Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 21. Nov. 2017 - 1 Sa 312/17

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2017:1121.1SA312.17.00
bei uns veröffentlicht am21.11.2017

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.05.2017 – 7 Ca 2002 c/15 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger macht einen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung geltend.

2

Der Beklagte betätigt sich in der Rechtsform des Vereins als Lobbyverband für Haus- und Grundbesitzer und leistet insoweit auch eine rechtliche Beratung seiner Mitglieder. Er veröffentlichte im September 2015 im Internetportal X... eine Stellenausschreibung, die lautete:

3

"Rechtsanwalt/ Rechtsanwältin bzw. Volljurist/ Volljuristin

4

[…]

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8

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9

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10

Bitte senden Sie die Bewerbung bis zum 21.09.2015 schriftlich an: […]"

11

Die Stellenausschreibung zeigte außerdem ein Bild der Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Beklagten, von denen nach dem äußeren Erscheinungsbild keiner älter als ca. 40 Jahre alt ist.

12

Der am ….1961 geborene Kläger, gelernter Bankkaufmann, Volljurist und seit 1996 als Rechtsanwalt tätig, bewarb sich mit Schreiben vom 09.09.2015 auf die ausgeschriebene Stelle. Wegen der Einzelheiten des Bewerbungsschreibens und der beigefügten Bewerbungsunterlagen wird auf die Anlagen K 1 (Bl. 4 d. A.) und K 3 (Bl. 8 – 35 d. A.) verwiesen. Der Beklagte lud fünf Bewerberinnen zu einem Vorstellungsgespräch ein, nämlich die Bewerberinnen W..., M..., E..., H... und M.... Die Stelle besetzte er mit der ca. 30 Jahre alten Frau W.... Dem Kläger erteilte er mit Schreiben vom 07.10.2015 eine Absage.

13

Mit Schreiben vom 28.10.2015 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Entschädigungsbetrag in Höhe eines Bruttomonatsgehalts, das er auf EUR 2.950,-- schätzte, geltend. Mit der am 23.12.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten am 04.01.2016 zugestellten Klage verfolgt er sein Begehren weiter.

14

Er hat behauptet, er sei wegen seines Alters bei der Bewerbung nicht berücksichtigt worden. Dies werde durch die Stellenanzeige indiziert und sei vom Beklagten nicht widerlegt worden. Er habe daher einen Entschädigungsanspruch in Höhe jedenfalls eines Monatsgehalts.

15

Der Kläger hat beantragt,

16

den Beklagten zu verurteilen, einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Entschädigungsbetrag nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.01.2016 zu zahlen.

17

Der Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er hat die Auffassung vertreten, die Stellenausschreibung sei nicht altersdiskriminierend erfolgt und damit nicht geeignet, eine Indizwirkung zu begründen.

20

Auch tatsächlich habe das Alter der Bewerber bei der Auswahl keine Rolle gespielt. Er habe eine Liste der Bewerber anhand verschiedener Merkmale erstellt, in der das Alter nicht erwähnt sei. Für die Nichtauswahl des Klägers zum Bewerbungsgespräch sei entscheidend gewesen, dass sich dessen Bewerbung von den anderen nicht positiv abgehoben habe. Es habe im Anschreiben keinen Bezug zu den Aufgaben des Beklagten gegeben. Die Bewerbung habe insgesamt "lieblos und blutleer" gewirkt. Das sei bei den eingeladenen Bewerberinnen aus verschiedenen Gründen anders gewesen.

21

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

22

Das Arbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme, in der der Zeuge u.a. ausgeführt hat, für die Frage, wer zum Bewerbungsgespräch eingeladen werde, sei das Anschreiben das Wichtigste gewesen, darüber hinaus seien Teamfähigkeit, soziales Engagement und Auftreten gegenüber den Mitgliedern sehr wichtig gewesen, während die Noten eine untergeordnete Rolle gespielt hätten, der Klage stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung von EUR 2.950,-- zzgl. Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, durch die unter Verstoß gegen § 11 AGG erfolgte Stellenausschreibung sei ein diskriminierendes Verhalten des Beklagten indiziert. Es sei dem Beklagten auch in der Beweisaufnahme nicht gelungen, diese Indizwirkung zu widerlegen. Die behaupteten altersunabhängigen Auswahlkriterien seien von dem Beklagten nicht konsequent eingehalten worden. So sei die Bewerbung von Frau M... nicht aussortiert worden, obwohl diese keinen Bezug zum Beklagten aufgewiesen habe; die Teamfähigkeit von Frau E... sei nicht zu erkennen. Unerheblich sei, dass der Kläger möglicherweise auch aus anderen Gründen nicht eingestellt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

23

Gegen das am 19.06.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 11.07.2017 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 19.09.2017 am 19.09.2017 begründet.

24

Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus:

25

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe er bei Frau M... die Auswahlkriterien für die Teilnahme am Vorstellungsgespräch angewandt. Deren Anschreiben (Anlage BK 1, Bl. 200 d. A.) habe zwar keinen Bezug zum Beklagten gehabt, sei aber sonst als "ok" vermerkt gewesen. Ihre Tätigkeit im Referendarrat belege ihr soziales Engagement. In den vorgelegten Zeugnissen sei die Eigeninitiative von Frau M... gelobt worden.

26

Ferner habe das Arbeitsgericht zu Unrecht beanstandet, dass Frau E... zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Das vorrangige Kriterium – das Anschreiben (Anlage BK 2, Bl. 201 d. A.) – sei als "gut" vermerkt worden, auch sei der erforderliche Bezug zum Beklagten vorhanden gewesen.

27

Das Anschreiben des Klägers habe wie ein Standardanschreiben gewirkt. Teamfähigkeit habe seiner Bewerbung nicht entnommen werden können, ein soziales Engagement sei nicht feststellbar gewesen. Es hätten Zweifel bestanden, ob der Kläger die Mitglieder angemessen würde betreuen können.

28

Er habe entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts auch nicht jemanden gesucht, der besonders sportlich und damit potentiell jünger gewesen sei. Der Zeuge K... habe insoweit ausgesagt, ihm sei es um die Mitgliedschaft in einem Verein gegangen, weil diese soziales Engagement und Teamfähigkeit belege. Der Zeuge K... habe erklärt, bei der Gewichtung der Auswahlkriterien sei am Wichtigsten das Anschreiben gewesen, gefolgt von Teamfähigkeit, sozialem Engagement und Auftreten gegenüber den Mitgliedern.

29

Die Angabe "Berufseinsteiger" im Portal X... sei erfolgt, da die geforderte Erfahrung als Pflichtfeld habe ausgefüllt werden müssen.

30

Zwischenzeitlich habe er eine weitere ältere Mitarbeiterin eingestellt, was ebenfalls belege, dass er Bewerber nicht wegen ihres Alters diskriminiere. Die betroffene Arbeitnehmerin sei auch nicht in der Vergangenheit für den Beklagten tätig gewesen, sondern sei ausschließlich ehrenamtlich als Vorstand bei einem Mitgliedsverein tätig gewesen und sei erstmals seit dem 15.05.2017 halbtags als Rechtsanwältin beschäftigt.

31

Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass die Vermutung einer Altersdiskriminierung widerlegt worden sei.

32

Der Beklagte beantragt,

33

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kiel vom 24. Mai 2017 mit dem Aktenzeichen 7 Ca 2002 c/15 die Klage abzuweisen.

34

Der Kläger beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er erwidert:

37

Er bestreite, dass die genannten Auswahlkriterien auf Frau M... und Frau E... angewandt worden seien. Eine Mitgliedschaft im Referendarrat sei keine soziale Tätigkeit. Dass Frau M... wegen ihrer Eigeninitiative gelobt worden sei, bestreite er. Auch sei das Anschreiben von Frau E... nicht "gut" gewesen oder habe einen Bezug zum Beklagten aufgewiesen. Er selbst sei als Leiter einer Kanzlei mit eigenem Team ebenfalls teamfähig. Die Mitgliedschaft in einem Reitverein sei nicht mit sozialem Engagement gleichbedeutend. Der Beklagte erfinde Beweggründe, um von der erfolgten Diskriminierung abzulenken.

38

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

39

Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage nach Grund und Höhe zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht ein Entschädigungsanspruch gegen den Beklagten zzgl. der geltend gemachten Zinsen zu.

40

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Klagantrag des Klägers hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist (BAG, Urt. v. 17.12.2015 – 8 AZR 421/14 – Juris, Rn. 13).

41

Der Kläger hat auch die Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll und die Größenordnung seiner Forderung erstinstanzlich angegeben. Er hat insoweit in der Klage mitgeteilt, er gehe davon aus, dass ihm ein Entschädigungsbetrag mindestens in Höhe eines Monatsgehalts von EUR 2.950,-- zustehe.

42

II. Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zzgl. der geltend gemachten Zinsen zu.

43

1. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist Bewerber im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG. Der Beklagte ist Arbeitgeber im Sinne von § 6 Abs. 2 AGG.

44

2. Die Fristen für die Geltendmachung seines Anspruchs hat der Kläger gewahrt.

45

a) Nach § 15 Abs. 4 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 2 innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung.

46

Dem Kläger ist die Ablehnung des Beklagten mit Schreiben vom 07.10.2015 erklärt worden. Er hat seinen Anspruch schriftlich am 28.10.2015 und damit jedenfalls innerhalb der Zwei-Monats-Frist geltend gemacht.

47

b) Der Kläger hat auch die Klagfrist des § 61 b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Nach dieser Vorschrift muss eine Entschädigungsklage nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.

48

Der Kläger hat seinen Anspruch mit Zustellung bei dem Beklagten am 04.01.2016 und damit innerhalb der dreimonatigen Frist, die mit Zugang der schriftlichen Geltendmachung vom 28.10.2015 bei dem Beklagten begann, geltend gemacht.

49

3. Der Anspruch ist auch dem Grunde nach gerechtfertigt. Der Beklagte hat dadurch, dass er den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat, den Kläger wegen seines Alters und damit unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 AGG diskriminiert.

50

a) Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist, dass der/die abgelehnte Bewerber/in entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund im Sinne von § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht – gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder "Triebfeder" des Verhaltens – handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund im Sinne von § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt. Zudem darf die mit einer negativen Auswahlentscheidung des Arbeitgebers verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG nicht nach den §§ 8, 9 oder 10 AGG zulässig sein (BAG, Urt. v. 19.05.2016 – 8 AZR 470/14 – Juris, Rn. 53).

51

§ 22 AGG sieht für den Rechtschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (BAG, a.a.O., Rn. 54).

52

Auch wenn eine Stellenausschreibung Formulierungen, insbesondere Anforderungen enthält, die "auf den ersten Blick" den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, begründet dies nicht ohne weiteres die Vermutung der/die Bewerber/in sei im Auswahl- und Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden. Eine solche Vermutung besteht vielmehr nur dann, wenn die Stellenausschreibung gegen § 11 AGG verstößt. Dies ist indes selbst bei Formulierungen, insbesondere Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bewirken, dann nicht der Fall, wenn die Diskriminierung nach §§ 8, 9 oder 10 AGG zulässig ist. Und bei Formulierungen, insbesondere Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine mittelbare Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bewirken können, scheidet nach § 3 Abs. 2 AGG ein Verstoß gegen § 11 AGG dann aus, wenn die Anforderung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist (BAG, a.a.O., Rn. 55). Aber auch dann, wenn die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der/die erfolglose Bewerber/in wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde, genügt dies nicht ohne weiteres für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Dem Arbeitgeber bleibt es nämlich unbenommen, Tatsachen vorzutragen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (BAG, a.a.O., Rn. 56).

53

b) Der Beklagte hat die hier in Rede stehende Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben. Nach dem Inhalt der Stellenausschreibung ist die Vermutung einer Diskriminierung des Klägers im Auswahlverfahren wegen seines Alters begründet. Das folgt hier aus mehreren Umständen:

54

Zunächst einmal wird in der Stellenausschreibung ein Rechtsanwalt für ein "junges Team" gesucht. Mit dem Begriff "jung" knüpft der Beklagte damit unmittelbar an das Lebensalter der bisherigen Mitarbeiter an. Darin erschöpft sich der Inhalt der Aussage aber nicht. Eine Angabe in einer Stellenanzeige, wonach ein Mitarbeiter für ein junges Team gesucht werde, kann aus der Sicht eines objektiven Empfängers regelmäßig nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber jemanden sucht, der in das Team passt, weil er/sie ebenfalls jung ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams (vgl. BAG, a.a.O., Rn. 75; LAG Schl.-Holst., Urt. v. 29.10.2013 – 1 Sa 142/13 - Juris; LAG Hamm, Urt. v. 13.06.2017 – 14 Sa 1427/16 – Juris).

55

Daneben bewirkt die Angabe in der Stellenausschreibung, dass jemand in der "Karrierestufe" als Berufseinsteiger gesucht werde, eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG (vgl. auch hierzu: BAG v. 19.05.2016, a.a.O., Rn. 73).

56

Insoweit kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass das Internetportal X... Angaben zur "Karrierestufe" verlange und es sich insoweit um ein Pflichtfeld handele. Bedient sich der Arbeitgeber nämlich zur Stellenausschreibung eines Dritten und verletzt dieser die Pflicht zur diskriminierungsfreien Ausschreibung der Stelle, ist diese Pflichtverletzung dem Arbeitgeber zuzurechnen (ErfK-Schlachter, 16. Aufl., § 11 AGG, Rn. 1; zum Verstoß gegen das Gebot geschlechtsneutraler Ausschreibung vgl. BAG v. 05.02.2004 – 8 AZR 112/03 – Juris, Rn. 66). Dass die Anforderung "Berufseinsteiger" durch ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG sachlich gerechtfertigt ist, hat der Beklagte selbst nicht vorgetragen.

57

Schließlich wird die Indizwirkung der Stellenausschreibung auch durch das veröffentlichte Bild des Teams der Beklagten verstärkt. Auf diesem befinden sich ausnahmslos "fröhliche, junge Menschen" wie der Vereinsvorsitzende im Berufungstermin zutreffend ausgeführt hat. Ein potentieller Bewerber jenseits der Altersgruppe der dort abgebildeten Mitglieder muss den Eindruck gewinnen, es werde eine weitere Person in dieser Altersklasse als Mitarbeiter gesucht.

58

Gegen die Begründung des Arbeitsgerichts, dass die Stellenausschreibung unter Verstoß gegen § 11 AGG erfolgt sei und damit eine Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters indiziere, hat der Beklagte im Berufungsverfahren auch keine weiteren Einwendungen erhoben.

59

c) Zur Zulässigkeit der Anforderung eines jüngeren Alters für die ausgeschriebene Stelle im Sinne der §§ 8, 10 AGG ist vom Beklagten im Berufungsverfahren nichts ausgeführt worden.

60

d) Danach obliegt dem Beklagten der Vollbeweis dafür, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe dazu geführt haben, dass die Bewerbung des Klägers unberücksichtigt blieb. Dieser Beweis ist dem Beklagten nicht gelungen, was bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat.

61

(aa) Der Arbeitgeber kann die Vermutung, er habe die klagende Partei wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt, dadurch widerlegen, dass er substantiiert dazu vorträgt und im Bestreitensfall beweist, dass er bei der Behandlung aller Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren vorgegangen ist, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt. Dies kann z.B. anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber ausnahmslos alle Bewerbungen in einem ersten Schritt daraufhin sichtet, ob die Bewerber/innen eine zulässigerweise gestellte Anforderung erfüllen und er all die Bewerbungen von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheidet, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber, der sich hierauf beruft, muss dann allerdings nicht nur darlegen und beweisen, dass ein solches Verfahren praktiziert wurde, sondern auch, dass er das Verfahren konsequent zu Ende geführt hat. Deshalb muss er auch substantiiert dartun und im Bestreitensfall beweisen, wie viele Bewerbungen eingegangen sind, welche Bewerber/innen aus demselben Grund ebenso aus dem Auswahlverfahren ausgenommen wurden, welche Bewerber/innen, weil sie die Anforderungen erfüllten, im weiteren Auswahlverfahren verblieben sind und dass der/die letztlich ausgewählte Bewerber/in die Anforderung, wegen deren Fehlens die klagende Partei aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen wurde, erfüllt.

62

Dabei muss sich die Anforderung, wegen deren Nichterfüllung die klagende Partei und ggf. andere Bewerber/innen aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen werden, nicht ausdrücklich aus der Stellenausschreibung ergeben. Insoweit reicht es in jedem Fall aus, wenn die Anforderung in der Stellenausschreibung "Anklang" gefunden hat oder sich aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lässt. Anforderungen, die in der Stellenausschreibung keinen "Anklang" gefunden haben und sich auch nicht aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lassen, dürfen vom Arbeitgeber bei seiner Vorauswahl nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden. Insoweit muss der Arbeitgeber dartun und im Bestreitensfall beweisen, dass diese Anforderungen nicht nur vorgeschoben wurden (BAG, Urt. v. 19.05.2016 – 8 AZR 470/14 – Juris, Rn. 89 f).

63

(bb) Diesen Anforderungen für den Gegenbeweis genügt bereits der Vortrag des Beklagten nicht. Aus Sicht des Berufungsgerichts hätte es daher der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht bedurft. Aber auch unter Berücksichtigung der Beweisaufnahme ergibt sich insoweit kein anderes Bild.

64

Als ausdrückliche Anforderung in der Stellenausschreibung wird vom Beklagten von den Bewerbern ausschließlich "Kommunikationsfähigkeit" verlangt. In der Stellenausschreibung heißt es insoweit, diese sei von großer Bedeutung.

65

Der Beklagte hat aber selbst nicht behauptet, alle Bewerbungen unter dem Aspekt der Kommunikationsfähigkeit des Bewerbers – wie auch immer diese bei einer schriftlichen Bewerbung festzustellen wäre – gesichtet und Bewerber, die nicht kommunikationsfähig erschienen, aussortiert zu haben. Vielmehr hat der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag der Auswahlentscheidung andere, nicht in der Stellenausschreibung zum Ausdruck kommende Kriterien angelegt. So ist zunächst eine Liste (Bl. 110 – 113 d. A.) erstellt worden, die neben den Namen und der Adresse Angaben zu den Noten des Bewerbers, eine Bewertung des Anschreibens, die Mitteilung besonderer Stationen und sonstiger Besonderheiten enthielt.

