Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Feb. 2012 - 6 Sa 546/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:0210.6SA546.11.0A
10.02.2012

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 18.08.2011 - 5 Ca 295/11 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

In dem in die Berufungsinstanz gelangten Rechtsstreit geht es um die Frage, ob eine Verpflichtung des in Anspruch genommenen Arbeitgebers zum Schadenersatz wegen vertragswidrigen Verhaltens besteht.

2

Der Kläger war seit 02. Juni 2006 bei der Beklagten als Dachdecker beschäftigt. Die Beklagte war mit den Vergütungen für den Monat Januar und Februar 2011 in Verzug geraten. Am 18. März 2011 zahlte sie auf die Januarvergütung einen Teilbetrag von 500,-- €. Der Kläger ließ der Beklagten über seinen Prozessbevollmächtigten unter dem 18. März 2011 ein Schreiben mit folgendem Inhalt zukommen:

3

Sie befinden sich derzeit mit der Zahlung der Löhne für die Monate Januar 2011 und Februar 2011 in Zahlungsverzug. Für den Monat Februar 2011 liegt bislang noch keine Lohnabrechnung vor.

4

Namen unseres Mandanten haben wir Sie aufzufordern, den sich aus der Abrechnung Januar 2011 ergebenden Auszahlungsbetrag in Höhe von 1.331,10 € bis nunmehr spätestens zum 23.03.2011 auf das Ihnen bekannte Konto unseres Mandanten zu überweisen.

5

Es ergeht die weitere Aufforderung bis ebenfalls zum 23.03.2011 zu unseren Händen die Lohnabrechnung Februar 2011 zu übersenden sowie die sich aus dieser Abrechnung ergebende Nettovergütung bis spätestens zum 30.03.2011 an Herrn N zu überweisen.

6

Sollte innerhalb der gesetzten Fristen eine entsprechende Zahlung nicht erfolgen, werden wir ohne weitere Vorankündigung eine entsprechende Forderungsklage beim Arbeitsgericht einreichen. Des weiteren behält sich bei Nichtzahlung der Vergütung für die beiden Monate innerhalb der oben genannten Fristen Herr N vor, dann das Arbeitsverhältnis, gegebenenfalls fristlos zu kündigen, was selbstverständlich dann entsprechende Schadenersatzansprüche unseres Mandanten auslösen wird.

7

Nachdem die vollständige Lohnzahlung für Januar 2011 weder bis zum 23. März 2011 erfolgte noch eine Lohnabrechnung für Februar 2011 kündigte der Kläger mit Anwaltschreiben vom 24. März 2011 das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2011.

8

Entsprechend einem gerichtlichen Vergleich im Verfahren 5 Ca 238/11 zahlte die Beklagte die offenen Vergütungen zum 30. April 2011.

9

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,
ihm stünde wegen Auflösungsverschuldens der Beklagten ein entsprechender Schadenersatzanspruch zu. Dieser beliefe sich in Höhe von zwei Dritteln der sich aus § 1 a KSchG analog ergebenden Abfindung, da das Kündigungsschutzgesetz Anwendung fände.

10

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

11

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.306,-- € brutto zu zahlen.

12

Die Beklagte hat erstinstanzlich

13

Klageabweisung

14

beantragt und erwidert, es läge keine ordnungsgemäße Abmahnung vor. Zum Zeitpunkt des Abmahnungsschreibens vom 18. März 2011 seien bereits 500,-- € auf die Januarvergütung gezahlt gewesen. Die Kündigung des Klägers sei verfrüht erfolgt. Die gesetzte Frist zur Zahlung der Februarvergütung sei im Anwaltsschreiben auf den 30. März 2011 festgesetzt worden und damit zu einem späteren Zeitpunkt als die Kündigung erfolgt.

15

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat durch Urteil vom 18. August 2011 - 5 Ca 295/11 - die Schadenersatzklage abgewiesen.

