Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Juni 2016 - 8 Sa 557/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0614.8Sa557.15.00
14.06.2016

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 08.10.2015 - Az. 1 Ca 779/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger die Zahlung von Überstundenzuschlägen schuldet.

2

Der Kläger war vom 15.08.2013 bis zum 31.01.2015 bei der Beklagten als Projektverantwortlicher und Key-Account-Manager im Anlagen- und Vorrichtungsbau mit einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt 4.000,00 EUR beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Arbeitsvertrag vom 30.07.2013 (Bl. 9 bis 12 d. A.), nach dessen Ziffer 3 die wöchentliche Arbeitszeit " … zur Zeit 40 Stunden …" betragen sollte.

3

Ziffer 6 des Arbeitsvertrages lautet:

4

"Überstunden:  Der Arbeitnehmer ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und zur Leistung von Mehrarbeit und Nachtarbeit und in Notfällen zu Sonn- und Feiertagsarbeit verpflichtet.

5

Die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete Mehrarbeit wird mit einem Zuschlag von 25 Prozent auf den Stundenlohn monatlich im Nachhinein vergütet."

6

Unter Ziff. 15. des Arbeitsvertrages findet sich folgende Regelung:

7

Ausschluss

8

Alle Ansprüche aus diesem Vertrag und solche, die und Verfallsfristen damit in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.

9

Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von vier Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

10

Die Abrechnung Dezember 2014 wies zu Gunsten des Klägers ein Gleitzeitguthaben von 222,11 Stunden aus. Nachdem er zum 31. Januar 2015 gekündigt hatte, wurde er unter Anrechnung von 152 Überstunden freigestellt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vergütete die Beklagte noch 70,21 Überstunden unter Zugrundelegung des regulären Stundenlohns von 23,07 EUR brutto. Zuschläge zahlte sie nicht.

11

Der Kläger machte mit Schreiben vom 27.02.2015 (Anlage 1 zur Klageschrift, Bl. 7 d. A.) erstmals die Auszahlung des Überstundenzuschlags geltend. Nachdem die Beklagte dem geltend gemachten Anspruch entgegengetreten ist, hat der Kläger mit am 26.05.2015 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Klage auf Auszahlung des Überstundenzuschlags erhoben.

12

Der Kläger hat vorgetragen:

13

Die von ihm geleisteten Überstunden seien notwendig gewesen, um die ihm obliegenden Aufträge ordnungsgemäß auszuführen. So habe er sich in der Regel dienstags und donnerstags bei Kunden in Pforzheim, Stuttgart und Mühlacker aufgehalten. Da er sich mit dem Kollegen S. die Arbeit geteilt habe, habe es für ihn wenig Möglichkeiten gegeben, die Stunden vor der Kündigung abzufeiern. Zudem sei bereits durch die Fahrzeiten an den Dienstagen und Donnerstagen häufig eine Stundenleistung erbracht worden, welche über die üblichen 8 Stunden werktäglich hinausgegangen sei. Seine Arbeitszeiten seien aus den Zeitlisten für die Zeit vom 1.8.2013 bis 31.12.2014 (Anlagen zum Schriftsatz vom 13.07.2015, Bl. 36-50 d. A.) ersichtlich. Der Beklagten sei bewusst gewesen, dass Überstunden in nicht unerheblichem Umfang angefallen seien, dies schon aufgrund der Fahrzeiten nach Stuttgart, Mühlacker und Pforzheim.

14

Die Beklagte habe ihm nie mitgeteilt, dass zwischen freiwilligen und angeordneten Überstunden unterschieden werde.

15

Der Kläger hat die Auffassung vertreten,

16

ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages von 25 Prozent für 222,11 Überstunden zu. Dies ergebe sich aus Ziff. 6 des Arbeitsvertrages. Eine "Anordnung" von Überstunden im Sinne von § 6 Abs. 2 liege nicht nur dann vor, wenn Zahl und Lage der Überstunden im Voraus festgelegt würden. Sie könne auch dadurch gegeben sein, dass ein bestimmter Arbeitsauftrag innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens ohne Rücksicht auf die üblichen Arbeitszeiten durchgeführt werden müsse oder wenn der Arbeitgeber wisse, dass der Arbeitnehmer über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeite und der Arbeitgeber dies dulde. Die Tatsache, dass die Beklagte ihn die Überstunden habe in Freizeit „abfeiern“ lassen und darüber hinaus die verbleibenden Stunden ausbezahlt habe, stelle ein Zugeständnis dar, dass die Mehrarbeit angeordnet gewesen sei. Zumindest ergebe sich hieraus eine konkludente Anordnung der Überstunden oder stillschweigende Duldung derselben. Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen freiwilligen und angeordneten Überstunden sei rechtsfehlerhaft. Gegen eine derartige Differenzierung spreche auch die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos.

17

Der Anspruch sei nicht verfallen, da der Anspruch auf die Überstundenzuschläge erst mit Ausgleich des Arbeitszeitkontos entstehe.

18

Der Kläger hat beantragt,

19

die Beklagte zu verurteilen, 1.281,02 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2015 an ihn zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Die Beklagte hat erwidert,

23

die Mehrarbeit sei entgegen § 6 des Arbeitsvertrages nicht angeordnet gewesen, so dass sie auch nicht mit einem Zuschlag zu vergüten sei.

24

Mehrarbeit, die angeordnet worden sei, werde – mit Zuschlag – stets in dem Monat ausbezahlt, in dem diese angefallen sei. Mehrstunden, die nicht angeordnet worden seien, würden dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben und dann auf Wunsch der Mitarbeiter entweder durch Freizeit abgegolten oder ausbezahlt, die Auszahlung erfolge jedoch dann ohne den durch den Kläger beanspruchten Zuschlag von 25 %. Dies entspreche der betrieblichen Praxis und sei auch dem Kläger bekannt gewesen. Der Kläger habe von diesem Wahlrecht im Umfang von 152 Stunden auch Gebrauch gemacht, indem er Freizeitausgleich in Anspruch genommen habe.

25

Sie – die Beklagte – sei mit den geleisteten Überstunden weder einverstanden gewesen, noch seien diese betriebsnotwendig gewesen, sie habe sich auch nicht geduldet.

26

Ein Großteil der von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche sei überdies nicht innerhalb der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist (§ 15 Abs. 1) geltend gemacht worden und deswegen verfallen.

27

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage durch Urteil vom 08.10.2015 – Az. 1 Ca 779/15 – mit der Begründung abgewiesen, im Arbeitsvertrag sei klar geregelt, dass die Zuschlagspflicht nur für explizit angeordnete Stunden, nicht aber für die bloß duldende Entgegennahme von Arbeit über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus bestehe. Da eine ausdrückliche Anordnung von Mehrarbeit im Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich sei, hätten die arbeitsvertraglichen Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschlags nicht vorgelegen. Auf die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB könne nicht zurückgegriffen werden, da Zweifel an der Auslegung der die Mehrarbeitsvergütung regelnden Arbeitsvertragsklausel nicht gegeben seien. Hinsichtlich der weiteren, der Entscheidung zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 74 f. d. A.) Bezug genommen.

28

Der Kläger hat gegen das ihm am 25.11.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen mit am 15.12.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz vom 14.12.2015 Berufung eingelegt und diese nach mit am 21.01.2016 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag beantragter und durch Beschluss vom 22.01.2016 bis zum 25.02.2016 bewilligter Fristverlängerung mit am 22.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 19.02.2016 begründet.

29

Der Kläger vertritt die Auffassung,

30

es sei unzulässig, bei der Vergütung danach zu differenzieren, wie es zur Mehrarbeit gekommen sei. Ein sachlicher Grund für die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung zwischen ausdrücklich angeordneter und sonstiger Mehrarbeit erschließe sich nicht. Bei einem Maschinenbauunternehmen wie der Beklagten sei die Gewährung eines Überstundenzuschlags auch branchenüblich.

31

Gerade die Projektbezogenheit seiner Tätigkeit, verbunden mit einer nicht unerheblichen Reisezeit zu den Kunden, mache deutlich, dass von Anfang an von ihm generell die Ableistung von Mehrarbeit erwartet worden sei. Eine Differenzierung sei nicht gewollt gewesen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei auch § 305 c Abs. 2 BGB anwendbar, da er aufgrund der arbeitsvertraglichen Formulierung nicht damit habe rechnen müssen, dass geduldete oder genehmigte Mitarbeit nicht zuschlagspflichtig sei.

32

Wegen der weiteren Ausführungen des Klägers zur Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 19.02.2016 (Bl. 102-105 d. A.) verwiesen.

33

Der Kläger beantragt,

34

das Urteil des Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein vom 08.10.2015 – 1 Ca 779/15 – abzuändern und nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen.

35

Die Beklagte beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Die Beklagte ist der Ansicht,

38

das Arbeitsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine Zuschlagspflicht für die vom Kläger geleisteten Mehrarbeitsstunden nicht bestehe. Die bereits erstinstanzlich dargestellte, dem Kläger bekannte Betriebs- und Abrechnungspraxis mache deutlich, dass die Zuschlagsklausel im Arbeitsvertrag von den Arbeitnehmern übereinstimmend so verstanden worden sei, dass eine Zuschlagspflicht lediglich bei expliziter Anordnung bestehe. Die Regelung zur Zuschlagspflicht bei angeordneten Überstunden sei auch sinnvoll, um für die Mitarbeiter - insbesondere bei termingebundenen Aufträgen, welche die Anordnung von Überstunden zur Fertigstellung eines Auftrages notwendig machten - auch einen entsprechenden finanziellen Anreiz zu schaffen. Dem Umstand, dass der Kläger zum Erfolg eines Projekts habe beitragen sollen und auch entsprechende Reisewege auf sich genommen habe, sei bereits durch die monatliche Bruttovergütung in Höhe von EUR 4.000,- Rechnung getragen worden.

39

Der Geltendmachung der Überstundenzuschläge für die Zeit vor November 2014 stehe überdies die arbeitsvertragliche Ausschlussklausel entgegen.

40

Ergänzend wird auf die Ausführungen der Beklagten in der Berufungserwiderung vom 29.03.2016 (Bl. 120-122 d. A.) Bezug genommen.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

42

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

43

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

B.

44

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

I.

45

Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Überstundenzuschlägen in Höhe von 1.281,02 EUR brutto hat.

46

Ohne besondere kollektiv- oder einzelvertragliche Rechtsgrundlage ist der Arbeitgeber nicht zur Zahlung eines Zuschlags für Überstunden oder Mehrarbeit verpflichtet (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 21.07.2005 - 1 Sa 36/05 - MDR 2006, 340).

47

Vorliegend ist für den Ausgleich des Zeitguthabens auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers weder kollektiv-, noch einzelvertraglich eine Zuschlagspflicht vorgesehen.

48

1. Ein Tarifvertrag findet mangels Tarifbindung und mangels arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis unstreitig keine Anwendung.

49

2. Eine Zuschlagspflicht für die vom Kläger erarbeiteten Guthabenstunden auf dem Arbeitszeitkonto ergibt sich auch nicht auf individualvertraglicher Grundlage.

50

Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Überstundenzuschlags aus Ziff. 6 Abs. 2 des Arbeitsvertrages liegen nicht vor.

51

a) Ziff. 6 Abs. 2 des Arbeitsvertrages regelt unmissverständlich, dass ein Zuschlag von 25 % auf den Stundenlohn nur dann geschuldet ist, wenn die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit angeordnet worden ist.

52

Der Kläger hat zwar unstreitig über die regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden/Woche hinaus gearbeitet, wie sich aus dem von der Beklagtenseite nicht in Frage gestellten Gleitzeitkontostand von 222,11 Gutstunden am 31.12.2014 ergibt. Jedoch behauptet nicht einmal der Kläger selbst eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden durch die Beklagte.

53

b) Die Regelung zur Zuschlagspflicht bei angeordneten Überstunden ist wirksamer Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden. Die Klausel ist nicht überraschend i. S. v. § 305c Abs. 1 BGB und ausreichend transparent, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

54

aa) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich bei Ziffer 6 des Arbeitsvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB) handelt. Die Klausel ist offensichtlich von der Beklagten für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen vorformuliert und wird den Arbeitnehmern einseitig bei Abschluss des mündlichen Arbeitsvertrags gestellt.

55

Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei „ausgehandelt“ i. S. v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, dem Kläger die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 16.05.2012 - 5 AZR 331/11 - NZA 2012, 908 f. m. w. N.).

56

bb) Die Klausel ist nicht überraschend i. S. v. § 305c Abs. 1 BGB.

57

(1) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (vgl. dazu BAG 16.05.2012 - 5 AZR 331/11 - NZA 2012, 908 f. m. w. N.).

58

(2) Gemessen an diesen Anforderungen wohnt einer Klausel wie der vorliegenden, nach deren Inhalt die Gewährung von Überstundenzuschlägen an weitere Voraussetzungen geknüpft wird, kein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt i. S. V. § 305c Abs. 1 BGB inne.

59

Die Klausel ist nicht ungewöhnlich. Dass Arbeitgeber Überstundenvergütungen nicht schrankenlos zu gewähren, ist im Arbeitsleben weit verbreitet. So sehen viele Arbeitsverträge eine pauschale Überstundenabgeltung vor, was nicht nur zahlreiche Gerichtsentscheidungen belegen (vgl. z. B. BAG 16.05.2012 - 5 AZR 331/11 - NZA 2012, 908 f.; BAG 01.09.2010 - 5 AZR 517/09 - BAGE 135, 250; BAG 17.08.2011 - 5 AZR 406/10 - EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; BAG 22.02.2012 - 5 AZR 765/10 - AP BGB § 612 Nr. 75), sondern auch die vielen Vorschläge und Formulierungshilfen im Schrifttum zur Vertragsgestaltung. Vor dem Hintergrund, dass eine gesetzlich normierte Pflicht zur Gewährung eines Überstundenzuschlags nicht besteht, muss der Arbeitnehmer umso mehr damit rechnen, dass die Gewährung eines Zuschlags an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft wird. Mangels Verpflichtung zur Gewährung eines Überstundenzuschlags ist es dem Arbeitgeber nämlich nicht verwehrt, die Zuschlagspflicht an weitergehende Bedingungen zu knüpfen als die Grundvergütung für die geleisteten Überstunden. So darf eine Vereinbarung etwa anstelle einer Abgeltung durch Überstundenzuschläge vorsehen, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt wird, dem Arbeitnehmer einen Freizeitausgleich zu gewähren. Hier sind auch Kombinationen denkbar, etwa dergestalt, dass der Arbeitgeber zwischen beiden Varianten des Ausgleichs (Zulage zur Vergütung oder Freizeitausgleich) wählen kann (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 21.07.2005 - 1 Sa 36/05 - MDR 2006, 340; Preis in Erfurter Kommentar, 16. Auflage 2016, § 611 Rn. 489). Mit § 6 Abs. 2 des streitgegenständlichen Arbeitsvertrages vergleichbare Klauseln, in denen zwischen angeordneter Mehrarbeit und freiwilliger Mehrarbeit innerhalb des Gleitzeitkorridors hinsichtlich der Vergütung und der Zuschlagspflicht differenziert wird, finden sich etwa auch in Tarifverträgen (vgl. z. B. § 7 TVöD mit Protokollerklärungen).

