Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Aug. 2012 - 7 Sa 348/10
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 16.08.2010 – 3 Ca 1674/09 HBS – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 75 % von der Klägerin und zu 25 % von der Beklagten getragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten zweitinstanzlich über Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche wegen Mobbings sowie über die Kosten für ein übereinstimmend für erledigt erklärtes Klagebegehren auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte.
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Die 1972 geborene Klägerin war vom 14. August 1991 bis zum 31. März 2009 bei der Rechtsvorgängerin der beklagten Stadt, einer kleinen Verwaltungsgemeinschaft (im Folgenden: Beklagte) beschäftigt. Zuletzt arbeitete sie auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1. November 1995 (Bl. 25 d.A.), der auf den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und seine ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Bezug nahm, als Sachbearbeiterin für Gewerbe- und Ordnungsrecht zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von ca. 1.850,00 €. Zudem war sie Vorsitzende des bei der Verwaltungsgemeinschaft gebildeten Personalrats.
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Im Januar 2008 erhielt die Klägerin einen neuen direkten Vorgesetzten, den Sachgebietsleiter L.. Dieser forderte sie am 14. Januar 2008 auf, alle Personalratsunterlagen unter Verschluss zu halten. Die Klägerin äußerte am 15. Januar 2008 gegenüber dem Leiter des Verwaltungsamtes T., hierfür nicht genügend verschließbaren Schrankraum zu haben. Würde sie alle Personalratsunterlagen in den vorhandenen Schränken wegschließen, wären auch allgemeine dienstliche Unterlagen verschlossen. Am 17. Januar 2008 fand dazu auf Bitten der Klägerin ein weiteres Gespräch mit Herrn L. statt. Am selben Tag beschwerte sich die Klägerin bei Herrn T. über den Umgangston des Herrn L., wurde jedoch auch dort zum Wegschluss der Personalratsunterlagen aufgefordert. Am Montag, den 21. Januar 2008 ließ die Klägerin daraufhin durch einen Bekannten verschiedene Unterlagen aus ihrem Büro in einen privaten PKW verbringen. Fortan war sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 durchgängig krank geschrieben. Ihr Diensthandy sowie Schrank- und Schreibtischschlüssel hatte sie nach Hause mitgenommen.
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In einem Telefonat am 8. Februar 2008 forderte der Sachgebietsleiter L. die Klägerin unter Hinweis auf den Zugang zu dienstlichen Unterlagen vergeblich auf, die Schrank- und Schreibtischschlüssel herauszugeben. Unstreitig waren die Mitarbeiter des Verwaltungsamtes angewiesen, solche Unterlagen für den Vertretungsfall zugänglich aufzubewahren. Herr L. wies darauf hin, dass ein Schrankfach bereits gewaltsam geöffnet werden musste und dort dienstliche Unterlagen gefunden worden seien. Er drohte an, die übrigen Schlösser ebenfalls gewaltsam zu öffnen. Im Verlauf des Gesprächs reagierte die Klägerin nach eigener Darstellung mit den Worten: „Haben Sie eine Meise oder was? Sie machen mich krank. Lassen Sie mich in Ruhe.“
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Auf Aufforderung der Beklagten mit Schreiben vom 13. Februar 2008 nahm die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Februar 2008 zu dem Vorfall Stellung (Bl. 34 d.A.). Am Ende des Schreibens wird die Beklagte aufgefordert, „mäßigend auf Herrn L. einzuwirken und ihn von seinem bisherigen Posten zu entfernen.“
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Mit Schreiben vom 20. Februar 2008 forderte die Beklagte die Klägerin auf, zu der am 21. Januar 2008 erfolgten Entfernung von Unterlagen aus ihrem Dienstzimmer Stellung zu nehmen und zudem ihr Diensthandy herauszugeben (Bl. 47 d.A.). Hierauf antwortete die Klägerin mit anwaltlichem Fax vom 25. Februar 2008 (Bl. 48 f. d.A.).
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Unter dem 26. Februar 2008 erteilte die Beklagte der Klägerin daraufhin zwei Abmahnungen, in denen zum einen der Verschluss dienstlicher Unterlagen und die Weigerung zur Herausgabe der Schlüssel (Bl. 26 d.A.) und zum anderen die beleidigende Äußerung der Klägerin gegenüber Herrn L. im Telefonat vom 8. Februar 2008 beanstandet wurden (Bl. 27 d.A.). In beiden Abmahnungen heißt es, dass sie zwei Jahre in der Personalakte verbleiben würden. Kurz darauf ließ die Beklagte das Türschloss des Büros der Klägerin sowie der von ihr verwalteten Obdachlosenunterkunft durch den Hausmeister auswechseln.
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Am 3. März 2008 ließ die Beklagte das Diensthandy der Klägerin abholen. Von Seiten der Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass sich weiteres Zubehör (Ladekabel und Geheimnummern) in einem Karton im Büro der Klägerin befänden. Mit Schreiben vom 19. März 2008 (Bl. 51 d.A.) forderte die Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung auf, ihr die Geheimnummern und das Ladegerät zukommen zulassen, da diese nicht aufgefunden worden seien. Die Klägerin teilte die PIN-Nummer mit und verwies im Übrigen auf die aufgebrochenen Schränke und auf baugleiche Ladegeräte der Kollegen (Bl. 36 f. d.A.).
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Am März 2008 veröffentlichte der X.er Sportverein, dessen zweite Vorsitzende die Klägerin war, einen Flyer/Aushang (Bl. 165 d.A.), in dem zur Bildung einer „Mobbing-Selbsthilfegruppe“ eingeladen wird. Darin heißt es, dass Psychoterror und Schikanen am Arbeitsplatz krank machten. Ferner wird die Klägerin als Ansprechpartnerin genannt, die auch über ihre eigenen Erfahrungen als Mobbingopfer ihres Arbeitgebers sprechen werde. Unter dem 19. März 2008 (Bl. 41 d.A.) verwahrte sich die Beklagte dagegen und forderte den Bevollmächtigten der Klägerin auf, die letztgenannte Passage auf dem Flyer zu entfernen.
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Unter dem 20. März 2008 erteilte die Beklagte der Klägerin eine weitere Abmahnung (Bl. 28 d.A.), da diese über die Fortdauer ihrer Arbeitsunfähigkeit nach dem 12. März 2008 nicht rechtzeitig informiert habe. Die Abmahnung enthielt wiederum den Hinweis, dass sie zwei Jahre in der Personalakte verbleibe. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. März 2008 (Bl. 36 d.A.) lehnte die Klägerin eine Korrektur des „Mobbing-Flyers“ ab, da hierfür die Verantwortung beim Sportverein liege; zudem werde die Beklagte darin nicht namentlich benannt. Der Vorwurf einer nicht rechtzeitigen Information über die Fortdauer ihrer Erkrankung sei unberechtigt, da die Beklagte von der Krankenkasse der Klägerin darüber informiert worden sei, dass die Erkrankung bis auf weiteres fortbestehe.
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Unter dem 2. Mai 2008 sprach die Beklagte eine weitere Abmahnung aus, da die Klägerin nach Ablauf des 5. April 2008 die Fortdauer ihrer Erkrankung weder mitgeteilt noch ärztlich nachgewiesen habe. Eine am 11. April 2008 eingegangene Bescheinigung der Krankenkasse über den Krankengeldbezug genüge nicht (Bl. 29 f. d.A).
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Unter dem 6. Mai 2008 mahnte die Beklagte die Klägerin des Weiteren ab, da diese als Verantwortliche der Mobbing-Selbsthilfegruppe die Publikation des Flyers zu vertreten habe. Darin liege eine schwerwiegende Loyalitätspflichtverletzung (Bl. 31 f. d.A.).
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Mit Schreiben vom 8. Mai 2008 (Bl. 45 f. d.A.) hörte die Beklagte die Klägerin zu dem Vorwurf an, am 18. Januar 2008 gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten und stellvertretenden Personalratsvorsitzenden P... geäußert zu haben, sie habe nur noch „Hass, Hass, Hass“ und wünsche, dass die Verwaltungsgemeinschaft „den Bach runter gehe“. Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Mai 2008 ließ die Klägerin die Äußerung bestreiten und bat zudem aus gesundheitlichen Gründen, jegliche Post ausschließlich zu Händen ihres Anwalts zu senden.
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Am 19. Mai 2008 wurde vor der Wohnung der Klägerin ein Umschlag mit Prüfungsklausuren eines Fortbildungsinstituts gefunden, für dass die Klägerin nebenberuflich als Dozentin tätig war. Der Umschlag war an die Dienststelle der Klägerin gerichtet und von der Beklagten weitergeleitet worden.
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Anfang Juni teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr im Zuge länger geplanter Umstrukturierungen nach Rückkehr aus dem Krankenstand ein anderer Arbeitsplatz im Ordnungsamt ohne Änderung der Arbeitsaufgabe und ihrer Wertigkeit zugewiesen werde. Unter dem 4. Juni 2008 erteilte die Beklagte der Klägerin eine weitere Abmahnung wegen deren angeblicher Äußerung gegenüber dem stellvertretenden Personalratsvorsitzenden P... am 18. Januar 2008 („Hass, Hass, Hass“ usw.). Daraufhin leitete die Beklagte im Juni 2008 beim Verwaltungsgericht Magdeburg ein Verfahren zum Ausschluss der Klägerin aus dem Personalrat ein.
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Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 wies die Beklagte gegenüber der Klägerin auf deren hohe Krankheitsquote im laufenden Jahr sowie daraus resultierende betriebliche Folgen hin und bat um Auskunft nebst ärztlicher Bescheinigung über Art und Dauer der Erkrankung (Bl. 54 f. d.A.). Mit anwaltlichen Schreiben vom 31. Juli 2008 an den späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin wiederholte die Beklagte diese Aufforderung (Bl. 56 f. d.A.). Mit Schreiben vom gleichen Tage ersuchte sie die Krankenkasse der Klägerin, eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MdK) zu veranlassen. Die Klägerin lehnte über ihren Rechtsanwalt eine Auskunft über ihre Erkrankung ab. Ebenso lehnte die Krankenkasse ein Überprüfungsgesuch an den MdK ab; eine ausreichende Prüfung habe bereits stattgefunden (Bl. 59 f. d.A.).
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Mit ihrer am 28. Oktober 2008 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage hat die Klägerin die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte sowie Entschädigungs- und Schadensersatzleistungen wegen Mobbings verlangt.
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Die Klägerin ist der Auffassung, das gesamte Verhalten der Beklagten, insbesondere der Herren T. und L., ihr gegenüber sei missbräuchlich, willkürlich, schikanös und von Schädigungsabsicht getragen gewesen. Bereits seit dem Dienstantritt des Verwaltungsleiters T. im Jahre 2000 habe sie sich nicht mehr ausreichend anerkannt gefühlt und die Atmosphäre an ihrem Arbeitsplatz als belastend empfunden.
