Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Feb. 2013 - 2 Sa 155/12 E

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2013:0219.2SA155.12E.0A
bei uns veröffentlicht am19.02.2013

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin und Berufungsklägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 22.02.2012 - 9 Ca 2522/10 E - abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte verpflichtet ist, der Klägerin und Berufungsklägerin ab dem 01.11.2009 Vergütung nach der Entgeltgruppe S 14 Stufe 5 TVöD (VKA) zu zahlen und die monatlich anfallenden Bruttovergütungsdifferenzen zwischen den Entgeltgruppen S12 Stufe 5 und S14 Stufe 5 TVöD (VKA) monatlich mit 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen, und zwar jeweils zum 1. des Folgemonats. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte und Berufungsbeklagte zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) mit Wirkung vom 01. 11. 2009.

2

Die am ... geborene Klägerin ist bei der beklagten Stadt seit dem 01. 08. 1988 als Angestellte im öffentlichen Dienst beschäftigt, zuletzt im Amt für Kinder, Jugendliche und Familie. Die Klägerin ist Sozialpädagogin mit staatlicher Anerkennung. Auf das Arbeitsverhältnis finden nach übereinstimmenden Angaben die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst Anwendung.

3

Die Klägerin ist im streitgegenständlichen Zeitraum in der Adoptionsvermittlung und im Pflegekinderbereich (PKD) eingesetzt.

4

Neben dem PKD gibt es den allgemeinen sozialen Dienst (ASD). Bei der Beklagten existiert die Verfahrensvorschrift Nr. 113 „ASD/PKD/WJH bei Hilfe gemäß § 33 SGB XIII und IO gemäß § 42 SGB XIII in Pflegefamilien“, Bl. 144 ff. d. A.. Diese Verfahrensvorschrift ist von der Amtsleiterin ... gezeichnet. Sie wird bei der Beklagten hinsichtlich der Zuständigkeiten und Abgrenzung des ASD vom PKD angewendet.

5

In der am 13. November 2008 von der Beklagten erstellten Stellenbeschreibung (vgl. Bl. 5 ff. d. A.) für die Aufgaben der Klägerin heißt es, soweit hier von Interesse:

...

6

 2.    

 Adoptionsvermittlung

                 

 2.1. 

 Herkunftsfamilien:
- Beratung und Belehrung der Herkunftseltern und deren nachgehende Begleitung

 - qualitative und rechtswirksame

 50 % 

 2.2. 

 Kind:
- Recherchen zum Kind und dessen Biografie, psychosoziale Diagnose, medizinischer Status und Prognose)

 Vorbereitung und Durchführung des Adoptionsverfahrens

        

 2.3. 

 Bewerber:
- Prüfung und Vorbereitung der Adoptionsbewerber (Eignungsbericht, Bewerberseminar)

 - ganzheitliche Sicherung optimaler Bedingungen für alle am Prozess

        

 2.4. 

 Eignungsfeststellung, Vermittlungsentscheidung, Adoptionsverfahren und Adoptionsbegleitung: - vormundschaftsgerichtliches Verfahren (Gutachtliche Stellungnahme, Homestudie bei Auslandsbeteiligung, Klärung von Zuständigkeiten, Einwilligungserklärungen, Anträge auf Ersetzung der elterlichen Einwilligung, Zusammenstellung von Urkunden und Korrespondenzen)
- Zusammenarbeit mit verschiedenen an der Adoptionsvermittlung beteiligten Stellen
- Adoptionsverfahren mit Auslandsbeteiligung
- Aufnahme des Kindes und Adoptionsbeteiligung
- Adoptionsbegleitung nach Adoptionsausspruch (Nachbetreuung)

 Beteiligten

        

 2.5. 

 Identitätssuche:
- Unterstützung adoptierter Erwachsener und heranwachsenden Adoptivkindern bei Identitätssuche und Biografie

                 

 2.6. 

 Besondere Fallgruppen:
- Babynest, anonyme Geburt, Kinder mit besonderen Bedürfnissen, Adoption durch Verwandte oder Stiefeltern, Dauerpflegschaften mit dem Ziel der Adoption)

                 

 3.    

 Pflegekinderdienst

 - Qualitätssicherung der Hilfen zur Erziehung in Vollzeitpflege
- Bereitstellung effektiver Pflegeformen: Pflegeformen für eine befristete Betreuung von Kindern:
- Familiäre Bereitschaftsbetreuung – Kurzzeitpflege
- Interims-Vollzeitpflege Pflegeformen für eine auf Dauer angelegte Lebensform:
- Vollzeitpflege
- Sozial pädagogische Vollzeltpflege
- Heilpädagogische Vollzeitpflege

 50%   

 3.1. 

 Gewinnung, Überprüfung, Beratung und Begleitung von geeigneten Pflegefamilien
- Bewerberverfahren, Bewerberseminar, Eignungsentscheidung
- Vorbereitung privater Familien als Partner der Jugendhilfe

 3.2. 

 Beratung, Gewährung und Steuerung von erzieherischen Hilfen, Case-Management, Hilfeplanverfahren bei Dauerpflegen und Hilfen für junge Volljährige
- Beratung und Begleitung zu spezifischen Lebens- und Erziehungsfragen von Pflegekindern, Problemlösungsstrategien

 3.3. 

 Wahrnehmen der Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (Wächteramt im Zusammenhang mit Vollzeitpflege, Pflegschaft, Vormundschaft und Pflegeerlaubnis)

 3.4. 

 Zuarbeiten und Mitwirkung bei familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahren zur Sicherung des Kindeswohles und im Rahmen der Verbleibensanordnung
- Stellungnahmen zu Pflegschaften, Vormundschaften, Anhörung

 3,5. 

 - Überprüfung und Erteilung der Pflegeerlaubnis weitere Aufgaben:
- Stellungnahmen zu Namensänderungen von Kindern
- Kontakt und Umgangsbegleitung
- Werbung und Öffentlichkeitsarbeit im Pflegekinderbereich
- Entwicklung von Konzepten zur Fortbildung von Pflegeeltern

...

7

Die Zeitanteile für die Adoptionsvermittlung und den Pflegekinderdienst sind mit jeweils 50 % ausgewiesen. Unter Befugnisse und Vollmachten ist folgendes festgehalten:

8

„...

9

Unterschriftsbefugnis in allen zugeordneten Fällen, wobei bei Hilfen zur Erziehung die Genehmigung der Hilfe durch die Ressortleitung erfolgt

10

Vertretung vor dem Familiengericht, Vormundschaftsgericht

11

...“

12

Am 1. November 2009 traten neue tarifliche Regelungen für den Sozial- und Erziehungsdienst in Kraft. Danach wurde die Klägerin von ihrer bisherigen Entgeltgruppe EG 9 TVöD in die neue Entgeltgruppe S 12Ü Stufe 5 TVöD überführt.

13

Mit Schreiben vom 5. März 2010 (vgl. Bl. 9 d. A.) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 15 der Anlage C zum TVöD (VKA) geltend; wobei sie auch die Auffassung vertrat, dass bereits ihre Tätigkeit im PKD die Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) rechtfertige. Dem folgte die Beklagte nicht.

14

Im Rahmen ihrer Tätigkeit „Babynest/anonyme Geburt“ und bei der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII stellt die Klägerin u. a. Anträge beim Familiengericht, um das Kindeswohl sicherzustellen. Die Klägerin ist im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben jedenfalls in einem Umfang von 10 % der Jahresarbeitszeit für Hilfen zur Erziehung nach § 27 ff. SGB XIII sachbearbeitend zuständig, die auch der Krisenintervention bei Kindeswohlgefährdung dienen. Darüber hinaus ist sie zu jedenfalls 2 % ihrer Jahresarbeitszeit in den Notfalldienstplan der Beklagten eingegliedert, der gewährleistet, dass alle Mitarbeiter des ASD und des PKD in den Zeiten, in denen der Notfalldienstplan deren Zuständigkeit vorsieht, Entscheidungen im Rahmen der Kindeswohlgefährdung zu treffen haben, die keines weiteren Aufschubes bedürfen. Darüber hinaus trifft die Klägerin als Mitarbeiterin des PKD auch nach Auffassung der Beklagten bei der Versorgung von ca. 8 - 10 Kindern, die im Babynest abgegeben werden bzw. von 10 - 12 Kindern, die anonym geboren werden, existentielle Entscheidungen das Kindeswohl betreffend (vgl. insoweit auch den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 11. 07. 2011 - dort S. 4/5 oben, Bl. 163 f. d. A.). Hierbei handelt es sich u. a. um die Inobhutnahme und Sicherstellung der Erstversorgung durch Bereitschaftspflege, die Identitätssuche und die Bereitstellung einer Vollzeitpflege bzw. Durchführung des Adoptionsverfahrens. Diese Aufgaben erfordern auch Anträge an das Familiengericht. Diese Aufgaben machen jdfs. 15-20% der klägerischen Aufgaben aus.

15

Im Rahmen der Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII ist die Klägerin ganz überwiegend mit der Frage der Gewährung von Zusatzhilfen nach § 33 SGB XIII befasst. Diese Tätigkeit erfordert keine Anträge an das Familien- bzw. Vormundschaftsgericht. Im Rahmen der von ihr wahrgenommenen Inobhutnahme von Kindern gemäß § 42 SGB XIII stellt sie regelmäßig Anträge bei den Familiengerichten. Regelmäßig nach zwei Jahren der Betreuung von Kindern durch den ASD wird dem PKD und damit auch der Klägerin die Fallverantwortlichkeit nach § 33 SGB XII entsprechend Ziffer 1 der Verwaltungsvorschrift Nr. 113 übergeben. Sofern ein Amtsvormund oder eine Amtspflegschaft besteht, erfolgt die Erstellung eines 1. Hilfeplanes durch den ASD unter Beteiligung des PKD. Sobald die Hilfe auf Dauer angelegt ist, geht in diesen Fällen die Fallverantwortlichkeit auf den PKD über.

16

Sofern die Klägerin im Team entscheidet, handelt es sich um eine Kollegialentscheidung, die mehrheitlich getroffen wird, vgl. z. B. für Hilfen nach § 33 SGB XIII Ziffer 4.1 der Verwaltungsvorschrift Nr. 113.

17

Mit ihrer am 26. 08. 2010 bei dem Arbeitsgericht erhobenen und der Beklagten am 09. 09. 2010 (Bl. 15 d. A.) zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten - soweit in der Berufung noch streitgegenständlich -, sie ab dem 01. 11 2009 nach der Entgeltgruppe S 14 Stufe 5 TVöD (VKA) zu vergüten.

18

Die Klägerin behauptet, die von der Beklagten vorgenommene Eingruppierung sei fehlerhaft und entspreche nicht der von ihr tatsächlich ausgeübten Tätigkeit.

19

Ihre Tätigkeit sei jedenfalls - die ursprünglich begehrte Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 15 TVöD wird im Berufungsverfahren nicht mehr gefordert - in die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) einzugruppieren. Dies ergebe sich bereits aus der Fallverantwortlichkeit für ihre Aufgabe im PKD, die sie ausübe.

20

Sie habe darüber hinaus Entscheidungen im Rahmen der unmittelbaren Gefahrenabwehr bei Kindeswohlgefährdung zu treffen. Insgesamt bearbeite sie im Bereich PKD der Beklagten durchschnittlich ca. 30 Vollzeitpflegefälle nach § 33 SGB VIII. Hiervon fielen ca. 75 % bis 80 % in die Fallverantwortlichkeit des PKD.

