Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 09. Feb. 2016 - 1 Sa 321/15

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2016:0209.1SA321.15.0A
09.02.2016

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.07.2015 - 3 Ca 733/14 - teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 4.828,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.03.2014 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien je zu Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch über Ansprüche auf Überstundenvergütung sowie Urlaubsabgeltung für das Jahr 2013.

2

Die Klägerin war vom 10.12.2009 bis zum 28.02.2014 auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (Bl. 7 - 11 d. A.) zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.500,-- € beim Beklagten als Pflegedienstleiterin beschäftigt. Ausweislich des Arbeitsvertrags war eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und eine monatliche Arbeitszeit von 173 Stunden vereinbart. Die Arbeit erfolgte nach Dienstplan. Vereinbart waren ferner 30 Arbeitstage Jahresurlaub.

3

Die Beklagte betreibt zwei Pflegeeinrichtungen: Das „Haus M.“ (HM) und das Haus „U. V.“ (UV). In den Jahren 2013 und 2014 wurde der Klägerin kein Urlaub gewährt. Die Beklagte zahlte an die Klägerin insgesamt 1.500,-- € aus, von denen sich die Klägerin 1.000,-- € auf die hier geltend gemachten Ansprüche anrechnen lässt.

4

Mit Teil-Urteil vom 14.10.2014 hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin die sie betreffenden Teile der Dienstpläne des HM für das Jahr 2013 auszuhändigen. Nach Aushändigung hat die Klägerin ihr Zahlungsbegehren im Wesentlichen mit folgendem Vortrag begründet:

5

Aus den Dienstplänen der Einrichtung UV ergebe sich im Zeitraum von Januar 2012 bis Dezember 2013 ein Stundenplus von 334,16. Hierfür verlange sie ausgehend von einem Stundenlohn von 14,88 € Vergütung in Höhe von 4.934,80 €. Für das HM ergäben sich aus den Dienstplänen für das Jahr 2013 weitere 91,68 Überstunden, wofür ihr weitere 1.364,19 € zustünden.

6

Die Überstunden im Jahr 2012 seien erforderlich gewesen, weil im Mai 2012 die Kündigung der Versorgungsverträge der Einrichtungen gedroht habe und sie die Unterlagen zur Aufrechterhaltung der Betriebserlaubnis habe erstellen müssen. Daneben habe sie im pflegerischen Bereich immer wieder für ausgefallene Fachkräfte einspringen müssen. Teilweise habe sie auch für die Bewohner gekocht.

7

Sie habe gelegentlich am PC gespielt, keineswegs die überwiegende Zeit. Wenn sie ihre Tätigkeit im HM beendet gehabt habe, habe sie sich zum Haus UV begeben, das Gerät angestellt, und gespielt, um die Zeit für andere Termine zu überbrücken.

8

Die nachträglich ausgehändigten Dienstpläne des HM seien vom Beklagten manipuliert worden. So fehlten Eintragungen der Ist-Zeiten ab September 2013; weitere Eintragungen stammten nicht von Frau N., die für das Eintragen der Stunden zuständig gewesen sei. Die Dienstpläne seien für beide Häuser auch nur zu Beginn des Jahres 2012 durch Frau B. einheitlich erstellt worden, danach habe es stets getrennte Dienstpläne gegeben. Sie könne daher kumulativ die in den beiden Dienstplänen ausgewiesenen Plusstunden geltend machen.

9

Urlaub habe sie wegen des hohen Arbeitsanfalls im gesamten Jahr 2013 nicht nehmen können. Er sei - wie auch für 2014 - abzugelten. Der Beklagte schulde daher eine Abgeltung für 35 Urlaubstage in Höhe von 4.038,30 €.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 10.337,29 € brutto abzüglich 1.000,-- € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf 8.973,10 € und auf 1.364,19 €.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat erwidert:

15

Überstunden seien von ihm nicht angeordnet und auch nicht erforderlich gewesen. So gehöre das Erstellen von Unterlagen zur Aufrechterhaltung der Versorgungsverträge zu den vertraglich geschuldeten Aufgaben einer Pflegedienstleitung und sei in der regelmäßigen Arbeitszeit zu erledigen. Die Klägerin sei in der Pflege tätig gewesen, obwohl bereits eine Fachkraft anwesend gewesen sei. Das sei allein von Januar bis August 2012 an 87 Tagen der Fall gewesen.

16

Die Dienstpläne des HM seien für die Anzahl der geleisteten Stunden nicht maßgeblich. Sämtliche Arbeitszeiten der Klägerin seien in den Plänen des UV erfasst. Diese sei bis Juli 2013 täglich nur ca. 15 Minuten im HM gewesen und dann in UV gewechselt. Erst ab August 2013 habe er die Klägerin aufgefordert, mehr in HM tätig zu sein. Dass sein Vortrag zutreffe, zeige sich besonders deutlich am Dienstplan für Dezember 2013, in dem für die Klägerin im Dienstplan von UV 217 Ist-Stunden ausgewiesen seien und die Klägerin wegen Arbeiten in derselben Arbeitszeit weitere 133 Ist-Stunden im HM behaupte.

17

Er schulde aber auch deswegen keine weitere Vergütung, weil er erst nachträglich - im April 2015 - erfahren habe, dass die Klägerin den ganz überwiegenden Teil der im Dienstplan eingetragenen Zeiten mit exzessivem Spielen am PC verbracht habe. Sie sei von den weiteren Arbeitskollegen im Dienstzimmer ganz regelmäßig beim Spielen angetroffen worden.

18

Urlaubsansprüche für 2013 seien verfallen. Vom 13. bis 31.05.2013 sei für die Klägerin Urlaub vorgesehen gewesen. Die Klägerin habe diesen Urlaub aber nicht genommen, sondern sich noch nachträglich für die Frühschicht eingetragen.

19

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

20

Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung von zwei Zeugen die Klage mit Ausnahme des Urlaubsabgeltungsanspruchs für 5 Tage aus 2014 abzüglich gezahlter 1.000,-- € abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne keine Überstundenvergütung verlangen, weil die beiden Zeuginnen überzeugend ausgeführt hätten, dass die Klägerin regelmäßig vertragswidrig nicht gearbeitet habe. Urlaubsabgeltungsansprüche für das Jahr 2013 seien verfallen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Schluss-Urteil Bezug genommen.

22

Gegen das am 04.08.2015 zugestellte Schluss-Urteil hat die Klägerin am 31.08.2015 Berufung eingelegt und diese am 01.10.2015 begründet.

23

Sie trägt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ergänzend wie folgt vor:

24

Sie wende sich insbesondere gegen die Beurteilung der Zeugenaussagen durch das Arbeitsgericht und rüge, dass die von ihr benannten Gegenzeugen nicht gehört worden seien. Die Zeugin K. habe im Übrigen die Behauptungen des Beklagten gerade nicht bestätigt. Sie habe sich falsch und widersprüchlich geäußert. Beide Zeuginnen seien auch nicht regelmäßig bei der Übergabe der Nachttätigkeit anwesend gewesen. Die Zeugin K. habe im Übrigen selbst gespielt, etwa im Nachtdienst oder an Wochenenden. Auch bezögen sich ihre Angaben erkennbar erst auf den Zeitraum ab August 2013.

25

Auch die Aussage der Zeugin B. sei nicht glaubhaft. Diese habe keine Veranlassung gehabt, das Dienstzimmer aufzusuchen. Sie habe dieses Zimmer allenfalls zwei bis dreimal am Tag für wenige Minuten betreten, um Kaffee zu bringen. Sie sei im Jahr 2012 auch nicht in UV, sondern in HM eingesetzt gewesen und könne daher zu ihrer - Klägerin - Tätigkeit nichts sagen.

26

Ihr stehe auch der Urlaubsabgeltungsanspruch zu, da der Beklagte von sich aus verpflichtet gewesen sei, ihr Urlaub im Jahr 2013 zu gewähren und dies nicht getan habe.

