Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 30. Apr. 2018 - 2 Ta 16/18

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2018:0430.2TA16.18.00
30.04.2018

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 25.01.2018 – 11 Ca 3312/16 – in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 02.02.2018 teilweise unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen abgeändert:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08.09.2017 wird mit der Maßgabe geändert, dass von dem Kläger 816,42 Euro auf die bewilligte Prozesskostenhilfe zu zahlen sind.

Von der Erhebung einer Beschwerdegebühr wird abgesehen.

Die Rechtsbeschwerde wird für den Kläger und die Vertreterin der Landeskasse zugelassen.

Gründe

A.

1

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.09.2017 (Bl. 27, 28 PKH-Beiheft) dem Kläger unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) für einen von ihm geführten Kündigungsschutz-/Vergütungsrechtsstreit bewilligt. Das Verfahren in der Hauptsache endete durch Schlussanerkenntnisurteil vom 07.09.2017 (Bl. 200 d. A.) dem der folgende Inhalt zukommt:

2
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird zum 31.05.2017 aufgelöst.
3
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Abfindung gemäß den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 15.000,-- € brutto zu zahlen nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtskraft des Schluss-Anerkenntnisurteils.
4
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5
4. Der Streitwert wird mit 6.786,-- € festgesetzt.
6

Die Beklagte zahlte (Abrechnung vom 22.09.2017 – Bl. 40 PKH-Beiheft) an den Kläger, der seit 01.06.2017 durchgängig bis jedenfalls Februar 2018 (Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 05.02.2018 – Bl. 86 PKH-Beiheft) arbeitslos war, auf die ihm zugesprochene Abfindung einen Nettobetrag von 10.252,50 Euro aus.

7

Nach vorheriger Anhörung des Klägers hat das Arbeitsgericht – Rechtspfleger – mit Beschluss vom 25.01.2018 (Bl. 67 – 70 PKH-Beiheft) den Beschluss vom 08.09.2017 dahin abgeändert, dass von dem Kläger 2.830,77 Euro auf die bewilligte Prozesskostenhilfe an die Landeskasse zu zahlen sind. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es folge nicht der von dem Kläger im Rahmen der Anhörung geäußerten Auffassung, auf die erhaltene Abfindung sei ein Freibetrag in Höhe des doppelten – seit 01.04.2017 geltenden – Schonvermögens in Höhe von insgesamt 10.000,00 Euro anzurechnen. Vielmehr ergebe sich die folgende Berechnung:

8

"…

9

gezahlte Abfindung

 

10.252,50 €

 netto

abzüglich

 

 5.200,00 €

 (= doppeltes Schonvermögen, soweit gerichtliche Entscheidungen bereits vorliegen)

abzüglich

 

 500,00 €

 (Freibetrag für den Sohn des Klägers, für die Tochter des Klägers und seine Ehefrau wird kein Freibetrag abgezogen, da beide offensichtlich eigenes Einkommen haben)

abzüglich

 

 357,24 €

 (Zahlung "W, Bl. 57 R Beiheft)

abzüglich

 

 578,84 €

 (1/2 der Zahlung "L" Bl. 58 R Beiheft, jedoch nur die Hälfte, weil hier auch die Ehefrau des Klägers genannt ist, zwei Schuldner)

für das Verfahren einzusetzen

 

3.616, 42 €

        

10

Weitere notwendige Zahlungen sind nicht ersichtlich.

11

….

12

Die Kosten des Klägers setzen sich zusammen aus der bereits gezahlten Vergütung für den Klägervertreter in Höhe von 1.507,37 € und der weiteren Vergütung für den Klägervertreter in Höhe von 1.323,40 €.

13

…"

14

Der Kläger hat gegen diesen, ihm am 29.01.2018 zugestellten Beschluss am 02.02.2018 "Beschwerde" eingelegt, mit der er die Aufrechterhaltung des ihm ratenfreie PKH bewilligenden Beschlusses vom 08.09.2017 anstrebt. Zur Begründung verweist der Kläger auf die von ihm bereits im Anhörungsverfahren mit Schriftsätzen vom 15.11. und 22.11.2017 (Bl. 38 – 40 sowie 45 – 59 PKH-Beiheft) dargestellte wirtschaftliche Situation. Insbesondere habe das Arbeitsgericht zu Unrecht nicht den doppelten aktuellen Schonbetrag als Freibetrag auf die erhaltene Abfindung angerechnet.

