Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 26. Nov. 2014 - 4 Sa 529/13

ECLI: ECLI:DE:LAGST:2014:1126.4SA529.13.0A
published on 26/11/2014 00:00
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 26. Nov. 2014 - 4 Sa 529/13
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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 09.07.2013 - 6 Ca 1376/12 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahren.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten vorliegend darüber, ob das vorangegangene Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a BGB mit der Folge der Begründung von Zahlungsansprüchen ab 01.06.2011 auf den beklagten Landkreis übergegangen oder ob zwischen den Parteien ab diesem Zeitpunkt auf der Basis des TVöD-V ein neues Arbeitsverhältnis mit einer Tätigkeit des ... 1951 geborenen Klägers als Rettungssanitäter begründet worden ist.

2

Bis zum 31.05.2011 sicherte der ... e.V. (nachfolgend kurz: ...) den Rettungsdienst für den beklagten Landkreis, der im Zuge der Gebietsreform 2007 entstanden war, im Altkreis S ab. Es wurden die Rettungswachen „S“, „R“, „Sch“ und „A“ betrieben. Der ... beschäftigte 41 Arbeitnehmer, darunter seit 30.05.2000 auch den Kläger zu den Bedingungen der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. Seit dem 01.06.2011 nimmt der beklagte Landkreis die Aufgaben des Rettungsdienstes selbst wahr. Zu diesem Zweck war bereits zum 01.01.2011 die Betriebssatzung für den Eigenbetrieb Rettungsdienst des Landkreises M-S neu gefasst worden. Außerdem erfolgten Stellenausschreibungen für die Organisation des Rettungsdienstes. Von den etwa 70 Bewerbern wurden mehr als 50 zum 01.06.2011 eingestellt, darunter alle zuvor bei dem ... für den Rettungsdienst im Altkreis S beschäftigten Mitarbeiter. Die Rettungsleitstelle wurde - wie bereits zuvor - durch den beklagten Landkreis weiter betrieben. Der territoriale Zuschnitt für den Rettungsdienst (Altkreis S) blieb unverändert. Außerdem wurden die eingerichteten Rettungswachen an den jeweiligen Standorten weiter genutzt. Das Inventar des ... wurde im Juni 2011 vom beklagten Landkreis zum Preis von insgesamt 10.000,00 € käuflich erworben. Im Januar und Februar 2011 hatte dieser den Auftrag für die Lieferung und den Ausbau von Neufahrzeugen, nämlich 5 Rettungstransportwagen (RTW), 1 Krankentransportwagen (KTW) und 1 Notarztfahrzeug (NFZ) erteilt. Die Fahrzeuge kamen ab dem 01.06.2011 zum Einsatz. Der ... betrieb den Rettungsdienst bis zum 31.05.2011 mit im Jahr 2006 beschafften Fahrzeugen, nämlich 5 Rettungstransportwagen, 1 Krankentransportwagen, 1 Notarzteinsatzfahrzeug. Bis zur vollständigen Auslieferung der neuen Bekleidung für den Rettungsdienst im Juni 2011 versahen die ehemaligen ... -Mitarbeiter ihren Dienst in der bisherigen Bekleidung des ... .

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein zuvor mit dem ... begründetes Arbeitsverhältnis bestehe mit dem beklagten Landkreis wegen des Betriebsüberganges „Rettungsdienst“ unverändert fort; dieser habe den Rettungsdienst des ... durch eine Vielzahl von Rechtsgeschäften übernommen und führe den Rettungsdienst jetzt in eigener Zuständigkeit. Er nutze hierfür dieselben Rettungswachen mit dem erworbenen Inventar und setze alle ehemaligen Mitarbeiter des ... zeitweise noch in ihrer alten Bekleidung ein.

4

Dem stehe die fehlende Übernahme der abgeschriebenen Fahrzeugflotte nicht entgegen. Diese werde regelmäßig auf Kosten der Krankenkasse neu angeschafft. Deshalb komme der Fahrzeugflotte hier keine prägende Bedeutung zu. Wegen des Betriebsübergangs stehe ihm weiterhin eine Vergütung auf der Grundlage der AVR zu. Daraus ergeben sich aus seiner Sicht die hier geltend gemachten Differenz-Vergütungsansprüche.

