Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 31. Jan. 2018 - 7 Sa 389/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0131.7Sa389.17.00
bei uns veröffentlicht am31.01.2018

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz -Auswärtige Kammern Bad Kreuznach- vom 22. Juni 2017, Az. 6 Ca 143/17, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten, nachdem erstinstanzlich ein Prozessvergleich geschlossen wurde, dessen Wirksamkeit sodann im Streit stand, in zweiter Instanz noch über eine Weiterbeschäftigung des Klägers.

2

Die Beklagte betreibt eine freie Reparaturwerkstatt für Pkw und Lkw. Der 1957 geborene, verheiratete Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. August 1974 als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug 3.658,00 €.

3

Die Beklagte kündigte den Kläger mit Schreiben vom 27. März 2015 (Kopie Bl. 4 d. A.) zum 31. Oktober 2015 wegen Schließung des Lagers, die zum 31. Oktober 2015 erfolgen werde. Hiergegen wandte der Kläger sich mit seiner am 2. April 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage.

4

Mit Schreiben vom 28. Mai 2015 (Kopie Bl. 28 d. A.) kündigte die Beklagte erneut zum 31. Dezember 2015 wegen beabsichtigter vollständiger Betriebsstilllegung zu diesem Zeitpunkt. Der Kläger erweiterte seine Kündigungsschutzklage im Hinblick hierauf mit am 1. Juni 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz.

5

Im Kammertermin am 16. Juli 2015 schlossen die Parteien einen Vergleich folgenden Inhalts:

6

1. Die Parteien sind darüber einig, dass das klägerische Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung (Schließung des Lagers) vom 27.03.2015 zum 30.11.2015 sein Ende finden wird.
2. Die Parteien sind darüber einig, dass der Kläger ab sofort von der Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung bei Fortzahlung der regulären Vergütung bis zum Beendigungszeitpunkt unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche und eventuelle Freizeitausgleichsansprüche freigestellt wird.
3. (...)
4. (...)
5. Damit ist der Rechtsstreit und sind sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung wechselseitig erledigt.

7

Mit Schreiben vom 11. November 2015 (Kopie Bl. 3 f. d. A. Arbeitsgericht Mainz, Az. 6 Ca 1037/15) und - nach Zurückweisung durch den Klägervertreter gemäß § 174 BGB mit Schreiben vom 20. November 2015 (Kopie Bl. 62 d. A. Arbeitsgericht Mainz, Az. 6 Ca 1037/15) - nochmals mit Schreiben vom 26. November 2015 (Kopie Bl. 5 f. d. A. Arbeitsgericht Mainz, Az. 6 Ca 1037/15) hat der Kläger diesen Vergleich angefochten.

8

Mit am 14. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht eingegangener (Az. 6 Ca 1037/15) und durch Schriftsatz vom 1. März 2016 erweiterter Klage begehrte der Kläger unter anderem die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten über den 30. November 2015 hinaus fortbestehe. Zur Begründung führte der Kläger an, Grundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 16. Juli 2015 sei die – wie sich zwischenzeitlich herausgestellt habe – wahrheitswidrige Behauptung der Beklagten, der Betrieb werde ohnehin zum Ende des Jahres 2015 geschlossen. Entgegen dieser Behauptung der Beklagten werde aber das Unternehmen weiter geführt, bei der Beklagten habe auch nie die Absicht einer Unternehmensschließung bestanden. Auch der behauptete Wegfall des Arbeitsplatzes sei zu keiner Zeit gegeben gewesen. Die Beklagte habe wahrheitswidrig behauptet, das Lager zu schließen. Diese Klage erweiterte der Kläger durch Schriftsatz vom 1. März 2016. Das Arbeitsgericht hat den zuletzt nur noch gestellten Feststellungsantrag durch Urteil vom 21. Juli 2016 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Berufung durch rechtskräftiges Urteil vom 19. Januar 2017 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Antrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. November 2011 hinaus fortbestehe, sei wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, sei dieser Streit jedenfalls dann im Ausgangsverfahren auszutragen, wenn der Vergleich nicht allein aus Gründen unwirksam sei, die erst nach seinem Abschluss entstanden seien. Einer neuen Klage, mit der das ursprüngliche Prozessziel bei unverändert gebliebenem Streitgegenstand weiterverfolgt werden solle, stehe das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entgegen, weil der unwirksame Prozessvergleich nicht zur Beendigung des Ursprungsverfahrens geführt habe. Würden hinsichtlich eines Prozessvergleichs sowohl anfängliche als auch nachträgliche Mängel geltend gemacht, sei die Klärung seiner Wirksamkeit im Ausgangsverfahren herbeizuführen.

9

Mit am 16. Februar 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger daraufhin das vorliegende Ausgangsverfahren wieder „aufgerufen“. Er hat ausgeführt, er mache für den Kläger zusätzlich dessen Anspruch auf Wiedereinstellung geltend. Er hat erstinstanzlich vorgetragen,
der Vergleich vom 16. Februar 2017 sei ausschließlich vor dem Hintergrund geschlossen worden, dass die Beklagte ohnehin ihren Betrieb zum 31. Dezember 2015 schließe. Aufgrund der ursprünglichen Kündigung hätte das Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2015 geendet, aufgrund der Kündigung wegen Betriebsstilllegung zum 31. Dezember 2015. Da alle Beteiligten definitiv davon ausgegangen seien, dass der Betrieb zum 31. Dezember 2015 geschlossen werde, habe man sich im Vergleichswege die Differenz von zwei Monaten zwischen der Kündigung wegen angeblicher Schließung des Lagers und der Kündigung wegen Betriebsaufgabe geteilt und eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2015 vereinbart. Eine weitere umfangreiche Beweisaufnahme zum Vorliegen der angeblich neuen Organisationsstrukturen wegen lediglich eines Monats habe vermieden werden sollen. Eine Beendigung zum 30. November 2015 hätten er und sein Rechtsvertreter nie akzeptiert, wenn bekannt gewesen wäre, dass der Betrieb fortgeführt werde. Zumindest wäre dann aufgrund des langjährigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers über eine angemessene Abfindung verhandelt worden.

10

Tatsächlich habe die Beklagte nie vorgehabt, den Betrieb zu schließen. Es sei keinerlei Versuch unternommen worden, für den im Betrieb tätigen Auszubildenden einen anderen Ausbildungsplatz zu finden. Keiner der im Betrieb verbliebenen Mitarbeiter habe sich nach Zugang der Kündigung wegen angeblicher Betriebsschließung arbeitslos gemeldet. Die Kunden seien nicht mit einem Rundschreiben Ende September/Anfang Oktober 2015 über die Betriebsschließung unterrichtet worden, es sei vielmehr ein Rundschreiben an die Kunden verfasst worden, aus dem hervorgehe, dass man auch künftig für die Kunden da sei.

11

Der Kläger war der Ansicht, die Geschäftsgrundlage für den geschlossenen Vergleich sei damit komplett entfallen. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten unterliege dem Kündigungsschutz. Ein Kündigungsgrund liege nicht vor, die Sozialauswahl sei nicht eingehalten. Bei der Betriebsfortführung hätte die Beklagte ihn aufgrund der erheblichen Dauer des Arbeitsverhältnisses weiter beschäftigen müssen, zumal eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestanden und die Beklagte auch andere Personen auf ihrer Gehaltsliste geführt habe. Er sei nicht als Lagerist, sondern als kaufmännischer Mitarbeiter bei der Beklagten angestellt gewesen. So habe er insbesondere selbständig die Rechnungsfakturierung übernommen und tagtäglich selbständig telefonisch Reparatur- und sonstige Aufträge angenommen. Insbesondere sei er auch im Besitz von entsprechenden Kassen- und Tresorschlüsseln gewesen, um diese Arbeiten auszuführen. Aufgrund seiner vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten könne er anderweitig im Betrieb eingesetzt werden.

