Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Dez. 2014 - 4 Sa 377/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:1210.4SA377.14.0A
bei uns veröffentlicht am10.12.2014

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.5.2014 - 4 Ca 168/14 - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen wie folgt abgeändert:

1) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.1.2014 aufgelöst worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2) Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 14.811,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.9.2014 zu zahlen

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

II. Der Kläger hat 61 % und die Beklagte 39 % der erstinstanzlichen Kosten zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 72 % dem Kläger und zu 28 % der Beklagten auferlegt.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen sowie über Zahlungsansprüche der Beklagten.

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Der Kläger war bei der Beklagten, einem führenden Baumarktunternehmen, seit dem 01.04.2001, zuletzt als Leiter des Baumarktes der Beklagten in B-Stadt beschäftigt. Neben der Baumarktleitung in organisatorischer/operativer Hinsicht war der Kläger auch dazu berechtigt, der Beklagten gestellte Rechnungen bis zu einer Rechnungshöhe von 25.000,00 € zur Überweisung freizugeben. Der Kläger war auch dazu bevollmächtigt, die Beklagte wirksam nach außen zu vertreten, z. B. durch Abschluss von Mietverträgen, Ratenzahlungsvereinbarungen und Beauftragung von Serviceunternehmen.

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Das Grundgehalt des Klägers belief sich zuletzt auf 5.640,10 € brutto. Darüber hinaus übernahm die Beklagte aufgrund einer mündlichen Vereinbarung die Wohnungsmiete des Klägers, indem sie diese direkt an den Vermieter zahlte. Nachdem die Beklagte auf diese Weise bereits eine Wohnung des Klägers durch Zahlung der Miete in Höhe von 650,00 € monatlich bezuschusst hatte, schloss der Kläger in Vertretung der Beklagten einen (neuen) Mietvertrag, beginnend ab dem 01.09.2012, für eine von ihm selbst zu bewohnende Wohnung und einer Monatsmiete von 500,00 €. Die Beklagte genehmigte diesen Mietvertrag und überwies sowohl die Kaution in Höhe von 800,00 € als auch fortan die monatliche Miete bis einschließlich April 2014 an die Vermieterin. Bei dieser handelte es sich um die Lebensgefährtin des Klägers. Die betreffende Wohnung, die nach dem Inhalt des Mietvertrages eine Wohnfläche von insgesamt ca. 65 qm hatte, befand sich in einem Haus, welches dem Kläger - neben seiner Lebensgefährtin - selbst als Miteigentümer gehörte. Diesbezüglich existiert eine schriftliche Vereinbarung vom 01.04.2012, hinsichtlich deren Inhalt im Einzelnen auf Blatt 564 d. A. Bezug genommen wird, die u.a. folgende Regelung enthält:

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2) Abtretung

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Hr. A. tritt mit dieser Vereinbarung, seine rechtlich gesehenen Ansprüche als Hauseigentümer an Frau Simone S. ab. Simone S. ist somit alleinige Hauseigentümerin.

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3) Wohnrecht

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Hr. A. erhält im Gegenzug ein lebenslanges Wohnrecht in der Souterrain Wohnung des Hauses gegen einen monatlichen Warmmietzins in Höhe von 500,00 Euro. Die Nutzung von Garten und Garage ist uneingeschränkt möglich.

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Die Beklagte lässt notwendige Instandhaltungsarbeiten und Reparaturen in ihren Baumärkten durch verschiedene "Servicepartner" durchführen, zu denen in der Vergangenheit auch die Firmen und K. und S. gehörten. Im Frühjahr 2012 wurden in dem vom Kläger geleiteten Markt die Kunden-WCs saniert. Die diesbezüglichen Arbeiten wurden von der Firma K. ausgeführt. Das für die Sanierung notwendige Material wurde dabei - wie üblich - aus dem Warenbestand des Baumarktes zur Verfügung gestellt. Am 16.08.2012 stellte die Firma S. eine Rechnung an die Beklagte über 14.811,82 €, welche die von der Beklagten bereitgestellten und von der Firma K. bei der Sanierung der Kunden-WCs eingebauten Materialien umfasste. Die Rechnung wurde vom Kläger zur Zahlung freigegeben und am 30.08.2012 von der Beklagten beglichen. Nach dem Inhalt einer im Gütetermin vom 12.02.2014 protokollierten Erklärung des Klägers hat die dieser die betreffende Rechnung der Firma S., einschließlich der diesbezüglichen Materialaufstellung, selbst gefertigt.

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Wegen diesem und anderer Vorgänge nahm die Revisionsabteilung der Beklagten im November 2013 umfangreiche Ermittlungen auf. Am 14.01.2014 wurde der Kläger, am 20.01.2014 der Inhaber der Firma S., von der Revision der Beklagten angehört.