27

Ihrer Darlegungslast sei sie durch Vorlage der Dienstpläne nachgekommen. Der Beklagte habe seinen Vortrag nicht ausreichend substantiiert.

28

Die Klägerin beantragt,

29

das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.07.2015 - 3 Ca 733/14 - teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin weitere 9.760,37 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

30

Der Beklagte beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Er erwidert:

33

Er bleibe dabei, dass die Dienstzeiten der Klägerin vollständig im Dienstplan für UV erfasst seien. Bis Juli 2013 sei die Klägerin auch nur wenige Minuten täglich im HM gewesen. Das Arbeitsgericht habe fehlerfrei festgestellt, dass die Klägerin regelmäßig privat gespielt habe. Er tritt insoweit der Würdigung der Zeugenaussagen durch die Klägerin im Einzelnen entgegen. Die Klägerin räume im Übrigen in der Berufungsbegründung selbst ein, dass sie während der Arbeitszeit regelmäßig und nicht nur ausnahmsweise privat gespielt habe. Urlaubsabgeltungsansprüche für 2013 habe das Arbeitsgericht zutreffend abgelehnt.

34

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

35

Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Der Klägerin stehen noch Vergütungsansprüche für einen Teil der von ihr geltend gemachten Überstunden zu. Urlaubsabgeltungsansprüche bestehen, soweit nicht das Arbeitsgericht bereits rechtskräftig zu Gunsten der Klägerin entschieden hat, nicht mehr.

I.

36

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von 6.298,99 € zuzüglich Zinsen ist zu einem Teil, nämlich in Höhe von 4.828,61 € begründet, im Übrigen unbegründet.

37

1. Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 3 des Arbeitsvertrags der Klägerin. Nach § 3 letzter Satz ihres Arbeitsvertrags wird Mehrarbeit der Klägerin „vorrangig in Freizeit ausgeglichen“. Daraus kann im Wege der Auslegung der Rückschluss gezogen werden, dass in dem Fall, dass ein Freizeitausgleich nicht möglich ist, die Überstunden auszubezahlen sind.

38

2. Den Umfang der von ihr geleisteten Überstunden hat die Klägerin aber nur zum Teil schlüssig dargelegt.

39

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts i. V. m. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt. Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereit gehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (BAG, Urt. v. 18.04.2012 - 5 AZR 248/11 - Juris, Rn 4).

40

Nichts anderes gilt für die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe die geschuldete Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet. Auch insoweit genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen nicht nachgekommen ist (BAG, Urt. v. 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 - Juris, Rn 27).

41

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin schlüssig dargelegt, dass sie im Haus UV 334,16 Stunden Mehrarbeit geleistet hat. Ihr Vortrag zur Mehrarbeit im HM im Umfang von 91,68 weiteren Überstunden ist hingegen nicht schlüssig. Der Beklagte hat den schlüssigen Vortrag der Klägerin nicht ausreichend bestritten.

42

aa) Der Vortrag der Klägerin zu der von ihr abgeleisteten Mehrarbeit ist nur teilweise ausreichend substantiiert. Sie hat zwar ausreichend zum Umfang der im UV abgeleisteten Überstunden, nicht aber zu den im HM angefallenen Überstunden vorgetragen.

43

(1) Mit der Vorlage der Dienstpläne für die Einrichtung UV genügt die Klägerin den vom BAG aufgestellten Anforderungen für die Darlegungslast. Die Klägerin hat die Dienstpläne für die Einrichtung UV von Januar 2012 bis Dezember 2013 durchgehend eingereicht. Aus den in den Dienstplänen enthaltenen Schichten verbunden mit der Legende, in der die Arbeitszeiten zu diesen Schichten hinterlegt sind, ergibt sich für jeden einzelnen Tag der Jahre 2012 und 2013 für welchen Zeitraum die Klägerin behauptet sich zur Arbeitsleistung für den Beklagten bereit gehalten zu haben. Der Vortrag ist auch ausreichend substantiiert, insbesondere auch für den Beklagten einlassungsfähig. Dieser hat selbst wiederholt ausgeführt, (ausschließlich) die Dienstpläne der Einrichtung UV gäben die Dienstzeiten der Klägerin wieder.

44

Soweit der Beklagte im Berufungstermin darauf abgestellt hat, im Dienstplan für Mai 2013 seien nachträglich Eintragungen vorgenommen worden, steht das der Schlüssigkeit des Vorbringens nicht entgegen. Der Beklagte hat insoweit nur behauptet, die Klägerin habe den für sie vorgesehenen Urlaub nicht wahrgenommen und sich stattdessen in den Dienstplan eingetragen. Damit hat der Beklagte aber ausdrücklich nicht gesagt, dass die Klägerin die von ihr für den Zeitraum 13.05. bis 31.05. 2013 eingetragene Frühschicht nicht tatsächlich wahrgenommen hat. Auch im Übrigen geht der Beklagte davon aus, dass sich die Klägerin zu den im Dienstplan hinterlegten Zeiten in seinem Betrieb aufgehalten hat.

45

(2) Dagegen genügt die Vorlage des Dienstplans betreffend die Einrichtung HM allein nicht, um ausreichend darzulegen, dass die Klägerin weitere 91,68 Überstunden geleistet hat.

46

Der Beklagte hat ausdrücklich bestritten, dass die im Dienstplan HM eingetragenen Zeiten zusätzlicher von der Klägerin angeforderter Arbeitsleistung darstellen. Er hat insoweit darauf hingewiesen, dass die dort wiedergegebenen Zeiten in beiden Dienstplänen aufgeführt sind.

47

Das Gericht ist diesem Vortrag im Berufungstermin unter Einsichtnahme in den Originaldienstplan für die Einrichtung HM und Abgleich mit dem Dienstplan für die Einrichtung UV nachgegangen. Dabei hat es übereinstimmend mit den beiden Prozessbevollmächtigten festgestellt, dass etwa im August 2013 sämtliche Dienste - Frühdienste -, die für die Klägerin in der Einrichtung UV eingetragen waren, auch in der Einrichtung HM eingetragen worden sind und im Dienstplan der Einrichtung UV mit dem Zusatz „HM“ versehen waren. Ferner sind bei der Addition der geleisteten Arbeitsstunden im August im Dienstplan von UV sämtliche Arbeitsstunden herangezogen worden. Sonst käme man nicht auf die dort ausgewiesene Stundenzahl von 189 geleisteten Stunden. Die Klägerin kann daher etwa die im August 2013 im HM ausgewiesenen Arbeitsstunden nicht zusätzlich als geleistete Arbeit geltend machen. Vergleichbares gilt für den Monat Dezember 2013 oder auch den April 2013. Allerdings hat das Berufungsgericht auch festgestellt, dass für einzelne Tage und in einzelnen Monaten die Dienstpläne für die Einrichtung HM Zeiten für die Klägerin ausweisen, die nicht im Dienstplan der Einrichtung UV ausgewiesen sind und damit grundsätzlich deren Vortrag bestätigen.

48

Im Rahmen der Darlegung der von ihr geleisteten Mehrarbeit genügt es dann aber nicht, wenn die Klägerin pauschal auf den Dienstplan der Einrichtung HM Bezug nimmt und damit weitere Überstunden begründet. Vielmehr hätte dann für jeden einzelnen Tag des Jahres 2013 vorgetragen werden müssen, ob dieser bereits im Dienstplan der Einrichtung UV enthalten ist oder nicht. Daran fehlt es.

49

(3) Im Ergebnis sind damit nur 334,16 Stunden aus UV ausreichend dargelegt.

50

bb) Die Ableistung dieser Stunden hat die Beklagte nicht ausreichend bestritten. Sie gelten daher nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als zugestanden.