66

Der Beklagte hat dann angegeben, ausgehend von dieser Liste sei für die Auswahlentscheidung das Bewerbungsschreiben sowie Teamfähigkeit, soziales Engagement und das Auftreten gegenüber den Mitgliedern für die Frage, ob ein Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, ausschlaggebend gewesen. Mag unter Teamfähigkeit noch die in der Ausschreibung genannte Kommunikationsfähigkeit zu verstehen sein, so sind jedenfalls die Anforderungen an das Bewerbungsschreiben oder das Kriterium eines "sozialen Engagements" nicht mehr dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung zu entnehmen.

67

Vor diesem Hintergrund hätte es dem Beklagten oblegen, substantiiert vorzutragen, dass die nunmehr maßgeblichen Anforderungen von ihm nicht nur vorgeschoben sind. Aus Sicht des Gerichts sind die Anforderungen hier an den diesbezüglichen Vortrag noch verschärft, weil die Stellenausschreibung so offensichtlich altersdiskriminierend ist. Wie bereits ausgeführt, hat der Beklagte an drei Stellen in der Stellenausschreibung zum Ausdruck gebracht, er erwarte Bewerbungen von jüngeren Mitarbeitern. Will er nunmehr vortragen, aufgrund aus der Stellenausschreibung in keiner Weise ersichtlichen Anforderungen sei die Bewerbung des Klägers aussortiert worden, wobei dessen Alter überhaupt keine Rolle gespielt habe, sind die Substantiierungsanforderungen erheblich. Wie weit sie reichen, braucht hier jedoch nicht geklärt zu werden, da der Beklagte substantiiert dazu, dass seine Anforderungen nicht vorgeschoben sind, nichts vorgetragen hat.

68

Der Beklagte hat im Verfahren zwar ausgeführt, warum bestimmte Bewerber eingeladen worden sind. Das vom Bundesarbeitsgericht aber bereits in den Fällen, in denen das Auswahlkriterium in der Stellenanforderung seinen Anklang gefunden hatte, verlangte Vorbringen, welche sonstigen Bewerber/innen aus welchem Grund aus dem Auswahlverfahren ausgenommen wurden, findet sich in seinen Darlegungen nicht.

69

Auch der Umstand, dass der Beklagte mittlerweile eine Mitarbeiterin des Geburtsjahrgangs 1969 eingestellt hat, die damit immerhin noch acht Jahre jünger ist als der Kläger, ist nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen, dass im Auswahlverfahren betreffend die Stelle, auf die sich der Kläger beworben hat, dessen Alter für die Nichtberücksichtigung bei der Auswahl zum Vorstellungsgespräch jedenfalls mitursächlich war. Dass das Lebensalter des Klägers bei der Entscheidung der maßgeblichen Mitarbeiter des Beklagten über dessen Nichteinladung "bewusstseinsdominant" war, verlangt das Gesetz nicht.

70

4. Die Höhe des Entschädigungsanspruchs ist vom Arbeitsgericht zutreffend mit einem Bruttomonatsgehalt, entsprechend den Angaben des Klägers also EUR 2.950,-- bemessen worden. Einwendungen hiergegen sind von keiner Seite im Berufungsverfahren erhoben worden.

71

5. Die geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen stehen dem Kläger gemäß den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 Satz 1 BGB zu.

72

III. Der Beklagte trägt gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.


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(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. April 2014 - 7 Sa 501/13 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 5. September 2013 - 3 Ca 234/13 - im Hinblick auf die Beklagte zu 2. zurückgewiesen wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, an die Klägerin eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Die Beklagte zu 2. vertreibt Designerschmuck. Die - im Revisionsverfahren nicht mehr beteiligte - Beklagte zu 1. betreibt bundesweit gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. Bei der Besetzung offener Stellen arbeitet die Beklagte zu 2. mit der Beklagten zu 1. in der Form zusammen, dass sie dieser für die jeweils zu besetzende Stelle eine Stellenbeschreibung übermittelt. Die Beklagte zu 1. schlägt ihr daraufhin geeignete Personen vor und vermittelt einen Termin zur persönlichen Vorstellung der Bewerber. Im Anschluss daran teilt die Beklagte zu 2. der Beklagten zu 1. das Ergebnis ihrer Auswahlentscheidung mit. Die Beklagte zu 1. schließt sodann mit dem/der von der Beklagten zu 2. ausgewählten Bewerber/in einen Arbeitsvertrag ab.

3

Die Klägerin wandte sich am Freitag, den 7. September 2012 aufgrund eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit an die Beklagte zu 1. Von der bei dieser tätigen Frau W erfuhr sie, dass bei der Beklagten zu 2. eine Stelle als Kommissioniererin in Vollzeit zu einem Stundenlohn von 7,89 Euro brutto zu besetzen war. Frau W vereinbarte für denselben Tag um 15:00 Uhr einen Termin zur persönlichen Vorstellung der Klägerin bei dem Logistikleiter der Beklagten zu 2., Herrn P. Frau W und die Klägerin verständigten sich darüber, dass der schriftliche Arbeitsvertrag der Klägerin auf dem Postweg übersandt werden sollte.

4

Die Klägerin begab sich vereinbarungsgemäß am Nachmittag des 7. September 2012 zur Beklagten zu 2., meldete sich am Empfang und wartete sodann auf den Logistikleiter P, der telefonisch benachrichtigt wurde. Als dieser eintraf, nahm er die Klägerin zunächst nicht als Frau wahr. Die Klägerin sprach ihn an und fragte, ob er Herr P sei, was dieser bejahte. Sodann sagte Herr P: „Ich dachte, Frau W hat eine Frau M zum Gespräch angekündigt.“ Die Klägerin wies darauf hin, dass sie Frau M sei. Die weiteren Einzelheiten des Vorstellungstermins, in dessen Verlauf auch ein Gang in das Lager der Beklagten zu 2. stattfand, sind zwischen den Parteien streitig. Am Montag, den 10. September 2012 teilte Frau W der Klägerin auf deren Nachfrage mit, dass sich der Logistikleiter der Beklagten zu 2. für eine Bewerberin von einer anderen Zeitarbeitsfirma entschieden habe.

5

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. November 2012, das der Beklagten zu 2. spätestens am 12. November 2012 zugegangen ist, machte die Klägerin dieser gegenüber einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts geltend. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise:

„Der geschilderte Vorfall macht deutlich, dass Frau M durch Ihren Mitarbeiter P wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden ist. Zum einen hat Herr P Frau M deutlich zu verstehen gegeben, dass er nicht glaube, dass sie eine Frau sei und hat sie dadurch herabgewürdigt. Zum anderen sind freie Arbeitsstellen grundsätzlich geschlechtsneutral auszuschreiben, so dass selbst dann, wenn es sich bei Frau M um einen Mann gehandelt hätte, ebenfalls eine Benachteiligung wegen des Geschlechts gegeben wäre.“

6

Nachdem die Beklagte zu 2. die Forderung der Klägerin mit Schreiben vom 22. November 2012 abgelehnt hatte, hat die Klägerin mit ihrer am 8. Februar 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten zu 2. am 18. Februar 2013 zugestellten Klage ihr Begehren nach Zahlung einer Entschädigung weiter verfolgt.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Ablehnung ihrer Bewerbung beruhe auf einer Benachteiligung wegen des Geschlechts. Der Begriff des Geschlechts in § 1 AGG umfasse die biologische Zuordnung zu einer „Geschlechtsgruppe“ und meine damit sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ sowie „zwischengeschlechtlich“. Herr P, dessen Verhalten sich die Beklagte zu 2. zurechnen lassen müsse, habe ihre geschlechtliche Identität angezweifelt. Er habe sie zu Beginn des Gesprächs wortlos angesehen und dann nicht nur einmal, sondern zweimal gesagt, dass Frau W doch eine Frau habe schicken wollen, und dies, obwohl sie ihm bereits nach dem ersten Mal geantwortet habe, dass sie die angekündigte Frau M sei. Herr P habe schließlich noch hinter die Tür geschaut und so getan, als suche er dort eine Frau. Nur nach einigem Zögern sei er mit ihr in das Lager gegangen. Die dort anfallenden Arbeiten als Kommissioniererin seien ihr nicht erläutert worden. Auf mehrfache Nachfrage, wann am folgenden Montag Arbeitsbeginn sei, habe Herr P nur geantwortet, dass er nochmals mit Frau W sprechen müsse. Mit der Berufungsbegründung hat die Klägerin vorgetragen, sie sei transsexuell und darauf hingewiesen, dass transgeschlechtliche Menschen Diskriminierungen nicht aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung, sondern ua. deshalb erführen, weil sie in ihrem gewählten Geschlecht als „untypisch“ und von der jeweiligen Geschlechtsnorm abweichend auffielen oder weil sie sich keinem der zwei anerkannten Geschlechter zuordnen wollten.

8

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt,

die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an sie eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 4.324,80 Euro liegen sollte, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung.

9

Die Beklagte zu 2. hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, es sei weder im Gespräch zwischen der Klägerin und Frau W eine Beschäftigung vereinbart worden noch sei das Treffen der Klägerin mit dem Logistikleiter P so abgelaufen, wie die Klägerin dies geschildert habe. Insbesondere habe Herr P nicht die Geschlechtszugehörigkeit der Klägerin infrage gestellt, sondern sich lediglich beim ersten Anblick geirrt. Als er zum Empfang gekommen sei, habe er eine Person gesehen, die er zunächst als Mann wahrgenommen habe. Als diese sich ihm zuwandte, sei er im ersten Moment irritiert gewesen und habe gesagt: „Ich dachte, Frau W habe eine Frau M zum Gespräch angekündigt.“ Nachdem die Klägerin ihm erklärt habe, dass sie Frau M sei, habe er sich entschuldigt, sie im ersten Moment für einen Mann gehalten zu haben. Herr P habe sich dann mit der Klägerin in das Lager begeben, um dieser die dort anfallenden Arbeiten zu erläutern. Auf die Frage der Klägerin, wann am folgenden Montag Arbeitsbeginn sei, habe er der Klägerin erklärt, dass sie nicht die einzige Bewerberin für die Stelle sei und er Frau W über seine Entscheidung informieren werde. Herr P habe weder von der Transsexualität der Klägerin gewusst noch eine solche angenommen. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz, sie sei transsexuell, sei verspätet. Im Übrigen komme es ihr bei der Bewerberauswahl ua. darauf an, wie sich eine Bewerberin oder ein Bewerber in das vorhandene und gewachsene Lagerteam integrieren könne. Diese Entscheidung müsse der Lagerleiter aus seiner Kenntnis der im Lager arbeitenden Personen und seinem persönlichen Eindruck von der sich bewerbenden Person treffen. Auf dieser Basis habe Herr P jemand anderen für die Stelle ausgewählt. Soweit die Klägerin behaupte, von der Beklagten zu 2. sei eine bestimmte Geschlechtszugehörigkeit für die Stelle vorausgesetzt worden, treffe dies nicht zu. Die Arbeit im Lager bestehe darin, die bestellten Schmuckstücke zu kommissionieren und versandfertig zu verpacken. Besondere Körperkräfte seien dafür nicht erforderlich. Möglicherweise aus diesem Grund, aber auch wegen der Arbeitszeit, erhalte sie weitaus mehr Bewerberprofile von Frauen übersandt.

10

Das Arbeitsgericht hat die - zunächst gegen beide Beklagte gerichtete - Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht im Hinblick auf die Beklagte zu 2. zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel insoweit weiter. Die Beklagte zu 2. begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung der Klägerin - soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung - nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob die zulässige Klage begründet ist, dh. ob die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung zu zahlen, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

12

A. Die Klage ist zulässig.

13

Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin durfte die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Die Klägerin hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung, die sie mit mindestens 4.324,80 Euro bestimmt hat, angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 16; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16).

14

B. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

15

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe gegen die Beklagte zu 2. keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Zwar sei ungeklärt, ob Transsexualität dem in § 1 AGG genannten Grund „Geschlecht“ oder dem der „sexuellen Identität“ zuzuordnen sei; ob das Geltendmachungsschreiben der Klägerin, in dem diese sich ausschließlich auf eine Diskriminierung wegen des Geschlechts und nicht wegen der sexuellen Identität berufen habe, die Fristen zur Geltendmachung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 4 AGG und zur Klageerhebung nach § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt habe oder ob die Klägerin sich für eine ordnungsgemäße Geltendmachung und Klageerhebung vielmehr auf eine Diskriminierung wegen der „sexuellen Identität“ hätte berufen müssen, könne jedoch dahinstehen. Jedenfalls sei die Klägerin von der Beklagten zu 2. nicht wegen ihrer Transsexualität benachteiligt worden. Das Vorbringen der Klägerin lasse nicht den Schluss zu, dass die behauptete Transsexualität für die Nichteinstellung ursächlich gewesen sei. Allein die Suche des Herrn P nach einer - ihm von Frau W angekündigten - Frau lasse nicht darauf schließen, dass er die Klägerin als transsexuell angesehen habe und bei dieser Annahme nach dem Hinweis der Klägerin, dass sie Frau M sei, auch geblieben sei. Die Klägerin habe auch nicht behauptet, dass Herrn P, dessen Verhalten die Beklagte zu 2. sich zurechnen lassen müsse, ihre Transsexualität im Zeitpunkt der Benachteiligung positiv bekannt, für ihn offensichtlich gewesen oder von diesem angenommen worden wäre.

16

II. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts musste die Klägerin nicht „behaupten“, für Herrn P sei ihre Transsexualität offensichtlich gewesen oder von diesem angenommen worden. Die Klägerin musste nach § 22 AGG vielmehr nur Indizien vortragen und im Bestreitensfall beweisen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, sie sei von Herrn P als transsexueller Mensch wahrgenommen und deshalb benachteiligt worden. Zudem lässt die angefochtene Entscheidung nicht erkennen, dass sich das Landesarbeitsgericht mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat.

17

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

18

a) Nach dem in § 7 Abs. 1 AGG bestimmten Benachteiligungsverbot ist eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Geschlechts und der sexuellen Identität untersagt. § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend wohl nur in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. des Geschlechts und der sexuellen Identität, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

19

Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende - Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

20

b) § 7 Abs. 1 AGG enthält ein einheitliches generelles Verbot der Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Dies gilt nach § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. Ob der Grund tatsächlich in der Person des oder der Beschäftigten vorliegt, ist demnach nicht entscheidend. § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG berücksichtigt damit den Umstand, dass Menschen oft bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zugeschrieben werden, zB allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes (vgl. BT-Drs. 16/1780 S. 34). Macht sich der Benachteiligende Vorstellungen über das Vorliegen eines Benachteiligungsgrundes, kann dies genügen, um den Entschädigungsanspruch auszulösen (etwa BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 14).Bereits aus diesem Grund kommt es weder darauf an, ob die Klägerin transsexuell ist, noch ob Herr P von der Transsexualität der Klägerin wusste.

21

Bedenken gegen die Unionsrechtskonformität von § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG bestehen nicht. Sofern der Regelungsgehalt von § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG nicht ohnehin in den Richtlinien 2006/54/EG und 2000/78/EG enthalten sein sollte, ginge § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG jedenfalls zulässigerweise im Schutzniveau zugunsten der benachteiligten Person über die Richtlinie hinaus.

22

c) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist;er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

23

d) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“(hier insbesondere: Richtlinie 2006/54/EG und Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

24

e) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

25

aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG, sondern ebenso im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG, also bezogen auf die Frage, ob der Benachteiligende das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung nur angenommen hat.

26

Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

27

bb) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat,sind nur eingeschränkt revisibel(vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49, 63 mwN ). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht sich den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt(st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN ; 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 28; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

28

2. Unter Zugrundelegung dieser Prüfungsmaßstäbe hält das angefochtene Urteil auch einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand.

29

a) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts musste die Klägerin nicht „behaupten“, für Herrn P sei ihre Transsexualität offensichtlich gewesen oder von diesem angenommen worden. Sie musste nach § 22 AGG iVm. § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG vielmehr nur Indizien vortragen und im Bestreitensfall beweisen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, sie sei von Herrn P als transsexueller Mensch wahrgenommen und deshalb benachteiligt worden.

30

aa) Zwar gehört Transsexualität als solche nicht zu den in § 1 AGG genannten Gründen, an die das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG anknüpft. Sie kann jedoch sowohl im Rahmen des in § 1 AGG angeführten Grundes „Geschlecht“ als auch des Grundes „sexuelle Identität“ iSv. § 1 AGG von Bedeutung sein.

31

Dem steht nicht entgegen, dass der nationale Gesetzgeber die Transsexualität nicht dem Grund „Geschlecht“, sondern dem Grund „sexuelle Identität“ zugeordnet hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung werden von der „sexuellen Identität“ homosexuelle Männer und Frauen ebenso wie bisexuelle, transsexuelle oder zwischengeschlechtliche Menschen erfasst (BT-Drs. 16/1780 S. 31). Demgegenüber kennt das Unionsrecht den Begriff der sexuellen Identität nicht, sondern spricht in Erwägungsgrund 11 der Richtlinie 2000/78/EG von der „sexuellen Ausrichtung“ und ordnet die Transsexualität dem Begriff „Geschlecht“ zu (zu dieser Zuordnung vgl. ua. EuGH 30. April 1996 - C-13/94 - [P./S.] Rn. 13 ff., Slg. 1996, I-2143). In unionsrechtskonformer Auslegung des § 1 AGG wird die Transsexualität demnach sowohl vom Grund „Geschlecht“ als auch vom Grund „sexuelle Identität“ umfasst.

32

bb) Da als transsexuell Personen bezeichnet werden, die sich dem Geschlecht, dem sie aufgrund ihrer äußerlichen körperlichen Geschlechtsmerkmale zum Zeitpunkt der Geburt zugeordnet wurden, nicht (mehr) zugehörig fühlen, sondern sich mit dem „Gegengeschlecht“ identifizieren (vgl. dazu EuGH 30. April 1996 - C-13/94 - [P./S.] Rn. 16, Slg. 1996, I-2143; BVerfG 11. Januar 2011 - 1 BvR 3295/07 - Rn. 34, BVerfGE 128, 109; Franzen/Sauer Expertise „Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben“ im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2010 S. 9), genügt eine Person, die sich durch eine Benachteiligung wegen der Transsexualität für beschwert hält, ihrer Darlegungslast gemäß § 22 AGG bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie als eine solche Person wahrgenommen und deshalb benachteiligt wurde. In einem solchen Fall ist die Vermutung begründet, dass der Benachteiligende die Transsexualität angenommen hat iSv. § 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG und diese Annahme mitursächlich für seine Entscheidung war.