15

Mit weiterem Beschluss vom 02.02.2018 (Bl. 74, 75 PKH-Beiheft) hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat dem Kläger ergänzend u. a. aufgegeben, er möge binnen 2 Wochen mitteilen, ob er seine Tochter J überwiegend unterhalte (Verfügung vom 26.03.2018 – Bl. 82 PKH-Beiheft). Ergänzende Angaben hierzu sind von dem Kläger nicht getätigt worden. Weiter hat auf Bitten des Beschwerdegerichts die Vertreterin der Landeskasse – die Bezirksrevisorin bei dem Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt – am 20.02.2018 (Bl. 80 PKH-Beiheft) sowie ergänzend am 26.03.2018 (Bl. 81 PKH-Beiheft) eine Stellungnahme abgegeben. Sie hat sich der Auffassung des Arbeitsgerichts angeschlossen.

B.

I.

16

Die sofortige Beschwerde – so legt das Beschwerdegericht das mit "Beschwerde" bezeichnete Rechtsmittel des Klägers aus – ist zulässig. Es handelt sich um das gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsmittel. Der Kläger hat die einmonatige Notfrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingehalten. Der Beschwerdeschriftsatz entspricht den Anforderungen der §§ 569 Abs. 2, 571 Abs. 1 ZPO.

II.

17

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist teilweise begründet. Der Kläger ist gemäß § 120a Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 ZPO verpflichtet, zur Begleichung der Prozesskosten 816,42 Euro als Einmalzahlung aus seinem Vermögen zu leisten.

18

Gemäß § 120a Abs. 1 Satz 1 ZPO soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass die Partei durch die Rechtsverfolgung etwas erlangt (§ 120a Abs. 3 Satz 1 ZPO). Dabei stellt eine Abfindung, die anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von dem Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlt wird, einen grundsätzlich einzusetzenden Vermögensbestandteil i. S. d. § 115 Abs. 3 ZPO dar. Nach dieser Bestimmung hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit es zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend. Mithin hat der Arbeitnehmer die gezahlte Abfindung, soweit sie über den in § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V m. der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Sozialgesetzbuches festgelegten Schonbetrag hinausgeht, als Vermögen einzusetzen (vgl. BAG 22.12.2003 – 2 AZB 23/03). Allerdings ist bei der Zumutbarkeit des Vermögenseinsatzes zu berücksichtigen, dass dem Arbeitnehmer typischerweise durch den Verlust des Arbeitsplatzes zusätzliche Kosten entstehen. Diese können pauschaliert in Höhe von 2.301,00 Euro – dem bis zum 31.12.2004 geltenden Schonbetrag – in Ansatz gebracht werden (BAG 24.04.2006 – 3 AZB 12/05).

19

1. Diesen Rechtssätzen schließt sich das Beschwerdegericht im Grundsatz an. Allerdings vertritt es weiter die Auffassung, dass die über den Schonbetrag hinausgehende Kostenpauschale, die von dem erhaltenen Abfindungsbetrag in Abzug zu bringen ist, entsprechend der Kaufkraftentwicklung im Zeitraum 2003 (Geltung Schonbetrag von 2.301,00 Euro) bis zum Jahr 2017 (Erhöhung des Schonbetrages auf 5.000,00 Euro) anzupassen ist. In dem vorgenannten Zeitraum hat sich (www.finanz-tools.de/inflation/inflationsraten-deutschland) eine Erhöhung des Verbraucherpreisindex von 89,6 % auf 109,3 %, mithin (aufgerundet) 20 % ergeben. Auf dieser Basis hält es das Beschwerdegericht für angemessen, die bei einer aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlten Abfindung sich ergebende Pauschale für zusätzliche Aufwendungen wegen Arbeitslosigkeit mit 3.000,00 Euro anzusetzen. Hierdurch wird die Kaufkraftentwicklung im Zeitraum 2003 bis 2017 "nachgezeichnet". Eine Bemessung der Pauschale in vorgenannter Höhe steht im Übrigen in Einklang mit der Entwicklung des einkommenssteuerrechtlichen Grundfreibetrages. Dieser ist im vorgenannten Zeitraum von 7.235,00 Euro auf 8.820,00 Euro gestiegen.