60

Dass die Klausel im Arbeitsvertrag an unerwarteter Stelle, z. B ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Themenkomplex „Entgelt“, untergebracht worden ist, hat der Kläger weder behauptet, noch ist dies der Fall.

61

cc) Die streitgegenständliche Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 BGB.

62

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. dazu BAG 01.09.2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, BAGE 135, 250; BAG 17.08.2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; BAG 22.02.2012 - 5 AZR 765/10 - JURIS Rn. 16).

63

(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Klausel transparent. Aus der Formulierung ergibt sich hinreichend klar, dass der Überstundenzuschlag nicht unabhängig von einer Anordnung gewährt werden wird.

64

3. Schließlich ergibt sich eine Grundlage für den vom Kläger begehrten Abrechnungsmodus auch nicht aus § 611 i. V. m. § 612 BGB. Danach gilt zwar die übliche Vergütung als geschuldet, wenn eine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung und eine taxmäßige Vergütung nicht bestehen. Zwischen den Parteien wurde jedoch eine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung der monatlich geleisteten Überstunden getroffen. Diese Vereinbarung gilt.

65

4. Ein Anspruch des Klägers auf den geltend gemachten Überstundenzuschlag lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Manteltarifvertrag für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie des Landes Rheinland-Pfalz vom 20.07.2005 (Auszug als Anlage zur Berufungsbegründung, Bl. 106 f. d. A.) die Gewährung eines Überstundenzuschlags an andere Voraussetzungen knüpft.

66

Vor dem Hintergrund, dass der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis unstreitig keine Anwendung findet, kann der Tarifvertrag allenfalls bei der Prüfung Berücksichtigung finden, ob die Vergütung des Klägers in sittenwidriger Weise hinter dem branchenüblichen Lohn zurückbleibt.

67

Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Ein solches kann regelmäßig angenommen werden, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen. Welchem Wirtschaftszweig das Unternehmen des Arbeitgebers zuzuordnen ist, richtet sich nach der durch das Unionsrecht vorgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige (vgl. BAG 22.04.2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14 ff., BAGE 130, 338; BAG 18.04.2012 - 5 AZR 630/10 - Rn. 11 f., AP BGB § 138 Nr. 65).

68

Unabhängig davon, dass der Kläger keine konkreten Tatsachen zur Verkehrsüblichkeit einer Vergütung nach dem Tarifvertrag im einschlägigen Wirtschaftszweig vorgetragen hat, fehlt es an hinreichend substantiiertem Sachvortrag des Klägers zu einer Eingruppierung/zu Eingruppierungskriterien.

69

In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 22.04.2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 26 f. mwN, BAGE 130, 338). Zu beidem hat der Kläger ebenfalls nichts vorgebracht.

70

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

II.

71

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

72

Anlass für die Zulassung der Revision besteht angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 26. Oktober 2010 - 6 Sa 595/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

2

Der 1976 geborene Kläger, ausgebildeter Kaufmann im Eisenbahn- und Straßenverkehr, war vom 1. Februar 2007 bis zum 15. März 2008 bei der Beklagten in der Disposition beschäftigt. Diese betreibt mit rd. 770 Arbeitnehmern ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie und ist nicht tarifgebunden. Der Kläger erhielt zuletzt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ein Grundgehalt von 2.184,84 Euro brutto monatlich. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag schlossen die Parteien nicht.

3

Der Kläger leistete regelmäßig Überstunden, vor allem deshalb, weil er auch in der Mittagszeit im Büro anwesend war, um Kundenanrufe entgegenzunehmen. Die Beklagte zahlte Überstundenvergütung erst ab der 21. Überstunde im Monat, dann jedoch mit einem Zuschlag von 25 %.

4

Mit der am 29. August 2008 eingereichten Klage hat der Kläger ua. geltend gemacht, ihm stehe Überstundenvergütung auch für die ersten zwanzig Überstunden im Monat zu. Außerdem sei die vereinbarte Vergütung sittenwidrig, weil sie zwei Drittel des üblichen Tarifentgelts unterschreite. Heranzuziehen sei der Entgeltrahmentarifvertrag für die bayerische Metall- und Elektroindustrie vom 1. November 2005 (im Folgenden: ERA-TV), in dessen Entgeltgruppe 9 er einzugruppieren wäre.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.177,65 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, eine - weitere - Überstundenvergütung könne der Kläger nicht beanspruchen. Bei der Einstellung sei verabredet worden, dass in der vereinbarten Vergütung die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ seien. Lohnwucher liege nicht vor. Bei Anwendung des ERA-TV wäre der Kläger allenfalls in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert.

7

Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat nach erneuter Beweisaufnahme und informatorischer Befragung des Klägers dessen Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der ersten zwanzig Überstunden im Monat. Diese sind mit der vereinbarten Vergütung abgegolten.

10

1. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO)festgestellt, dass dem Kläger beim Einstellungsgespräch vom Personalleiter gesagt wurde, bei der vereinbarten Vergütung seien die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“. Einen zulässigen Revisionsangriff hat der Kläger dagegen nicht erhoben. Soweit er moniert, das Landesarbeitsgericht habe sich nicht mit den vielen Möglichkeiten auseinandergesetzt, aufgrund derer er die Ausführungen des Zeugen hätte missverstehen können, zeigt er damit keinen revisionsrechtlich erheblichen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts auf.

11

2. Die Pauschalabrede zur Vergütung von Überstunden ist wirksamer Bestandteil des mündlichen Arbeitsvertrags geworden. Die Klausel ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB und ausreichend transparent, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einer - weitergehenden - Inhaltskontrolle unterliegt sie nicht, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

12

a) Nach bindender Feststellung des Landesarbeitsgerichts verabredet die Beklagte im Angestelltenbereich bei allen stets nur mündlich abgeschlossenen Arbeitsverträgen, dass in dem jeweils vereinbarten monatlichen Gehalt die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ seien. Es handelt sich damit nach der zutreffenden, von den Parteien auch nicht beanstandeten, rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist von der Beklagten für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen vorformuliert, gleichsam im Kopf des Personalleiters gespeichert, und wird den Arbeitnehmern einseitig bei Abschluss des mündlichen Arbeitsvertrags gestellt.

13

Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, dem Kläger die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 117, 155).

14

Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrags schließt die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht aus, § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch eine mündliche oder durch betriebliche Übung begründete Vertragsbedingung, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 20, BAGE 127, 319; 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 13, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 85 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 10; vgl. auch Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 35 Rn. 9; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 22; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert 3. Aufl. § 305 Rn. 5a).

15

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

16

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (vgl. dazu BAG 19. Februar 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 54, AP BGB § 307 Nr. 49; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler § 305c Rn. 8 ff.; ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 29, jeweils mwN).

17

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine Klausel, nach der in dem monatlichen (Grund-)Gehalt die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ sind, nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

18

Die Klausel ist nicht ungewöhnlich. Dass Arbeitgeber versuchen, Überstunden pauschal abzugelten, ist im Arbeitsleben weit verbreitet. Das belegen nicht nur zahlreiche Gerichtsentscheidungen (vgl. zB BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 -), sondern auch die vielen Vorschläge und Formulierungshilfen im Schrifttum zur Vertragsgestaltung (siehe nur Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II M 20 Rn. 15 ff.; Wisskirchen/Bissels in Tschöpe AHB-Arbeitsrecht 7. Aufl. Teil 1 D Rn. 151 ff.; Schiefer in Hümmerich/Reufels Gestaltung von Arbeitsverträgen 2. Aufl. § 1 Arbeitsverträge Rn. 3070 ff.; Lingemann in Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht 4. Aufl. S. 115). Dass die Klausel bei den Vertragsverhandlungen bzw. im Einstellungsgespräch von der Beklagten an unerwarteter Stelle, zB ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Themenkomplex „Entgelt“ untergebracht worden wäre, hat der Kläger nicht behauptet.

19

Der Kläger hat auch keine Umstände vorgebracht, aus denen sich ergeben könnte, dass er mit einer derartigen Klausel nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Allein die von ihm befürchtete Gefahr, wesentliche Vertragsinhalte nur „by the way“ zu erfahren und nicht nachlesen zu können, reicht für einen Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt nicht aus. Anderenfalls wären - worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - mündliche Allgemeine Geschäftsbedingungen stets überraschend und könnten nie Vertragsbestandteil werden. Das widerspräche § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB, der gerade davon ausgeht, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen auch in mündlichen Verträgen enthalten sein können.

20

c) Die streitgegenständliche Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB.

21

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. dazu BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 15 f.).

22

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Klausel, in der vereinbarten Vergütung seien die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“, klar und verständlich. Aus der Formulierung „mit drin“ ergibt sich - nicht nur im bayerischen Sprachraum - unmissverständlich, dass mit der Monatsvergütung neben der Normalarbeitszeit bis zu zwanzig Überstunden abgegolten sind. Durch die hinreichend bestimmte Quantifizierung weiß der Arbeitnehmer, „was auf ihn zukommt“: Er muss für die vereinbarte Vergütung ggf. bis zu zwanzig Überstunden monatlich ohne zusätzliche Vergütung leisten.

23

Dass die Klausel sich nicht zu den Voraussetzungen verhält, unter denen der Arbeitgeber die Leistung von Überstunden soll anordnen dürfen, steht ihrer Transparenz nicht entgegen. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Anordnungsbefugnis und Vergütung von Überstunden sind unterschiedliche Regelungsgegenstände. Ob Überstunden überhaupt angeordnet werden dürfen, ist für die Frage ihrer Vergütung unerheblich.

24

d) Einer weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegt die streitgegenständliche Klausel nicht, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

25

aa) Nach dieser Vorschrift unterfallen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nur dann, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dazu gehören Klauseln, die (nur) den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen, nicht. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt (BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 22, BAGE 127, 319; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 24, BAGE 122, 12; vgl. auch ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 34; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler § 307 Rn. 263; Schaub/Linck § 35 Rn. 39, jeweils mwN). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den „gerechten Preis“ zu ermitteln (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 115, 372).

26

bb) Die Klausel, in der vereinbarten Monatsvergütung seien die ersten zwanzig Überstunden monatlich „mit drin“, betrifft nur die (Mit-)Vergütung dieser Überstunden, ohne zugleich die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers zur Ableistung von Überstunden zu regeln. Sie ist damit eine Hauptleistungsabrede, die nur die Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung betrifft. Die vom Bundesarbeitsgericht bislang offengelassene Frage, ob eine Klausel, die eine Pauschalvergütung von Überstunden mit einer Abrede über die Befugnis des Arbeitgebers zur Anordnung von Überstunden kombiniert, eine kontrollfähige Preisnebenabrede ist (bejahend etwa LAG Hamm 11. Juli 2007 - 6 Sa 410/07 - AE 2007, 312; ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; Schaub/Linck § 35 Rn. 79; HWK/Gotthard 5. Aufl. Anh. §§ 305 -310 BGB Rn. 41), bedarf weiterhin keiner Entscheidung.

27

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere monatliche (Grund-) Vergütung in Anlehnung an die Entgeltgruppe 9 ERA-TV. Die Höhe seiner Vergütung ist durch die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt iSv. § 612 Abs. 2 BGB. Diese ist auch dann nicht sittenwidrig, wenn der Kläger für das Monatsentgelt 193,33 Stunden arbeiten muss.

28

1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Ein solches kann regelmäßig angenommen werden, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen. Welchem Wirtschaftszweig das Unternehmen des Arbeitgebers zuzuordnen ist, richtet sich nach der durch das Unionsrecht vorgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14 ff., BAGE 130, 338; 18. April 2012 - 5 AZR 630/10 -).

29

2. Unabhängig davon, dass der Kläger keine Tatsachen zur Verkehrsüblichkeit einer Vergütung nach dem ERA-TV im einschlägigen Wirtschaftszweig vorgetragen hat, fehlt es - worauf schon Landesarbeitsgericht wie Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen haben - an hinreichend substantiiertem Sachvortrag des Klägers zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 ERA-TV. Nach § 2 Nr. 3 ERA-TV setzt die Eingruppierung die Erfüllung der in der jeweiligen Entgeltgruppe beschriebenen Eingruppierungskriterien voraus. Entgeltgruppe 9 ERA-TV verlangt eine Arbeitsaufgabe, die neben Entscheidungs- und Dispositionsspielraum im Rahmen der Arbeitsaufgabe Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und eine über die der Entgeltgruppe 8 hinausgehende fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden. Gleichgestellt sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine qualifizierte Weiterbildung und darauf bezogene fachspezifische Zusatzqualifikation oder durch ein einschlägiges, abgeschlossenes Studium mit einer bis zu vierjährigen Regelstudiendauer erworben werden. Die Erfüllung dieser Anforderungen hat der Kläger nicht einmal annähernd schlüssig dargelegt. Sein unsubstantiierter Sachvortrag kommt über pauschale (Rechts-)Behauptungen nicht hinaus. Eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und eine fachspezifische Zusatzqualifikation verlangen schon die Eingruppierungskriterien der Entgeltgruppe 6 ERA-TV.

30

3. In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 26 f. mwN, BAGE 130, 338). Zu beidem hat der Kläger nichts vorgebracht.

31

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    S. Röth-Ehrmann    

        

    Christen    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 26. Oktober 2010 - 6 Sa 595/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

2

Der 1976 geborene Kläger, ausgebildeter Kaufmann im Eisenbahn- und Straßenverkehr, war vom 1. Februar 2007 bis zum 15. März 2008 bei der Beklagten in der Disposition beschäftigt. Diese betreibt mit rd. 770 Arbeitnehmern ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie und ist nicht tarifgebunden. Der Kläger erhielt zuletzt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ein Grundgehalt von 2.184,84 Euro brutto monatlich. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag schlossen die Parteien nicht.

3

Der Kläger leistete regelmäßig Überstunden, vor allem deshalb, weil er auch in der Mittagszeit im Büro anwesend war, um Kundenanrufe entgegenzunehmen. Die Beklagte zahlte Überstundenvergütung erst ab der 21. Überstunde im Monat, dann jedoch mit einem Zuschlag von 25 %.

4

Mit der am 29. August 2008 eingereichten Klage hat der Kläger ua. geltend gemacht, ihm stehe Überstundenvergütung auch für die ersten zwanzig Überstunden im Monat zu. Außerdem sei die vereinbarte Vergütung sittenwidrig, weil sie zwei Drittel des üblichen Tarifentgelts unterschreite. Heranzuziehen sei der Entgeltrahmentarifvertrag für die bayerische Metall- und Elektroindustrie vom 1. November 2005 (im Folgenden: ERA-TV), in dessen Entgeltgruppe 9 er einzugruppieren wäre.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.177,65 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, eine - weitere - Überstundenvergütung könne der Kläger nicht beanspruchen. Bei der Einstellung sei verabredet worden, dass in der vereinbarten Vergütung die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ seien. Lohnwucher liege nicht vor. Bei Anwendung des ERA-TV wäre der Kläger allenfalls in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert.