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Mit Schreiben vom 23.01.2014, welches dem Kläger noch am selben Tag zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise ordentlich zum 30.06.2014. Dieses Kündigungsschreiben ist unterzeichnet von der HR-Managerin S. und dem HR-Manager E., die beide mit Handlungsvollmacht von der Beklagten ausgestattet sind. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2014, welches der Beklagten noch am selben Tag per Telefax zuging, hat der Kläger diese Kündigung wegen Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis erneut mit einem sowohl von einem ihrer Vorstandsmitglieder als auch von ihrem Konzernpersonalleiter unterzeichneten Schreiben vom 31.01.2014, welches dem Kläger noch am selben Tag zuging, sowohl fristlos als auch hilfsweise ordentlich zum 30.06.2014.

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Gegen diese Kündigungen richtet sich die vom Kläger am 30.01.2014 eingereichte und am 04.02.2014 hinsichtlich der weiteren Kündigung vom 31.01.2014 erweiterte Klage.

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Der Kläger hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, er habe sich im Zusammenhang mit der Begleichung der Rechnung der Firma S. betreffend die bei der Sanierung der Toiletten verbauten Materialien nicht pflichtwidrig verhalten. Mit der Firma K., welche die Arbeiten durchgeführt habe, sei vereinbart worden, dass diese zunächst die zu verbauenden Materialien der Beklagten abkaufe, um damit Umsatz für die Beklagte zu generieren, und nach Abschluss der Arbeiten die verbauten Materialien der Beklagten in Rechnung stelle. Nach Bezahlung dieser Rechnung hätte wiederum die Beklagte dem Auftragnehmer, also der Firma K., die Materialien im Rahmen eines Lieferscheines im Rechnung stellen sollen. Die Firma K. hätte sodann ihrerseits diese Rechnung begleichen sollen. Hintergrund des Ganzen sei seine Absicht gewesen, umsatzorientiert zu arbeiten und so zu verhindern, dass die Beklagte die ansonsten unentgeltlich zur Verfügung gestellten Materialien auf einen Schlag hätte abschreiben müssen. Bei der Durchführung eines Folgeprojektes, nämlich einem Zaunbau, sei die Firma K. aus offensichtlich privaten Gründen, komplett "weggebrochen" und nicht mehr erreichbar gewesen. Es sei daher nicht mehr möglich gewesen, von dieser Firma eine Rechnung über die bei der WC-Sanierung verbauten Materialien zu erhalten. Eine Rechnung sei jedoch notwendig gewesen, um diese Materialien nicht mehr im Ist-Bestand auftauchen zu lassen. Da die Firma K. nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, habe er mit der Firma S. vereinbart, dass diese nunmehr die betreffende Rechnung erstellen solle, um den Rechnungsbetrag nach Begleichung durch die Beklagte sodann wiederum absprachegemäß zu erstatten. Diesbezüglich sei beabsichtigt gewesen, mit der Firma S. eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen, wobei die Raten voraussichtlich ab März 2014 hätten bedient werden können. Hierzu sei es jedoch nicht mehr gekommen.

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Der Kläger hat beantragt,

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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.01.2014, zugegangen am 23.01.2014 weder außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 30.06.2014 aufgelöst wird,
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2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 23.01.2014 bzw. 30.06.2014 hinaus ungekündigt fortbesteht,
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3. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziffer 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Manager Baumarkt zu im Übrigen unveränderten Bedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu Ziffer 1. weiter zu beschäftigen,
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4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31.01.2014, zugegangen am 31.01.2014 weder außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 30.06.2014 aufgelöst wird.
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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, der Kläger habe durch die Erstellung einer gegenstandslosen Rechnung für die Firma S. über das bei der WC-Sanierung verbaute Material und die Freigabe dieser Rechnung, was sie - die Beklagte - zur Auszahlung des Rechnungsbetrages veranlasst habe, in schwerwiegender Weise gegen die ihm aufgrund seiner Stellung als Marktleiter obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstoßen. In ähnlicher Weise habe der Kläger auch im Zusammenhang mit der Errichtung einer Zaunanlage am Baumarkt zugunsten der Firma S. gehandelt. Der Kläger habe auch Waren, die aus dem Baumarkt abhandengekommen seien, privat über "Ebay" verkauft. Seiner Lebensgefährtin habe er für die Anlieferung von Materialien keine Frachtkosten berechnet, was eine weitere Pflichtverletzung darstelle. Auch habe der Kläger sich bzw. seiner Lebensgefährtin unter Umgehung innerbetrieblicher Anweisungen Preisnachlässe erschlichen. Dies gelte auch für den ihm gewährten Mietzuschuss. Da sich die angeblich angemietete Wohnung in einem im Miteigentum des Klägers stehenden Haus befinde, sei er nicht zu Mietzahlungen verpflichtet gewesen. Durch die Vorlage eines "Scheinmietvertrages" habe er sie - die Beklagte - getäuscht.

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Die Beklagte hat widerklagend beantragt,

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den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte € 10.800,00 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Der Kläger hat beantragt,

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die Widerklage abzuweisen.

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Von einer weitergehenden Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.05.2014 (Bl. 569-572 d. A.).

26

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21.05.2014 sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 6 bis 9 dieses Urteils (= Bl. 573-576 d. A.) verwiesen.

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Gegen das ihm am 03.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.06.2014 Berufung eingelegt und diese am 23.07.2014 begründet. Die Beklagte, der das Urteil am 04.06.2014 zugestellt wurde, hat am 16,.06.2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 04.08.2014 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 01.09.2014 begründet.