5

Der beklagte Landkreis hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Rettungsdienst werde durch ihn im Wege der Funktionsnachfolge wahrgenommen. Auch spreche die grundverschiedene Arbeitsorganisation gegen den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit. Das frühere Personal sei nicht übernommen, sondern im Wege der Ausschreibung aus einer Vielzahl von Bewerbern ausgewählt worden. Bei den käuflich erworbenen Inventargegenständen der Rettungswachen handele es sich nicht um wesentliche Betriebsmittel. Prägendes Betriebsmittel des Rettungsdienstes sei allein die Fahrzeugflotte. Diese habe er selbst neu angeschafft und seinen Vorstellungen entsprechend technisch neu ausstatten lassen. Bereits mangels Übernahme der alten Rettungsfahrzeuge des ... scheide ein Betriebsübergang aus. Da dieser fehle, könne der Kläger hieraus auch keine Zahlungsansprüche herleiten.

6

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens und der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf das im obigen Tenor näher bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Halle Bezug genommen. Mit diesem ist die Klage abgewiesen worden. Der Kläger hat gegen dieses Urteil ordnungsgemäß Berufung eingelegt und diese fristgerecht begründet. Beide Seiten wiederholen und vertiefen in der Berufungsinstanz ihr bisheriges Vorbringen.

7

Der Kläger geht weiterhin davon aus, dass das Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 1 BGB zum 01. Juni 2011 auf den beklagten Landkreis übergegangen ist. Die Art des betreffenden Unternehmens/Betriebs sei auch über den 31. Mai 2011 hinaus gleich geblieben. Eine stringente Unterteilung von betriebsmittel- und personalgeprägten Betrieben sei nicht stets möglich. Bei personalorientierten Betrieben komme ein Betriebsübergang bereits bei einer Übernahme der Hauptbelegschaft in Betracht. Hier sei zur Absicherung des Rettungsdienstes unter der Leitung des ... ein Personalbestand von ca. 42 Arbeitnehmern erforderlich gewesen. Hinzu seien verschiedene Sachmittel gekommen. Zunächst sei auf die Rettungswachen abzustellen; ein weiteres finde sich in den Rettungswagen. Hinzu kämen betriebsnotwendige Sachmittel und sonstige Gegenstände des Inventars. Die Jahresmiete sei mit 16.800,00 Euro zu beziffern. Für 24 Mitarbeiter ergebe sich eine monatliche Lohnsumme von rund 105.000,00 Euro. Bei alledem komme der Übertragung der sächlichen Betriebsmittel allenfalls eine indizielle Bedeutung für die Annahme eines Betriebsübergangs zu.

8

Das Arbeitsgericht Halle habe nicht berücksichtigt, dass der beklagte Landkreis die wesentlichen materiellen Betriebsmittel, die den Rettungsdienstbetrieb bis zum Übergangszeitpunkt gekennzeichnet hätten, zum 01. Juni 2011 übernommen habe. Das betreffe zunächst die Rettungswachen nebst Inventar und Kommunikationstechnik.