7

Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat nach erneuter Beweisaufnahme und informatorischer Befragung des Klägers dessen Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der ersten zwanzig Überstunden im Monat. Diese sind mit der vereinbarten Vergütung abgegolten.

10

1. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO)festgestellt, dass dem Kläger beim Einstellungsgespräch vom Personalleiter gesagt wurde, bei der vereinbarten Vergütung seien die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“. Einen zulässigen Revisionsangriff hat der Kläger dagegen nicht erhoben. Soweit er moniert, das Landesarbeitsgericht habe sich nicht mit den vielen Möglichkeiten auseinandergesetzt, aufgrund derer er die Ausführungen des Zeugen hätte missverstehen können, zeigt er damit keinen revisionsrechtlich erheblichen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts auf.

11

2. Die Pauschalabrede zur Vergütung von Überstunden ist wirksamer Bestandteil des mündlichen Arbeitsvertrags geworden. Die Klausel ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB und ausreichend transparent, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einer - weitergehenden - Inhaltskontrolle unterliegt sie nicht, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

12

a) Nach bindender Feststellung des Landesarbeitsgerichts verabredet die Beklagte im Angestelltenbereich bei allen stets nur mündlich abgeschlossenen Arbeitsverträgen, dass in dem jeweils vereinbarten monatlichen Gehalt die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ seien. Es handelt sich damit nach der zutreffenden, von den Parteien auch nicht beanstandeten, rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist von der Beklagten für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen vorformuliert, gleichsam im Kopf des Personalleiters gespeichert, und wird den Arbeitnehmern einseitig bei Abschluss des mündlichen Arbeitsvertrags gestellt.

13

Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, dem Kläger die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 117, 155).

14

Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrags schließt die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht aus, § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch eine mündliche oder durch betriebliche Übung begründete Vertragsbedingung, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 20, BAGE 127, 319; 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 13, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 85 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 10; vgl. auch Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 35 Rn. 9; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 22; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert 3. Aufl. § 305 Rn. 5a).

15

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

16

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (vgl. dazu BAG 19. Februar 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 54, AP BGB § 307 Nr. 49; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler § 305c Rn. 8 ff.; ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 29, jeweils mwN).

17

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine Klausel, nach der in dem monatlichen (Grund-)Gehalt die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ sind, nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

18

Die Klausel ist nicht ungewöhnlich. Dass Arbeitgeber versuchen, Überstunden pauschal abzugelten, ist im Arbeitsleben weit verbreitet. Das belegen nicht nur zahlreiche Gerichtsentscheidungen (vgl. zB BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 -), sondern auch die vielen Vorschläge und Formulierungshilfen im Schrifttum zur Vertragsgestaltung (siehe nur Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II M 20 Rn. 15 ff.; Wisskirchen/Bissels in Tschöpe AHB-Arbeitsrecht 7. Aufl. Teil 1 D Rn. 151 ff.; Schiefer in Hümmerich/Reufels Gestaltung von Arbeitsverträgen 2. Aufl. § 1 Arbeitsverträge Rn. 3070 ff.; Lingemann in Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht 4. Aufl. S. 115). Dass die Klausel bei den Vertragsverhandlungen bzw. im Einstellungsgespräch von der Beklagten an unerwarteter Stelle, zB ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Themenkomplex „Entgelt“ untergebracht worden wäre, hat der Kläger nicht behauptet.

19

Der Kläger hat auch keine Umstände vorgebracht, aus denen sich ergeben könnte, dass er mit einer derartigen Klausel nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Allein die von ihm befürchtete Gefahr, wesentliche Vertragsinhalte nur „by the way“ zu erfahren und nicht nachlesen zu können, reicht für einen Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt nicht aus. Anderenfalls wären - worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - mündliche Allgemeine Geschäftsbedingungen stets überraschend und könnten nie Vertragsbestandteil werden. Das widerspräche § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB, der gerade davon ausgeht, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen auch in mündlichen Verträgen enthalten sein können.

20

c) Die streitgegenständliche Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB.

21

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. dazu BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 15 f.).

22

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Klausel, in der vereinbarten Vergütung seien die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“, klar und verständlich. Aus der Formulierung „mit drin“ ergibt sich - nicht nur im bayerischen Sprachraum - unmissverständlich, dass mit der Monatsvergütung neben der Normalarbeitszeit bis zu zwanzig Überstunden abgegolten sind. Durch die hinreichend bestimmte Quantifizierung weiß der Arbeitnehmer, „was auf ihn zukommt“: Er muss für die vereinbarte Vergütung ggf. bis zu zwanzig Überstunden monatlich ohne zusätzliche Vergütung leisten.

23

Dass die Klausel sich nicht zu den Voraussetzungen verhält, unter denen der Arbeitgeber die Leistung von Überstunden soll anordnen dürfen, steht ihrer Transparenz nicht entgegen. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Anordnungsbefugnis und Vergütung von Überstunden sind unterschiedliche Regelungsgegenstände. Ob Überstunden überhaupt angeordnet werden dürfen, ist für die Frage ihrer Vergütung unerheblich.

24

d) Einer weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegt die streitgegenständliche Klausel nicht, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

25

aa) Nach dieser Vorschrift unterfallen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nur dann, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dazu gehören Klauseln, die (nur) den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen, nicht. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt (BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 22, BAGE 127, 319; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 24, BAGE 122, 12; vgl. auch ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 34; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler § 307 Rn. 263; Schaub/Linck § 35 Rn. 39, jeweils mwN). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den „gerechten Preis“ zu ermitteln (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 115, 372).

26

bb) Die Klausel, in der vereinbarten Monatsvergütung seien die ersten zwanzig Überstunden monatlich „mit drin“, betrifft nur die (Mit-)Vergütung dieser Überstunden, ohne zugleich die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers zur Ableistung von Überstunden zu regeln. Sie ist damit eine Hauptleistungsabrede, die nur die Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung betrifft. Die vom Bundesarbeitsgericht bislang offengelassene Frage, ob eine Klausel, die eine Pauschalvergütung von Überstunden mit einer Abrede über die Befugnis des Arbeitgebers zur Anordnung von Überstunden kombiniert, eine kontrollfähige Preisnebenabrede ist (bejahend etwa LAG Hamm 11. Juli 2007 - 6 Sa 410/07 - AE 2007, 312; ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; Schaub/Linck § 35 Rn. 79; HWK/Gotthard 5. Aufl. Anh. §§ 305 -310 BGB Rn. 41), bedarf weiterhin keiner Entscheidung.

27

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere monatliche (Grund-) Vergütung in Anlehnung an die Entgeltgruppe 9 ERA-TV. Die Höhe seiner Vergütung ist durch die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt iSv. § 612 Abs. 2 BGB. Diese ist auch dann nicht sittenwidrig, wenn der Kläger für das Monatsentgelt 193,33 Stunden arbeiten muss.

28

1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Ein solches kann regelmäßig angenommen werden, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen. Welchem Wirtschaftszweig das Unternehmen des Arbeitgebers zuzuordnen ist, richtet sich nach der durch das Unionsrecht vorgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14 ff., BAGE 130, 338; 18. April 2012 - 5 AZR 630/10 -).

29

2. Unabhängig davon, dass der Kläger keine Tatsachen zur Verkehrsüblichkeit einer Vergütung nach dem ERA-TV im einschlägigen Wirtschaftszweig vorgetragen hat, fehlt es - worauf schon Landesarbeitsgericht wie Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen haben - an hinreichend substantiiertem Sachvortrag des Klägers zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 ERA-TV. Nach § 2 Nr. 3 ERA-TV setzt die Eingruppierung die Erfüllung der in der jeweiligen Entgeltgruppe beschriebenen Eingruppierungskriterien voraus. Entgeltgruppe 9 ERA-TV verlangt eine Arbeitsaufgabe, die neben Entscheidungs- und Dispositionsspielraum im Rahmen der Arbeitsaufgabe Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und eine über die der Entgeltgruppe 8 hinausgehende fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden. Gleichgestellt sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine qualifizierte Weiterbildung und darauf bezogene fachspezifische Zusatzqualifikation oder durch ein einschlägiges, abgeschlossenes Studium mit einer bis zu vierjährigen Regelstudiendauer erworben werden. Die Erfüllung dieser Anforderungen hat der Kläger nicht einmal annähernd schlüssig dargelegt. Sein unsubstantiierter Sachvortrag kommt über pauschale (Rechts-)Behauptungen nicht hinaus. Eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und eine fachspezifische Zusatzqualifikation verlangen schon die Eingruppierungskriterien der Entgeltgruppe 6 ERA-TV.

30

3. In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 26 f. mwN, BAGE 130, 338). Zu beidem hat der Kläger nichts vorgebracht.

31

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    S. Röth-Ehrmann    

        

    Christen    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 26. Oktober 2010 - 6 Sa 595/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

2

Der 1976 geborene Kläger, ausgebildeter Kaufmann im Eisenbahn- und Straßenverkehr, war vom 1. Februar 2007 bis zum 15. März 2008 bei der Beklagten in der Disposition beschäftigt. Diese betreibt mit rd. 770 Arbeitnehmern ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie und ist nicht tarifgebunden. Der Kläger erhielt zuletzt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ein Grundgehalt von 2.184,84 Euro brutto monatlich. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag schlossen die Parteien nicht.

3

Der Kläger leistete regelmäßig Überstunden, vor allem deshalb, weil er auch in der Mittagszeit im Büro anwesend war, um Kundenanrufe entgegenzunehmen. Die Beklagte zahlte Überstundenvergütung erst ab der 21. Überstunde im Monat, dann jedoch mit einem Zuschlag von 25 %.

4

Mit der am 29. August 2008 eingereichten Klage hat der Kläger ua. geltend gemacht, ihm stehe Überstundenvergütung auch für die ersten zwanzig Überstunden im Monat zu. Außerdem sei die vereinbarte Vergütung sittenwidrig, weil sie zwei Drittel des üblichen Tarifentgelts unterschreite. Heranzuziehen sei der Entgeltrahmentarifvertrag für die bayerische Metall- und Elektroindustrie vom 1. November 2005 (im Folgenden: ERA-TV), in dessen Entgeltgruppe 9 er einzugruppieren wäre.

5

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.177,65 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, eine - weitere - Überstundenvergütung könne der Kläger nicht beanspruchen. Bei der Einstellung sei verabredet worden, dass in der vereinbarten Vergütung die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ seien. Lohnwucher liege nicht vor. Bei Anwendung des ERA-TV wäre der Kläger allenfalls in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert.

7

Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat nach erneuter Beweisaufnahme und informatorischer Befragung des Klägers dessen Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der ersten zwanzig Überstunden im Monat. Diese sind mit der vereinbarten Vergütung abgegolten.

10

1. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO)festgestellt, dass dem Kläger beim Einstellungsgespräch vom Personalleiter gesagt wurde, bei der vereinbarten Vergütung seien die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“. Einen zulässigen Revisionsangriff hat der Kläger dagegen nicht erhoben. Soweit er moniert, das Landesarbeitsgericht habe sich nicht mit den vielen Möglichkeiten auseinandergesetzt, aufgrund derer er die Ausführungen des Zeugen hätte missverstehen können, zeigt er damit keinen revisionsrechtlich erheblichen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts auf.

11

2. Die Pauschalabrede zur Vergütung von Überstunden ist wirksamer Bestandteil des mündlichen Arbeitsvertrags geworden. Die Klausel ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB und ausreichend transparent, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einer - weitergehenden - Inhaltskontrolle unterliegt sie nicht, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

12

a) Nach bindender Feststellung des Landesarbeitsgerichts verabredet die Beklagte im Angestelltenbereich bei allen stets nur mündlich abgeschlossenen Arbeitsverträgen, dass in dem jeweils vereinbarten monatlichen Gehalt die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ seien. Es handelt sich damit nach der zutreffenden, von den Parteien auch nicht beanstandeten, rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist von der Beklagten für eine Vielzahl von Arbeitsverträgen vorformuliert, gleichsam im Kopf des Personalleiters gespeichert, und wird den Arbeitnehmern einseitig bei Abschluss des mündlichen Arbeitsvertrags gestellt.

13

Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, dem Kläger die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 117, 155).

14

Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrags schließt die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht aus, § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auch eine mündliche oder durch betriebliche Übung begründete Vertragsbedingung, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 20, BAGE 127, 319; 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 13, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 85 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 10; vgl. auch Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 35 Rn. 9; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 22; Däubler/Bonin/Deinert/Deinert 3. Aufl. § 305 Rn. 5a).

15

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

16

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (vgl. dazu BAG 19. Februar 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 54, AP BGB § 307 Nr. 49; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler § 305c Rn. 8 ff.; ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 29, jeweils mwN).

17

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine Klausel, nach der in dem monatlichen (Grund-)Gehalt die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“ sind, nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

18

Die Klausel ist nicht ungewöhnlich. Dass Arbeitgeber versuchen, Überstunden pauschal abzugelten, ist im Arbeitsleben weit verbreitet. Das belegen nicht nur zahlreiche Gerichtsentscheidungen (vgl. zB BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 -), sondern auch die vielen Vorschläge und Formulierungshilfen im Schrifttum zur Vertragsgestaltung (siehe nur Preis/Preis/Lindemann Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II M 20 Rn. 15 ff.; Wisskirchen/Bissels in Tschöpe AHB-Arbeitsrecht 7. Aufl. Teil 1 D Rn. 151 ff.; Schiefer in Hümmerich/Reufels Gestaltung von Arbeitsverträgen 2. Aufl. § 1 Arbeitsverträge Rn. 3070 ff.; Lingemann in Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht 4. Aufl. S. 115). Dass die Klausel bei den Vertragsverhandlungen bzw. im Einstellungsgespräch von der Beklagten an unerwarteter Stelle, zB ohne jeglichen Zusammenhang mit dem Themenkomplex „Entgelt“ untergebracht worden wäre, hat der Kläger nicht behauptet.

19

Der Kläger hat auch keine Umstände vorgebracht, aus denen sich ergeben könnte, dass er mit einer derartigen Klausel nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Allein die von ihm befürchtete Gefahr, wesentliche Vertragsinhalte nur „by the way“ zu erfahren und nicht nachlesen zu können, reicht für einen Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt nicht aus. Anderenfalls wären - worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - mündliche Allgemeine Geschäftsbedingungen stets überraschend und könnten nie Vertragsbestandteil werden. Das widerspräche § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB, der gerade davon ausgeht, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen auch in mündlichen Verträgen enthalten sein können.

20

c) Die streitgegenständliche Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB.

21

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. dazu BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 15 f.).

22

bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Klausel, in der vereinbarten Vergütung seien die ersten zwanzig Überstunden im Monat „mit drin“, klar und verständlich. Aus der Formulierung „mit drin“ ergibt sich - nicht nur im bayerischen Sprachraum - unmissverständlich, dass mit der Monatsvergütung neben der Normalarbeitszeit bis zu zwanzig Überstunden abgegolten sind. Durch die hinreichend bestimmte Quantifizierung weiß der Arbeitnehmer, „was auf ihn zukommt“: Er muss für die vereinbarte Vergütung ggf. bis zu zwanzig Überstunden monatlich ohne zusätzliche Vergütung leisten.