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Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien die mit Schreiben vom 23.01.2014 ausgesprochenen Kündigungen bereits nach § 174 BGB unwirksam. Er sei von der Beklagten nicht über eine Kündigungsberechtigung des Herrn E. in Kenntnis gesetzt worden. Die Beklagte könne sich diesbezüglich auch nicht auf die E-Mail vom 04.05.2013 berufen, da diese im Wesentlichen nur die Mitteilung enthalte, Herr E. sei zuständig für die Betreuung und Beratung der Führungskräfte. Rechtsfehlerhaft habe das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung auch unterstellt, ihm - dem Kläger - sei die mangelnde Zahlungsfähigkeit der Firma S. bekannt gewesen und hieraus auf eine bewusste Vermögensgefährdung der Beklagten geschlossen. Gerügt werde außerdem die pauschale Feststellung des Arbeitsgerichts, wonach die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt sei. Die Beklagte sei bereits durch seine E-Mails vom 29.05. und 24.08.2013, spätestens im Rahmen seiner Anhörung vom 14.01.2014 sowie (nochmals) durch seine E-Mail vom 15.01.2014 über die relevanten Umstände der Aufträge an die Firma K. bzw. an die Firma S. informiert worden. Das Arbeitsgericht habe es auch versäumt, über die von ihm vorgetragenen Beweggründe, welche zu der betreffenden Auftragsabwicklung geführt hätten, Beweis zu erheben.

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Der Kläger beantragt,

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das erstinstanzliche Urteil abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.01.2014 weder außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 30.06.2014 aufgelöst worden ist und auch durch die Kündigung der Beklagten vom 31.01.2014 weder außerordentlich fristlos noch ordentlich zum 30.06.2014 aufgelöst worden ist.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil insoweit, als die Kündigungsschutzklage abgewiesen wurde und macht zur Begründung ihrer eigenen Berufung im Wesentlichen geltend, zu Unrecht habe das Arbeitsgericht die Widerklage auf Rückzahlung des dem Kläger gewährten Mietzuschusses (20 Monate à 500,00 €) und der gezahlten Mietkaution (800,00 €) abgewiesen. Soweit das Arbeitsgericht darauf abgestellt habe, dass der Mietvertrag von ihr - der Beklagten - genehmigt worden sei, so gehe dies an der Sache vorbei. Insoweit habe das Arbeitsgericht nämlich nicht in Betracht gezogen, dass die Genehmigung und die Zahlungsfreigabe aufgrund der Vorstellung erfolgt sei, dass zwischen dem Kläger und seiner Lebensgefährtin tatsächlich ein Mietverhältnis bestanden habe, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Die vom Kläger vorgelegte Vereinbarung vom 01.04.2012 über die Abtretung seiner Ansprüche als Hauseigentümer an seine Lebensgefährtin sei schon aus sachenrechtlichen Gründen unwirksam. Der Kläger sei daher zur Rückzahlung des Mietzuschusses und der Kaution verpflichtet. Darüber hinaus habe sie - die Beklagte - gegen den Kläger auch einen Schadensersatzanspruch in Höhe des an die Firma S. auf Grundlage der vom Kläger selbst erstellten, inhaltlich falschen Rechnung gezahlten Betrages von 14.811,82 €.

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Die Beklagte beantragt,

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das erstinstanzliche Urteil abzuändern und wie folgt zu erkennen:

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1. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 10.800,00 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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2. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 14.811,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die statthaften Berufungen beider Parteien sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache haben jedoch beide Berufungen nur zum Teil Erfolg.

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II. 1. Die Kündigungsschutzklage ist insoweit begründet, als sie sich gegen die mit Schreiben vom 23.01.2014 erklärte außerordentliche Kündigung richtet.

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Diese Kündigung ist nach § 174 BGB unwirksam, da keine der beiden Personen, die das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz "i. V." als Vertreter der Beklagten unterzeichnet haben, dem Kläger bei Vornahme des Rechtsgeschäfts eine Vollmachtsurkunde vorgelegt haben, aus welchem sich die Bevollmächtigung zum Kündigungsausspruch ergab und der Kläger die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich zurückgewiesen hat.

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Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat.

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Im Streitfall war das Zurückweisungsrecht nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Beklagte den Kläger nicht von einer etwaigen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der das Kündigungsschreiben unterzeichnende Herr E. den Kläger in irgendeiner Weise über das Bestehen einer Vollmacht oder darüber informiert hat, dass er über eine Stellung verfügt, die in der Regel mit einer Kündigungsbefugnis verbunden ist. Ebenso ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - der Umstand ohne Belang, dass Herr E. in Kenntnis des Klägers bereits eine Vielzahl von Kündigungen im Namen der Beklagten ausgesprochen hatte und der Kläger hieraus möglicherweise auf das Bestehen einer entsprechenden Vollmacht schließen konnte. Das In-Kenntnis-Setzen nach § 174 Satz 2 BGB muss nämlich durch den Vollmachtgeber, d. h. vorliegend durch den Arbeitgeber selbst erfolgen und nicht durch den Vertreter (LAG Rheinland-Pfalz v. 08.06.2011 - 8 Sa 612/10 -; LAG Rheinland-Pfalz v. 29.10.2008 - 8 Sa 265/08 -; j. m. w. N.).