9

Darüber hinaus sei die Hauptbelegschaft übernommen worden. Auch die „Kundschaft“ sei übernommen worden, die im Sinne des Patientenkreises zu begreifen sei. Die Ähnlichkeit der vor und nach dem Betriebsübergang verrichteten Tätigkeiten im Rettungsdienst könne kaum angezweifelt werden. Es habe überhaupt keine Unterbrechung der Tätigkeit auf Seiten der Arbeitnehmer stattgefunden. Das Argument des beklagten Landkreises, der Rettungsdienst werde durch Rettungsfahrzeuge mit eingebauter Technik geprägt, trage wenig. Es liege auf der Hand, dass der Rettungsdienstbereich in seiner Funktionalität in erster Linie durch das Personal geprägt sei. Ein Personalaustausch im Falle eines Wegfalls von Personal könne nicht ohne weiteres erfolgen. Die Behauptung des beklagten Landkreises, die zuvor vom ... genutzten Rettungsfahrzeuge für das Rettungsdienstgebiet „Altkreis S“ würden weiter genutzt, treffe nicht zu. Der turnusmäßige Wechsel der Rettungsfahrzeuge vermöge den Betriebsübergang nicht auszuschließen. Vor dem Hindergrund des noch offenen Ausgangs des gerichtlichen Verfahrens hätten der beklagte Landkreis und der JUH außerdem vereinbart, das letzterer die vom beklagten Landkreis neu erworbenen Rettungsfahrzeuge für den Rettungsdienstbereich Altkreis S im Falle des Obsiegens in diesem Rechtsstreit übernehmen werde. Diese Vereinbarung beruhe darauf, dass die Krankenkassen die Rettungswagen nebst eingebauter Medizintechnik für einen bestimmten Zeitraum und für ein Rettungsdienstgebiet nur insgesamt einmal finanzieren würden. Es würden hier auch keine besonderen Umstände vorliegen, die ausnahmsweise trotz Übernahme der gesamten Belegschaft gegen einen Betriebsübergang sprechen und eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könnten. Außerdem führt der Kläger aus:

10

Wenn der Rettungsdienst betriebsmittelgeprägt sei, sei vorliegend ein Betriebsübergang anzunehmen; die sächlichen Betriebsmittel seien vom beklagten Landkreis übernommen worden. Die Rettungswache und deren Inventar zählten zu den unverzichtbaren Sachmitteln des Rettungsdienstes. Wenn die Rettungsfahrzeuge den eigentlichen Kern des erforderlichen Funktionszusammenhangs im Rettungsdienst ausmachen würden, sei ebenfalls von einem Betriebsübergang auszugehen. Auch die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehenden Betriebsmittel würden dazugehören, wenn diese aufgrund einer Nutzungsvereinbarung zur Erfüllung der Betriebszwecke eingesetzt werden können. Die Rettungsfahrzeuge seien unstreitig von den Krankenkassen voll finanziert worden. Den jeweiligen Rettungsdiensten sei es auch untersagt, einen etwaigen Restwert der wirtschaftlich abgeschriebenen Rettungsfahrzeuge zu vereinnahmen. In 2011 sei gegenüber den Sozialversicherungsträgern kein Restbuchwert betreffend einzelne Fahrzeuge/Ausstattung derselben angezeigt worden. Es sei auch nicht mitgeteilt worden, dass es zu Veräußerungen gekommen sei. Der beklagte Landkreis sei gehalten gewesen, die gebrauchten Rettungsfahrzeuge zu übernehmen und so lange weiter zu benutzen, bis eine Neufinanzierung durch die Krankenkassen erfolgt sei. Tatsächlich habe sich die Übernahme des Rettungsdienstes vom ... und ... nicht unterschieden. Der beklagte Landkreis habe vielmehr die Rettungsdiensttätigkeit in denselben Gebieten mit denselben Rettungswachen und im Wesentlichen mit demselben Personal fortgesetzt.

11

Wegen der zweitinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf das Protokoll über die Berufungsverhandlung vom 22. Oktober 2014 auf Seite 2 (Bl. 400 d. A.) Bezug genommen.

12

Der beklagte Landkreis führt unter anderem aus. der ... sei nicht Mieter der Liegenschaften in A, Sch und R gewesen, sondern lediglich Untermieter dieser Rettungswachen gewesen. In A und R habe ein Untermietverhältnis mit dem beklagten Landkreis bestanden. Dieser wiederum habe in einem Mietverhältnis mit der M KG und der Stadtverwaltung A gestanden. Auch bezüglich der Rettungswache in Sch sei die ... Untermieter gewesen. Die Rettungswache S habe immer im Eigentum des beklagten Landkreises gestanden. Ebenso sei die Rettungsleitstelle S, S-weg 7, bereits zuvor von dem beklagten Landkreis betrieben worden. Der beklagte Landkreis habe mit der ... keine Vereinbarung geschlossen, wonach dieser die vom beklagten Landkreis beschafften Rettungsfahrzeuge im Falle der gerichtlichen Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche auf Fortführung des Rettungsdienstes im Gebiet des Altkreises S übernehme.