16

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe vor der in seiner Abmahnung vom 18. März 2011 gesetzten Frist bezüglich der Zahlung des Februargehaltes gekündigt. Eine Kündigung sei nach dem Inhalt des Abmahnschreibens nur für den Fall angeboten, dass alle Fristen nicht eingehalten würden. Es widerspreche auch dem Grundsatz von Treu und Glauben und stelle ein "venire contra factum proprium" dar, wenn in einem Abmahnungsschreiben eine fristlose Kündigung nur für den Fall angedroht werde, dass ein Schuldner die begehrte Handlung nicht innerhalb der gesetzten Frist erfülle und man trotzdem bereits vor Ablauf der Fristen die fristlose Kündigung erkläre und Schadensersatzansprüche geltend mache.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des vorbezeichneten Urteils (Seite 4 - 7 = Bl. 41 - 44 d. A.) Bezug genommen.

18

Gegen das dem Kläger am 31. August 2011 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 26. September 2011 eingelegte und am 28. Oktober 2011 begründete Berufung des Klägers.

19

Diese bringt zweitinstanzlich insbesondere vor,
das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die Zahlungsfrist betreffend die Vergütung Januar 2011 nicht eingehalten gewesen sei und darüber hinaus im Hinblick auf eine drohende Insolvenz Ende März 2011 der hierfür maßgebliche 3-monatige Insolvenzgeldzeitraum erfüllt gewesen sei, habe die Kündigung aufgrund des massiv vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten fristlos zum 31. März 2011 erfolgen müssen. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz habe in seiner Entscheidung vom 21. April 2009 - 3 Sa 701/08 - zutreffend ausgeführt, dass im Falle eines solchen vertragswidrigen Verhaltens eines Arbeitgebers in analoger Anwendung der §§ 9, 10 KSchG ein Abfindungsanspruch in Höhe von zwei Dritteln der Faustformel zustünde.

20

Der Kläger hat demgemäß zweitinstanzlich beantragt,

21

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 18. August 2011 - 5 Ca 295/11 - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.306,-- € brutto zu zahlen.

22

Die Beklagte hat

23

Zurückweisung

24

der Berufung beantragt und erwidert, der Kläger müsse sich an seiner eigenen Erklärung festhalten lassen. Er habe im Hinblick auf die bereits am 25. Februar 2011 erfolgte Teilzahlung von 500,-- € auf den Januarlohn eine überhöhte Forderung gestellt. Deshalb sei die Abmahnung unwirksam. Eine drohende Insolvenz habe es nicht gegeben. Auch fände das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Der weitere Vortrag des Klägers sei zu bestreiten.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 28. Oktober 2011 (Bl. 60 - 63 d. A.) und hinsichtlich der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 16. Dezember 2011 (Bl. 77 - 80 d. A.) Bezug genommen.

26

Zugleich wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 10. Februar 2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

27

Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft.

28

Die Berufung ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, sowie begründet worden und damit insgesamt zulässig.

II.

29

Das Arbeitsgericht ist dem angefochtenen Judikat am 18. August 2011 - 5 Ca 295/11 - zu Recht zur Auffassung gelangt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Schadenersatz wegen Auflösungsverschuldens der Beklagten zusteht.

30

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht hier unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer wiederholenden Darstellung ab.

III.

31

Wegen der Angriffe der Berufung besteht Veranlassung zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

32

1. Soweit die Berufung meint, eine wirksame Abmahnung der Beklagten läge vor, weil diese die Zahlungsfrist betreffend die Vergütungszahlung für Januar 2011 nicht eingehalten habe, kann dem teils aus den vom Arbeitsgericht bereits festgestellten Gründen, teils auch aus inhaltlichen Gründen nicht gefolgt werden. Die von der Rechtsprechung zur Auslösung des Schadenersatzanspruchs wegen Auflösungsverschuldens erforderliche (vgl. BAG Urteil vom 26.07.2001 - 8 AZR 739/00 - m. w. N.) und vorliegend mit Schreiben vom 18. März 2011 erteilte Abmahnung des Klägers konnte im vorliegenden Fall auch deshalb keine Rechtswirksamkeit entfalten, da sie bezogen auf den Auszahlungsbetrag für Januar 2011 einen Auszahlungsbetrag von 1.331,10 € fordert und nicht berücksichtigt, dass der Kläger am 25. Februar 2011 auf den Januarlohn eine Teilzahlung von 500,-- € erhalten hat. Insoweit mangelt es an der Eindeutigkeit der in der Abmahnung enthaltenen Aufforderung zur Leistung (vgl. zur Mahnung: Palandt, BGB, 70 Aufl., § 286 Rz. 17).