33

b) Die angefochtene Entscheidung lässt zudem nicht erkennen, dass sich das Landesarbeitsgericht mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat. Das Landesarbeitsgericht hat vielmehr wesentliches Vorbringen der Klägerin überhaupt nicht gewürdigt.

34

Die Klägerin hatte nicht nur vorgetragen, dass Herr P nach einer - ihm von Frau W angekündigten - Frau gefragt habe. Sie hatte sich zudem darauf berufen, Herr P habe ihre geschlechtliche Identität angezweifelt; er habe sie nicht als Frau wahrgenommen. Er habe sie zu Beginn des Gesprächs wortlos angesehen und dann nicht nur einmal, sondern zweimal gesagt, dass Frau W doch eine Frau habe schicken wollen, und dies, obwohl sie ihm bereits nach dem ersten Mal geantwortet habe, dass sie die angekündigte Frau M sei. Herr P habe schließlich, obgleich sie nochmals erklärt habe, sie sei Frau M, noch hinter die Tür geschaut und so getan, als suche er dort eine Frau. Nur nach einigem Zögern sei er mit ihr in das Lager gegangen. Die dort anfallenden Arbeiten als Kommissioniererin seien ihr nicht erläutert worden. Auf mehrfache Nachfrage, wann am folgenden Montag Arbeitsbeginn sei, habe Herr P nur geantwortet, dass er nochmals mit Frau W sprechen müsse. Damit hatte die Klägerin Umstände vorgetragen, die nicht von vornherein ungeeignet waren, jedenfalls in einer Gesamtschau die Vermutung zu begründen, Herr P habe sie nicht „ihrem“ Geschlecht zugehörig und damit als transsexuell wahrgenommen und sie deshalb benachteiligt.

35

C. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

36

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Die Klägerin ist als Bewerberin für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigte iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte zu 2. ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 2 AGG, da ihr der/die erfolgreiche Bewerber/in zur Arbeitsleistung überlassen werden sollte.

37

II. Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).

38

1. Nach § 15 Abs. 4 AGG muss der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist begann vorliegend mit der Mitteilung von Frau W, dass sich Herr P und damit die Beklagte zu 2. für eine Bewerberin von einer anderen Zeitarbeitsfirma entschieden habe, am 10. September 2012 zu laufen und endete mit Ablauf des 12. November 2012, einem Montag (zur Fristberechnung vgl. ua. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 61, BAGE 141, 48). Nach § 61b Abs. 1 ArbGG musste die Entschädigungsklage innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben werden.

39

2. Die Geltendmachung erfolgte inhaltlich hinreichend bestimmt sowie frist- und formgerecht iSv. § 15 Abs. 4 AGG.

40

Die Geltendmachungsfrist wurde durch das der Beklagten zu 2. spätestens am 12. November 2012 zugegangene Schreiben der Klägerin vom 9. November 2012 frist- und formgerecht gewahrt. Die Klägerin hat ihren Entschädigungsanspruch in dem Geltendmachungsschreiben vom 9. November 2012 nach dem Lebenssachverhalt individualisiert und der ungefähren Höhe nach angegeben, was ausreicht (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 23).

41

Der fristgerechten Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 AGG steht nicht entgegen, dass die Klägerin in ihrem Geltendmachungsschreiben eine Diskriminierung wegen des Geschlechts gerügt und erst in der Berufungsinstanz mitgeteilt hatte, sie sei transsexuell. Wie unter Rn. 31 ausgeführt, wird die Transsexualität in unionsrechtskonformer Auslegung des § 1 AGG sowohl vom Begriff „Geschlecht“ als auch vom Begriff der „sexuellen Identität“ umfasst. Bereits aus diesem Grund kommt es im vorliegenden Verfahren auf das vom Landesarbeitsgericht zitierte Urteil des Senats vom 26. September 2013 (- 8 AZR 650/12 - Rn. 17) nicht an. Im Übrigen betraf diese Entscheidung nicht die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 AGG, sondern die Frage der Einhaltung der Klagefrist nach § 61b ArbGG.

42

3. Auch die Klageerhebung erfolgte frist- und formgerecht. Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

43

III. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin bereits vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden wurde; jedenfalls hat sie als abgelehnte Bewerberin eine ungünstigere Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG erfahren als die letztlich ausgewählte Bewerberin.

44

IV. Schließlich bleibt auch die Gegenrüge der Beklagten zu 2., das Landesarbeitsgericht habe den Vortrag der Klägerin zu ihrer Transsexualität entgegen § 67 Abs. 2 ArbGG berücksichtigt und sich auch nicht zur Frage der Präklusion geäußert, erfolglos. Hat das Landesarbeitsgericht entsprechenden Vortrag trotz einer eventuellen Verspätung gemäß § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG zugelassen, ist der Senat hieran gebunden. Eine einmal eingetretene, aber vom Landesarbeitsgericht akzeptierte Verzögerung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 845/11 - Rn. 37).

45

D. Ob die Klage begründet und die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung zu zahlen, kann der Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen, ggf. auch zu dem äußeren Erscheinungsbild der Klägerin beim Vorstellungsgespräch bei der Beklagten zu 2. am 7. September 2012 zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

46

I. Das Landesarbeitsgericht wird zunächst den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen, ggf. auch zu dem äußeren Erscheinungsbild der Klägerin beim Vorstellungsgespräch bei der Beklagten zu 2. am 7. September 2012 zu geben haben. Sodann wird es - ggf. nach Beweisaufnahme - die erforderlichen Feststellungen zu treffen und eine erneute und vollständige Gesamtwürdigung vorzunehmen haben.

47

II. Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, das Benachteiligungsverbot des AGG sei verletzt und der Klägerin stehe nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung zu, wird es zu beachten haben, dass auch bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen sind(vgl. ua. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 38; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 38; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181). Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63; 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] aaO, mwN; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO).

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Umfug    

        

    Wankel    

                 

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
3.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.
Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.

(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

(2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. Januar 2014 - 2 Sa 50/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der 1953 geborene Kläger ist promoviert und als Einzelanwalt in R schwerpunktmäßig in den Bereichen Arbeitsrecht, Arztrecht, Arzthaftungsrecht, Medizinrecht, Erbrecht, Familienrecht, Forderungsbeitreibung, Mietrecht, Strafrecht und Zivilrecht tätig. In den Jahren 1979 und 1983 absolvierte er die beiden juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg und erzielte dabei jeweils die Note befriedigend (7 Punkte).

3

Die Beklagte zu 1. ist eine im Jahr 2009 gegründete Partnerschaft von Rechtsanwälten in H, die Beklagten zu 2. bis 4. sind die hierin verbundenen Partner. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Wirtschaftsrecht, das Bau- und Immobilienrecht, PPP-Projekte sowie das Vergaberecht spezialisiert. Alle bei den Beklagten angestellten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen haben die beiden juristischen Staatsexamina mit Abschlussnoten von jeweils mindestens 9 Punkten (vollbefriedigend) bestanden.

4

Im November 2012 veröffentlichte die Beklagte zu 1. in der Neuen Juristischen Wochenschrift (im Folgenden NJW) eine Stellenanzeige, die auszugsweise den folgenden Inhalt hat:

        

„…      

        

Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir einen Rechtsanwalt (m/w) mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung für die Bereiche

        

•       

Immobilienwirtschaftsrecht, Baurecht, Projektentwicklungen

        

•       

Öffentliches Wirtschaftsrecht, Vergaberecht, PPP

        

Wir bieten Ihnen erstklassige Arbeitsbedingungen in einem professionellen Umfeld und eine langfristige Perspektive in einem jungen und dynamischen Team. Sie werden in einem fundierten und praxisorientierten Aus-/Weiterbildungsprogramm weiter qualifiziert und spezialisiert. In die Bearbeitung bedeutender Mandate werden Sie von Anfang an verantwortlich einbezogen.

        

Wir erwarten von Ihnen Persönlichkeit, Teamgeist, Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen und eine erstklassige juristische Qualifikation. Bewerber(innen) mit Berufserfahrung haben idealerweise in einer wirtschaftsberatenden Sozietät in einem der Bereiche Öffentliches Recht oder Immobilienwirtschaftsrecht gearbeitet.

        

…“    

5

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 9. November 2012 bei der Beklagten zu 1. auf die ausgeschriebene Stelle. In seinem Anschreiben, dem weitere Bewerbungsunterlagen beigefügt waren, heißt es:

        

„…      

        

ich bewerbe mich auf Ihre Stellenanzeige. Ich bin seit 1988 hier in R als Rechtsanwalt tätig, jedoch örtlich ungebunden. Ich habe, wie aus den beigefügten Bewerbungsunterlagen ersichtlich, zwei Prädikatsexamen und bin darüber hinaus promoviert. Das Wirtschaftsrecht und Immobilienwirtschaftsrecht kenne ich umfänglich aus meiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt.

        

Sehr gute Englischkenntnisse sind selbstverständlich.

        

Ich freue mich, demnächst von Ihnen zu hören und bleibe

        

mit freundlichen kollegialen Grüßen

        

…“    

6

Mit Schreiben vom 19. November 2012 teilte die Beklagte zu 1. dem Kläger mit:

        

„…,     

        

vielen Dank für Ihre Bewerbung und das damit verbundene Interesse an einer Beschäftigung in unserer Kanzlei. Ihre Bewerbung zeigt viele gute Qualifikationen.

        

Auf unsere Anzeige haben wir eine Vielzahl von Bewerbungen erhalten. Leider können wir Ihre Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen. Ihre Bewerbungsunterlagen übersenden wir Ihnen daher anliegend mit herzlichem Dank zurück.

        

Für Ihre Zukunft und die weitere Suche nach einer beruflichen Herausforderung wünschen wir Ihnen viel Erfolg.

        

…“    

7

Der Kläger machte daraufhin mit einem an die Beklagte zu 1. gerichteten Schreiben vom 26. November 2012 Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz geltend. In diesem Schreiben heißt es:

        

„…,    

        

ich hatte mich mit Schreiben vom 9. November 2012 unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen auf die von Ihnen in der NJW 2012 ausgeschriebene Stelle als Rechtsanwalt beworben. Mit Schreiben vom 19. November 2012 haben Sie die Bewerbungsunterlagen an mich zurückgesendet und mitgeteilt, daß Sie meine Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen können.

        

Die Behandlung meiner Bewerbung erfolgte ganz offensichtlich unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen ihres Alters oder wegen eines anderen in § 1 genannten Grundes benachteiligen. Das gilt auch für Stellenbewerber (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG). Daß Sie gegen diese Vorschrift verstoßen haben, belegt bereits ein Blick in die Stellenanzeige, wo ganz offen gesagt wird, man suche einen Rechtsanwalt (m/w) mit ‚0-2 Jahren Berufserfahrung‘ mithin jüngeren Alters.

        

Sie schulden demnach eine Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 AGG. Mangels genauer Kenntnis der näheren Umstände und der von Ihnen gezahlten Gehälter etc. können diese Forderungen derzeit nur geschätzt werden. Insoweit fordere ich eine angemessene Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR und Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 EUR. Hinzu kommen meine unten berechneten Rechtsanwaltsgebühren, so daß bis spätestens

        

Montag, den 10. Dezember 2012

        

insgesamt (10.000,00 EUR+50.000,00 EUR

        

+1.761,08 EUR)

        

61.761,08 EUR

        

auf mein Konto bei der S zu zahlen sind andernfalls ich ohne Weiteres Klage erheben werde.

        

Sollte der oben genannte Betrag pünktlich gezahlt werden, werde ich keine weiteren Forderungen mehr geltend machen, was hiermit ausdrücklich versichert wird.

        

Für den Fall der Fristversäumung fordere ich Sie bereits jetzt auf, Auskunft über die eingestellten Bewerber und deren Qualifikation sowie deren Bezahlung zu erteilen.

        

…“    

8

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 wies die Beklagte zu 1. die Ansprüche des Klägers zurück. Die ausgeschriebene Stelle wurde letztlich nicht besetzt, weil sich das auf dieser Stelle zu bearbeitende Projekt verschob.

9

Mit seiner am 13. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Auskunft über die Jahresvergütung der in der NJW ausgeschriebenen Stelle sowie Entschädigung und Schadensersatz in Höhe der erteilten Auskunft nebst Zinsen begehrt. Seit der Berufungsinstanz verfolgt der Kläger ausschließlich den Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter. Die auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbare Jahresvergütung hat er mit 60.000,00 Euro beziffert.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Ablehnung seiner Bewerbung beruhe auf einer Benachteiligung wegen seines Alters. Mit der Stellenanzeige in der NJW hätten die Beklagten ausdrücklich eine Berufserfahrung von nur „0 - 2 Jahren“ erwartet und die Mitarbeit in einem „jungen und dynamischen Team“ angekündigt. Dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Die Beklagten hätten weder dargelegt noch bewiesen, dass eine nach dem AGG unzulässige Benachteiligung nicht vorliege. Er sei auch objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet, die er bei diskriminierungsfreier Auswahl hätte erhalten müssen. Seine juristische Qualifikation sei als erstklassig iSd. Stellenanzeige anzusehen. Vor dem Hintergrund seiner Promotion und seiner Berufserfahrung von 30 Berufsjahren komme es nicht in erster Linie auf die von ihm erzielten Examensnoten an, mit denen er sich im Übrigen sogar im oberen Fünftel (1. Staatsexamen) bzw. im oberen Drittel (2. Staatsexamen) aller Absolventen befunden habe. Seinem Entschädigungsanspruch stehe auch nicht der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Eine Vielzahl erhobener Entschädigungsklagen reiche nicht aus, um den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu begründen. Er habe auch zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass er sich nur beworben habe, um einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können. In dem Telefonat mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 habe er lediglich gesagt, dass es, nachdem seine Bewerbung abgelehnt worden sei, nicht um eine Heilung des Verstoßes gegen das AGG gehen könne.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, der Kläger sei schon kein Bewerber iSd. AGG, da er sich nicht ernsthaft auf die ausgeschriebene Stelle beworben habe. Die mangelnde Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung ergebe sich ua. aus einem Bericht in der Zeitschrift J, wonach der Kläger sich in zahlreichen Fällen auf ihm diskriminierend erscheinende Stellenanzeigen beworben und anschließend Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eingeklagt habe. Auch habe er im Rahmen eines Telefongesprächs am 27. November 2012 mit dem Beklagten zu 3. geäußert, er habe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten zu 1., sondern wolle lediglich eine Zahlung. Zudem wirke sich aus, dass der Kläger die ausgeschriebene Stelle auch überhaupt nicht habe antreten können, weil er als Einzelanwalt ein laufendes Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können. Jedenfalls sei die Bewerbung des Klägers rechtsmissbräuchlich erfolgt. Der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle auch objektiv nicht geeignet gewesen. Seine Examensergebnisse belegten nicht die in der Stellenausschreibung geforderte „erstklassige juristische Qualifikation“. Im Übrigen sei die von der Beklagten zu 1. in der NJW veröffentlichte Stellenausschreibung auch nicht diskriminierend. Sie beziehe sich nicht auf das Alter potentieller Bewerber. „0 - 2 Jahre Berufserfahrung“ könnten auch ältere Berufswechsler aufweisen; die Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ sei ausschließlich im Zusammenhang mit einer Selbstdarstellung der Kanzlei zu sehen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen teilweise Berufung eingelegt, soweit das Arbeitsgericht seinen Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG abgewiesen hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob und ggf. in welchem Umfang die zulässige Klage begründet ist, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

16

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Zum einen sei der Kläger wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen zwei Staatsexamina für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vergleichbar seien nur Bewerber/innen, die das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ erfüllten. Zudem stehe dem Entschädigungsanspruch des Klägers der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Der Kläger sei nicht ernsthaft an der Stelle interessiert gewesen, sondern habe sich nur beworben, um eine Entschädigung verlangen zu können. Bereits der Inhalt seines Bewerbungsschreibens spreche für die mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Das Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe. Zudem lasse sich dem Bewerbungsschreiben nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe. Gegen die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung spreche zudem der in dem Artikel der Zeitschrift „J“ geschilderte Sachverhalt, wonach der Kläger sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellenanzeigen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden und im Fall der Ablehnung 60.000,00 Euro fordere. Nach den Recherchen der Zeitschrift habe der Kläger allein im Jahr 2013 sechzehn derartige Entschädigungsklagen anhängig gemacht, wobei er in noch weiteren Fällen die Anforderungen an die ausgeschriebene Stelle offensichtlich nicht erfüllt habe. Auch wenn allein eine Vielzahl von Entschädigungsklagen kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darstelle, stelle sich dies anders dar, wenn sich jemand ausschließlich auf Stellen bewerbe, die unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden seien. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen, da der Kläger auch nicht dargetan habe, dass er sich entgegen den Angaben in dem in der Zeitschrift „J“ erschienenen Artikel auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben habe.

17

II. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

18

1. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der Begründung abweisen, der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vielmehr befinden sich, soweit es um eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung - zu treffende Auswahlentscheidung des Arbeitgebers geht, Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

19

a) Zwar ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorliegen einer „vergleichbaren Situation“ bzw. „vergleichbaren Lage“ nicht nur im Rahmen von § 3 Abs. 1 AGG, der die unmittelbare Benachteiligung zum Gegenstand hat, sondern auch im Rahmen von § 3 Abs. 2 AGG, der die mittelbare Benachteiligung definiert, von Bedeutung ist.

20

aa) Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters. Dabei verbietet § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

21

bb) § 3 Abs. 2 AGG enthält nach seinem Wortlaut - anders als dies bei § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG der Fall ist - nicht ausdrücklich das Erfordernis „in einer vergleichbaren Situation“. Da allerdings das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes ist und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung generell verlangen, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist(vgl. ua. EuGH 20. September 2007 - C-116/06 - [Kiiski] Rn. 54, Slg. 2007, I-7643; 26. Juni 2001 - C-381/99 - [Brunnhofer] Rn. 28, Slg. 2001, I-4961), ist auch bei einer mittelbaren Diskriminierung die Frage nach einer „vergleichbaren Situation“ bzw. einer „vergleichbaren Lage“ von Bedeutung (vgl. ua. EuGH 28. Juni 2012 - C-172/11 - [Erny] Rn. 39 - 41; 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 54 - 56, Slg. 2009, I-6525; 12. Oktober 2004 - C-313/02 - [Wippel] Rn. 56 f., Slg. 2004, I-9483).