51

(1) Der Beklagte kann zunächst einmal nicht mit seinem ursprünglichen erstinstanzlichen Vortrag gehört werden, die Ableistung der entsprechenden Stunden sei nicht erforderlich gewesen; die Klägerin hätte die Arbeit auch in kürzerer Zeit erledigen können. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ausschließlich Stunden geltend macht, in denen sie nach dem Dienstplan und ihrem Arbeitsvertrag zur Ableistung verpflichtet war. Die Klägerin hat diese Dienstpläne - das ist unstreitig - auch nicht selbst erstellt, sondern die weiteren Mitarbeiterinnen des Beklagten B. und N. . Aus welchen Gründen es dazu gekommen ist, dass die Klägerin in so großem Umfang zu Diensten herangezogen wurde, ist hier nicht weiter aufzuklären. Jedenfalls war dem Beklagten der Umfang der geleisteten Dienste auch jederzeit bekannt. Unstreitig hat er die Dienstpläne monatlich gesehen und zur Abrechnung an den Steuerberater weiter geleitet.

52

(2) Soweit der Beklagte einwendet, die Klägerin habe während ihrer Arbeitszeit am Computer gespielt, ist sein Vortrag nicht ausreichend substantiiert. Die vom Bundesarbeitsgericht geforderten Angaben dazu, an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann seinen Weisungen nicht nachgekommen ist, fehlen vollständig. Der Beklagte hat sich vielmehr auf den pauschalen Vortrag beschränkt, die Klägerin habe die überwiegende Zeit gespielt. Das ist nach dem vorstehend Ausgeführten unsubstantiiert.

53

(3) Vor diesem Hintergrund hätte das Arbeitsgericht auch nicht Beweis erheben dürfen. Dennoch ist eine durchgeführte Beweisaufnahme vom Berufungsgericht zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Beweisaufnahme aber nicht ergeben, dass die Klägerin während ihrer Arbeitszeit durchgehend - also ausschließlich - gespielt hat oder aber an welchen Tagen in welchem zeitlichen Umfang dies der Fall war.

54

Die Zeugen konnten zu einzelnen Tagen und zum zeitlichen Umfang des Spielens im Einzelnen nichts sagen. So hat die Zeugin K. zum Umfang des Spielens der Klägerin am PC Angaben gemacht, die sich keinem bestimmten zeitlichen Zeitraum zuordnen lassen. So heißt es in ihrer Aussage unter anderem, die Klägerin habe dreimal in der Woche gespielt, dann im nächsten Satz, wenn sie dreimal im Dienstzimmer gewesen sei, lief zweimal der PC. Zur Frage, wie häufig der PC lief, hat sie dann weiter ausgeführt, das sei schwer zu sagen, es sei in den letzten Monaten häufiger gewesen. Bei Arbeiten am Qualitätshandbuch habe die Klägerin zwischendurch gespielt, länger als eine halbe Stunde bestimmt, das sei etwa einmal die Woche gewesen. Unstreitig ist, dass sich die Äußerungen der Zeugin allein auf den Zeitraum ab August 2013, also auf fünf der hier in Rede stehenden 24 Monate bezogen haben. Ebenso wenig ergiebig war die Aussage der Zeugin Bö., die gesagt hat, die Klägerin habe, wenn sie (Zeugin) ihr einen Kaffee gebracht habe, meistens gespielt. Dies sei nach der Übergabe des Nachtdienstes meistens so gewesen. Die Klägerin habe meistens gespielt, aber - so die Zeugin einen Satz später - sie habe auch nebenbei ihre Akten gemacht und auch nicht gespielt, wenn der Beklagte im Haus gewesen sei.

55

Aus diesen Zeugenaussagen lässt sich nicht im Ansatz ein bestimmter Zeitraum ermitteln, in dem die Klägerin ihrer arbeitsvertraglichen Pflicht konkret nicht nachgekommen ist. Der Beklagte hat im Übrigen auch an keiner Stelle behauptet, dass Arbeiten der Klägerin nicht erledigt oder von anderen Mitarbeitern miterledigt worden seien. Vielmehr hat er selbst vorgetragen, die Klägerin sei etwa von Januar bis August des Jahres 2012 an 87 Tagen neben einer weiteren Fachkraft in der Pflege tätig gewesen und ausgeführt, dies sei nicht nötig gewesen. Dass in diesem Zeitraum dann an bestimmten Tagen nicht so viel zu tun ist, und die Klägerin Gelegenheit hat, auch zu spielen, liegt auf der Hand. Dem muss aber der Beklagte durch eine entsprechende Gestaltung des Dienstplans entgegentreten und die Klägerin nicht für Zeiten einteilen lassen, in denen sie gar nicht benötigt wird.

56

Die Kammer sieht auch keine Möglichkeit einen etwaigen Anteil der Klägerin an Zeiten des PC-Spielens nach Maßgabe des § 287 ZPO zu schätzen. Die Zeugenaussagen liefern hierfür keine ausreichende Grundlage.

57

(4) Mangels substantiierten Vortrags des Beklagten kam auch eine Wiederholung der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht in Betracht. Auf die Anfordernisse an die jeweilige Darlegungslast sind die Parteien mit Verfügung des Gerichts vom 12.11.2015 hingewiesen worden, ohne dass der Beklagte hieraus weitere Konsequenzen gezogen hat. Im Übrigen ist er auch erkennbar zu substantiierterem Vortrag schon aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr in der Lage.

58

3. Danach steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung in Höhe von 4.828,61 € brutto zu.

59

a) Auszugehen ist entgegen der Berechnung der Klägerin nicht von einem Stundenlohn von 14,88 € brutto, sondern von einem Stundenlohn von 14,45 € brutto. Die Parteien haben keine monatliche Arbeitszeit von 168 Stunden vereinbart, sondern ausdrücklich von 173 Stunden. Demzufolge ermittelt sich der Stundenlohn der Klägerin auch durch folgende Division: 2.500,-- € : 173. Die Klägerin legt bei ihrer Berechnung ersichtlich einen Zeitraum von vier Wochen zugrunde. Vier Wochen sind aber weniger als ein Monat.

60

b) 334,16 Stunden multipliziert mit 14,45 € brutto ergibt 4.828,61 €.

61

4. Zinsen stehen der Klägerin ab dem 19.03.2014 gemäß den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB zu.

II.

62

Ein weiterer Anspruch auf Urlaubsgeltung für 30 Tage aus dem Jahr 2013 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG besteht nicht.

63

1. Nach § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.

64

a) Der Jahresurlaub der Klägerin aus dem Jahr 2013 ist nicht in das Jahr 2014 übertragen worden. Die Klägerin hat zum Vorliegen betrieblicher Gründe im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG nicht ausreichend vorgetragen.

65

aa) Dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG liegen vor, wenn die Interessen des Arbeitgebers an einer Gewährung von Urlaub im Übertragungszeitraum anstelle des im Urlaubsjahr zu gewährenden Urlaubs das Interesse des Arbeitnehmers an der fristgerechten Inanspruchnahme des Urlaubs noch innerhalb des Kalenderjahres überwiegen. Das ist z. B. dann gegeben, wenn die Auftragslage zum Jahresende die Anwesenheit des Arbeitnehmers erfordert, eine besonders arbeitsintensive Zeit bevorsteht, bereits anderen Arbeitnehmern Urlaub gewährt worden ist usw.. Von der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, insbesondere ein Urlaubswunsch des Arbeitnehmers zum Jahresende abgelehnt hat (Erf.-Komm., 16. Aufl., § 7 BUrlG, Rn 61). Die Darlegungslast für das Vorliegen eines Übertragungstatbestands liegt beim Arbeitnehmer (LAG Schl.-Holst. - 6 Sa 492/06 - Juris, Rn 48).

66

bb) Danach hat die Klägerin keine ausreichenden dringenden betrieblichen Gründe dargelegt, die eine Übertragung ihres Urlaubs in das erste Kalenderquartal 2014 rechtfertigen. Weder hat sie konkret zur Personalsituation zum Ende des Jahres hin vorgetragen, noch ist ein Urlaubswunsch von ihr abschlägig beschieden worden. Im Berufungsverfahren hat sie sich auf die Übertragung des Urlaubs auch nicht mehr bezogen.

67

b) Ohne Übertragungstatbestand erlischt der Urlaubsanspruch am Jahresende (Erf.-Komm., a. a. O., Rn 39).

