Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 25. Mai 2009 - 5 Sa 99/09

Gericht
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2009 - 4 Ca 1869/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber jedenfalls auf Antrag des Arbeitgebers aufzulösen ist.
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Der 1959 geborene Kläger ist seit 1987 bei der Beklagten tätig, zuletzt als Funktionsleiter innerhalb der Abteilung Umweltschutz, Sicherheit und Infrastruktur A-Stadt - Gebäude- und Infrastruktureinrichtungen - Grundstücks- und Landschaftspflege.
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Mit Schreiben vom 30.09.2008 hat die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Hintergrund ist zum einen der Vorwurf, dass der Kläger auf völlig inakzeptable Weise Mitarbeiterinnen gegenüber sexuelle Anspielungen und Anzüglichkeiten mit sexuellem Inhalt gemacht habe, zum anderen, dass der Kläger eine Mitarbeiterin "überredet" habe, einen Unfallzeitpunkt in der Unfallmeldung an die Berufsgenossenschaft in die Frühstückspause zu verlegen, weil es dann kein Arbeitsunfall sei und schließlich Stunden, die an Sonn- und Feiertagen angefallen seien, auf Samstag oder Montag in der Zeiterfassung einzutragen. Des Weiteren habe der Kläger einen Mitarbeiter seiner Abteilung angewiesen, aus Gründen der Kostenersparnis im Rahmen eines Teamausfluges in einem Hotel anstelle von Einzelzimmern Doppelzimmer für die Mitarbeiter zu buchen. Dabei sei ein Doppelzimmer von diesem Mitarbeiter und einem Auszubildenden gebucht worden, obwohl der Mitarbeiter nach eigenen Angaben homosexuell sei.
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Der Kläger hat vorgetragen,
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die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien zum einen nicht hinreichend konkret dargelegt, zum anderen inhaltlich nicht zutreffend. Sie seien vielmehr aufgrund einer gegen ihn gerichteten "Verschwörung" zustande gekommen.
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Der Kläger hat beantragt,
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung vom 30.09.2008 weder mit Zugang am 30.09.2008 aufgelöst wurde noch mit Ablauf des 30.09.2009 aufgelöst werden wird.
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Die Beklagte hat beantragt,
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1. die Klage abzuweisen,
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2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis aufzulösen und die Beklagte zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber gemäß §§ 9, 10 Abs. 1 KSchG einen Betrag in Höhe von 69.432,00 Euro nicht überschreiten darf.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Auflösungsantrag zurückzuweisen.
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Die Beklagte hat vorgetragen,
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entgegen der Darstellung des Klägers halte sie die Schilderungen ihrer Mitarbeiterin für glaubhaft und die darin zum Ausdruck kommenden schwerwiegenden sexuellen Belästigungen bzw. verbalen sexuellen Übergriffe gegenüber den Mitarbeiterinnen für ausreichend, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Hinsichtlich der von der Beklagten insoweit vorgetragenen Vorfälle wird auf Seite 2 bis 4 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 254 - 256 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
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Angesichts der Schwere der von ihr angenommenen Pflichtverletzungen sei eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen, weil dem Kläger die Rechtswidrigkeit seines Handelns ohne weiteres habe erkennbar sein müssen. Die Hinnahme seines Verhaltens durch die Beklagte sei offensichtlich ausgeschlossen. Mit seinen Schriftsätzen bringe der Kläger zum Ausdruck, dass die Beklagte lüge, Gesprächsprotokolle fälsche, gegen Vertraulichkeitsvorgaben verstoße und Mitarbeiter unter Druck setze. All dies stelle eine üble Nachrede und Verleumdung dar, was - hilfsweise - den Auflösungsantrag rechtfertige.
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Das Arbeitsgericht Mainz hat daraufhin durch Urteil vom 19.01.2009 - 4 Ca 1869/08 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 30.09.2008 nicht beendet wurde bzw. beendet wird und den Auflösungsantrag zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 254 bis 263 der Akte Bezug genommen.