21

Als Mitglied des sozialpädagogischen Teams habe sie darüber hinaus bei den wöchentlich stattfindenden Teamberatungen an allen Fallberatungen und Entscheidungen mitzuwirken, die eine Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII nach sich zögen.

22

Weiter nehme sie an Helferkonferenzen des ASD teil, in denen über die Lebensperspektive von Kindern entschieden werde.

23

Sofern eine Inobhutnahme erforderlich sei, werde diese vom PKD selbst durchgeführt. Tatsächliche Entscheidungen zur Gefahrenabwehr in einer Pflegefamilie treffe ausschließlich der PKD, weil er und nicht der ASD die Pflegefamilie betreue und für diese verantwortlich sei.

24

Darüber hinaus habe sie bei Verfahren nach § 33 SGB VIII fortlaufend Aspekte möglicher Kindeswohlgefährdung zu prüfen und ggf. entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Die Beklagte habe ihr durch die Übertragung der Fallverantwortung bei den auf Dauer angelegten Pflegeverhältnissen gemäß §§ 27, 33 SGB VIII alle übrigen in der Protokollerklärung Nr. 113 erwähnten Aufgaben übertragen.

25

Ihr obliege die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten gemäß § 50 SGB VIII und die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen gemäß § 42 SGB VIII.

26

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

27

Es wird festgestellt, dass die beklagte Stadt verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01. November 2009 nach der Entgeltgruppe S 15 Stufe 5 zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe S 12 Stufe 5 und der Entgeltgruppe S 15 Stufe 5, beginnend mit dem 15. November 2009 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

28

Hilfsweise:

29

Es wird festgestellt, dass die beklagte Stadt verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01. November 2009 nach der Entgeltgruppe S 14 Stufe 5 zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe S 12 Stufe 5 und der Entgeltgruppe S 14 Stufe 5, beginnend mit dem 15. November 2009 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

30

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt:

31

Die Klage wird abgewiesen.

32

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin erfülle mit ihrer Tätigkeit die Aufgabenbereiche der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) nicht.

33

Bezogen auf die Entgeltgruppe S 15 TVöD (VKA), die nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, handele es sich nicht um besonders schwierige und bedeutende Tätigkeiten.

34

Darüber hinaus sei die Klägerin hinsichtlich der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) einen Beweis für ihre Behauptung, sie treffe Entscheidungen zur Vermeidung der Kindeswohlgefährdung, schuldig geblieben. Sie habe nicht die Befugnis, abschließend inhaltliche Sachentscheidungen zu treffen. Vielmehr arbeite sie insoweit im Team mit mehreren Sozialarbeitern des ASD zusammen. Sie sei in vielen Bereichen lediglich präventiv, nicht jedoch überwiegend kriseninvasiv eingesetzt.

35

Auch nach der neuen Protokollerklärung Nr. 13 zur Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) sei die Klägerin nicht in die Entgeltgruppe S 14 einzugruppieren. Die Entscheidungen zur Vermeidung der Kindeswohlgefährdung seien allein den Mitarbeitern des ASD übertragen.

36

Letztlich erfülle der Tätigkeitsbereich des PKD nicht zu mindestens 50 % die Anforderungen der Entgeltgruppe S 14 TVöD, Allenfalls zu 27 - 32 % übe sie Tätigkeiten aus, die mit einer Gefahren ab wehr das Kindeswohl betreffend einhergingen (s. o. S. 5 des Urteils: 10% + 2% + 15-20%).

37

Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 15 TVöD (VKA) abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung nicht gegeben seien.

38

Die Klägerin sei auch nicht in die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) eingruppiert. Die Klägerin treffe nicht mindestens zur Hälfte ihrer Arbeitsaufgaben Entscheidungen zur Vermeidung einer Gefährdung des Kindeswohls. Zwar sei die Klägerin auch in dem Bereich der Gefahrenabwehr tätig, jedoch nicht zu mindestens zur Hälfte ihrer Gesamttätigkeit. Nicht jede Unterbringung von Kindern in einer Pflegefamilie sei gleichbedeutend mit der Gefährdung des Kindeswohls. Entscheidungen im Rahmen von Notfalldiensten seien nicht ausreichend, dieses Quorum festzustellen. Entscheidend für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe S 14 TVöD (VKA) sei die besondere Situation einer Krisenintervention. Solche Aufgaben übe die Klägerin nicht deutlich wahrnehmbar aus.

39

Das Urteil ist der Klägerin zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 03. 04. 2012 zugestellt worden, Bl. 233 d. A..

40

Hiergegen hat die Klägerin mit am 27. 04. 2012 eingegangenen Schriftsatz vom 26. 04. 2012 (Bl. 236 d. A.) Berufung eingelegt.

41

Mit am Montag, dem 04. 06. 2012, eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage (Bl. 242 d. A.) hat die Klägerin die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt. Dem Fristverlängerung bis einschließlich 03. 07. 2012 wurde ausweislich des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts vom 05. 06. 2012 (Bl. 243 d. A.) antragsgemäß stattgegeben.

42

Am 22. 06. 2012 ging die Berufungsbegründung vom 21. 05. 2012 ein, Bl, 245 d. A.. Die Klägerin hat ihre Berufung auf die Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 14 Stufe 5 TVöD (VKA) beschränkt.

43

Selbst wenn die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) in erster Linie auf Mitarbeiter des ASD abstelle, übe die Klägerin jedoch im Rahmen einer Organisationsentscheidung der Beklagten vergleichbare Aufgaben aus. Darüber hinaus sei nicht darauf abzustellen, dass jegliche ihrer Aufgaben im PKD eine Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls betreffen müssten. Denn in der hierzu ergangenen Protokollerklärung Nr. 13 fielen auch damit in Zusammenhang stehende Tätigkeiten unter die höhere Entgeltgruppe. Von den im Jahr 2012 von ihr zu betreuenden 25 Pflegeverhältnissen habe die Fallverantwortlichkeit in 22 Fällen bei der Klägerin gelegen. Im Jahr 2012 habe sie 5 Adoptionsvermittlungen durchgeführt. Hierbei habe ihr die alleinige Fallverantwortung oblegen.

44

Zwar sei zutreffend, dass der Klägerin als Mitarbeiterin des PKD die Fallverantwortlichkeit im Rahmen von Maßnahmen nach § 27 ff. SGB VIII (§ 33 SGB VIII) erst nach Ablauf von 2 Jahren übertragen werde. Allerdings schreibe sie die vorhandenen Hilfepläne entgegen der Auffassung der Beklagten nicht einfach fort, sondern überprüfe diese auch, ob sie noch angemessen seien, was insbesondere im Hinblick auf das Fortschreiten des Alters des Kindes stets notwendig sei.

45

Die Klägerin beantragt,

46

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Halle vom 22. 02. 2012, Aktenzeichen 9 Ca 2522/10 E, festzustellen, dass die beklagte Stadt verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01. 11. 2009 nach der Entgeltgruppe S 14 Stufe 5 zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe S 12 Stufe 5 und der Entgeltgruppe S 15 Stufe 5, beginnend mit dem 15. 11. 2009 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

47

Die Beklagte beantragt,

48

die Berufung zurückzuweisen.

49

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

50

Das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht mindestens im Umfang von 50 % ihrer gesamten Tätigkeit Entscheidungen zur Vermeidung einer Gefährdung des Kindeswohls treffen müsse. Ein solcher Umfang sei mindestens notwendig, um eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) zu rechtfertigen, da die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) kein Heraushebungsmerkmal sei, sondern Eigenstellung besitze.

51

Auf die Verfahrensvorschrift Nr. 113 der Beklagten könne sich die Klägerin nicht berufen. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei tatsächlich um eine Organisationsverfügung i. S. d. Protokollerklärung Nr. 13 zur Anlage C TVöD (VKA) handle. Denn auch die Verfahrensschrift Nr. 113 übertrage der Klägerin gerade nicht die alleinige und abschließende Sachentscheidungskompetenz.

52

Die Fallverantwortlichkeit wechsle vom ASD auf den PKD erst nach 2 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt seien die Handlungsmaßnahmen schon im Hilfeplan verbindlich festgelegt. Die Klägerin schreibe diesen Hilfeplan lediglich fort.

53

Soweit der Klägerin die notwendige Installation von Zusatzhilfen gemäß §§ 33 SGB VIII zur Gefahrenabwehr obliege, geschehe dies auch erst nach 2 Jahren.

54

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Erklärungen zu den Protokollen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

1.

55

Die statthafte (§ 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 ArbGG), zulässige (§§ 66 Abs. 1, 519, 520 ZPO) Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.

2.

56

Das Arbeitsgericht hat ihre Klage auf Vergütung nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) ab dem 01. 11. 2009 zu Unrecht abgewiesen. Lediglich hinsichtlich des Zinsantrages ist die Klage teilweise unbegründet.

a)

57

Der Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte die Klägerin seit dem 01. 11. 2009 nach der Entgeltgruppe S 14 Anlage C TVöD (VKA) vergüten und die Bruttodifferenzbeträge verzinsen muss, ist zulässig (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG vom 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - juris).

b.)

58

Die Klägerin hat ab dem 01. 11. 2009 Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe S 14 Anlage C TVöD (VKA).

59

Auf das Arbeitsverhältnis finden - dies ist zwischen den Parteien ausweislich der Erklärungen im Protokoll der Berufungsverhandlung vom 19. 02. 2013 (Bl. 293 d. A.) unstreitig - die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst und mithin u. a. der TVöD (VKA) Anwendung.

60

Die Eingruppierung richtet sich damit grundsätzlich nach §§ 12 ff. TVöD (VKA), über deren Inhalt sich die Tarifvertragsparteien allerdings noch nicht geeinigt haben. Gemäß § 17 Abs. 1 des Überleitungstarifvertrages (TVÜ) gelten daher bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD die §§ 22, 23, 25 BAT-O fort, so dass auf die bisherigen Eingruppierungsgrundsätze zum BAT/BAT-O zurückgegriffen werden kann.

61

Der Ausgang des Rechtsstreites hängt deshalb gemäß § 22 Abs. 1 und 2 BAT-O davon ab, ob die Klägerin mindestens zur Hälfte ihrer Arbeitszeit Arbeitsvorgänge zu bearbeiten hat, welche die tariflichen Anforderungen der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) erfüllen.

62

Das ist vorliegend der Fall.

3.

63

Die Tätigkeit der Klägerin ist in 2 (größere) Arbeitsvorgänge zu gliedern.

64

Die Tätigkeit der Klägerin ais Sachbearbeiterin Adoptionsvermittlung bildet einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Gleiches gilt für die Tätigkeit der Klägerin als Sachbearbeiterin Pflegekinderdienst (PKD).

65

Dies gilt auch vor Inkrafttreten der Protokollnotiz Nr. 13 (in Kraft seit 01. 01. 2011) und damit im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum.

a)

66

Unter einem Arbeitsvorgang i. S. d. BAT-0 ist eine unter Berücksichtigung der Zusammenhangstätigkeiten bei Annahme einer sinnvollen und vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare, rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen. Dabei ist es möglich, dass die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen oder zwei größere Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter oder nur in zwei Bereiche aufteilbar und einer rechtlichen Bewertung zugänglich ist. Dagegen können tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlich tariflicher Wertigkeit nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAG vom 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08, juris Rdnr. 16 m. w. N.).

b.)

67

Die Anwendung dieser Grundsätze führt zur Annahme von 2 größeren Arbeitsvorgängen, die jeweils einen Anteil von 50 % an der Gesamtarbeitszeit umfassen. Diese Tendenz, bei Tätigkeiten im sozialen Bereich eher von einem oder wenigen größeren Arbeitsvorgängen auszugehen, ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vielfach festzustellen.

aa.)