68

2. Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch auf Urlaubsabgeltung zu.

69

a) Anerkannt ist, dass dem Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber ein Verzugsschadensersatz dann zusteht, wenn er rechtzeitig, aber erfolglos die Freistellung im Urlaubsjahr verlangt und damit den Arbeitnehmer gemahnt und in Verzug gesetzt hat (Erf.-Komm., a. a. O., Rn 40).

70

Die Voraussetzungen eines Verzugsschadensersatzanspruchs liegen nicht vor. Die Klägerin hat den Beklagten nicht durch einen konkreten Urlaubsantrag mit der Erteilung des Urlaubs in Verzug gesetzt.

71

b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch gemäß den §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB zu, weil der Beklagte seine Pflicht zur Urlaubserteilung verletzt hat.

72

aa) Eine Rechtspflicht des Arbeitgebers, auch ohne entsprechenden Antrag des Arbeitnehmers im laufenden Kalenderjahr Urlaub zu erteilen nimmt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einem Urteil vom 12.06.2014 - 21 Sa 221/14 - Juris sowie auch in anderen Entscheidungen an und begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers diene und der Wortlaut des § 7 BUrlG der entsprechenden Auslegung nicht entgegenstehe.

73

bb) Das Bundesarbeitsgericht geht demgegenüber nicht von einer Pflicht des Arbeitgebers zur Urlaubsgewährung im laufenden Kalenderjahr aus. Vielmehr verfällt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Urlaub am Jahresende, nur unter den Voraussetzungen des Verzugs entsteht der oben dargestellte Ersatzurlaubsanspruch (BAG v. 14.05.2013 - 9 AZR 760/11 -).

74

Dieser Auffassung des Bundesarbeitsgerichts folgt auch das Berufungsgericht. Gerade aus Sicht des Gesundheitsschutzes hält es eine Lösung für vorzugswürdig, nach der der Arbeitnehmer zumindest gehalten ist, einen Urlaubsantrag zu stellen. Folgt man der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg, befördert das nämlich nach Einschätzung der Kammer das Anhäufen von Urlaubsansprüchen im bestehenden Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer wird von der Stellung rechtzeitiger Urlaubsanträge abgehalten, die er um Streitigkeiten wegen der Urlaubsgewährung zu vermeiden, nicht stellt. Unter Berücksichtigung der Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg erwüchse ihm hieraus kein Nachteil. Er kann das Stellen von Urlaubsanträgen einfach unterlassen mit dem Argument, er kann den Urlaub hinterher - spätestens nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - immer noch nehmen. Dieses Herausschieben der Urlaubsgewährung dient aber gerade nicht dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers, der nur verwirklicht wird, wenn der Urlaub auch tatsächlich genommen wird. Selbstverständlich ist es nicht besser, wenn der Arbeitnehmer wegen des Verfalls am Jahresende gar keinen Urlaub erhält. Droht aber der Verfall seines Urlaubs, wird der Arbeitnehmer gezwungen, zumindest einen Urlaubsantrag zu stellen, um den Verzug des Arbeitgebers auszulösen. Das ist das Warnsignal auch für den Arbeitgeber, die Urlaubsgewährung zu ermöglichen. Weiß der Arbeitnehmer, dass ihm ohne Urlaubsantrag der komplette Verlust seines Urlaubs droht, wird er eher Maßnahmen zur tatsächlichen Urlaubsgewährung ergreifen.

75

Im Übrigen setzt nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Gewährung des Urlaubs voraus, dass die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Das wiederum ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer zuvor einen Urlaubsantrag gestellt hat.

III.

76

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

77

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier streitige Rechtsfrage zum Urlaubsrecht ist vom Bundesarbeitsgericht in der jüngeren Vergangenheit im Sinne der Berufungskammer entschieden worden. Anlass deswegen die Revision zuzulassen, sieht die Kammer nicht.


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(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


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Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Mai 2013 - 9 AZR 760/11

bei uns veröffentlicht am 14.05.2013

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2011 - 16 Sa 406/10 - teilweise aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11

bei uns veröffentlicht am 16.05.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Oktober 2010 - 6 Sa 343/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Apr. 2012 - 5 AZR 248/11

bei uns veröffentlicht am 18.04.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. November 2010 - 14 Sa 945/10 - aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, a
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Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 01. Feb. 2017 - 5 Sa 195/15

bei uns veröffentlicht am 01.02.2017

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 06.03.2015 (Az.: 7 Ca 351/14) teilweise abgeändert: I. Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 1.050,21 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in

Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 25. Juli 2016 - 9 Sa 31/16

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Tenor 1.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.12.2015, Az. 6 Ca 2280/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2.Die Revision wird zugelassen. 1T a t b e s t a n d : 2Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsan

Referenzen

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. November 2010 - 14 Sa 945/10 - aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 449,50 Euro brutto (Vergütungsdifferenz für August und September 2009) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 181,25 Euro brutto seit dem 16. September 2009 und aus weiteren 268,25 Euro brutto seit dem 16. Oktober 2009 zu zahlen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger war beim Beklagten, der ein Bauunternehmen betreibt, bis zum 11. September 2009 als Maurer beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag vom 16. März 2009 regelt ua.:

        

㤠3

Arbeitszeit

        
        

1.    

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitkräfte beträgt 40 Stunden, sofern der BRTV BAU - WEST DEUTSCHLAND keine anderen Regelungen vorsieht.

        

…       

        
        

§ 6

Arbeitsentgelt

        

1.    

Für die bei Einstellung vorgesehene Tätigkeit erhält der AN einen Stundenlohn von 14,50 Euro, der jeweils am 15. des Folgemonats bargeldlos zahlbar ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, über seine tägliche Arbeitszeit nachvollziehbare Aufzeichnungen zu führen und diese spätestens bis zum 3. Werktag des Folgemonats bei dem Arbeitgeber einzureichen. Eine Vergütung erfolgt nur für nachgewiesene Stunden. Erfolgt keine Meldung, ist der Arbeitgeber zur Schätzung berechtigt. Eine spätere Korrektur ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich.“

4

In § 3 des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe(BRTV-Bau) vom 4. Juli 2002 idF des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 ist bestimmt:

        

„1.     

Allgemeine Regelung

        

1.1     

Durchschnittliche Wochenarbeitszeit

                 

Die durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit im Kalenderjahr beträgt 40 Stunden.

        

1.2     

Tarifliche Arbeitszeit

                 

In den Monaten Januar bis März und Dezember beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen montags bis donnerstags 8 Stunden und freitags 6 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 38 Stunden (Winterarbeitszeit). In den Monaten April bis November beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen montags bis donnerstags 8,5 Stunden und freitags 7 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 41 Stunden (Sommerarbeitszeit).

        

1.3     

Arbeitszeitausgleich innerhalb von zwei Wochen

                 

Die nach betrieblicher Regelung an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit kann durch Verlängerung der Arbeitszeit ohne Mehrarbeitszuschlag an anderen Werktagen innerhalb von zwei Kalenderwochen ausgeglichen werden (zweiwöchiger Arbeitszeitausgleich). Die Wochenarbeitszeit kann somit nach den betrieblichen Erfordernissen und den jahreszeitlichen Lichtverhältnissen im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat oder, wenn kein Betriebsrat besteht, im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer auf die Werktage verteilt werden.

        

1.4     

Betriebliche Arbeitszeitverteilung in einem zwölfmonatigen Ausgleichszeitraum

        

1.41   

Durchführung

                 

Durch Betriebsvereinbarung oder, wenn kein Betriebsrat besteht, durch einzelvertragliche Vereinbarung kann für einen Zeitraum von zwölf zusammenhängenden Lohnabrechnungszeiträumen (zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum) eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage ohne Mehrarbeitszuschlag vereinbart werden, wenn gleichzeitig ein Monatslohn nach Nr. 1.42 gezahlt wird. Aus dieser Betriebsvereinbarung bzw. der einzelvertraglichen Vereinbarung muss sich ergeben, in welcher Form und mit welcher Ankündigungsfrist die jeweilige werktägliche Arbeitszeit festgelegt wird.