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Diese Situation habe sich mit dem Dienstantritt ihres unmittelbaren Vorgesetzten, des Sachgebietsleiters L., im Januar 2008 verschärft. Diesen beschreibt die Klägerin an anderer Stelle etwa wie folgt: Jung, direkt von der Ausbildung, nicht kompetent, schlechte Umgangsformen, lässt sich Hinweise und Kritik von ihr nicht gefallen und kontrolliert stark.
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Herr L. habe ihr unsinnige Arbeitsanweisungen erteilt, so etwa den Auftrag, sämtliche Baufirmen anzurufen, die noch keinen Antrag auf Straßenbau gestellt hätten. Im Gespräch am 17. Januar 2008 habe er geschrien, er hätte „keine Lust auf solchen Kindergarten“, und ihr disziplinarische Maßnahmen angedroht. Während ihrer Erkrankung seien lediglich solche dienstlichen Unterlagen unter Verschluss verblieben, die nicht alltäglich benötigt wurden; dies sei auch in früheren Abwesenheitsfällen so gehalten worden. Ihre Äußerungen gegenüber Herrn L. im Telefonat am 8. Februar 2008 seien auf einen Nervenzusammenbruch zurückzuführen, den sie wegen des inadäquaten Verhaltens des Herrn L. erlitten habe.
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Der Austausch der Schlösser in ihrem Büro sei ungemessen gewesen und habe den Anschein eines Unterschlagungsverdachts erwecken sollen. Der Entzug ihres Büros sei grundlos erfolgt. Bei dem für sie vorgesehenen neuen Büro habe es sich um die sogenannte „Bodenkammer“ gehandelt. Auch die Nachfragen wegen ihrer Erkrankung und das Verfahren auf Ausschluss aus dem Personalrat hätten darauf gezielt, sie einzuschüchtern. Das Gleiche gelte von der Missachtung ihrer Aufforderung, Schreiben nicht mehr unmittelbar an sie selber, sondern nur noch an ihren Bevollmächtigten zu richten.
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Auch die ausgesprochenen Abmahnungen hätten auf ihre Zermürbung gezielt. Sie seien zu Unrecht erfolgt und zudem mangelte es ihnen an einer vorherigen Anhörung und der Beteiligung des Personalrats.
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Weiter hat die Klägerin vorgetragen, Ende Februar/Anfang März 2008 habe der Hauptstellenleiter der Finanzverwaltung auf dem Flur seiner Abteilung gesagt, der Bürgermeister der Gemeinde T. K.... würde sich nur für die Klägerin einsetzen, weil er „bei ihr mal anfassen durfte“. Daraufhin habe der Verwaltungsleiter T. bei Herrn K.... nachgefragt, in welchem Verhältnis er zur Klägerin stünde. Die Beklagte habe sich damit an der Verbreitung unzutreffender Gerüchte beteiligt.
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Ferner habe Herr T. gegenüber dem Landtagsabgeordneten U., der sich für die Klägerin habe einsetzen wollen, am 20. März 2008 geäußert, er würde sich von seinem Weg nicht abbringen lassen. Der Personalrat stehe hinter ihm und niemand wolle mehr etwas mit der Klägerin zu tun haben. Man wolle ihr ein Büro einrichten, wo sie mit niemandem mehr Kontakt habe. In einem Gespräch mit dem Vorsitzenden des X.er Sportvereins R. habe Herr T. erklärt, dass die Klägerin die ganze Belegschaft gegen ihn aufgewiegelt habe und niemand sie mehr sehen wolle. Schließlich habe Herr T. auf die Nachfrage des Bürgermeisters von V., C..., wohin die Klägerin eine Bewerbung gerichtet hatte, geäußert, dass man sie nicht einstellen solle, da sie unzuverlässig sei.
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Die Klägerin hat weiter behauptet, das Verhalten der Beklagten, insbesondere der Herren T. und L., habe sie krank gemacht bzw. ihre Erkrankung fortlaufend verschlimmert. Sie habe im zeitlichen Zusammenhang damit an mobbingtypischen Störungen wie Schlaf- und Appetitlosigkeit, Angstzuständen, Erschöpfung und Schmerzen am ganzen Körper gelitten. Hierzu legt die Klägerin den Entlassungsbericht der Klinik G. - Fachabteilung Psychosomatik - vor, wo sie auf Veranlassung des Sozialversicherungsträgers vom 7. Oktober 2008 bis zum 2. Dezember 2008 an einer stationären Rehamaßnahme teilgenommen hat. Auf den Inhalt des Entlassungsberichts wird Bezug genommen (Bl. 466 bis 478 d. A.).
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Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund einer eigenen Kündigung der Klägerin am 31. März 2009. Seit dem 1. April 2009 ist sie als Amtsleiterin in der Gemeinde I. beschäftigt. Ihre Personalakte verblieb bei der Beklagten. Diese entfernte daraus nach Ablauf von zwei Jahren die Abmahnungen vom 26. Februar 2008 sowie die Abmahnung vom 20. März 2008. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit erstinstanzlich für erledigt erklärt.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. Die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen mit Schreiben vom 2. Mai 2008, 6. Mai 2008 und 4. Juni 2008 aus der Personalakte zu entfernen.
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2. Die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Schmerzensgeld nicht unter 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. November 2008 zu zahlen.
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3. Die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Geldentschädigung nicht unter 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. November 2008 zu zahlen.
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4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die dieser wegen der beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses erfolgten systematischen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihrer Gesundheit noch entstehen werden, zu erstatten,
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hilfsweise
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5. im Falle der Abweisung des Antrages zu 1. festzustellen, dass die der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2008, 6. Mai 2008 und 4. Juni 2008 erteilten Abmahnungen zu Unrecht ausgesprochen worden sind.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und im Wesentlichen ausgeführt, dass sämtliche Abmahnungen sachlich berechtigt gewesen seien. Auch die übrigen Maßnahmen der Beklagten seien sachgerecht und notwendig gewesen (Öffnen der Schränke, Schreiben unmittelbar an die Klägerin, Erkundigung über den Gesundheitszustand, neues Büro). Das Ablegen von Prüfungsunterlagen vor der Haustür der Klägerin sei nicht von ihr veranlasst worden. Von „Mobbing“ könne schon wegen des kurzen Zeitraumes der unmittelbaren Konfrontation im Januar 2008 nicht die Rede sein. Die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte könne nach beendetem Arbeitsverhältnis nicht mehr verlangt werden. Die Beklagte gebe die Personalakten auch grundsätzlich nicht innerhalb des öffentlichen Dienstes weiter.
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Mit Urteil vom 16. August 2010, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage in Bezug auf die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung des Anspruchs auf Entfernung der Abmahnungen hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob die noch streitgegenständlichen drei Abmahnungen zu Recht ausgesprochen worden seien. Die Abmahnungen seien jedenfalls deshalb zu entfernen, weil es bei der Beklagten üblich sei, Abmahnungen nach zwei Jahren aus der Personalakte zu entnehmen und diese Frist inzwischen abgelaufen sei. Auch nach beendetem Arbeitsverhältnis könne die Klägerin dies verlangen, da es sich bei der Beklagten um einen Arbeitgeber aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes handele, in dem Personalakten im Bedarfsfall untereinander zugänglich gemacht würden. Es sei daher nicht auszuschließen, dass auch die Akte der Klägerin noch einmal von einem anderen öffentlichen Arbeitgeber angefordert werde. Den Anspruch auf Entschädigungsleistungen wegen Mobbings hat das Arbeitsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles weder der Beklagten noch ihren Erfüllungsgehilfen ein Mobbingvorwurf angelastet werden könne. Außerdem sei ein Ursachenzusammenhang zwischen etwaigen Handlungen der Beklagten und ihrer Erfüllungsgehilfen und dem Gesundheitszustand der Klägerin nicht erkennbar.
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Gegen das ihr am 2. September 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. September 2010 Berufung eingelegt und diese am 2. November 2010 begründet. Dabei wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 2. November 2010 und 28. März 2012.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 16. August 2010 – 3 Ca 1674/09 HBS – unter Aufrechterhaltung im Übrigen abzuändern und
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1. die Beklagte zu verurteilen, ihr ein Schmerzensgeld nicht unter 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. November 2008 zu zahlen;
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2. die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Geldentschädigung nicht unter 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 11. November 2008 zu zahlen.
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3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die dieser wegen der beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses erfolgten systematischen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihrer Gesundheit noch entstehen werden, zu erstatten.
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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat, und beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Darüber hinaus hat sie mit ihrem innerhalb der Berufungserwiderungsfrist am 21. Dezember 2010 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz im Wege der Anschlussberufung beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 16. August 2010 – 3 Ca 1674/09 HBS – teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Zur Begründung der Anschlussberufung trägt die Beklagte unwidersprochen vor, dass sie die im Streit verbliebenen Abmahnungen vom 2. Mai 2008, 6. Mai 2008 und 4. Juni 2008 im September 2010 aus der Personalakte entfernt habe. Ein Anspruch darauf bestehe jedoch nicht. Zwar entferne die Beklagte Abmahnungen regelmäßig nach ca. zwei Jahren aus der Personalakte. Im Falle der Klägerin sei jedoch das Arbeitsverhältnis zuvor bereits beendet gewesen. Der Verbleib der Abmahnungen in der Personalakte habe ihr daher nicht schaden können. Die Beklagte gebe ihre Personalakte grundsätzlich weder heraus, noch fordere sie Personalakten anderer öffentlicher Arbeitgeber an.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht haben die Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf die inzwischen ebenfalls aus der Personalakte entfernten Abmahnungen vom 2. und 6. Mai sowie 4. Juni 2008 (Anschlussberufung) für erledigt erklärt.
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Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, da ihre – zulässige – Klage auf Schmerzensgeld- und Entschädigungsleistungen für Mobbing durch die Beklagte bzw. deren Erfüllungsgehilfen in der Sache keinen Erfolg hat. Das gilt auch für den Antrag auf Feststellung weiterer Schadensersatzverpflichtungen; dieser ist zudem bereits unzulässig.
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I. Die Leistungsanträge der Klägerin sind unbegründet.
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1. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund „Mobbings“ geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den von der Klagepartei genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i. S. d. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223; 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 m. w. N) . Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung i. S. d. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden (BAG 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06, aaO).
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2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist weder ein vertraglicher noch ein gesetzlicher Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld, Entschädigung oder sonstigen Schadensersatz gegen die Beklagte begründet.
- 53
a. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte nach § 241 Abs. 2, § 253 Abs. 2, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Die streitige Frage, ob im Falle einer Vertragspflichtverletzung auch für eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 253 Abs. 2 BGB Ersatz des immateriellen Schadens verlangt werden kann (vgl. etwa Fuchs, Deliktsrecht, 7. Aufl. (2009), S. 207; MüKo-BGB/Oetker, 6. Aufl. (2012) § 253 Rn. 27), kann daher offen bleiben.