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Die Beklagte selbst hat den Kläger vor Kündigungsausspruch nicht über das Bestehen der erforderlichen Vollmacht einer der beiden Unterzeichner des Kündigungsschreibens in Kenntnis gesetzt. Sie kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg an den Inhalt der an ihre Mitarbeiter gerichteten E-Mail vom 05.04.2013 (Bl. 456 d. A.) berufen. In dieser E-Mail wird lediglich mitgeteilt, dass Herr E. seit dem 01.02.2013 die Position eines "HR-Business-Partner" innehabe und die Betreuung und Beratung der Führungskräfte und Mitarbeiter in zwei Bezirken übernehme. Vom Bestehen einer zum Kündigungsausspruch berechtigenden Vollmacht ist in dieser E-Mail nicht die Rede. Auch lässt die Position eines "HR-Business-Partner" keinerlei Rückschlüsse auf das Bestehen einer solchen Vollmacht zu.

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Die Zurückweisung erfolgte auch unverzüglich i. S. v. § 174 Satz 1 BGB. Der Kläger hat die ihm am Donnerstag, den 23.01.2014 zugegangene Kündigung mit Schreiben vom 28.01.2014 (Bl. 26 d. A.), welches der Beklagten noch am selben Tag per Telefax zugeleitet wurde, zurückgewiesen. Die Zurückweisung erfolgte somit noch innerhalb einer Woche, was - jedenfalls, wenn wie vorliegend ein Wochenende dazwischen gelegen hat - noch ausreichend ist (vgl. KR-Friedrich, 10. Auflage, § 13 KSchG Rz. 344, m. N. a. d. R.).

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2. Im Übrigen ist die Kündigungsschutzklage jedoch unbegründet.

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a) Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung vom 31.01.2014 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Die fristlose Kündigung erweist sich wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB sowie in Ermangelung sonstiger Unwirksamkeitsgründe als rechtswirksam.

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Ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB ist nach der gesetzlichen Definition gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortzusetzen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt - ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles - (überhaupt) geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann ist zu untersuchen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist, d. h., ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zu dem gemäß § 626 Abs. 1 BGB relevanten Zeitpunkt fortzusetzen.

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Im Streitfall liegt ein Sachverhalt vor, der geeignet ist, einen wichtigen Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Der Kläger hat die Auszahlung eines Betrages in Höhe von 14.811,82 € durch die Beklagte an die Firma S. veranlasst, obwohl - wie dem Kläger bekannt war - die Firma S. hierfür keinerlei Gegenleistung erbracht hatte und auch ansonsten keinerlei Rechtsgrundlage bestand, welche die Auszahlung dieses Betrages hätte rechtfertigen können. Die Firma S. hatte die aus dem Baumarkt der Beklagten selbst stammenden und in der vom Kläger zur Zahlung freigegebenen Rechnung aufgelisteten Materialien weder im Zusammenhang mit der Sanierung der Kunden-WCs verbaut, noch in sonstiger Weise an die Beklagte übereignet. Vielmehr hatte die Firma S. unstreitig mit der Sanierung der Toiletten überhaupt nichts zu tun, da die betreffenden Arbeiten von der Firma K. bereits durchgeführt worden waren. Überdies existiert - soweit ersichtlich - auch keinerlei Lieferschein oder sonstiger Nachweis, aus dem sich ergeben könnte, dass die betreffenden Materialien vor oder im Zusammenhang mit den Sanierungsarbeiten entgeltlich aus dem Warenbestand der Beklagten veräußert worden sind. Die Beklagte hat somit im Ergebnis infolge der Handlungsweise des Klägers den Preis für die von ihr erworbenen und bezahlten Materialien ein zweites Mal entrichtet. Soweit der Kläger zur Rechtfertigung seines Verhaltens geltend macht, es sei mit der Firma K. zum Zwecke der Umsatzsteigerung vereinbart worden, dass sie die Materialien zunächst von der Beklagten erwerben, diese sodann nach Einbau der Beklagten in Rechnung stellen und später den von der Beklagten gezahlten Rechnungsbetrag an die Beklagte zurückzahlen sollte, erscheint schwerlich nachvollziehbar. Ebenso wenig ist die Argumentation des Klägers einleuchtend, dass infolge des Umstandes, dass die Firma K. nach Durchführung der Arbeiten nicht mehr erreichbar war, die Notwendigkeit der Erteilung einer entsprechenden Rechnung durch die Firma S. bestand, um - so der Kläger - die betreffenden Waren nicht mehr im Ist-Bestand des Baumarktes zu haben. Aber selbst dann, wenn man den diesbezüglichen Sachvortrag des Klägers als zutreffend unterstellt, so bestand jedoch jedenfalls keinerlei Veranlassung dazu, die Rechnung der Firma S. durch Zahlung zu begleichen, da - unter Zugrundelegung des klägerischen Vorbringens - zugleich ein aufrechenbarer bzw. verrechenbarer Gegenanspruch der Beklagten gegen die Firma S. auf Rückerstattung des Rechnungsbetrages entstanden war. Stattdessen will der Kläger beabsichtigt haben, mit dem Inhaber der Firma S. eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen, die dieser - voraussehbar - allerdings erst nach Erfüllung einer anderweitigen Rückzahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten ab März 2014 hätte bedienen können. Dem Kläger war daher bekannt, dass die Firma S. keineswegs problemlos in der Lage war, den Rechnungsbetrag zurückzuerstatten. Er hat überdies diesbezüglich selbst vorgetragen, dass seine Handlungsweise (auch) von der Motivation getragen gewesen sei, die Firma S. nicht in die Insolvenz zu treiben. Die Auszahlung des Rechnungsbetrages an die Firma S. stellt sich somit letztlich im Ergebnis als Gewährung eines ungesicherten Kredits dar.