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Gegen das ihr am 04.02.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 24.02.2009 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 03.04.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
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Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der Sachvortrag hinsichtlich der sexuellen Belästigungen sei zu vertiefen. So habe der Kläger Frau W. im Mai 2008 gefragt, warum sie ein Unterhemd trage, er könne ihr "ja nicht in den Ausschnitt gucken". Auch seien konkrete Anzüglichkeiten nicht erwähnt worden, unbeachtet sei auch geblieben, dass entsprechende Äußerungen in einer obszönen Stimmlage im Gästecasino erfolgt seien, wenn der Kläger mit Besuchergruppen dort gewesen sei. Zudem habe der Kläger trotz mehrmaliger Aufforderung durch Frau W. die Tür zur Herrentoilette nicht geschlossen. Zu berücksichtigen sei auch eine Äußerung gegenüber Frau W. im Jahre 2003; hinsichtlich deren Inhalt wird auf Seite 4 der Berufungsbegründungsschrift vom 03.04.2009 (Bl. 304 d. A.) Bezug genommen. Auch die Darstellungen von Frau G., die sich in der passiven Altersteilzeitphase inzwischen befinde, seien zu konkretisieren; insoweit wird auf Seite 4 der Berufungsbegründungsschrift vom 03.04.2009 (= Bl. 304 d. A.) Bezug genommen. Gleiches gelte für die Äußerungen gegenüber Frau E.; insoweit wird auf die Darstellung der Beklagten auf Seite 5 der Berufungsbegründungsschrift vom 03.04.2009 (= Bl. 305 d. A.) Bezug genommen. Nichts anderes gelte hinsichtlich der Schilderungen von Frau W.-L., die dem Kläger als Mitarbeiterin unterstellt sei; insoweit wird auf die Darstellung der Beklagten auf Seite 5 der Berufungsbegründungsschrift vom 03.04.2009 (= Bl. 305 d. A.) Bezug genommen. Auch die Handlungen und Gesten müssten berücksichtigt werden; so habe sich der Kläger unter anderem während seiner sexuellen Aussagen auch in den Schritt gefasst. Ferner habe er so dicht hinter Frau G. gestanden, dass diese sich erschreckt habe.
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Zu berücksichtigen sei des Weiteren auch das Verhalten des Klägers im Hinblick auf den Arbeitsunfall der Mitarbeiterin Frau W.-L. vom 18.04.2004; weiter liege eine Entgeltbenachteiligung zum Nachteil dieser Mitarbeiterin vor und schließlich habe der Kläger seinen Mitarbeiter G. angewiesen, aus Kostenersparnisgründen für einen Teamausflug nach B. anstatt Einzel- nur Doppelzimmer für die Mitarbeiter zu buchen.
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Im Hinblick auf diesen Sachverhalt sei eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen. Die Kündigung sei auch erforderlich und insgesamt verhältnismäßig. Der Kläger habe schließlich auch Kenntnis von der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens gehabt, weil er sonst nicht zunächst die Äußerungen per se geleugnet und kurz darauf "als nicht in Ordnung" bezeichnet habe.
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Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 03.04.2009 (= Bl. 301 - 325 d. A.) Bezug genommen.
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Die Beklagte beantragt,
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1. in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2009 - Az.: 4 Ca 1869/08 - wird die Klage abgewiesen.