                 

…       

        

1.42   

Monatslohn

                 

Bei betrieblicher Arbeitszeitverteilung wird während des gesamten Ausgleichszeitraumes unabhängig von der jeweiligen monatlichen Arbeitszeit in den Monaten April bis November ein Monatslohn in Höhe von 178 Gesamttarifstundenlöhnen und in den Monaten Dezember bis März ein Monatslohn in Höhe von 164 Gesamttarifstundenlöhnen gezahlt.

                 

…“    

5

Für August 2009 rechnete der Beklagte 153,5 Stunden und ein Guthaben aus einem Arbeitszeitkonto ab. Für September 2009 erteilte er keine Abrechnung.

6

Der Kläger hat für August und September 2009 von ihm auf Vordrucken des Beklagten erstellte Arbeitszeiterfassungen mit Angabe des täglichen Arbeitsbeginns, des Arbeitsendes, der Pausendauer, der täglich und monatlich geleisteten Arbeitsstunden sowie der jeweiligen Baustellen vorgelegt und behauptet, er habe in diesen beiden Monaten weitere 31 Stunden gearbeitet.

7

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 449,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 181,50 Euro brutto seit dem 16. September 2009 und aus weiteren 268,25 Euro brutto seit dem 16. Oktober 2009 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, im August habe sich der Kläger an einzelnen Tagen krankgemeldet. Am 1. September 2009 habe der Kläger eine halbe Stunde weniger als behauptet und am 2. und 7. September 2009 gar nicht gearbeitet.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert, weil das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der streitigen 31 Stunden noch nicht die notwendigen Feststellungen getroffen hat (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

I. Der Kläger kann die Vergütung für die streitigen Stunden nicht gemäß § 3.1.42 BRTV-Bau beanspruchen. Hiernach hat der Arbeitnehmer in den Monaten April bis November Anspruch auf einen Monatslohn iHv. 178 Gesamttarifstundenlöhnen, wenn durch Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich ein zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum für eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung der Arbeitszeit unter gleichzeitiger Zahlung eines verstetigten Monatslohns vereinbart worden ist. Die Voraussetzungen dieser Tarifnorm liegen nicht vor, ein zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum galt im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht. Im Streitfall ist vielmehr davon auszugehen, dass für den Kläger auf der Grundlage des § 3.1.3 Satz 1 BRTV-Bau die nach betrieblicher Regelung an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit durch Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Werktagen innerhalb von zwei Kalenderwochen ausgeglichen werden konnte.

12

II. Der Kläger hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Stundenlohns für die im Klagezeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Für welche Arbeitsstunden dem Kläger noch Vergütungsansprüche zustehen, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden.

13

1. Der Arbeitnehmer trägt für die Behauptung, er habe die geschuldete Arbeit verrichtet, die Darlegungs- und Beweislast.

14

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts iVm. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“( BAG GS 17. Dezember 1959 - GS 2/59 - zu B IV der Gründe, BAGE 8, 285; vgl. auch BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 470/00 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 100, 256; 7. Juni 1988 - 1 AZR 597/86 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 58, 332). Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit idR vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden.

15

b) Gelingt dem Arbeitnehmer die Darlegung und im Fall substantiierten Bestreitens der Beweis nicht, muss er das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Denn die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt, wer den Anspruch erhebt (BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 245/00 - zu I 1 der Gründe, AP EntgeltFG § 2 Nr. 8 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 3; BGH 18. Mai 1999 - X ZR 158/97 - NJW 1999, 2887; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 286 Rn. 61, 62; Rosenberg Die Beweislast 5. Aufl. S. 98). Ausgehend von den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Motive I, 383) wird im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG 28. Februar 1898 - VI 352/97 - RGZ 41, 220; 6. November 1898 - VI 241/99 - RGZ 45, 356; 20. September 1910 - II 592/09 - JW 1910, 937 Nr. 10; 20. November 1928 - III 51/28 - HRR 1929 Nr. 373) dem Schuldner die Beweislast für die Erfüllung einer ihm obliegenden Verpflichtung auch dann zugewiesen, wenn der Gläubiger aus der Nichterfüllung Rechte herleitet bzw. wenn sich an die Nichterfüllung einer positiven vertraglichen Vereinbarung oder die nicht rechtzeitige Erfüllung ungünstige Rechtsfolgen knüpfen, die der Gläubiger geltend macht (BGH 29. Januar 1969 - IV ZR 545/68 - NJW 1969, 875; 17. Januar 2007 - VIII ZR 135/04 - MDR 2007, 703; vgl. auch BGH 15. November 2006 - XII ZR 120/04 - NJW 2007, 2394; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 286 Rn. 87, 88; Rosenberg Die Beweislast 5. Aufl. S. 346).

16

2. Im Streitfall kommen vertragliche Besonderheiten hinzu.

17

a) Nach § 6 Ziff. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags hat der Kläger nachvollziehbare Tätigkeitsnachweise zu erstellen, die sich auch auf die Art der Tätigkeit erstrecken. Diese vertragliche Abrede ist wirksam. § 6 Ziff. 2 Satz 1 des Verbrauchervertrags (§ 310 Abs. 3 BGB) verstößt weder gegen eines der in §§ 308, 309 BGB bestimmten Klauselverbote, noch benachteiligt die Vereinbarung den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB. Gerade weil der Kläger auf auswärtigen Baustellen in Abwesenheit von Vorgesetzten zu arbeiten hatte, konnte ihm vertraglich auferlegt werden, Tätigkeitsnachweise zu führen und dem Arbeitgeber vorzulegen.

18

b) Die vom Kläger für August und September 2009 vorgelegten Tätigkeitsnachweise sind zwar auf dem vom Beklagten hierfür vorgehaltenen Vordruck erstellt worden, enthalten aber nicht die in der rechten Spalte vorgesehenen Angaben zur „Art der Tätigkeit“ und „etwaigen Gründen von Arbeitsausfällen“. Ergänzenden Vortrag zu diesen Punkten hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und hat der Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Vorinstanzen hätten der Klage deshalb nicht stattgeben dürfen. Da sie unzutreffend von der Darlegungs- und Beweislast des Beklagten ausgegangen sind, konnten sie dem Kläger keine sachdienlichen Hinweise erteilen. Dies ist nachzuholen. Dem Kläger muss Gelegenheit gegeben werden, die in den Tätigkeitsnachweisen fehlenden Angaben schriftsätzlich vorzutragen. Sodann wird der Beklagte im Sinne der gestuften Darlegungslast im Einzelnen zu erwidern haben. Sollte substantiierter Vortrag streitig bleiben, wird das Landesarbeitsgericht die angetretenen Beweise zu erheben haben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Rahmstorf    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Oktober 2010 - 6 Sa 343/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

2

Der Kläger war vom 14. April 2008 bis zum 13. April 2009 bei der Beklagten aufgrund eines auf diesen Zeitraum befristeten Arbeitsvertrags als Kraftfahrer in der Lebendtierabteilung beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

        

„Arbeitsvertrag

                 
        

(außertariflich)

                 
        

…       

        
        

§ 2 Tätigkeit

        
        

1.    

Der Arbeitnehmer wird als Kraftfahrer eingestellt und ist mit allen einschlägigen Arbeiten nach näherer Anweisung der Geschäftsleitung bzw. der Vorgesetzten beschäftigt. Er ist verpflichtet, auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zudem, während seiner Tätigkeit auf ihn zukommende Aufgaben gewissenhaft nach bestem Vermögen zu erfüllen, in jeder Hinsicht die Interessen der Firma zu wahren und seine ganze Arbeitskraft ausschließlich dem Unternehmen zu widmen.

        
        

§ 3 Vergütung

        
        

Die monatliche Vergütung des Arbeitnehmers errechnet sich wie folgt:

        
        

außertarifliches Grundgehalt/Monat (brutto):

1.100,00 €

                 
        

Euro in Worten.