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aa. Die Beklagte hatte als Arbeitgeberin gegenüber der Klägerin als ihrer Arbeitnehmerin bestimmte Fürsorge- und Schutzpflichten wahrzunehmen. Jeder Vertragspartei erwachsen aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, § 241 Abs. 2 BGB. Dies verbietet auch die Herabwürdigung oder Missachtung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06, aaO). Die Beweislast für das Vorliegen einer Mobbinghandlung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der betroffene Arbeitnehmer (BAG, 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, juris Rn. 88). Die Pflichtverletzung muss ferner für die von der Klägerin geltend gemachten Schäden ursächlich gewesen sein. Hierfür trägt nach allgemeinen Grundsätzen ebenfalls die Klägerin als Anspruchsgläubigerin die Beweislast; dabei kann es ein starkes Indiz für den Kausalzusammenhang sein, wenn in zeitlichem Zusammenhang mit feststehenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei der betroffenen Arbeitnehmerin Erkrankungen auftreten (BAG, 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, juris Rn. 93 – 95).
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bb. Für den Zeitraum bis zur Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 sind der Beklagten weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau Pflichtverletzungen im Sinne eines Mobbings anzulasten (dazu im Folgenden (1)). Das Auftreten der Erkrankung ist unabhängig davon auch nicht ursächlich auf ein Verhalten auf Beklagtenseite rückführbar (dazu unten (2)).
- 56
(1) Die Vorwürfe der Klägerin gegen den Verwaltungsleiter T. sind ohne jede Substanz. Die Klägerin hat insoweit nur vorgetragen, dass sie sich seit dessen Amtsantritt im Jahr 2000 nicht mehr ausreichend anerkannt gefühlt und die Arbeitsatmosphäre als belastend empfunden habe. Auch nachdem das Arbeitsgericht in seinem Urteil auf den fehlenden Sachvortrag in diesem Punkt hingewiesen hat (vgl. dort S. 17), erfolgte im Berufungsrechtszug keine Konkretisierung.
- 57
Der Konflikt der Klägerin mit dem Sachgebietsleiter L., der erst im Januar 2008 seinen Dienst angetreten hat, beschränkte sich bis zur Erkrankung der Klägerin im Wesentlichen auf den Zeitraum vom 14. bis zum 17. Januar 2008 und dabei auf zwei oder drei Gespräche im Zusammenhang mit dem Wegschluss von Personalratsunterlagen. Der gegenüber Herrn L. erhobene Vorwurf erschöpft sich insoweit darin, dass er geschrien („keine Lust auf Kindergarten“) und Disziplinarmaßnahmen angedroht habe. Es kann dahinstehen, wie ein solches Führungsverhalten eines Vorgesetzten zu bewerten ist. Eine Pflichtverletzung, etwa eine Beleidigung oder Schikane, die auf die Verletzung der Würde der Klägerin zielte, liegt darin nicht. Insbesondere konnte der Verschluss von Personalratsunterlagen verlangt werden (vgl. § 10 Abs. 1 PersVG LSA). Damit lässt sich bis zum Zeitpunkt der Erkrankung der Klägerin sowohl im Einzelnen als auch in der gebotenen Gesamtschau ein mobbing-typisches Verhalten auf Seiten der Beklagten nicht feststellen.
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(2) In Ermangelung einer Pflichtverletzung kann dahinstehen, ob durch ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten am 21. Januar 2008 die bei der Klägerin eingetretene Arbeitsunfähigkeit in rechtserheblicher Weise verursacht worden ist. Ungeachtet dessen konnte das Berufungsgericht nicht feststellen, dass überhaupt ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten den Eintritt der Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 in zurechenbarer Weise herbeigeführt hat. Das Verhalten des Sachgebietsleiters L. bis zu diesem Tag kann nicht als adäquate Verursachung der Erkrankung angesehen werden. Es handelte sich um einen sozial üblichen Konflikt, wie er im Arbeitsleben durchaus vorkommt (vgl. BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, juris Rn. 76). Dass er möglicherweise die Erkrankung der Klägerin zur Folge haben würde, war auch aus objektiver Sicht nicht vorhersehbar.
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Auch aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik lässt sich dafür nichts entnehmen. Dagegen finden sich dort Hinweise darauf, dass auf Seiten der Klägerin aufgrund von Umständen, die außerhalb des Verantwortungsbereichs der Beklagten liegen, ein stark eingeschränktes Konfliktbewältigungsvermögen bestand. Danach wurden bei der Klägerin im Rahmen einer „komplexen psychischen Symptomatik“ dysfunktionale Denkmuster, überwiegend negative Emotionalität, Misstrauen und sozialer Rückzug diagnostiziert. Weiter heißt es in dem Bericht, es sei unklar, inwieweit dies Folge jahrelanger belastender Lebenssituationen einschließlich chronischer Schmerzen sei oder bereits vorher bestanden habe. Unstreitig hat die Klägerin in den Jahren 1995, 2001 und 2006 drei Verkehrsunfälle erlitten und dabei zum Teil erhebliche Verletzungen davongetragen, die chronische Schmerzzustände herbeigeführt haben. Als weitere Belastungsfaktoren finden sich im Entlassungsbericht der Hinweis auf die dauernde Einnahme von opioiden Schmerzmitteln (Valoron), die Trennung vom langjährigen Lebenspartner und (nicht näher genannte) Probleme mit der 14jährigen Tochter. Damit steht in Einklang, dass sich die Klägerin bereits mehrfach in ambulanter Psychotherapie befand, zuletzt durchgehend seit dem Jahr 2006. Bei diesem Bild vermag die Kammer nicht festzustellen, dass die Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 durch ein Verhalten auf Beklagtenseite in zurechenbarer Weise ausgelöst worden wäre.
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cc. Auch in der Folgezeit nach der Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 fehlte es sowohl im Einzelnen als auch in der Gesamtschau seit Beginn des Konflikts an Pflichtverletzungen auf Beklagtenseite, die den Vorwurf des Mobbings rechtfertigen (dazu (1)). Unabhängig hiervon konnte nicht festgestellt werden, dass das Verhalten der Beklagten für eine etwaige Verschlimmerung oder Verlängerung der Beeinträchtigung der Gesundheit oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin im Rechtssinne ursächlich war (dazu (2)).
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(1) Die Beklagte durfte zunächst die Herausgabe der Schrankschlüssel und des Diensthandys verlangen. Die Klägerin hatte kein berechtigtes Interesse an dem weiteren Besitz dieser Gegenstände während ihrer Erkrankung. Andererseits hatte die Beklagte den Zugang zu dienstlichen Unterlagen sicher zu stellen, die sich in den verschlossenen Behältnissen befanden, auch wenn diese nur selten gebraucht wurden. Dass die Beklagte ein Schrankschloss bereits gewaltsam geöffnet hat und der Sachgebietsleiter L. die gewaltsame Öffnung weiterer Schränke in dem Telefonat vom 8. Februar 2008 androhte, erscheint zwar drastisch, angesichts der Weigerung der Klägerin, die Schlüssel herauszugeben, aber nicht völlig unverhältnismäßig. Aus der Korrespondenz der Parteien, die auf Seiten der Klägerin bereits seit der ersten Februarhälfte durch einen Rechtsanwalt erfolgte, wird an keiner Stelle deutlich, dass die Klägerin der Beklagten die Herausgabe der Schlüssel zur Abholung angeboten hätte. Das Auswechseln des Türschlosses der Klägerin erscheint in diesem Zusammenhang allerdings unverhältnismäßig. Die Kammer erachtet jedoch diese „Überreaktion“ als Ausfluss aus dem von beiden Seiten zu diesem Zeitpunkt bereits mit Hartnäckigkeit betriebenen Konflikt.
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Die sodann innerhalb von gut drei Monaten von der Beklagten ausgesprochenen sechs Abmahnungen erfolgten ausnahmslos aus sachlichen Gründen, ohne dass damit über die Berechtigung ihrer Aufnahme in die Personalakte entschieden werden müsste. Die beiden Abmahnungen vom 26. Februar 2008 betrafen jeweils dienstliche Verfehlungen der Klägerin. So hatte sie dienstliche Unterlagen nicht unter Verschluss gehalten und Personalratsunterlagen unverschlossen in ihrem Büro zurückgelassen. Ferner hatte die Klägerin sich beleidigend gegenüber ihrem direkten Vorgesetzten L. geäußert („Haben Sie eine Meise oder was?“). Dabei kann dahinstehen, ob dies auf einen Nervenzusammenbruch der Klägerin zurückzuführen ist, da auch unverschuldete Pflichtverletzungen abgemahnt werden können (BAG 12. Januar 1988 – 1 AZR 219/86, DB 1988, 1270; BAG 10. November 1993 – 7 AZR 682/92, BB 1994, 1290).
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Die Abmahnungen vom 20. März 2008 und vom 2. Mai 2008 betreffen im Wesentlichen die Verpflichtung der Klägerin aus § 5 EntFZG zur unverzüglichen Anzeige ihrer Erkrankung und zu deren Nachweis durch ärztliches Attest. Beide Verpflichtungen bestehen auch bei Fortsetzungserkrankungen, jedenfalls wenn diese mit Entgeltzahlungen des Arbeitgebers einhergehen, wie im Falle der Klägerin. Die Mitteilung der Krankenkasse erfolgte zum einen nicht unverzüglich und ersetzte zum anderen nicht den gebotenen Nachweis durch ärztliches Attest.
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Die beiden Abmahnungen vom 6. Mai 2008 und vom 4. Juni 2008 betreffen der Klägerin zur Last gelegte Loyalitätspflichtverletzungen. Im ersten Fall war die Klägerin nach Auffassung der Kammer ohne weiteres gehalten, jeden Hinweis auf die Beklagte als Mobbing-Täter aus dem Flyer des Sportvereins X. über die Bildung einer Mobbing-Selbsthilfegruppe entfernen zu lassen. Die Rechtsmacht hierzu besaß sie als zweite Vorsitzende des Vereins und als persönlich genanntes „Mobbingopfer“ ohne weiteres. Die Interessen der beklagten Verwaltungsgemeinde waren auch ohne deren ausdrückliche Namensnennung berührt, da zu befürchten stand, dass in dem ländlichen Umfeld die Verbindung zwischen der Klägerin und der Beklagten für einen nicht geringen Personenkreis erkennbar war. Die angeblichen Bemerkungen gegenüber dem stellvertretenden Personalratsvorsitzenden P... („Hass, Hass, Hass“ und: „Ich wünsche, dass die Verwaltungsgemeinschaft den Bach runter gehe“) stellen ebenfalls eine erhebliche Loyalitätspflichtverletzung dar. Die Beklagte durfte jedenfalls aufgrund der Versicherung ihres Mitarbeiters P... davon ausgehen, dass die Bemerkung tatsächlich von der Klägerin getätigt worden war. In diesem Zusammenhang kann der Beklagten auch nicht zur Last gelegt werden, dass sie die behauptete Äußerung der Klägerin zum Anlass genommen hat, ein Verfahren zu ihrem Ausschluss aus dem Personalrat beim Verwaltungsgericht einzuleiten.