12

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses weiter zu beschäftigen.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie war der Ansicht,
der Vergleich vom 16. Juli 2015 sei keineswegs anfechtbar noch sei die Geschäftsgrundlage des Vergleichs entfallen. Sie hat vorgetragen, der Vergleich sei keineswegs vor dem Hintergrund der beabsichtigten Betriebsschließung geschlossen worden. Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei die Lager- und nicht die Betriebsschließung. Die gegenteilige Behauptung des Klägers sei durch den eindeutigen Wortlaut des Vergleiches widerlegt. Der Vergleichsabschluss sei erfolgt, da der Vorsitzende nach Erörterung der Kammer klar zu verstehen gegeben habe, dass bei Nachweis der entsprechenden neuen Organisationsstrukturen die Klage gegen die Kündigung wegen Schließung des Lagers keinen Erfolg haben dürfte. Sie war weiter der Ansicht, darüber hinaus wäre bei Unterstellen der Betriebsschließung als Geschäftsgrundlage das Festhalten an dem Vertrag nicht unzumutbar. Es bestünden keine Anfechtungsgründe, weder wegen Erklärungs- oder Inhaltsirrtums noch wegen arglistiger Täuschung. Eine Anfechtung wegen Erklärungs- oder Inhaltsirrtums sei auch wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist ausgeschlossen. Eine Täuschung des Klägers sei nicht erfolgt. Die Schließung sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches und des Vergleichsschlusses, unabhängig von der Schließung des Lagers, zum 31. Dezember 2015, fest geplant gewesen. Im Mai 2015 sei aufgrund der betriebswirtschaftlichen Situation geprüft worden, ob der Betrieb überhaupt noch betriebswirtschaftlich fortsetzungsfähig sei oder gar die Insolvenz drohe bzw. eine entsprechende Antragspflicht bestehe. Im Rahmen dieser Prüfung sei im Mai der Entschluss der Geschäftsführer gereift, den Betrieb zum 31. Dezember 2015 zu schließen. Aufgrund dessen sei am 26. Mai 2015 im Beisein des Beklagtenvertreters, dem Steuerberater Z. Y. und Herrn X. die betriebswirtschaftliche Situation erörtert worden. In diesem Gespräch sei der endgültige Entschluss gefasst worden, das Unternehmen zum 31. Dezember 2015 zu liquidieren. Es seien auch bereits die Abwicklungsmodalitäten besprochen worden. Es sei beispielsweise besprochen worden, dass ein Liquidationsbeschluss der Gesellschafter gefasst werden muss und dass ein Liquidator bestimmt werden müsse. Im Übrigen sei die Auflösung des Mietvertrags erörtert worden. Am selben Tag sei W. V., Mitgesellschafterin der U. VermögensverwaltungsGmbH, mitgeteilt worden, dass das Vertragsverhältnis zum 31. Dezember 2015 beendigt werde und damit die Notwendigkeit bestehe, einen Nachmieter zu suchen. Ebenfalls in diesem Gespräch sei erörtert worden, dass die Kündigungen sodann aufgrund der Vielzahl der Mitarbeiter, die langjährig im Unternehmen seien, bis zum 31. Mai 2015 diesen gegenüber ausgesprochen werden müssen, um fristgerecht zum 31. Dezember 2015 die Beendigung auch der Arbeitsverhältnisse zu erreichen. Daher sei von dem Geschäftsführer Herr T. am 27. Mai 2015 an den Unterzeichner ein entsprechender Entwurf versandt worden, der entsprechend geprüft und danach an die Mitarbeiter am 28. Mai 2015 ausgehändigt worden sei. Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 16. Juli 2015 sei der feste Entschluss gefasst gewesen, den Betrieb zu schließen. Es hätten sich sämtliche Mitarbeiter arbeitssuchend gemeldet. Auch für den Auszubildenden habe man sich um eine Alternativ-Ausbildungsstelle bemüht, so sei insoweit mit dem Autohaus S. im Juni 2015 ein ausführliches Gespräch geführt worden. Vor dem Gerichtstermin hätten ihre Geschäftsführer noch darauf hingewiesen, dass die Information über die Schließung erst im Rahmen des Anschreibens "Herbstaktion Reifenwechsel" Ende September/Anfang Oktober 2015 habe erfolgen sollen, dies vor dem Hintergrund befürchteter Umsatzeinbrüche über den Sommer bei verfrühter Bekanntgabe der Betriebsschließung.

17

Am 30. Juli 2015 sei im Verfahren Arbeitsgericht Mainz 7 Ca 374/15 betreffend den Mitarbeiter T. ein Vergleich wegen der Betriebsschließung mit dem Enddatum 31. Dezember 2015 geschlossen worden. Erst aufgrund Anfang August 2015 geführter Gespräche aufgrund Initiative der noch verbliebenen Mitarbeiter, die die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gewünscht hätten, und deren höheren Engagements seien Überlegungen und betriebswirtschaftliche Prüfungen der Fortsetzung des Betriebs vorgenommen worden, die Ende August 2015 zur Entscheidung der einstweiligen Unternehmensfortsetzung geführt hätten.

18

In den Vergleich sei als Kündigungsgrund ausdrücklich die Schließung des Lagers aufgenommen worden, da nach dem Vortrag der Parteien und dem Stand des Verfahrens von einer Rechtmäßigkeit der Kündigung wegen Lagerschließung auszugehen gewesen sei, zumal - wie der Kläger selbst gewusst habe, die Maßnahmen zur Schließung des Lagers zu diesem Zeitpunkt (Vertragsschluss) schon weit vorangeschritten gewesen seien. Die Kündigung wegen Lagerschließung sei wirksam erfolgt. Der Kläger unterfalle nicht dem KSchG, da die notwendige Anzahl der "Altbeschäftigten" des § 23 KSchG nicht erreicht worden sei. Das Lager sei geschlossen worden und weiterhin geschlossen. Die Lagerschließung sei völlig unabhängig von der späteren Entscheidung der Betriebsschließung erfolgt.

19

Ein Weiterbeschäftigungsanspruch bestehe ebenfalls nicht. Der Arbeitsplatz in dem Lager der Beklagten bestehe nicht mehr, eine Beschäftigung im Lager der Beklagten sei nicht mehr möglich. Auch weitere kaufmännische Beschäftigungsmöglichkeiten bestünden für den Kläger bei ihr nicht. Der Kläger sei nur im Lager tätig und nicht als kaufmännischer Angestellter mit weiteren Aufgaben betraut gewesen. Kassen- und Tresorschlüssel habe der Kläger im Hinblick auf seine Tätigkeit im Lager erhalten. Die kaufmännische Tätigkeit werde von den Geschäftsführern vorgenommen, handwerkliche Arbeiten in der Werkstatt erfolgten durch die Mechaniker.