23

Dass die Klausel sich nicht zu den Voraussetzungen verhält, unter denen der Arbeitgeber die Leistung von Überstunden soll anordnen dürfen, steht ihrer Transparenz nicht entgegen. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Anordnungsbefugnis und Vergütung von Überstunden sind unterschiedliche Regelungsgegenstände. Ob Überstunden überhaupt angeordnet werden dürfen, ist für die Frage ihrer Vergütung unerheblich.

24

d) Einer weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegt die streitgegenständliche Klausel nicht, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

25

aa) Nach dieser Vorschrift unterfallen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nur dann, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dazu gehören Klauseln, die (nur) den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen, nicht. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt (BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 22, BAGE 127, 319; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 24, BAGE 122, 12; vgl. auch ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 34; Däubler/Bonin/Deinert/Däubler § 307 Rn. 263; Schaub/Linck § 35 Rn. 39, jeweils mwN). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den „gerechten Preis“ zu ermitteln (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 115, 372).

26

bb) Die Klausel, in der vereinbarten Monatsvergütung seien die ersten zwanzig Überstunden monatlich „mit drin“, betrifft nur die (Mit-)Vergütung dieser Überstunden, ohne zugleich die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers zur Ableistung von Überstunden zu regeln. Sie ist damit eine Hauptleistungsabrede, die nur die Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung betrifft. Die vom Bundesarbeitsgericht bislang offengelassene Frage, ob eine Klausel, die eine Pauschalvergütung von Überstunden mit einer Abrede über die Befugnis des Arbeitgebers zur Anordnung von Überstunden kombiniert, eine kontrollfähige Preisnebenabrede ist (bejahend etwa LAG Hamm 11. Juli 2007 - 6 Sa 410/07 - AE 2007, 312; ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; Schaub/Linck § 35 Rn. 79; HWK/Gotthard 5. Aufl. Anh. §§ 305 -310 BGB Rn. 41), bedarf weiterhin keiner Entscheidung.

27

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere monatliche (Grund-) Vergütung in Anlehnung an die Entgeltgruppe 9 ERA-TV. Die Höhe seiner Vergütung ist durch die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt iSv. § 612 Abs. 2 BGB. Diese ist auch dann nicht sittenwidrig, wenn der Kläger für das Monatsentgelt 193,33 Stunden arbeiten muss.

28

1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Ein solches kann regelmäßig angenommen werden, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen. Welchem Wirtschaftszweig das Unternehmen des Arbeitgebers zuzuordnen ist, richtet sich nach der durch das Unionsrecht vorgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 14 ff., BAGE 130, 338; 18. April 2012 - 5 AZR 630/10 -).

29

2. Unabhängig davon, dass der Kläger keine Tatsachen zur Verkehrsüblichkeit einer Vergütung nach dem ERA-TV im einschlägigen Wirtschaftszweig vorgetragen hat, fehlt es - worauf schon Landesarbeitsgericht wie Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen haben - an hinreichend substantiiertem Sachvortrag des Klägers zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 ERA-TV. Nach § 2 Nr. 3 ERA-TV setzt die Eingruppierung die Erfüllung der in der jeweiligen Entgeltgruppe beschriebenen Eingruppierungskriterien voraus. Entgeltgruppe 9 ERA-TV verlangt eine Arbeitsaufgabe, die neben Entscheidungs- und Dispositionsspielraum im Rahmen der Arbeitsaufgabe Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und eine über die der Entgeltgruppe 8 hinausgehende fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden. Gleichgestellt sind Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine qualifizierte Weiterbildung und darauf bezogene fachspezifische Zusatzqualifikation oder durch ein einschlägiges, abgeschlossenes Studium mit einer bis zu vierjährigen Regelstudiendauer erworben werden. Die Erfüllung dieser Anforderungen hat der Kläger nicht einmal annähernd schlüssig dargelegt. Sein unsubstantiierter Sachvortrag kommt über pauschale (Rechts-)Behauptungen nicht hinaus. Eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und eine fachspezifische Zusatzqualifikation verlangen schon die Eingruppierungskriterien der Entgeltgruppe 6 ERA-TV.

30

3. In subjektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand des Lohnwuchers eine Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen. Der subjektive Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts erfordert eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 26 f. mwN, BAGE 130, 338). Zu beidem hat der Kläger nichts vorgebracht.

31

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    S. Röth-Ehrmann    

        

    Christen    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. März 2009 - 2 Sa 1108/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Überstundenvergütung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter des Hochregallagers, zuletzt auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 20. April 2006 beschäftigt. Dieser Vertrag enthält ua. folgende Regelungen:

        

㤠2

        

Die Beschäftigung erfolgt entsprechend den jeweiligen Betriebserfordernissen im 1- oder im 2- oder im 3-Schicht-System.

        

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, seine Arbeitsleistung bei entsprechendem Bedarf und auf ausdrückliche Weisung hin auch an Samstagen zu erbringen.

        

…       

        

Die Arbeitszeit wird im 1- oder 2- oder im 3-Schicht-System zunächst wie folgt geregelt:

        

...     

        

Der Arbeitnehmer erklärt sich zudem ausdrücklich bereit, seine Tätigkeiten in Fällen betrieblicher Notwendigkeit auch außerhalb der oben festgelegten Arbeitszeiten, in den Nachtzeiten, an den Wochenenden und an Feiertagen zu erbringen.

        

Überstunden sind zu leisten, sofern diese zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung gemäß der anliegenden Tätigkeitsbeschreibung erforderlich sind.

        

§ 3

        

Für seine Tätigkeit erhält der Arbeitnehmer ein monatliches Bruttogehalt iHv. Euro 3.000,00.

        

Das Bruttogehalt bezieht sich auf 45 Arbeitsstunden wöchentlich. Davon sind 38 Normalstunden und 7 Mehrarbeitsstunden. Die Mehrarbeitsstunden können im Falle betrieblicher Erfordernisse jederzeit ganz oder teilweise abgebaut und verrechnet werden.

        

Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten.

        

…“    

3

Die Beklagte führte für den Kläger ein Arbeitszeitkonto, dem eine wöchentliche Sollarbeitszeit von 45 Stunden zugrunde lag. Alle darüber hinausgehenden Arbeitsstunden wurden dem Arbeitszeitkonto als „Mehrarbeit“ gutgeschrieben. Im laufenden Arbeitsverhältnis wurden diese Mehrarbeitsstunden teilweise durch Freizeit ausgeglichen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wies das Arbeitszeitkonto ein Guthaben von 102 Stunden aus.

4

Mit der Klage fordert der Kläger die Vergütung dieser 102 Guthabenstunden.

5

Der Kläger hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.565,70 Euro brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, mit dem monatlichen Bruttogehalt seien die Überstunden abgegolten. § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags unterliege als Abrede über Hauptleistungspflichten nicht der Inhaltskontrolle.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 1.565,70 Euro brutto nebst Zinsen.

9

I. Gemäß § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. Unmittelbar ergeben sich hieraus für den Kläger keine Ansprüche. Die Vorschrift ist aber entsprechend anzuwenden, wenn eine in bestimmter Höhe gewährte Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachten Dienstleistungen darstellt, also Überstunden oder Mehrarbeit auf diese Weise vergütet werden sollen (BAG 17. März 1982 - 5 AZR 1047/79 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 38, 194).

10

1. Nach den in der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wies das Arbeitszeitkonto des Klägers im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis ein Guthaben von 102 Arbeitsstunden aus, das aus Arbeitsleistungen resultierte, die der Kläger über die wöchentliche Sollarbeitszeit von 45 Stunden hinaus geleistet hatte.

11

2. Hinsichtlich dieser Stunden gab es keine Vergütungsabrede der Parteien. Sie haben zwar in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags bestimmt, dass mit dem monatlichen Bruttogehalt auch erforderliche Überstunden mit abgegolten seien. § 3 Abs. 3 des Vertrags ist jedoch gemäß § 306 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Klausel ist nicht klar und verständlich, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

12

a) Nach den in der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags getroffenen Vereinbarung um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

13

b) Die in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam.

14

aa) Wird davon ausgegangen, dass eine Regelung wie die streitbefangene die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft (zum Meinungsstand vgl. ErfK/Preis 10. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 91 f.; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 39), unterliegt sie gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB gleichwohl der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bedingung nicht klar und verständlich ist. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 14, BAGE 124, 259; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 45, BAGE 115, 372). Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält.

15

bb) Eine die pauschale Vergütung von Mehrarbeit regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen von ihr erfasst werden sollen (vgl. ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; HWK/Gotthardt Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 39; Hromadka/Schmitt-Rolfes NJW 2007, 1777, 1780; Bauer/Chwalisz ZfA 2007, 339, 354). Andernfalls ließe sich nicht erkennen, ab wann ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung besteht. Der Umfang der Leistungspflicht muss so bestimmt oder zumindest durch die konkrete Begrenzung der Anordnungsbefugnis hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Überstunden so bestimmbar sein, dass der Arbeitnehmer bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. BAG 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 14, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 85 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 10; 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 28, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Aufgrund einer unklar abgefassten Pauschalierungsklausel besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer in der Annahme, er habe keinen Rechtsanspruch auf eine gesonderte Überstundenvergütung, seinen Anspruch nicht geltend macht.

16

cc) § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Diese Klausel soll alle Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarten 45 Wochenstunden überschreiten. Deren Umfang ist im Arbeitsvertrag nicht bestimmt. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit(vgl. zu dieser Auslegungsmöglichkeit BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) entnehmen. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3(„erforderliche Überstunden“) ergibt sich eine solche Beschränkung jedenfalls nicht. Nach § 2 letzter Absatz des Arbeitsvertrags sind Überstunden zu leisten, sofern diese zur Erfüllung der geschuldeten Leistung gemäß der anliegenden Tätigkeitsbeschreibung erforderlich sind. Das Vertragswerk bietet vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass es zu Überschreitungen der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeiten kommen könnte. Die dem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden Schichtpläne gehen von durchschnittlich 45 Wochenarbeitsstunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche aus. Die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit sollte sich danach auf neun Stunden belaufen. Samstagsarbeit war nach Bedarf zu leisten. Die Tätigkeitsbeschreibung verpflichtete den Kläger, seine Mitarbeiter im Rahmen der Sicherstellung der technischen Verfügbarkeit sämtlicher Anlagen im 24-Stunden-Betrieb auch außerhalb seiner Arbeitszeiten telefonisch, nötigenfalls auch durch seine persönliche Anwesenheit bei der Störungsbeseitigung zu unterstützen. Danach lag die Überschreitung der öffentlich-rechtlich geregelten Arbeitszeit nicht fern. Hinzu kommt das unklare Verhältnis der in Abs. 3 des § 3 getroffenen Regelung zu der in Abs. 2.

17

II. Der Anspruch ist in der geltend gemachten Höhe begründet.

18

1. Folge der Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingung ist die Anwendbarkeit der dispositiven Gesetzesbestimmungen, § 306 Abs. 2 BGB. Eine ergänzende Vertragsauslegung ist nicht in Betracht zu ziehen, weil die gesetzliche Regelung der Rechtsfolgen des Fehlens einer - wirksamen - Vergütungsvereinbarung in § 612 BGB keine ergänzende vertragliche Bestimmung erfordert.

19

2. Wie die Vorinstanzen zu Recht erkannt haben, schuldet die Beklagte nach § 612 BGB die der Höhe nach unstreitige Vergütung.

20

III. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

21

IV. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Wolf    

        

        

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Juni 2010 - 15 Sa 166/10 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. September 2009 - 20 Ca 19044/08 - stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

Der 1968 geborene Kläger war seit dem 16. Oktober 2006 bei der Beklagten als Rechtsanwalt beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 16. Juli/8. August 2006 heißt es ua.:

        

„§ 1 Tätigkeit

                 
        

(1)     

Der Mitarbeiter wird als Rechtsanwalt eingestellt. Sein Arbeitsgebiet umfasst alle damit verbundenen Tätigkeiten.

        

(2)     

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die Tätigkeit gewissenhaft und nach bestem Vermögen zu erfüllen, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und seine ganze Arbeitskraft ausschließlich der vereinbarten Tätigkeit zu widmen. Nebenbeschäftigungen, gleich welcher Art, bedürfen der Genehmigung seitens des Arbeitgebers.

        

…       

                 
                 
        

§ 3 Vergütung

                 
        

(1)     

Der Mitarbeiter erhält für die vertragliche Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt i. H. v. 5.833,33 EURO. Die Vergütung ist jeweils am Letzten eines Monats fällig und wird auf ein von dem Mitarbeiter noch zu benennendes Bankkonto überwiesen.

        

…       

        
        

(3)     

Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.

                 
        

§ 4 Arbeitszeit

                 
        

(1)     

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich.

        

(2)     

Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den Bürozeiten, die derzeit von 8.30 Uhr bis 19.00 Uhr sind.“

2

Mit Schreiben vom 3. August 2006 hatte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfrage Folgendes bestätigt:

        

„Anlässlich unserer gemeinsamen Besprechungen hatten wir uns darauf verständigt, dass die Partner jeweils nach Ablauf eines Geschäftsjahres prüfen werden, ob sie Ihnen neben der vereinbarten festen Vergütung einen Bonus gewähren wollen. Ein solcher Bonus steht allerdings dem Grunde und der Höhe nach im alleinigen freien Ermessen der Partner. Ein Anspruch hierauf besteht daher grundsätzlich nicht.

        

Ferner ist es unser gemeinsames Verständnis, dass die Partner nach etwa einem bis anderthalb Jahren mit Ihnen Gespräche darüber aufnehmen werden, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt Ihnen eine Partnerschaft in Aussicht gestellt werden kann.“

3

Ab März 2007 erhielt der Kläger ein Jahresgehalt iHv. 80.000,00 Euro brutto. Ende März 2008 gewährte ihm die Beklagte für das Jahr 2007 einen Bonus iHv. 8.000,00 Euro brutto. In einem Personalgespräch am 30. September 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Aufnahme als Partner komme nicht in Betracht.

4

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2009. Auf die Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht mit rechtskräftig gewordenem Anerkenntnisurteil vom 27. Februar 2009 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Es endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 18. März 2009 mit Ablauf des 30. Juni 2009.

5

Mit einer am 2. März 2009 im Kündigungsschutzprozess eingereichten Klageerweiterung hat der Kläger zuletzt noch Überstundenvergütung für die Zeit vom 16. Oktober 2006 bis zum 30. September 2008 iHv. 39.362,26 Euro brutto geltend gemacht und vorgetragen, in diesem Zeitraum ausweislich einer Stundenliste sowie von ihm geführter Zeitnachweise unter Einschluss der Lektüre von Fachliteratur und des Besuchs eines Notargrundkurses 930,33 Überstunden geleistet zu haben, die mit 42,31 Euro brutto je Stunde zu vergüten seien. Er hat die Auffassung vertreten, § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags sei jedenfalls nach § 307 BGB unwirksam. Die Beklagte habe bereits mit dem Arbeitsvertrag Überstunden angeordnet, zudem seien die angestellten Anwälte aufgefordert worden, deutlich mehr als 40 Wochenstunden zu arbeiten. Die Partner hätten darauf geachtet, dass kein Leerlauf entstehe und ein kontinuierlicher Fluss von zwei bis zweieinhalb Überstunden pro Arbeitstag nicht abriss. Jedenfalls habe die Beklagte die Leistung von Überstunden geduldet. Eine Verwirkung des Anspruchs auf Überstundenvergütung scheitere schon daran, dass er bis zum 30. September 2008 fest von einer zeitnahen Aufnahme in die Partnerschaft ausgegangen sei. Die in Aussicht gestellte Partnerschaft sei die Gegenleistung für die erbrachten Überstunden gewesen. Erst nachdem die Beklagte sich einseitig von ihrer Zusage gelöst habe, sei der Anlass, Überstundenvergütung nicht geltend zu machen, entfallen.