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2. Hilfsweise in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2009 - Az.: 4 Ca 1869/08 - wird dem Auflösungsantrag stattgegeben, das Arbeitsverhältnis aufgelöst und die Beklagte zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilt, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber gemäß § 9, 10 KSchG einen Betrag in Höhe von 69.432,00 Euro nicht überschreitet.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die ihm unterstellten Äußerungen bestreite er. Die Mitarbeiterin W.-L. sei lediglich "auf dem Papier" eine direkte Mitarbeiterin des Klägers. Sie habe ihre tatsächlichen Aufträge über Jahre hinweg durch die Hausdame, die Zeugin M., erhalten, bis sie schließlich im Jahre 2008 in das Team des Zeugen G. eingegliedert worden sei, der seit Februar/März 2008 ihr die Arbeitsaufträge erteile, ihren Urlaub genehmigt habe u.s.w. Im direkten Umfeld des Klägers sei sie als Gärtnerin nicht tätig. Auch die übrigen gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien zu bestreiten. Hinsichtlich des in Rede stehenden Arbeitsunfalles sei die Unfallmeldung durch die Zeugin W.-L. am 24.09.2004 erfolgt. Hintergrund sei die dienstliche Anweisung des Vorgesetzten des Klägers, Herrn Sch., gewesen, bei allen gemeldeten Arbeitsunfällen durch die Vorgesetzten zu überprüfen, ob es sich tatsächlich um einen Arbeitsunfall handele. Genau dies habe er getan. Denn die Zeugin habe keine exakt vorgegebenen Arbeitspausenzeiten, so dass es der entsprechenden Nachfrage durch den Kläger bedurft habe. Eine Anweisung an diese Mitarbeiterin, an Sonn- und Feiertagen anfallende Stunden auf einen Samstag oder Montag einzutragen, habe er nicht erteilt. Die generelle Übernachtung in Doppelzimmern sei im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Beklagten durchaus üblich gewesen; diesem als solchen erkannten Missstand sei die Beklagte erst im November 2008 entgegengetreten in dem sie die Übernachtung von Ausbildern und Auszubildenden nunmehr entgegen der bislang geübten Praxis eindeutig geregelt habe.
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Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 04.05.2009 (= Bl. 303 - 349 d. A.) Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.
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Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.05.2009.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
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Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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Denn das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche fristlose Kündigung ebenso unwirksam ist wie die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung, die das Arbeitsverhältnis folglich nicht beendet hat. Mit dem Arbeitsgericht ist schließlich auch davon auszugehen, dass der Auflösungsantrag der Beklagten unbegründet ist und folglich ebenso wenig zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat.
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Die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB für das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung sind vorliegend nicht gegeben.
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Ein wichtiger Grund im Sinne der Generalklausel der § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung liegt dann vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und in der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann. Damit wird der wichtige Grund zunächst durch die objektiv vorliegenden Tatsachen bestimmt, die an sich geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist deshalb jeder Sachverhalt, der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet (vgl. BAG AP-Nr. 4, 42, 63 zu § 626 BGB). Entscheidend ist nicht der subjektive Kenntnisstand des Kündigenden, sondern der objektiv vorliegende Sachverhalt, der objektive Anlass. Berücksichtigt werden können nur die bis zum Ausspruch der Kündigung eingetretenen Umstände bei der Überprüfung der Frage, ob sie als Kündigungsgrund an sich geeignet sind Ascheid/Preis/Schmidt Großkommentar Kündigungsrecht 3. Auflage 2007 (APS-Dörner), § 626 BGB Rz. 42 ff.; Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts für Arbeitsrecht (DLW-Dörner), 7. Auflage 2008, D Rz. 656 ff.).
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Die danach zu berücksichtigenden Umstände müssen nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen (BAG AP-Nr. 4 zu § 626 BGB). Bei der Bewertung des Kündigungsgrundes und bei der nachfolgenden Interessenabwägung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass subjektive Umstände, die sich aus den Verhältnissen der Beteiligten ergeben, nur aufgrund einer objektiven Betrachtung zu berücksichtigen sind. Die danach maßgeblichen Umstände müssen sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken; da der Kündigungsgrund zukunftsbezogen ist und die Kündigung keine Sanktion für das Verhalten in der Vergangenheit darstellt, kommt es auf seine Auswirkungen auf die Zukunft an. Da es um den zukünftigen Bestand des Arbeitsverhältnisses geht, muss dessen Fortsetzung durch objektive Umstände oder die Einstellung oder das Verhalten des Gekündigten im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich (der Vertragspartner) oder im Unternehmensbereich konkret beeinträchtigt sein (BAG EzA § 626 BGB Nr. 11, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 7).