20

Das Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach hat die Klage durch Urteil vom 22. Juni 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, es sei im Rahmen der Erörterung in der letzten mündlichen Verhandlung klargestellt worden, dass das Klagebegehren einzig auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt worden sei. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei es anerkannt, dass der Arbeitnehmer einen Wiedereinstellungsanspruch haben könne, wenn der Grund, der zur Kündigung geführt habe, noch während des Laufs der Kündigungsfrist wegfalle. Auch bei einem Aufhebungsvertrag könne es etwas Ähnliches wie einen Wiedereinstellungsanspruch geben. Allerdings sei die rechtliche Konstruktion des Anspruchs eine etwas andere. Komme es auf Veranlassung des Arbeitgebers zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages, sei dieser Vertrag nach den Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzupassen, wenn sich in der Zeit zwischen dem Abschluss des Aufhebungsvertrages und dem vereinbarten Vertragsende unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer ergebe. Die Vertragsanpassung könne dabei auch zu einer Wiedereinstellung führen. Im Ergebnis gehe die Kammer nicht von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage aus. Ob der Kläger sich vor dem Hintergrund der behaupteten Betriebsschließung entschlossen habe, den entsprechenden Vergleich mit Verlängerung der Kündigungsfrist um einen Monat bei gleichzeitiger Freistellung abzuschließen oder nicht, sei bei Vergleichsabschluss so nicht deutlich geworden. Ungeachtet dessen spreche viel dafür, dass das Risiko einer Weiterführung des Betriebes unter geänderten Bedingungen eben mit weniger Lohnkostenbelastung und damit der Perspektive eines ertragstauglichen Wirtschaftens in die Risikosphäre des Klägers falle, so dass schon aus diesem Grund aus den Regeln zum Wegfall der Geschäftsgrundlage zugunsten des Klägers nichts Positives hergeleitet werden könne. Das Gleiche gelte auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Wegfall von Kündigungsgründen oder Auftauchen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten während des Laufs der Kündigungsfrist. Hier habe die Beklagte zwar ihre Betriebsschließungsabsicht revidiert. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger habe sich allerdings nach der unstreitigen Struktur des Betriebes im Ergebnis nicht ergeben. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 128 ff. d. A.) Bezug genommen.

21

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 25. Juli 2017 zugestellt worden. Der Kläger hat hiergegen mit einem am 23. August 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit am 20. September 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

22

Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 152 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,
ihm stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Wiedereinstellung und Weiterbeschäftigung zu. Der im Ausgangsverfahren abgeschlossene Vergleich sei infolge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unwirksam, da die Beklagte sich im August 2015, also noch während des Laufs der Kündigungsfrist, dazu entschlossen habe, ihren Betrieb nunmehr doch über den 31. Dezember 2015 hinaus fortzuführen. Hätte die Beklagte ihm nicht wegen Betriebsstilllegung gekündigt, so wäre der streitgegenständliche Vergleich überhaupt nicht zustande gekommen. Der Kläger ist weiter der Ansicht, unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die "Betriebsschließung" nicht mit in die Formulierung des Vergleichs aufgenommen worden sei. Für eine Geschäftsgrundlage sei es gerade typisch, dass sie nicht Bestandteil des Vertrages sei.

23

Die Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 27. März 2015 habe auch hinreichende Erfolgsaussichten gehabt. Im Betrieb der Beklagten habe für ihn eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestanden, da er auch nach der angeblichen Schließung des Lagers als kaufmännischer Angestellter im Betrieb der Beklagten habe weiterbeschäftigt werden können. Falsch sei, dass kaufmännische Arbeiten ausschließlich von den Geschäftsführern erledigt würden. Er sei für den Betrieb unverzichtbar gewesen. Die Kündigung vom 27. März 2015 sei zudem wegen der fehlerhaften Sozialauswahl seitens der Beklagten unwirksam gewesen. Das Lager existiere in seiner damaligen Form noch heute. Wenn es die Lagerschließung tatsächlich gegeben haben sollte, bestreite er, dass sie überhaupt notwendig gewesen sei.

24

Ihm sei es auch unzumutbar, an dem streitgegenständlichen Vergleich festzuhalten.

25

Der Kläger beantragt,

26

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach vom 22. Juni 2017, Az. 6 Ca 143/17, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses weiter zu beschäftigen.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 3. November 2017, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 169 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend.

30

Die Kündigung vom 27. März 2015 sei wegen der Schließung des Lagers vorgenommen worden, dessen einziger und alleiniger Mitarbeiter der Kläger gewesen sei. Der Kläger habe keine darüber hinausgehenden Aufgaben gehabt. Das Lager sei bis zum heutigen Tag geschlossen und solle auch in Zukunft weiterhin geschlossen bleiben. Der Vergleich sei von ihrer Seite alleinig aus Beschleunigungs- und Erledigungsinteresse getroffen worden mit der Beendigung zum 30. November 2015. Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei nicht die Betriebsstilllegung gewesen. Ohne diese wäre der Vergleich aufgrund der vor Vertragsschluss erfolgten Hinweise des Vorsitzenden, dass bei Nachweis der entsprechend geänderten Organisationsstruktur der Klage gegen die Erstkündigung wenig Erfolg zuteilwürde, auch von dem Kläger geschlossen worden. Grundlage der Vergleichsverhandlungen sei allein die Schließung des Lagers gewesen. Die Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 27. März 2015 habe im Übrigen keine Aussicht auf Erfolg gehabt, da das KSchG nicht Anwendung finde und es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers bei der Beklagten infolge der Schließung des Lagers gegeben habe. Rechnungsfakturierung und Angebotserstellung seien nur vereinzelt nach Vorgaben vom Kläger erstellt worden. Er habe nur Ersatzteile eigenständig zusammengestellt und gelegentlich das Telefon angenommen. Durch die Auflösung des Lagers und die Lieferung von Ersatzteilen im Just in Time-Verfahren sei die Tätigkeit des Klägers entfallen. Tätigkeiten in der Werkstatt könne der Kläger mangels Qualifikation nicht vornehmen. Die Lagerschließung sei auch notwendig gewesen, da sich ihre Umsätze kontinuierlich verschlechtert hätten.

31

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 31. Januar 2018 (Bl. 181 ff. d. A.) Bezug genommen.

32

Das Landesarbeitsgericht hat die Akte Arbeitsgericht, Az. 6 Ca 1037/15 (LAG Rheinland-Pfalz, Az. 5 Sa 384/16) beigezogen.

Entscheidungsgründe

A.

33

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

34

In der Sache hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Der Kläger hat weder einen Weiterbeschäftigungsanspruch gegen die Beklagte aus dem ursprünglichen Arbeitsverhältnis, noch hat er einen Wiedereinstellungsanspruch gegen die Beklagte (geltend gemacht) und aus einem neu zu begründenden Arbeitsverhältnis einen Weiterbeschäftigungsanspruch.

35

Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch den am 16. Juli 2015 abgeschlossenen Prozessvergleich beendet worden. Dieser ist auch weder wirksam angefochten noch anfänglich gemäß § 779 Abs. 1 BGB unwirksam. Auch ist er nicht nachträglich wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage so anzupassen (§ 313 Abs. 1 BGB), dass dem Kläger ein (Weiter-)Beschäftigungsanspruch gegen die Beklagte zustehen würde.

I.

36

Im Berufungsverfahren beruft sich der Kläger nicht mehr auf die von ihm mit Schreiben vom 11. November 2015 erklärte und von der Beklagten gemäß § 174 BGB durch Schreiben vom 20. November 2015 zurückgewiesene noch auf die mit Schreiben vom 26. November 2015 mit beigefügter Vollmacht vom 24. November 2015 erklärte Anfechtung des Vergleichs wegen Erklärungs- oder Inhaltsirrtums sowie wegen arglistiger Täuschung, § 123 BGB.

37

Der Vergleich ist ebenfalls nicht (anfänglich) unwirksam gemäß § 779 Abs. 1 BGB. Gemäß § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach seinem Inhalt als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Der Irrtum der Parteien muss sich auf einen streitausschließenden Umstand beziehen (BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 716/14 – NZA 2016, 716 Rz. 22). Weiter muss der gemeinsame Irrtum das gegenwärtige Bestehen des Sachverhalts betreffen, nicht dagegen die zukünftige Entwicklung. Eine Unwirksamkeit des Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB kommt daher nicht in Betracht, wenn sich erst nach Abschluss des Vergleichs unvorhergesehen neue Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben (BAG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - NZA 2000, 1097, 1101).