6

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Belang - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.362,26 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, bis zu acht Überstunden wöchentlich seien durch § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags wirksam mit der regulären Vergütung abgegolten. Der Kläger habe die Leistung von Überstunden nicht substantiiert dargelegt, Anwesenheitszeit sei nicht mit Arbeitszeit gleichzusetzen. Die Lektüre von Fachzeitschriften gehöre nicht zu der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der Besuch des Notargrundkurses habe überwiegend im persönlichen Interesse des Klägers gelegen. Im Übrigen habe der Kläger etwaige Überstunden nicht auf Anordnung geleistet, ihm sei auch keine Arbeit zugewiesen worden, die er nur unter Überschreitung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit hätte erledigen können. Überstunden seien von der Beklagten weder gebilligt noch geduldet worden. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche des Klägers verwirkt. Selbst wenn die Aussicht auf eine Aufnahme als Partner für den Kläger Anlass für die angebliche Leistung von Überstunden gewesen sein sollte, berechtige ihn das nicht, diese eigenverantwortlich getätigte Investition in seine berufliche Zukunft der Beklagten „in Rechnung zu stellen“.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Schlussurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers durch Teilurteil der Klage iHv. 30.229,12 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Über die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens hat das Landesarbeitsgericht durch Schlussurteil entschieden, das nicht angefochten worden ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Schlussurteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vergütung von Überstunden.

10

I. Das ergibt sich allerdings nicht bereits aus § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags. Danach ist durch die zu zahlende Bruttovergütung eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten. Die Klausel ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

11

1. Bei § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags handelt es sich nach der von der Revision nicht angegriffenen rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet auch das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 18, BAGE 128, 73), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

12

2. Die in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam.

13

a) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie die streitbefangene die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 45, BAGE 115, 372; BGH 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05 - Rn. 23, BGHZ 165, 12).

14

b) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 50; 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 16, DB 2011, 1639 - jeweils mwN; vgl. auch ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 39).

15

3. § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Diese Klausel soll etwaig notwendig werdende Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarten 40 Wochenstunden überschreiten. Deren Umfang ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden „etwaig notwendig“ sein sollen. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit(zu einer solchen Auslegungsmöglichkeit BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) entnehmen. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 ergibt sich eine derartige Beschränkung jedenfalls nicht. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (zum Verständnis der im Arbeitszeitgesetz nicht verwendeten Begriffe Über- und Mehrarbeit siehe ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing § 611 BGB Rn. 134). Zudem haben die Parteien die Klausel übereinstimmend nicht mit einer Beschränkung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit verstanden. Erst im Laufe des Verfahrens ist die Beklagte zu einem solchen Verständnis der Klausel gekommen.

16

Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgte, § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags könne dahingehend ausgelegt werden, mit der vereinbarten Vergütung sollten(nur) bis zu acht Überstunden wöchentlich abgegolten sein, bliebe die Klausel intransparent. Sie enthielte vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz (vgl. ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 44; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 157 - jeweils mwN). Lässt sich aber eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu acht Stunden wöchentlich gewollt gewesen, so hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können.

17

II. Mithin enthält der Arbeitsvertrag weder eine positive noch eine negative Regelung zur Vergütung von Überstunden. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kann deshalb, wie das Landesarbeitsgericht insoweit zutreffend erkannt hat, nur § 612 Abs. 1 BGB sein. Dessen Voraussetzungen liegen aber nicht vor.

18

1. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

19

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger mit dem Studium von Fachliteratur und dem Besuch eines Notargrundkurses Arbeit im Sinne einer Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (zum Begriff der Arbeit siehe BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 21 mwN, DB 2011, 1639), geleistet hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Es fehlt jedenfalls an der weiteren Voraussetzung des § 612 Abs. 1 BGB, dass die Leistung der streitgegenständlichen Überstunden den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.

20

a) Die nach § 612 Abs. 1 BGB erforderliche - objektive - Vergütungserwartung wird zwar in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es jedoch gerade bei Diensten höherer Art nicht (ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 18; HWK/Thüsing § 612 BGB Rn. 23 - jeweils mwN; vgl. auch - zu leitenden Angestellten - BAG 17. November 1966 - 5 AZR 225/66 - BAGE 19, 126 und - zu Chefärzten - BAG 17. März 1982 - 5 AZR 1047/79 - BAGE 38, 194). Die Vergütungserwartung ist deshalb stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme (BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 122/99 - zu IV 4 a der Gründe, BAGE 96, 45). Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Darlegungs- und beweispflichtig für das Bestehen einer Vergütungserwartung ist nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der eine Vergütung begehrt.

21

b) Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich das Bestehen einer Vergütungserwartung nicht begründen. Auf einen Tarifvertrag, der eine Vergütungspflicht für Überstunden angestellter Rechtsanwälte vorsieht, beruft sich der Kläger nicht. Er hat auch nicht einmal ansatzweise Tatsachen dafür vorgetragen, angestellte Rechtsanwälte in vergleichbarer Stellung als potentielle Partner der Arbeitgeberin und mit einem vergleichbaren, deutlich herausgehobenen Gehalt würden Überstunden nur gegen zusätzliche Vergütung leisten oder Überstunden stets vergütet erhalten. Ebenso wenig hat der Senat Anhaltspunkte für eine entsprechende Verkehrssitte. Dieses Ergebnis bestätigt die subjektive Einstellung des Klägers, der nach seinem Vortrag für Überstunden keine Vergütung im Sinne einer Geldzahlung erwartete. Er erhoffte sich vielmehr die Aufnahme in die Partnerschaft und dass sich damit die Leistung von Überstunden „bezahlt“ machen werde.

22

2. Eine Vergütungspflicht der Beklagten für die vom Kläger geleisteten Überstunden ergibt sich nicht in entsprechender Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur der fehlgeschlagenen - subjektiven - Vergütungserwartung. Danach wird ein (nachträglicher) Vergütungsanspruch bejaht, wenn die dem durch die Dienstleistungen Begünstigten erkennbare Erwartung des die Dienste Leistenden bestand, durch eine in Zukunft erfolgende Übertragung eines Vermögens oder Vermögensbestandteils würden die in der Vergangenheit geleisteten Dienste abgegolten werden, sofern für die geleisteten Dienste entweder keine oder doch nur eine deutlich unterwertige Bezahlung erfolgte und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der unterwertigen oder fehlenden Zahlung und der Erwartung bestand (BAG 14. Juli 1966 - 5 AZR 2/66 - AP BGB § 612 Nr. 24; 13. Mai 1969 - 5 AZR 457/68 - AP BGB § 612 Nr. 25; vgl. auch ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 21 ff.; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 612 BGB Rn. 16 ff. - jeweils mwN).

23

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Wenn der Kläger in der Hoffnung, seine Aufnahme in die Partnerschaft zu befördern, Überstunden leistete, handelte er gleichsam auf eigenes Risiko. Die Beklagte hat zwar mit der Klausel des § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, der Kläger werde bei Bedarf „kostenlos“ Überstunden leisten. Sie hat dafür aber nicht die Aufnahme in die Partnerschaft als sicher oder auch nur wahrscheinlich hingestellt. In ihrem Schreiben vom 3. August 2006 ist nur von der Aufnahme von Gesprächen der Parteien darüber die Rede, ob und ggf. wann dem Kläger eine Partnerschaft in Aussicht gestellt werden könnte. Dass die Beklagte davon unabhängig zumindest die Aufnahme in die Partnerschaft mit der Leistung von Überstunden verknüpft hätte, etwa indem sie solche vom Kläger unter Hinweis auf die von ihm angestrebte Partnerschaft verlangte oder eine Aufnahme in die Partnerschaft bei der Nichtleistung von Überstunden als gefährdet darstellte, kann dem Sachvortrag des Klägers nicht entnommen werden.

24

III. Der Kläger hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Über die die Klage auf Überstundenvergütung betreffenden erst- und zweitinstanzlichen Kosten hat das Landesarbeitsgericht, ohne den Ausgang des Revisionsverfahrens abzuwarten, in einem rechtskräftigen Schlussurteil vom 18. August 2010 mitentschieden. Daran ist der Senat gebunden (vgl. BGH 9. April 1956 - II ZR 135/55 - BGHZ 20, 253; 9. November 1977 - VIII ZB 36/77 - WM 1977, 1428 und 26. Juni 1986 - V ZB 15/86 - VersR 1986, 1210; noch aA RAG 7. August 1940 - RAG 258/39 - RAGE 23, 289).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Oktober 2010 - 6 Sa 63/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

2

Der Kläger war bei der beklagten Spedition als Lagerleiter gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 1.800,00 Euro beschäftigt.

3

In dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag vom 7. Oktober 2002 heißt es auszugsweise:

        

„4.     

Arbeitszeit

                 

4.1.   

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 42 Arbeitsstunden.

        
                 

4.2.   

Die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen.

        
                 

4.3.   

Der Arbeitnehmer(in) ist bei betrieblicher Erfordernis auch zur Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet.

        
                 

4.4.   

Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung.

        
        

…       

        

        

10.     

Erlöschen von Ansprüchen

                 

10.1. 

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen 2 Monate nach Fälligkeit im laufenden Arbeitsverhältnis und 1 Monat nach Fälligkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ausschlußfrist), wenn sie nicht binnen dieser Frist schriftlich geltend gemacht werden.

        
                 

10.2. 

Wird ein geltend gemachter Anspruch innerhalb von 14 Tagen nicht entsprochen, kann er mit einer weiteren Frist von 2 Monaten Klage erheben.

        
                 

10.3. 

Nach Ablauf der vorbenannten Fristen sind die Ansprüche verwirkt.“

        
4

Aufgrund einer mündlichen Abrede gewährte die Beklagte dem Kläger für die in der Zeit von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen „Nachtzuschlag“ iHv. 25 % des Stundenlohns. Der „Nachtzuschlag“ wurde in den Entgeltabrechnungen zumeist als steuerfrei ausgewiesen.

5

Mit Anwaltsschreiben vom 9. April 2009 machte der Kläger erstmalig Vergütung von Überstunden geltend. Mit der am 21. September 2009 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit in der Revision noch von Interesse - Vergütung für 968 in den Jahren 2006 bis 2008 geleistete Überstunden verlangt.

6

Der Kläger hat - soweit in der Revision noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.534,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. September 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Überstunden seien mit dem monatlichen Bruttoentgelt abgegolten. Der Kläger habe vereinbarungsgemäß für Über- und Mehrarbeit nur den vereinbarten „Nachtzuschlag“ erhalten sollen. Darüber hinaus seien die erhobenen Ansprüche verwirkt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich der noch streitigen 968 Überstunden stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im angefochtenen Umfang zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung von 968 Überstunden gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB iHv. 9.534,80 Euro brutto nebst Prozesszinsen.

10

I. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Unmittelbar ergeben sich hieraus für den Kläger keine Ansprüche. Die Vorschrift ist aber entsprechend anzuwenden, wenn eine in bestimmter Höhe gewährte Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachten Dienstleistungen darstellt, also Überstunden auf diese Weise vergütet werden sollen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 9 mwN, BAGE 135, 250).

11

1. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger im Streitzeitraum insgesamt 968 von der Beklagten angeordnete bzw. betriebsnotwendige Überstunden geleistet.

12

2. Hinsichtlich dieser Stunden gab es keine Vergütungsabrede der Parteien.

13

a) Die Parteien haben zwar in Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags bestimmt, dass der Kläger für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung erhalte. Diese Regelung ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

14

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der streitigen Klausel um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

15

bb) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie Tz. 4. 4. die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

16

cc) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

17

dd) Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Die Klausel soll Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden überschreiten. Dabei sind bereits die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sein sollen, nur vage umschrieben. Tz. 4.3. des Arbeitsvertrags nennt als Bedingung „bei betrieblicher Erfordernis“, ohne diese näher zu konkretisieren. Überhaupt nicht ist der mögliche Umfang der geschuldeten Über- und Mehrarbeit geregelt. Damit ist die vom Kläger ohne eine weitere Vergütung zu leistende Arbeit weder bestimmt noch bestimmbar. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die gemäß § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit entnehmen. Die Verwendung des Begriffspaares „Über- und Mehrarbeit“ in Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing 5. Aufl. § 611 BGB Rn. 134).

18

Die Klausel bliebe selbst dann intransparent, wenn sie - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur bis zu sechs wöchentliche Überstunden mit der Vergütung abgegolten sein sollten. Denn auch dann enthielte sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu sechs Stunden wöchentlich gewollt gewesen, hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

19

b) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die mündlich getroffene Vereinbarung eines „Nachtzuschlags“ keine pauschalierte Überstundenvergütung beinhaltete. Durchgreifende Rügen hat die Revision nicht vorgebracht.

20

3. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Diese Vergütungserwartung ist im Streitfall gegeben.

21

a) Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es nicht. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt. Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Die - objektive - Vergütungserwartung wird deshalb in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11). Sie wird aber fehlen, wenn arbeitszeitbezogene und arbeitszeitunabhängig vergütete Arbeitsleistungen zeitlich verschränkt sind (vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 32, aaO) oder wenn Dienste höherer Art geschuldet sind oder insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung gezahlt wird (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, 21, aaO). Von letztem Fall wird regelmäßig ausgegangen werden können, wenn das Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet. Mit dieser dynamischen Verdienstgrenze gibt der Gesetzgeber alljährlich zu erkennen, welche Einkommen so aus dem in der Solidargemeinschaft aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten herausragen, dass damit keine weitere Rentensteigerung mehr zu rechtfertigen ist. Wer mit seinem aus abhängiger Beschäftigung erzielten Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet, gehört zu den Besserverdienern, die aus der Sicht der beteiligten Kreise nach der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben und nicht eines Stundensolls beurteilt werden. Ihnen und ihren Arbeitgebern fehlt regelmäßig die objektive Vergütungserwartung für ein besonderes Entgelt als Gegenleistung für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit.

22

b) Der Kläger erbrachte im Streitfall einheitliche Arbeitsleistungen, für die er - unter Anwendung eines objektiven Beurteilungsmaßstabs - eine zusätzliche Vergütung nach den Bedingungen seines Arbeitsvertrags erwarten durfte. Der Kläger leistete keine Dienste höherer Art und erzielte keine deutlich herausgehobene Vergütung. Sein Einkommen lag in den Jahren 2006 bis 2008 jeweils deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze Ost.