33

2. Vielfache mündliche Zahlungsaufforderungen - so die weiteren Angriffe der Berufung - sind ebenso wie die Behauptung einer drohenden Insolvenz - unabhängig vom Bestreiten der Beklagten - ohne die zivilprozessual notwendige Substanz geblieben.

34

3. Auf die von der Berufung weiter thematisierte Anzahl der Beschäftigten der Beklagten im Zusammenhang mit den von der Rechtsprechung anerkannten Erweiterungen zur Höhe eines Auflösungsschadens bei Eingreifen des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz (vgl. BAG Urteil vom 26.07.2001 - 8 AZR 739/00 - = EzA § 628 BGB Nr. 19; dem folgend: LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 21.04.2009 - 3 Sa 701/08) kommt es wegen der aufgezeigten Unwirksamkeit der Abmahnung nicht mehr entscheidend an.

VI.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

V.

36

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann nach näherer Maßgabe des § 72 a ArbGG unter den dort genannten Voraussetzungen selbständig bei dem Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuss-Platz 1, 99084 Erfurt oder Bundesarbeitsgericht Postfach 99113, Erfurt Telefax-Nr: 0361/2636-2000 durch Beschwerde angefochten werden.

37

Hierauf werden die Parteien hingewiesen.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 10 Höhe der Abfindung


(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 628 Teilvergütung und Schadensersatz bei fristloser Kündigung


(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswi

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bei uns veröffentlicht am 21.04.2009

I. Unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 15.10.2008 - 4 Ca 42/08 - teilweise abgeändert, - nämlich in der Kostenen

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(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.

(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

I. Unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 15.10.2008 - 4 Ca 42/08 - teilweise abgeändert, - nämlich in der Kostenentscheidung und in der Ziffer 2. des Urteilstenors - 4 Ca 42/08 -, der insoweit wie folgt neu gefasst wird:

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 6.350,00 € brutto (Abfindung) zu zahlen.

II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 7/10 und die Klägerin zu 3/10 zu tragen.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 10.122,97 € festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die am 10.12.1966 geborene Klägerin ist in der Zeit vom 09.04.1997 bis zum 12.11.2007 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt gewesen.

2

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der außerordentlich-fristlos erklärten Eigenkündigung der Klägerin vom 12.11.2007, die der Beklagten an diesem Tag (12.11.2007) zugegangen ist (s. Bl. 17 d.A.). Die Beklagte beschäftigte in ihrem Betrieb im Zeitraum Oktober/November 2007 regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer (ca. 30 Arbeitnehmer).

3

Vor dem 12.11.2007 belief sich das monatliche Bruttogehalt der Klägerin bei der Beklagten auf 1.800,00 EUR (dies entsprach zuletzt ungefähr einem monatlichen Nettogehalt in Höhe von ca. 1.197,00 EUR).

4

Die Gehaltszahlungen waren spätestens am Ersten des Folgemonats fällig. Tatsächlich erfolgten die Nettogehalts-Zahlungen wie folgt (angegeben sind die Daten der jeweiligen Wertstellung):

5
- für Januar 2007:  
am 05.03.2007 600,00 EUR
am 07.03.2007 599,27 EUR
 
- Februar 2007:
am 20.03.2007 600,00 EUR
am 30.03.2007 100,00 EUR
am 02.04.2007 449,27 EUR
 
- März 2007:
am 11.04.2007 600,00 EUR
am 17.04.2007 599,27 EUR
 
- April 2007:
am 07.05.2007 600,00 EUR
am 18.05.2007 599,57 EUR
 
- Mai 2007:
am 18.06.2007 599,27 EUR
am 18.06.2007 600,00 EUR
 
- Juni 2007:
am 16.07.2007 600,00 EUR
am 19.07.2007 599,27 EUR
- Juli 2007:
am 31.07.2007 600,00 EUR
am 07.08.2007 596,57 EUR
 