38

Die beiden Kündigungen vom 27. März 2015 und 28. Mai 2015 hat der Kläger mit dem erstinstanzlich zuletzt sowie im Berufungsverfahren gestellten Antrag nicht mehr angegriffen. Er begehrt nur noch seine Weiterbeschäftigung im Hinblick auf einen von ihm angenommenen Wegfall der Geschäftsgrundlage.

II.

39

Dem Kläger steht auch kein (Weiter-)Beschäftigungsanspruch nach erfolgreicher Geltendmachung eines Wiedereinstellungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des nachträglichen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Prozessvergleichs (§ 313 BGB) zu.

1.

40

Zwar kann, kommt es nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung zum Abschluss eines Prozessvergleichs, in dem sich die Parteien unter anderem darüber einig werden, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung sein Ende finden wird, dieser Vertrag nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) anzupassen sein, wenn sich in der Zeit zwischen dem Abschluss des Vergleichs und dem vereinbarten Vertragsende unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer ergibt. Die Vertragsanpassung kann dabei auch in einer Wiedereinstellung liegen (vgl. BAG, Urteil vom 8. Mai 2008 – 6 AZR 517/07 – NZA 2008, 1148, 1150 Rz. 25 m. w. N.).

41

Geschäftsgrundlage sind nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - NZA 2000, 1097, 1101 m. w. N.) die bei Abschluss des Vertrags zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien darauf aufbaut. Rechte wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben sich allerdings nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei das unveränderte Festhalten an dem Vertrag nicht zugemutet werden kann. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage wird rechtlich nur dann erheblich, wenn und soweit das Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem "untragbaren mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarendem Ergebnis führen würde".

42

Auch dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag vereinbart wurde, können ausnahmsweise in Extremfällen fortbestehende nachvertragliche (Fürsorge-) Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis einen Wiedereinstellungsanspruch begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Urteil vom 22. April 2004 - 2 AZR 281/03 - NJOZ 2004, 4096; vom 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - NZA 2000, 1097, 1099, jeweils m. w. N.) ist anerkannt, dass bei betriebsbedingten Kündigungen grundsätzlich ein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers jedenfalls dann entstehen kann, wenn sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer ergibt. Der die negative Vertragsfreiheit des Arbeitgebers einschränkende Kontrahierungszwang ergibt sich als vertragliche Nebenpflicht aus dem noch fortbestehenden Arbeitsverhältnis. Zu den letztlich auf § 242 BGB beruhenden arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gehört auch die Pflicht, auf die berechtigten Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Der Arbeitnehmer hat auch nach Ausspruch einer rechtlich begründeten Kündigung regelmäßig noch ein Interesse daran, seinen Arbeitsplatz nicht mit Ablauf der Kündigungsfrist zu verlieren. Dieses Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes ist durch Art. 12 Abs. 1 GG nicht nur bis zum Ausspruch einer Kündigung, sondern ebenfalls noch danach bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschützt. Der Verlust des Arbeitsplatzes wird dem Arbeitnehmer jedoch regelmäßig auch von Verfassungs wegen zugemutet, wenn eine Kündigung den Erfordernissen des Kündigungsschutzrechts standhält. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist dann geboten, wenn sich die der betriebsbedingten Kündigung zugrunde liegende Vorstellung des Arbeitgebers über die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten als unzutreffend herausstellt (BAG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - NZA 2000, 1097, 1099 f. m. w. N.).

43

Erforderlich für die Annahme eines Wiedereinstellungsanspruchs ist stets, dass die Parteien bei der Kündigung oder dem Abschluss des Aufhebungsvertrages vorausgesetzt haben oder redlicher Weise hätten voraussetzen müssen, eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei mit dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit verbunden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 22. April 2004 – 2 AZR 281/03 – NJOZ 2004, 4096, 4101) dient der Weiterbeschäftigungsanspruch nämlich als Korrektiv dafür, dass bereits ein prognostizierter Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit eine Kündigung rechtfertigen kann. Dann ist das Vertrauen des Arbeitnehmers darauf, das Arbeitsverhältnis werde fortgesetzt, wenn sich – bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses oder ausnahmsweise auch danach – eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt, nach Maßgabe der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze schützenswert.

44

Rechtsfolge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich nach § 313 Abs. 1 BGB nur die Anpassung des Vertrags an die geänderten Verhältnisse (BAG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - NZA 2000, 1097, 1101 f. m. w. N.); bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Anpassung ist die benachteiligte Partei nach § 313 Abs. 3 BGB zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigt. Insbesondere bei Abfindungsvergleichen in Kündigungsschutzprozessen kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, Geschäftsgrundlage in diesem Sinn sei die gemeinsame Vorstellung der Parteien, bis zu dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses werde sich keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit ergeben. Vielmehr kann gerade auch diese Ungewissheit der künftigen Entwicklung bei dem Vergleich bereits Berücksichtigung gefunden haben. Außerdem führt bei einer sich nachträglich unvorhergesehen ergebenden Beschäftigungsmöglichkeit das Festhalten am Vergleich für den Arbeitnehmer keineswegs regelmäßig zu untragbaren Ergebnissen. Vielmehr hängt auch dies von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls dann, wenn durch eine Abfindung ein als angemessen erscheinender Ausgleich geschaffen wird, wird häufig das Festhalten an dem Vergleich auch für den Arbeitnehmer nicht unzumutbar sein (BAG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - NZA 2000, 1097, 1101 f. m. w. N.).

2.

45

Der Kläger hat jedoch - trotz den Hinweisen des LAG sowohl im Berufungsverfahren mit dem Az. 5 Sa 384/16, S. 8 als auch im vorliegenden Verfahren - bereits prozessual nicht den Antrag verfolgt, dass die Beklagte zur Annahme eines in der Klage enthaltenen Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den bisherigen Bedingungen verurteilt werden soll (zur Antragstellung vgl. BAG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - NZA 2000, 1097).

3.

46

Der darlegungs- und beweisbelastete (vgl. BAG, Urteil vom 22. April 2004 – 2 AZR 281/03 – NJOZ 2004, 4096, 4102) Kläger hat aber auch nicht dargelegt, dass ihm ein Wiedereinstellungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des nachträglichen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Prozessvergleichs (§ 313 BGB) zusteht.

47

Er hat nicht bereits vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Parteien bei dem Abschluss des Aufhebungsvertrages vorausgesetzt haben oder redlicher Weise hätten voraussetzen müssen, eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei mit dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit in Form der Betriebsschließung verbunden.

48

Die Beklagte hat dem Kläger zweifach, nämlich zum einen mit Schreiben vom 27. März 2015 wegen Schließung des Lagers und zum anderen mit Schreiben vom 28. Mai 2015 wegen beabsichtigter vollständiger Betriebsstilllegung zu diesem Zeitpunkt gekündigt.

49

Zwar ist der Betrieb entgegen der ursprünglichen Planung der Beklagten aufgrund einer während der Kündigungsfrist getroffenen Entscheidung der Beklagten fortgeführt worden. Dagegen streiten die Parteien aber weiter darüber, ob die (erste) Kündigung vom 27. März 2015 wegen Lagerschließung wirksam war. Insoweit behauptet auch der Kläger nicht, dass die Beklagte ihre ursprüngliche Planung aufgegeben hätte, sondern trägt vielmehr vor, das Lager hätte von vornherein nicht geschlossen werden sollen und er hätte als kaufmännischer Angestellter auch anderweitig als im Lager beschäftigt werden können und müssen. Träfe jedoch zu, dass entsprechend dem Vortrag des Klägers im Zeitpunkt der Kündigung vom 27. März 2015 davon auszugehen gewesen wäre, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bestand, konnte er damit hinsichtlich dieser Kündigung gerade nicht darauf vertrauen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruhe - allein - auf einem Fortfall des Beschäftigungsbedürfnisses infolge der geplanten Betriebsstilllegung für ihn.