23

4. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Diese ist vom Landesarbeitsgericht zutreffend auf 9.534,80 Euro brutto bestimmt worden.

24

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Ansprüche des Klägers auf Überstundenvergütung nicht verwirkt sind, weil es an dem erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Muss der Verpflichtete davon ausgehen, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß (vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - BAGE 97, 326; BGH 15. September 1999 - I ZR 57/97 - zu II 4 der Gründe, NJW 2000, 140), kann er nicht darauf vertrauen, der Berechtigte werde wegen des Zeitablaufs seine Rechte nicht mehr geltend machen (vgl. BGH 12. März 2008 - XII ZR 147/05 - zu II 3 der Gründe, NJW 2008, 2254). Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis des Berechtigten auf dem Verhalten des Verpflichteten beruht (vgl. BGH 27. Juni 1957 - II ZR 15/56 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 25, 47). Hierfür bietet die Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel einen typischen Fall.

25

III. Die Ansprüche des Klägers sind nicht gemäß Tz. 10. des Arbeitsvertrags verfallen. Die als AGB geregelte zweistufige Ausschlussfrist ist unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 7 der Gründe, BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 34 ff., BAGE 116, 66).

26

IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

27

V. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. März 2009 - 2 Sa 1108/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Überstundenvergütung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter des Hochregallagers, zuletzt auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 20. April 2006 beschäftigt. Dieser Vertrag enthält ua. folgende Regelungen:

        

㤠2

        

Die Beschäftigung erfolgt entsprechend den jeweiligen Betriebserfordernissen im 1- oder im 2- oder im 3-Schicht-System.

        

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, seine Arbeitsleistung bei entsprechendem Bedarf und auf ausdrückliche Weisung hin auch an Samstagen zu erbringen.

        

…       

        

Die Arbeitszeit wird im 1- oder 2- oder im 3-Schicht-System zunächst wie folgt geregelt:

        

...     

        

Der Arbeitnehmer erklärt sich zudem ausdrücklich bereit, seine Tätigkeiten in Fällen betrieblicher Notwendigkeit auch außerhalb der oben festgelegten Arbeitszeiten, in den Nachtzeiten, an den Wochenenden und an Feiertagen zu erbringen.

        

Überstunden sind zu leisten, sofern diese zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung gemäß der anliegenden Tätigkeitsbeschreibung erforderlich sind.

        

§ 3

        

Für seine Tätigkeit erhält der Arbeitnehmer ein monatliches Bruttogehalt iHv. Euro 3.000,00.

        

Das Bruttogehalt bezieht sich auf 45 Arbeitsstunden wöchentlich. Davon sind 38 Normalstunden und 7 Mehrarbeitsstunden. Die Mehrarbeitsstunden können im Falle betrieblicher Erfordernisse jederzeit ganz oder teilweise abgebaut und verrechnet werden.

        

Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten.

        

…“    

3

Die Beklagte führte für den Kläger ein Arbeitszeitkonto, dem eine wöchentliche Sollarbeitszeit von 45 Stunden zugrunde lag. Alle darüber hinausgehenden Arbeitsstunden wurden dem Arbeitszeitkonto als „Mehrarbeit“ gutgeschrieben. Im laufenden Arbeitsverhältnis wurden diese Mehrarbeitsstunden teilweise durch Freizeit ausgeglichen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wies das Arbeitszeitkonto ein Guthaben von 102 Stunden aus.

4

Mit der Klage fordert der Kläger die Vergütung dieser 102 Guthabenstunden.

5

Der Kläger hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.565,70 Euro brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, mit dem monatlichen Bruttogehalt seien die Überstunden abgegolten. § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags unterliege als Abrede über Hauptleistungspflichten nicht der Inhaltskontrolle.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 1.565,70 Euro brutto nebst Zinsen.

9

I. Gemäß § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. Unmittelbar ergeben sich hieraus für den Kläger keine Ansprüche. Die Vorschrift ist aber entsprechend anzuwenden, wenn eine in bestimmter Höhe gewährte Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachten Dienstleistungen darstellt, also Überstunden oder Mehrarbeit auf diese Weise vergütet werden sollen (BAG 17. März 1982 - 5 AZR 1047/79 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 38, 194).

10

1. Nach den in der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wies das Arbeitszeitkonto des Klägers im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis ein Guthaben von 102 Arbeitsstunden aus, das aus Arbeitsleistungen resultierte, die der Kläger über die wöchentliche Sollarbeitszeit von 45 Stunden hinaus geleistet hatte.

11

2. Hinsichtlich dieser Stunden gab es keine Vergütungsabrede der Parteien. Sie haben zwar in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags bestimmt, dass mit dem monatlichen Bruttogehalt auch erforderliche Überstunden mit abgegolten seien. § 3 Abs. 3 des Vertrags ist jedoch gemäß § 306 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Klausel ist nicht klar und verständlich, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

12

a) Nach den in der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags getroffenen Vereinbarung um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

13

b) Die in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam.

14

aa) Wird davon ausgegangen, dass eine Regelung wie die streitbefangene die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft (zum Meinungsstand vgl. ErfK/Preis 10. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 91 f.; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 39), unterliegt sie gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB gleichwohl der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bedingung nicht klar und verständlich ist. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 14, BAGE 124, 259; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 45, BAGE 115, 372). Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält.

15

bb) Eine die pauschale Vergütung von Mehrarbeit regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen von ihr erfasst werden sollen (vgl. ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; HWK/Gotthardt Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 39; Hromadka/Schmitt-Rolfes NJW 2007, 1777, 1780; Bauer/Chwalisz ZfA 2007, 339, 354). Andernfalls ließe sich nicht erkennen, ab wann ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung besteht. Der Umfang der Leistungspflicht muss so bestimmt oder zumindest durch die konkrete Begrenzung der Anordnungsbefugnis hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Überstunden so bestimmbar sein, dass der Arbeitnehmer bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (vgl. BAG 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 14, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 85 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 10; 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 28, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Aufgrund einer unklar abgefassten Pauschalierungsklausel besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer in der Annahme, er habe keinen Rechtsanspruch auf eine gesonderte Überstundenvergütung, seinen Anspruch nicht geltend macht.

16

cc) § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Diese Klausel soll alle Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarten 45 Wochenstunden überschreiten. Deren Umfang ist im Arbeitsvertrag nicht bestimmt. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit(vgl. zu dieser Auslegungsmöglichkeit BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) entnehmen. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3(„erforderliche Überstunden“) ergibt sich eine solche Beschränkung jedenfalls nicht. Nach § 2 letzter Absatz des Arbeitsvertrags sind Überstunden zu leisten, sofern diese zur Erfüllung der geschuldeten Leistung gemäß der anliegenden Tätigkeitsbeschreibung erforderlich sind. Das Vertragswerk bietet vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass es zu Überschreitungen der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeiten kommen könnte. Die dem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden Schichtpläne gehen von durchschnittlich 45 Wochenarbeitsstunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche aus. Die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit sollte sich danach auf neun Stunden belaufen. Samstagsarbeit war nach Bedarf zu leisten. Die Tätigkeitsbeschreibung verpflichtete den Kläger, seine Mitarbeiter im Rahmen der Sicherstellung der technischen Verfügbarkeit sämtlicher Anlagen im 24-Stunden-Betrieb auch außerhalb seiner Arbeitszeiten telefonisch, nötigenfalls auch durch seine persönliche Anwesenheit bei der Störungsbeseitigung zu unterstützen. Danach lag die Überschreitung der öffentlich-rechtlich geregelten Arbeitszeit nicht fern. Hinzu kommt das unklare Verhältnis der in Abs. 3 des § 3 getroffenen Regelung zu der in Abs. 2.

17

II. Der Anspruch ist in der geltend gemachten Höhe begründet.

18

1. Folge der Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingung ist die Anwendbarkeit der dispositiven Gesetzesbestimmungen, § 306 Abs. 2 BGB. Eine ergänzende Vertragsauslegung ist nicht in Betracht zu ziehen, weil die gesetzliche Regelung der Rechtsfolgen des Fehlens einer - wirksamen - Vergütungsvereinbarung in § 612 BGB keine ergänzende vertragliche Bestimmung erfordert.

19

2. Wie die Vorinstanzen zu Recht erkannt haben, schuldet die Beklagte nach § 612 BGB die der Höhe nach unstreitige Vergütung.

20

III. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

21

IV. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Wolf    

        

        

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Juni 2010 - 15 Sa 166/10 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. September 2009 - 20 Ca 19044/08 - stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Interesse - über die Vergütung von Überstunden.

Der 1968 geborene Kläger war seit dem 16. Oktober 2006 bei der Beklagten als Rechtsanwalt beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 16. Juli/8. August 2006 heißt es ua.:

        

„§ 1 Tätigkeit

                 
        

(1)     

Der Mitarbeiter wird als Rechtsanwalt eingestellt. Sein Arbeitsgebiet umfasst alle damit verbundenen Tätigkeiten.

        

(2)     

Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die Tätigkeit gewissenhaft und nach bestem Vermögen zu erfüllen, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und seine ganze Arbeitskraft ausschließlich der vereinbarten Tätigkeit zu widmen. Nebenbeschäftigungen, gleich welcher Art, bedürfen der Genehmigung seitens des Arbeitgebers.

        

…       

                 
                 
        

§ 3 Vergütung

                 
        

(1)     

Der Mitarbeiter erhält für die vertragliche Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt i. H. v. 5.833,33 EURO. Die Vergütung ist jeweils am Letzten eines Monats fällig und wird auf ein von dem Mitarbeiter noch zu benennendes Bankkonto überwiesen.

        

…       

        
        

(3)     

Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.

                 
        

§ 4 Arbeitszeit

                 
        

(1)     

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich.

        

(2)     

Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den Bürozeiten, die derzeit von 8.30 Uhr bis 19.00 Uhr sind.“

2

Mit Schreiben vom 3. August 2006 hatte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfrage Folgendes bestätigt:

        

„Anlässlich unserer gemeinsamen Besprechungen hatten wir uns darauf verständigt, dass die Partner jeweils nach Ablauf eines Geschäftsjahres prüfen werden, ob sie Ihnen neben der vereinbarten festen Vergütung einen Bonus gewähren wollen. Ein solcher Bonus steht allerdings dem Grunde und der Höhe nach im alleinigen freien Ermessen der Partner. Ein Anspruch hierauf besteht daher grundsätzlich nicht.

        

Ferner ist es unser gemeinsames Verständnis, dass die Partner nach etwa einem bis anderthalb Jahren mit Ihnen Gespräche darüber aufnehmen werden, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt Ihnen eine Partnerschaft in Aussicht gestellt werden kann.“

3

Ab März 2007 erhielt der Kläger ein Jahresgehalt iHv. 80.000,00 Euro brutto. Ende März 2008 gewährte ihm die Beklagte für das Jahr 2007 einen Bonus iHv. 8.000,00 Euro brutto. In einem Personalgespräch am 30. September 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Aufnahme als Partner komme nicht in Betracht.

4

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2009. Auf die Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht mit rechtskräftig gewordenem Anerkenntnisurteil vom 27. Februar 2009 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Es endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 18. März 2009 mit Ablauf des 30. Juni 2009.

5

Mit einer am 2. März 2009 im Kündigungsschutzprozess eingereichten Klageerweiterung hat der Kläger zuletzt noch Überstundenvergütung für die Zeit vom 16. Oktober 2006 bis zum 30. September 2008 iHv. 39.362,26 Euro brutto geltend gemacht und vorgetragen, in diesem Zeitraum ausweislich einer Stundenliste sowie von ihm geführter Zeitnachweise unter Einschluss der Lektüre von Fachliteratur und des Besuchs eines Notargrundkurses 930,33 Überstunden geleistet zu haben, die mit 42,31 Euro brutto je Stunde zu vergüten seien. Er hat die Auffassung vertreten, § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags sei jedenfalls nach § 307 BGB unwirksam. Die Beklagte habe bereits mit dem Arbeitsvertrag Überstunden angeordnet, zudem seien die angestellten Anwälte aufgefordert worden, deutlich mehr als 40 Wochenstunden zu arbeiten. Die Partner hätten darauf geachtet, dass kein Leerlauf entstehe und ein kontinuierlicher Fluss von zwei bis zweieinhalb Überstunden pro Arbeitstag nicht abriss. Jedenfalls habe die Beklagte die Leistung von Überstunden geduldet. Eine Verwirkung des Anspruchs auf Überstundenvergütung scheitere schon daran, dass er bis zum 30. September 2008 fest von einer zeitnahen Aufnahme in die Partnerschaft ausgegangen sei. Die in Aussicht gestellte Partnerschaft sei die Gegenleistung für die erbrachten Überstunden gewesen. Erst nachdem die Beklagte sich einseitig von ihrer Zusage gelöst habe, sei der Anlass, Überstundenvergütung nicht geltend zu machen, entfallen.

6

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Revision von Belang - sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.362,26 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, bis zu acht Überstunden wöchentlich seien durch § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags wirksam mit der regulären Vergütung abgegolten. Der Kläger habe die Leistung von Überstunden nicht substantiiert dargelegt, Anwesenheitszeit sei nicht mit Arbeitszeit gleichzusetzen. Die Lektüre von Fachzeitschriften gehöre nicht zu der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der Besuch des Notargrundkurses habe überwiegend im persönlichen Interesse des Klägers gelegen. Im Übrigen habe der Kläger etwaige Überstunden nicht auf Anordnung geleistet, ihm sei auch keine Arbeit zugewiesen worden, die er nur unter Überschreitung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit hätte erledigen können. Überstunden seien von der Beklagten weder gebilligt noch geduldet worden. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche des Klägers verwirkt. Selbst wenn die Aussicht auf eine Aufnahme als Partner für den Kläger Anlass für die angebliche Leistung von Überstunden gewesen sein sollte, berechtige ihn das nicht, diese eigenverantwortlich getätigte Investition in seine berufliche Zukunft der Beklagten „in Rechnung zu stellen“.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Schlussurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers durch Teilurteil der Klage iHv. 30.229,12 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Über die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens hat das Landesarbeitsgericht durch Schlussurteil entschieden, das nicht angefochten worden ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Schlussurteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vergütung von Überstunden.

10

I. Das ergibt sich allerdings nicht bereits aus § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags. Danach ist durch die zu zahlende Bruttovergütung eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten. Die Klausel ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

11

1. Bei § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags handelt es sich nach der von der Revision nicht angegriffenen rechtlichen Wertung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet auch das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 18, BAGE 128, 73), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

12

2. Die in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam.

13

a) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie die streitbefangene die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 45, BAGE 115, 372; BGH 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05 - Rn. 23, BGHZ 165, 12).

14

b) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 50; 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 16, DB 2011, 1639 - jeweils mwN; vgl. auch ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 91; HWK/Gotthardt 4. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 39).