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Das Ablegen einer Postsendung mit Prüfungsklausuren eines Fortbildungsinstituts vor ihrer Haustür kann die Klägerin der Beklagten nicht vorwerfen. Dem Vortrag der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte oder Vorgesetzte der Klägerin hierfür Verantwortung trügen. Soweit die Klägerin beanstandet, dass die Beklagte entgegen ihrer Bitte Postsendungen weiterhin unmittelbar an sie und nicht an ihren Bevollmächtigten gerichtet habe, liegt darin ebenfalls keine Pflichtverletzung der Beklagten. Zum einen hat die Klägerin erst spät unmissverständlich den Wunsch geäußert, dass derartige Postsendungen auch außerhalb des Mandates ihres Rechtsanwalts ausschließlich an diesen als allgemeinen Zustellungsbevollmächtigten zu richten seien. Zum anderen war die Beklagte auch danach gehalten, Postsendungen an die Klägerin unmittelbar zu richten. Dies gilt insbesondere für die nachfolgend ausgesprochenen Abmahnungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entfalten Abmahnungen regelmäßig erst mit Kenntniserlangung des Arbeitnehmers ihre typische kündigungsrechtliche Wirkung; ein bloßer formeller Zugang, etwa an einen Zustellungsbevollmächtigten, genügt nicht (vgl. HWK/Quecke, Arbeitsrecht Kommentar, 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 200 m. w. N.). Der Klägerin konnte daher die mit der Kenntnisnahme einer Abmahnung verbundene Belastung nicht erspart werden.
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Auch die Aktivitäten der Beklagten im Zusammenhang mit der Feststellung der gegenwärtigen und künftigen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin beinhalten keine Rechtsverletzung oder Schikane. Die Bitte an die Krankenkasse, den MDK um eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit zu ersuchen, hält sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen (vgl. § 275 SGB V und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften). Unstreitig hat sich die Klägerin während ihrer Erkrankung durchaus im Umfeld ihres Sportvereins, insbesondere bei der Betreuung des Spielmannszugs, betätigt, so dass Anlass für die Infragestellung ihrer Arbeitsunfähigkeit bestanden hat. Die Anschreiben an die Klägerin selbst (10. Juni 2008) und ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt (31. Juli 2008) mit der Bitte um Auskunft und ärztliche Bescheinigung beinhalten ebenfalls zulässige Rechtsausübungen der Beklagten, auch wenn sie nicht von dem Gedanken an eine gedeihliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses getragen zu sein scheinen. Ein darin anklingendes Misstrauen gegenüber der ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit erscheint auch vor dem Hintergrund der Freizeitbetätigungen der Klägerin in ihrem Sportverein nachvollziehbar.
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Die geplante Zuweisung eines neuen Büros für die Klägerin, das sich unmittelbar gegenüber dem Büro des Sachgebietsleiters L. befindet (von der Klägerin „Bodenkammer“ benannt), wird von der Beklagten auf „länger geplante Umstrukturierungen“ zurückgeführt. Sie verletzt für sich genommen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass darin eine Maßnahme der Beklagten zu sehen ist, die auf eine stärkere Kontrolle der Klägerin nach ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz gerichtet ist und möglicherweise auch eine Strafkomponente enthält („Bodenkammer“). Entgegen der Auffassung der Klägerin waren mit der geplanten Maßnahme allerdings nicht der Entzug ihrer inhaltlichen Aufgaben und die Übertragung geringerwertiger Tätigkeiten verbunden.
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Etwaige Äußerungen des Verwaltungsleiters T. gegenüber dem Bürgermeister K...., dem Landtagsabgeordneten U., dem Vereinsvorsitzenden R. und dem weiteren Bürgermeister C... (zum Teil streitig) haben die Klägerin ebenfalls nicht in ihren Rechten verletzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Landtagsabgeordnete U. wie auch der Vereinsvorsitzende R. letztlich auf Veranlassung der Klägerin in Kontakt zum Verwaltungsleiter T. getreten sind, der erstgenannte auf Bitten der Klägerin, der zweitgenannte im Zusammenhang mit dem Mobbingflyer, in dem die Klägerin als Mobbingopfer ihres Arbeitgebers dargestellt wurde. In dieser Weise kontaktiert hat der Verwaltungsamtsleiter T. Rechte der Klägerin mit seinen Äußerungen nicht verletzt. Die Nachfrage bei dem Bürgermeister K.... auf nähere persönliche Beziehungen zur Klägerin, die auf die Äußerung eines nicht näher benannten „Leiters der Finanzverwaltung“ zurückgehen soll, ist für sich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die etwaige Äußerung des Herrn T. gegenüber dem Bürgermeister C... erfolgte offenbar auf dessen Nachfrage; wenn Herr T. die Klägerin in diesem Zusammenhang als „unzuverlässig“ bezeichnet hat, mag dies negativ sein. Doch liegt allein darin keine Vertragspflichtverletzung, zumal Herr T., von einem etwaigen künftigen Arbeitgeber befragt, zu wahrheitsgemäßer Äußerung verpflichtet war.
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In der Gesamtbetrachtung mögen einige der Beklagten zurechenbare Handlungen nicht auf eine gedeihliche Zusammenarbeit, sondern eher auf Konfrontation mit der Klägerin ausgerichtet gewesen sein. Eine gezielte Verletzung der Würde der Klägerin kann darin jedoch auch in der Gesamtbetrachtung nicht erkannt werden. Zudem muss die Kammer berücksichtigen, dass zwischen den Parteien ein Konflikt bestand, der von beiden Seiten mit Härte betrieben wurde. In diesem Zusammenhang ist auch die Klägerin durchaus als Akteurin in Erscheinung getreten. Sie hat sich, nachdem sie bereits am 21. Januar 2008 krank geschrieben wurde, alsbald anwaltlichen Beistandes versichert. Gegenüber ihrem unmittelbaren Vorgesetzten hat sie sich am 8. Februar 2008 beleidigend geäußert und am 19. Februar 2008 anwaltlich die Entfernung von seinem Posten gefordert. Anfang März 2008 hat sie in dem Flyer zur Gründung einer Mobbing-Selbsthilfegruppe, in dem sie selbst namentlich benannt war, ihren Arbeitgeber als Mobbing-Täter bezeichnet. Damit hat sie den Konflikt in die Öffentlichkeit getragen. Ferner hat die Klägerin sich nachhaltig geweigert, den Hinweis auf ihren Arbeitgeber aus dem Mobbing-Flyer zu entfernen, obwohl sie hierzu als persönlich benanntes Mobbingopfer und als zweite Vereinsvorsitzende ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt hätte. Bei diesem Gesamtbild erscheint die Klägerin der erkennenden Kammer nicht als ein Opfer von gezieltem Mobbing der Beklagten, sondern als Akteurin innerhalb eines von beiden Parteien nachhaltig und mit Härte betriebenen Konflikts, der Züge eines Machtkampfes trug.
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(2) Die Kammer vermochte ungeachtet des Vorstehenden auch nicht festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten für eine etwaige Verschlimmerung der seit dem 21. Januar 2008 bestehenden Erkrankung in rechtlich zurechenbarer Weise geführt hätte. Der Vortrag der Klägerin zu einer solchen Verschlimmerung durch ein Verhalten der Beklagten ist unsubstantiiert. Auch aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik lassen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine derartige Verschlimmerung entnehmen. Aus der darin enthaltenen Anamnese über den Krankheitsverlauf (unter Ziffer 2 des Berichts, Bl. 440 f. d. A.) ist zu entnehmen, dass es der Klägerin in Folge der Zuspitzung des Konflikts mit dem Sachgebietsleiter L. im Januar 2008 immer schlechter gegangen sei, sie nicht mehr habe essen und schlafen können und nur noch allein sein wollen. Sie habe auch suizidale Ideen gehabt, z. B. mit dem Auto gegen einen Baum zu fahren. Nach einer erneuten Auseinandersetzung sei Frau T. schließlich ab dem 21. Januar 2008 krank geschrieben worden. Hierzu ist bereits oben unter bb. (2) ausgeführt worden, dass sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen lässt, dass eine etwaige Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bis zum 21. Januar 2008 auf ein Verhalten der Beklagten und ihrer Erfüllungsgehilfin zurückzuführen sei. Weiter heißt es in der Anamnese, dass sich die Klägerin gegen sieben Abmahnungen gerichtlich zur Wehr gesetzt habe und auch vor dem Verwaltungsgericht als Personalratsvorsitzende beklagt sei. Im Zuge dieser Entwicklung sei es ihr „weiterhin sehr schlecht ergangen“. Nach der letzten Abmahnung im Juli habe sich eine gewisse Besserung ihres psychischen Befindens eingestellt. Aus dieser Schilderung der Klägerin lässt sich eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes durch Handlungen der Beklagten nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin am 21. Januar 2008 nicht entnehmen. Vielmehr waren nach Angaben der Klägerin bereits vor dem 21. Januar 2008 suizidale Gedanken und starke psychische Beeinträchtigungen aufgetreten. Bereits oben unter bb. (2) war darauf hingewiesen worden, dass sich dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik insoweit Hinweise auf alternative Ursachen entnehmen lassen. Auch wenn die Erkrankung der Klägerin ohne Zweifel stark durch den Konflikt mit der Beklagten veranlasst und getragen wurde, folgt daraus nicht, dass dies von der Beklagten adäquat kausal herbeigeführt worden wäre. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass sich die Erkrankung der Klägerin offenbar speziell auf eine Tätigkeit in ihrem bisherigen beruflichen Umfeld bezog. So hat die Klägerin – neben ihrer Freizeitbetätigung im Sportverein – nach Beendigung ihrer Erkrankung am 31. März 2009 nahtlos am Folgetag die Stellung einer Amtsleiterin in einer benachbarten Gemeinde angetreten. Bereits vor der Kur war ihr laut dem Reha-Entlassungsbericht im Rahmen ihrer ambulanten Psychotherapie klar geworden, dass sie das Arbeitsverhältnis zur Beklagten nicht fortsetzen werde. Nach alledem vermochte die Kammer nicht festzustellen, dass ein Verhalten auf Beklagtenseite die Erkrankung der Klägerin am 21. Januar 2008 oder eine nachfolgend eingetretene etwaige Verschlimmerung in zurechenbarer Weise verursacht hätte.
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b. Die geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz des immateriellen Schadens (Schmerzensgeld und Entschädigung) lassen sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB herleiten.