50

Die Beklagte hat an der Kündigung vom 27. März 2015 auch nach Ausspruch der (zweiten) Kündigung wegen Betriebsstilllegung weiter festgehalten. Das findet nicht zuletzt Niederschlag in der Formulierung des Vergleichs, wonach "das klägerische Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung (Schließung des Lagers) vom 27.03.2015 zum 30.11.2015 sein Ende finden wird".

51

Die Berufung des Klägers hatte daher keinen Erfolg.

C.

52

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die

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bei uns veröffentlicht am 24.09.2015

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. Mai 2014 - 3 Sa 675/13 - aufgehoben.

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Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. Mai 2014 - 3 Sa 675/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung und darüber, ob der Rechtsstreit durch einen Prozessvergleich beendet ist.

2

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH. Der Kläger war seit Juli 2004 bei dieser beschäftigt. Er war seit Juli 2005 als EDV-Fachkraft tätig. Im Jahre 2005 übertrug er seiner Arbeitgeberin eine sog. „ERP-Entwicklerlizenz“. Diese ermöglichte das Erstellen von Softwarelösungen auf Basis der Grundsoftware des Lizenzgebers.

3

Im Jahr 2011 beschloss die Arbeitgeberin, ihre EDV-Anlagen künftig von einem externen Dienstleister betreuen zu lassen. Mit Schreiben vom 20. September 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Wirkung zum 30. November 2011.

4

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat außerdem gem. § 9 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses begehrt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 15. Februar 2012 haben die Prozessparteien zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen. Danach bestand zwischen ihnen Einigkeit, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung zum Ablauf des 30. November 2011 sein Ende gefunden habe. Die spätere Insolvenzschuldnerin verpflichtete sich in Nr. 2 des Vergleichs zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 3.120,00 Euro brutto, in Nr. 3 zur „Rückübertragung“ der ihr im Jahre 2005 übertragenen Entwicklerlizenz auf den Kläger und in Nr. 4 zur Erteilung eines Zeugnisses mit einer „guten“ Bewertung von dessen Führung und Leistung.

5

Die Arbeitgeberin zahlte die vereinbarte Abfindung und erteilte ein Arbeitszeugnis. Der Kläger forderte sie vergeblich auf, ihm auch die Entwicklerlizenz zurück zu übertragen. Die Arbeitgeberin berief sich darauf, sie könne die Forderung nicht erfüllen. Ihre ehemalige Prokuristin habe den Vertrag mit dem Lizenzgeber bereits im Spätsommer 2011 gekündigt. Dies habe ihr am Vergleichsschluss beteiligter Geschäftsführer nicht gewusst. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich hat der Kläger den Antrag angekündigt, die Arbeitgeberin zu verurteilen, an ihn 5.165,10 Euro zum erneuten Erwerb der Lizenz zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat Zweifel daran geäußert, dass Nr. 3 des Vergleichs einen vollstreckbaren Inhalt habe.

6

Mit Schreiben vom 11. März 2013 hat der Kläger den Rücktritt vom Vergleich erklärt. Mit Schriftsatz vom selben Tag hat er die Feststellung begehrt, dass das gerichtliche Verfahren nicht beendet sei. Seinen Auflösungsantrag hat er zurückgenommen.

7

Am 30. August 2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger hat das Verfahren gegen ihn aufgenommen.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Recht zum Rücktritt von dem Prozessvergleich zu. Die Insolvenzschuldnerin habe ihre darin begründete Verpflichtung zur Rückübertragung der Entwicklerlizenz nicht erfüllt. Er habe mit der Lizenz wieder eine selbständige Tätigkeit aufnehmen wollen. Diese sei schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Insolvenzschuldnerin Grundlage seines Lebensunterhalts gewesen. Ohne die Rückübertragung ergebe die einvernehmliche Aufgabe des Arbeitsverhältnisses für ihn keinen Sinn. Da die von ihm erbrachte Gegenleistung nicht teilbar sei, könne er von dem Vergleich insgesamt zurücktreten. Das Kündigungsschutzverfahren sei demnach fortzusetzen. Die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil er bei der Insolvenzschuldnerin zum Datenschutzbeauftragten bestellt gewesen sei.

9

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Verfahren durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 nicht beendet ist;

        

2.    

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung vom 20. September 2011 nicht beendet wurde und über den 30. November 2011 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

        

3.    

den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat den Vergleich für wirksam gehalten.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Vergleich vom 15. Februar 2012 habe den Rechtsstreit beendet. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, der Rechtsstreit sei durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet. Ob das Kündigungsschutzverfahren durch den Vergleich erledigt ist, steht noch nicht fest.

13

I. Die Anträge des Klägers sind zulässig.

14

1. Den Antrag auf Feststellung, dass das Verfahren durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 nicht beendet sei, hat das Landesarbeitsgericht zutreffend nicht als eigenständigen Sachantrag verstanden. Ziel des Klägers ist die sachliche Bescheidung der Anträge zu 2. und 3. Dafür ist als Vorfrage zu klären, ob der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet ist. Einer gesonderten Feststellung dazu bedarf es nicht (vgl. BAG 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - Rn. 13). Ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden Zwischenfeststellung (§ 256 Abs. 2 ZPO) hat der Kläger nicht dargelegt.

15

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Streit über die Beendigungswirkung des Vergleichs vom 15. Februar 2012 sei in dem ursprünglichen Kündigungsrechtsstreit auszutragen.

16

a) Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, ist dieser Streit jedenfalls dann im Ausgangsverfahren auszutragen, wenn der Vergleich nicht allein aus Gründen unwirksam ist, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind (BAG 24. April 2014 - 8 AZR 429/12 - Rn. 16; 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - Rn. 14; BGH 11. August 2010 - XII ZB 60/08 - Rn. 15; BSG 24. Januar 1991 - 2 RU 51/90 -; Stein/Jonas/Münzberg 22. Aufl. ZPO § 794 Rn. 71; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 130 Rn. 48 ff.; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 15a; PG/Scheuch ZPO 5. Aufl. § 794 Rn. 24; vgl. auch BGH 21. November 2013 - VII ZR 48/12 - Rn. 14). Einer neuen Klage, mit der das ursprüngliche Prozessziel bei unverändert gebliebenem Streitgegenstand weiterverfolgt werden soll, stünde der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen, weil der unwirksame Prozessvergleich nicht zur Beendigung des Ursprungsverfahrens geführt hätte (BGH 29. Juli 1999 - III ZR 272/98 - zu 2 der Gründe, BGHZ 142, 253). Ist der Vergleich wirksam, so ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch ihn erledigt ist (BAG 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - aaO; BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - BGHZ 16, 388).

17

b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob dies anders zu beurteilen ist, wenn eine materiell-rechtliche Unwirksamkeit des Prozessvergleichs nur aus Gründen in Rede steht, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind (vgl. dazu einerseits BAG 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 40, 17; andererseits BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388). Nach dem Vorbringen des Klägers kommt auch eine - anfängliche - Unwirksamkeit des Vergleichs gem. § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB in Betracht. Der Kläger hat zwar ausdrücklich nur geltend gemacht, wirksam von dem Vergleich zurückgetreten zu sein. Er hat sich dafür aber ua. darauf berufen, dass er den Vergleich ohne die Aussicht auf eine erfolgreiche Rückübertragung der Entwicklerlizenz nicht abgeschlossen hätte. Werden hinsichtlich eines Prozessvergleichs sowohl anfängliche als auch nachträgliche Mängel geltend gemacht, ist die Klärung seiner Wirksamkeit im Ausgangsverfahren herbeizuführen (BAG 24. April 2014 - 8 AZR 429/12 - Rn. 29; 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - Rn. 14).