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Das Verhalten des Klägers stellt zweifellos eine schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar, wobei offenbleiben kann, ob dieses Verhalten einen Straftatbestand erfüllt. Der Kläger hat in gravierender Weise die Vermögensinteressen der Beklagten verletzt, und ein wichtiger, den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung grundsätzlich rechtfertigender Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB ist daher gegeben.

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Die Beklagte war auch nicht gehalten, dem Kläger zunächst nur eine Abmahnung zu erteilen. Besonders schwere Verstöße gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen - wie vorliegend - bedürfen nämlich keiner Abmahnung, weil hier der Arbeitnehmer von vorneherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann und sich bewusst sein muss, dass er seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt.

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Unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles sowie der Interessen beider Vertragsteile, wiegt das Fehlverhalten des Klägers so schwer, dass der Beklagten nicht zuzumuten war, den Kläger noch wenigstens bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist von fünf Monaten weiterzubeschäftigen. Zwar war der zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs 42 Jahre alte Kläger bereits seit über zwölf Jahren bei der Beklagten beschäftigt und ist zwei minderjährigen Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Zugunsten der Beklagten ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Stellung als Marktleiter und die damit verbundenen Befugnisse missbraucht und dadurch das erforderliche Vertrauen in seine Redlichkeit und Zuverlässigkeit zerstört hat. Dieser Vertrauensverlust wiegt schwerer als die zugunsten des Klägers sprechenden sozialen Gesichtspunkte. Insgesamt überwog das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses deutlich gegenüber dem Interesse des Klägers an dessen Fortsetzung für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist.

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Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt. Diese Frist beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat und in die Entscheidung über die Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist. Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis ist insoweit ohne Bedeutung. Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Ohne eine umfassende Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt kann sein Kündigungsrecht nicht verwirken. Der Kündigungsberechtigte, der nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Es genügt nicht allein die Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Anlasses, d. h. des Vorfalls, der einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen soll. Bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer und gegen die Kündigung sprechen. Außerdem gehört es zu den vom Kündigungsberechtigten zu ergründenden maßgeblichen Umständen, mögliche Beweismittel für eine ermittelte Pflichtverletzung zu beschaffen und zu sichern. Dabei sollen die zeitlichen Grenzen des § 626 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber weder zu hektischer Eile bei der Kündigung antreiben, noch ihn veranlassen, ohne eine genügende Prüfung des Sachverhalts oder vorhandener Beweismittel voreilig zu kündigen. Solange der Kündigungsberechtigte die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, läuft die Ausschlussfrist nicht an. Dies gilt so lange, wie der Kündigungsberechtigte aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen anstellt, die ihm eine weitere, umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts und der notwendigen Beweismittel verschaffen sollen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ermittlungsmaßnahmen etwas zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben oder im Ergebnis überflüssig waren (BAG v. 01.02.2007 - 2 AZR 333/06 - NZA 2007, 744; BAG v. 02.03.2006 - 2 AZR 46/05 - AP Nr. 6 zu § 91 SGB IX; BAG v. 02.02.2006 - 2 AZR 57/05 - AP Nr. 204 zu § 626 BGB).