22

b) Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen hat, vergleichbar sei die Auswahlsituation nur für Bewerber/innen, die gleichermaßen für die zu besetzende Stelle objektiv geeignet seien, was beim Kläger nicht der Fall sei, da dieser wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen Staatsexamina das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ nicht erfülle, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

23

aa) Zwar befindet sich eine Person nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats nur dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle „objektiv geeignet“ ist (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offengelassen neuerdings von BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 21; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

24

bb) An dieser Rechtsprechung hält der Senat allerdings nicht fest.

25

(1) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ausgeführt hat, spricht gegen das Erfordernis der „objektiven Eignung“ bereits der Umstand, dass § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Denn auch bei „benachteiligungsfreier Auswahl“ würden die Bewerber nicht eingestellt, denen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle fehlt.

26

(2) Könnte nur ein „objektiv geeigneter“ Bewerber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG beanspruchen, würde dies auch dazu führen, dass ihm die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung - hier: durch die Richtlinie 2000/78/EG - verliehenen Rechte entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 16. Januar 2014 - C-429/12 - [Pohl] Rn. 23; vgl. auch BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 28) durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht, jedenfalls aber übermäßig erschwert würde.

27

(a) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde den Entschädigungsprozess mit der schwierigen Abgrenzung der „objektiven Eignung“ von der „individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation“ belasten und dadurch die Wahrnehmung der durch das AGG und die Richtlinie 2000/78/EG verliehenen Rechte erschweren.

28

Insoweit hat der Senat in seiner Rechtsprechung stets ausgeführt, dass maßgeblich für die objektive Eignung nicht allein das formelle Anforderungsprofil sei, welches der Arbeitgeber erstellt habe, sondern dass es insoweit auf die Anforderungen ankomme, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber zulässigerweise stellen dürfe. Der Arbeitgeber dürfe an den/die Bewerber/in keine Anforderungen stellen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt seien (vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 21 mwN; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 38; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08  - Rn. 55). Die objektive Eignung sei allerdings zu unterscheiden von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und Grund iSv. § 1 AGG eine Rolle spiele. Damit werde gewährleistet, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich frei entscheiden könne, wie Art. 12 Abs. 1 GG es gebiete, aber nicht durch das Stellen hierfür nicht erforderlicher Anforderungen an Bewerber die Vergleichbarkeit der Situation selbst gestalten und den Schutz des AGG de facto beseitigen könne. Denn auch Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten könnten, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürften des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünsche, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung seien (vgl. etwa BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 39; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 55).

29

(b) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG aber auch aus einem anderen Grund übermäßig erschweren.

30

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ebenfalls ausgeführt hat, kann die Frage, ob eine „vergleichbare Situation“ bzw. eine „vergleichbare Lage“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG vorliegt, nicht ohne Vergleichsbetrachtung beantwortet werden. Denn an einer „vergleichbaren Situation“ oder „vergleichbaren Lage“ würde es - soweit es um die „objektive Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers geht - nur dann fehlen, wenn diese/r die geforderte „objektive Eignung“ nicht aufweist, während andere Bewerber/innen, jedenfalls aber der/die ausgewählte Bewerber/in objektiv geeignet sind. Das aus dem Merkmal der vergleichbaren Situation abgeleitete Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Bewerbers würde mithin zu einer Verengung des Vergleichsmaßstabs führen. Hierdurch würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG übermäßig erschwert. Dies gilt zunächst, soweit den/die Bewerber/in für das Vorliegen einer vergleichbaren Situation oder vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die volle Darlegungs- und Beweislast treffen sollte. Dies gilt aber auch dann, wenn vor dem Hintergrund, dass dem/der Bewerber/in in der Regel nicht bekannt ist, wer sich außer ihm/ihr mit welcher Qualifikation/Eignung auf die ausgeschriebene Stelle beworben hat und für welchen Bewerber/welche Bewerberin der potentielle Arbeitgeber sich entschieden hat und er/sie gegen diesen auch keinen dahingehenden Auskunftsanspruch hat (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 56 unter Hinweis auf EuGH 19. April 2012C-415/10  - [Meister]), von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen wäre, wonach es ausreichen würde, wenn der/die Bewerber/in die objektive Eignung anderer Bewerber/innen oder des/der letztlich eingestellten Bewerbers/Bewerberin bestreitet mit der Folge, dass der Arbeitgeber dann jedenfalls zur objektiven Eignung dieser Personen substantiiert vorzutragen hätte. In diesem Fall würde der Prozess in der Regel mit einer aufwändigen Tatsachenfeststellung und Klärung der Eignung oder Nichteignung der anderen Bewerber/innen, jedenfalls aber des/der ausgewählten Bewerbers/Bewerberin belastet, ohne dass sich in den Bestimmungen des AGG und den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere in denen der Richtlinie 2000/78/EG für die Zulässigkeit einer solchen Verengung des Vergleichsmaßstabs hinreichende Anhaltspunkte finden (vgl. BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 21; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 23).

31

(c) Es kommt hinzu, dass das Erfordernis der „objektiven Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG dann nahezu praktisch unmöglich machen würde, wenn diese/r die/der einzige Bewerber/in um die Stelle war. In diesem Fall existiert nämlich keine konkrete Vergleichsperson; vielmehr würde es nach § 3 Abs. 1 AGG auf eine hypothetische Vergleichsperson ankommen, deren objektive Eignung oder Nichteignung sich nicht feststellen ließe.

32

2. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage aber auch nicht mit der Begründung abweisen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt. Dabei kann offenbleiben, ob dem Entschädigungsverlangen des Klägers - entgegen dessen Rechtsauffassung - überhaupt der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB entgegengehalten werden kann. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Aus diesem Grund kommt es auf die Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache - C-423/15 - [Kratzer] auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 18. Juni 2015 (- 8 AZR 848/13 (A) -) nicht an.

33

a) Nach Auffassung des Senats spricht alles dafür, dass der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt wäre, sofern dieser sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen.

34

aa) Nach § 242 BGB sind durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der Ausnutzung einer rechtsmissbräuchlich erworbenen Rechtsposition kann demnach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen (vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 677/14 - Rn. 44; 21. Oktober 2014 - 3 AZR 866/12 - Rn. 48; 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 33; BGH 6. Februar 2002 - X ZR 215/00 - zu I 2 c der Gründe; 6. Oktober 1971 - VIII ZR 165/69 - zu I der Gründe, BGHZ 57, 108). Allerdings führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Hat der Anspruchsteller sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB vor(etwa BGH 28. Oktober 2009 - IV ZR 140/08 - Rn. 21).

35

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen, die den - rechtshindernden - Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast derjenige, der diesen Einwand geltend macht (vgl. ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 26; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 37; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 54).

36

bb) Danach hätte der Kläger die Rechtsstellung als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig erworben mit der Folge, dass die Ausnutzung dieser Rechtsposition rechtsmissbräuchlich wäre, wenn er sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen(vgl. etwa BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 53 mwN; vgl. auch BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 33, BVerwGE 139, 135).

37

Nach § 1 AGG ist es das Ziel des AGG, in seinem Anwendungsbereich Benachteiligungen aus den in dieser Bestimmung genannten Gründen zu verhindern oder zu beseitigen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG wird auch der Zugang zur Beschäftigung vom sachlichen Anwendungsbereich des AGG erfasst. Nach dieser Bestimmung sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund nach Maßgabe des Gesetzes ua. unzulässig in Bezug auf die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit. Aus diesem Grund fallen nicht nur Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG, sondern auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG unter den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes, sie gelten danach als Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG.

38

Bereits mit diesen Bestimmungen des AGG hat der nationale Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass nur derjenige den Schutz des AGG vor Diskriminierung einschließlich der in § 15 AGG geregelten Ersatzleistungen für sich beanspruchen kann, der auch tatsächlich Schutz vor Diskriminierung beim Zugang zur Erwerbstätigkeit sucht und dass hingegen eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, sich nicht auf den durch das AGG vermittelten Schutz berufen kann; sie kann nicht Opfer einer verbotenen Diskriminierung sein mit der Folge, dass ihr die in § 15 AGG vorgesehenen Sanktionen mit abschreckender Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber(vgl. etwa EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63) zugutekommen müssten. Eine Person, die ihre Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig herbeiführt, missbraucht vielmehr den vom AGG gewährten Schutz vor Diskriminierung.

39

cc) Nach Auffassung des Senats begegnet der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB unter diesen engen Voraussetzungen auch keinen unionsrechtlichen Bedenken.

40

(1) Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist ein anerkannter Grundsatz des Unionsrechts (vgl. ua. EuGH 28. Januar 2016 - C-50/14 - [CASTA ua.] Rn. 65). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht gestattet (etwa EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 55 mwN; 9. März 1999 - C-212/97 - [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 2. Mai 1996 - C-206/94 - [Paletta] Rn. 24, Slg. 1996, I-2357).

41

(2) Dabei ergeben sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Voraussetzungen, unter denen Rechtsmissbrauch angenommen werden kann, vergleichbar strenge Anforderungen wie nach deutschem Recht.

42

Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis verlangt das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Elements. Hinsichtlich des objektiven Elements muss sich aus einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergeben, dass trotz formaler Einhaltung der in der betreffenden Unionsregelung vorgesehenen Bedingungen das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde. In Bezug auf das subjektive Element muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 36 mwN) die Absicht ersichtlich sein, sich einen ungerechtfertigten Vorteil aus der Unionsregelung dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (zu der hier einschlägigen Richtlinie 2000/78/EG vgl. EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 56 mwN; vgl. iÜ. etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 31 ff.; 16. Oktober 2012 - C-364/10 - [Ungarn/Slowakei] Rn. 58; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 74 ff., Slg. 2006, I-1609; 21. Juli 2005 - C-515/03 - [Eichsfelder Schlachtbetrieb] Rn. 39, Slg. 2005, I-7355; 14. Dezember 2000 - C-110/99 - [Emsland-Stärke] Rn. 52 und 53, Slg. 2000, I-11569). Das Missbrauchsverbot ist allerdings nicht relevant, wenn das fragliche Verhalten eine andere Erklärung haben kann als nur die Erlangung eines Vorteils (etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 33; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 75). Die Prüfung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer missbräuchlichen Praxis erfüllt sind, hat gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts zu erfolgen. Diese Regeln dürfen jedoch die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 65 mwN).

43

(3) Sowohl aus dem Titel, als auch aus den Erwägungsgründen und dem Inhalt und der Zielsetzung der Richtlinie 2000/78/EG folgt, dass diese einen allgemeinen Rahmen schaffen soll, der gewährleistet, dass jeder „in Beschäftigung und Beruf“ gleichbehandelt wird, indem dem Betroffenen ein wirksamer Schutz vor Diskriminierungen aus einem der in ihrem Art. 1 genannten Gründe - darunter das Alter - geboten wird(ua. EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 23; 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 49, Slg. 2011, I-7965). Ferner ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG - ebenso wie aus Art. 1 Satz 2 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG -, dass diese Richtlinie für eine Person gilt, die eine Beschäftigung sucht und dies auch in Bezug auf die Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen für diese Beschäftigung (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 33).

44

Damit spricht alles dafür, dass eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, auch nach Unionsrecht rechtsmissbräuchlich handelt.

45

b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

46

aa) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob bei einer bestimmten Sachlage ein Verstoß gegen § 242 BGB und damit eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, ist in der Revisionsinstanz als Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs nur eingeschränkt überprüfbar(vgl. etwa BAG 16. Oktober 2012 - 9 AZR 183/11 - Rn. 25, BAGE 143, 194; 19. August 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 66; 9. Dezember 2009 - 10 AZR 850/08 - Rn. 34 mwN; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 31, BAGE 131, 215; BGH 7. Oktober 2015 - VIII ZR 247/14 - Rn. 25 mwN). Die revisionsrechtliche Kontrolle beschränkt sich darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es sich bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die maßgebliche Rechtsnorm den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

47

bb) Das Berufungsurteil hält einer solchen eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff des Rechtsmissbrauchs iSv. § 242 BGB verkannt und diese Bestimmung in einer Weise ausgelegt und angewandt, die das Benachteiligungsverbot des AGG und der Richtlinie 2000/78/EG zu unterlaufen geeignet ist. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen weder jeweils für sich betrachtet noch in der Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

48

(1) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts lassen sich dem Bewerbungsschreiben des Klägers vom 9. November 2012 bereits keine objektiven Umstände entnehmen, die den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers erlauben würden. Soweit das Landesarbeitsgericht ausführt, dieses Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe, es lasse sich dem Bewerbungsschreiben auch nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe, legt es seiner Würdigung seine Vorstellungen darüber zugrunde, wodurch sich ein gutes, ansprechendes und erfolgversprechendes Bewerbungsschreiben auszeichnet. Wie viel „Mühe“ ein Bewerber sich mit seinem Bewerbungsschreiben gegeben hat, wie ansprechend seine Präsentation ist und wie eindringlich und überzeugend er ein Interesse an der ausgeschriebenen Stelle bekundet hat, mag zwar ein Umstand sein, der für die konkrete Auswahlentscheidung des Arbeitgebers den Ausschlag geben kann. Es existiert hingegen weder ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass nur derjenige, der ein solches Bewerbungsschreiben verfasst, an der Stelle interessiert ist, noch der gegenteilige Erfahrungssatz, dass derjenige, dessen Bewerbungsschreiben diesen Vorgaben nicht entspricht, sich nur mit dem Ziel bewirbt, die formale Position des Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG geltend machen zu können.

49

(2) Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Entschädigungsanspruch des Klägers sei deshalb dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, weil dieser sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden, er im Fall der Ablehnung stets 60.000,00 Euro fordere, im Jahr 2013 16 Entschädigungsklagen erhoben habe und auch nicht dargetan habe, sich auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben zu haben, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen nicht den Schluss auf ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen des Klägers zu, das auf der Annahme beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil die Beklagten - sei es bereits unter dem Druck des Geltendmachungsschreibens oder im Verlauf des Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllen oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlassen.

50

(a) Auf Rechtsmissbrauch kann nicht bereits daraus geschlossen werden, dass eine Person eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen versandt und mehrere Entschädigungsprozesse geführt hat oder führt (vgl. etwa BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 63; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 56 mwN; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 52, BAGE 131, 232). Ein solches Verhalten für sich betrachtet lässt sich ebenso damit erklären, dass ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der jeweiligen Stelle bestand und dass der/die Bewerber/in, weil er/sie sich entgegen den Vorgaben des AGG bei der Auswahl- und Besetzungsentscheidung diskriminiert sieht, mit der Entschädigungsklage zulässigerweise seine/ihre Rechte nach dem AGG wahrnimmt.

51

(b) Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Person sich stets auf solche Stellenausschreibungen beworben hat, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthalten, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe die Stelle entgegen § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden darf, ausgeschrieben. Dies folgt bereits daraus, dass der/die Bewerber/in auch in einem solchen Fall mit einer Entschädigungsklage grundsätzlich ein nicht unerhebliches Risiko eingeht, den Prozess zu verlieren und damit nicht nur keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu erlangen, sondern auch mit den Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden.

52

(aa) Der Arbeitgeber schuldet einem/einer abgelehnten Bewerber/in eine Entschädigung nicht bereits deshalb, weil die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und damit erst recht nicht allein deshalb, weil die Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben. Das Gesetz knüpft an einen Verstoß gegen § 11 AGG keine unmittelbaren Rechtsfolgen.

53

(bb) Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist vielmehr, dass der/die abgelehnte Bewerber/in entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Zudem darf die mit einer negativen Auswahlentscheidung des Arbeitgebers verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nicht nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig sein. Obgleich nicht zu verkennen ist, dass eine erfolglose Bewerbung auf eine Stellenausschreibung, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, die Erfolgsaussichten einer späteren Entschädigungsklage erhöht, ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass die Klage abgewiesen wird, weil der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Grund iSv. § 1 AGG und der benachteiligenden Handlung nicht gegeben ist oder weil sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des Bewerbers/der Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

54

(aaa) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12  - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 -  C-54/07  - [Feryn] Rn. 32 , Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12  - Rn. 27 ). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 58; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45).

55

(bbb) Auch wenn eine Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, begründet dies nicht ohne Weiteres die Vermutung, der/die Bewerber/in sei im Auswahl- und Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden. Eine solche Vermutung besteht vielmehr nur dann, wenn die Stellenausschreibung gegen § 11 AGG verstößt. Dies ist indes selbst bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines § 1 AGG genannten Grundes bewirken, dann nicht der Fall, wenn die Diskriminierung nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig ist. Und bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine mittelbare Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bewirken können, scheidet nach § 3 Abs. 2 AGG ein Verstoß gegen § 11 AGG dann aus, wenn die Anforderung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Obwohl § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG verweist, muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG nicht vorliegt, wenn die mögliche mittelbare oder die unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG oder §§ 8, 9 oder § 10 AGG gerechtfertigt ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Stellenausschreibungen strengeren Anforderungen unterliegen sollten als dies bei allen anderen benachteiligenden Handlungen iSd. AGG der Fall ist.

56

(ccc) Aber auch dann, wenn die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der/die erfolglose Bewerber/in wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde, genügt dies nicht ohne Weiteres für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Dem Arbeitgeber bleibt es nämlich unbenommen, Tatsachen vorzutragen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben.

57

(ddd) Zudem ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin im Einzelfall nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

58

(c) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass selbst dann, wenn die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen aufgrund anderer erfolgloser Bewerbungen rechtsmissbräuchlich (gewesen) sein sollte, dies nicht ohne Weiteres auch für die jeweils streitgegenständliche gelten muss, sind an die Annahme des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands hohe Anforderungen zu stellen. Es müssen im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Dies kann in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil der Arbeitgeber - sei es bereits unter dem Druck einer angekündigten Entschädigungsklage oder im Verlaufe eines Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllt oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlässt.