- August 2007:
am 17.09.2007 600,00 EUR
am 11.10.2007 596,57 EUR
 
- September 2007:
am 12.10.2007 1.196,57 EUR.
6

Mit dem Schreiben vom 20.09.2007, der Beklagten am 24.09.2007 zugegangen (vgl. Bl. 16 d.A.), erteilte die Klägerin der Beklagten eine Abmahnung. Dort heißt es u.a.:

7

"… Die verspätete Auszahlung der Arbeitsvergütung stellt eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch Sie als den Arbeitgeber dar. Ich bitte Sie, künftig die Arbeitsvergütung wie gesetzlich vorgesehen jeweils pünktlich am Ersten des auf den Abrechnungsmonat folgenden Tags zu entrichten. Sofern Sie weiterhin gegen Ihre Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag verstoßen sollten und auch künftig die Vergütung nicht fristgerecht gezahlt wird, muss ich arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung meines Beschäftigungsverhältnisses in Erwägung ziehen".

8

Nachdem der Beklagten die außerordentlich-fristlose Eigenkündigung der Klägerin vom 12.11.2007 zugegangen war, überwies die Beklagte der Klägerin am 21.11.2007 das Nettogehalt für Oktober 2007.

9

Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse beansprucht die Klägerin von der Beklagten als Schadensersatz gemäß § 628 Abs. 2 BGB:

10

1. Den Ersatz des Vergütungsausfalls der Klägerin in der Zeit vom 12.12.2007 bis zum 31.12.2007: EUR 1.080,00 brutto (abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes)

11

sowie

12

2. eine angemessene Abfindung für den Verlust ihres Arbeitsplatzes entsprechend den §§ 9 und 10 KSchG: EUR 9.525,00 brutto.

13

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 15.10.2008 - 4 Ca 42/08 - (dort S. 2 ff. = Bl. 60 ff. d.A.). Unter Abweisung der Klage im übrigen hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.080,00 EUR brutto abzüglich 482,03 EUR netto zu zahlen.

14

Gegen das der Klägerin am 06.11.2008 und der Beklagten am 07.11.2008 zugestellte Urteil vom 15.10.2008 - 4 Ca 42/08 - hat die Klägerin am 25.11.2008 Berufung eingelegt und diese am 06.01.2009 mit dem Schriftsatz vom 06.01.2009 begründet. Die Berufungsbegründung der Klägerin ist der Beklagten am 08.01.2009 zugestellt worden. Die Beklagte hat gegen das vorbezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts am 09.02.2009 (Montag) mit dem Schriftsatz vom 09.02.2009 Anschlussberufung eingelegt und die Anschlussberufung gleichzeitig begründet.

15

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung der Klägerin wird auf deren Schriftsatz vom 06.01.2009 (Bl. 80 ff. d.A.) verwiesen.

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Zur Berufungsbegründung macht die Klägerin insbesondere geltend, dass das vom Arbeitsgericht zitierte Urteil des LAG Hamm vom 12.06.1984 spätestens seit der Entscheidung des BAG vom 26.07.2001 - 8 AZR 739/00 - überholt sei. Das Arbeitsgericht setze sich (auch) mit der von ihm vertretenen Rechtsauffassung in diametralen Widerspruch zur Entscheidung des BAG vom 26.07.2007 - 8 AZR 796/06 -.

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Weiter führt die Klägerin dazu aus, dass es ihr aus mehreren Gründen gänzlich unzumutbar gewesen sei, nach Ausspruch der Abmahnung und nach erneuter Vertragsverletzung durch die Beklagte das Arbeitsverhältnis fortzusetzen (s. dazu insbesondere S. 4 f. der Berufungsbegründung = Bl. 83 f. d.A.). Die Anschlussberufung der Beklagten beantwortet die Klägerin mit dem Schriftsatz vom 12.09.2009 (Bl. 106 f. d.A.), worauf verwiesen wird.