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Die erforderliche Überprüfung gem. § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich folglich zweistufig:
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Zum einen muss ein Grund vorliegen, der unter Berücksichtigung der oben skizzierten Kriterien überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Insoweit handelt es sich um einen Negativfilter, d. h., dass bestimmte Kündigungsgründe eine außerordentliche Kündigung von vornherein nicht rechtfertigen können.
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Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der - in der Regel - vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. ausführlich APS-Dörner, § 626 BGB a.a.O.; DLW-Dörner a.a.O.).
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Entscheidender Zeitpunkt ist der des Ausspruchs der Kündigung.
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Die in den aufgehobenen gesetzlichen Vorschriften der §§ 123, 124 Gewerbeordnung, 71, 72 HGB nach altem Recht genannten Beispiele für wechselseitige wichtige Gründe (z. B. Arbeitsvertragsbruch, beharrliche Arbeitsverweigerung) sind als wichtige Hinweise für typische Sachverhalte anzuerkennen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung zu bilden und die Kündigung in der Regel auch zu rechtfertigen, wenn keine besonderen Umstände zugunsten des Gekündigten sprechen (vgl. BAG AP-Nr. 99 zu § 626 BGB). "Absolute Kündigungsgründe", die ohne eine besondere Interessenabwägung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, bestehen andererseits jedoch nicht (BAG SAE 1986, S. 5).
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Systematisch kann nach Störungen im Leistungsbereich, im betrieblichen Bereich der Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich der Vertragspartner und im Unternehmensbereich unterschieden werden (APS-Dörner, a.a.O.; DLW-Dörner a.a.O.)
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Als an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Umstand kommt insoweit ohne weiteres auch das Vorliegen einer oder mehrerer sexueller Belästigungen in Betracht. Der Arbeitgeber ist nach Maßgabe des AGG sogar verpflichtet, bei entsprechendem Kenntnisstand MitarbeiterInnen vor derartigen Verletzungen ihrer Intimsphäre und ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu schützen. Allerdings komme nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Rahmen einer Stufenfolge zahlreiche Maßnahmen in Betracht, die unter besonderer Berücksichtigung des Prognoseprinzips z. B. in einer Ermahnung, Abmahnung, Versetzung und erst dann, wenn dies aussichtslos erscheint, um weitere Belästigungen für die Zukunft zu vermeiden, in der ordentlichen bzw. außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu sehen sind.
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Mit dem Arbeitsgericht ist also zunächst davon auszugehen, dass auch Bemerkungen sexuellen Inhalts eine sexuelle Belästigung in diesem Sinne darstellen können. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 7, 8 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 259, 260 d. A.) Bezug genommen.
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Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass für die Bewertung der Schwere des Fehlverhaltens, das die Beklagte dem Kläger vorwirft, maßgeblich auf die Umstände der konkreten Einzelfälle abzustellen ist. Dabei ist hervorzuheben, dass es sich vorliegend ausschließlich um - von der Beklagten behauptet - verbale Entgleisungen und unstatthafte Gestiken gehandelt haben soll. Dies wiegt weniger schwer als Belästigungen insbesondere durch körperliche unsittliche Berührungen. Im Übrigen hängt das Gewicht des behaupteten Fehlverhaltens davon ab, in welchem Zusammenhang die Äußerungen erfolgten, ob sie herausgefordert oder provoziert waren oder nicht, ob für den Arbeitnehmer erkennbar war, dass sein Verhalten von den betroffenen Mitarbeiterinnen abgelehnt wird, so dass er erkennen musste, sich verbotswidrig zu verhalten. Zu berücksichtigen ist schließlich auch der beim Zusammenwirken von Menschen im Arbeitsprozess, sowohl was Männer mit Männern anbelangt, Frauen mit Frauen, aber auch Männer und Frauen branchen-, betriebs-, abteilungsspezifisch durchaus unterschiedliche Umgangston. Das, was auf einer Baustelle üblich sein kann, mag in klimatisierten Büroräumen als völlig unangemessen angesehen werden. Letztlich ist auch die für einen Arbeitnehmer erkennbare subjektive Empfindlichkeit hinsichtlich derartiger Äußerungen und Gesten der betroffenen "Opfer" mitentscheidend.