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Gemessen daran ist im Streitfall von einem Beginn der Ausschlussfrist am 20.01.2014 auszugehen. Mit der Ermittlung des Kündigungssachverhalts war unstreitig die Revisionsabteilung der Beklagten betraut. Diese hat eine vollständige und zuverlässige Kenntnis aller maßgeblichen Umstände erst am 20.01.2014 bei Anhörung des Inhabers der Firma S. erlangt. Zwar wurde der Kläger selbst bereits am 14.01.2014 angehört, hat dabei jedoch - wie sich aus dem Gesprächsprotokoll (Bl. 186 f. d. A.) ergibt, noch behauptet, die Firma S. habe die Artikel aus der Materialrechnung beglichen. Ausdrücklich hat der Kläger erklärt, der Auftrag sei bezahlt worden, indem Herr S. die Artikel des Auftrags an der Kasse (gebucht als Barverkauf) bezahlt habe. Erstmals vollständig über die Hintergründe bzw. die Verfahrensweise des Klägers im Zusammenhang mit der Rechnung über die WC-Materialen wurde die Beklagte bzw. deren Revisionsabteilung in Kenntnis gesetzt im Rahmen des am 20.01.2014 mit dem Inhaber der Firma S. geführten Gesprächs. Dieser hat ausweislich des Gesprächsprotokolls (Bl. 212 ff. d. A.) nämlich kundgetan, dass ihn der Kläger selbst um die Erstellung der betreffenden Rechnung gebeten habe, dass jedoch keine schriftliche Vereinbarung über die Rückzahlungsverpflichtung bestehe und insbesondere, dass der Kläger im Hinblick auf seine - des Herrn S. - Situation so gehandelt habe. Erst aus diesen Erklärungen des Inhabers der Firma S. war klar und deutlich zu erkennen, dass die Vorgehensweise des Klägers letztlich auf die Vergabe eines ungesicherten Kredites an die Firma S. gerichtet war. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bzw. deren Revisionsabteilung die Ermittlungen nicht mit der gebotenen Eile durchgeführt haben, bestehen nicht. Entgegen der Behauptung des Klägers hatte die Beklagte auch nicht bereits aufgrund seiner E-Mail vom 24.08.2013 (Bl. 210 f. d. A.) Kenntnis vom Kündigungssachverhalt. Die betreffende E-Mail betrifft lediglich die Verfahrensweise des Klägers im Zusammenhang mit dem Auftrag über die Errichtung einer Zaunanlage, nicht hingegen die Abwicklung des Auftrages zur WC-Sanierung. Entsprechendes gilt hinsichtlich der E-Mail des Klägers vom 29.05.2013 (Bl. 273 f. d. A.), die einen Bezug zum vorliegend maßgeblichen Sachverhalt nicht erkennen lässt. Bezüglich der E-Mail des Klägers vom 15.01.2014, in welcher der Kläger Angaben zum Sachverhalt gemacht hat, ist zu berücksichtigen, dass diese nicht an eine kündigungsberechtigte Person, sondern an einen Bezirksleiter der Beklagten gerichtet ist, dessen Kenntnis der Revisionsabteilung nicht zugerechnet werden kann.

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Es ist überdies im Hinblick auf den Beginn der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es für notwendig erachtete, zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts auch den durch die Handlungsweise des Klägers Begünstigten, den Inhaber der Firma S., anzuhören. Hierbei handelte es sich um eine nach pflichtgemäßem Ermessen und auch aus verständigen Gründen notwendig erscheinende Maßnahme.

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b) Da das Arbeitsverhältnis mit Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 31.01.2014 aufgelöst worden ist, erweist sich die Klage auch insoweit als unbegründet, als sie sich gegen die hilfsweise zum 30.6.2014 ausgesprochenen Kündigungen richtet, da zu dem mit diesen Kündigungen beabsichtigten Beendigungszeitpunkt das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits aufgelöst war.

57

3. Die Widerklage ist zum Teil begründet.

58

a) Die Beklagte hat gegen den Kläger gemäß § 280 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung von 14.811,82 €.

59

Wie bereits oben unter II. 2.a) ausgeführt, hat der Kläger durch die Freigabe der Rechnung der Firma S. in Höhe von 14.811,82 € seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt. Er ist daher gemäß § 280 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Beklagten den dadurch entstandenen Schaden, der durch die Auszahlung des betreffenden Betrages entstanden ist, zu ersetzen. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren mit Nichtwissen bestritten hat, dass die Firma S. die bei der Sanierung der Kunden-WCs verbauten Materialien noch immer nicht bezahlt hat, so erweist sich dieses Bestreiten als unzureichend. Der Schaden ist nämlich bereits durch die Auszahlung des Rechnungsbetrages an die Firma S. entstanden. Dafür, dass dieser Schaden zwischenzeitlich ausgeglichen, d. h. in Wegfall geraten ist, trägt der Kläger als Schädigender die Darlegungs- und Beweislast. Das bloße Bestreiten des Fortbestehens des Schadens genügt insoweit nicht.

60

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Grundsätze über die beschränkte Arbeitnehmerhaftung berufen. Diese greifen nämlich nur dann ein, wenn das schadensauslösende Handeln des Arbeitnehmers betrieblich veranlasst war. Dies ist nur dann der Fall, wenn bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Schädigers im Betriebsinteresse zu handeln war, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch war und keinen Exzess darstellte (BAG v. 28.10.2010 - 8 AZR 418/09 - AP Nr. 136 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Das im vorliegenden Fall schadensstiftende Verhalten des Arbeitnehmers, nämlich die Freigabe einer Rechnung, die - auch aus Sicht des Klägers - eine ganz offensichtlich nicht bestehende Forderung betrifft, stellt zweifellos einen Exzess dar und ist unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit völlig untypisch. Eine Haftungsbeschränkung greift daher nicht ein.

61

Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

62

b) Im Übrigen ist die Widerklage jedoch nicht begründet.

63

Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung der gewährten Mietzuschüsse sowie der gezahlten Kaution. Diesbezüglich besteht weder unter schadensersatzrechtlichen noch unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten eine Anspruchsgrundlage.