68

Das Bundesarbeitsgericht hat in Eingruppierungsstreitigkeiten von Sozialarbeitern regelmäßig angenommen, dass die gesamte, einem Sozialarbeiter übertragene Tätigkeit als einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen sei, da seine Tätigkeit auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, nämlich die Betreuung des ihm zugewiesenen Personenkreises gerichtet sei. Demgemäß habe ihre Tätigkeit Funktionscharakter. Die einzelnen von ihnen ausgeübten Tätigkeiten seien tatsächlich nicht trennbar und tariflich einheitlich zu bewerten (vgl. Nachweise in: BAG vom 14. Dezember 1994 - 4 AZR 950/93, juris Rdnr. 24).

69

Auch die Tätigkeiten eines Sozialarbeiters in der Jugendgerichtshilfe hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung als einen Arbeitsvorgang angesehen, soweit die zugewiesenen Jugendlichen und gegebenenfalls deren Familien im Rahmen der Jugendgerichtshilfe zu betreuen seien, BAG, vom 25. März 1998 - 4 AZR 666/96 - und vom 14. Dezember 1994 - 4 AZR 1950/93 - Alle damit verbundenen Einzeltätigkeiten dienten zum ganz überwiegenden Teil der sozialpädagogischen Betreuung der zugewiesenen Jugendlichen und Heranwachsenden im zuständigen Gerichtsdezernat. Diese Tätigkeit könne auch nicht in die jeweiligen Betreuungsfälle, etwa eines bestimmten Jugendlichen in einem bestimmten Jugendgerichtsverfahren mit bestimmten Defekten und bestimmten Maßnahmen und Strafen etc. aufgegliedert werden, auch wenn die Jugendgerichtshilfe aktenbezogen auf den einzelnen Jugendlichen wahrgenommen würde. Denn es stehe nicht von vornherein fest, welchen Schwierigkeitsgrad ein einzelner Fall aufweise; dies zeige sich häufig erst im Zuge der Bearbeitung.

70

Für den Bereich einer Adoptionsvermittlung hat das BAG im Urteil vom 14. 12. 1994 - 4 AZR 935/93 - auf seine früheren Urteile zu Betreuungsaufgaben Bezug genommen und die gesamte Tätigkeit der Angestellten als einen Arbeitsvorgang bewertet. Die Trennung nach unterschiedlich zu bewertenden (schwierigen oder leichten) Tätigkeiten lehnt das BAG ab, weil nicht von vornherein feststehe, welchen Schwierigkeitsgrad ein Fall aufweise. Dies stelle sich erst im Zuge der Bearbeitung heraus.

71

Die Tätigkeit eines Sozialarbeiters im sozialpsychiatrischen Dienst umfasse ebenfalls nur einen großen Arbeitsvorgang. Eine Trennung nach Schwierigkeitsgrad sei ebenfalls nicht möglich, da sich dies erst während der Betreuung herausstelle, vgl. BAG, Urteil vom 10. 07. 1996 - 4 AZR 139/95 -.

72

Im gleichen Sinne hat das BAG im Urteil vom 04. 09. 1996 - 4 AZR 177/95 - geurteilt und angenommen, dass Betreuungsaufgaben eines Sozialarbeiters in einem Jugendhaus einen großen Arbeitsvorgang darstellen, der nicht in Einzelfälle untergliedert werden könne. In der Entscheidung vom 06. 08. 1997 - 4 AZR 891/95 - hat das BAG angenommen, dass klientenbezogene Sozialarbeit ein Arbeitsvorgang sei.

bb.)

73

Diesen Grundsätzen schließt sich die hier erkennende Kammer an. Die Übertragung von Aufgaben der Adoptionsvermittlung und des PKD auf die Klägerin stellen zwei Arbeitsvorgänge mit jeweils 50 % der gesamten Tätigkeit der Klägerin dar. Diese beiden Arbeitsvorgänge sind aber voneinander zu trennen, da beide zu völlig unterschiedlichen Ergebnisse führen. Während die Adoption den dauerhaften Verbleib des Kindes in einer Familie mit statusrechtlichen Folgen zum Ziel hat, dient die Betreuung und Vermittlung von Pflegekindern dem vorübergehenden Aufenthalt in anderen Erziehungseinheiten ohne statusrechtliche Folgen.

cc.)

74

Unter Berücksichtigung diese Maßstäbe ist die Klägerin ist in die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) eingruppiert, wenn entweder beide oder einer der von ihr wahrgenommenen Arbeitsvorgänge in diese Entgeltgruppe einzugruppieren ist. Denn gemäß § 22 Abs. 1 BAT-O ist der Arbeitnehmer in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeit er ausübt. Diese Tätigkeit übt der Arbeitnehmer aus, wenn er sie überwiegend wahrnimmt. Eine überwiegende Wahrnehmung ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer mindestens 50 % seiner Gesamttätigkeit Arbeitsvorgänge mit höherwertigen Tätigkeiten auszuführen hat.

75

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sind folgende Entgeltgruppen zu untersuchen;

76

S 12

77

Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten.

78

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 11)

79

Protokollerklärungen:

80

Nr. 1:

...

81

Nr. 11:

82

Schwierige Tätigkeiten sind z. B. die

83

a) Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,

84

b) Beratung von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen,

85

c) begleitende Fürsorge für Heimbewohnerinnen/Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohnerinnen/Heimbewohner,

86

d) begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,

87

e) Koordinierung der Arbeiten mehrerer Beschäftigter mindestens der Entgeltgruppe S 9.

88

S 14

89

Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit, die Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls treffen und in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht Maßnahmen einleiten, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, oder mit gleichwertigen Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind (z. B. Sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise).

90

(Hierzu Protokollerklärung Nrn. 12 und 13)

91

Protokollerklärungen:

92

Nr. 12:

93

Unter die Entgeltgruppe S 14 fallen auch Beschäftigte mit dem Abschluss Diplompädagoge/Diplompädagoge, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung ausüben, denen Tätigkeiten der Entgeltgruppe 14 übertragen sind.

94

Nr. 13 (in Kraft seit dem 01.01.2011):

95

Das „Treffen von Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls und die Einleitung von Maßnahmen in Zusammenhang mit dem Familiengericht bzw. mit dem Vormundschaftsgericht, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind“, sind im Allgemeinen Sozialen Dienst bei Tätigkeiten im Rahmen der Fallverantwortung bei

96

- Hilfen zur Erziehung nach § 27 SGB VIII,

97

- der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII,

98

- die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42 SGB VIII),

99

- der Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50 SGB VIII)

100

einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten erfüllt.

101

Die Durchführung der Hilfen nach den getroffenen Entscheidungen (z. B. Erziehung in einer Tagesgruppe, Vollzeitpflege und Heimerziehung) fällt nicht unter die Entgeltgruppe S 14.

102

Die in Aufgabenbereichen außerhalb des Allgemeinen Sozialen Dienstes wie z. B. Erziehungsbeistandsschaft, Pflegekinderdienst, Adoptionsvermittlung, Jugendgerichtshilfe, Vormundschaft, Pflegschaft auszuübende Tätigkeiten fallen nicht unter die Entgeltgruppe S 14, es sei denn, dass durch Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers im Rahmen dieser Aufgabenbereiche ebenfalls Tätigkeiten auszuüben sind, die Voraussetzung von Satz 1 erfüllen.

103

Danach gilt Folgendes:

104

Das Merkmal des Treffens von Entscheidungen und Einleitung von Maßnahmen ist so gefasst, dass es sich nicht von den anderen Betreuungstätigkeiten abtrennen lässt und vernünftigerweise nur auf die Gesamttätigkeit zu beziehen ist.

105

Sämtliche im Rahmen des zweiten Arbeitsvorganges (Pflegekinderdienst) ausgeübten Tätigkeiten der Klägerin sind daher demselben Arbeitsvorgang zuzurechnen. Dies trifft insbesondere auch auf die vorbereitende Tätigkeit der Gewinnung, Überprüfung, Beratung und Begleitung von Pflegefamilien nach Ziffer 3.1 der Stellenbeschreibung und die in Ziffer 3.5 genannten weiteren Aufgaben zu. Hierbei handelt es sich um Zusammenhangstätigkeiten, wie sie auch in der Protokollnotiz Nr. 13 und in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 BAT ausdrücklich erwähnt sind. Es spricht angesichts der bei Schaffung der S-Eingruppierungsgruppen bekannten, oben unter 3 b.) aa.) referierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nämlich alles dafür, dass die Tarifvertragsparteien die Eingruppierung auf die Funktion eines Sozialpädagogen, der bestimmte Entscheidungen trifft, abstellen wollten. Wem die Verantwortung übertragen ist, zur Vermeidung einer Gefährdung des Kindeswohls die genannten Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen einzuleiten, der soll nach der Entgeltgruppe S 14 vergütet werden. Es wäre auch andernfalls nicht planbar und dem Zufall überlassen, wie oft der Sachbearbeiter, dem die entscheidende Kompetenz übertragen wurde, mit den genannten Entscheidungen und Maßnahmen befasst wäre.

106

Innerhalb des Arbeitsvorganges Pflegekinderdienst (PKD) erfüllt die Klägerin die Anforderungen an die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA). Schon nach der eigenen Tätigkeitsdarstellung und Stellenbeschreibung der Beklagten vom 13. 11. 2008 (Bl. 5 ff. d. A.) wirkt die Klägerin laut Ziffer 3.2 in den sog. Hilfeplanverfahren bei Dauerpflegen und Hilfen für junge Volljährige nach § 36 SGB VIII mit und trifft dabei Entscheidungen zur Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung. Außerdem erfüllt sie damit nach Inkrafttreten der Protokollnotiz Nr. 13 ab dem 01. 01. 2011 eines der Fallbeispiele der Protokollnotiz Nr. 13 zur Anlage C TVöD. Hier berät und begleitet sie die Betroffenen in spezifischen Lebens- und Erziehungsfragen. Ihr obliegen außerdem Problemlösungsstrategien.

107

Gemäß Ziffer 3.3 der Stellenbeschreibung ist sie darüber hinaus im Wächteramt mit Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Zusammenhang mit der Vollzeitpflege, der Pflegschaft, Vormundschaft und Pflegeerlaubnis betraut. Auch diese Tätigkeit hat eindeutigen Bezug zur Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung, wie sich bereits aus der Formulierung „Wächteramt“, „Schutz von Kindern ...“ ergibt. Diese Aufgaben bewertet selbst die Beklagte mit 10 % als höherwertig, wie sie im Schriftsatz vom 11. 07. 2011 unter Bezugnahme auf die „Leitungskräfte im Amt für Kinder, Jugend und Familie“ (Bl. 163 d. A.) ausführt, wenn sie immerhin angibt, dass solche Tätigkeiten der Klägerin sich auf „nur wenige Fälle der Krisenintervention und Kindeswohlgefährdung“ beschränken und das „der zu veranschlagende Zeitanteil sämtlicher zuvor dargestellter Tätigkeiten max. 10 % der Jahresarbeitszeit umfassen kann.“

108

Darüber hinaus wirkt sie - und dies wird auch von der Beklagten nicht bestritten - im Rahmen so genannter Notfalleinsätze zu 2 % ihrer Gesamttätigkeit bei der Inobhutnahme von Kindern gem. § 42 SGB VIII mit und trifft in diesen Fällen Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls. Damit erfüllt sie tatbestandliche Aufgaben und erfüllt - jdfs. ab 01. 01. 2011 - ein weiteres Fallbeispiel der Protokollnotiz Nr. 13 zur Eingruppierungsgruppe S 14 TVöD.