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Die Klägerin beantragt,

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1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 15.10.2008 dahingehend abzuändern, dass die Beklagte unter Aufrechterhaltung der Verurteilung zur Zahlung von 1.080,00 EUR brutto abzüglich 482,03 EUR netto verurteilt wird, an die Klägerin weitere 9525,00 EUR brutto zu zahlen, und

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2. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

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Die Beklagte beantragt,

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1. die Berufung zurückzuweisen, und

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2. im Wege der Anschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 15.10.2008 - 4 Ca 42/08 - die Klage vollumfänglich abzuweisen.

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Die Beklagte begründet im Schriftsatz vom 09.02.2009 ihre Anschlussberufung und beantwortet dort gleichzeitig die Berufung der Klägerin. Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 09.02.2009 (Bl. 97 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

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Die Beklagte vertritt dort insbesondere die Auffassung, dass ein fristloser Kündigungsgrund der Klägerin nicht vorgelegen habe. Die Beklagte meint, dass es erforderlich gewesen wäre, dass vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin mindestens eine weitere Abmahnung hätte ausgesprochen werden müssen. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sich die Abmahnung vom 20.09.2007 lediglich auf einen geringfügigen Zahlungsverzug der restlichen Vergütung für August 2007 bezogen habe. Hinsichtlich der Oktobervergütung (2007) sei sie, die Beklagte, im November 2007 lediglich mit wenigen Tagen in Zahlungsverzug gewesen. Nachdem mithin - so macht die Beklagte geltend - ein fristloser Kündigungsgrund nicht vorgelegen habe, würden damit auch erst recht nicht die Voraussetzungen für einen begründeten Auflösungsantrag gemäß den §§ 9, 10 und 13 KSchG vorliegen.

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Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Anschlussberufung der Beklagten sind an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung der Klägerin erweist sich auch als begründet. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist dagegen unbegründet.

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II. Die Klage ist mit den beiden Zahlungsanträgen, die in das Berufungsverfahren gelangt sind, weitgehend begründet. Dies ergibt sich aus den §§ 626 Abs. 1 und 628 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den §§ 9 und 10 KSchG analog und den einschlägigen Rechtsgrundsätzen, die sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergeben.

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1. Die Beklagte ist der Klägerin zum Ersatz des durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ("Aufhebung des Dienstverhältnisses" im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB) entstandenen Schadens deswegen verpflichtet, weil die außerordentlich-fristlose Eigenkündigung der Klägerin durch vertragswidriges Verhalten der Beklagten veranlasst wurde.

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a) Die Eigenkündigung der Klägerin vom 12.11.2007 war rechtswirksam, weil damals Tatsachen vorlagen, aufgrund derer der Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden konnte (§ 626 Abs. 1 BGB). Ein Lohnrückstand, wie er hier jeweils aufgetreten ist, kann an sich geeignet sein, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dies ist anerkanntes Recht und gilt jedenfalls dann, wenn der Lohnrückstand eine nicht unerhebliche Höhe erreicht oder der Verzug des Arbeitgebers mit der Lohnzahlung sich über einen längeren Zeitraum hinweg erstreckt und der Arbeitnehmer diesen Fehler abgemahnt hat. Entsprechendes kann gelten, wenn der Arbeitgeber wiederholt in Zahlungsverzug gerät.