59

(d) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt. Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass der Kläger im Falle der Ablehnung seiner Bewerbung vom Arbeitgeber stets Schadensersatz und Entschädigung iHv. 60.000,00 Euro gefordert hat, im Rahmen der Würdigung, ob im vorliegenden Fall Rechtsmissbrauch anzunehmen ist, überhaupt von Bedeutung ist. Die bislang vom Landesarbeitsgericht festgestellten Umstände rechtfertigen - auch unter Berücksichtigung dieses Umstands - nicht den Schluss, auch die Bewerbung des Klägers auf die von der Beklagten zu 1. ausgeschriebene Stelle und die sich an die Ablehnung anschließende Entschädigungsklage seien Teil eines systematischen und zielgerichteten Vorgehens des Klägers im Rahmen des unter Rn. 58 dargestellten „Geschäftsmodells“. Vielmehr verbleibt die „gute Möglichkeit“, dass der Kläger ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der Stelle hatte, und dass er mit der Erhebung der Entschädigungsklage zulässigerweise seine Rechte nach dem AGG wahrgenommen hat. Umstände, die ggf. eine andere Beurteilung gebieten könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Es gibt weder Feststellungen dazu, wie häufig der Kläger sich insgesamt auf Stellenausschreibungen beworben hat, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erweckten, die Stelle sei unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden, noch, wie arbeitgeberseitig auf ein Geltendmachungsschreiben des Klägers reagiert wurde, noch, wie der Kläger sich in den 16 vom Landesarbeitsgericht festgestellten Entschädigungsprozessen prozessual verhalten hat und ob und ggf. wann die Verfahren in welcher Instanz mit welchem Ergebnis beendet wurden. Bereits deshalb kommt es auf die Frage, ob der Kläger sich auch auf Stellenausschreibungen beworben hat, deren Inhalt keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bot, nicht an.

60

B. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

61

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG.

62

Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff. Soweit teilweise in der Rechtsprechung des Senats zusätzlich die „subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung“ gefordert wurde (ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 28; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 50, BAGE 131, 232; vgl. jedoch offenlassend oder entgegengesetzt ua.: BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 51 bis 56; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 32), hält der Senat hieran nicht fest. Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn noch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung oder ihrem Sinn und Zweck. Die Frage, ob eine Bewerbung „nicht ernsthaft“ war, weil eine Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern um eine Entschädigung geltend zu machen, betrifft vielmehr die Frage, ob diese sich unter Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG verschafft und damit für sich den persönlichen Anwendungsbereich des AGG treuwidrig eröffnet hat, weshalb der Ausnutzung dieser Rechtsposition der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegenstehen könnte (vgl. auch BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 25; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24).

63

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).

64

III. Der Entschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht aufgrund anderer als der vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB)ausgesetzt. Die von den Beklagten insoweit vorgetragenen Umstände lassen weder für sich betrachtet noch in einer Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

65

1. Soweit die Beklagten geltend machen, der Kläger habe die ausgeschriebene Stelle nicht antreten können, weil er als Einzelanwalt ein Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können, lässt dies nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Dass ein bisher als Einzelanwalt tätiger Rechtsanwalt vor der Aufnahme einer anderen Tätigkeit ggf. Zeit benötigt, die bisherige Kanzlei zu übergeben oder abzuwickeln, mag zwar ein tatsächliches Hindernis für eine sofortige Arbeitsaufnahme sein; es ist jedoch fernliegend, daraus zu schließen, der Kläger habe sich auf die ausgeschriebene Stelle nur beworben, um die formale Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Gleiches gilt, soweit die Beklagten anführen, im Hinblick auf die fachliche Ausrichtung und Spezialisierung der Kanzlei hätte der Kläger erläutern müssen, weshalb er gerade an einer Tätigkeit bei ihnen interessiert sei, insoweit sei die Bewerbung des Klägers nicht nachvollziehbar, und sie mutmaßen, der Kläger habe seine Bewerbung mit einem sog. Anwaltsprogramm angefertigt. Auch der Umstand, dass der Kläger im Internet damit wirbt, als Einzelanwalt immer für seine Mandanten als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und dass er jedenfalls zeitweise als Rechtsanwalt im Bereich von Abmahnungen tätig war, lässt nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Letztlich kann der Rechtsmissbrauchseinwand auch nicht erfolgreich darauf gestützt werden, dass der Kläger weiterhin seine Kanzlei betrieben und nicht abgewickelt hat. Im Gegenteil liegt ein solches Verhalten bei einer Erfolglosigkeit von Bewerbungsbemühungen auf der Hand.

66

2. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass der Kläger am Ende seines Geltendmachungsschreibens vom 26. November 2012 neben Schadensersatz und Entschädigung eine Erstattung anwaltlicher Gebühren und Auslagen gefordert hat, liegt darin allein kein Umstand, der den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zuließe. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Rechtsanwalt, der sich erfolglos auf eine ausgeschriebene Stelle (als Rechtsanwalt) beworben hat und bereits in seinem Geltendmachungsschreiben nicht nur Entschädigung und Schadensersatz, sondern auch die Zahlung anwaltlicher Gebühren und Auslagen fordert, von vornherein nur die Absicht hatte, sich die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu verschaffen mit dem alleinigen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Es kann dahinstehen, ob und ggf. welche Bedeutung diesem Umstand im Rahmen der Prüfung zukommt, ob das Entschädigungsverlangen ausnahmsweise dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt ist, weil sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem potentieller Arbeitgeber eine Rechtsanwaltskanzlei ist, ist die Annahme fernliegend, der Kläger habe darauf spekuliert, den Beklagten sei die in § 12a ArbGG zur Kostentragungspflicht getroffene Bestimmung unbekannt und diese seien nicht in der Lage, die Risiken eines Entschädigungsprozesses einzuschätzen, und würden sich deshalb bereits durch das Geltendmachungsschreiben so sehr beeindrucken lassen, dass sie allein zur Vermeidung weiterer Kosten frühzeitig „klein beigeben“.

67

3. Soweit die Beklagten schließlich behaupten, der Kläger habe im Rahmen eines Telefonats mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 geäußert, seinerseits bestehe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten, er wolle lediglich eine Zahlung, ist dieses Vorbringen unbeachtlich. Die Beklagten haben schon nicht substantiiert zum Verlauf des Gesprächs vorgetragen, was vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich gegenüber der Behauptung der Beklagten dahin verteidigt hatte, er habe kein fehlendes Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten geäußert, sondern vielmehr gesagt, dass nach Ablehnung seiner Bewerbung durch die Gegenseite eine „Heilung“ des Verstoßes gegen das AGG nicht infrage komme, aber erforderlich gewesen wäre.

68

C. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe die zulässige Klage begründet ist. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

69

I. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft, ob der Kläger entgegen den Bestimmungen des AGG im Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde und hierzu keine Feststellungen getroffen. Dies wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben.

70

1. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu beachten haben, dass die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, dann bestünde, wenn die Beklagte zu 1. die Stelle, auf die sich der Kläger bei dieser beworben hat, entgegen den Vorgaben von § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters(§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG)ausgeschrieben hat.

71

Das Landesarbeitsgericht wird dabei zu beachten haben, dass das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungskriterium, mit dem ein Rechtsanwalt (m/w) „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ gesucht wird, Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 AGG und dass die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters bewirkt, sodass es im Hinblick auf die Frage, ob die Stelle entgegen den Anforderungen des § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, nur noch darauf ankommt, ob die unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 Abs. 1 oder § 10 AGG zulässig ist. Sollte dies der Fall sein, wäre auch eine mittelbare Diskriminierung gerechtfertigt, da die Anforderungen an die Rechtfertigung einer mittelbaren Benachteiligung nicht höher als diejenigen an die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung sind (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, 65, 66, Slg. 2009, I-1569; BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 35 mwN, BAGE 131, 298).

72

a) Die in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ kann Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen.

73

Bei der Berufserfahrung handelt es sich um ein Kriterium, das dem Anschein nach neutral ist iSv. § 3 Abs. 2 AGG. Unmittelbar wird damit nicht auf ein bestimmtes Alter Bezug genommen. Jedoch ist das Kriterium der Berufserfahrung mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ verknüpft. Bewerber/innen mit einer längeren Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit erster oder kurzer Berufserfahrung typischerweise ein höheres Lebensalter auf (vgl. nur BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 33, BAGE 131, 342). Da die Beklagte zu 1. mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, ist diese Anforderung geeignet, ältere gegenüber jüngeren Personen wegen des Alters in besonderer Weise zu benachteiligen. Typischerweise werden ältere Personen allein wegen dieser Anforderung häufig von vornherein von einer Bewerbung absehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass berufliche Lebensläufe heutzutage vielfältiger sind als früher und ein Wechsel von einer juristischen Tätigkeit in eine andere juristische Tätigkeit auch nach längeren Berufsjahren, ggf. auch erst nach dem Erreichen des regulären Pensionsalters erfolgen kann. Der Befund, dass Berufsanfänger/innen und Personen mit kurzer Berufserfahrung typischerweise junge Menschen sind, besteht jedoch nach wie vor.

74

b) Die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, bewirkt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

75

Mit dem Begriff „jung“ wird unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Verstärkt wird diese Bezugnahme auf das Lebensalter durch die Verbindung mit dem Begriff „dynamisch“, der eine Eigenschaft beschreibt, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird. Wird in einer Stellenausschreibung - wie hier - darauf hingewiesen, dass eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, enthält dieser Hinweis regelmäßig nicht nur die Botschaft an potentielle Stellenbewerber/innen, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb dynamisch sind. Eine solche Angabe in einer Stellenanzeige kann aus der Sicht eines objektiven Empfängers zudem regelmäßig nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin sucht, der/die in das Team passt, weil er/sie ebenso jung und dynamisch ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams. Die Annahme, dass mit der Beschreibung des Teams als „jung“ und „dynamisch“ der Zweck verfolgt wird, den potentiellen Bewerber/die potentielle Bewerberin darüber zu informieren, dass das Team selbst noch nicht lange Zeit besteht, ist demgegenüber fernliegend, wenn dieser Umstand nicht zugleich in der Stellenausschreibung erläutert wird. Sofern dies - wie hier - nicht der Fall ist, kann der Zweck einer solchen Stellenbeschreibung nur darin bestehen, einen zum vorhandenen Team passenden neuen Beschäftigten zu gewinnen. Andernfalls wäre die so formulierte Stellenbeschreibung ohne Aussagegehalt und damit überflüssig.

76

c) Das Landesarbeitsgericht wird demnach ggf. zu prüfen haben, ob die mit der Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ bewirkte unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 AGG oder nach § 10 AGG zulässig ist. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich sowohl § 8 AGG als auch § 10 AGG als für den Arbeitgeber günstige Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hier des Alters, darstellen(vgl. hierzu etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 72 und 81, Slg. 2011, I-8003; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569), weshalb den Arbeitgeber - hier die Beklagten - bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in den Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen trifft (zur Darlegungs- und Beweislast nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. etwa EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 83, Slg. 2011, I-6919).

77

aa) Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

78

§ 8 Abs. 1 AGG dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht. § 8 Abs. 1 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eng auszulegen. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist nach § 8 Abs. 1 AGG nur gerechtfertigt, wenn sämtliche in der Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Stellt ein Merkmal, das insbesondere mit dem Alter zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar, kann eine unterschiedliche Behandlung zudem nur unter sehr begrenzten Bedingungen gerechtfertigt sein (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 71, Slg. 2011, I-8003).

79

Das Landesarbeitsgericht wird bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 AGG zudem zu beachten haben, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen kann und dass ein solches Merkmal - oder sein Fehlen - nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG ist, wenn davon die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit abhängt(vgl. etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 66, Slg. 2011, I-8003; 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 35, Slg. 2010, I-1; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 34, BAGE 148, 158).

80

bb) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Tatbeständen, nach denen unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere gerechtfertigt sein können(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 45; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 40 , BAGE 129, 181 ).

81

Bei der Anwendung von § 10 AGG wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

82

(1) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht(dazu auch BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279), wobei die Richtlinie ihrerseits das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 75, Slg. 2005, I-9981; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 2 BvR 1989/12 - Rn. 63, BVerfGE 139, 19) sowie das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 38, Slg. 2011, I-8003; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - aaO). § 10 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen(dazu auch BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, BAGE 149, 315; 12. Juni 2013 - 7 AZR 917/11 - Rn. 32; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 40).

83

(2) § 10 Satz 1 AGG definiert nicht, was unter einem legitimen Ziel zu verstehen ist. Für die Konkretisierung des Begriffs des legitimen Ziels ist deshalb auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zurückzugreifen. Legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, dh. Ziele, die als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind - obgleich die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 80, Slg. 2011, I-8003) - wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich „Sozialpolitik“ (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 81, aaO; dazu auch BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36, BAGE 152, 134; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als legitim iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift den Arbeitgebern bei der Verfolgung der sozialpolitischen Ziele einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Ein unabhängig von Allgemeininteressen verfolgtes Ziel eines Arbeitgebers kann eine Ungleichbehandlung jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - aaO).

84

(3) Nach § 10 Satz 1 AGG reicht es - ebenso wie nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG - für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nicht aus, dass der Arbeitgeber mit der unterschiedlichen Behandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt; hinzukommen muss nach § 10 Satz 2 AGG, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 55 f.). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Personen zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden(vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 56) und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 59; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981).

85

(4) Um darzutun, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber allgemein behauptet, dass die die unterschiedliche Behandlung bewirkende Maßnahme oder Regelung geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen. Derartige allgemeine Behauptungen lassen nämlich nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 77, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 35, BAGE 131, 61). Der Arbeitgeber hat hierzu vielmehr substantiierten Sachvortrag zu leisten (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 82, aaO).

86

2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Stelle, auf die der Kläger sich beworben hat, von der Beklagten zu 1. unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung iSv. § 22 AGG besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, wird es zu prüfen haben, ob die Beklagten Tatsachen vorgetragen und im Bestreitensfall bewiesen haben, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe, hier: das Alter, zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben.

87

a) Solche Gründe können zwar idR nicht darin liegen, dass der Arbeitgeber - wie hier - später von einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers absieht, die Stelle also nach Beginn der eigentlichen Bewerberauswahl unbesetzt bleibt (vgl. im Einzelnen BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN). Die Auslegung und Anwendung von § 22 AGG darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern und Bewerberinnen wegen der in § 1 AGG genannten Gründe so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird(vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - Rn. 13 mwN, BVerfGK 9, 218). Eine andere Bewertung ist aber dann geboten, wenn der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren aus sachlichen und nachvollziehbaren Gründen, zB weil zwischenzeitlich das Erfordernis, die Stelle überhaupt (neu) zu besetzen, entfallen ist, abgebrochen wurde, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. In einem solchen Fall hat es kein Auswahlverfahren mehr gegeben, in dessen Verlauf die klagende Partei hätte diskriminiert werden können.

88

b) Entsprechendes kann gelten, sofern der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. Allerdings schließt der Umstand, dass eine ausgeschriebene Stelle bereits vor Eingang der Bewerbung der klagenden Partei besetzt wurde, nicht generell deren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG aus(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 42). Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, beispielsweise darauf, ob ggf. eine vom Arbeitgeber gesetzte Bewerbungsfrist unterlaufen wird und/oder ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine bereits vor Eingang einer Bewerbung erfolgte Stellenbesetzung gleichwohl zu einer Benachteiligung des nicht berücksichtigten Bewerbers führt (vgl. dazu BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

89

c) Der Arbeitgeber kann die Vermutung, er habe die klagende Partei wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt, aber auch dadurch widerlegen, dass er substantiiert dazu vorträgt und im Bestreitensfall beweist, dass er bei der Behandlung aller Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren vorgegangen ist, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt. Dies kann zum Beispiel anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber ausnahmslos alle Bewerbungen in einem ersten Schritt darauf hin sichtet, ob die Bewerber/innen eine zulässigerweise gestellte Anforderung erfüllen und er all die Bewerbungen von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheidet, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber, der sich hierauf beruft, muss dann allerdings nicht nur darlegen und ggf. beweisen, dass ein solches Verfahren praktiziert wurde, sondern auch, dass er das Verfahren konsequent zu Ende geführt hat. Deshalb muss er auch substantiiert dartun und im Bestreitensfall beweisen, wie viele Bewerbungen eingegangen sind, welche Bewerber/innen aus demselben Grund ebenso aus dem Auswahlverfahren ausgenommen wurden, welche Bewerber/innen, weil sie die Anforderung erfüllten, im weiteren Auswahlverfahren verblieben sind und dass der/die letztlich ausgewählte Bewerber/in die Anforderung, wegen deren Fehlens die klagende Partei aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen wurde, erfüllt.

90

Dabei muss sich die Anforderung, wegen deren Nichterfüllung die klagende Partei und ggf. andere Bewerber/innen aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen werden, nicht ausdrücklich aus der Stellenausschreibung ergeben. Insoweit reicht es in jedem Fall aus, wenn die Anforderung in der Stellenausschreibung „Anklang“ gefunden hat oder sich aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lässt. Wird beispielsweise mit einer Stellenausschreibung eine Person gesucht, die über eine „herausragende“, „hervorragende“ oder „erstklassige“ (hier: juristische) Qualifikation verfügt, ist es jedenfalls dem privaten Arbeitgeber unbenommen, all die Bewerber/innen, die eine bestimmte Examensnote nicht erzielt haben, aus dem weiteren Auswahlverfahren auszunehmen. Jede/r Bewerber/in muss in einem solchen Fall bereits aufgrund der Stellenausschreibung damit rechnen, dass in einem Stellenbesetzungsverfahren, insbesondere wenn viele Bewerbungen eingehen, womöglich nur die Bewerbungen mit bestimmten Examensnoten eine Vorsichtung erfolgreich durchlaufen. Allerdings ist zu beachten, dass Anforderungen, die in der Stellenausschreibung keinen „Anklang“ gefunden haben und sich auch nicht aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lassen, vom Arbeitgeber seiner Vorauswahl nicht ohne Weiteres zugrunde gelegt werden dürfen. Insoweit muss der Arbeitgeber dartun und im Bestreitensfall beweisen, dass diese Anforderungen nicht nur vorgeschoben wurden (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 43 mwN, BAGE 131, 86).

91

d) Soweit der Arbeitgeber darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass die klagende Partei eine formale Qualifikation nicht aufweist oder eine formale Anforderung nicht erfüllt, die unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit/des Berufs an sich ist, kann idR davon ausgegangen werden, dass die Bewerbung ausschließlich aus diesem Grund ohne Erfolg blieb; in einem solchen Fall besteht demzufolge idR kein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund.

92

II. Sollte sich ergeben, dass nicht ausschließlich andere Gründe als das Alter zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben, wird das Landesarbeitsgericht auf ein entsprechendes Vorbringen der Beklagten, das im Bestreitensfall zu beweisen wäre, auch der Frage nachzugehen haben, ob die unmittelbare Benachteiligung, die der Kläger durch die Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren wegen seines Alters erfahren hat, ausnahmsweise gerechtfertigt ist.

93

III. Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, das Benachteiligungsverbot des AGG sei verletzt und dem Kläger stehe nach § 15 Abs. 2 AGG dem Grunde nach eine Entschädigung zu, wird es zu beachten haben, dass auch bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen sind(vgl. ua. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 38; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 38; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181). Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63; 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63 mwN; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO).