109

Im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern nach § 42 SGB VIII stellt sie darüber hinaus Anträge bei den Familiengerichten. Dies spiegelt sich auch in Ziffer 3.4 der Stellenbeschreibung wieder, wenn es dort heißt: „Zuarbeiten und Mitwirkung bei familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahren zur Sicherung des Kindeswohls und im Rahmen der Verbleibensanordnung.“ Hinsichtlich der Inobhutnahme von Kindern gesteht selbst die Beklagte der Klägerin zu, bis zu 20 % ihrer Tätigkeit existenzielle Aufgaben zur Vermeidung der Kindesgefährdung wahrzunehmen. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 11. 07. 2011 (Bl. 163 d. A.) hierzu ausgeführt: „In diesen Fällen sind, durch den PKD in der Tat existentielle Entscheidungen (das Kindeswohl betreffend) zu treffen. Diese sind u. a. die Inobhutnahme und Sicherstellung der Erstversorgung durch Bereitschaftspflege, die Identitätssuche und Bereitstellung einer Vollzeitpflege.“

110

Darüber hinaus gesteht die Beklagte der Klägerin zu, im Rahmen der Hilfen zur Erziehung nach § 27 SGB VIII, insbesondere im Bereich der Zusatzhilfen nach § 33 SGB VIII, Maßnahmen zu treffen, die sich nach dem Kindeswohl richten. Dies gilt It. Ziffer 8.1 der Verwaltungsvorschrift Nr. 113 auch im Fall des drohenden Abbruches des Pflegeverhältnisses, denn insoweit ist die Klägerin in die Teamentscheidung eingebunden, da sie Mitglied desselben ist.

111

Damit nimmt die Klägerin auch nach Auffassung der Beklagten insgesamt Aufgaben im Umfang von 32 % wahr, die innerhalb des Arbeitsvorgangs zu 2. der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) zuzuordnen sind. Dies gilt auch für die Aufgabe im Rahmen der Findelkinderbetreuung und der anonymen Geburt, denn soweit es um deren Betreuung geht, nimmt die Beklagte im Schriftsatz vom 11. 07. 2011 (Bl. 163 d. A.) die Zuständigkeit des PKD für die Inobhutnahme und Sicherstellung der Erstversorgung an und ordnet diese Aufgaben nicht der Adoptionsvermittlung zu. Dem schließt sich die erkennende Kammer auch hinsichtlich der organisatorischen Eingliederung dieser Aufgabe an.

112

Dass die Klägerin insoweit nicht bei jeder ihrer Maßnahmen zur Kindesgefährdung mit den Gerichten zusammenarbeitet, ist irrelevant. Denn sie nimmt die Aufgaben dieses kumulativen Tatbestandsmerkmals nach der Stellenbeschreibung gem. deren Ziffer 3.4 wahr. Dort heißt es: „Zuarbeiten und Mitwirkung bei familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahren zur Sicherung des Kindeswohls“.

113

Zwar fallen die Aufgaben des PKD, soweit sie außerhalb des ASD anfallen, gemäß Nr. 13 S. 3 der Protokollnotiz zur Anlage C TVöD (VKA) grundsätzlich nicht unter die Entgeltgruppe S 14. Allerdings ist vorliegend die ebenfalls in Satz 3 genannte Ausnahme zu Gunsten der Klägerin anzunehmen. Denn die Aufgaben außerhalb des ASD - wie z. B. Pflegekinderdienst - fallen dann unter die Entgeltgruppe S 14, wenn durch Organisationsentscheidung des Arbeitgebers ebenfalls Tätigkeiten auszuüben sind, die die Voraussetzungen von S. 1 der Protokollnotiz Nr. 13 zur Anlage C TVöD (VKA) zu erfüllen sind.

114

Dies ist vorliegend der Fall.

115

Die von der Klägerin im Rahmen des PKD wahrzunehmenden Aufgaben sind Gegenstand der Verfahrensvorschrift Nr. 113 der Beklagten. Hierbei handelt es sich um eine Organisationsentscheidung der Beklagten. Sofern die Beklagte dies in Abrede stellt, irrt sie. Durch die Verwaltungsvorschrift Nr. 113 sind Zuständigkeitsregelungen im Bereich des PKD und der Adoptionsbetreuung geregelt worden. Dadurch wird die Organisation bei dem Arbeitgeber in diesem Bereich durch eine allgemeine Anordnung, die von der entsprechenden Amtsleitung unterzeichnet wurde, geregelt. Hierbei handelt es sich um eine Entscheidung der Zuständigkeitsorganisation der Beklagten i. S. d. Protokollnotiz Nr. 13.

116

Dies gilt auch für die streitgegenständliche Zeit vor Inkrafttreten der Protokollnotiz am 01. 01. 2011. Denn es sind keine Anhaltspunkte von den Parteien vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien durch die Schaffung der Protokollnotiz Nr. 13 inhaltlich etwas an den Voraussetzungen der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) ändern wollten.

dd.)

117

Insgesamt erbringt die Klägerin die streitgegenständlichen Anforderungen der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) auch in einem rechtserheblichen und somit für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals ausreichenden Maße.

118

Die qualifizierende Anforderung eines Tatbestandsmerkmals muss innerhalb eines Arbeitsvorgangs nämlich nur in einem näher zu bestimmenden „rechtserheblichen“ Ausmaß erfüllt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten bedarf es zur Einordnung des Arbeitsvorganges PKD keiner Wahrnehmung der Entscheidungen zur Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung zu 100 %. Die Beklagte stellt dabei fehlerhaft auf die Wahrnehmung der herausgehobenen Aufgaben der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) im Verhältnis zur Jahresarbeitszeit ab. Dies ist nicht zutreffend, weil die entsprechenden Eingruppierungsvorschriften nicht auf die Jahresarbeitszeit, sondern auf das Vorliegen von Arbeitsvorgängen abstellen, die zumindest bezogen auf die gesamte Tätigkeit des Angestellten zu 50 % höherwertig sind.

119

In der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT heißt es:

120

Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen einschließlich Zusammenhangsarbeiten, die bezogen auf einen Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtungsweise abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B....). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

121

Das Bundesarbeitsgericht hat daraus in ständiger Rechtsprechung zum BAT gefolgert, dass bei einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit die qualifizierenden Aufgaben einer Vergütungsgruppe innerhalb dieser Gesamttätigkeit ihrerseits nicht wiederum überwiegend anzufallen brauchen; vielmehr genüge es, dass solche Tätigkeiten nicht in unerheblichem Maße innerhalb eines Arbeitsvorganges erfüllt werden (BAG, Urteil vom 18. 09. 1971 - 4 AZR 367/70 -, juris). Das in Satz 2 der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-O vereinbarte Aufspaltungsverbot gestatte es nicht, einen Arbeitsvorgang weiter nach Teiltätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit aufzuspalten. Eine Gewichtung an dieser Stelle des Eingruppierungsvorganges finde nicht mehr statt; die Bewertung erfolge einheitlich für den gesamten Arbeitsvorgang. Es bedürfe dabei weder eines Übergewichts noch eines „Gepräges“ des Arbeitsvorganges durch die für die Bewertung maßgebende Teiltätigkeit. Es genüge, wenn innerhalb eines Arbeitsvorganges überhaupt konkrete Tätigkeiten verrichtet würden, die die Anforderung des höheren Tätigkeitsmerkmals erfüllen. Dann sei der Arbeitsvorgang in seinem gesamten zeitlichen Umfang dem höheren Tätigkeitsmerkmal zuzuordnen (ständige Rechtsprechung, BAG, Urteil vom 28. 01. 2009, 4 AZR 13/08, juris Rdnr. 47 m. w. N.). Lediglich dann, wenn die höher bewerteten Anteile der Arbeit kein „rechtserhebliches“ Ausmaß innerhalb des zu bewertenden Arbeitsvorganges erlangten, könnten sie außer Betracht gelassen werden. Bei der Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes stehe den Tatsacheninstanzen ein Beurteilungsspielraum zu, (BAG, Urteil vom 22. 03. 1995, 4 AZN 1105/94). Als rechtserheblich hat das Bundesarbeitsgericht z. B. bereits einen zeitlichen Anteil von 7 % selbständiger Leistungen in einem Arbeitsvorgang angesehen, der insgesamt 35 % der Gesamttätigkeit ausmacht, Urteil vom 18. 05. 1994 - 4 AZR 461/93 -.

122

Dieser Rechtsprechung folgt die Kammer.

123

Die von der Klägerin wahrgenommenen und auch von der Beklagten zugestandenen 32 % der höherwertigen Aufgaben innerhalb des Arbeitsvorganges PKD, der seinerseits 50 % der Gesamttätigkeit ausmacht, sind keine rechtsunerhebliche Tätigkeit. Zu 32 % ihrer Tätigkeiten nimmt die Klägerin im Arbeitsvorgang PKD Aufgaben wahr, die der Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls dienen. Hierbei handelt es sich einerseits um die Inobhutnahme von Kindern gemäß § 42 SGB VIII, die Gewährung von Zusatzhilfen gemäß § 33 SGB VIII, die in den Kanon des Anwendungsbeispiels des § 27 SGB VIII nach der Protokollnotiz Nr. 13 fallen, und um Tätigkeiten im Rahmen der Hilfeplangestaltung nach § 36 SGB VIII. Selbst wenn der Klägerin für Maßnahmen nach § 36 SGB VIII die Fallverantwortung erst nach 2 Jahren übertragen wird, und zu diesem Zeitpunkt die Hilfepläne bereits festgeschrieben sind, ist die Klägerin jedoch zumindest für deren Fortschreibung zuständig. Eine Fortschreibung ist nach Auffassung der Kammer ebenfalls höherwertig i. S. d. Entgeltgruppe S 14, weil auch bei Prüfung der Fortschreibung des Hilfeplanes Entscheidungen bzgl. des Kindeswohls zu treffen sind. Hierbei handelt es sich um die Entscheidung, ob die festgelegten Maßnahmen im Hilfeplan noch ausreichend sind. Allein die fortlaufende Prüfung erfüllt das Merkmal der Fallverantwortlichkeit der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII i. S. v. Ziffer II. 3.2. der Stellenbeschreibung. Dies greift bereits wegen des fortschreitenden Alters der zu betreuenden Kinder Platz. Damit umfasst die Tätigkeit der Klägerin auch bei der Fortschreibung von Hilfeplanmaßnahmen jedenfalls die Möglichkeit der Veränderung. Dies ist ausreichend, um jene Tätigkeiten nach § 36 SGB VIII als solche i. S. d. Protokollnotiz Nr. 13, deren Erfüllung die höherwertige Tätigkeit nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) nach sich zieht, zu qualifizieren.

ee.)

124

Die Zuerkennung der Stufe 5 ist zwischen den Parteien unstreitig, wie sich einerseits aus S. 3 des Schriftsatzes vom 23. 01. 2012, wenn die Beklagte ausführt, dass die Stufe 4 nicht nachvollziehbar sei, weil die Klägerin durch eine Höhergruppierung nicht schlechter gestellt werden dürfe und i. Ü. aus dem Protokoll über die Berufungskammerverhandlung vom 19. 02. 2013 ergibt.

4.

125

Das spätere Inkrafttreten der Protokollnotiz Nr. 13 am 01. 01. 2011 mit Änderungstarifvertrag Nr. 11 vom 24. 01. 2011 hat für den vorliegenden Fall an der materiell-rechtlichen Lage nichts geändert. Insbesondere erfüllte die Klägerin bereits vorher das tarifliche Merkmal des Treffens von Entscheidungen und der Einleitung von Maßnahmen, wie oben dargelegt wurde.