20

Hingegen erscheint es dem Beschwerdegericht nicht angemessen, die Pauschale entsprechend dem seit 01.04.2017 geltenden Schonbetrag in Höhe von 5.000,00 Euro (Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 22.03.2017 – BGBl. I S. 519) zu bemessen. Eine solche "Verdopplung" lässt sich der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.04.2006 nicht entnehmen (a. A. LAG Hamm 26.01.2018 – 5 Ta 561/17). Das Bundesarbeitsgericht hat bei Bemessung des zusätzlichen Freibetrages auf die typischerweise einem Arbeitnehmer nach Verlust des Arbeitsplatzes und anschließender Arbeitslosigkeit entstehenden Kosten abgestellt und diese mit 2.301,00 Euro "pauschal" bewertet. Angesichts dieses Berechnungsansatzes lässt sich eine "Verdopplung" des Schonbetrages im Fall der Zahlung einer Abfindung nicht rechtfertigen. Der zusätzliche Freibetrag hat sich vielmehr an den einem Arbeitnehmer typischerweise bei eingetretener Arbeitslosigkeit entstehenden Aufwendungen zu orientieren. In welchem Umfang diese gegenüber dem Jahr 2003 angestiegen sind, lässt sich jedoch nicht den vom Verordnungsgeber vorgenommenen Anpassungen des Schonvermögens entnehmen, sondern vielmehr dem Verbraucherpreisindex.

21

Damit ergibt sich folgende Berechnung:

22

10.252,50 Euro

Abfindung netto

 - 5.000,00 Euro

Schonvermögen Kläger

 - 500,00 Euro

zusätzliches Schonvermögen für den Sohn R

 - 357,24 Euro

Zahlungen an W

 - 578,84 Euro

Zahlungen an die L (1/2)

 - 3.000,00 Euro

zusätzlicher Freibetrag wegen Arbeitslosigkeit

 = 816,42 Euro.

        

23

Das Beschwerdegericht übernimmt dabei im Übrigen das Rechenwerk des Arbeitsgerichts im Beschluss vom 25.01.2018. Ergänzendes Vorbringen des Klägers, inwiefern die von dem Arbeitsgericht nicht in Ansatz gebrachten Aufwendungen dennoch zu berücksichtigen sein sollen, ist im Beschwerdeverfahren nicht erfolgt. Dementsprechend konnte auch zu Gunsten des Klägers kein weiteres Schonvermögen in Höhe von 500,00 Euro betreffend seine Tochter J in Ansatz gebracht werden. Der Kläger hat sich auf Nachfrage des Beschwerdegerichtes, ob er diese überwiegend unterhalte, nicht geäußert.

24

2. Schlussendlich erweist sich die Entscheidung des Arbeitsgerichts, eine Einmalzahlung aus dem Vermögen des Klägers festzusetzen, nicht als ermessensfehlerhaft ("soll"). Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Aufrechterhaltung der ratenfrei bewilligten PKH begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

C.

25

Das Beschwerdegericht hat gemäß KV 8614 – Anlage 1 (zu § 3 Abs. 2 GKG) von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, von der Erhebung einer Beschwerdegebühr abzusehen.

26

Gemäß §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG war wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen sowie aufgrund der abweichenden Entscheidung des LAG Hamm für den Kläger und die Vertreterin der Landeskasse die Rechtsbeschwerde zuzulassen.


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Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 30. Apr. 2018 - 2 Ta 16/18 zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 90 Einzusetzendes Vermögen


(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung1.eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage od

Zivilprozessordnung - ZPO | § 569 Frist und Form


(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts ande

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 78 Beschwerdeverfahren


Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rech

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 10 Höhe der Abfindung


(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 120a Änderung der Bewilligung


(1) Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine Änderung der nach § 115 Absatz 1 Satz

Referenzen

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine Änderung der nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag und nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist. Auf Verlangen des Gerichts muss die Partei jederzeit erklären, ob eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.

(2) Verbessern sich vor dem in Absatz 1 Satz 4 genannten Zeitpunkt die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich oder ändert sich ihre Anschrift, hat sie dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, ist eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zu Grunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 Euro übersteigt. Satz 2 gilt entsprechend, soweit abzugsfähige Belastungen entfallen. Hierüber und über die Folgen eines Verstoßes ist die Partei bei der Antragstellung in dem gemäß § 117 Absatz 3 eingeführten Formular zu belehren.

(3) Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass die Partei durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung etwas erlangt. Das Gericht soll nach der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens prüfen, ob eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangte geboten ist. Eine Änderung der Entscheidung ist ausgeschlossen, soweit die Partei bei rechtzeitiger Leistung des durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangten ratenfreie Prozesskostenhilfe erhalten hätte.

(4) Für die Erklärung über die Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nach Absatz 1 Satz 3 muss die Partei das gemäß § 117 Absatz 3 eingeführte Formular benutzen. Für die Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gilt § 118 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.