18

aa) Einem Prozessvergleich fehlt die verfahrensbeendende Wirkung auch dann, wenn er als materiell-rechtlicher Vertrag wegen Mängeln in der Regelung sonstiger, nicht rechtshängiger Fragen nach § 139 BGB insgesamt nichtig ist(vgl. BGH 6. März 1991 - XII ZB 88/90 - zu II 1 b und c der Gründe; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 90).

19

bb) Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass die Vereinbarung über die Verpflichtung zur „Rückübertragung“ der Entwicklerlizenz auf den Kläger in Nr. 3 des Vergleichs nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

20

(1) Gemäß § 779 Abs. 1 BGB ist der Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Ausreichend ist, dass in Elementen eines Rechtskonflikts Streit oder Ungewissheit bestanden hat und ausgeräumt worden ist; dabei kommt es auf die subjektive Beurteilung durch die Beteiligten im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses an (MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 24). Gegenseitiges Nachgeben im fraglichen Sinne ist weit zu verstehen und kann auch dann gegeben sein, wenn eine Seite in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis ihre Position zwar ohne Einschränkung durchsetzt, dafür aber eine Gegenleistung verspricht (MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 26).

21

(2) Nach den bisherigen Feststellungen ist offen, ob die Regelung über die „Rückübertragung“ der Entwicklerlizenz auf den Kläger einen Vergleich iSd. § 779 BGB darstellt. Es ist unklar, ob zwischen den Parteien des Vergleichs Streit über eine solche Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin bestand. Das Landesarbeitsgericht hat lediglich angenommen, die Lizenz sei „bis zum Abschluss des Vergleichs“ nicht Gegenstand der Auseinandersetzungen der damaligen Parteien gewesen. Soweit es ausgeführt hat, der Vergleich regle in Nr. 3 nur das, was „möglicherweise“ auch ohne ihn gegolten hätte, bewegt sich dies im Bereich der Spekulation. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteien einen möglichen Streit über die Verpflichtung zur „Rückübertragung“ der Lizenz im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt haben. Soweit der Kläger seinen vermeintlichen Anspruch ohne Einschränkung durchgesetzt haben sollte, ist nicht auszuschließen, dass er dafür an anderer Stelle - etwa mit Blick auf die Höhe der Abfindung für seine Einwilligung in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - nachgegeben hat.

22

(3) Gemäß § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach seinem Inhalt als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Der Irrtum der Parteien muss sich auf einen streitausschließenden Umstand beziehen (Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 73 aE). Demzufolge kommt eine Unwirksamkeit der Vereinbarung in Nr. 3 des Vergleichs in Betracht, falls der mögliche Streit über eine Rückübertragung der Lizenz nicht entstanden wäre, sofern die damaligen Parteien die wahre Situation betreffend die Möglichkeit einer „Rückübertragung“ der Lizenz gekannt hätten.

23

cc) Danach ist nicht ausgeschlossen, dass der Vergleich vom 15. Februar 2012 insgesamt unwirksam ist. Dies wäre gem. § 139 BGB der Fall, wenn nicht anzunehmen ist, dass die Parteien ihn auch ohne die Abrede über die Rückübertragung der Lizenz vereinbart hätten. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger an einer Teilleistung der Insolvenzschuldnerin kein Interesse habe, steht dem nicht entgegen. Sie bezieht sich auf die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB. Für diese gelten hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast andere Regeln (vgl. Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. B 148) als für die gesetzliche Vermutung des § 139 BGB(vgl. hierzu MüKoBGB/Busche 7. Aufl. § 139 Rn. 35).

24

3. Selbst wenn es ausschließlich auf den vom Kläger erklärten Rücktritt vom Vergleich ankäme, läge kein Fall vor, in welchem der Rücktritt die Vereinbarung über die Erledigung des Rechtsstreits als Prozesshandlung unberührt ließe, der Rechtsstreit also selbst dann beendet wäre und nicht mehr weitergeführt werden könnte, wenn sich der Rücktritt als gerechtfertigt erwiese (zu einer solchen Konstellation vgl. BGH 5. Februar 1986 - VIII ZR 72/85 - zu II 3 der Gründe; 10. März 1955 - II ZR 201/53 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 91; PG/Scheuch ZPO 5. Aufl. § 794 Rn. 28; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 15c; Musielak/Voit/Lackmann ZPO 12. Aufl. § 794 Rn. 24).

25

a) Es kann dahinstehen, ob nicht wegen des besonderen Beschleunigungsgrundsatzes (§§ 9, 61a ArbGG) im arbeitsgerichtlichen Verfahren generell, dh. auch bei einem ausschließlich auf ein gesetzliches Recht gestützten Rücktritt der ursprüngliche Prozess fortzusetzen ist (vgl. dazu BAG 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 4 c der Gründe, BAGE 40, 17).

26

b) Zumindest der wirksame Rücktritt von einem zur Erledigung eines Kündigungsrechtsstreits geschlossenen Vergleich führt dazu, dass auch dessen prozessbeendende Wirkung entfällt (vgl. Bauer NZA 2002, 169, 171; Schaub/Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 39; Reinfelder NZA 2013, 62, 67; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 106). Die Aufhebung des durch die einvernehmliche Prozessbeendigung bewirkten Eintritts der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG wäre anderenfalls nicht möglich.

27

II. Auf der Basis der bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, der Kündigungsschutzrechtsstreit sei durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 beendet. Es hat nicht geprüft, ob dem Vergleich deshalb keine prozessbeendende Wirkung zukommt, weil er nach § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB unwirksam ist. Dies ist, wie ausgeführt, nicht auszuschließen. Schon aus diesem Grund war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Den Parteien wird Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben sein (§ 139 Abs. 2 ZPO). Ob bei Vergleichsschluss Streit über eine Verpflichtung zur „Rückübertragung“ der Lizenz auf den Kläger bestand, ob dieser für diese Abrede an anderer Stelle nachgegeben hat, ob ggf. der Streit über eine solche Verpflichtung nicht entstanden wäre, wenn die Beteiligten die wahre Sachlage betreffend die Möglichkeit einer „Rückübertragung“ gekannt hätten, und ob diese dann den Vergleich auch ohne die betreffende Abrede geschlossen hätten, ist bislang nicht festgestellt.

28

III. Sollte das Landesarbeitsgericht nach neuer Verhandlung zu dem Ergebnis kommen, der Vergleich vom 15. Februar 2012 sei nach § 779 Abs. 1 iVm. § 139 BGB wirksam, wird es zu beachten haben, dass seine Würdigung, ein gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers nach § 326 Abs. 5 BGB oder § 323 Abs. 1 BGB sei gem. § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB ausgeschlossen, nicht ohne Rechtsfehler ist.

29

1. Unklar ist, ob das Landesarbeitsgericht angenommen hat, es habe sich bei dem Vergleich um einen gegenseitigen Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB gehandelt. Dafür spricht die Prüfung des gesetzlichen Rücktrittsrechts nach § 326 Abs. 5, § 323 BGB, dagegen spricht, dass es gemeint hat, in der Aufgabe des Arbeitsplatzes durch den Kläger liege keine Leistung iSd. § 241 Abs. 1 BGB. Träfe dies zu, wäre offen, weshalb ein gegenseitiger Vertrag vorgelegen haben sollte.

30

2. Bei richtiger Würdigung stellt der streitgegenständliche Prozessvergleich einen gegenseitigen Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB dar (so auch Bauer NZA 2002, 169, 171; Bauer/Haußmann BB 1996, 901; Besgen/Velten NZA-RR 2010, 561, 562; Schaub/Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 39; Reinfelder NZA 2013, 62, 63; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 105; Kittner/Zwanziger/Deinert-Zwanziger 8. Aufl. § 149 Rn. 34; aA v. Puttkamer BB 1996, 1440 f.).