13

Das Schreiben des ... vom 08. Juni 2011 könne des beklagten Landkreis nicht zugerechnet werden. Es sei daher keinesfalls unbestritten, dass ein Betriebsübergang zwischen dem ... und dem beklagten Landkreis vereinbart worden sei. Weder die Rettungsfahrzeuge des ... noch die sich darin befindliche Medizintechnik sei bereits abgeschrieben.

14

Die betreffenden Fahrzeuge seien beim ... im Burgenlandkreis einschließlich der Medizintechnik auch noch nach dem 01. Juni 2011 weiter im Einsatz. Es sei ohne Probleme möglich, die medizinischen Geräte aus den Rettungsfahrzeugen auszubauen. Die Halterungsvorrichtungen seien darauf bereits eingerichtet. Diese Vorgehensweise sei auch durchaus üblich. Im Übrigen würden auch wirtschaftlich abgeschriebene Fahrzeuge in den Rettungsdiensten in Deutschland üblicherweise noch weiter verwendet. Daneben würden solche Rettungsfahrzeuge üblicherweise als Ersatzwagen innerhalb der Landkreise weitergegeben. Schließlich bestehe die Möglichkeit, abgeschriebene Fahrzeuge umzubauen. All das zeige, dass es dem beklagten Landkreis möglich gewesen wäre, die Rettungsfahrzeuge des ... im Rahmen eines Betriebsübergangs zu übernehmen und auch weiter zu nutzen. Hiergegen habe sich der beklagte Landkreis jedoch entschieden und eigene Rettungsfahrzeuge bereits Anfang des Jahres 2011 in Auftrag gegeben. Diese seien ausweislich der Rechnungen bereits im Mai 2011 geliefert worden. Der beklagte Landkreis habe diese zum 01. Juni 2011 erstmals eingesetzt. Nach alldem sei das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht von dem ... zum 01. Juni 2011 auf den beklagten Landkreis übergegangen. Bei einem Rettungsdienst handele es sich um einen betriebsmittelgeprägten Betrieb, bei dem insbesondere die Rettungsfahrzeuge identitätsprägend seien. Auf die Übernahme des Inventars in den Rettungswachen komme es ebenfalls nicht an. Dies sei nicht identitätsprägend. Da die Rettungsfahrzeuge des ... nicht übernommen worden seien, stehe bereits dieses einem Betriebsübergang entgegen. Das hindere auch nicht der Umstand, dass die Rettungsfahrzeuge durch die Krankenkassen finanziert werden. Der Finanzierungsanspruch beruhe auf § 2 Abs. 14 RettDG LSA. Es handele sich hierbei um einen gesetzlichen Anspruch. Der beklagte Landkreis habe sich gerade nicht dazu entschieden, die Fahrzeuge sowie die Medizintechnik des ... zu übernehmen.

15

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

16

Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. den §§ 517, 519 ZPO) des Klägers gegen das im obigen Tenor näher bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Halle ist ohne Weiteres zulässig.

II.

17

Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil des Arbeitsgerichts Halle ist jedoch unbegründet und war demgemäß zurückzuweisen. Dabei folgt die Berufungskammer zunächst den zutreffenden Gründen des vorgenannten Urteils des Arbeitsgerichts Halle auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz in vollem Umfang und macht sich diese Gründe auch zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich zu eigen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Übrigen gilt folgendes:

1.

18

Ein Betriebsübergang gemäß § 613 a Abs. 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Erwerber voraus. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zu einer auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie Personal, Führungskräfte, Arbeitsorganisation, Betriebsmethoden und ggf. den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (BAG vom 18. Dezember 2003 - 8 AZR 621/02 - = NZA 2004, 791 ff. und BAG vom 16. Mai 2007 - 8 AZR 693/06 - = NZA 2007, 1296 ff. jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen).

a)

19

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Falle anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte.