94

D. Im Hinblick auf die vom Landesarbeitsgericht zu treffende Kostenentscheidung weist der Senat darauf hin, dass sich diese - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 91 ff. ZPO richtet, wobei bei einem nur teilweisen Obsiegen/Unterliegen des Klägers Veranlassung bestehen kann, von der in § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Zwar trifft es zu, dass Verfahren, die Klagen wegen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zum Gegenstand haben, nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als Klageverfahren, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz) und dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf (Grundsatz der Effektivität) (st. Rspr. des EuGH, vgl. nur 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 61 mwN). Dies ist aber bei Anwendung der §§ 91 ff. ZPO, nach denen sich der gerichtliche Kostenausspruch generell und einheitlich nach Obsiegen und Unterliegen richtet, ohne nach der „Herkunft“ des geltend gemachten Klageanspruchs zu differenzieren, nicht der Fall.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Dr. Volz ist
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    B. Stahl    

                 

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.

(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

(2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. Januar 2014 - 2 Sa 50/13 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der 1953 geborene Kläger ist promoviert und als Einzelanwalt in R schwerpunktmäßig in den Bereichen Arbeitsrecht, Arztrecht, Arzthaftungsrecht, Medizinrecht, Erbrecht, Familienrecht, Forderungsbeitreibung, Mietrecht, Strafrecht und Zivilrecht tätig. In den Jahren 1979 und 1983 absolvierte er die beiden juristischen Staatsprüfungen in Baden-Württemberg und erzielte dabei jeweils die Note befriedigend (7 Punkte).

3

Die Beklagte zu 1. ist eine im Jahr 2009 gegründete Partnerschaft von Rechtsanwälten in H, die Beklagten zu 2. bis 4. sind die hierin verbundenen Partner. Die Kanzlei ist auf das öffentliche Wirtschaftsrecht, das Bau- und Immobilienrecht, PPP-Projekte sowie das Vergaberecht spezialisiert. Alle bei den Beklagten angestellten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen haben die beiden juristischen Staatsexamina mit Abschlussnoten von jeweils mindestens 9 Punkten (vollbefriedigend) bestanden.

4

Im November 2012 veröffentlichte die Beklagte zu 1. in der Neuen Juristischen Wochenschrift (im Folgenden NJW) eine Stellenanzeige, die auszugsweise den folgenden Inhalt hat:

        

„…      

        

Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir einen Rechtsanwalt (m/w) mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung für die Bereiche

        

•       

Immobilienwirtschaftsrecht, Baurecht, Projektentwicklungen

        

•       

Öffentliches Wirtschaftsrecht, Vergaberecht, PPP

        

Wir bieten Ihnen erstklassige Arbeitsbedingungen in einem professionellen Umfeld und eine langfristige Perspektive in einem jungen und dynamischen Team. Sie werden in einem fundierten und praxisorientierten Aus-/Weiterbildungsprogramm weiter qualifiziert und spezialisiert. In die Bearbeitung bedeutender Mandate werden Sie von Anfang an verantwortlich einbezogen.

        

Wir erwarten von Ihnen Persönlichkeit, Teamgeist, Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen und eine erstklassige juristische Qualifikation. Bewerber(innen) mit Berufserfahrung haben idealerweise in einer wirtschaftsberatenden Sozietät in einem der Bereiche Öffentliches Recht oder Immobilienwirtschaftsrecht gearbeitet.

        

…“    

5

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 9. November 2012 bei der Beklagten zu 1. auf die ausgeschriebene Stelle. In seinem Anschreiben, dem weitere Bewerbungsunterlagen beigefügt waren, heißt es:

        

„…      

        

ich bewerbe mich auf Ihre Stellenanzeige. Ich bin seit 1988 hier in R als Rechtsanwalt tätig, jedoch örtlich ungebunden. Ich habe, wie aus den beigefügten Bewerbungsunterlagen ersichtlich, zwei Prädikatsexamen und bin darüber hinaus promoviert. Das Wirtschaftsrecht und Immobilienwirtschaftsrecht kenne ich umfänglich aus meiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt.

        

Sehr gute Englischkenntnisse sind selbstverständlich.

        

Ich freue mich, demnächst von Ihnen zu hören und bleibe

        

mit freundlichen kollegialen Grüßen

        

…“    

6

Mit Schreiben vom 19. November 2012 teilte die Beklagte zu 1. dem Kläger mit:

        

„…,     

        

vielen Dank für Ihre Bewerbung und das damit verbundene Interesse an einer Beschäftigung in unserer Kanzlei. Ihre Bewerbung zeigt viele gute Qualifikationen.

        

Auf unsere Anzeige haben wir eine Vielzahl von Bewerbungen erhalten. Leider können wir Ihre Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen. Ihre Bewerbungsunterlagen übersenden wir Ihnen daher anliegend mit herzlichem Dank zurück.

        

Für Ihre Zukunft und die weitere Suche nach einer beruflichen Herausforderung wünschen wir Ihnen viel Erfolg.

        

…“    

7

Der Kläger machte daraufhin mit einem an die Beklagte zu 1. gerichteten Schreiben vom 26. November 2012 Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz geltend. In diesem Schreiben heißt es:

        

„…,    

        

ich hatte mich mit Schreiben vom 9. November 2012 unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen auf die von Ihnen in der NJW 2012 ausgeschriebene Stelle als Rechtsanwalt beworben. Mit Schreiben vom 19. November 2012 haben Sie die Bewerbungsunterlagen an mich zurückgesendet und mitgeteilt, daß Sie meine Bewerbung derzeit nicht berücksichtigen können.

        

Die Behandlung meiner Bewerbung erfolgte ganz offensichtlich unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen ihres Alters oder wegen eines anderen in § 1 genannten Grundes benachteiligen. Das gilt auch für Stellenbewerber (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG). Daß Sie gegen diese Vorschrift verstoßen haben, belegt bereits ein Blick in die Stellenanzeige, wo ganz offen gesagt wird, man suche einen Rechtsanwalt (m/w) mit ‚0-2 Jahren Berufserfahrung‘ mithin jüngeren Alters.

        

Sie schulden demnach eine Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 AGG. Mangels genauer Kenntnis der näheren Umstände und der von Ihnen gezahlten Gehälter etc. können diese Forderungen derzeit nur geschätzt werden. Insoweit fordere ich eine angemessene Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR und Schadensersatz in Höhe von 50.000,00 EUR. Hinzu kommen meine unten berechneten Rechtsanwaltsgebühren, so daß bis spätestens

        

Montag, den 10. Dezember 2012

        

insgesamt (10.000,00 EUR+50.000,00 EUR

        

+1.761,08 EUR)

        

61.761,08 EUR

        

auf mein Konto bei der S zu zahlen sind andernfalls ich ohne Weiteres Klage erheben werde.

        

Sollte der oben genannte Betrag pünktlich gezahlt werden, werde ich keine weiteren Forderungen mehr geltend machen, was hiermit ausdrücklich versichert wird.

        

Für den Fall der Fristversäumung fordere ich Sie bereits jetzt auf, Auskunft über die eingestellten Bewerber und deren Qualifikation sowie deren Bezahlung zu erteilen.

        

…“    

8

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 wies die Beklagte zu 1. die Ansprüche des Klägers zurück. Die ausgeschriebene Stelle wurde letztlich nicht besetzt, weil sich das auf dieser Stelle zu bearbeitende Projekt verschob.

9

Mit seiner am 13. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Auskunft über die Jahresvergütung der in der NJW ausgeschriebenen Stelle sowie Entschädigung und Schadensersatz in Höhe der erteilten Auskunft nebst Zinsen begehrt. Seit der Berufungsinstanz verfolgt der Kläger ausschließlich den Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter. Die auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbare Jahresvergütung hat er mit 60.000,00 Euro beziffert.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Ablehnung seiner Bewerbung beruhe auf einer Benachteiligung wegen seines Alters. Mit der Stellenanzeige in der NJW hätten die Beklagten ausdrücklich eine Berufserfahrung von nur „0 - 2 Jahren“ erwartet und die Mitarbeit in einem „jungen und dynamischen Team“ angekündigt. Dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Die Beklagten hätten weder dargelegt noch bewiesen, dass eine nach dem AGG unzulässige Benachteiligung nicht vorliege. Er sei auch objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet, die er bei diskriminierungsfreier Auswahl hätte erhalten müssen. Seine juristische Qualifikation sei als erstklassig iSd. Stellenanzeige anzusehen. Vor dem Hintergrund seiner Promotion und seiner Berufserfahrung von 30 Berufsjahren komme es nicht in erster Linie auf die von ihm erzielten Examensnoten an, mit denen er sich im Übrigen sogar im oberen Fünftel (1. Staatsexamen) bzw. im oberen Drittel (2. Staatsexamen) aller Absolventen befunden habe. Seinem Entschädigungsanspruch stehe auch nicht der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Eine Vielzahl erhobener Entschädigungsklagen reiche nicht aus, um den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu begründen. Er habe auch zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass er sich nur beworben habe, um einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können. In dem Telefonat mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 habe er lediglich gesagt, dass es, nachdem seine Bewerbung abgelehnt worden sei, nicht um eine Heilung des Verstoßes gegen das AGG gehen könne.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, der Kläger sei schon kein Bewerber iSd. AGG, da er sich nicht ernsthaft auf die ausgeschriebene Stelle beworben habe. Die mangelnde Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung ergebe sich ua. aus einem Bericht in der Zeitschrift J, wonach der Kläger sich in zahlreichen Fällen auf ihm diskriminierend erscheinende Stellenanzeigen beworben und anschließend Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eingeklagt habe. Auch habe er im Rahmen eines Telefongesprächs am 27. November 2012 mit dem Beklagten zu 3. geäußert, er habe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten zu 1., sondern wolle lediglich eine Zahlung. Zudem wirke sich aus, dass der Kläger die ausgeschriebene Stelle auch überhaupt nicht habe antreten können, weil er als Einzelanwalt ein laufendes Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können. Jedenfalls sei die Bewerbung des Klägers rechtsmissbräuchlich erfolgt. Der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle auch objektiv nicht geeignet gewesen. Seine Examensergebnisse belegten nicht die in der Stellenausschreibung geforderte „erstklassige juristische Qualifikation“. Im Übrigen sei die von der Beklagten zu 1. in der NJW veröffentlichte Stellenausschreibung auch nicht diskriminierend. Sie beziehe sich nicht auf das Alter potentieller Bewerber. „0 - 2 Jahre Berufserfahrung“ könnten auch ältere Berufswechsler aufweisen; die Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ sei ausschließlich im Zusammenhang mit einer Selbstdarstellung der Kanzlei zu sehen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen teilweise Berufung eingelegt, soweit das Arbeitsgericht seinen Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG abgewiesen hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob und ggf. in welchem Umfang die zulässige Klage begründet ist, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

16

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Zum einen sei der Kläger wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen zwei Staatsexamina für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vergleichbar seien nur Bewerber/innen, die das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ erfüllten. Zudem stehe dem Entschädigungsanspruch des Klägers der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegen. Der Kläger sei nicht ernsthaft an der Stelle interessiert gewesen, sondern habe sich nur beworben, um eine Entschädigung verlangen zu können. Bereits der Inhalt seines Bewerbungsschreibens spreche für die mangelnde Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Das Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe. Zudem lasse sich dem Bewerbungsschreiben nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe. Gegen die Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung spreche zudem der in dem Artikel der Zeitschrift „J“ geschilderte Sachverhalt, wonach der Kläger sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellenanzeigen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden und im Fall der Ablehnung 60.000,00 Euro fordere. Nach den Recherchen der Zeitschrift habe der Kläger allein im Jahr 2013 sechzehn derartige Entschädigungsklagen anhängig gemacht, wobei er in noch weiteren Fällen die Anforderungen an die ausgeschriebene Stelle offensichtlich nicht erfüllt habe. Auch wenn allein eine Vielzahl von Entschädigungsklagen kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darstelle, stelle sich dies anders dar, wenn sich jemand ausschließlich auf Stellen bewerbe, die unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden seien. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen, da der Kläger auch nicht dargetan habe, dass er sich entgegen den Angaben in dem in der Zeitschrift „J“ erschienenen Artikel auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben habe.

17

II. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

18

1. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage nicht mit der Begründung abweisen, der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, weshalb es an dem Erfordernis der „vergleichbaren Situation“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG fehle. Vielmehr befinden sich, soweit es um eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung - zu treffende Auswahlentscheidung des Arbeitgebers geht, Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

19

a) Zwar ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorliegen einer „vergleichbaren Situation“ bzw. „vergleichbaren Lage“ nicht nur im Rahmen von § 3 Abs. 1 AGG, der die unmittelbare Benachteiligung zum Gegenstand hat, sondern auch im Rahmen von § 3 Abs. 2 AGG, der die mittelbare Benachteiligung definiert, von Bedeutung ist.

20

aa) Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters. Dabei verbietet § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

21

bb) § 3 Abs. 2 AGG enthält nach seinem Wortlaut - anders als dies bei § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG der Fall ist - nicht ausdrücklich das Erfordernis „in einer vergleichbaren Situation“. Da allerdings das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes ist und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung generell verlangen, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist(vgl. ua. EuGH 20. September 2007 - C-116/06 - [Kiiski] Rn. 54, Slg. 2007, I-7643; 26. Juni 2001 - C-381/99 - [Brunnhofer] Rn. 28, Slg. 2001, I-4961), ist auch bei einer mittelbaren Diskriminierung die Frage nach einer „vergleichbaren Situation“ bzw. einer „vergleichbaren Lage“ von Bedeutung (vgl. ua. EuGH 28. Juni 2012 - C-172/11 - [Erny] Rn. 39 - 41; 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 54 - 56, Slg. 2009, I-6525; 12. Oktober 2004 - C-313/02 - [Wippel] Rn. 56 f., Slg. 2004, I-9483).

22

b) Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen hat, vergleichbar sei die Auswahlsituation nur für Bewerber/innen, die gleichermaßen für die zu besetzende Stelle objektiv geeignet seien, was beim Kläger nicht der Fall sei, da dieser wegen der nur mit „befriedigend“ bestandenen Staatsexamina das Anforderungsmerkmal der Stellenausschreibung „erstklassige juristische Qualifikation“ nicht erfülle, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

23

aa) Zwar befindet sich eine Person nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats nur dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle „objektiv geeignet“ ist (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offengelassen neuerdings von BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 21; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

24

bb) An dieser Rechtsprechung hält der Senat allerdings nicht fest.

25

(1) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ausgeführt hat, spricht gegen das Erfordernis der „objektiven Eignung“ bereits der Umstand, dass § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Denn auch bei „benachteiligungsfreier Auswahl“ würden die Bewerber nicht eingestellt, denen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle fehlt.

26

(2) Könnte nur ein „objektiv geeigneter“ Bewerber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG beanspruchen, würde dies auch dazu führen, dass ihm die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung - hier: durch die Richtlinie 2000/78/EG - verliehenen Rechte entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 16. Januar 2014 - C-429/12 - [Pohl] Rn. 23; vgl. auch BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 28) durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht, jedenfalls aber übermäßig erschwert würde.

27

(a) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde den Entschädigungsprozess mit der schwierigen Abgrenzung der „objektiven Eignung“ von der „individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation“ belasten und dadurch die Wahrnehmung der durch das AGG und die Richtlinie 2000/78/EG verliehenen Rechte erschweren.

28

Insoweit hat der Senat in seiner Rechtsprechung stets ausgeführt, dass maßgeblich für die objektive Eignung nicht allein das formelle Anforderungsprofil sei, welches der Arbeitgeber erstellt habe, sondern dass es insoweit auf die Anforderungen ankomme, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber zulässigerweise stellen dürfe. Der Arbeitgeber dürfe an den/die Bewerber/in keine Anforderungen stellen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt seien (vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 21 mwN; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 38; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08  - Rn. 55). Die objektive Eignung sei allerdings zu unterscheiden von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und Grund iSv. § 1 AGG eine Rolle spiele. Damit werde gewährleistet, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich frei entscheiden könne, wie Art. 12 Abs. 1 GG es gebiete, aber nicht durch das Stellen hierfür nicht erforderlicher Anforderungen an Bewerber die Vergleichbarkeit der Situation selbst gestalten und den Schutz des AGG de facto beseitigen könne. Denn auch Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten könnten, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürften des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünsche, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung seien (vgl. etwa BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 39; 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 55).

29

(b) Das Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Anspruchstellers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG aber auch aus einem anderen Grund übermäßig erschweren.

30

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 20. Januar 2016 (- 8 AZR 194/14 - Rn. 19 ff.) sowie vom 22. Oktober 2015 (- 8 AZR 384/14 - Rn. 21 ff.) ebenfalls ausgeführt hat, kann die Frage, ob eine „vergleichbare Situation“ bzw. eine „vergleichbare Lage“ iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG vorliegt, nicht ohne Vergleichsbetrachtung beantwortet werden. Denn an einer „vergleichbaren Situation“ oder „vergleichbaren Lage“ würde es - soweit es um die „objektive Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers geht - nur dann fehlen, wenn diese/r die geforderte „objektive Eignung“ nicht aufweist, während andere Bewerber/innen, jedenfalls aber der/die ausgewählte Bewerber/in objektiv geeignet sind. Das aus dem Merkmal der vergleichbaren Situation abgeleitete Erfordernis der „objektiven Eignung“ des Bewerbers würde mithin zu einer Verengung des Vergleichsmaßstabs führen. Hierdurch würde die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG übermäßig erschwert. Dies gilt zunächst, soweit den/die Bewerber/in für das Vorliegen einer vergleichbaren Situation oder vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die volle Darlegungs- und Beweislast treffen sollte. Dies gilt aber auch dann, wenn vor dem Hintergrund, dass dem/der Bewerber/in in der Regel nicht bekannt ist, wer sich außer ihm/ihr mit welcher Qualifikation/Eignung auf die ausgeschriebene Stelle beworben hat und für welchen Bewerber/welche Bewerberin der potentielle Arbeitgeber sich entschieden hat und er/sie gegen diesen auch keinen dahingehenden Auskunftsanspruch hat (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 56 unter Hinweis auf EuGH 19. April 2012C-415/10  - [Meister]), von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen wäre, wonach es ausreichen würde, wenn der/die Bewerber/in die objektive Eignung anderer Bewerber/innen oder des/der letztlich eingestellten Bewerbers/Bewerberin bestreitet mit der Folge, dass der Arbeitgeber dann jedenfalls zur objektiven Eignung dieser Personen substantiiert vorzutragen hätte. In diesem Fall würde der Prozess in der Regel mit einer aufwändigen Tatsachenfeststellung und Klärung der Eignung oder Nichteignung der anderen Bewerber/innen, jedenfalls aber des/der ausgewählten Bewerbers/Bewerberin belastet, ohne dass sich in den Bestimmungen des AGG und den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere in denen der Richtlinie 2000/78/EG für die Zulässigkeit einer solchen Verengung des Vergleichsmaßstabs hinreichende Anhaltspunkte finden (vgl. BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 21; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 23).