Eintausendeinhundert

                                                              
        

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freiwillige Leistungs - und Sorgfaltsprämie/Tag (brutto):

10,00 €

                          
        

wenn und soweit unfall- und schadensfrei gefahren wird und Ordnung, Sauberkeit und Fahrzeugpflege voll gewahrt werden und fehlerfreie Fahrweise, geringen Dieselverbrauch und korrektes Auftreten beim Kunden stattfindet und festgestellt wird bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen wird die Leistungsprämie widerrufen, siehe dazu auch den Sorgfaltskatalog.

        

freiwillige Treueprämie/Tag (brutto):

10,00 €

                          
        

für jeden gefahrenen Tag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

                 
        

freiwilliger Sonntagszuschlag/Tag (brutto):***

10,00 €

                          
                 

(steuer- u. sv-frei)

                          
        

für jeden gefahrenen Sonntag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

                 
        

freiwilliger Feiertagszuschlag/Tag (brutto):***

20,00 €

                          
                 

(steuer- u. sv-frei)

                          
        

für jeden gefahrenen Feiertag über 6 Stunden Fahr-/Lenkzeit

        
                          
        

freiwilliger Nachtzuschlag/Tag (brutto):***

10,00 €**

                 

(steuer- u. sv-frei)

        

für Nachtfahrten (in der Zeit von 22:00 - 4:00 Uhr)

        
                          
        

**    

Prämie gilt bei Besetzung der Fahrzeuge mit nur einem/ einer Fahrer/-in. Bei mehr Fahrern/Fahrerinnen wird die Prämie anteilig gezahlt.

                                                     
        

***     

wird solange steuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt, wie es der Gesetzgeber zulässt

                                                     
                 

Bei Zusammentreffen mehrerer Zuschläge gilt der jeweils höhere Zuschlag. Die Abrechnung der Spesen erfolgt nach gesetzlichen Regelungen.

                                                     
                 
        

Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass eventuelle Mehrarbeit mit dem Gehalt pauschal abgegolten ist.

                 
        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält die freiwillige Leistungsprämie i. H. v. 10,00 € je gefahrenen Tag für den sorgfältigen und gewissenhaften Umgang mit den ihr anvertrauten Fahrzeugen nebst den Transportbehältnissen, sowie für den ordnungsgemäßen Umgang mit den zu beförderten Tieren. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, bei Unfällen, Verlusten und Beschädigungen unverzüglich unter Angabe sämtlicher Einzelheiten der Firma zu melden und hierüber spätestens einen Tag später schriftliche Meldung zu machen. Versäumt der Arbeitnehmer diese Meldung sowohl in mündlicher, als auch in schriftlicher Form, muss der Arbeitnehmer mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen rechnen, die aus einer verspäteten Meldung erwachsen können. Es gilt der jeweilige Sorgfaltskatalog. Ist der Fahrantritt ein Sonntag, wird dies dem Montag zugeordnet.

                          
        

…       

                                   
                                                     
        

§ 4 Arbeitszeit

                 
        

1.    

Der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit richtet sich nach der betrieblichen Ordnung. Im Falle betrieblicher Notwendigkeit erklärt sich der Arbeitnehmer mit einer geänderten Einteilung der Arbeitszeit einverstanden (z. B. Havarie).

        

2.    

In Fällen dringenden betrieblichen Bedarfs ist der Arbeitnehmer verpflichtet, vorübergehend Mehrarbeit (Überstunden) zu leisten.

        

3.    

Bei Gehaltsempfängern sind die Überstunden, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit durch Zahlung des Gehaltes pauschal abgegolten.

        

…“    

                                                              
3

Mit der am 23. September 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger zuletzt Vergütung von 978,5 Überstunden mit einem aus dem Grundgehalt abgeleiteten Stundensatz von 6,35 Euro brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die pauschale Abgeltung von Überstunden sei unwirksam. Mangels einer Regelung zum Umfang der Arbeitspflicht sei auf die betriebliche Arbeitszeit im Unternehmen der Beklagten abzustellen, die 40 Stunden pro Woche betrage. Der Kläger hat unter Vorlage und Berufung auf von ihm gefertigter Listen vorgebracht, an welchem Tag er zu welcher Uhrzeit seine Arbeit im Betrieb begonnen habe, wann er vom Betrieb allein oder mit anderen Fahrern zu welchen Orten oder Mästern gefahren, er wieder in den Betrieb zurückgekehrt sei und das Fahrzeug an den Schlachthof übergeben habe. Er hat behauptet, nach einer internen Anweisung seien die Kraftfahrer der Beklagten verpflichtet, 30 bis 60 Minuten vor der geplanten Abfahrt im Betrieb zu erscheinen und die notwendigen Arbeitsvorbereitungen (technische Überprüfung, Behebung von Mängeln, Betanken etc.) vorzunehmen. Beim jeweiligen Mäster müsse dessen Personal bei der Beladung des LKW unterstützt werden. Sämtliche Fahrten seien von der Beklagten angeordnet gewesen, und zwar im Wesentlichen von der Disponentin Frau H, bei deren Verhinderung von Herrn W.

4

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.213,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Vergütung von Überstunden sei mit dem vereinbarten Gehalt abgegolten. Zudem habe der Kläger einen eventuellen Vergütungsanspruch verwirkt. Die Arbeitszeit des Klägers habe sich gemäß § 4 Arbeitsvertrag nach der betrieblichen Ordnung - also bei Vollzeit 40 Wochenstunden/173,33 Monatsstunden - und, weil es sich beim Kläger um einen Fahrer bzw. Beifahrer von LKW mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht gehandelt habe, nach den gesetzlichen Bestimmungen für Fahrpersonal in § 21a ArbZG gerichtet. Danach sei eine Arbeitszeit von 48 Wochenstunden zulässig und die Beifahrerzeit nicht vergütungspflichtig. Überstunden habe sie weder angeordnet noch gebilligt.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist begründet.

8

I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht beachtet, dass § 21a Abs. 3 ArbZG die Vergütung von Beifahrerzeiten nicht ausschließt, und zudem die Substantiierungslast des Arbeitnehmers im Überstundenprozess überspannt.

9

1. Der Kläger hat auch während der als Beifahrer verbrachten Zeit gearbeitet und die von ihm geschuldete Tätigkeit als Kraftfahrer erbracht. Er musste sich aufgrund der Arbeitseinteilung der Beklagten an seinem Arbeitsplatz, dem LKW, aufhalten und konnte nicht frei über die Nutzung seiner Zeit bestimmen. Nach § 21a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ArbZG ist zwar für Arbeitnehmer, die sich beim Fahren abwechseln, die während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine verbrachte Zeit abweichend von § 2 Abs. 1 ArbZG keine Arbeitszeit. Die Vorschrift enthält jedoch keine Modifizierung dessen, was unter Arbeit zu verstehen ist, und schließt eine Vergütung für die Arbeit als Beifahrer nicht aus (BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 19 ff., AP BGB § 307 Nr. 51 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 3). Der Kläger kann daher auch für Beifahrertätigkeit die in § 3 Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung beanspruchen. Eine gesonderte Vergütungsregelung für die als Beifahrer verbrachte Zeit haben die Parteien nicht getroffen. Der Kläger war deshalb nicht gehalten, bei der Darlegung von Überstunden zwischen Zeiten, in denen er den LKW selbst gefahren hat, und solchen, in denen er als Beifahrer auf dem LKW mitgefahren ist, zu differenzieren.

10

2. Die Darlegung der Leistung von Überstunden ist nicht aus den vom Landesarbeitsgericht angenommenen Gründen unschlüssig.