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§ 823 Abs. 1 BGB begründet einen Schadensersatzanspruch ua. bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen widerrechtlichen Verletzung der Gesundheit. Liegen, wie dargestellt, keine gegen die arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten des § 241 Abs. 2 BGB verstoßenden Handlungen der Beklagten vor, fehlt es erst recht auch an unerlaubten Handlungen iSd. § 823 Abs. 1 BGB, durch welche die Klägerin in ihrer Gesundheit verletzt worden sein könnte. Zudem kann eine adäquate, nämlich vorhersehbare und damit zurechenbare Verursachung der Gesundheitsbeeinträchtigungen durch etwaige unerlaubte Handlungen auf Beklagtenseite nicht festgestellt werden. Auf das oben unter I 2 a Ausgeführte wird Bezug genommen.
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Noch viel weniger liegen die Voraussetzungen vor, unter denen die Rechtsprechung eine Entschädigungspflicht wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts annimmt. § 823 Abs. 1 BGB begründet Schadensersatzanspruch auch bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen widerrechtlichen Verletzung eines „sonstigen Rechtes“. Hierzu zählt auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht iSv. Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG (vgl. etwa BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06, aaO). Ein Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht iSv. § 823 Abs. 1 BGB kommt in Betracht, wenn eine abschließende gesetzliche Regelung insoweit fehlt und sonst eine Verletzung der Würde und Ehre eines Menschen weitgehend sanktionslos bliebe (BVerfG 14. Februar 1973 – 1 BvR 112/65BVerfGE 34, 269 (292) – Soraya). Ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung ist nur dann zuzubilligen ist, wenn die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BVerfG 23. September 2009 – 1 BvR 1681/09, 1 BvR 1742/09, juris). Eine solche Verletzung muss eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Ihre Rechtswidrigkeit muss anhand einer Abwägung von Gütern und Interessen der Beteiligten festgestellt werden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden (vgl. etwa BGH 20. Dezember 2011 – VI ZR 262/10, juris). Anders als das Schmerzensgeld zielt der Schutz auf eine Genugtuung des Opfers sowie auch auf Abschreckung (BGH 5. Oktober 2004 – VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298).
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Es ist bereits fraglich, ob hier ein Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts überhaupt behauptet wird, der über den Gesundheitsschutz hinausginge. Eine Verletzung des Ehrschutzes der Klägerin oder ihre Herabwürdigung ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Deren Rechtswidrigkeit dürften zudem berechtigte Interessen der Beklagten entgegenstehen. Jedenfalls steht der Klägerin insoweit weitgehend ein anderweitiger Rechtsschutz mit der Klage auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte zur Verfügung. Ungeachtet dessen gilt auch hier, dass sich eine Rechtsgutverletzung der Klägerin, die durch ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten adäquat kausal verursacht worden ist, nicht feststellen lässt (vgl. oben I. 2. a.).
- 75
c. Auch für die Verletzung eines Schutzgesetzes iSd. § 823 Abs. 2 BGB durch die Beklagte sind Anhaltspunkte weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst erkennbar. Das Gleiche gilt für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung iSv. § 826 BGB. Für beide Anspruchsgrundlagen fehlt es zudem wiederum an der erforderlichen Ursächlichkeit etwaiger unerlaubter Handlungen auf Beklagtenseite für die Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin.
- 76
II. Damit ist ohne weiteres zugleich auch das Feststellungsbegehren (Antrag zu 3) unbegründet; dieses ist allerdings zudem bereits unzulässig. Der Antrag ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, soweit die Klägerin darin eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der „beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses erfolgten systematischen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihrer Gesundheit” zur Feststellung beantragt. Damit wird die Schädigungshandlung zumindest zeitlich nicht hinreichend präzise bestimmt, um Grundlage für einen künftigen Schadensersatzprozess zu bilden. Ein Feststellungsantrag dieser Art dient zum einen der Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Daneben bietet er den Vorteil, den Grund des Schadensersatzanspruches außer Streit zu stellen und im Falle späterer Folgeschäden nur noch den Ursachenzusammenhang mit dem Schadensereignis und die Schadenshöhe nachweisen zu müssen. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrages festzusetzen. Soll ein späterer Rechtsstreit über den Grund des Schadensersatzanspruches vermieden werden, muss dieser hinreichend klar aus dem Feststellungsantrag hervorgehen (vgl. BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06, juris Rn. 126-128). Jedenfalls die zeitliche Eingrenzung „beim Vollzug des Arbeitsverhältnisses“, das immerhin von 1991 bis 2009 währte, erfüllt diese Anforderungen nicht.
- 77
III. Die Kostenentscheidung ist korrigierend dahin klarzustellen, dass sie die Kosten des Berufungsrechtszugs betrifft (die erstinstanzliche Kostenentscheidung ist allerdings identisch). Mit dieser Maßgabe berücksichtigt sie, dass die Berufung der Klägerin ohne Erfolg geblieben ist, § 97 ZPO. Daneben war – als einheitliche so genannte „Kostenmischentscheidung“ – über die Kosten für den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Berufungsverfahrens (Anschlussberufung der Beklagten) zu befinden. Insoweit waren gemäß § 91a ZPO die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen der Beklagten aufzuerlegen, woraus sich die schon vom Arbeitsgericht zutreffend ermittelte Kostenquote ergibt.
- 78
Ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses (Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte) hätte die Klägerin insoweit aller Voraussicht nach mit dem darauf gerichteten Klageantrag obsiegt. Die Beklagte entnimmt nach eigener Darstellung Abmahnungen regelmäßig nach Ablauf von zwei Jahren aus der Personalakte. Dies praktiziert sie, wie der Fall zeigt, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. So hat die Beklagte alle sechs Abmahnungen aus der Personalakte entfernt, nachdem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststand. Sie tat dies zumindest in Bezug auf die ersten drei Abmahnungen ohne gerichtliche Veranlassung. Es ist kein Grund erkennbar, warum die Beklagte in Bezug auf die letzten drei Abmahnungen anders verfahren sollte. Der Anspruch resultiert hier schon aus der geübten Verwaltungspraxis unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Dem Entfernungsbegehren nach beendetem Arbeitsverhältnis kann im öffentlichen Dienst auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden. Selbst wenn die Beklagte derzeit keine Personalakten an andere Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes herausgibt, bleibt doch die abstrakte Gefahr, dass sie dies künftig tun könnte, wie andere Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes auch.
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IV. Gründe für die Zulassung der Revision i. S. v. § 72 Abs. 2 ArbGG oder der Rechtsbeschwerde hinsichtlich der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO bestanden nicht.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Aug. 2012 - 7 Sa 348/10
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Aug. 2012 - 7 Sa 348/10 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.
(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,
- 1.
bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, - 2.
zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe, insbesondere zur Koordinierung der Leistungen nach den §§ 14 bis 24 des Neunten Buches, im Benehmen mit dem behandelnden Arzt, - 3.
bei Arbeitsunfähigkeit - a)
zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder - b)
zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
(1a) Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe b sind insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen
- a)
Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder - b)
die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.
(1b) Die Krankenkassen dürfen für den Zweck der Feststellung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, im jeweils erforderlichen Umfang grundsätzlich nur die bereits nach § 284 Absatz 1 rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten verarbeiten. Sollte die Verarbeitung bereits bei den Krankenkassen vorhandener Daten für den Zweck nach Satz 1 nicht ausreichen, dürfen die Krankenkassen abweichend von Satz 1 zu dem dort bezeichneten Zweck bei den Versicherten nur folgende versichertenbezogene Angaben im jeweils erforderlichen Umfang erheben und verarbeiten:
- 1.
Angaben dazu, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Wiederaufnahme der Arbeit voraussichtlich erfolgt, und - 2.
Angaben zu konkret bevorstehenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen.
- 1.
zur Konkretisierung der auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgeführten Diagnosen, - 2.
zur Kenntnis von weiteren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die in Bezug auf die die Arbeitsunfähigkeit auslösenden Diagnosen vorgesehenen sind, - 3.
zur Ermittlung von Art und Umfang der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Beschäftigung oder - 4.
bei Leistungsempfängern nach dem Dritten Buch zur Feststellung des zeitlichen Umfangs, für den diese Versicherten zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen.
(1c) (weggefallen)
(2) Die Krankenkassen haben durch den Medizinischen Dienst prüfen zu lassen
- 1.
die Notwendigkeit der Leistungen nach den §§ 23, 24, 40 und 41, mit Ausnahme von Verordnungen nach § 40 Absatz 3 Satz 2, unter Zugrundelegung eines ärztlichen Behandlungsplans in Stichproben vor Bewilligung und regelmäßig bei beantragter Verlängerung; der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regelt in Richtlinien den Umfang und die Auswahl der Stichprobe und kann Ausnahmen zulassen, wenn Prüfungen nach Indikation und Personenkreis nicht notwendig erscheinen; dies gilt insbesondere für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Anschluß an eine Krankenhausbehandlung (Anschlußheilbehandlung), - 2.
bei Kostenübernahme einer Behandlung im Ausland, ob die Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist (§ 18), - 3.
ob und für welchen Zeitraum häusliche Krankenpflege länger als vier Wochen erforderlich ist (§ 37 Abs. 1), - 4.
ob Versorgung mit Zahnersatz aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist (§ 27 Abs. 2), - 5.
den Anspruch auf Leistungen der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c Absatz 2 Satz 1.
(3) Die Krankenkassen können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen
- 1.
vor Bewilligung eines Hilfsmittels, ob das Hilfsmittel erforderlich ist (§ 33); der Medizinische Dienst hat hierbei den Versicherten zu beraten; er hat mit den Orthopädischen Versorgungsstellen zusammenzuarbeiten, - 2.
bei Dialysebehandlung, welche Form der ambulanten Dialysebehandlung unter Berücksichtigung des Einzelfalls notwendig und wirtschaftlich ist, - 3.
die Evaluation durchgeführter Hilfsmittelversorgungen, - 4.
ob Versicherten bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern ein Schaden entstanden ist (§ 66).
(3a) Ergeben sich bei der Auswertung der Unterlagen über die Zuordnung von Patienten zu den Behandlungsbereichen nach § 4 der Psychiatrie-Personalverordnung in vergleichbaren Gruppen Abweichungen, so können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen die Zuordnungen durch den Medizinischen Dienst überprüfen lassen; das zu übermittelnde Ergebnis der Überprüfung darf keine Sozialdaten enthalten.
(3b) Hat in den Fällen des Absatzes 3 die Krankenkasse den Leistungsantrag des Versicherten ohne vorherige Prüfung durch den Medizinischen Dienst wegen fehlender medizinischer Erforderlichkeit abgelehnt, hat sie vor dem Erlass eines Widerspruchsbescheids eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen.
(3c) Lehnt die Krankenkasse einen Leistungsantrag einer oder eines Versicherten ab und liegt dieser Ablehnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes nach den Absätzen 1 bis 3 zugrunde, ist die Krankenkasse verpflichtet, in ihrem Bescheid der oder dem Versicherten das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form mitzuteilen sowie auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich bei Beschwerden vertraulich an die Ombudsperson nach § 278 Absatz 3 zu wenden.