5.

126

Die tarifliche Ausschlussfrist aus § 37 Abs. 1 TVöD (VKA) hat die Klägerin mit Schreiben vom 05. 03. 2013 gewahrt. Dort hat sie u. a. hervorgehoben, dass die Tätigkeit im PKD die Einstufung in die Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) rechtfertige.

6.

127

Die Beklagte ist gemäß § 288 Abs. 1 BGB verpflichtet, die monatlichen Bruttodifferenzbeträge mit 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils ab dem 01. der Folgemonate zu verzinsen, da sich die Beklagte gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit den jeweiligen Forderungen ohne Mahnung kalendermäßig ab dem 01. des Folgemonats in Verzug befindet, wobei sich die Differenz auf das bezogene Gehalt nach der Entgeltgruppe 12 Ü und der jeweiligen Höhe nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD (VKA) bezieht.

128

Dagegen konnte der Klägerin nicht gefolgt werden, soweit sie eine monatliche Verzinsung bereits ab dem 15. des jeweiligen Zahlmonats begehrt, da die Fälligkeit der jeweiligen höheren Vergütung erst am 01. des Folgemonats eintritt, § 24 TVöD (VKA); insoweit war die Berufung teilweise zurückzuweisen.

7.

129

Eines Schriftsatznachlasses bedurfte es nicht, weil die Kammer auf den Vortrag im Schriftsatz vom 14. 02. 2013 nicht abgestellt hat und er i. Ü. nicht bestritten ist.

III.

130

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

IV.

131

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.


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Tenor 1. Die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 25. Juni 2008 - 2 Sa 24/07 - wird zurückgewiesen.

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(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine angemessene Alterssicherung zu erfüllen, können die erforderlichen Aufwendungen als Bedarf berücksichtigt werden, soweit sie nicht nach § 82 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 vom Einkommen abgesetzt werden. Aufwendungen nach Satz 1 sind insbesondere

1.
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung,
2.
Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse,
3.
Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen,
4.
Beiträge für eine eigene kapitalgedeckte Altersvorsorge in Form einer lebenslangen Leibrente, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres vorsieht, sowie
5.
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten.

(2) Weisen Leistungsberechtigte Aufwendungen zur Erlangung eines Anspruchs auf ein angemessenes Sterbegeld vor Beginn der Leistungsberechtigung nach, so werden diese in angemessener Höhe als Bedarf anerkannt, soweit sie nicht nach § 82 Absatz 2 Nummer 3 vom Einkommen abgesetzt werden.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Es hat in folgenden Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mitzuwirken:

1.
Kindschaftssachen (§ 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
2.
Abstammungssachen (§ 176 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
3.
Adoptionssachen (§ 188 Absatz 2, §§ 189, 194, 195 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
4.
Ehewohnungssachen (§ 204 Absatz 2, § 205 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und
5.
Gewaltschutzsachen (§§ 212, 213 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

(2) Das Jugendamt unterrichtet insbesondere über angebotene und erbrachte Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen ein und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hin. In Verfahren nach den §§ 1631b, 1632 Absatz 4, den §§ 1666, 1666a und 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie in Verfahren, die die Abänderung, Verlängerung oder Aufhebung von nach diesen Vorschriften getroffenen Maßnahmen betreffen, legt das Jugendamt dem Familiengericht den Hilfeplan nach § 36 Absatz 2 Satz 2 vor. Dieses Dokument beinhaltet ausschließlich das Ergebnis der Bedarfsfeststellung, die vereinbarte Art der Hilfegewährung einschließlich der hiervon umfassten Leistungen sowie das Ergebnis etwaiger Überprüfungen dieser Feststellungen. In anderen die Person des Kindes betreffenden Kindschaftssachen legt das Jugendamt den Hilfeplan auf Anforderung des Familiengerichts vor. Das Jugendamt informiert das Familiengericht in dem Termin nach § 155 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über den Stand des Beratungsprozesses. § 64 Absatz 2 und § 65 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 bleiben unberührt.

(3) Das Jugendamt, das in Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen Sorge nach § 155a Absatz 4 Satz 1 und § 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehört wird, teilt

1.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, aufgrund derer die Sorge gemäß § 1626a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Eltern ganz oder zum Teil gemeinsam übertragen wird oder
2.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, die die elterliche Sorge ganz oder zum Teil der Mutter entziehen oder auf den Vater allein übertragen,
dem nach § 87c Absatz 6 Satz 2 zuständigen Jugendamt zu den in § 58 genannten Zwecken unverzüglich mit. Mitzuteilen sind auch das Geburtsdatum und der Geburtsort des Kindes oder des Jugendlichen sowie der Name, den das Kind oder der Jugendliche zur Zeit der Beurkundung seiner Geburt geführt hat.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

Tenor

1. Die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 25. Juni 2008 - 2 Sa 24/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die klagenden Parteien haben die Kosten der Revision und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in der Revisionsinstanz zu je 1/3 zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten haben die klagenden Parteien selbst zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) und zu 3) nach der Anlage 1a zu § 22 Abs. 1 des Bundes-Angestelltentarifvertrages(idF vom 31. Januar 2003, nachfolgend BAT).

2

Die Klägerin zu 1) - mit einem Beschäftigungsanteil von 75 vH - und der Kläger zu 2) sind seit dem Jahr 1986, der Kläger zu 3) seit dem Jahr 1979 aufgrund von sowohl mit dem Land als auch mit der Stadtgemeinde der Freien Hansestadt Bremen geschlossenen Arbeitsverträgen als Bezirkssachbearbeiterin und -bearbeiter im Versorgungsamt und Integrationsamt beschäftigt. Sie sind jeweils allein zuständige Vertreter des Integrationsamts für ein bestimmtes Stadtgebiet. Einzelvertraglich ist die Anwendung des BAT in seiner jeweiligen Fassung auf die Arbeitsverhältnisse vereinbart. Die klagenden Parteien führten gegen die beiden Beklagten bereits in den neunziger Jahren Eingruppierungsrechtsstreite. Sie schlossen damals zu deren Beilegung Vergleiche, wonach sie zukünftig nach der VergGr. IVa (Fallgr. 1b) BAT vergütet werden.

3

Im ersten Quartal des Jahres 2004 machten die klagenden Parteien eine Höhergruppierung in die VergGr. III (Fallgr. 1b) BAT gegenüber den Beklagten geltend, was diese unter Hinweis auf ein Schreiben des Senators für Finanzen vom 1. April 2005 ablehnten. Darin ist ausgeführt, dass die Eingruppierung nach der VergGr. IVa (Fallgr. 1b) BAT zutreffend sei, weil eine besondere Schwierigkeit und Bedeutung ihrer Tätigkeit nur im Bereich der Prävention sowie der Arbeits- und Berufsförderung erfüllt sei, diese Tätigkeiten aber lediglich 35 vH der Gesamtarbeitszeit ausmachten.

4

Mit ihren in den Monaten März und April 2006 erhobenen Klagen verfolgen die klagenden Parteien ihre Höhergruppierung in die VergGr. III BAT ab dem 1. Oktober 2004 weiter. Ihre Tätigkeit gliedere sich in nachstehende Arbeitsvorgänge:

        

1.    

Ermittlungen, Verhandlungen, Vereinbarungen und Entscheidungen nach Kapitel 4 SGB IX (Kündigungsschutz)

60 vH 

        

2.    

Arbeits- und Berufsförderung

15 vH 

        

3.    

Prävention/begleitende Hilfe im Arbeitsleben

20 vH 

        

4.    

Sonstige Aufgaben (Schulungs- und Bildungsveranstaltungen gemäß § 102 Abs. 2 SGB IX, Integrationsvereinbarungen gemäß § 83 SGB IX, Wahl der Schwerbehindertenvertretung gemäß § 94 SGB IX).

5 vH   

5

Neben den Arbeitsvorgängen 2 und 3 erfülle auch der Arbeitsvorgang 1 das Heraushebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung der VergGr. IVa (Fallgr. 1a) BAT. Durch die am 1. Juli 2001 in Kraft getretenen Änderungen des SGB IX hätten sich die Voraussetzungen für die zutreffende Eingruppierung geändert. Bei dem Arbeitsvorgang 1 fielen mit einem Anteil von 75 vH Verfahren an, bei denen die Frage von Präventionsmaßnahmen nach § 84 SGB IX geprüft werden müsse. Deshalb seien auch Präventionsregelungen in den Verfahren nach §§ 85 ff. SGB IX in erheblichem Umfang zu beachten. Zudem gingen Antragsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung und Präventionsverfahren ineinander über. Es seien innerhalb des Arbeitsvorgangs 1 Normen aus 41 Gesetzen und darüber hinaus Tarifverträge sowie Betriebs- und Dienstvereinbarungen zu berücksichtigen. Weiterhin werde Verhandlungs-, Kooperations- und Einfühlungsvermögen gefordert. Aus den möglichen Auswirkungen der Präventionsverfahren auf betriebsorganisatorische Abläufe, deren arbeitsplatzübergreifende Folgen, aus den möglichen Integrationsvereinbarungen sowie aus der Beteiligung externer Stellen zu Beratungs- und Begutachtungszwecken folge die besondere Bedeutung der Tätigkeit. Wolle man die Antragsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung, die zu Präventionsverfahren führten, nicht dem Arbeitsvorgang 1 zuordnen, seien die zeitlichen Anteile dem Arbeitsvorgang 3 - „Prävention“ - hinzuzurechnen. Dessen zeitlicher Anteil erhöhe sich dann auf 60 vH der auszuübenden Tätigkeit. Schließlich sei die erforderliche vierjährige Bewährungszeit für eine Eingruppierung nach der VergGr. III (Fallgr. 1b) BAT aufgrund der seit dem 1. Oktober 2000 ausgeübten Tätigkeit erfüllt.

6

Die klagenden Parteien haben jeweils beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie seit dem 1. Oktober 2004 eine Vergütung nach der VergGr. III BAT zu zahlen und den jeweils am Monatsende fälligen Bruttodifferenzbetrag zur derzeitigen Vergütungsgruppe IVa BAT mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

7

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Tätigkeit der klagenden Parteien erfülle nicht das Heraushebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung. Weder aus den früher geschlossenen Vergleichen noch aus der Einschätzung des Senators für Finanzen folge, dass für einzelne Arbeitsvorgänge das erforderliche Heraushebungsmerkmal als zugestanden gilt. Die Tätigkeit iRd. der Zustimmungsverfahren zu einer Kündigung erfordere nicht, dass Vorschriften und Gesichtspunkte mit einer ungewöhnlichen Breite zu beachten seien. Den in diesem Zusammenhang durchzuführenden Präventionsverfahren komme auch keine Bedeutung über den jeweils zu bearbeiteten Einzelfall hinaus zu. Die Schätzungen der klagenden Parteien, die Kündigungszustimmungsverfahren enthielten zu 75 vH Präventionsgesichtspunkte, seien nicht plausibel. Auch stellten die Antragsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung und die Präventionsverfahren zwei zu trennende Arbeitsvorgänge dar. Zudem erschließe sich nicht, dass die aufgrund von Antragsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung erfolgten präventionsbezogenen Maßnahmen für sich zu dem von den klagenden Parteien geltend gemachten Anteil an der Gesamtarbeitszeit führten. Letztlich sei auch die erforderliche vierjährige Bewährung zum 1. Oktober 2004 nicht dargetan, wenn - so die klagenden Parteien - der Präventionsgedanke erst mit einigem zeitlichen Abstand in die Praxis Eingang gefunden habe.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat nach Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung die Berufungen der klagenden Parteien zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen sie ihr Begehren weiter. In der Revisionsinstanz haben die klagenden Parteien ihre Anträge dahingehend geändert, dass sie neben der Vergütung nach der VergGr. III BAT ab dem 1. Oktober 2004 für die Zeit ab dem 1. November 2006 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (vom 12. Oktober 2006, TV-L) nebst bezifferten Zinsen beanspruchen. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen der klagenden Parteien zu Recht zurückgewiesen. Die zulässigen Klagen sind unbegründet.