15

3. § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Diese Klausel soll etwaig notwendig werdende Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarten 40 Wochenstunden überschreiten. Deren Umfang ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden „etwaig notwendig“ sein sollen. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit(zu einer solchen Auslegungsmöglichkeit BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66) entnehmen. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 ergibt sich eine derartige Beschränkung jedenfalls nicht. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (zum Verständnis der im Arbeitszeitgesetz nicht verwendeten Begriffe Über- und Mehrarbeit siehe ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing § 611 BGB Rn. 134). Zudem haben die Parteien die Klausel übereinstimmend nicht mit einer Beschränkung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit verstanden. Erst im Laufe des Verfahrens ist die Beklagte zu einem solchen Verständnis der Klausel gekommen.

16

Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgte, § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags könne dahingehend ausgelegt werden, mit der vereinbarten Vergütung sollten(nur) bis zu acht Überstunden wöchentlich abgegolten sein, bliebe die Klausel intransparent. Sie enthielte vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz (vgl. ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 44; Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 307 BGB Rn. 157 - jeweils mwN). Lässt sich aber eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu acht Stunden wöchentlich gewollt gewesen, so hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können.

17

II. Mithin enthält der Arbeitsvertrag weder eine positive noch eine negative Regelung zur Vergütung von Überstunden. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kann deshalb, wie das Landesarbeitsgericht insoweit zutreffend erkannt hat, nur § 612 Abs. 1 BGB sein. Dessen Voraussetzungen liegen aber nicht vor.

18

1. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

19

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger mit dem Studium von Fachliteratur und dem Besuch eines Notargrundkurses Arbeit im Sinne einer Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (zum Begriff der Arbeit siehe BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 21 mwN, DB 2011, 1639), geleistet hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Es fehlt jedenfalls an der weiteren Voraussetzung des § 612 Abs. 1 BGB, dass die Leistung der streitgegenständlichen Überstunden den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.

20

a) Die nach § 612 Abs. 1 BGB erforderliche - objektive - Vergütungserwartung wird zwar in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es jedoch gerade bei Diensten höherer Art nicht (ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 18; HWK/Thüsing § 612 BGB Rn. 23 - jeweils mwN; vgl. auch - zu leitenden Angestellten - BAG 17. November 1966 - 5 AZR 225/66 - BAGE 19, 126 und - zu Chefärzten - BAG 17. März 1982 - 5 AZR 1047/79 - BAGE 38, 194). Die Vergütungserwartung ist deshalb stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme (BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 122/99 - zu IV 4 a der Gründe, BAGE 96, 45). Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Darlegungs- und beweispflichtig für das Bestehen einer Vergütungserwartung ist nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der eine Vergütung begehrt.

21

b) Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich das Bestehen einer Vergütungserwartung nicht begründen. Auf einen Tarifvertrag, der eine Vergütungspflicht für Überstunden angestellter Rechtsanwälte vorsieht, beruft sich der Kläger nicht. Er hat auch nicht einmal ansatzweise Tatsachen dafür vorgetragen, angestellte Rechtsanwälte in vergleichbarer Stellung als potentielle Partner der Arbeitgeberin und mit einem vergleichbaren, deutlich herausgehobenen Gehalt würden Überstunden nur gegen zusätzliche Vergütung leisten oder Überstunden stets vergütet erhalten. Ebenso wenig hat der Senat Anhaltspunkte für eine entsprechende Verkehrssitte. Dieses Ergebnis bestätigt die subjektive Einstellung des Klägers, der nach seinem Vortrag für Überstunden keine Vergütung im Sinne einer Geldzahlung erwartete. Er erhoffte sich vielmehr die Aufnahme in die Partnerschaft und dass sich damit die Leistung von Überstunden „bezahlt“ machen werde.

22

2. Eine Vergütungspflicht der Beklagten für die vom Kläger geleisteten Überstunden ergibt sich nicht in entsprechender Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur der fehlgeschlagenen - subjektiven - Vergütungserwartung. Danach wird ein (nachträglicher) Vergütungsanspruch bejaht, wenn die dem durch die Dienstleistungen Begünstigten erkennbare Erwartung des die Dienste Leistenden bestand, durch eine in Zukunft erfolgende Übertragung eines Vermögens oder Vermögensbestandteils würden die in der Vergangenheit geleisteten Dienste abgegolten werden, sofern für die geleisteten Dienste entweder keine oder doch nur eine deutlich unterwertige Bezahlung erfolgte und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der unterwertigen oder fehlenden Zahlung und der Erwartung bestand (BAG 14. Juli 1966 - 5 AZR 2/66 - AP BGB § 612 Nr. 24; 13. Mai 1969 - 5 AZR 457/68 - AP BGB § 612 Nr. 25; vgl. auch ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 21 ff.; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 612 BGB Rn. 16 ff. - jeweils mwN).

23

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Wenn der Kläger in der Hoffnung, seine Aufnahme in die Partnerschaft zu befördern, Überstunden leistete, handelte er gleichsam auf eigenes Risiko. Die Beklagte hat zwar mit der Klausel des § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, der Kläger werde bei Bedarf „kostenlos“ Überstunden leisten. Sie hat dafür aber nicht die Aufnahme in die Partnerschaft als sicher oder auch nur wahrscheinlich hingestellt. In ihrem Schreiben vom 3. August 2006 ist nur von der Aufnahme von Gesprächen der Parteien darüber die Rede, ob und ggf. wann dem Kläger eine Partnerschaft in Aussicht gestellt werden könnte. Dass die Beklagte davon unabhängig zumindest die Aufnahme in die Partnerschaft mit der Leistung von Überstunden verknüpft hätte, etwa indem sie solche vom Kläger unter Hinweis auf die von ihm angestrebte Partnerschaft verlangte oder eine Aufnahme in die Partnerschaft bei der Nichtleistung von Überstunden als gefährdet darstellte, kann dem Sachvortrag des Klägers nicht entnommen werden.

24

III. Der Kläger hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Über die die Klage auf Überstundenvergütung betreffenden erst- und zweitinstanzlichen Kosten hat das Landesarbeitsgericht, ohne den Ausgang des Revisionsverfahrens abzuwarten, in einem rechtskräftigen Schlussurteil vom 18. August 2010 mitentschieden. Daran ist der Senat gebunden (vgl. BGH 9. April 1956 - II ZR 135/55 - BGHZ 20, 253; 9. November 1977 - VIII ZB 36/77 - WM 1977, 1428 und 26. Juni 1986 - V ZB 15/86 - VersR 1986, 1210; noch aA RAG 7. August 1940 - RAG 258/39 - RAGE 23, 289).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Oktober 2010 - 6 Sa 63/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

2

Der Kläger war bei der beklagten Spedition als Lagerleiter gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 1.800,00 Euro beschäftigt.

3

In dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag vom 7. Oktober 2002 heißt es auszugsweise:

        

„4.     

Arbeitszeit

                 

4.1.   

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 42 Arbeitsstunden.

        
                 

4.2.   

Die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen.

        
                 

4.3.   

Der Arbeitnehmer(in) ist bei betrieblicher Erfordernis auch zur Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet.

        
                 

4.4.   

Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung.

        
        

…       

        

        

10.     

Erlöschen von Ansprüchen

                 

10.1. 

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen 2 Monate nach Fälligkeit im laufenden Arbeitsverhältnis und 1 Monat nach Fälligkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ausschlußfrist), wenn sie nicht binnen dieser Frist schriftlich geltend gemacht werden.

        
                 

10.2. 

Wird ein geltend gemachter Anspruch innerhalb von 14 Tagen nicht entsprochen, kann er mit einer weiteren Frist von 2 Monaten Klage erheben.

        
                 

10.3. 

Nach Ablauf der vorbenannten Fristen sind die Ansprüche verwirkt.“

        
4

Aufgrund einer mündlichen Abrede gewährte die Beklagte dem Kläger für die in der Zeit von 18:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen „Nachtzuschlag“ iHv. 25 % des Stundenlohns. Der „Nachtzuschlag“ wurde in den Entgeltabrechnungen zumeist als steuerfrei ausgewiesen.

5

Mit Anwaltsschreiben vom 9. April 2009 machte der Kläger erstmalig Vergütung von Überstunden geltend. Mit der am 21. September 2009 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit in der Revision noch von Interesse - Vergütung für 968 in den Jahren 2006 bis 2008 geleistete Überstunden verlangt.

6

Der Kläger hat - soweit in der Revision noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.534,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. September 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Überstunden seien mit dem monatlichen Bruttoentgelt abgegolten. Der Kläger habe vereinbarungsgemäß für Über- und Mehrarbeit nur den vereinbarten „Nachtzuschlag“ erhalten sollen. Darüber hinaus seien die erhobenen Ansprüche verwirkt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich der noch streitigen 968 Überstunden stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im angefochtenen Umfang zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung von 968 Überstunden gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB iHv. 9.534,80 Euro brutto nebst Prozesszinsen.

10

I. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Unmittelbar ergeben sich hieraus für den Kläger keine Ansprüche. Die Vorschrift ist aber entsprechend anzuwenden, wenn eine in bestimmter Höhe gewährte Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachten Dienstleistungen darstellt, also Überstunden auf diese Weise vergütet werden sollen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 9 mwN, BAGE 135, 250).

11

1. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger im Streitzeitraum insgesamt 968 von der Beklagten angeordnete bzw. betriebsnotwendige Überstunden geleistet.

12

2. Hinsichtlich dieser Stunden gab es keine Vergütungsabrede der Parteien.

13

a) Die Parteien haben zwar in Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags bestimmt, dass der Kläger für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung erhalte. Diese Regelung ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

14

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der streitigen Klausel um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

15

bb) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie Tz. 4. 4. die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

16

cc) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

17

dd) Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Die Klausel soll Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden überschreiten. Dabei sind bereits die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sein sollen, nur vage umschrieben. Tz. 4.3. des Arbeitsvertrags nennt als Bedingung „bei betrieblicher Erfordernis“, ohne diese näher zu konkretisieren. Überhaupt nicht ist der mögliche Umfang der geschuldeten Über- und Mehrarbeit geregelt. Damit ist die vom Kläger ohne eine weitere Vergütung zu leistende Arbeit weder bestimmt noch bestimmbar. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die gemäß § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit entnehmen. Die Verwendung des Begriffspaares „Über- und Mehrarbeit“ in Tz. 4.4. des Arbeitsvertrags deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing 5. Aufl. § 611 BGB Rn. 134).

18

Die Klausel bliebe selbst dann intransparent, wenn sie - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur bis zu sechs wöchentliche Überstunden mit der Vergütung abgegolten sein sollten. Denn auch dann enthielte sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu sechs Stunden wöchentlich gewollt gewesen, hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

19

b) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die mündlich getroffene Vereinbarung eines „Nachtzuschlags“ keine pauschalierte Überstundenvergütung beinhaltete. Durchgreifende Rügen hat die Revision nicht vorgebracht.

20

3. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Diese Vergütungserwartung ist im Streitfall gegeben.

21

a) Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es nicht. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt. Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Die - objektive - Vergütungserwartung wird deshalb in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11). Sie wird aber fehlen, wenn arbeitszeitbezogene und arbeitszeitunabhängig vergütete Arbeitsleistungen zeitlich verschränkt sind (vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 32, aaO) oder wenn Dienste höherer Art geschuldet sind oder insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung gezahlt wird (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, 21, aaO). Von letztem Fall wird regelmäßig ausgegangen werden können, wenn das Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet. Mit dieser dynamischen Verdienstgrenze gibt der Gesetzgeber alljährlich zu erkennen, welche Einkommen so aus dem in der Solidargemeinschaft aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten herausragen, dass damit keine weitere Rentensteigerung mehr zu rechtfertigen ist. Wer mit seinem aus abhängiger Beschäftigung erzielten Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet, gehört zu den Besserverdienern, die aus der Sicht der beteiligten Kreise nach der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben und nicht eines Stundensolls beurteilt werden. Ihnen und ihren Arbeitgebern fehlt regelmäßig die objektive Vergütungserwartung für ein besonderes Entgelt als Gegenleistung für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit.

22

b) Der Kläger erbrachte im Streitfall einheitliche Arbeitsleistungen, für die er - unter Anwendung eines objektiven Beurteilungsmaßstabs - eine zusätzliche Vergütung nach den Bedingungen seines Arbeitsvertrags erwarten durfte. Der Kläger leistete keine Dienste höherer Art und erzielte keine deutlich herausgehobene Vergütung. Sein Einkommen lag in den Jahren 2006 bis 2008 jeweils deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze Ost.

23

4. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Diese ist vom Landesarbeitsgericht zutreffend auf 9.534,80 Euro brutto bestimmt worden.

24

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Ansprüche des Klägers auf Überstundenvergütung nicht verwirkt sind, weil es an dem erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Muss der Verpflichtete davon ausgehen, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß (vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - BAGE 97, 326; BGH 15. September 1999 - I ZR 57/97 - zu II 4 der Gründe, NJW 2000, 140), kann er nicht darauf vertrauen, der Berechtigte werde wegen des Zeitablaufs seine Rechte nicht mehr geltend machen (vgl. BGH 12. März 2008 - XII ZR 147/05 - zu II 3 der Gründe, NJW 2008, 2254). Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis des Berechtigten auf dem Verhalten des Verpflichteten beruht (vgl. BGH 27. Juni 1957 - II ZR 15/56 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 25, 47). Hierfür bietet die Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel einen typischen Fall.

25

III. Die Ansprüche des Klägers sind nicht gemäß Tz. 10. des Arbeitsvertrags verfallen. Die als AGB geregelte zweistufige Ausschlussfrist ist unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 7 der Gründe, BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 34 ff., BAGE 116, 66).

26

IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

27

V. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Tenor

1. Die Revisionen der Kläger und der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. September 2010 - 12 Sa 1451/09 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 1. zu 34 %, die Klägerin zu 2. zu 27 % und der Kläger zu 3. zu 39 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütungshöhe.

2

Die Beklagte ist ein verlagsgebundenes Zustellunternehmen für Tages- und Wochenzeitungen, das sich außerdem mit der Zustellung von Briefen befasst. Bezogen auf die Stückzahlen der zugestellten Sendungen beförderte sie im Kalenderjahr 2009 zu etwa 70 % Zeitungen und Anzeigenblätter, zu 30 % Briefe. Dabei waren von ca. 130 Arbeitnehmern 21 ausschließlich in der Briefzustellung tätig. Dafür unterhält die Beklagte ein zentrales Depot, dessen Leiter die Tätigkeit der Briefzusteller koordiniert. Diese erhalten einheitliche Dienstkleidung und Dienstfahrräder sowie eine Belehrung über das Postgeheimnis.

3

Die Klägerin zu 2. und die Kläger zu 1. und 3. (im Folgenden: Kläger) sind bei der Beklagten als Briefzusteller teilzeitbeschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 22,5 Stunden. Sie erhalten eine monatliche Vergütung von 766,94 Euro brutto.