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aa) Wie sich aus der diesbezüglichen Darstellung im unstreitigen Teil des Tatbestandes ergibt, befand sich die Beklagte z. Zt. des Kündigungsausspruchs (d.h. am 12.11.2007) in nicht unerheblicher Höhe in Lohnrückstand, - damals stand das Gehalt der Klägerin für Oktober 2007 noch in voller Höhe zur Zahlung offen. Auch ist die Beklagte während eines längeren Zeitraumes zuvor immer wieder mit den Gehaltszahlungen in Verzug geraten. Darüber, dass die Gehaltszahlungen für die Klägerin entsprechend der allgemeinen Vorschrift des § 614 BGB mit Ablauf des jeweiligen Monats bzw. am Ersten des Folgemonats fällig waren, haben die Parteien zu recht nicht gestritten. Die Zahlung der Vergütung stellt gemäß § 611 Abs. 1 BGB die Hauptpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis dar. Zwar ist der Arbeitnehmer in Bezug auf die von ihm geschuldeten Arbeitsleistungen vorleistungspflichtig, - wohingegen den Arbeitgeber in Bezug auf die Vergütungspflicht eine Vorleistungspflicht nicht trifft. Umso mehr ist vom Arbeitgeber aber zu erwarten, dass er der gemäß den §§ 611 Abs. 1 und 614 BGB zu erfüllenden Vergütungspflicht zu den jeweiligen Fälligkeits-Terminen pünktlich nachkommt. Diese Pflicht hat die Beklagte wiederholt und insoweit gewissermaßen "beharrlich" verletzt. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Eigenkündigung war die Beklagte mit der Zahlung des vollen Nettogehaltes für Oktober 2007 deutlich mehr als eine Woche in Verzug. Dies machte - in Verbindung mit den früheren, wiederholt aufgetretenen Zahlungsverzögerungen - der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. Aufgrund der eindeutig und unmissverständlich formulierten Abmahnung vom 20.09.2007 war die Beklagte hinreichend gewarnt. Im ersten Absatz, dort zweiter Satz ("Ungeachtet Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung …"), beanstandet die Klägerin hinreichend deutlich, dass ihr (in der Vergangenheit) die ihr zustehende Arbeitsvergütung nicht pünktlich gezahlt worden ist. Zwar wird in der Abmahnung vom 20.09.2007 besonders beanstandet, dass auf die Arbeitsvergütung für August 2007 bis zum 20.09.2007 lediglich 600,00 EUR (am 17.09.2007) gezahlt worden seien und die Restsumme "bis heute noch offen" sei. Diese besondere Hervorhebung des noch offenstehenden Restgehalts für August 2007 bedeutet aber keineswegs, dass die Klägerin mit der Abmahnung vom 20.09.2007 die zuvor aufgetretenen Zahlungsverzögerungen nicht beanstanden wollte. Die Auslegung der Abmahnung gemäß den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133 und 157 BGB entsprechend ergibt vielmehr, dass mit der Abmahnung (gerade) auch Zahlungsverzögerungen in den Vormonaten beanstandet werden sollten.

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bb) (Auch) für die Beklagte gilt, dass einmal geschlossene Verträge unter Beachtung des geltenden Rechts (hier: §§ 611 und 614 BGB) einzuhalten sind. Es ist allgemein anerkannt, dass Geldmangel den Schuldner nicht entlastet. Aus diesem Grunde kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die - von ihr in den Schriftsätzen vom 13.05.2008 und vom 09.02.2009 erwähnten - "Finanzprobleme" und "zeitweisen Liquiditätsprobleme" berufen.

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Der erneute Zahlungsverzug der Beklagten bezüglich der Arbeitsvergütung für Oktober 2007 wiegt auch nach durchgeführter Abwägung der beiderseitigen Interessen derart schwer, dass er einen wichtigen Grund und eine Unzumutbarkeit im Sinne des § 626 BGB für die Klägerin darstellte.

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b) Die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB hat die Klägerin - wie sich aus dem unstreitigen Geschehensablauf ergibt - (ebenfalls) eingehalten.

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2. a) Soweit es um den Schadensumfang geht, ist zu beachten, dass der Schutzzweck des § 628 Abs. 2 BGB auf die Gewährleistung des Erfüllungsinteresses für die Zeit bis zur ordentlichen und damit ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. Der Kündigende soll so gestellt werden, als wäre das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß fortgeführt und durch ordentliche Kündigung beendet worden. Daraus ergibt sich - wie insoweit auch vom Arbeitsgericht erkannt - die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die Vergütung für die Zeit vom 12.12.2007 bis zum 31.12.2007 zu zahlen.