10

I. Die Klagen sind zulässig. Bei der in der Revisionsinstanz erfolgten Änderung der im Übrigen als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässigen Anträge handelt es sich um eine Klarstellung der bereits in den Tatsacheninstanzen gestellten Feststellungsanträge, deren Inhalt sich bereits durch die Auslegung der Anträge ergab (vgl. auch BAG 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 13 f., AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 42). Die zuletzt in der Berufungsinstanz gestellten Anträge waren für die Zeit nach dem 1. November 2006 dahin zu verstehen, dass die klagenden Parteien eine Vergütung nach dem dann für ihre Arbeitsverhältnisse - wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch übereinstimmend klargestellt haben - maßgebenden TV-L begehren.

11

II. Die Klagen sind unbegründet.

12

Die klagenden Parteien haben keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung einer Vergütung nach der VergGr. III (Fallgr. 1b) BAT und nach Ablösung des BAT ab dem 1. November 2006 durch den TV-L nach der Entgeltgruppe 11 TV-L. Ihre Tätigkeit erfüllt auf der Grundlage ihres Vortrags nicht die Anforderungen der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT, so dass auch eine Vergütung nach der VergGr. III (Fallgr. 1b) BAT infolge eines Bewährungsaufstiegs ausscheidet. Von daher kann es dahinstehen, welche Bedeutung den früheren arbeitsgerichtlichen Vergleichen zukommt, wonach sie zukünftig jeweils nach der VergGr. IVa (Fallgr. 1b) BAT vergütet werden.

13

1. Auf die Arbeitsverhältnisse findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der BAT in der jeweiligen Fassung Anwendung und nachfolgend in der Zeit ab dem 1. November 2006 - wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt haben - der ihn ablösende TV-L.

14

2. Nach § 22 Abs. 2 BAT sind die klagenden Parteien in die VergGr. III (Fallgr. 1b) BAT eingruppiert, wenn die ihre Gesamtarbeitszeit auszufüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang von mindestens der Hälfte der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen dieses Tätigkeitsmerkmals erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Diese Regelung gilt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts(vom 12. Oktober 2006) fort.

15

3. Die von den klagenden Parteien angestrebte Vergütung setzt danach voraus, dass mindestens die Hälfte der ihre gesamte Arbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. IVa (Fallgr. 1a) BAT entspricht.

16

a) Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (st. Rspr., etwa 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 24, AP TVG § 1 Nr. 44). Danach können bei der Ermittlung der Arbeitsvorgänge tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (BAG 18. Mai 1994 - 4 AZR 461/93 - zu B II 2 a der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178). Bei der Zuordnung der Tätigkeiten des Arbeitnehmers hat das Tatsachengericht einen Beurteilungsspielraum. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob die jeweiligen Begriffe verkannt wurden, ob bei ihrer Anwendung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist, oder ob die Beurteilung unter Außerachtlassung wesentlicher Umstände offensichtlich fehlerhaft ist (BAG 28. August 1993 - 4 AZR 577/92 - zu B II 2 der Gründe, AP AVR Diakonisches Werk § 12 Nr. 5; 28. Februar 1973 - 4 AZR 190/72 - AP BAT §§ 22, 23 Nr. 66; 6. Juni 1973 - 4 AZR 387/72 - AP BAT §§ 22, 23 Nr. 70; 20. Februar 1963 - 4 AZR 13/62 - AP TOA § 3 Nr. 97). Es kann bei vorliegenden Tatsachenfeststellungen die Arbeitsvorgänge auch selbst bestimmen (st. Rspr., etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08 - Rn. 44 mwN, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 39).

17

b) Das Landesarbeitsgericht hat die von den klagenden Parteien ausgeübten Tätigkeiten nicht als einen einheitlichen Arbeitsvorgang angesehen, sondern sie entsprechend der Aufstellung der klagenden Parteien in mehrere Arbeitsvorgänge, so wie sie auch der Stellungnahme des Senators für Finanzen vom 1. April 2005 zu entnehmen waren, aufgeteilt. Die Aufgabenstellungen der klagenden Parteien führten in den einzelnen Tätigkeitsbereichen jeweils zu klar abgrenzbaren Arbeitsergebnissen. Entgegen der Auffassung der klagenden Parteien hat das Landesarbeitsgericht die anlässlich von Antragsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung durchgeführten Präventionsverfahren nicht dem Arbeitsvorgang 1, sondern dem Arbeitsvorgang 3 zugeordnet. Der Arbeitsvorgang 1 „Antragsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung“ ende - außer bei der Erteilung der Zustimmung zur Kündigung oder deren Verweigerung - durch Einleitung eines Präventionsverfahrens. Daneben bestünden noch die Arbeitsvorgänge „Schulungs- und Bildungsveranstaltungen“ und „Mitwirkung im Rahmen der Aufgaben nach §§ 80 ff. SGB IX“.

18

c) Das ist nicht frei von Rechtsfehlern. Die Revision rügt zu Recht, das Landesarbeitsgericht habe bei der Bildung der Arbeitsvorgänge übersehen, dass die Parteien selbst und übereinstimmend davon ausgegangen sind, die gesamte Tätigkeit der klagenden Parteien setze sich aus vier Arbeitsvorgängen zusammen. Es hat den Arbeitsvorgang 2 - „Arbeits- und Berufsförderung“ - trotz vorangehender Nennung des Schreibens des Senators für Finanzen unberücksichtigt gelassen. Das zeigen auch die nachfolgenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, wonach die Klagen nur dann Aussicht auf Erfolg hätten, wenn der Arbeitsvorgang „Präventionsverfahren“ mindestens 50 vH der auszuübenden Tätigkeit erfasse. Berücksichtigt man hingegen den Arbeitsvorgang 2, bei dem die Parteien selbst annehmen, dass er das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT erfüllt, wäre ein Anteil von 35 vH ausreichend, um die begehrte Vergütung beanspruchen zu können.

19

d) Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, § 563 Abs. 1 ZPO. Die gesamte auszuübende Tätigkeit der klagenden Parteien setzt sich aus vier Arbeitsvorgängen zusammen, wovon auch die Parteien im Grundsatz ausgegangen sind. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang allerdings zutreffend erkannt, dass die von den hierfür jeweils allein zuständigen klagenden Parteien durchgeführten Präventionsverfahren, auch soweit sie anlässlich eines Antragsverfahrens auf Zustimmung zur Kündigung nach dem 4. Kapitel des SGB IX erfolgen, nicht dem Arbeitsvorgang 1, sondern dem Arbeitsvorgang 3 zuzurechen sind. Die im Rahmen des Antragsverfahrens auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung durchzuführende Prüfung, ob ein Präventionsverfahren für den Arbeitsplatzerhalt eines schwerbehinderten oder ihm gleichgestellten Menschen förderlich gewesen wäre oder ist, und die Mitwirkung nach § 84 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB IX an dessen tatsächlicher Durchführung sind nach tatsächlichen Gesichtspunkten trennbar und bilden rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheiten. Es liegt keine tarifwidrige „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten vor, weil Zusammenhangstätigkeiten unzulässigerweise abgetrennt würden (dazu BAG 21. Februar 1990 - 4 AZR 603/89 - AP BAT §§ 22, 23 Krankenkassen Nr. 7; 29. August 1991 - 6 AZR 593/88 - zu III 1 d der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 38; 26. Juli 1995 - 4 AZR 280/94 - zu II 1 b dd der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 203). Vielmehr können die jeweiligen Arbeitseinheiten nach tatsächlichen Gesichtspunkten voneinander abgegrenzt werden.

20

aa) Die Arbeitsergebnisse des sozialrechtlichen Verwaltungshandelns in den Verfahren auf Zustimmung zur Kündigung nach §§ 85 ff. SGB IX und den Präventionsverfahren nach § 84 SGB IX sind nicht dieselben.

21

(1) Das Verfahren nach §§ 85 ff. SGB IX führt zu einem Arbeitsergebnis in Gestalt des zu erlassenden privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakts, der Antragszurückweisung oder der Erteilung des sogenannten Negativattests, sofern kein Zustimmungserfordernis besteht (vgl. § 88 Abs. 1, 2 und 5, § 91 Abs. 2 SGB IX; Welti in: v. Maydell/Ruland/Becker Sozialrechtshandbuch (SRH) 4. Aufl. § 27 Rn. 89 ff.). Dem sind auch Zusammenhangstätigkeiten bei Antragsrücknahme, gütlicher Einigung nach § 87 Abs. 3 SGB IX oder anderweitiger Erledigung zuzuordnen.

22

(2) Anders fallen hingegen die möglichen Arbeitsergebnisse der Mitwirkung des Integrationsamts bei einem Präventionsverfahren aus. Sie sind nach dem Gesetz als Beratung, Erörterung und Hinwirkung, also begleitend mit Hinweispflicht auf alle verfügbaren Hilfsmittel und Möglichkeiten zur Beseitigung von Schwierigkeiten in der Beschäftigung gefasst und ohne förmliche Abschluss- oder Vornahmeakte ausgestaltet (§ 84 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 SGB IX; s. auch BT-Drucks. 14/3372 S. 16, 19 zur Vorgängerregelung des § 14c SchwbG; BR-Drucks. 49/01 S. 337; BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 20 f. mwN, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56). Soweit Präventionsverfahren in begleitende Hilfen im Arbeitsleben (vgl. § 102 Abs. 2 und 3 SGB IX) oder den Abschluss von Integrationsvereinbarungen (vgl. § 83 Abs. 1 und 2a SGB IX) münden, sind dies bereits Inhalte gesonderter Arbeitsvorgänge, worüber zwischen den Parteien nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch kein Streit besteht.

23

bb) Das Antragsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung unterliegt nach Inhalt und Ablauf anderen Vorgaben als das Präventionsverfahren. Für die Bearbeitung von Anträgen auf Zustimmung zur Kündigung gilt durchgehend das Gebot besonderer Beschleunigung (§ 88 Abs. 1 und 5, § 91 Abs. 3 SGB IX). Das Integrationsamt ist „Herr des Verfahrens“ und zum Fortgang und Abschluss verpflichtet. Im Präventionsverfahren ist das Integrationsamt ein Mitwirkender unter anderen im Rahmen eines eher „konsultatorischen“ Prozesses (s. auch BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 20, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56: „Suchprozess“). Die Initiativlast trägt der Arbeitgeber. Die staatlichen Stellen treten, wie § 84 Abs. 2 Satz 4 SGB IX zeigt, ggf. erst nachrangig in ein Präventionsverfahren ein. Zwar gilt auch im Verfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX die Pflicht zur „möglichst frühzeitigen“ Einschaltung der zu beteiligenden Stellen; dieser Pflicht unterliegt nach dem Gesetz jedoch allein der Arbeitgeber und nicht die staatliche Stelle.