64

Zwischen den Parteien bestand unstreitig eine mündliche Vereinbarung des Inhalts, dass die Beklagte die Kosten des Klägers für die Anmietung einer Wohnung übernimmt. Soweit die Beklagte behauptet hat, sie habe ab August 2012 die monatlichen Mietzahlungen in Höhe von 500,00 € sowie die Mietkaution in Höhe von 800,00 € an die Lebensgefährtin des Klägers zu Unrecht überwiesen, da eine Mietzahlungsverpflichtung des Klägers bereits in Ermangelung der Anmietung einer Wohnung überhaupt nicht bestanden habe, so ist sie für diese Behauptung beweisfällig geblieben.

65

Zwar befand sich die nach Behauptung des Klägers angemietete Wohnung in einem Haus, welches sich in seinem Miteigentum befand. Auch erweist sich die vom Kläger vorgelegte Vereinbarung vom 01.04.2012 zwischen ihm und der weiteren Miteigentümerin, seiner Lebensgefährtin, über die Abtretung seiner rechtlichen Ansprüche als Hauseigentümer gemäß §§ 873, 925, 311b Abs. 1 BGB als unwirksam. Gleichwohl konnte die in der betreffenden Vereinbarung im Zusammenhang mit der Abtretung getroffene Abrede, nach deren Inhalt sich der Kläger zur Zahlung einer monatlichen Miete von 500,00 € verpflichtete, schuldrechtliche Wirkungen entfalten. Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn die Vereinbarung vom 01.04.2012, wie von der Beklagten behauptet, nur zum Schein geschlossen worden wäre, d. h. wenn sich der Kläger in Wirklichkeit nicht hätte zur Zahlung einer Miete verpflichten wollen. Diesbezüglich fehlt es jedoch an ausreichenden, eine hinreichende Überzeugung des Gerichts begründenden Anhaltspunkten.

66

III. Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

67

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

68

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72a ArbGG), wird hingewiesen.

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(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.09.2010, Az: 1 Ca 686/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen.

2

Die Klägerin war seit dem 01.10.2009 bei der Firma Z e. K., dessen Inhaberin seinerzeit die Beklagte war, als Verkäuferin in Teilzeit zu einem Bruttomonatsentgelt von 760,00 EUR auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.10.2009 beschäftigt, der auf Arbeitgeberseite vom Ehemann der Beklagten mit dem Zusatz "i.V." unterzeichnet ist.

3

Mit Schreiben vom 23.03.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise fristgerecht zum 30.04.2010. Das betreffende Kündigungsschreiben (Bl. 9 d. A.) ist vom Ehemann der Beklagten mit dem Zusatz "i. V." unterzeichnet. Mit Schreiben vom 30.03.2010, welches einer Angestellten der Beklagten noch am selben Tag im Ladenlokal der Firma Z e.K. ausgehändigt wurde, wies die Klägerin die Kündigung gemäß § 174 BGB wegen Nichtvorlage einer Vollmacht zurück und rügte zugleich die Vertretungsmacht des Ehemannes der Beklagten.

4

Mit Schreiben vom 10.05.2010, welches sowohl von ihr selbst, als auch von ihrem Ehemann unterzeichnet ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos sowie hilfsweise fristgerecht zum 15.06.2010.

5

Gegen diese Kündigungen richtet sich die von der Klägerin am 12.04.2010 beim Arbeitsgericht eingereichte und im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens mehrfach erweiterte Klage. Die Klägerin begehrt von der Beklagten darüber hinaus unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges die Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 23.03.2010 bis 15.06.2010 sowie die Abgeltung restlichen Urlaubs.

6

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig nicht mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.

7

Zur weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens, insbesondere hinsichtlich der von der Beklagten behaupteten Kündigungsgründe, wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.09.2010 (Bl. 93 bis 96 d. A.) Bezug genommen.

8

Die Klägerin hat beantragt:

9

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.03.2010 zugegangen am selben Tage, nicht außerordentlich aufgelöst ist, sondern erst zum 15.06.2010 mit ordentlicher Frist endete.

10

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die ersatzweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 23.03.2010 zugegangen am selben Tage, nicht ordentlich aufgelöst ist, sondern erst zum 15.06.2010 mit ordentlicher Frist endete.

11

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.05.2010, der Klägerin zugegangen am 12.05.2010, nicht außerordentlich aufgelöst ist, sondern erst zum 15.06.2010 mit ordentlicher Frist endete.

12

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Vergütung für den Monat März 2010 einen weiteren Betrag i. H. v. 177,33 € brutto zzgl. Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2010 zu zahlen.

13

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Vergütung für den Monat April 2010 einen Betrag i. H. v. 760 € brutto zzgl. Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.05.2010 zu zahlen.

14

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Vergütung für den Monat Mai 2010 einen Betrag i. H. v. 760 € brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2010 zu zahlen.

15

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Vergütung für den Monat Juni 2010 einen Betrag i. H. v. 380 € brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2010 zu zahlen.

16

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zur Urlaubsabgeltung für das Kalenderjahr 2010 einen Betrag i. H. v. 286,83 € abzüglich des auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Nettozahlungsanspruch i. H. v. 228,80 € zzgl. Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2010 zu zahlen.