11

Das Landesarbeitsgericht moniert, dem Vortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, wann er Pausen gemacht habe. Die Nichtangabe von Pausenzeiten impliziert zunächst aber nur die Behauptung, der Arbeitnehmer habe solche nicht gemacht. Bei Zweifeln hätte das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachfragen müssen, ob der Sachvortrag des Klägers dahingehend zu verstehen sei, er habe keine Pausen gemacht. Hätte der Kläger dies bejaht, wäre sein Vorbringen unter Berücksichtigung einer etwaigen Einlassung der Beklagten hierzu nach § 286 Abs. 1 ZPO zu würdigen gewesen. Hätte der Kläger die Frage verneint, wäre das Landesarbeitsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO verpflichtet gewesen, auf eine Ergänzung des Sachvortrags hinzuwirken. Dasselbe gilt für den Vorwurf, dem Sachvortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, warum nach Abschluss der Fahrten regelmäßig exakt 30 Minuten bis zur Übergabe des Fahrzeugs an den Schlachthof berücksichtigt seien.

12

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig.

13

1. Ein Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung ist nicht nach § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag ausgeschlossen.

14

a) Auf die genannten Regelungen des Arbeitsvertrags sind jedenfalls § 305c Abs. 2, §§ 306 und 307 bis 309 BGB anzuwenden(§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 20 ff., AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10). Auf den Inhalt der vorformulierten Klausel zur Vergütung von Überstunden konnte der Kläger unstreitig keinen Einfluss nehmen.

15

b) Die in § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

16

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. dazu im Einzelnen zuletzt BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 15 f.).

17

Nach diesen Grundsätzen ist § 3 iVm. § 4 Ziff. 3 Arbeitsvertrag nicht klar und verständlich. Der Umfang der davon erfassten Überstunden ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt, wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sind, also ein „Fall dringenden betrieblichen Bedarfs“ (§ 4 Ziff. 2 Arbeitsvertrag) vorliegen soll. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 21a Abs. 4 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit eines als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten iSv. § 21a Abs. 1 ArbZG eingesetzten Arbeitnehmers entnehmen. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ in § 3 und als Synonym für Überstunden in § 4 Ziff. 2 Arbeitsvertrag deuten im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll, zumal die Beklagte den Kläger nach § 2 Ziff. 1 Arbeitsvertrag verpflichten wollte, seine „ganze Arbeitskraft“ der Beklagten zu widmen.

18

c) Ist im Arbeitsvertrag die Vergütung von Überstunden weder positiv noch negativ geregelt, kommt als Anspruchsgrundlage dafür nur § 612 Abs. 1 BGB in Betracht. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die danach erforderliche - objektive - Vergütungserwartung (vgl. dazu BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11, jeweils mwN) ist gegeben. Der Kläger schuldet weder Dienste höherer Art, noch erhält er eine deutlich herausgehobene Vergütung. Die ihm nach § 3 Arbeitsvertrag zustehende Vergütung liegt auch unter Berücksichtigung der nach dem Willen der Beklagten freiwillig sein sollenden Leistungs-, Sorgfalts- und Treueprämien sowie den Zuschlägen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit ganz erheblich unter der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung(zu deren Bedeutung vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 21).

19

2. Ein Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verwirkt.

20

Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie setzt voraus, dass der Gläubiger sein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat und dabei unter Umständen untätig geblieben ist, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle auch künftig sein Recht nicht mehr geltend machen. Zudem muss der Verpflichtete sich darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 23. August 2011 - 3 AZR 575/09 - Rn. 57, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 20; vgl. auch 22. April 2009 - 5 AZR 292/08 - Rn. 28, AP BGB § 611 Wegezeit Nr. 11).

21

Ob eine Verwirkung des Anspruchs auf Überstundenvergütung vor Eintritt der gesetzlichen Verjährung schon deshalb ausscheidet, weil sich der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer einen Formulararbeitsvertrag anbietet, durch vertragliche Ausschlussfristen (zu den Anforderungen an deren Wirksamkeit vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) davor schützen kann, länger als drei Monate nach Fälligkeit des Anspruchs mit einer Geltendmachung konfrontiert zu werden, bedarf keiner Entscheidung. Denn unbeschadet der Frage, ob im Streitfall überhaupt das Zeitmoment erfüllt ist, kann sich jedenfalls ein Arbeitgeber, der - wie die Beklagte - dem Arbeitnehmer eine unwirksame Klausel zur Pauschalabgeltung von Überstunden stellt, nicht schutzwürdig darauf einrichten, der Arbeitnehmer werde die Unwirksamkeit der Klausel schon nicht erkennen und Überstundenvergütung nicht geltend machen (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 24).

22

III. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

23

1. Der mit „Arbeitszeit“ überschriebene § 4 Arbeitsvertrag enthält zwar keine ausdrückliche Vereinbarung über eine bestimmte wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit. Über den Verweis auf die „betriebliche Ordnung“ lässt sich aber mittelbar eine Normalarbeitszeit erschließen, deren Dauer zwischen den Parteien unstreitig ist.

24

Der Kläger hat vorgetragen, die betriebliche Arbeitszeit bei der Beklagten betrage 40 Wochenstunden. Dem ist die Beklagte nicht nur nicht entgegengetreten, sondern hat selbst vorgebracht, die Arbeitszeit des Klägers richte sich gemäß § 4 Arbeitsvertrag nach der betrieblichen Ordnung und das seien bei Vollzeit 40 Wochenstunden/173,33 Stunden im Monat. Weiter hat die Beklagte gemeint, weil es sich bei dem Kläger um einen Fahrer bzw. Beifahrer von LKW mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht handele, gölten auch die gesetzlichen Bestimmungen für Fahrpersonal. Das trifft zu, führt aber nicht zu einer Erhöhung der vom Kläger geschuldeten Normalarbeitszeit. § 21a Abs. 4 ArbZG regelt nur die Arbeitszeit eines Kraftfahrers, die arbeitsschutzrechtlich nicht überschritten werden darf. Die Vorschrift ersetzt nicht eine vertragliche Vereinbarung über die Arbeitszeit und tritt bei deren Fehlen nicht an deren Stelle. Einen - als vertragliche Vereinbarung auslegbaren - Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz, insbesondere dessen § 21a Abs. 4, enthält § 4 Arbeitsvertrag nicht.

25

2. Für die Darlegung und den Beweis der Leistung von Überstunden gelten die Grundsätze wie für die Behauptung des Arbeitnehmers, die geschuldete (Normal-)Arbeit verrichtet zu haben.

26

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts in Verbindung mit § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gem. § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (vgl. zum Ganzen BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14).

27

b) Nichts anderes gilt für die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe die geschuldete Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet. Verlangt der Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tarifvertraglicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder § 612 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist.

28

Diese Grundsätze dürfen aber nicht gleichsam schematisch angewendet werden, sondern bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe. So kann ein Kraftfahrer wie der Kläger, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es dann Sache des Arbeitgebers, unter Auswertung der Aufzeichnungen nach § 21a Abs. 7 Satz 1 ArbZG substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen in geringerem zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss.

29

c) Ihrer Darlegungslast genügen weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber durch die bloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen als Anlagen beigefügte Stundenaufstellungen oder sonstige Aufzeichnungen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen (BGH 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - Rn. 25 mwN, NJW 2008, 69; vgl. auch BVerfG 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 - zu III 2 a der Gründe, NJW 1994, 2683). Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer bzw. die substantiierte Erwiderung hierauf durch den Arbeitgeber hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen.

30

Nachdem das Landesarbeitsgericht die Art und Weise des Vorbringens der Parteien nicht beanstandet hat, muss ihnen im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit gegeben werden, ihrer jeweiligen Darlegungslast zur Leistung bzw. Nichtleistung von Überstunden schriftsätzlich nachzukommen.

31

3. Soweit die Beklagte bislang die Anordnung von Überstunden - pauschal - bestritten hat, ist das unbehelflich. Wenn ein Kraftfahrer für eine angewiesene Tour eine bestimmte Zeit benötigt und sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann, waren die Überstunden - unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung - jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 319/04 - zu II 1 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 1). Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass die von ihm dem Arbeitnehmer zugewiesene Tour unter Beachtung der Rechtsordnung, insbesondere der für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Fahrer oder Beifahrer bei Straßenverkehrstätigkeiten geltenden (Sozial-)Vorschriften und des Straßenverkehrsrechts, innerhalb der Normalarbeitszeit gefahren werden kann. Erst dann obliegt es wiederum dem Arbeitnehmer, besondere Umstände darzutun, die zur Überschreitung der Normalarbeitszeit geführt haben.