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Vor diesem Hintergrund ist es für eine gerichtliche Überprüfung und insbesondere um dem Arbeitnehmer Gelegenheit zu geben, sich nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen zu den einzelnen Vorwürfen substantiiert zu äußern und sich zu "verteidigen", unumgänglich, dass der Arbeitgeber derartige Belästigungen entsprechend konkret nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen nach Maßgabe der zuvor dargestellten Kriterien darstellt. Daran fehlt es für den erstinstanzlichen Rechtszug nahezu völlig. Ausschlaggebend ist insoweit für die Kammer die Darstellung des Arbeitsgerichts auf Seite 2, 3 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 254, 255 d. A.). Denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt eine Berichtigung, Änderung oder Ergänzung des Tatbestandes des erstinstanzlichen Urteils beantragt. Zu Beschuldigungen wie, der Kläger habe sie jahrelang mit "schweinischen Ausdrücken" belästigt, kann der Kläger naturgemäß keine andere Stellungnahme abgeben als die, dass er diese Äußerungen nicht getätigt hat und sie für unangemessen hält. Die von der Mitarbeiterin daraufhin getätigte Äußerungen "Du bist eine Drecksau" u.s.w. sprechen in diesem Zusammenhang für sich. Auch die Behauptung, die Sprüche des Klägers seien daraufhin "noch massiver" geworden, lässt nicht erkennen, wann derartiges vorgefallen sein soll, wie oft und um welche Sprüche es sich gehandelt haben soll. Nichts anderes gilt für die Behauptung der Beklagten, Äußerungen in einer "obszönen Stimmlage" würden fast wöchentlich fallen. Auch hier fehlen nähere Angaben. Worin eine sexuelle Belästigung liegen soll, wenn der Kläger - als zutreffend unterstellt - beim Besuch der Toilette die Tür nicht schließt, erschließt sich der Kammer nicht. Gleiches gilt für die weitere Darstellung von Handlungen bzw. Äußerungen des Klägers mit sexuellem Inhalt. Zwar werden Beispiele genannt, eine nähere Beschreibung anhand des zuvor dargestellten Maßstabes, auf die der Kläger entsprechend substantiiert eingehen könnte, fehlt aber.
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Weitere konkrete Tatsachenangaben wären aber vorliegend des Weiteren auch deshalb erforderlich gewesen, weil keine der betroffenen MitarbeiterInnen es für sinnvoll und zielführend erachtet hat, trotz der empfundenen Intensität der Belästigung, abgesehen von dem oben Dargestellten "Zurückschimpfen" der inzwischen in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindlichen Mitarbeiterin, dem Kläger gegenüber massiv deutlich zu machen, dass die MitarbeiterInnen sich belästigt fühlen. Gegen die von der Beklagten behaupteten Intensität der Belästigungen in der subjektiven Wahrnehmung der Mitarbeiterin spricht zudem, dass keine der betroffenen Frauen sich an z. B. weibliche Betriebsratmitglieder gewandt hat, Beschwerden nach §§ 84 ff. BetrVG erhoben hat, bzw. bei den MitarbeiterInnen der Personalverwaltung vorstellig wurde, um ihr Anliegen vorzubringen.
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Damit verbleibt für den erstinstanzlichen Rechtszug als einziger einigermaßen substantiierter Tatsachenvortrag der Vorfall im Mai 2008, betreffend das Tragen eines Unterhemdes. Aber selbst wenn man diesen Vorfall als zutreffend unterstellt, wäre vor dem hier maßgeblichen Hintergrund die Erklärung einer Kündigung unverhältnismäßig; der Ausspruch einer Abmahnung, mit der dem Kläger das Verbotensein seines Tuns eindeutig vor Augen geführt worden wäre mit entsprechender Androhung einer Kündigung hätte im Hinblick auf das Prognoseprinzip nach Auffassung der Kammer ausgereicht.