20

Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) ebenso wenig wie die reine Auftragsnachfolge einen Betriebsübergang dar. In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal gegeben sein. Der Umstand, dass die von dem neuen Unternehmer übernommenen Betriebsmittel nicht seinem Vorgänger gehörten, sondern vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden, schließt den Betriebsübergang nicht aus. Auch ist im Falle einer Auftragsneuvergabe die Überlassung der Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines Betriebsübergangs vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den neuen Auftragnehmer.

21

Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht. Der Betriebsübergang tritt dabei mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebs ein. Entscheidend ist die Übernahme der Organisation- und Leitungsmacht (so BAG vom 18. Dezember 2003 - 8 AZR 621/02 - und BAG vom 16. Mai 2007 - 8 AZR 693/06 - a. a. O.).

b)

22

Bei der Durchführung von Rettungsdiensten handelt es sich um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Dies steht der Annahme eines Betriebsübergangs grundsätzlich nicht entgegen. § 613 a BGB findet auch Anwendung, wenn die öffentliche Hand einen privaten Betrieb übernimmt oder ein Betriebsinhaberwechsel zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften stattfindet. Die Übertragung von Dienstleistungen, die im öffentlichen Interesse sind, schließt die Anwendung der Betriebsübergangsrichtlinie EGRL - 23/2001 dann nicht aus, wenn die betreffende Tätigkeit keine hoheitliche Tätigkeit darstellt. Hoheitliche Tätigkeit setzt eine hinreichend qualifizierte Ausübung von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen voraus, die bei der Durchführung des Rettungsdienstes nicht vorliegt. Die sächlichen Betriebsmittel, insbesondere die überlassenen Rettungsfahrzeuge, sind für den Betrieb „Rettungsdienst“ identitätsprägend, da bei wertender Betrachtung ihr Einsatz der eigentliche Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht und sie unverzichtbar für die auftragsgemäße Verrichtung der Tätigkeit sind. Alleine die Herausgabe der sächlichen Betriebsmittel durch den Leistungserbringer und bisherigen Inhaber des Betriebs „Rettungsdienste“ an den Träger des Rettungsdienstes führt nicht dazu, dass dieser zum neuen Betriebsinhaber wird. Ein für ein Betriebsübergang maßgeblicher Fortführungswille des Trägers des Rettungsdienstes fehlt, wenn die materiellen Betriebsmittel sofort anderen privaten Hilfsdiensten zur Durchführung des Rettungsdienstes zur Verfügung gestellt werden. Für die Beurteilung eines Betriebsübergangs i.S.d. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es deshalb auf die Übernahme der tatsächlichen Betriebsinhaberschaft an, nicht aber darauf, ob der Träger des Rettungsdienstes nach öffentlichem Recht verpflichtet gewesen wäre, eine bedarfsgerechte Versorgung mit Leistungen des Rettungsdienstes selbst durchzuführen (so BAG vom 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - = NZA 2012, 1161).

2.

23

Die Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Streitfall ergibt den Befund, dass hier kein Betriebsübergang auf den beklagten Landkreis stattgefunden hat, weil dieser ab dem 01. Juni 2011 nicht Inhaber des Betriebs „Rettungsdienst“ geworden ist. Der hier im Streit stehende „Rettungsdienst“ der ... ist nämlich nicht unter Wahrung seiner Identität auf den beklagten Landkreis übergegangen.

a)