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b) Darüber hinaus steht der Klägerin - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - Schadensersatz auch in Form des geltend gemachten Abfindungsanspruches zu. Dabei ist die Abfindung auf den Betrag von 6.350,00 EUR zu begrenzen. Das weitergehende Abfindungsbegehren der Klägerin unterliegt der Klageabweisung. Die Zubilligung einer Abfindung ist deswegen gerechtfertigt, weil sich der Arbeitnehmer, der - wie hier die Klägerin - aus vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen das Arbeitsverhältnis löst, sich in die gleiche Lage wie der Arbeitnehmer begibt, der nach Ausspruch einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers im deswegen geführten Kündigungsschutzprozess einen Auflösungsantrag gemäß den §§ 9 und 13 Abs. 1 S. 3 KSchG stellt und durch Gestaltungsrecht eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen unzumutbarer Fortsetzung desselben erreicht. Die Klägerin hat hier - veranlasst durch das vertragswidrige Verhalten der Beklagten - auf den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz verzichtet. Dieser Bestandsschutz stand der Klägerin im Hinblick auf die Betriebsgröße der Beklagten (bzw. die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer; vgl. § 23 Abs. 1 KSchG) unstreitig zu. Die Klägerin trifft hier neben der für die Dauer der Kündigungsfrist (teilweise) entfallenen Vergütung ein weiterer wirtschaftlicher Verlust, für den sie einen angemessenen Ausgleich verlangen kann. Für die Bemessung dieses Ausgleiches ist auf die Abfindungsregelungen der §§ 9, 10 und 13 KSchG (analog) abzustellen. Die Lage des wegen schuldhafter Vertragspflichtverletzung des Arbeitgebers selbst kündigenden Arbeitnehmers ist mit derjenigen des unberechtigt gekündigten Arbeitnehmers vergleichbar, der einen Auflösungsantrag nach § 9 oder § 13 KSchG gestellt hat. Dabei bestimmt das Gesetz in den §§ 9, 10 und 13 KSchG den Wert des Bestandsschutzes, wenn das Festhalten am Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Diese gesetzliche Wertung rechtfertigt es, den Verlust des Bestandsschutzes als normative Schadensposition anzuerkennen, - wobei es für die Feststellung des Schadens nicht darauf ankommt, ob unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände eine Abfindung gezahlt worden wäre, sondern es kommt darauf an, ob der Arbeitnehmer - wie hier die Klägerin - in einem durch das Kündigungsschutzgesetz bestandsgeschützten Arbeitsverhältnis gestanden hat. Unter Berücksichtigung aller wertrelevanten Umstände des vorliegenden Falles, - dazu gehört auch der Umstand, dass die Klägerin alsbald ein neues Arbeitsverhältnis begründen konnte, in dessen Rahmen sie sich vergütungsmäßig nicht verschlechtert hat -, ist es hier einerseits erforderlich andererseits aber auch ausreichend, den Schadensersatz für den entgangenen Bestandsschutz in Höhe von ca. 2/3 des Abfindungsbetrages zu bemessen, der der Klägerin bei Anwendung der sogenannten "Faustformel" gemäß den §§ 9 und 10 KSchG zugestanden hätte (2/3 von 9.325,00 EUR = 6.350,00 EUR; vgl. zu dieser Faustformel: Schaub/Linck 12. Auflage Arbeitsrechts-Handbuch § 141 Rz 47 S. 1507). Nach dieser Faustformel hätte sich für die Klägerin im Hinblick auf die unstreitig bereits seit dem 09.04.1997 bestehende Betriebszugehörigkeit und bei dem (ebenfalls unstreitigen) Monatsgehalt von 1.800,00 EUR brutto an sich eine Abfindung i.H.v. 9.525,00 EUR ergeben.

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3. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich die Unbegründetheit der Anschlussberufung.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO.

39

Der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

40

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst.

41

Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann nach näherer Maßgabe des § 72a ArbGG und unter den dort genannten Voraussetzungen selbständig bei dem Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt oder Bundesarbeitsgericht, Postfach, 99113 Erfurt, Telefaxnummer: 0361/26 36 - 2000 durch Beschwerde angefochten werden.

42

Darauf werden die Parteien hingewiesen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.