31

a) Ein Prozessvergleich ist nicht schon deshalb ein gegenseitiger Vertrag iSd. §§ 320 ff. BGB, weil er auf gegenseitigem Nachgeben beruht (BAG 27. August 2014 - 4 AZR 999/12 - Rn. 23, BAGE 149, 60; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 26; Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 49; Palandt/Sprau 74. Aufl. § 779 BGB Rn. 2; Molitor Schuldrecht II 7. Aufl. S. 147; Kortstock in Nipperdey Lexikon Arbeitsrecht 26. Aufl. Rücktritt; v. Puttkamer BB 1996, 1440 f.; vgl. die Nachweise zur Gegenmeinung bei Schallow Der mangelhafte Prozeßvergleich S. 160). Die Aufgabe wechselseitiger „Prätentionen“ und Rechtsstandpunkte erzeugt noch keine Leistungspflichten und stellt selbst keine „Leistung“ im schuldrechtlichen Sinne dar. Sie beschreibt nur das Zustandekommen des Vergleichs (Bork Der Vergleich S. 151, 176). Entscheidend ist statt dessen der jeweilige Vergleichsinhalt. Zum gegenseitigen Vertrag wird ein Vergleich dann, wenn in ihm ein synallagmatischer Leistungsaustausch geregelt ist. Es müssen also entweder beiderseitige Leistungspflichten neu begründet werden (so Hofstetter BB 1963, 1459, 1460) oder es muss zumindest eine Partei durch den Vergleich eine Leistung unmittelbar erbringen, wofür sich die andere Partei zu einer Gegenleistung verpflichtet (vgl. Bork Der Vergleich S. 175).

32

b) Im Streitfall wurde durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 jedenfalls die (Gegen-)Leistungspflicht der späteren Insolvenzschuldnerin zur Zahlung einer Abfindung neu begründet.

33

c) Der Kläger hat seine (Gegen-)Leistung unmittelbar mit dem Abschluss des Vergleichs als solchem erbracht. Auch ein solches Zusammenfallen von Leistungsversprechen und Erfüllung genügt für die Annahme eines gegenseitigen Vertrags (BGH 12. Dezember 1991 - IX ZR 178/91 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 116, 319; LAG Baden-Württemberg 17. Juni 2011 - 12 Sa 1/10 - zu I 3 b der Gründe; Staudinger/Marburger 2015 § 779 BGB Rn. 51; MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 36; Palandt/Sprau 74. Aufl. § 779 BGB Rn. 11; Bork Der Vergleich S. 175; für eine analoge Anwendung der §§ 320 ff. BGB Medicus/Petersen Bürgerliches Recht 24. Aufl. Rn. 216 ff.). Leistung ist die Zuwendung eines wirklichen oder vermeintlichen Vorteils, der typischer-, wenn auch nicht notwendigerweise einen Vermögenswert hat (Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 241 BGB Rn. 4). Die geschuldete Leistung kann in einem Verhalten oder in der Herbeiführung eines Erfolgs liegen (MüKoBGB/Bachmann 6. Aufl. § 241 Rn. 18). Hier hat der Kläger der späteren Insolvenzschuldnerin dadurch einen Vorteil zugewendet, dass er sich mit ihr auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung und auf eine Beendigung des Rechtsstreits geeinigt hat. Darin liegt nicht nur die Aufgabe einer Rechtsposition - der reklamierten Unwirksamkeit der Kündigung -, sondern mit der Einwilligung in die Beendigung eines Kündigungsrechtsstreits zugleich eine weiterreichende materiell-rechtliche „Zuwendung“. Die Abrede führt - sofern nicht die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ausnahmsweise noch nicht abgelaufen ist - zum Eintritt der Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG. Dies wiederum ist für den Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einem Verzicht auf weitere Ansprüche, die aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultieren könnten. Unabhängig von der Frage, ob die Kündigung des Arbeitgebers objektiv rechtswirksam ist oder nicht, bewirkt das Einverständnis mit der Prozesserledigung, dass die Beendigungswirkung der Kündigung aus einem eigenständigen Grund - der gesetzlichen Fiktion des § 7 KSchG - Platz greift.

34

d) Die Einwilligung des Klägers in die Beendigung des Prozesses stand im Gegenseitigkeitsverhältnis jedenfalls mit der Verpflichtung der späteren Insolvenzschuldnerin zur Zahlung einer Abfindung. Der Arbeitgeber erklärt sich in Fällen wie diesen zur Zahlung einer gesetzlich nicht geschuldeten Abfindung typischerweise gerade und nur wegen der Beendigung des Rechtsstreits und der damit einhergehenden eigenständig begründeten Wirksamkeit der Kündigung bereit. Trotz ihrer Funktion als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. §§ 9, 10 KSchG) stellt die Abfindung deshalb (auch) eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar (BAG 25. Juni 1987 - 2 AZR 504/86 - zu II 4 c der Gründe). Diese Vorstellung liegt im Übrigen auch § 1a KSchG zugrunde, dem zufolge der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützten Kündigung Anspruch auf Zahlung einer Abfindung für den Fall hat, dass er die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG verstreichen lässt, nachdem ihm der Arbeitgeber eben dafür die Abfindung in Aussicht gestellt hatte.

35

3. Ein gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers nach § 326 Abs. 5 BGB setzt ferner voraus, dass auch die Verpflichtung zur Rückübertragung der Lizenz im Gegenseitigkeitsverhältnis stand(vgl. MüKoBGB/Ernst 7. Aufl. § 326 Rn. 7; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 326 BGB Rn. 2; Staudinger/Otto 2009 § 326 BGB Rn. C 4) und es der Arbeitgeberin iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich war, ihre Leistungspflicht zu erfüllen. Um beurteilen zu können, ob die Verpflichtung zur Rückübertragung der Lizenz im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, bedarf es einer Auslegung des Vergleichs gem. §§ 133, 157 BGB(vgl. Staudinger/Schwarze 2015 Vorbem. zu §§ 320 - 326 BGB Rn. 31). An ihr fehlt es bislang. Der Senat kann sie nicht selbst vornehmen. Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge - auch Prozessvergleiche - so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist zwar vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. nur BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 21; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 57 mwN). Die für die Auslegung des Prozessvergleichs maßgeblichen Umstände des Vergleichsschlusses sind bislang nicht festgestellt. Dies gilt ebenso für die Tatsachen, aufgrund derer der Arbeitgeberin die Erfüllung ihrer Leistungspflicht ggf. unmöglich war. Insofern bedarf überdies der Klärung, welchen Inhalt genau die Pflicht zur „Rückübertragung“ der Lizenz auf den Kläger nach dem Vergleich haben sollte.

36

4. Sollte die Verpflichtung der Arbeitgeberin nach Nr. 3 des Vergleichs nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis gestanden haben oder sollte ihr die Erfüllung nicht iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich gewesen sein, kommt ein Rücktrittsrecht des Klägers nach § 323 Abs. 1 BGB in Betracht. Die Arbeitgeberin hätte dann iSv. § 323 Abs. 1 BGB nicht geleistet. Für einen Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB ist es nicht erforderlich, dass eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Pflicht nicht erfüllt wurde(Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 1, 10; Bamberger/Roth/Grothe BGB 3. Aufl. Bd. 1 § 323 Rn. 4; NK-BGB Dauner-Lieb/Dubovitskaya BGB 2. Aufl. Bd. 2/1 § 323 Rn. 6; Jauernig/Stadler BGB 15. Aufl. § 323 Rn. 5a; Emmerich Das Recht der Leistungsstörungen § 19 II 8; vgl. auch BT-Drs. 14/6040 S. 183; aA MüKoBGB/Ernst 7. Aufl. § 323 Rn. 13; Canaris FS Kropholler S. 3, 5). Sofern nicht eine Fristsetzung durch den Kläger entbehrlich gewesen sein sollte, weil die Verweigerung der Leistung iSv. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB bereits ernsthaft und endgültig war, wären Feststellungen dazu zu treffen, ob der Kläger der Arbeitgeberin iSv. § 323 Abs. 1 BGB eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat.

