsruhe VersR 1968, 889). Soweit der Pkw infolge einer Ausweichbewegung der Klägerin und des dadurch bedingten Auftreffens auf die Begrenzungsmauer der Straße beschädigt wurde, ist der Versicherer deshalb nicht aus § 12 (1) I c AKB zur Leistung verpflichtet. Ob die Klägerin insoweit ein Verschulden trifft, ist unerheblich (OLG Hamburg aaO).
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
AG Essen-Borbeck, Entscheidung vom 07.12.2004 - 6 C 320/04 -
LG Essen, Entscheidung vom 12.05.2005 - 10 S 34/05 -