24

Dass es sich bei der Durchführung dieses Rettungsdienstes um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge handelte, steht der Annahme eines Betriebsübergangs nicht grundsätzlich entgegen. § 613 a BGB findet nämlich auch Anwendung, wenn die öffentliche Hand einen privaten Betrieb übernimmt oder ein Betriebsinhaberwechsel zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften stattfindet. Die Übertragung von Dienstleistungen, die im öffentlichen Interesse sind, schließt die Anwendung der Richtlinie dann nicht aus, wenn die betreffende Tätigkeit - wie hier - keine hoheitliche Tätigkeit darstellt. Hoheitliche Tätigkeit setzt eine hinreichend qualifizierte Ausübung von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen voraus, die bei der Durchführung von Krankentransportleistungen nicht vorliegt. Die Einsatzkennzeichnung durch Blaulicht und Einsatzhorn bei höchster Eile, um Menschenleben zu retten oder um schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, ist keine unmittelbare und spezifische Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt. Die Leistungserbringer des Rettungsdienstes sind nicht mit besonderen Vorrechten oder Zwangsbefugnissen ausgestattet, um die Einhaltung des allgemeinen Rechts zu gewährleisten. Auch die Zusammenarbeit beim Rettungsdienst mit öffentlichen Stellen, die - wie z.B. die Polizei - mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind, führt nicht dazu, dass solche Dienstleistungen mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Die Übergabe von Rettungsdienstleistungen seitens der öffentlichen Hand an private Leistungserbringer stellt lediglich ein Vergabeverfahren nach § 97 Abs. 1 GWB dar. Das jedoch steht der Anwendung der Betriebsübergangsrichtlinie und der Anwendung von § 613 a BGB nicht entgegen. Insoweit schließt sich die Berufungskammer ausdrücklich der Rechtsprechung des BAG gemäß dem vorgenannten Urteil vom 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - an.

b)

25

Im vorliegenden Fall ist im Einklang mit dem vorgenannten Urteil vom 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 davon auszugehen, dass die sächlichen Betriebsmittel - insbesondere die überlassenen Rettungsfahrzeuge - als für den Betrieb „Rettungsdienst“ identitätsprägend anzusehen sind. Bei wertender Betrachtung ist ihr Einsatz der eigentliche Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs. Dieser ist unverzichtbar für die auftragsgemäße Verrichtung der Tätigkeit. Identitätsprägend sind deshalb im vorliegenden Streitfall vor allem die zur Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransportes überlassenen Rettungsmittel. Dazu sind geeignete Krankentransportwagen (KTW) einzusetzen. Weitere Rettungsmittel für die Notfallrettung sind zum einen der Rettungswagen (RTW) und zum anderen das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF). Demgegenüber ist das Einsatzpersonal im Rettungsdienst (Rettungshelfer, Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notärzte) zwar hochqualifiziert und umfassend für die jeweiligen Aufgaben bei der Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports ausgebildet. Gleichwohl ist deren Übernahme oder Nichtübernahme nicht von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht. Nur in betriebsmittelarmen Betrieben kann das Personal identitätsprägend sein. In anderen Betrieben - wie auch hier - ist die Übernahme der Belegschaft nur ein Kriterium u.a. für die Annahme eines Betriebsübergangs.

26

Im vorliegenden Streitfall sind folglich die sächlichen Betriebsmittel des JUH, insbesondere die überlassenen Rettungsfahrzeugen, für den Betrieb „Rettungsdienst“ identitätsprägend. Hier ist jedoch kein einziges Rettungsfahrzeug auf den beklagten Landkreis übergegangen. Der beklagte Landkreis hat vielmehr bereits weit vor dem 01. Juni 2011 im Januar/Februar 2011 die Anschaffung eines eigenen neuen Rettungsfuhrparks in Auftrag gegeben, der ihm ab dem 01. Juni 2011 vollständig zur Verfügung stand. Die hiergegen seitens des Klägers ins Feld geführten Argumente vermögen nicht durchzugreifen. Selbst ein wirtschaftlich abgeschriebener Rettungsfuhrpark kann noch funktionstüchtig sein. Er darf auch noch weiter benutzt werden und muss nicht mit dem Zeitpunkt des Erreichens der wirtschaftlichen Abschreibung sofort und vollständig durch einen neuen Rettungsfuhrpark ersetzt werden. In Deutschland werden vielfach noch Kraftfahrzeuge auch im Bereich des öffentlichen Dienstes in Fuhrparks weiterhin genutzt, obwohl sie „wirtschaftlich“ abgeschrieben sind. Für die Entscheidung, solche Fahrzeuge noch weiter zu nutzen, kann es auf verschiedene Aspekte ankommen. Jedenfalls vermag die Berufungskammer aufgrund des Vorbringens des Klägers nicht zu erkennen, dass sich der alte Rettungsfuhrpark nicht mehr in einem funktionsfähigen Zustand befand. Vielmehr ist im Rahmen der Berufungsverhandlung am 26. November 2014 in der Sphäre des Klägers bekundet worden, dass die technischen Gerätschaften im alten Fahrzeugfuhrpark sich in einem mindestens so guten Zustand befanden wie diejenigen in den vom beklagten Landkreis aktuell benutzten Fahrzeugen. Mithin ergibt sich insoweit folgender Befund: An den beklagten Landkreis sind seitens des ... keinerlei sächliche Betriebsmittel im Zusammenhang mit den Rettungsfahrzeugen übergeben worden. Somit fehlt es insoweit bereits an der Übergabe der identitätsprägenden sächlichen Betriebsmittel bezüglich der gesamten Rettungsfahrzeuge an den beklagten Landkreis.