37

5. Für einen vertraglichen Ausschluss des gesetzlichen Rücktrittsrechts gibt es keine Anhaltspunkte. Diese müssten sich unmittelbar aus den Vereinbarungen im Vergleich selbst ergeben (vgl. Schaub/Linck 16. Aufl. § 122 Rn. 37; Kittner/Zwanziger/Deinert-Zwanziger 8. Aufl. § 149 Rn. 34; Reinfelder NZA 2013, 62, 63; Sperber BB 2012, 1034, 1036; Besgen/Velten NZA-RR 2010, 561, 562; Bauer/Haußmann BB 1996, 901 f.; aA LAG Köln 5. Januar 1996 - 4 Sa 909/94 - zu 3 b der Gründe; APS/Rolfs 4. Aufl. AufhebVtr Rn. 105; ders. in Preis Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II A 100 Rn. 34, 71; offengelassen in BAG 10. November 2011 - 6 AZR 357/10 - Rn. 19, BAGE 139, 376). Daran fehlt es. Die Interessenlage in einem Kündigungsschutzprozess und die Möglichkeit, sich den Widerruf des Vergleichs vorzubehalten, rechtfertigen für sich genommen nicht die Annahme, die Parteien wollten auch ein gesetzliches Rücktrittsrecht ausschließen. Ein Interesse daran hätte typischerweise ausschließlich der Arbeitgeber, weil in der Regel nur er seine Gegenleistung noch nicht mit dem Vergleichsschluss erbracht hat. Kommt er - und sei es unverschuldet - den eingegangenen Verpflichtungen nicht nach, hat der Arbeitnehmer regelmäßig kein Interesse am Fortbestand des Vergleichs. Etwas anderes folgt nicht schon daraus, dass der Arbeitnehmer - wie hier - einen Auflösungsantrag gestellt hat. Selbst wenn er damit zu erkennen gegeben hat, dass er an einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung interessiert ist, hat er in den betreffenden Vergleich allein zu den darin vereinbarten Konditionen eingewilligt. Dafür, dass die Beteiligten im Streitfall zumindest dann ein etwaiges gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers vertraglich hätten ausschließen wollen, wenn nur die Verpflichtung der Arbeitgeberin aus Nr. 3 des Vergleichs nicht erfüllt würde, gibt es keine Anhaltspunkte.

38

6. Ein - mögliches - Recht des Klägers zum Rücktritt vom gesamten Vergleich wäre weder nach § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB noch nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

39

a) § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB findet keine Anwendung. Zwar hatte die Arbeitgeberin nur eine Teilleistung bewirkt. Es käme für die Zulässigkeit eines Rücktritts vom gesamten Vergleich aber nicht darauf an, ob der Kläger iSd. § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB ein Interesse an dieser Teilleistung hatte: Ist die Gegenleistung nicht ihrerseits teilbar, ist § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB nicht anwendbar, erstreckt sich das Rücktrittsrecht vielmehr ohne Weiteres auf den gesamten Vertrag(BGH 16. Oktober 2009 - V ZR 203/08 - Rn. 17; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 25). Das mit dem Teilrücktritt angestrebte Ergebnis einer Beschränkung „des Vertrags“ auf den durchgeführten Teil lässt sich nicht erreichen, wenn nicht auch die Gegenleistung teilbar ist. Der Gläubiger kann seine - unteilbare - Leistung nicht auf einen Teil beschränken, der der Teilleistung des Schuldners entspricht (BGH 16. Oktober 2009 - V ZR 203/08 - aaO). So liegt der Fall hier. Die (Gegen-)Leistung des Klägers - die Einwilligung in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - ist unteilbar. Der Vergleich lässt sich daher nicht nur teilweise rückabwickeln.

40

b) Auch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB stünde einem Rücktritt des Klägers vom gesamten Vergleich nicht entgegen.

41

aa) Nach dieser Vorschrift kann der Gläubiger bei einer nicht vertragsgemäßen Leistung dann nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung „unerheblich“ ist. Die Vorschrift bezieht sich auf den in § 323 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB geregelten Fall der Schlechtleistung (Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. A 22). Die Nichterfüllung einer einzelnen von mehreren Leistungsverpflichtungen ist dagegen eine Teilleistung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB und nicht eine Schlechtleistung im Sinne von § 323 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (zur Abgrenzung von Teil- und Schlechtleistung: Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. B 138, Rn. C 6 f.). Im Streitfall ginge es demnach um eine Teil-, nicht um eine Schlechtleistung.

42

bb) Auch eine entsprechende Anwendung von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB schiede aus.

43

(1) Eine analoge Anwendung der Bestimmung wird für möglich gehalten, wenn eine nur unwesentliche Teilleistung unterblieben ist, die eine Rückabwicklung des Vertrags nicht „gebietet“ (Soergel/Gsell 13. Aufl. § 323 BGB Rn. 192; Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 32; beschränkt auf die Nichterfüllung einer von mehreren Nebenleistungspflichten: Dauner-Lieb/Dubovitskaya 2. Aufl. Band 2/1 § 323 BGB Rn. 8; Bamberger/Roth/Grothe 2. Aufl. Band 1 § 323 BGB Rn. 4, 40; Jauernig/Stadler 15. Aufl. § 323 BGB Rn. 5a; aA MüKoBGB/Ernst 6. Aufl. § 323 Rn. 226, 240). Die gesetzlichen Gründe für einen Ausschluss des Rücktritts wegen einer nur unerheblichen Schlechtleistung nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB gälten auch für diesen Fall. Maßgeblich sei, ob das bei Schlecht- und Teilleistungen anzunehmende Rückabwicklungsinteresse des Gläubigers als so gering zu bewerten sei, dass dem Interesse am Bestand des Vertrags der Vorrang eingeräumt werden müsse. Letztlich sei § 323 Abs. 5 BGB eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben(§ 242 BGB). Die Bestimmung solle eine unverhältnismäßige Reaktion - den Rücktritt von dem gesamten Vertrag - bei einer nur unerheblichen Pflichtverletzung verhindern.

44

(2) Es bedarf keiner Entscheidung, ob dem zu folgen ist. Im Streitfall fehlen Umstände, aufgrund derer die unterbliebene Teilleistung als so gering anzusehen wäre, dass das wegen der Unteilbarkeit der Gegenleistung grundsätzlich gegebene Interesse des Klägers am Rücktritt vom gesamten Vertrag hintanzutreten hätte. Im Gegenteil hat der Kläger geltend gemacht, der Wert, den die Lizenz für ihn bedeute, liege jedenfalls nicht unter dem der vereinbarten Abfindung.

45

7. Ein mögliches Rücktrittsrecht des Klägers wäre nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass er seinen Anspruch zunächst im Wege der Zwangsvollstreckung oder gar durch eine entsprechende Leistungsklage zu realisieren versucht hat. Ein auf Vertrag gestütztes Leistungsverlangen des Gläubigers ist regelmäßig nicht zugleich als einseitiger Verzicht auf das gesetzliche Rücktrittsrecht zu verstehen und lässt dieses unberührt (Staudinger/Schwarze 2015 § 323 BGB Rn. D 7, F 9; vgl. auch Palandt/Grüneberg 74. Aufl. § 323 BGB Rn. 33).

46

IV. Sollte das Landesarbeitsgerichts zu dem Ergebnis kommen, die prozessbeendende Wirkung des Vergleichs vom 15. Februar 2012 sei entfallen, wird es die Zulässigkeit und Begründetheit der Sachanträge zu 2. und 3. zu prüfen haben.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock     

                 

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.