(4) Die Krankenkassen und ihre Verbände sollen bei der Erfüllung anderer als der in Absatz 1 bis 3 genannten Aufgaben im notwendigen Umfang den Medizinischen Dienst oder andere Gutachterdienste zu Rate ziehen, insbesondere für allgemeine medizinische Fragen der gesundheitlichen Versorgung und Beratung der Versicherten, für Fragen der Qualitätssicherung, für Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern und für Beratungen der gemeinsamen Ausschüsse von Ärzten und Krankenkassen, insbesondere der Prüfungsausschüsse. Der Medizinische Dienst führt die Aufgaben nach § 116b Absatz 2 durch, wenn der erweiterte Landesausschuss ihn hiermit nach § 116b Absatz 3 Satz 8 ganz oder teilweise beauftragt.
(4a) Soweit die Erfüllung der sonstigen dem Medizinischen Dienst obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann er Beamte nach den §§ 44 bis 49 des Bundesbeamtengesetzes ärztlich untersuchen und ärztliche Gutachten fertigen. Die hierdurch entstehenden Kosten sind von der Behörde, die den Auftrag erteilt hat, zu erstatten. § 280 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Medizinische Dienst Bund und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vereinbaren unter Beteiligung der Medizinischen Dienste, die ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Durchführung von Untersuchungen und zur Fertigung von Gutachten nach Satz 1 erklärt haben, das Nähere über das Verfahren und die Höhe der Kostenerstattung. Die Medizinischen Dienste legen die Vereinbarung ihrer Aufsichtsbehörde vor, die der Vereinbarung innerhalb von drei Monaten nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der sonstigen Aufgaben des Medizinischen Dienstes gefährdet wäre.
(4b) Soweit die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann der Medizinische Dienst Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Ersuchen insbesondere einer für die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zuständigen Einrichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, eines zugelassenen Krankenhauses im Sinne des § 108, eines nach § 95 Absatz 1 Satz 1 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers sowie eines Trägers einer zugelassenen Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 des Elften Buches befristet eine unterstützende Tätigkeit bei diesen Behörden, Einrichtungen oder Leistungserbringern zuweisen. Die hierdurch dem Medizinischen Dienst entstehenden Personal- und Sachkosten sind von der Behörde, der Einrichtung, dem Einrichtungsträger oder dem Leistungserbringer, die oder der die Unterstützung erbeten hat, zu erstatten. Das Nähere über den Umfang der Unterstützungsleistung sowie zu Verfahren und Höhe der Kostenerstattung vereinbaren der Medizinische Dienst und die um Unterstützung bittende Behörde oder Einrichtung oder der um Unterstützung bittende Einrichtungsträger oder Leistungserbringer. Eine Verwendung von Umlagemitteln nach § 280 Absatz 1 Satz 1 zur Finanzierung der Unterstützung nach Satz 1 ist auszuschließen. Der Medizinische Dienst legt die Zuweisungsverfügung seiner Aufsichtsbehörde vor, die dieser innerhalb einer Woche nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben beeinträchtigt wäre.
(5) Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer fachlichen Aufgaben nur ihrem Gewissen unterworfen. Sie sind nicht berechtigt, in die Behandlung und pflegerische Versorgung der Versicherten einzugreifen.
(6) Jede fallabschließende gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist in schriftlicher oder elektronischer Form zu verfassen und muss zumindest eine kurze Darlegung der Fragestellung und des Sachverhalts, das Ergebnis der Begutachtung und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis umfassen.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist pädagogische Leiterin und eines von mehreren Vorstandsmitgliedern des eingetragenen Vereins S., der in H. "Kinderhäuser" sowie "Babyklappen" betreibt. Ihr Ehemann Dr. J. M. ist geschäftsführender Vorstand des Vereins. In den 1970er/1980er Jahren gehörte die Klägerin zunächst der AG Frauen, sodann dem leitenden Gremium und der so genannten Frauenleitung des Kommunistischen Bundes an.
- 2
- Ab dem 24. Juli 2009 veröffentlichte die Beklagte auf der von ihr betriebenen Internetseite www.spiegel.de den Artikel "H.er Babyklappenstreit - Das lukrative Geschäft mit den Kindern". Dieser befasste sich mit Vorwürfen der H.er Sozialbehörde, vom Verein S. über den Verbleib von Findelkindern nicht ausreichend informiert zu werden.
- 3
- In dem Artikel heißt es, das weitgehend unbeachtete Dasein des Vereins S. habe sich erst 1999 geändert, als der Geschäftsführer J. M. das Projekt Findelbaby erfunden habe; plötzlich habe sich auch die High Society der …metropolefür den einstigen Kommunisten M. erwärmt. Nach einer Schilde- rung von Einzelheiten der Auseinandersetzung zwischen dem Verein und der Sozialbehörde lautet der Artikel weiter: "Er und seine Ehefrau H. K. gehörten dem Kommunistischen Bund an." M. war für die Umsetzung der "Kinderpolitik" mitverantwortlich, "K. machte Frauenpolitik." 1976 hätten die Eheleute in H.-A. das Kinderhaus H.-straße gegründet, dessen Leiterin die Klägerin geworden sei. Die Einrichtung sei von konservativen Kreisen als linker Kinderladen und Kaderschmiede kommunistischer Sektierer geschmäht worden. Die Stadt habe die üblichen Zuschüsse verweigert und sei von einem Gericht zur Nachzahlung für mehrere Jahre verpflichtet worden. Das Geld habe M. zwischen den mittlerweile verfeindeten Vereinsmitgliedern aufgeteilt und S. gegründet.
- 4
- Das Landgericht hat die Beklagte u.a. verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß im Zusammenhang mit der Klägerin zu äußern oder zu verbreiten, "Der Kampf ist ein Teil von M.s Leben. Er und seine Ehefrau H.K. gehörten dem Kommunistischen Bund an. M. war für die Umsetzung der "Kinderpolitik" mitverantwortlich. K. machte Frauenpolitik." Zudem wurde die Beklagte zur Freistellung der Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich der zitierten Textpassage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin hinsichtlich der vom Berufungsgericht abgewiesenen Textpassage ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu. Die Äußerungen, die Klägerin habe dem Kommunistischen Bund angehört und sei dort mitverantwortlich für die Frauenpolitik gewesen, stellten wahre Tatsachenbehauptungen dar. Diese Äußerungen seien rechtmäßig. Sie beträfen die Sozialsphäre der Klägerin, weil diese bei ihrer politischen Betätigung von Menschen habe wahrgenommen werden können, zu denen keine rein persönlichen Beziehungen bestanden hätten. Die Klägerin habe weder substantiiert vorgetragen, dass sie eine bloße "Quotenfrau" gewesen sei, noch sei dies im Hinblick auf die ausgeübten Funktionen und Aktivitäten nachvollziehbar.
- 6
- Die beanstandeten Äußerungen entfalteten auch keine Prangerwirkung. Zu schwerwiegenden Auswirkungen auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung der Klägerin fehle es an konkretem Vortrag. Ein öffentliches Informationsinteresse ergebe sich aus der öffentlichen Diskussion um die von dem Verein S. betriebenen Babyklappen und das finanzielle Gebaren des Vereins. In diesem Zusammenhang würden der Werdegang der Klägerin und deren heutige Tätigkeit sowie die Aufgabenfelder des Vereins aus der Vergangenheit heraus erklärt.
II.
- 7
- Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
- 8
- 1. Von der Revision nicht beanstandet sieht das Berufungsgericht die Äußerungen, die Klägerin habe dem Kommunistischen Bund angehört und dort Frauenpolitik gemacht, ohne Rechtsfehler als wahre Tatsachenbehauptungen an.
- 9
- 2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Klägerin sei durch die angegriffene Textpassage nicht in rechtswidriger Weise in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, weswegen ihr diesbezüglich kein Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG gegen die Beklagte zustehe.
- 10
- a) Zutreffend hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeit und Achtung ihres Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 99, 185, 196 - Scientology; 101, 361, 388 - Caroline von Monaco II; 114, 339, 348 - Manfred Stolpe; 120, 180, 199 ff. - Caroline von Monaco IV; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 61 mwN; Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523 mwN; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12 - Gen-Milch; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; EGMR, AfP 1999, 251, 252). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
- 11
- b) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass als Abwägungskriterium auf Seiten des Persönlichkeitsschutzes die abgestufte Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 30; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, VersR 1987, 778, 779 - BND-Interna; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434). Danach genießen besonders hohen Schutz die so genannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten , die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO; BVerfGE 65, 1, 41 ff. - Volkszählung; 78, 77, 84).
- 12
- Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktio- nen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO, Rn. 31; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25). Bei der von der Klägerin in Anspruch genommenen Privatsphäre ist als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts u.a. das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten anerkannt. Dieses Recht stellt sich als die Befugnis des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden , ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten bzw. Lebenssachverhalte in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. BVerfGE 65, 1, 41 ff. - Vokszählung; 72, 155, 170; 78, 77, 84; 80, 367, 373). Auch dieses Recht ist aber nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten; denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Deshalb muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff. - Volkszählung; 78, 77, 85 ff.; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, aaO; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO, Rn. 30).
- 13
c) Im Streitfall sind die beanstandeten Äußerungen entgegen der Auffassung der Revision der Sozialsphäre der Klägerin und nicht ihrer Privatsphäre zuzuordnen.
- 14
- aa) Die Sozialsphäre betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht, so insbesondere das berufliche und politische Wirken des Individuums (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1109, 1110; Senatsurteile vom 20. Januar 1981 - VI ZR 162/79, BGHZ 80, 25, 35 - Der Aufmacher I; vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 308/03, BGHZ 161, 266, 268; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06, BGHZ 177, 119 Rn. 17 ff.; vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, VersR 2007, 511 Rn. 12; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I ZR 216/92, AfP 1995, 404, 407 - Dubioses Geschäftsgebaren ). Demgegenüber umfasst die Privatsphäre sowohl in räumlicher als auch in thematischer Hinsicht den Bereich, zu dem andere grundsätzlich nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird; dies betrifft in thematischer Hinsicht Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen in der Umwelt auslöst (vgl. BVerfGE 101, 361, 382 - Caroline von Monaco II; BVerfG, NJW 2000, 2193; NJW 2000, 2194, 2195; Senatsurteile vom 26. Januar 1965 - VI ZR 204/63, JZ 1965, 411, 413 - Gretna Green; vom 19. Dezember 1978 - VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120, 122 - Telefongespräch; vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79, VersR 1981, 384, 385 - Der Aufmacher II; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85, aaO - BND-Interna; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 523 f.; Wanckel in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, § 19 Rn. 5 ff.; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 54 ff.). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme kann dort entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; denn niemand kann sich auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 - Caroline von Monaco II; Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524 und - VI ZR 404/02, VersR 2004, 525, 526; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, VersR 2005, 84, 85; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, VersR 2007, 249 Rn. 21).