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Hinsichtlich der angeblichen Anweisung an eine Mitarbeiterin, einen Betriebsunfall in die Pause zu "legen", folgt die Kammer der Auffassung des Arbeitsgerichts, wonach selbst dann, wenn der Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt wird, die Schwelle dessen, was ohne vorherige Abmahnung eine Kündigung zu rechtfertigen vermag, nicht erreicht wird. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 9, 10 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 261, 262 d. A.) Bezug genommen.
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Gleiches gilt für die Buchung von Doppelzimmern; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 10 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 262 d. A.) Bezug genommen.
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegt auch ein Grund zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 1 KSchG nicht vor, der ohne Abmahnung zur sozialen Rechtfertigung der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung führen könnte.
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Der aufgrund der hilfsweise erklärten ordentlichen sozial ungerechtfertigten Kündigung statthafte Auflösungsantrag der Beklagten gemäß § 9 KSchG ist unbegründet, weil die von der Beklagten zur Begründung vorgetragenen Zitate aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Rechtszug keine unzutreffenden Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen, ehrverletzende Angriffe oder sonstige, einen Auflösungsantrag rechtfertigende Entgleisungen darstellen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 10, 11 der angefochtenen Entscheidung = Bl. 262, 263 d. A. Bezug genommen.
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Auch das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhaltes.
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Soweit die Beklagte ihr Vorbringen hinsichtlich der behaupteten sexuellen Belästigungen des Klägers tatsächlich ergänzt, und nicht nur wiederholt hat, gilt Folgendes:
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Soweit es um eine Äußerung beim Verlassen eines engen Büroraumes geht (Seite 3 der Berufungsbegründungsschrift vom 03.04.2009 (= Bl. 303 d. A.)), ist der Sachvortrag nach Maßgabe des zuvor dargestellten Prüfungsmaßstabes unsubstantiiert und einer substantiierten Erwiderung nicht zugänglich. Es fehlen jegliche näheren Angaben hinsichtlich dieses Vorfalles. Gleiches gilt hinsichtlich der Äußerung im Zusammenhang mit einer obszönen Stimmlage im Gästecasino (Bl. 303 d. A.). Insoweit ist schon nicht nachvollziehbar, warum das dort behauptete Verhalten des Klägers offenbar bei niemandem Anstoß erregte, obwohl Besuchergruppen dort gewesen sein sollten. Auch die geschilderte Reaktion des Klägers während eines normalen Smalltalks (Bl. 304 d. A.) genügt diesen Anforderungen nicht, ebenso die hinsichtlich der ausgeschiedenen Frau G. dargestellten Zitate (Bl. 304 d. A.). Nichts anderes gilt letztlich für die behaupteten konkreten Beispiele von Äußerungen im Zusammenhang mit Frau E. und Frau W.-L. (Bl. 305 d. A.). Weitere Ausführungen sind deshalb nicht veranlasst.
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Hinsichtlich der weiteren von der Beklagten behaupteten Kündigungssachverhalte enthält das Berufungsvorbringen keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein abweichendes Ergebnis rechtfertigen könnten. Deshalb sind weitere Ausführungen nicht veranlasst.
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Auch nach dem Berufungsvorbringen verbleibt es also dabei, dass die behaupteten Belästigungen überwiegend nicht inhaltlich substantiiert vorgetragen sind; die verbliebenen, als zutreffend unterstellt, rechtfertigen nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem Prognoseprinzip ohne vorherige Abmahnung weder eine fristlose, noch eine ordentliche Kündigung.
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Hinsichtlich des Auflösungsantrages ist mit der Beklagten davon auszugehen, dass dieser im Hinblick auf die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung und die von der Kammer festgestellten Sozialwidrigkeit dieser Kündigung statthaft ist. Nach dem tatsächlichen Vorbringen der Parteien kann aber nach Auffassung der Kammer nicht davon ausgegangen werden, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist. Insoweit enthält das Vorbringen der Beklagten im zweiten Rechtszug keine neuen, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, so dass weitere Ausführungen nicht veranlasst sind.
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Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien keine Veranlassung gegeben.

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Annotations
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.
(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.
(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.
(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.
(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)