24

cc) Ein anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass das Integrationsamt im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nach § 88 SGB IX ggf. zu Lasten des Arbeitgebers ein fehlendes Präventionsverfahren berücksichtigen kann, wenn bei dessen gehöriger Durchführung die Möglichkeit bestanden hätte, die Kündigung zu vermeiden (BVerwG 29. August 2007 - 5 B 77/07 - Rn. 5, NJW 2008, 166). Allein diese Prüfung im Rahmen des Antragsverfahrens nach § 87 SGB IX führt nicht dazu, dass es sich gegenüber dem eigentlichen Präventionsverfahren nicht mehr um eine abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit handelt. Dies gilt auch, wenn man entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (29. August 2007 - 5 B 77/07 - aaO) die vorherige Durchführung des Präventionsverfahrens als Voraussetzung für eine Antragsstattgabe im Verfahren auf Zustimmung zur Kündigung ansieht (etwa Düwell in: Dau/Düwell/Haines Sozialgesetzbuch IX 2. Aufl. § 87 Rn. 17 mwN). In diesem Fall ist das Antragsverfahren als selbständige Arbeitseinheit auszusetzen, um ein Präventionsverfahren durchführen zu können. Dann kann aber aus den genannten Gründen hinsichtlich der beiden Verfahren nicht von Zusammenhangstätigkeiten ausgegangen werden. Das sehen auch die klagenden Parteien in der Sache nicht anders, wenn sie ausführen, es sei zu prüfen, ob der antragstellende Arbeitgeber zunächst auf ein Präventionsverfahren zu verweisen und ein solches „nach dem Arbeitsvorgang 3 durchzuführen“ ist.

25

dd) Es lässt sich schließlich auch aus der Systematik des SGB IX keine Verknüpfung von Präventions- und Zustimmungsverfahren folgern, die darauf hindeutet, eines der Verfahren sei eingruppierungsrechtlich als Zusammenhangstätigkeit des anderen zu bewerten. Ein besonderer innerer Zusammenhang der beiden Verfahren lässt sich nicht aus der übergreifenden sozialrechtlichen Aufgabenstellung der Integrationsämter nach § 101 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX ableiten. Hiernach besteht zwar die Verpflichtung, die Beschäftigung und den Verbleib schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben zu fördern. Insofern kann ein Antrag auf Zustimmung zur Kündigung Anstoß sein, zu prüfen, ob Maßnahmen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes eines schwerbehinderten Menschen nötig und möglich sind (vgl. Gagel FS Schwerdtner S. 397, 399). Daraus folgt aber keine eingruppierungsrechtliche Zusammenfassung äußerlich trennbarer, auf verschiedene Arbeitsergebnisse zulaufender und sachlich unterschiedlich gestalteter Tätigkeiten.

26

4. Die Eingruppierungsmerkmale des maßgebenden Allgemeinen Teils der Anlage 1a zum BAT lauten, da die klagenden Parteien, wie in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt, nicht in der Abteilung Versorgung eines Landesversorgungsamts iSd. VergGr. IVa (Fallgr. 5) BAT in der Fassung für Bund und Länder tätig sind (dazu BAG 7. Dezember 1983 - 4 AZR 394/81 - BAGE 44, 323), wie folgt:

        

Vergütungsgruppe Vb         

        

1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

        

(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Fallgruppen 1a der Vergütungsgruppen VII, VIb und Vc geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und Breite nach.)

        

…       

        

Vergütungsgruppe IVb           

        

1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

        

…       

        

Vergütungsgruppe IVa           

        

1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.

        

1b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.

        

…       

        

Vergütungsgruppe III           

        

…       

        

1b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt, nach vierjähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a.“

27

5. Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 28, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 310; 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 f aa der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 579/01 - zu II 4 der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 294)zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden und anschließend, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppen vorliegen. Danach müssen die klagenden Parteien die allgemeinen Voraussetzungen VergGr. Vb (Fallgr. 1a) BAT, der darauf aufbauenden Fallgr. 1a der VergGr. IVb BAT und anschließend die weiteren Merkmale der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT erfüllen sowie sich in dieser Vergütungs- und Fallgruppe vier Jahre bewährt haben. Klägerin und Kläger einer Eingruppierungsfeststellungsklage haben diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass sie die für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllen. Zu einem schlüssigen Vortrag genügt auch eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit dann nicht, wenn das Heraushebungsmerkmal der „besonderen Schwierigkeit und Bedeutung“ in Anspruch genommen wird. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit der klagenden Parteien sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sich die Tätigkeit gegenüber derjenigen eines Angestellten der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT entsprechend den tarifvertraglichen Qualifizierungsmerkmalen heraushebt. Der Tatsachenvortrag muss erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit heraushebt und einen wertenden Vergleich mit diesen nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeiten erlauben (st. Rspr., etwa BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 27, aaO; 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 19, BAGE 127, 305; 11. Februar 2004 - 4 AZR 684/02 - zu I 3 c bb [1] der Gründe, BAGE 109, 321).

28

a) Danach sind für den Arbeitsvorgang 1 unabhängig von seinem zeitlichen Umfang die tariflichen Voraussetzungen der beanspruchten Vergütungsgruppe nicht dargetan. Deshalb erfüllt die Tätigkeit der klagenden Parteien nicht mit mindestens der Hälfte der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT. Das gilt selbst dann, wenn man für die Arbeitsvorgänge 2 und 3 mit dem Landesarbeitsgericht zu Gunsten der klagenden Parteien davon ausgeht, dass diese die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT erfüllen und sie - jedenfalls soweit sie zwischen den Parteien in ihrem zeitlichen Umfang unstreitig sind - hinzurechnet.

29

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, im Rahmen des Antragsverfahrens auf Zustimmung zur Kündigung sei zwar zu prüfen, ob ein Präventionsverfahren vorrangig sei. Diese Prüfung betreffe aber bereits nicht „fristlose und betriebsbedingte“ Kündigungen. Die hierbei zu treffenden Entscheidungen erforderten auch keine weiteren zusätzlichen in die Tiefe gehenden Kenntnisse, die das Hervorhebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit erfüllten. Zudem sei nicht zu erkennen, inwieweit eine kursorische Entscheidung für ein Präventionsverfahren das Merkmal der „Bedeutung“ erfülle.

30

bb) Dem folgt der Senat nur im Ergebnis.

31

(1) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung des Begriffs der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung und damit um die eines unbestimmten Rechtsbegriffs handelt, nur der beschränkten Überprüfung. Sie kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff als solchen verkannt hat, ob es bei der Subsumtion Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., zB BAG 8. November 2006 - 4 AZR 620/05 - Rn. 22, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 304).

32

(2) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind nicht rechtsfehlerfrei. Bei der Beurteilung, ob die auszuübende Tätigkeit hinsichtlich des Arbeitsvorgangs 1 die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT erfüllt, hat das Landesarbeitsgericht keinen wertenden Vergleich vorgenommen, ob sich die Tätigkeit der klagenden Parteien von denjenigen eines Angestellten oder einer Angestellten iSd. VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT durch eine besondere Schwierigkeit und Bedeutung heraushebt. Ein solcher Verstoß durch Unterlassung einer denknotwendig durch ein Heraushebungsmerkmal geforderten Vergleichsbetrachtung verletzt die bei der Subsumtion zu beachtenden Denkgesetze (BAG 27. August 2008 - 4 AZR 484/07 - Rn. 23, BAGE 127, 305; 15. Februar 2006 - 4 AZR 634/04 - Rn. 25, BAGE 117, 92). Darüber hinaus rügt die Revision zu Recht, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Prävention bei „personen-, verhaltens- und betriebsbedingten Schwierigkeiten“ vorgesehen ist und deshalb Antragsverfahren bei außerordentlichen und betriebsbedingten Kündigungen nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben dürfen.

33

(3) Der Senat kann gleichwohl in der Sache selbst entscheiden. Die klagenden Parteien haben nicht dargetan, dass die von ihnen auszuübende Tätigkeit mit mindestens der Hälfte der Gesamtarbeitszeit die Merkmale der Fallgr. 1a der VergGr. IVa BAT erfüllt. Hinsichtlich des Arbeitsvorgangs 1 lässt auch der Vortrag der dafür darlegungs- und beweispflichtigen klagenden Parteien den erforderlichen wertenden Vergleich vermissen.

34

(a) Die klagenden Parteien üben als Angestellte im allgemeinen Verwaltungsdienst iSd. genannten Fallgruppen eine Tätigkeit aus, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert sowie besonders verantwortungsvoll ist. Davon gehen die Parteien des Rechtsstreits übereinstimmend aus. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass eine pauschale Überprüfung ausreicht, soweit die Parteien die Tätigkeit der klagenden Parteien als unstreitig und das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVb (Fallgr. 1a) BAT, auf der die VergGr. IVa (Fallgr. 1a) BAT aufbaut, als erfüllt angesehen haben (vgl. etwa BAG 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 21 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 311; 25. Januar 2006 - 4 AZR 613/04 - Rn. 17, AP BAT-O § 27 Nr. 4). Damit ist von einer entsprechenden Tätigkeit der klagenden Parteien auszugehen.

35

(b) Es fehlt an der Darlegung von Tatsachen, die hinsichtlich des Arbeitsvorgangs 1 den erforderlichen Vergleich zwischen der Tätigkeit eines Angestellten der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT und derjenigen mit den heraushebenden Tätigkeitsmerkmalen ermöglichen. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht in seinen klageabweisenden Urteilen hingewiesen.

36

(aa) Der gebotene Vergleich hätte zunächst erfordert, die Tätigkeit von Angestellten der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT darzulegen, also insbesondere, durch welche besonders verantwortungsvolle Tätigkeit sich ihre Tätigkeit aus der der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT, die ihrerseits bereits gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert, hervorhebt. Weiter hätten die klagenden Parteien vortragen müssen, welche darüber hinausgehende besondere Schwierigkeit und Bedeutung ihre Tätigkeit beinhaltet.

37

Die Feststellung, ob sich Angestellte mit ihrer Tätigkeit dadurch aus der VergGr. IVb herausheben, dass ihre Tätigkeit das genannte Heraushebungsmerkmal erfüllt, lässt sich nur gemessen an den in der VergGr. IVb Fallgr. 1a gestellten Anforderungen treffen. Bereits die VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT setzt „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ voraus, die VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT eine „besonders verantwortungsvolle“ Tätigkeit. Die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit bezieht sich auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT wird somit ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT in gewichtiger Weise, dh. beträchtlich übersteigt (BAG 5. März 1997 - 4 AZR 511/95 - zu II 5 a der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 222; 22. Juli 1998 - 4 AZR 399/97 - zu 5 d cc Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 252). Das Tätigkeitsmerkmal der Bedeutung knüpft an die bestehende Bedeutung des Aufgabenkreises an, dh. an die Größe des Aufgabengebietes, die Tragweite der zu bearbeitenden Materie oder die Auswirkungen der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich, die betroffenen Bürger oder die Allgemeinheit (BAG 19. März 1986 - 4 AZR 642/84 - zu 5 d der Gründe, BAGE 51, 282; 20. September 1995 - 4 AZR 413/94 - zu II 4 c bb der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 205; 22. Juli 1998 - 4 AZR 399/97 - zu 5 d dd Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 252). Die Bedeutung muss - aufgrund ihres Gehalts als Heraushebungsmerkmal - zumindest zu einer deutlich wahrnehmbar gesteigerten Tätigkeitsanforderung gegenüber den voranstehenden Vergütungsgruppen führen. Die Prüfung der einzelnen Anforderungen setzt daher einen wertenden Vergleich voraus.

38

(bb) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der klagenden Parteien nicht gerecht.