- 15
- bb) Nach diesen Grundsätzen unterfällt die beanstandete Berichterstattung , insbesondere ihre zentrale Aussage der Zugehörigkeit der Klägerin zum Kommunistischen Bund, der Sozialsphäre.
- 16
- (1) Dem Beitritt zu einem Verein, einer politischen Partei oder einer anderen (etwa politischen oder religiösen) Gruppierung kommt ebenso wie dem bloßen Bestehen einer Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung grundsätzlich keine Publizität zu. Vielmehr beschränkt sich die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Daten eines Mitglieds auf die Mitgliederverwaltung (so CDUBundesparteigericht , NVwZ 1993, 1127, 1128) und nach verbreiteter Ansicht auf die übrigen Mitglieder (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1991 - 1 BvR 185/91, juris Rn. 3; BGH, Beschlüsse vom 21. Juni 2010 - II ZR 219/09, WM 2010, 2360 Rn. 4 ff. und vom 25. Oktober 2010 - II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399; OLG München, Urteil vom 15. November 1990 - 19 U 3483/90, juris Rn. 6 ff.; BayVGH, Beschluss vom 5. Oktober 1998 - 21 ZE 98.2707, 21 CE 921 CE 98.2707, juris Rn. 13; OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677 f.; OLG Hamburg, NZG 2010, 317 f.; LG Berlin, K&R 2010, 140; Klein in Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 330 (Stand: März 2001); Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl., Rn. 2757; Waldner/Wörle-Himmel in Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl., Rn. 336). Soweit ein Mitglied lediglich eine pas- sive Zugehörigkeit anstrebt und sich nach außen hin nicht offen zur Mitgliedschaft bekennen will, ist dies zu respektieren (vgl. CDU-Bundesparteigericht, aaO; Klein in Maunz/Dürig, aaO); denn zu der in Art. 9 Abs. 1 GG grundrechtlich verbürgten Vereinsfreiheit gehört auch die freie Entscheidung, ob die Mitglieder als solche in die Öffentlichkeit treten wollen, ebenso wie das Mitglied seine Vereinszugehörigkeit verschweigen darf (vgl. Merten in Isensee/Kirchhof, aaO). Dementsprechend ist die Mitgliedschaft in einer weltanschaulichreligiösen Gemeinschaft jedenfalls dann der Privatsphäre zugeordnet worden, wenn der Betroffene mit seiner Mitgliedschaft und den Lehren der Vereinigung nicht von sich aus in die Öffentlichkeit getreten ist (vgl. BVerfG, NJW 1990, 1980; NJW 1997, 2669, 2670).
- 17
- (2) Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe sich im öffentlichen Raum nicht für den Kommunistischen Bund eingesetzt und sei nach außen nicht für diesen in Erscheinung getreten; niemand habe damals seinen Beitritt zum Kommunistischen Bund öffentlich kundgetan. Im Streitfall ergibt sich aber die Zuordnung zur Sozialsphäre daraus, dass die Klägerin der AG Frauen, dem leitenden Gremium und der so genannten Frauenleitung des Kommunistischen Bundes angehörte. Die Funktionen eines leitenden Gremiums und der Frauenleitung sind in einer politischen Gruppierung, die naturgemäß darauf ausgerichtet ist, ihre Ziele im politischen Raum durchzusetzen und Anhänger für ihre Überzeugung zu gewinnen, notwendigerweise auf Außenwirkung angelegt. Es reicht mithin für die Zuordnung zur Sozialsphäre aus, dass die Klägerin aufgrund dieser Funktionen für die Frauenpolitik des Kommunistischen Bundes mitverantwortlich war, ohne dass es darauf ankommt, ob sie selbst öffentlichkeitswirksam aufgetreten ist. Die Bewertung ihrer Zugehörigkeit zum Kommunistischen Bund knüpft an die Funktionen an, welche die Klägerin in den 1970er/1980er-Jahren ausübte, also in einer Zeit, in der sie mit ihrem Ehemann auch das in dem Bericht angesprochene Kinderhaus H.- straße gegründet hatte.
- 18
- d) Der Eingriff in die Sozialsphäre der Klägerin durch die beanstandete Berichterstattung ist nicht rechtswidrig, weil ihr Schutzinteresse die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht überwiegt. Dies ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin und dem gemäß Art. 5 Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht der Beklagten auf Äußerungs- und Pressefreiheit. Danach muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff. - Volkszählung; 78, 77, 85 ff.; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, aaO; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO, 524; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO). Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Auch bei wahren Aussagen können zwar ausnahmsweise Persönlichkeitsbelange überwiegen und die Meinungsfreiheit in den Hintergrund drängen. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen aber nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, aaO, Rn. 21; BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25).
- 19
- Aktueller Berichterstattungsanlass für den streitgegenständlichen Internetartikel waren Vorwürfe der H.er Sozialbehörde, vom Verein über den Verbleib von Findelkindern nicht ausreichend informiert zu werden. In diesem Zusammenhang wurde darüber berichtet, dass der Ehemann der Klägerin und sie früher dem Kommunistischen Bund angehörten, der Ehemann für dessen Kinderpolitik mitverantwortlich gewesen sei und die Klägerin der Frauenleitung angehört habe. Beide hätten 1976 in H.-A. das Kinderhaus H.-straße gegründet, dessen Leiterin die Klägerin geworden sei, eine Einrichtung, die von konservativen Kreisen als linker Kinderladen und Kaderschmiede kommunistischer Sektierer geschmäht worden sei. Auch wenn diese Vorgänge längere Zeit zurückliegen , ist insoweit ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Gesamtkontext des Artikels gegeben. In diesem wird nämlich auch darüber berichtet , dass der Verein S. rund tausend Kinder, überwiegend in Villen in bester Lage, betreut und sich nach Erfindung des Projekts "Findelbaby" auch die High Society der E.-metropole für den einstigen Kommunisten M. erwärmt habe. In diesem Zusammenhang sind auch die frühere Zugehörigkeit der Klägerin zur Frauenleitung des Kommunistischen Bundes und die Leitung des 1976 gegründeten Kinderhauses sowie dessen Bewertung durch Teile der Bevölkerung von öffentlichem Interesse. Denn in dem Artikel wird die frühere Überzeugung der Klägerin gegenüber gestellt ihrem heutigen Wirken als pädagogische Leiterin in der Kinderbetreuung in von dem Verein S. erworbenen Villen in bester Lage.
- 20
- Gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit muss der Persönlichkeitsschutz der Klägerin zurücktreten. Diese hat keine schwerwiegenden Auswirkungen auf ihr Persönlichkeitsrecht oder ihr entstandene konkrete Nachteile beruflicher Art vorgetragen, die durch die Berichterstattung entstanden wären. Alleine der Umstand, dass sie wegen der Veröffentlichung möglicherweise im Hinblick auf ihre kommunistische Vergangenheit Anfeindungen Andersdenkender ausgesetzt sein und Nachteile beruflicher Art erleiden kann, ist nicht so schwerwiegend, dass er die Äußerungs- und Pressefreiheit der Beklagten in den Hintergrund drängen könnte, zumal aus dem Artikel hervorgeht, dass die Zugehörigkeit zum Kommunistischen Bund lange zurückliegt. Eine Stigmatisierung , soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung sind wegen des Hinweises auf die Vergangenheit der Klägerin nicht zu besorgen.
- 21
- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
LG Berlin, Entscheidung vom 17.12.2009 - 27 O 967/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.08.2010 - 10 U 10/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung für Bildveröffentlichungen in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschriften "die aktuelle" und "die zwei". In der Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 10. Juli 2000 veröffentlichte sie in diesen Zeitschriften neun Artikel, die jeweils ohne Zustimmung der Eltern, Prinzessin Caroline von Hannover und Prinz Ernst August von Hannover, mit Bildern der im Sommer 1999 geborenen Klägerin illustriert wurden. Unter anderem handelte es sich dabei um einen im August 1999 veröffentlichten Artikel, der unter der Schlagzeile "Caroline. Die ersten Fotos. Das heimliche Babyglück" auf der Titelseite und im Innenteil des Heftes Fotos enthielt, die heimlich aus großer Ent-fernung auf einem Anwesen der Eltern der Klägerin aufgenommen worden waren. Im Juli 2000 veröffentlichte die Beklagte auf der gesamten Titelseite unter der Schlagzeile "Caroline & Ernst August Scheidung?" ein Foto, welches die Klägerin nach dem Schwimmen mit Schwimmflügeln in ein Handtuch gewickelt auf dem Arm ihrer Mutter zeigte. Auf den Innenseiten folgten sechs weitere Fotos der Klägerin, die sie gleichfalls beim Baden mit ihren Eltern zeigten. Die Beklagte gab nach jeweils zeitnaher Abmahnung - teilweise unter dem Druck entsprechender einstweiliger Verfügungen - jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab. Unter anderem wegen zwei der hier streitgegenständlichen Veröffentlichungen, darunter den im August 1999 veröffentlichten Fotos, wurde sie zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 125.000 DM an die Mutter der Klägerin verurteilt. Die Klägerin selbst hat u.a. wegen der Veröffentlichung dieser Fotos gegenüber zwei anderen Verlagen Geldentschädigungen erstritten. Das Landgericht hat der auf Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 300.000 DM gerichteten Klage in Höhe von 150.000 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe gegen die Beklagte wegen der durch die Veröffentlichungen erfolgten wiederholten Eingriffe in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1BGB, Art. 1 und Art. 2 GG zu. In Bezug auf sämtliche beanstandeten Fotos könne sich die Beklagte nicht auf die Abbildungsfreiheit gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, wobei im Ergebnis dahinstehen könne, ob die Klägerin als relative Person der Zeitgeschichte im Sinne der Vorschrift zu behandeln sei, nur weil ihre Mutter eine absolute Person der Zeitgeschichte sei. Selbst dann wäre im Rahmen der nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmenden Abwägung zu beachten , daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin Vorrang genieße, zumal bei Minderjährigen wegen der sich erst entfaltenden Persönlichkeit und der Schutzbedürftigkeit ihres Entwicklungsprozesses regelmäßig ein strengerer Maßstab an die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen anzulegen sei. Sowohl die Veröffentlichung der heimlich aufgenommenen Fotos im August 1999 als auch die im Juli 2000 beeinträchtige das Persönlichkeitsrecht der Klägerin so schwerwiegend, daß eine Geldentschädigung erforderlich sei. Die weiteren Veröffentlichungen zeigten zwar heimlich, jedoch an öffentlich zugänglichen Orten entstandene Fotos, die für sich genommen keine Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertigten, aber doch zeigten, mit welcher Hartnäckigkeit die Beklagte unerlaubt Fotos der Klägerin veröffentliche. Bei der Höhe der Geldentschädigung könne deren Genugtuungsfunktion auch bei einem Kleinkind nicht völlig außer Acht bleiben, weil die Veröffentlichungen geeignet gewesen seien, die Eltern-Kind-Beziehung zu stören und dabei unmittelbar auf die Lebensbedingungen der Klägerin negativen Einfluß zu nehmen. In erster Linie aber rechtfertige sich die Höhe der Entschädigung aufgrund ihrer spezialpräventiven Wirkung. Wegen der gesteigerten Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes bei einem Minderjährigen müsse in derartigen Fällen eine Geldentschädigung für den Schädiger fühlbar sein und der Berichter-
stattung den wirtschaftlichen Vorteil nehmen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Mutter der Klägerin ihrerseits bereits eine Geldentschädigung erstritten habe. In jenem Verfahren sei es um das Persönlichkeitsrecht der Mutter gegangen , vorliegend gehe es aber um das Persönlichkeitsrecht der Klägerin selbst. Daß die Beklagte nunmehr nur noch solche Fotos veröffentlichen wolle, die die Klägerin in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeigten, stehe angesichts ihrer bisherigen Hartnäckigkeit der zugesprochenen Geldentschädigung nicht entgegen. Deren Herabsetzung sei auch nicht wegen der von der Klägerin bereits gegen andere Verlage erstrittenen Entschädigungen geboten, weil diese Veröffentlichungen eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellten. Für die Höhe der Geldentschädigung sei auch die Wirtschaftsmacht der hinter der Beklagten stehenden Gruppe von Bedeutung. Diese gebe 500 Printmedien in verschiedenen europäischen Ländern heraus, darunter über 4 Millionen Exemplare einer Tageszeitung und verfüge über Umsatzrenditen in zweistelliger Prozenthöhe.