32

IV. Ob die Lohnabzüge wegen vermeintlich mangelnder Wagenpflege tatsächlich gerechtfertigt waren, ist wegen der beschränkten Revisionszulassung nicht mehr Gegenstand des erneuten Berufungsverfahrens.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    S. Röth-Ehrmann    

        

    Christen    

                 

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2011 - 16 Sa 406/10 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 19. Januar 2010 - 3 Ca 401/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger bezahlten Ersatzurlaub von jeweils 30 Arbeitstagen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 zu gewähren.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz hat der Kläger zu sechs Zehnteln zu tragen, die Beklagte zu vier Zehnteln.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten, ihm jeweils 30 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 zu gewähren.

2

Die Beklagte beschäftigt den Kläger als Gruppenleiter Qualitätsmanagement. Dieser hat Anspruch auf 30 Arbeitstage Jahresurlaub. Mit Schreiben vom 1. Februar 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2006. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und machte in der Klageschrift vom 6. Februar 2006 seinen Urlaubsanspruch geltend. Der Kündigungsschutzklage wurde rechtskräftig stattgegeben. In der Folgezeit führten die Parteien mehrere Rechtsstreite, die jedenfalls bis zum 31. Dezember 2008 nicht zu einer Beendigung oder Änderung ihrer Rechtsbeziehung führten. Die Beklagte gewährte dem Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008 keinen Urlaub.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub zu leisten, weil sie sich seit Zustellung der Klageschrift mit der Urlaubsgewährung im Verzug befunden habe.

4

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm bezahlten Ersatzurlaub von jeweils 30 Arbeitstagen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 zu gewähren.

5

Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 8. September 2011 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Ersatzurlaub weiter.

6

Mit Schreiben vom 15. Februar 2012 stellte die Beklagte den Kläger von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Das Schreiben enthält ua. folgende Erklärung:

        

„Die Freistellung erfolgt … unter Anrechnung auf etwa noch be- und entstehende Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche … Außerhalb der für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs gewährten Freistellung findet § 615 Satz 2 BGB Anwendung.“

7

Unter dem 30. Januar 2013 stellte die Beklagte den Kläger erneut mit dem Hinweis frei:

        

„Diese Freistellung erfolgt unter Anrechnung auf etwa noch bestehende und noch entstehende Urlaubsansprüche. Sollten Ihnen, wie von Ihnen behauptet, tatsächlich noch Urlaubsansprüche für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zustehen, werden auch diese etwaigen Urlaubsansprüche angerechnet. Außerhalb der für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs gewährten Freistellung findet § 615 Satz 2 BGB Anwendung.“

Entscheidungsgründe

8

A. Die Revision des Klägers ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte ist gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger 90 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2006 bis 2008 zu gewähren.

9

I. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um (vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 11, BAGE 138, 58). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

10

II. Der Urlaub des Klägers aus den Jahren 2006 bis 2008 verfiel nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte mit der Urlaubsgewährung im Verzug. Ohne dass es einer Mahnung bedurfte, trat der Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ein, weil die Beklagte die Erfüllung des vom Kläger in seiner Klageschrift vom 6. Februar 2006 geltend gemachten Urlaubsanspruchs ernsthaft und endgültig verweigerte.

11

1. Die Beklagte war ungeachtet der zwischen den Parteien in den Jahren 2006 bis 2008 geführten Kündigungsschutzverfahren verpflichtet, dem Kläger Urlaub zu gewähren. Der Anspruch war erfüllbar. Der Arbeitgeber ist rechtlich nicht gehindert, einem Arbeitnehmer in einem nicht wirksam gekündigten und deshalb fortbestehenden Arbeitsverhältnis vorbehaltlos bezahlten Urlaub zu erteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien einen Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses führen.

12

2. An die Annahme, der Schuldner verweigere ernsthaft und endgültig die Erfüllung einer ihm obliegenden Leistung, sind in der Regel strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigerung liegt vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen. Das ist regelmäßig nur anzunehmen, wenn dieser sich beharrlich weigert, die Leistung zu erbringen. In diesem Fall entbehrt eine Mahnung ihres Sinnes, den Schuldner zu vertragsgerechtem Verhalten anzuhalten (BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 420/10 - Rn. 44).

13

a) Der Kündigungserklärung eines Arbeitgebers kann deshalb nicht ohne Weiteres der Inhalt beigemessen werden, dieser werde die für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs nötige Freistellung von der Arbeitspflicht verweigern, wenn der Arbeitnehmer den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend macht. Denn der Arbeitgeber hat regelmäßig ein wirtschaftliches Interesse daran, einem Arbeitnehmer auf dessen Wunsch Urlaub zu erteilen, um die Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen zu verhindern (vgl. BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 15; offengelassen von BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 420/10 - Rn. 45).

14

b) Anders verhält es sich in aller Regel jedoch, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses streiten und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber erfolglos aufgefordert hat, ihm während des Kündigungsrechtsstreits Urlaub zu gewähren. Stellt der Arbeitgeber nach einer von ihm erklärten Kündigung den Bestand des Arbeitsverhältnisses in Abrede und erteilt er trotz einer entsprechenden Aufforderung des Arbeitnehmers den verlangten Urlaub nicht, entbehrt eine Mahnung des Arbeitnehmers regelmäßig ihres Sinnes. Wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die dem entgegenstehen, darf der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen, er werde ihm keinen Urlaub gewähren. Eine Mahnung erwiese sich in diesem Falle als eine bloße Förmelei.

15

c) Daran gemessen durfte der Kläger nach seiner erfolglosen Aufforderung in der Klageschrift vom 6. Februar 2006, ihm Urlaub zu gewähren, annehmen, die Beklagte beharre auf der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und werde sich weiterhin weigern, ihm während der im Klagezeitraum geführten Bestandsstreitigkeiten Urlaub zu gewähren. Besondere Umstände, die dieser Annahme entgegenstehen könnten, sind nicht festgestellt. Die Beklagte hat solche auch nicht behauptet.

16

3. Wird es dem Arbeitgeber während des Verzugs infolge der Befristung des Urlaubsanspruchs unmöglich, dem Arbeitnehmer Urlaub zu gewähren, richtet sich der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis gemäß § 249 Abs. 1 BGB auf die Gewährung von Ersatzurlaub(vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 251/04 - zu II 3 der Gründe, BAGE 114, 313). Demzufolge hat die Beklagte dem Kläger jeweils 30 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 und somit insgesamt 90 Ersatzurlaubstage zu gewähren.

17

III. Mit der vom 15. Februar 2012 datierenden Freistellungserklärung hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Ersatzurlaub nicht erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer durch eine sog. Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird (BAG 19. Januar 2010 - 9 AZR 246/09 - Rn. 27). Diese Voraussetzungen erfüllt weder die Freistellungserklärung der Beklagten vom 15. Februar 2012 noch die Erklärung der Beklagten vom 30. Januar 2013. Diese Erklärungen lassen nicht erkennen, an welchen Tagen die Beklagte den Kläger zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub und an welchen Tagen sie ihn zu anderen Zwecken von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellte. Diese Differenzierung ist von Bedeutung, weil die Freistellung des Klägers zu anderen Zwecken ausdrücklich unter Anrechnung auf den Zwischenverdienst (§ 615 Satz 2 BGB) erfolgte (vgl. hierzu BAG 19. März 2002 - 9 AZR 16/01 - zu II 2 b bb (2) der Gründe). Deshalb oblag es der Beklagten, den Urlaubszeitraum konkret festzulegen. Daran fehlt es.

18

B. Die Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten der ersten und zweiten Instanz haben die Parteien entsprechend ihrem Obsiegen bzw. Unterliegen zu tragen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Anthonisen    

                 

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.