31

(c) Es kommt hinzu, dass das Erfordernis der „objektiven Eignung“ der/des Bewerberin/Bewerbers als Kriterium der vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 AGG dann nahezu praktisch unmöglich machen würde, wenn diese/r die/der einzige Bewerber/in um die Stelle war. In diesem Fall existiert nämlich keine konkrete Vergleichsperson; vielmehr würde es nach § 3 Abs. 1 AGG auf eine hypothetische Vergleichsperson ankommen, deren objektive Eignung oder Nichteignung sich nicht feststellen ließe.

32

2. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage aber auch nicht mit der Begründung abweisen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt. Dabei kann offenbleiben, ob dem Entschädigungsverlangen des Klägers - entgegen dessen Rechtsauffassung - überhaupt der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB entgegengehalten werden kann. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Aus diesem Grund kommt es auf die Antwort des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache - C-423/15 - [Kratzer] auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 18. Juni 2015 (- 8 AZR 848/13 (A) -) nicht an.

33

a) Nach Auffassung des Senats spricht alles dafür, dass der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand(§ 242 BGB)ausgesetzt wäre, sofern dieser sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen.

34

aa) Nach § 242 BGB sind durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der Ausnutzung einer rechtsmissbräuchlich erworbenen Rechtsposition kann demnach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen (vgl. etwa BAG 17. März 2016 - 8 AZR 677/14 - Rn. 44; 21. Oktober 2014 - 3 AZR 866/12 - Rn. 48; 23. November 2006 - 8 AZR 349/06 - Rn. 33; BGH 6. Februar 2002 - X ZR 215/00 - zu I 2 c der Gründe; 6. Oktober 1971 - VIII ZR 165/69 - zu I der Gründe, BGHZ 57, 108). Allerdings führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Hat der Anspruchsteller sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB vor(etwa BGH 28. Oktober 2009 - IV ZR 140/08 - Rn. 21).

35

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen, die den - rechtshindernden - Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast derjenige, der diesen Einwand geltend macht (vgl. ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 26; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 37; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 54).

36

bb) Danach hätte der Kläger die Rechtsstellung als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig erworben mit der Folge, dass die Ausnutzung dieser Rechtsposition rechtsmissbräuchlich wäre, wenn er sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen(vgl. etwa BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 53 mwN; vgl. auch BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 33, BVerwGE 139, 135).

37

Nach § 1 AGG ist es das Ziel des AGG, in seinem Anwendungsbereich Benachteiligungen aus den in dieser Bestimmung genannten Gründen zu verhindern oder zu beseitigen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG wird auch der Zugang zur Beschäftigung vom sachlichen Anwendungsbereich des AGG erfasst. Nach dieser Bestimmung sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund nach Maßgabe des Gesetzes ua. unzulässig in Bezug auf die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit. Aus diesem Grund fallen nicht nur Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG, sondern auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG unter den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes, sie gelten danach als Beschäftigte iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 AGG.

38

Bereits mit diesen Bestimmungen des AGG hat der nationale Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass nur derjenige den Schutz des AGG vor Diskriminierung einschließlich der in § 15 AGG geregelten Ersatzleistungen für sich beanspruchen kann, der auch tatsächlich Schutz vor Diskriminierung beim Zugang zur Erwerbstätigkeit sucht und dass hingegen eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, sich nicht auf den durch das AGG vermittelten Schutz berufen kann; sie kann nicht Opfer einer verbotenen Diskriminierung sein mit der Folge, dass ihr die in § 15 AGG vorgesehenen Sanktionen mit abschreckender Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber(vgl. etwa EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63) zugutekommen müssten. Eine Person, die ihre Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG treuwidrig herbeiführt, missbraucht vielmehr den vom AGG gewährten Schutz vor Diskriminierung.

39

cc) Nach Auffassung des Senats begegnet der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB unter diesen engen Voraussetzungen auch keinen unionsrechtlichen Bedenken.

40

(1) Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist ein anerkannter Grundsatz des Unionsrechts (vgl. ua. EuGH 28. Januar 2016 - C-50/14 - [CASTA ua.] Rn. 65). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht gestattet (etwa EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 55 mwN; 9. März 1999 - C-212/97 - [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 2. Mai 1996 - C-206/94 - [Paletta] Rn. 24, Slg. 1996, I-2357).

41

(2) Dabei ergeben sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Voraussetzungen, unter denen Rechtsmissbrauch angenommen werden kann, vergleichbar strenge Anforderungen wie nach deutschem Recht.

42

Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis verlangt das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Elements. Hinsichtlich des objektiven Elements muss sich aus einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergeben, dass trotz formaler Einhaltung der in der betreffenden Unionsregelung vorgesehenen Bedingungen das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde. In Bezug auf das subjektive Element muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 36 mwN) die Absicht ersichtlich sein, sich einen ungerechtfertigten Vorteil aus der Unionsregelung dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (zu der hier einschlägigen Richtlinie 2000/78/EG vgl. EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 56 mwN; vgl. iÜ. etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 31 ff.; 16. Oktober 2012 - C-364/10 - [Ungarn/Slowakei] Rn. 58; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 74 ff., Slg. 2006, I-1609; 21. Juli 2005 - C-515/03 - [Eichsfelder Schlachtbetrieb] Rn. 39, Slg. 2005, I-7355; 14. Dezember 2000 - C-110/99 - [Emsland-Stärke] Rn. 52 und 53, Slg. 2000, I-11569). Das Missbrauchsverbot ist allerdings nicht relevant, wenn das fragliche Verhalten eine andere Erklärung haben kann als nur die Erlangung eines Vorteils (etwa EuGH 13. März 2014 - C-155/13 - [SICES ua.] Rn. 33; 21. Februar 2006 - C-255/02 - [Halifax ua.] Rn. 75). Die Prüfung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer missbräuchlichen Praxis erfüllt sind, hat gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts zu erfolgen. Diese Regeln dürfen jedoch die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen (ua. EuGH 17. Dezember 2015 - C-419/14 - [WebMindLicenses] Rn. 65 mwN).

43

(3) Sowohl aus dem Titel, als auch aus den Erwägungsgründen und dem Inhalt und der Zielsetzung der Richtlinie 2000/78/EG folgt, dass diese einen allgemeinen Rahmen schaffen soll, der gewährleistet, dass jeder „in Beschäftigung und Beruf“ gleichbehandelt wird, indem dem Betroffenen ein wirksamer Schutz vor Diskriminierungen aus einem der in ihrem Art. 1 genannten Gründe - darunter das Alter - geboten wird(ua. EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 23; 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 49, Slg. 2011, I-7965). Ferner ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG - ebenso wie aus Art. 1 Satz 2 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG -, dass diese Richtlinie für eine Person gilt, die eine Beschäftigung sucht und dies auch in Bezug auf die Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen für diese Beschäftigung (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 33).

44

Damit spricht alles dafür, dass eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend zu machen, auch nach Unionsrecht rechtsmissbräuchlich handelt.

45

b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands seien im vorliegenden Verfahren erfüllt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

46

aa) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob bei einer bestimmten Sachlage ein Verstoß gegen § 242 BGB und damit eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, ist in der Revisionsinstanz als Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs nur eingeschränkt überprüfbar(vgl. etwa BAG 16. Oktober 2012 - 9 AZR 183/11 - Rn. 25, BAGE 143, 194; 19. August 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 66; 9. Dezember 2009 - 10 AZR 850/08 - Rn. 34 mwN; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 31, BAGE 131, 215; BGH 7. Oktober 2015 - VIII ZR 247/14 - Rn. 25 mwN). Die revisionsrechtliche Kontrolle beschränkt sich darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es sich bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die maßgebliche Rechtsnorm den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

47

bb) Das Berufungsurteil hält einer solchen eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff des Rechtsmissbrauchs iSv. § 242 BGB verkannt und diese Bestimmung in einer Weise ausgelegt und angewandt, die das Benachteiligungsverbot des AGG und der Richtlinie 2000/78/EG zu unterlaufen geeignet ist. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen weder jeweils für sich betrachtet noch in der Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

48

(1) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts lassen sich dem Bewerbungsschreiben des Klägers vom 9. November 2012 bereits keine objektiven Umstände entnehmen, die den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers erlauben würden. Soweit das Landesarbeitsgericht ausführt, dieses Schreiben enthalte überwiegend formelhafte, nichtssagende Wendungen, mit denen der Kläger nur scheinbar konkret auf die Stellenanzeige und die in Aussicht gestellte Tätigkeit nebst deren Anforderungsprofil eingehe, es lasse sich dem Bewerbungsschreiben auch nicht entnehmen, was den Kläger gerade an der ausgeschriebenen Tätigkeit interessiere und weshalb er, nachdem er bereits lange Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt in R tätig sei, Interesse an einer Berufsausübung in H habe, legt es seiner Würdigung seine Vorstellungen darüber zugrunde, wodurch sich ein gutes, ansprechendes und erfolgversprechendes Bewerbungsschreiben auszeichnet. Wie viel „Mühe“ ein Bewerber sich mit seinem Bewerbungsschreiben gegeben hat, wie ansprechend seine Präsentation ist und wie eindringlich und überzeugend er ein Interesse an der ausgeschriebenen Stelle bekundet hat, mag zwar ein Umstand sein, der für die konkrete Auswahlentscheidung des Arbeitgebers den Ausschlag geben kann. Es existiert hingegen weder ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass nur derjenige, der ein solches Bewerbungsschreiben verfasst, an der Stelle interessiert ist, noch der gegenteilige Erfahrungssatz, dass derjenige, dessen Bewerbungsschreiben diesen Vorgaben nicht entspricht, sich nur mit dem Ziel bewirbt, die formale Position des Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG geltend machen zu können.

49

(2) Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Entschädigungsanspruch des Klägers sei deshalb dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, weil dieser sich unabhängig vom Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort stets auf Stellen bewerbe, in denen Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen oder Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen mit erster Berufserfahrung gesucht würden, er im Fall der Ablehnung stets 60.000,00 Euro fordere, im Jahr 2013 16 Entschädigungsklagen erhoben habe und auch nicht dargetan habe, sich auch noch auf weitere, keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bietende Stellenanzeigen beworben zu haben, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände lassen nicht den Schluss auf ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen des Klägers zu, das auf der Annahme beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil die Beklagten - sei es bereits unter dem Druck des Geltendmachungsschreibens oder im Verlauf des Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllen oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlassen.

50

(a) Auf Rechtsmissbrauch kann nicht bereits daraus geschlossen werden, dass eine Person eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen versandt und mehrere Entschädigungsprozesse geführt hat oder führt (vgl. etwa BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 63; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 56 mwN; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 52, BAGE 131, 232). Ein solches Verhalten für sich betrachtet lässt sich ebenso damit erklären, dass ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der jeweiligen Stelle bestand und dass der/die Bewerber/in, weil er/sie sich entgegen den Vorgaben des AGG bei der Auswahl- und Besetzungsentscheidung diskriminiert sieht, mit der Entschädigungsklage zulässigerweise seine/ihre Rechte nach dem AGG wahrnimmt.

51

(b) Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Person sich stets auf solche Stellenausschreibungen beworben hat, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthalten, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe die Stelle entgegen § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden darf, ausgeschrieben. Dies folgt bereits daraus, dass der/die Bewerber/in auch in einem solchen Fall mit einer Entschädigungsklage grundsätzlich ein nicht unerhebliches Risiko eingeht, den Prozess zu verlieren und damit nicht nur keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu erlangen, sondern auch mit den Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden.

52

(aa) Der Arbeitgeber schuldet einem/einer abgelehnten Bewerber/in eine Entschädigung nicht bereits deshalb, weil die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und damit erst recht nicht allein deshalb, weil die Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben. Das Gesetz knüpft an einen Verstoß gegen § 11 AGG keine unmittelbaren Rechtsfolgen.

53

(bb) Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist vielmehr, dass der/die abgelehnte Bewerber/in entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Zudem darf die mit einer negativen Auswahlentscheidung des Arbeitgebers verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nicht nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig sein. Obgleich nicht zu verkennen ist, dass eine erfolglose Bewerbung auf eine Stellenausschreibung, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, die Erfolgsaussichten einer späteren Entschädigungsklage erhöht, ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass die Klage abgewiesen wird, weil der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Grund iSv. § 1 AGG und der benachteiligenden Handlung nicht gegeben ist oder weil sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des Bewerbers/der Bewerberin iSv. § 3 Abs. 1 AGG nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

54

(aaa) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12  - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 -  C-54/07  - [Feryn] Rn. 32 , Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12  - Rn. 27 ). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 58; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45).

55

(bbb) Auch wenn eine Stellenausschreibung Formulierungen, insb. Anforderungen enthält, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, begründet dies nicht ohne Weiteres die Vermutung, der/die Bewerber/in sei im Auswahl- und Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden. Eine solche Vermutung besteht vielmehr nur dann, wenn die Stellenausschreibung gegen § 11 AGG verstößt. Dies ist indes selbst bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines § 1 AGG genannten Grundes bewirken, dann nicht der Fall, wenn die Diskriminierung nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig ist. Und bei Formulierungen, insb. Anforderungen in Stellenausschreibungen, die eine mittelbare Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bewirken können, scheidet nach § 3 Abs. 2 AGG ein Verstoß gegen § 11 AGG dann aus, wenn die Anforderung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Obwohl § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG verweist, muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG nicht vorliegt, wenn die mögliche mittelbare oder die unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG oder §§ 8, 9 oder § 10 AGG gerechtfertigt ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Stellenausschreibungen strengeren Anforderungen unterliegen sollten als dies bei allen anderen benachteiligenden Handlungen iSd. AGG der Fall ist.

56

(ccc) Aber auch dann, wenn die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der/die erfolglose Bewerber/in wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde, genügt dies nicht ohne Weiteres für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs. Dem Arbeitgeber bleibt es nämlich unbenommen, Tatsachen vorzutragen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben.

57

(ddd) Zudem ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich die mit der Ablehnung der Bewerbung verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin im Einzelfall nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG als zulässig erweist.

58

(c) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass selbst dann, wenn die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen aufgrund anderer erfolgloser Bewerbungen rechtsmissbräuchlich (gewesen) sein sollte, dies nicht ohne Weiteres auch für die jeweils streitgegenständliche gelten muss, sind an die Annahme des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands hohe Anforderungen zu stellen. Es müssen im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Dies kann in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben, weil der Arbeitgeber - sei es bereits unter dem Druck einer angekündigten Entschädigungsklage oder im Verlaufe eines Entschädigungsprozesses - freiwillig die Forderung erfüllt oder sich vergleichsweise auf eine Entschädigungszahlung einlässt.

59

(d) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen, der vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsanspruch sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt. Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass der Kläger im Falle der Ablehnung seiner Bewerbung vom Arbeitgeber stets Schadensersatz und Entschädigung iHv. 60.000,00 Euro gefordert hat, im Rahmen der Würdigung, ob im vorliegenden Fall Rechtsmissbrauch anzunehmen ist, überhaupt von Bedeutung ist. Die bislang vom Landesarbeitsgericht festgestellten Umstände rechtfertigen - auch unter Berücksichtigung dieses Umstands - nicht den Schluss, auch die Bewerbung des Klägers auf die von der Beklagten zu 1. ausgeschriebene Stelle und die sich an die Ablehnung anschließende Entschädigungsklage seien Teil eines systematischen und zielgerichteten Vorgehens des Klägers im Rahmen des unter Rn. 58 dargestellten „Geschäftsmodells“. Vielmehr verbleibt die „gute Möglichkeit“, dass der Kläger ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der Stelle hatte, und dass er mit der Erhebung der Entschädigungsklage zulässigerweise seine Rechte nach dem AGG wahrgenommen hat. Umstände, die ggf. eine andere Beurteilung gebieten könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Es gibt weder Feststellungen dazu, wie häufig der Kläger sich insgesamt auf Stellenausschreibungen beworben hat, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erweckten, die Stelle sei unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben worden, noch, wie arbeitgeberseitig auf ein Geltendmachungsschreiben des Klägers reagiert wurde, noch, wie der Kläger sich in den 16 vom Landesarbeitsgericht festgestellten Entschädigungsprozessen prozessual verhalten hat und ob und ggf. wann die Verfahren in welcher Instanz mit welchem Ergebnis beendet wurden. Bereits deshalb kommt es auf die Frage, ob der Kläger sich auch auf Stellenausschreibungen beworben hat, deren Inhalt keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung bot, nicht an.

60

B. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unbegründet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

61

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG.

62

Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff. Soweit teilweise in der Rechtsprechung des Senats zusätzlich die „subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung“ gefordert wurde (ua. BAG 18. Juni 2015 - 8 AZR 848/13 (A) - Rn. 24; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 28; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 50, BAGE 131, 232; vgl. jedoch offenlassend oder entgegengesetzt ua.: BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 51 bis 56; 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 32), hält der Senat hieran nicht fest. Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn noch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung oder ihrem Sinn und Zweck. Die Frage, ob eine Bewerbung „nicht ernsthaft“ war, weil eine Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern um eine Entschädigung geltend zu machen, betrifft vielmehr die Frage, ob diese sich unter Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB)den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG verschafft und damit für sich den persönlichen Anwendungsbereich des AGG treuwidrig eröffnet hat, weshalb der Ausnutzung dieser Rechtsposition der durchgreifende Rechtsmissbrauchseinwand entgegenstehen könnte (vgl. auch BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 25; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 18; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24).

63

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).

64

III. Der Entschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht aufgrund anderer als der vom Landesarbeitsgericht seiner Würdigung zugrunde gelegten Umstände dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB)ausgesetzt. Die von den Beklagten insoweit vorgetragenen Umstände lassen weder für sich betrachtet noch in einer Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zu.