II.
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Revision macht geltend, der Zubilligung einer Geldentschädigung an die Klägerin stehe das Grundrecht der Beklagten aus Art. 103 Abs. 3 GG entgegen, nicht wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft zu werden. Es sei ein Strafklageverbrauch eingetreten, weil sechs der neun Bildveröffentlichungen bereits in anderen Verfahren mit einer Geldentschädigung geahndet worden seien.Entgegen dem Ansatz der Revision handelt es sich bei der Zubilligung einer Geldentschädigung jedoch nicht um eine Strafe im Sinne des Art. 103 GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof sehen den Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts vielmehr als ein Recht an, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Demgemäß wird der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG hergeleitet (vgl. BVerfGE 34, 269, 292 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226; Senatsurteile BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340 und vom 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94 – VersR 1996, 341, 342; so auch BGHZ 143, 214, 218 f.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteile, BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 – aaO und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Auch unter Berücksichtigung kritischer Stimmen in der Literatur, die teilweise geltend machen, daß der Präventionszweck als Mittel der Verhaltenssteuerung ein pönales Element darstelle, und die deshalb die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um eine Norm mit Strafcharakter handele (vgl. Deutsch, Anm. zum Urteil des Senats vom 5. Dezember 1995, LM § 823 (Ah) Nr. 122; Gounalakis, AfP 1998, 10, 14 ff.; Funkel, Schutz der Persönlichkeit durch Ersatz immaterieller Schäden in Geld, 2001, S. 164 ff.; Hoppe, Persönlichkeitsschutz durch Haftungsrecht, 2001, S. 123 ff., 133 ff.; Seitz, NJW 1996, 2848), hält der erkennende Senat an dem grundlegenden Ansatz fest, daß die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht
und Zivilrecht findet und keine strafrechtliche Sanktion darstellt (vgl. dazu auch Steffen, NJW 1997, 10; Körner, NJW 2000, 241 ff.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, daß die zivilgerichtliche Verurteilung zu einem immateriellen Schadensersatz bei einer Persönlichkeitsverletzung - mögen ihr auch "pönale Elemente" nicht ganz fremd sein - keine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 293 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226). Im Gegensatz zum staatlichen Strafanspruch soll die Zubilligung einer Geldentschädigung im Zivilrecht in Fällen der vorliegenden Art den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG im Interesse des konkret Betroffenen gewährleisten. Dies wird bei der hier vorliegenden Verletzung des Rechts am eigenen Bild besonders deutlich, weil dem Verletzten - anders als in anderen Fällen , in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kan n - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Deshalb unterliegt es keinem Zweifel , daß die Zivilgerichte zur Gewährleistung dieses Interesses des Betroffenen berufen sind. Der Präventionsgedanke stellt lediglich einen Bemessungsfaktor für die Entschädigung dar, der sich je nach Lage des Falles unterschiedlich auswirken kann. Soweit im Schrifttum für den "Strafcharakter" einer solchen Entschädigung auf eine Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines USSchadensersatzurteils (BGHZ 118, 312, 344 ff.) verwiesen wird, betraf jenes Urteil einen ganz anders gelagerten Sachverhalt, der keine Parallele zum Streitfall aufweist.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei nicht, jedenfalls nicht so schwerwiegend beeinträchtigt , daß dies eine Geldentschädigung rechtfertige.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Beklagte durch die Veröffentlichung der Fotos der Klägerin deren Recht am eigenen Bild und damit ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. Löffler/Steffen, Presserecht , Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 125 zu § 6 LPG; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7, Rdn. 69 m.w.N.). Eine solche Einwilligung liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht angreift, nicht vor.
b) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verneint, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden dürfen. Daß die Klägerin selbst nicht zu einem Kreis von Personen gehört, deren Bildnisse allein schon der Person wegen grundsätzlich einwilligungsfrei verbreitet werden dürfen, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann es auch auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin dadurch zu einer Person der Zeitgeschichte werden könnte, daß sie auf Fotos zusammen mit ihrer Mutter abgebildet wird. Weil mit der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Rechtsverlust verbunden ist, ist es erforderlich, Kinder von Personen der Zeitgeschichte allenfalls dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie als deren Angehörige in
der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 und vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfen Kinder eines besonderen Schutzes vor den Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an einer Berichterstattung über sie oder an Abbildungen von ihnen ausgehen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen , so daß der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muß. Dieser Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 f. = NJW 2000, 1021, 1023; BVerfG, NJW 2000, 2191; NJW 2000, 2191 f. und NJW 2003, 3262 f.). Nach diesen Grundsätzen genießt im Streitfall das besondere Schutzbedürfnis der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin grundsätzlich den Vorrang vor der Berichterstattung in den Medien. Die beanstandeten Fotos zeigen die Klägerin und deren Eltern im Alltagsleben, also bei rein privaten Tätigkeiten. Sie tragen in keiner Weise zu einer wichtigen öffentlichen Auseinandersetzung in einer demokratischen Gesellschaft bei, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen könnte, sondern dienen nur dem Zweck, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen zu befriedigen, wobei sich das Interesse an der Kläge-
rin ausschließlich aus der Einstufung ihrer Eltern als sogenannte Prominente ableitet. Auch wenn die Reichweite des Persönlichkeitsschutzes eines Kindes vom Schutzzweck her unter Berücksichtigung der Entwicklungsphasen des Kindes zu bestimmen ist, steht dem nicht entgegen, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen noch ein Kleinkind war. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kann nämlich nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern auch dann, wenn andere Gründe den Schutz der Persönlichkeitsentwicklung erfordern (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3262 f.). Hier kann die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin schon dadurch beeinträchtigt werden, daß wegen der ständigen Verfolgung durch die Presse eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung gefährdet ist. Wenn sich die Eltern im Zusammenleben mit dem Kind nicht unbefangen verhalten können, weil sie befürchten müssen, daß auch gegen ihren Willen Fotos veröffentlicht werden, die den privaten Bereich betreffen, kann sich dies nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Insoweit reicht bereits die Gefährdung aus, ohne daß es, wie die Revision meint, der Darlegung bedarf, daß tatsächlich bereits eine Störung des Eltern-KindVerhältnisses eingetreten sei.
c) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung in Zweifel zieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung , wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 12; 132, 13, 27 und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591). Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich als schwere , einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend einzustufen ist. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht nämlich darin, daß dem Verletzten gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO, 342). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet und unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung bejaht. Ebenso wie in dem dem vorstehend zitierten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall läßt die Vorgehensweise der Beklagten eine besondere Hartnäckigkeit erkennen, indem sie die wiederholten Bildveröffentlichungen vorgenommen hat, obwohl sie nach dem Erscheinen der Fotos von den Eltern jeweils zeitnah abgemahnt worden ist, sie jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben hat und gegen sie mehrfach einstweilige Verfügungen erlassen worden sind.
d) Unter diesen Umständen ist auch die Höhe der zugebilligten Geldentschädigung , die in erster Linie Sache des Tatrichters ist, nicht unverhältnismäßig. In Fällen, in denen der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines
Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt hat, ist die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. In solchen Fällen muß von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden, der hier angesichts der nachhaltigen Störung des Privatlebens ein hohes Gewicht zukommt. Zudem darf die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 16 und vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340). Im Hinblick darauf ist die Bemessung der Entschädigung durch das Berufungsgericht in Anbetracht der besonderen Hartnäckigkeit der Beklagten und der vom Berufungsgericht festgestellten Wirtschaftsmacht der hinter ihr stehenden Gruppe nicht zu beanstanden. Selbst wenn für diese keine rechtliche Verpflichtung besteht, etwaige Verluste wegen der Verurteilung zu einer Geldentschädigung zu ersetzen, dürfen die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der Konzerngruppe hinter einem Presseorgan bei der Beurteilung, wie der Persönlichkeitsschutz gewährleistet werden kann, nicht außer Betracht bleiben. Im übrigen läßt der Beklagtenvortrag nicht erkennen, inwieweit die hier zuerkannte Geldentschädigung die Pressefreiheit gefährden könnte. Auch die weiteren Rügen der Revision stehen der zuerkan nten Entschädigung nicht entgegen. Wie vom Berufungsgericht zu Recht angenommen, stellen sowohl die Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Mutter der Klägerin als auch die Veröffentlichungen durch andere Verlage eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mutter betrifft das Rechtsgut einer anderen Person, deren Persönlichkeitsschutz
ebenso wie der der Klägerin zu gewährleisten ist. Könnte sich ein später in Anspruch genommener Schädiger darauf berufen, daß bereits eine Entschädigung wegen einer Veröffentlichung durch einen anderen Verlag zuerkannt worden ist, bliebe eine eigenständige weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne ausreichenden Schutz des Betroffenen. Den Vortrag der Beklagten, sie wolle nunmehr nur noch solche Fotos der Klägerin veröffentlichen, die diese in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeige, hat das Berufungsgericht berücksichtigt. Es hat jedoch gemeint, die Beklagte könne nur durch eine fühlbare Entschädigung in ihrem Verhalten beeinflußt werden. Diese tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.