c)

27

Die Liegenschaften betreffend Leitstelle(n), Rettungswachen und Außenwachen sind ebenfalls nicht seitens der ... gemäß § 613 a (1) BGB auf den beklagten Landkreis übergegangen. Der ... hatte offenbar zuvor seine diesbezüglichen Rechtspositionen vom beklagten Landkreis hergeleitet. Alle diesbezüglichen Rechtsverhältnisse sind mit Ablauf des 31. Mai 2011 beendet worden; der ... hat all seine betreffenden Rechte - insbesondere Besitzrechte - offenbar aufgegeben bzw. nicht länger innegehabt.

28

Darauf kommt es jedoch hier nicht an. Insbesondere die Rettungsfahrzeuge sind für den Betrieb „Rettungsdienst“ identitätsprägend, da - wie oben dargelegt - deren Einsatz der eigentliche Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht und sie unverzichtbar für die auftragsgemäße Verrichtung der Tätigkeit sind. Alleine die Herausgabe bzw. Aufgabe der vorgenannten sächlichen Betriebsmittel durch den ... an den beklagten Landkreis führte somit nicht dazu, dass dieser der neue Betriebsinhaber wurde.

d)

29

Unstreitig sind die Kleidungsstücke des ... ab dem 01. Juni 2011 noch für kurze Zeit beim beklagten Landkreis benutzt worden, bis die neuen Kleidungsstücke zur Verfügung standen. Insoweit fehlt es aber an jedweder Dauerhaftigkeit dieser nur kurzfristigen Überlassung bis zur Lieferung der neuen Kleidung und damit an einer nachhaltigen Identitätsprägung.

e)

30

Der beklagte Landkreis hat zwar die Rettungsdienstaufgaben ab dem 01.06.2011 unter anderem mit dem bisherigen Personal des ... fortgesetzt. Damit ist aber nicht einhergegangen die weitere Vergabe des Rettungsdienstes an einen privaten Träger. Der beklagte Landkreis hat sich entschlossen, den Rettungsdienst als Aufgabe der Daseinsvorsorge selbst über einen Eigenbetrieb selbst durchzuführen. Dies stellt jedoch nach Auffassung der Berufungskammer im vorliegenden Fall keinen Betriebsübergang i. S. d. § 613 a BGB dar, weil es nicht dazu gekommen ist, dass der Betrieb „Rettungsdienst“ identitätsprägend vom... auf den beklagten Landkreis übergegangen ist. Es fehlt insoweit daran, dass die sächlichen Betriebsmittel - insbesondere die Rettungsfahrzeuge - hier gerade nicht vom ... auf den beklagten Landkreis übergegangen sind. Diese waren - wenn auch wirtschaftlich abgeschrieben - voll funktionstüchtig und mit einer ordnungsgemäßen Technik ausgestattet. Gleichwohl sind diese Fahrzeuge seitens des ... ausdrücklich nicht an den beklagten Landkreis übergeben worden.

31

Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.

III.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

33

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.


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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
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published on 10/05/2012 00:00

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 25. November 2010 - 9 Sa 333/10 - wird zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.