65

1. Soweit die Beklagten geltend machen, der Kläger habe die ausgeschriebene Stelle nicht antreten können, weil er als Einzelanwalt ein Dezernat mit laufenden Mandatsverhältnissen nicht kurzfristig habe aufgeben können, lässt dies nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Dass ein bisher als Einzelanwalt tätiger Rechtsanwalt vor der Aufnahme einer anderen Tätigkeit ggf. Zeit benötigt, die bisherige Kanzlei zu übergeben oder abzuwickeln, mag zwar ein tatsächliches Hindernis für eine sofortige Arbeitsaufnahme sein; es ist jedoch fernliegend, daraus zu schließen, der Kläger habe sich auf die ausgeschriebene Stelle nur beworben, um die formale Position als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Gleiches gilt, soweit die Beklagten anführen, im Hinblick auf die fachliche Ausrichtung und Spezialisierung der Kanzlei hätte der Kläger erläutern müssen, weshalb er gerade an einer Tätigkeit bei ihnen interessiert sei, insoweit sei die Bewerbung des Klägers nicht nachvollziehbar, und sie mutmaßen, der Kläger habe seine Bewerbung mit einem sog. Anwaltsprogramm angefertigt. Auch der Umstand, dass der Kläger im Internet damit wirbt, als Einzelanwalt immer für seine Mandanten als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und dass er jedenfalls zeitweise als Rechtsanwalt im Bereich von Abmahnungen tätig war, lässt nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Letztlich kann der Rechtsmissbrauchseinwand auch nicht erfolgreich darauf gestützt werden, dass der Kläger weiterhin seine Kanzlei betrieben und nicht abgewickelt hat. Im Gegenteil liegt ein solches Verhalten bei einer Erfolglosigkeit von Bewerbungsbemühungen auf der Hand.

66

2. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, dass der Kläger am Ende seines Geltendmachungsschreibens vom 26. November 2012 neben Schadensersatz und Entschädigung eine Erstattung anwaltlicher Gebühren und Auslagen gefordert hat, liegt darin allein kein Umstand, der den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zuließe. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Rechtsanwalt, der sich erfolglos auf eine ausgeschriebene Stelle (als Rechtsanwalt) beworben hat und bereits in seinem Geltendmachungsschreiben nicht nur Entschädigung und Schadensersatz, sondern auch die Zahlung anwaltlicher Gebühren und Auslagen fordert, von vornherein nur die Absicht hatte, sich die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu verschaffen mit dem alleinigen Ziel, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Es kann dahinstehen, ob und ggf. welche Bedeutung diesem Umstand im Rahmen der Prüfung zukommt, ob das Entschädigungsverlangen ausnahmsweise dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt ist, weil sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn“ verbleiben. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem potentieller Arbeitgeber eine Rechtsanwaltskanzlei ist, ist die Annahme fernliegend, der Kläger habe darauf spekuliert, den Beklagten sei die in § 12a ArbGG zur Kostentragungspflicht getroffene Bestimmung unbekannt und diese seien nicht in der Lage, die Risiken eines Entschädigungsprozesses einzuschätzen, und würden sich deshalb bereits durch das Geltendmachungsschreiben so sehr beeindrucken lassen, dass sie allein zur Vermeidung weiterer Kosten frühzeitig „klein beigeben“.

67

3. Soweit die Beklagten schließlich behaupten, der Kläger habe im Rahmen eines Telefonats mit dem Beklagten zu 3. am 27. November 2012 geäußert, seinerseits bestehe kein Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten, er wolle lediglich eine Zahlung, ist dieses Vorbringen unbeachtlich. Die Beklagten haben schon nicht substantiiert zum Verlauf des Gesprächs vorgetragen, was vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich gegenüber der Behauptung der Beklagten dahin verteidigt hatte, er habe kein fehlendes Interesse an einer Mitarbeit in der Kanzlei der Beklagten geäußert, sondern vielmehr gesagt, dass nach Ablehnung seiner Bewerbung durch die Gegenseite eine „Heilung“ des Verstoßes gegen das AGG nicht infrage komme, aber erforderlich gewesen wäre.

68

C. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe die zulässige Klage begründet ist. Zudem ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

69

I. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft, ob der Kläger entgegen den Bestimmungen des AGG im Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde und hierzu keine Feststellungen getroffen. Dies wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben.

70

1. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu beachten haben, dass die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, dann bestünde, wenn die Beklagte zu 1. die Stelle, auf die sich der Kläger bei dieser beworben hat, entgegen den Vorgaben von § 11 AGG unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters(§ 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG)ausgeschrieben hat.

71

Das Landesarbeitsgericht wird dabei zu beachten haben, dass das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungskriterium, mit dem ein Rechtsanwalt (m/w) „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ gesucht wird, Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 AGG und dass die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters bewirkt, sodass es im Hinblick auf die Frage, ob die Stelle entgegen den Anforderungen des § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, nur noch darauf ankommt, ob die unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 Abs. 1 oder § 10 AGG zulässig ist. Sollte dies der Fall sein, wäre auch eine mittelbare Diskriminierung gerechtfertigt, da die Anforderungen an die Rechtfertigung einer mittelbaren Benachteiligung nicht höher als diejenigen an die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung sind (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, 65, 66, Slg. 2009, I-1569; BAG 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 - Rn. 35 mwN, BAGE 131, 298).

72

a) Die in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ kann Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen.

73

Bei der Berufserfahrung handelt es sich um ein Kriterium, das dem Anschein nach neutral ist iSv. § 3 Abs. 2 AGG. Unmittelbar wird damit nicht auf ein bestimmtes Alter Bezug genommen. Jedoch ist das Kriterium der Berufserfahrung mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter“ verknüpft. Bewerber/innen mit einer längeren Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit erster oder kurzer Berufserfahrung typischerweise ein höheres Lebensalter auf (vgl. nur BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 33, BAGE 131, 342). Da die Beklagte zu 1. mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „mit 0 - 2 Jahren Berufserfahrung“ signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, ist diese Anforderung geeignet, ältere gegenüber jüngeren Personen wegen des Alters in besonderer Weise zu benachteiligen. Typischerweise werden ältere Personen allein wegen dieser Anforderung häufig von vornherein von einer Bewerbung absehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass berufliche Lebensläufe heutzutage vielfältiger sind als früher und ein Wechsel von einer juristischen Tätigkeit in eine andere juristische Tätigkeit auch nach längeren Berufsjahren, ggf. auch erst nach dem Erreichen des regulären Pensionsalters erfolgen kann. Der Befund, dass Berufsanfänger/innen und Personen mit kurzer Berufserfahrung typischerweise junge Menschen sind, besteht jedoch nach wie vor.

74

b) Die Formulierung in der Stellenausschreibung, wonach dem/der Bewerber/in eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, bewirkt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG.

75

Mit dem Begriff „jung“ wird unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Verstärkt wird diese Bezugnahme auf das Lebensalter durch die Verbindung mit dem Begriff „dynamisch“, der eine Eigenschaft beschreibt, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird. Wird in einer Stellenausschreibung - wie hier - darauf hingewiesen, dass eine langfristige Perspektive in einem „jungen und dynamischen Team“ geboten wird, enthält dieser Hinweis regelmäßig nicht nur die Botschaft an potentielle Stellenbewerber/innen, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb dynamisch sind. Eine solche Angabe in einer Stellenanzeige kann aus der Sicht eines objektiven Empfängers zudem regelmäßig nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin sucht, der/die in das Team passt, weil er/sie ebenso jung und dynamisch ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams. Die Annahme, dass mit der Beschreibung des Teams als „jung“ und „dynamisch“ der Zweck verfolgt wird, den potentiellen Bewerber/die potentielle Bewerberin darüber zu informieren, dass das Team selbst noch nicht lange Zeit besteht, ist demgegenüber fernliegend, wenn dieser Umstand nicht zugleich in der Stellenausschreibung erläutert wird. Sofern dies - wie hier - nicht der Fall ist, kann der Zweck einer solchen Stellenbeschreibung nur darin bestehen, einen zum vorhandenen Team passenden neuen Beschäftigten zu gewinnen. Andernfalls wäre die so formulierte Stellenbeschreibung ohne Aussagegehalt und damit überflüssig.

76

c) Das Landesarbeitsgericht wird demnach ggf. zu prüfen haben, ob die mit der Formulierung „in einem jungen und dynamischen Team“ bewirkte unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters nach § 8 AGG oder nach § 10 AGG zulässig ist. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich sowohl § 8 AGG als auch § 10 AGG als für den Arbeitgeber günstige Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hier des Alters, darstellen(vgl. hierzu etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 72 und 81, Slg. 2011, I-8003; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569), weshalb den Arbeitgeber - hier die Beklagten - bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in den Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen trifft (zur Darlegungs- und Beweislast nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. etwa EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 83, Slg. 2011, I-6919).

77

aa) Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

78

§ 8 Abs. 1 AGG dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht. § 8 Abs. 1 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eng auszulegen. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist nach § 8 Abs. 1 AGG nur gerechtfertigt, wenn sämtliche in der Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Stellt ein Merkmal, das insbesondere mit dem Alter zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar, kann eine unterschiedliche Behandlung zudem nur unter sehr begrenzten Bedingungen gerechtfertigt sein (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 71, Slg. 2011, I-8003).

79

Das Landesarbeitsgericht wird bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 AGG zudem zu beachten haben, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen kann und dass ein solches Merkmal - oder sein Fehlen - nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG ist, wenn davon die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit abhängt(vgl. etwa EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 66, Slg. 2011, I-8003; 12. Januar 2010 - C-229/08 - [Wolf] Rn. 35, Slg. 2010, I-1; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 34, BAGE 148, 158).

80

bb) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Tatbeständen, nach denen unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere gerechtfertigt sein können(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 45; 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07  - Rn. 40 , BAGE 129, 181 ).

81

Bei der Anwendung von § 10 AGG wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

82

(1) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht(dazu auch BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279), wobei die Richtlinie ihrerseits das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 75, Slg. 2005, I-9981; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 2 BvR 1989/12 - Rn. 63, BVerfGE 139, 19) sowie das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 38, Slg. 2011, I-8003; BVerfG 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - aaO). § 10 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen(dazu auch BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, BAGE 149, 315; 12. Juni 2013 - 7 AZR 917/11 - Rn. 32; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 40).

83

(2) § 10 Satz 1 AGG definiert nicht, was unter einem legitimen Ziel zu verstehen ist. Für die Konkretisierung des Begriffs des legitimen Ziels ist deshalb auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zurückzugreifen. Legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, dh. Ziele, die als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind - obgleich die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist (EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 80, Slg. 2011, I-8003) - wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich „Sozialpolitik“ (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge ua.] Rn. 81, aaO; dazu auch BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36, BAGE 152, 134; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als legitim iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift den Arbeitgebern bei der Verfolgung der sozialpolitischen Ziele einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Ein unabhängig von Allgemeininteressen verfolgtes Ziel eines Arbeitgebers kann eine Ungleichbehandlung jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - aaO).

84

(3) Nach § 10 Satz 1 AGG reicht es - ebenso wie nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG - für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nicht aus, dass der Arbeitgeber mit der unterschiedlichen Behandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt; hinzukommen muss nach § 10 Satz 2 AGG, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 55 f.). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Personen zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden(vgl. etwa EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 56) und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] aaO; 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 59; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981).

85

(4) Um darzutun, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber allgemein behauptet, dass die die unterschiedliche Behandlung bewirkende Maßnahme oder Regelung geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen. Derartige allgemeine Behauptungen lassen nämlich nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 77, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 65, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 35, BAGE 131, 61). Der Arbeitgeber hat hierzu vielmehr substantiierten Sachvortrag zu leisten (vgl. EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 82, aaO).

86

2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Stelle, auf die der Kläger sich beworben hat, von der Beklagten zu 1. unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und deshalb die Vermutung iSv. § 22 AGG besteht, dass der Kläger im späteren Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde, wird es zu prüfen haben, ob die Beklagten Tatsachen vorgetragen und im Bestreitensfall bewiesen haben, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe, hier: das Alter, zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben.

87

a) Solche Gründe können zwar idR nicht darin liegen, dass der Arbeitgeber - wie hier - später von einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers absieht, die Stelle also nach Beginn der eigentlichen Bewerberauswahl unbesetzt bleibt (vgl. im Einzelnen BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN). Die Auslegung und Anwendung von § 22 AGG darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern und Bewerberinnen wegen der in § 1 AGG genannten Gründe so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird(vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - Rn. 13 mwN, BVerfGK 9, 218). Eine andere Bewertung ist aber dann geboten, wenn der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren aus sachlichen und nachvollziehbaren Gründen, zB weil zwischenzeitlich das Erfordernis, die Stelle überhaupt (neu) zu besetzen, entfallen ist, abgebrochen wurde, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. In einem solchen Fall hat es kein Auswahlverfahren mehr gegeben, in dessen Verlauf die klagende Partei hätte diskriminiert werden können.

88

b) Entsprechendes kann gelten, sofern der Arbeitgeber substantiiert vorträgt und ggf. beweist, dass das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei ihm eingegangen ist. Allerdings schließt der Umstand, dass eine ausgeschriebene Stelle bereits vor Eingang der Bewerbung der klagenden Partei besetzt wurde, nicht generell deren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG aus(BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 42). Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, beispielsweise darauf, ob ggf. eine vom Arbeitgeber gesetzte Bewerbungsfrist unterlaufen wird und/oder ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine bereits vor Eingang einer Bewerbung erfolgte Stellenbesetzung gleichwohl zu einer Benachteiligung des nicht berücksichtigten Bewerbers führt (vgl. dazu BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO).

89

c) Der Arbeitgeber kann die Vermutung, er habe die klagende Partei wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt, aber auch dadurch widerlegen, dass er substantiiert dazu vorträgt und im Bestreitensfall beweist, dass er bei der Behandlung aller Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren vorgegangen ist, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt. Dies kann zum Beispiel anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber ausnahmslos alle Bewerbungen in einem ersten Schritt darauf hin sichtet, ob die Bewerber/innen eine zulässigerweise gestellte Anforderung erfüllen und er all die Bewerbungen von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheidet, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber, der sich hierauf beruft, muss dann allerdings nicht nur darlegen und ggf. beweisen, dass ein solches Verfahren praktiziert wurde, sondern auch, dass er das Verfahren konsequent zu Ende geführt hat. Deshalb muss er auch substantiiert dartun und im Bestreitensfall beweisen, wie viele Bewerbungen eingegangen sind, welche Bewerber/innen aus demselben Grund ebenso aus dem Auswahlverfahren ausgenommen wurden, welche Bewerber/innen, weil sie die Anforderung erfüllten, im weiteren Auswahlverfahren verblieben sind und dass der/die letztlich ausgewählte Bewerber/in die Anforderung, wegen deren Fehlens die klagende Partei aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen wurde, erfüllt.

90

Dabei muss sich die Anforderung, wegen deren Nichterfüllung die klagende Partei und ggf. andere Bewerber/innen aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen werden, nicht ausdrücklich aus der Stellenausschreibung ergeben. Insoweit reicht es in jedem Fall aus, wenn die Anforderung in der Stellenausschreibung „Anklang“ gefunden hat oder sich aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lässt. Wird beispielsweise mit einer Stellenausschreibung eine Person gesucht, die über eine „herausragende“, „hervorragende“ oder „erstklassige“ (hier: juristische) Qualifikation verfügt, ist es jedenfalls dem privaten Arbeitgeber unbenommen, all die Bewerber/innen, die eine bestimmte Examensnote nicht erzielt haben, aus dem weiteren Auswahlverfahren auszunehmen. Jede/r Bewerber/in muss in einem solchen Fall bereits aufgrund der Stellenausschreibung damit rechnen, dass in einem Stellenbesetzungsverfahren, insbesondere wenn viele Bewerbungen eingehen, womöglich nur die Bewerbungen mit bestimmten Examensnoten eine Vorsichtung erfolgreich durchlaufen. Allerdings ist zu beachten, dass Anforderungen, die in der Stellenausschreibung keinen „Anklang“ gefunden haben und sich auch nicht aus dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ableiten lassen, vom Arbeitgeber seiner Vorauswahl nicht ohne Weiteres zugrunde gelegt werden dürfen. Insoweit muss der Arbeitgeber dartun und im Bestreitensfall beweisen, dass diese Anforderungen nicht nur vorgeschoben wurden (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 43 mwN, BAGE 131, 86).

91

d) Soweit der Arbeitgeber darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass die klagende Partei eine formale Qualifikation nicht aufweist oder eine formale Anforderung nicht erfüllt, die unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit/des Berufs an sich ist, kann idR davon ausgegangen werden, dass die Bewerbung ausschließlich aus diesem Grund ohne Erfolg blieb; in einem solchen Fall besteht demzufolge idR kein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund.

92

II. Sollte sich ergeben, dass nicht ausschließlich andere Gründe als das Alter zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben, wird das Landesarbeitsgericht auf ein entsprechendes Vorbringen der Beklagten, das im Bestreitensfall zu beweisen wäre, auch der Frage nachzugehen haben, ob die unmittelbare Benachteiligung, die der Kläger durch die Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren wegen seines Alters erfahren hat, ausnahmsweise gerechtfertigt ist.

93

III. Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, das Benachteiligungsverbot des AGG sei verletzt und dem Kläger stehe nach § 15 Abs. 2 AGG dem Grunde nach eine Entschädigung zu, wird es zu beachten haben, dass auch bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen sind(vgl. ua. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158; 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 38; 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 38; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181). Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63; 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 63 mwN; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - aaO).

94

D. Im Hinblick auf die vom Landesarbeitsgericht zu treffende Kostenentscheidung weist der Senat darauf hin, dass sich diese - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 91 ff. ZPO richtet, wobei bei einem nur teilweisen Obsiegen/Unterliegen des Klägers Veranlassung bestehen kann, von der in § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Zwar trifft es zu, dass Verfahren, die Klagen wegen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zum Gegenstand haben, nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als Klageverfahren, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz) und dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf (Grundsatz der Effektivität) (st. Rspr. des EuGH, vgl. nur 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 61 mwN). Dies ist aber bei Anwendung der §§ 91 ff. ZPO, nach denen sich der gerichtliche Kostenausspruch generell und einheitlich nach Obsiegen und Unterliegen richtet, ohne nach der „Herkunft“ des geltend gemachten Klageanspruchs zu differenzieren, nicht der Fall.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Dr. Volz ist
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    B. Stahl    

                 

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)