4

Mit ihren - zunächst getrennten - Klagen haben die Kläger unter Berufung auf die Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung für den Zeitraum 1. Januar 2008 bis 30. November 2009 die Differenz zu der Vergütung eines bei der Deutschen Post AG beschäftigten und in die Entgeltgruppe 3 des Entgelttarifvertrags für Arbeitnehmer der Deutschen Post AG (ETV-DP AG) eingruppierten Arbeitnehmers geltend gemacht. Hilfsweise begehren sie die Differenz zu dem Bruttomindestlohn iHv. 9,80 Euro nach § 3 Abs. 2 Buchst. b des zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifvertrags über Mindestlöhne für die Branche Briefdienstleistungen vom 29. November 2007 (TV Mindestlohn Briefdienstleistungen). Dieser Tarifvertrag finde auf das Arbeitsverhältnis Anwendung aufgrund der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 (PostmindestlohnVO), die wirksam sei. Eine Bindung der Gerichte für Arbeitssachen an die gegenteilige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (28. Januar 2010 - 8 C 19.19 - BVerwGE 136, 54) bestehe nicht.

5

Die Kläger haben zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an den Kläger zu 1. 7.989,23 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

2.    

an die Klägerin zu 2. 6.422,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

3.    

an den Kläger zu 3. 9.334,73 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen;

        

hilfsweise:

                 

an die Kläger jeweils 4.411,17 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 191,79 Euro nach näherer zeitlicher Staffelung zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung könne nicht am ETV-DP AG gemessen werden. Sie sei im Wirtschaftszweig Zeitungsvertrieb und nicht im Bereich der Briefdienstleistungen tätig. Für die ihr Geschäft prägende Zustellung von Zeitungen und Anzeigenblättern fordere selbst die Gewerkschaft ver.di lediglich einen Stundenlohn iHv. 8,00 Euro brutto. Hieran gemessen könne die von der Beklagten gezahlte Vergütung von 7,87 Euro brutto je Stunde nicht sittenwidrig sein. Auf die PostmindestlohnVO könnten sich die Kläger nicht berufen. Diese sei unwirksam.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revisionen der Kläger sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klagen im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet sind.

9

I. Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine übliche Vergütung in Höhe der Entgeltgruppe 3 ETV-DP AG. Die Höhe ihrer Vergütung ist durch die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt iSv. § 612 Abs. 2 BGB. Diese ist nicht sittenwidrig.

10

1. Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Das ist vorliegend nicht der Fall.

11

a) Ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Lohnhöhe in einem Arbeitsverhältnis vorliegt, bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind regelmäßig die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs. Sie drücken den objektiven Wert der Arbeitsleistung aus, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet üblicherweise gezahlt werden. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 1 a der Gründe mwN, BAGE 110, 79). Das Missverhältnis ist auffällig, wenn es einem Kundigen, ggf. nach Aufklärung des Sachverhalts, ohne Weiteres ins Auge springt. Dafür hat das Bundesarbeitsgericht - in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Ersten Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH 22. April 1997 - 1 StR 701/96 - BGHSt 43, 53) - einen Richtwert entwickelt. Erreicht die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohns, liegt eine ganz erhebliche, ohne Weiteres ins Auge fallende und regelmäßig nicht mehr hinnehmbare Abweichung vor, für die es einer spezifischen Rechtfertigung bedarf (vgl. dazu im Einzelnen BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 130, 338; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 34 Rn. 6 ff.).

12

b) Welchem Wirtschaftszweig das Unternehmen des Arbeitgebers zuzuordnen ist, richtet sich nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige durch das Statistische Bundesamt. Diese Klassifikation beruht auf der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik (ABl. EU L 393 vom 30. Dezember 2006 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung. Auf ihrer Grundlage erfolgt auch die Erhebung der Arbeitsverdienste nach § 3 des Gesetzes über die Statistik der Verdienste und Arbeitskosten vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3291), welches das frühere Lohnstatistikgesetz abgelöst hat. Die vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Klassifikation der Wirtschaftszweige ist damit im Einklang mit Unionsrecht ein geeigneter und rechtssicher handhabbarer Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des maßgeblichen Wirtschaftszweigs als Grundlage für die Ermittlung des objektiven Werts einer Arbeitsleistung.

13

2. Danach kommt der ETV-DP AG als Ausgangspunkt für die Wertbestimmung der Arbeitsleistung der Kläger nicht in Betracht.

14

a) Die Deutsche Post AG unterfällt dem Wirtschaftszweig „Postdienste von Universaldienstleistungsanbietern“ (Statistisches Bundesamt Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 2008 Kode 53.1). Universaldienstleistungen sind nach § 11 Abs. 1 PostG ein Mindestangebot an Postdienstleistungen(§ 4 Nr. 1 PostG), die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden. Dazu war die Deutsche Post AG bis zum 31. Dezember 2007 verpflichtet (§ 52 PostG), seither erbringt sie den Universaldienst freiwillig (vgl. Sondergutachten 62 der Monopolkommission Post 2011: Dem Wettbewerb Chancen öffnen S. 36). Zudem wäre sie nach § 12 Abs. 1 PostG gehalten, zur Gewährleistung des Universaldienstes beizutragen.

15

Demgegenüber gehört die Beklagte mit ihrer Briefzustelltätigkeit zu dem Wirtschaftszweig „Sonstige Post-, Kurier- und Expressdienste“ (Statistisches Bundesamt Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 2008 Kode 53.2). Sie erbringt keine Universalpostdienstleistungen und unterliegt - mangels Lizenz (§ 5 PostG) - auch nicht der Verpflichtung nach § 12 Abs. 1 PostG. Unstreitig übernimmt die Beklagte Postsendungen von Dritten - insbesondere der C GmbH - zum Zwecke der Zustellung als Nachunternehmerin. Sie ist damit Verrichtungs- oder Erfüllungsgehilfe iSd. § 5 Abs. 2 Nr. 1 PostG.

16

b) Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Kläger - was von diesen und den Vorinstanzen nicht näher thematisiert wurde - überhaupt der Entgeltgruppe 3 ETV-DP AG unterfielen, also eine Tätigkeit ausüben, die aufgabenbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, die in der Regel durch eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung bzw. durch entsprechende anderweitige berufliche Erfahrung erworben werden können.

17

3. Ob der objektive Wert der Arbeitsleistung der Kläger sich nach dem TV Mindestlohn Briefdienstleistungen bemisst (zur Bestimmung der üblichen Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB durch einen Mindestentgelttarifvertrag vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 171/10 - Rn. 18, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 333 = EzA BGB 2002 § 612 Nr. 9; 27. Juli 2010 - 3 AZR 317/08 - Rn. 30, BAGE 135, 187), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Den dort im Streitzeitraum vorgesehenen Bruttomindestlohn von 9,80 Euro je Stunde unterschreitet die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung nicht um mehr als ein Drittel. Ausgehend von einer monatlichen Vergütung iHv. 766,94 Euro brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22,5 Stunden beträgt der Stundenlohn der Kläger - unstreitig - 7,87 Euro brutto und damit 80,3 % des Stundenlohns nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV Mindestlohn Briefdienstleistungen.

18

II. Die Kläger haben keinen Anspruch auf einen Stundenlohn iHv. 9,80 Euro brutto nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV Mindestlohn Briefdienstleistungen.

19

1. Die Rechtsnormen dieses Tarifvertrags finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) Anwendung. Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Eine Allgemeinverbindlicherklärung mit der Wirkung des § 5 Abs. 4 TVG ist nicht erfolgt.

20

2. Geltungsgrund für die Rechtsnormen des TV Mindestlohn Briefdienstleistungen könnte daher nur § 1 PostmindestlohnVO sein. Diese ist aber wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3a AEntG aF unwirksam.

21

a) Zu Recht gehen die Kläger allerdings davon aus, die Gerichte für Arbeitssachen seien nicht an die diesbezügliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54) gebunden.

22

Rechtskräftige Urteile der Verwaltungsgerichte binden die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Beteiligt sind neben Vertretern des öffentlichen Interesses nur der Kläger, der Beklagte und die Beigeladenen (§ 121 Nr. 1, § 63 VwGO). Zu diesem Personenkreis gehören die Kläger des vorliegenden Rechtsstreits nicht. Zudem hängt die Rechtswirksamkeit der PostmindestlohnVO nicht von einem entsprechenden Entscheidungsausspruch in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren ab. Sie ist als Vorfrage in jedem arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem es entscheidungserheblich darauf ankommt, zu prüfen (vgl. BAG 26. Oktober 2009 - 3 AZB 24/09 - AP ZPO § 148 Nr. 9 = EzA ZPO 2002 § 148 Nr. 1).

23

b) Das Verordnungsverfahren leidet an einem wesentlichen Verfahrensfehler, der zur Unwirksamkeit der Verordnung führt (zur Rechtsfolge vgl. BVerfG 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - Rn. 126 ff. mwN, BVerfGE 127, 293).

24

aa) § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG aF sah vor, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor Erlass der Rechtsverordnung den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie den Parteien des Tarifvertrags Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben hatte. Dieses Recht zur Stellungnahme soll ausweislich der Gesetzesbegründung gewährleisten, dass der Verordnungsgeber die Interessen aller Betroffenen in das Verordnungsverfahren einbezieht und in dem späteren Abwägungsvorgang widerstreitende Interessen gewichtet und wertet (vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung BT-Drucks. 14/151 S. 33). Dafür spricht auch die Gesetzessystematik. Mit § 1 Abs. 3a AEntG aF sollte das bis dahin für eine Ausweitung der Geltung eines Tarifvertrags allein zur Verfügung stehende Instrument der Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 TVG um die Möglichkeit der Tariferstreckung kraft Rechtsverordnung ergänzt werden. Da die Voraussetzungen einer Allgemeinverbindlicherklärung mit den Erfordernissen des Einvernehmens mit einem aus jeweils drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss, der Repräsentativität (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TVG) und des öffentlichen Interesses (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TVG) weitaus höhere Anforderungen stellen als das Verfahren nach § 1 Abs. 3a AEntG aF, kommt dem Recht zur Stellungnahme nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG aF als Ausgleich ein besonderes Gewicht zu(vgl. dazu auch BVerwG 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - Rn. 58 ff., BVerwGE 136, 54).

25

Die danach erforderliche Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem - die Änderung im Geltungsbereich des TV Mindestlohn Briefdienstleistungen vom 29. November 2007 gegenüber dem vom 11. September 2007 nachverfolgenden - geänderten Entwurf der Rechtsverordnung wurde nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, gegen die die Revision Einwendungen nicht erhoben hat, nicht eröffnet. Eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger unterblieb.

26

bb) Die mit dem Tarifvertrag vom 29. November 2007 erfolgte Änderung war wesentlich. Der Geltungsbereich des ursprünglichen Tarifvertrags sollte alle Betriebe erfassen, die gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, ohne dass es auf den Anteil dieser Tätigkeit an der Gesamttätigkeit angekommen wäre. Dagegen sah der Tarifvertrag vom 29. November 2007 eine Beschränkung auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen vor, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern. Durch diese Änderung des Geltungsbereichs drohte eine erhebliche Verschärfung der Wettbewerbssituation der Hauptkonkurrenten der Deutschen Post AG. Dies betraf weniger den Wettbewerb zur Deutschen Post AG selbst, als den Wettbewerb der Hauptkonkurrenten untereinander. Während ursprünglich jedes Unternehmen, das Briefsendungen beförderte, einen Mindestlohn zu zahlen gehabt hätte, waren durch den Tarifvertrag vom 29. November 2007 Unternehmen, deren Betriebe bzw. selbständige Betriebsabteilungen nicht überwiegend Briefsendungen befördern, von der Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns befreit, was deren Wettbewerbssituation verbessern konnte. Deshalb ist die Auffassung der Kläger, der Tarifvertrag vom 29. November 2007 sei im Verhältnis zu dem vom 11. September 2007 lediglich ein „Minus“, nicht zutreffend. Arbeitgeber, die möglicherweise unter der ursprünglichen Wettbewerbssituation bereit gewesen wären, einen Mindestlohn zu akzeptieren, und die aus diesem Grunde auf eine Stellungnahme verzichtet hatten, mussten nunmehr erneut Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Zudem ist es denkbar, dass ein Arbeitgeber zunächst auf eine Stellungnahme verzichtete, weil er die Rechtsverordnung aufgrund mangelnder Repräsentativität für offensichtlich unwirksam hielt und meinte, hiergegen auch im späteren Verwaltungsverfahren ausreichend Rechtsschutz erlangen zu können.

27

Dem steht nicht entgegen, dass die Einschränkung des Geltungsbereichs des ursprünglichen Tarifvertrags durch den Gesetzgeber vorgezeichnet war, weil dieser in § 1 Abs. 1 Satz 4 AEntG aF nur die Branche der Briefdienstleistungen, und zwar beschränkt auf Betriebe oder selbständige Betriebsabteilungen, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, aufgenommen hatte(Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 21. Dezember 2007, BGBl. I S. 3140). Soweit die Kläger darauf verweisen, rechtliches Gehör sei bereits im Gesetzgebungsverfahren gewährt worden, verkennen sie, dass die nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG aF äußerungsberechtigten Arbeitgeber und Arbeitnehmer an dem Gesetzgebungsverfahren nicht beteiligt waren.

28

c) Ein Fehler im Verordnungsverfahren ist jedenfalls dann wesentlich, wenn ein Verfahrenserfordernis, das der Gesetzgeber im Interesse sachrichtiger Normierungen statuiert hat, in funktionserheblicher Weise verletzt wurde. Ein Verstoß gegen Anhörungs- und Beteiligungsrechte führt daher in solchen Fällen regelmäßig zur Ungültigkeit der Verordnung (BVerfG 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - Rn. 126 ff. mwN, BVerfGE 127, 293; BVerwG 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - Rn. 68, BVerwGE 136, 54).

29

Dass eine erneute Stellungnahme dem Verordnungsgeber keinen relevanten Entscheidungsgewinn hätte bringen können (so das Vorbringen der - dortigen - Beklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, vgl. Tatbestand des Urteils des VG Berlin 7. März 2008 - 4 A 439.07 - NZA 2008, 482), ist reine Spekulation. Gerade wegen der durch den eingeschränkten Geltungsbereich möglichen Veränderung der wettbewerbsrechtlichen Ausgangssituation der Wettbewerber der Deutschen Post AG ist nicht auszuschließen, dass im Rahmen eines erneuten Anhörungsverfahrens gewichtige Argumente vorgebracht worden wären, die der Verordnungsgeber nicht hätte unberücksichtigt lassen dürfen.

30

d) Schließlich führt entgegen der Auffassung der Kläger die Nichtaufhebung der PostmindestlohnVO durch den Verordnungsgeber nicht zu deren weiterer Anwendung. Ob eine Rechtsverordnung durch ihre Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist, beurteilt grundsätzlich das zuständige Fachgericht im Rahmen einer Inzidenterkontrolle. Das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG gilt für Rechtsverordnungen nicht(BVerfG 1. März 1978 - 1 BvL 20/77 - BVerfGE 48, 40). Einer förmlichen Aufhebung der unwirksamen PostmindestlohnVO bedurfte es nicht (vgl. BAG 26. Oktober 2009 - 3 AZB 24/09 - Rn. 15, AP ZPO § 148 Nr. 9 = EzA ZPO 2002 § 148 Nr. 1; BVerwG 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - zu 2 b der Gründe, BVerwGE 111, 276).

31

III. Die Kläger haben gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision anteilig zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn     

        

    Rahmstorf     

                 

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.