39

(aaa) Die klagenden Parteien haben vorgetragen, in dem Antragsverfahren auf Zustimmung zur Kündigung müsse beachtet werden, ob ein Präventionsverfahren durchgeführt worden sei. Fehle ein solches, seien die Gründe zu ermitteln und zu prüfen, ob der Arbeitgeber zunächst auf ein solches zu verweisen sei. Dabei sei inhaltlich zu prüfen, ob eine konkrete Hilfe erfolgen könne. Die Anwendung der Präventionsregelungen sei daher in beträchtlicher Weise zu beachten und erfordere ein erhebliches Erfahrungswissen. Durch die Änderung des SGB IX sei es zu einem Paradigmenwechsel gekommen, da nunmehr nicht „Fürsorge“ und „Versorgung“, sondern selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Vordergrund stehe. Deshalb habe der formelle Kündigungsschutzgedanke eine erheblich stärkere Bedeutung erfahren. Die besondere Schwierigkeit der Tätigkeit ergebe sich aus der Amtsermittlungspflicht, der damit verbundenen Prüfung, ob Gutachten erforderlich seien und wer deren Kosten trage und der Bestimmung, wann das Verfahren entscheidungsreif sei. Auch liege die geforderte Bedeutung der Tätigkeit vor. Von den Entscheidungen der klagenden Parteien, die eine komplexe Prüfung erforderten, seien der Arbeitgeber einschließlich seines Betriebes wie auch der betroffene Arbeitnehmer und seine Familie betroffen.

40

(bbb) Dieser Vortrag der klagenden Parteien lässt nicht erkennen, was es ausmacht, dass ihre Tätigkeit „besonders schwierig“ und „bedeutend“ iSd. VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT ist. Sie beschränken sich im Wesentlichen darauf, den Inhalt ihrer Tätigkeit darzustellen und zu bewerten, ohne die dieser Abstrahierung und Wertung zugrunde liegenden Einzeltatsachen darzulegen und vorzutragen, aus welchen Gründen sich die Tätigkeit aus der Grundtätigkeit und der Aufbaufallgruppe heraushebt. Soweit sie die Bedeutung des Präventionsverfahrens im Rahmen des Antragsverfahrens auf Zustimmung zur Kündigung betonen, haben die klagenden Parteien weder vorgebracht noch erkennen lassen, welche besonderen zusätzlichen Qualifikationen notwendig sein sollen, um das von ihnen beanspruchte Heraushebungsmerkmal hinsichtlich der zu bearbeitenden Antragsverfahren zu erfüllen. Ähnliches gilt für die von ihnen angeführte Bedeutung der Tätigkeit. Auch hier erlaubt der Vortrag der klagenden Parteien keinen wertenden Vergleich zu dem Erfordernis der „besonders verantwortungsvollen“ Tätigkeit iSd. VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass die Bedeutung der Tätigkeit über diejenige hinausgeht, die Gegenstand der von den klagenden Parteien angeführten Entscheidung des Senats vom 5. März 1997 war (- 4 AZR 511/95 - zu II 5 b der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 222).

41

b) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn man die von den klagenden Parteien anlässlich eines Zustimmungsverfahrens nach den §§ 85 ff. SGB IX durchgeführten Präventionsverfahren dem Arbeitsvorgang 3 - „Prävention“ - hinzurechnet. Die klagenden Parteien haben trotz gerichtlichen Auflagenbeschlusses nicht hinreichend dargelegt, in welchem zeitlichen Umfang sie anlässlich von Kündigungsschutzverfahren mit von ihnen durchgeführten oder begleitenden Präventionsverfahren befasst waren. Es kann deshalb sowohl dahinstehen, ob - wie es die Beklagte geltend macht - das Heraushebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung bei der Tätigkeit „Prävention“ fehlt, als auch, ob die klagenden Parteien zu dem von ihnen genannten Zeitpunkt, dem 1. Oktober 2004, die erforderliche vierjährige Bewährungszeit erfüllt haben, obwohl ihnen ausweislich des Schreibens des Senators für Finanzen vom 1. April 2005 die Aufgaben der Teilhabe am Arbeitsleben und der Prävention erst mit dem Geschäftsverteilungsplan 9/2003 übertragen worden sind.

42

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Vortrag der klagenden Parteien genüge nicht, um die Zeitanteile des Arbeitsvorgangs 3 an der Gesamtarbeitszeit bestimmen zu können. Es reiche bezogen auf die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3) nicht aus, wenn jeweils nur ein Präventionsverfahren angesprochen werde, ohne dass hieraus zuverlässige Rückschlüsse auf die typischen Anforderungen eines solchen Verfahrens gezogen werden könnten. Ob andere Verfahren zeitlich ähnlich umfangreich gewesen seien, lasse sich aus dem Vortrag der klagenden Parteien nicht ableiten. Zudem wichen etwa die Angaben der Klägerin zu 1) im Berufungsverfahren erheblich von ihren bisherigen Angaben ab, wenn ausgehend von ihrem Vortrag, wonach ein Präventionsverfahren zwischen fünf bis sieben Arbeitstage beanspruche, beim einschlägigen Beschäftigungsumfang der Klägerin von etwa neun Arbeitstagen auszugehen sei.

43

bb) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vortrag der klagenden Parteien keine hinreichend substantiierte Tatsachengrundlage bietet, die es erlaubt, von einem Arbeitsvorgang „Prävention“ auszugehen, der mindestens 35 vH der Arbeitszeit umfasst und daher zusammen mit dem weiteren Arbeitsvorgang „Arbeits- und Berufsförderung“, der 15 vH der gesamten Arbeitszeit ausmacht, insgesamt zu einer Eingruppierung nach der VergGr. IVa (Fallgr. 1a) BAT führt, die einen nachfolgenden Bewährungsaufstieg in die VergGr. III (Fallgr. 1a) BAT erlaubt.

44

(1) Die von den klagenden Parteien angeführte Bearbeitungszeit je Präventionsverfahren wird nicht näher anhand von Tatsachenvortrag erläutert.

45

Für den Kläger zu 2) fehlt es gänzlich an zeitlichen Angaben. Zudem führt er selbst an, dass in seinem Arbeitsbereich Anträge auf Zustimmung zur Kündigung die „absolute Ausnahme“ sind. Dies spricht bereits gegen die Annahme, der Arbeitsvorgang 3 habe aufgrund von Präventionsverfahren, die anlässlich eines Verfahrens nach den §§ 85 ff. SGB IX durchgeführt werden, einen erheblich größeren Anteil an der Gesamtarbeitszeit als der erstinstanzlich angegebene Anteil von 20 vH.

46

Darüber hinaus tragen die klagenden Parteien vor, für ein Präventionsverfahren ergebe sich ein Arbeitsaufwand von „5 - 7 Arbeitstagen pro Präventionsverfahren p.a.“, ohne näher darzulegen, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände hiervon auszugehen ist. Zudem erschließt sich aus dem Vortrag nicht, dass stets von einem solchen - nicht näher begründeten - Arbeitsumfang auszugehen ist. Dies ergibt sich auch nicht aus dem einen von der Klägerin zu 1) und dem einen vom Kläger zu 3) näher dargestellten Präventionsverfahren. Die Klägerin zu 1) führt anhand ihres Beispiels lediglich aus, dass „in der Tat ein Zeitraum von zwei Jahren für die Durchführung eines solchen Verfahrens nicht ungewöhnlich“ sei. Weshalb sich dies dann „somit auf ca. vier Wochen zusammenfassen“ lässt und daraus ein zeitlicher Aufwand pro Jahr im benannten Umfang folgt, kann dem Vortrag nicht entnommen werden. Gleiches gilt für den Vortrag des Klägers zu 3). Auch er schildert lediglich den zeitlichen Ablauf eines einzigen Präventionsverfahrens, ohne dass sein Vortrag auch nur Rückschlüsse auf den Arbeitsumfang zulässt, und darauf, ob dieser stets anfällt. Im Übrigen haben die Beklagten den nicht unter Beweis gestellten Vortrag der klagenden Parteien bestritten.

47

(2) Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe den Vortrag der klagenden Parteien unzutreffend gewürdigt, weil es hinsichtlich der Klägerin zu 1) von einer Gesamtbearbeitungsdauer von neun Arbeitstagen je Präventionsverfahren und nicht von neun Arbeitstagen für jedes Jahr - „p.a.“ - ausgegangen sei, weil die Verfahren durchschnittlich achtzehn bis zwanzig Monate in Anspruch nähmen, ist diese Rüge ohne Erfolg. Die Revision übersieht, dass das Landesarbeitsgericht die Klage schon deshalb abgewiesen hat, weil der Tatsachenvortrag der klagenden Parteien hinsichtlich der Dauer der einzelnen Verfahren unzureichend war, um den Anteil des Arbeitsvorgangs 3 - Präventionsverfahren - an der Gesamtarbeitszeit überhaupt schätzen zu können. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die darüber hinausgehenden Erwägungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund der - zuvor zutreffend als unsubstantiiert bewerteten - Angaben der Klägerin zu 1) von einer unrichtigen Gesamtdauer der Präventionsverfahren ausgehen. Von daher muss der Senat auch nicht abschließend darüber befinden, inwieweit der Vortrag der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 3) hinsichtlich des zeitlichen Anteils der Präventionsverfahren nicht plausibel und nicht im Einklang mit ihren vorangegangenen Ausführungen steht, wie es die Beklagten rügen.

48

III. Die Kosten ihrer erfolglosen Revision haben die klagenden Parteien zu tragen, § 97 Abs. 1, § 100 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Görgens    

        

    Hess    

        

        

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Es hat in folgenden Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mitzuwirken:

1.
Kindschaftssachen (§ 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
2.
Abstammungssachen (§ 176 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
3.
Adoptionssachen (§ 188 Absatz 2, §§ 189, 194, 195 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),
4.
Ehewohnungssachen (§ 204 Absatz 2, § 205 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und
5.
Gewaltschutzsachen (§§ 212, 213 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

(2) Das Jugendamt unterrichtet insbesondere über angebotene und erbrachte Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen ein und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hin. In Verfahren nach den §§ 1631b, 1632 Absatz 4, den §§ 1666, 1666a und 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie in Verfahren, die die Abänderung, Verlängerung oder Aufhebung von nach diesen Vorschriften getroffenen Maßnahmen betreffen, legt das Jugendamt dem Familiengericht den Hilfeplan nach § 36 Absatz 2 Satz 2 vor. Dieses Dokument beinhaltet ausschließlich das Ergebnis der Bedarfsfeststellung, die vereinbarte Art der Hilfegewährung einschließlich der hiervon umfassten Leistungen sowie das Ergebnis etwaiger Überprüfungen dieser Feststellungen. In anderen die Person des Kindes betreffenden Kindschaftssachen legt das Jugendamt den Hilfeplan auf Anforderung des Familiengerichts vor. Das Jugendamt informiert das Familiengericht in dem Termin nach § 155 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über den Stand des Beratungsprozesses. § 64 Absatz 2 und § 65 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 bleiben unberührt.

(3) Das Jugendamt, das in Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen Sorge nach § 155a Absatz 4 Satz 1 und § 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehört wird, teilt

1.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, aufgrund derer die Sorge gemäß § 1626a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Eltern ganz oder zum Teil gemeinsam übertragen wird oder
2.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, die die elterliche Sorge ganz oder zum Teil der Mutter entziehen oder auf den Vater allein übertragen,
dem nach § 87c Absatz 6 Satz 2 zuständigen Jugendamt zu den in § 58 genannten Zwecken unverzüglich mit. Mitzuteilen sind auch das Geburtsdatum und der Geburtsort des Kindes oder des Jugendlichen sowie der Name, den das Kind oder der Jugendliche zur Zeit der Beurkundung seiner Geburt geführt hat.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.