17

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über das vom 01.10.2009 bis zum 15.06.2010 zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ein einfaches Zeugnis zu erteilen.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 29.09.2010 insgesamt stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 6 bis 10 dieses Urteils = Bl. 96 bis 100 d. A. verwiesen.

21

Gegen das ihr am 23.10.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.11.2010 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 24.01.2011 begründet.

22

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, ihr Ehegatte sei sowohl zur Einstellung als auch zur Kündigung von Mitarbeitern berechtigt und befugt gewesen. Sie - die Beklagte - sei lediglich formal Arbeitgeberin gewesen. Tatsächlicher Betreiber der Tabakläden sei ihr Ehemann gewesen. Lediglich aus formalen Gründen sei seinerzeit die Firma Z e. K. auf ihren Namen gegründet worden. Ihr Ehemann habe der Klägerin gegenüber auch erklärt, dass er der eigentliche Inhaber des Geschäfts sei und er sämtliche Funktionen innerhalb des Betriebes sowohl in personalrechtlichen Angelegenheiten als auch im geschäftlichen Alltag selbständig erledigen und erfüllen könne. Dementsprechend habe er auch die Arbeitsbedingungen mit der Klägerin ausgehandelt, den Arbeitsvertrag entworfen und diesen mit dem Zusatz "i. V." unterzeichnet. Der Klägerin sei also ganz genau die Konstellation zwischen ihr und ihrem Ehegatten bekannt gewesen. Sie habe ihren Ehemann auch stets als "Chef" angesprochen und sämtliche Arbeitsanweisungen von ihm akzeptiert. Die Klägerin habe auch erkennen können, dass Abmahnungen allein vom tatsächlichen Inhaber, nämlich von ihrem Ehemann, ausgesprochen worden seien. Dieser sei von ihr - der Beklagten - ausdrücklich zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern bevollmächtigt worden. Die Zurückweisung der Kündigung vom 23.03.2010 wegen Nichtvorlage einer Originalvollmacht gehe daher ins Leere. Darüber hinaus sei die Zurückweisung verspätet erfolgt. Die Rüge sei ihr nicht mehr am 30.03.2010 zugegangen. Grund hierfür sei, dass das Schreiben der Klägerin vom 30.03.2010 nicht an die richtige Adresse (Firmenanschrift), sondern an die Adresse einer Filiale abgesandt worden sei, wo keine empfangsberechtigte Person tätig gewesen sei. Sie habe das betreffende Schreiben erst zwei Tage später erhalten. Das Arbeitsverhältnis sei somit bereits durch die fristlose Kündigung vom 23.03.2010 aufgelöst worden, da gegen die Klägerin der dringende Verdacht bestehe, dass diese falsch abgerechnet und nach Feierabend überzählige Gelder unterschlagen habe. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 23.03.2010 stünden der Klägerin auch nicht die geltend gemachten Gehaltsansprüche zu. Auch Urlaubsabgeltungsansprüche der Klägerin bestünden nicht. Solche könnten allenfalls im Umfang von 2/12 des Jahresurlaubs für das Jahr 2010 bestehen. In diesem Umfang habe die Klägerin jedoch bereits ihren Urlaub erhalten.

23

Zur Darstellung aller weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 24.01.2011 (Bl. 132 bis 140 d. A.) sowie auf den ergänzenden Schriftsatz vom 06.06.2011 (Bl. 218 bis 224 d. A.) Bezug genommen.

24

Die Beklagte beantragt,

25

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

26

Die Klägerin beantragt,

27

die Berufung zurückzuweisen.

28

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 27.02.2011 (Bl. 162 bis 174 d. A.), vom 03.03.2011 (Bl. 169 bis 171 d. A.), vom 17.03.20111 (Bl. 175 f. d. A.) und vom 06.06.2011 (Bl. 199 bis 202 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

29

Die statthafte Berufung der Beklagten ist insoweit unzulässig, als sich das Rechtsmittel auch gegen die in der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgte Verurteilung zur Erteilung eines einfachen Arbeitszeugnisses richtet. Diesbezüglich fehlt es an einer den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO gerecht werdenden Berufungsbegründung, da diese keinerlei Ausführungen enthält, aus welchen Gründen das erstinstanzliche Urteil insoweit unrichtig sein soll.

30

Im Übrigen ist die Berufung zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II.

31

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.03.2010 noch durch die mit selbigen Schreiben hilfsweise zum 30.04.2010 ausgesprochene ordentliche Kündigung aufgelöst worden.

32

Dabei kann offen bleiben, ob der Ehemann der Beklagten, der das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz "i. V." unterzeichnet hat, über die erforderliche Vertretungsmacht (§ 164 Abs. 1 BGB) zum Ausspruch einer Kündigung verfügte. Geht man hiervon zu Gunsten der Beklagten unter Zugrundelegung ihres diesbezüglichen Sachvortrages aus, so ist die Kündigung jedenfalls gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Die Beklagte hat die Klägerin über ein Kündigungsrecht ihres Ehemannes nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

33

a) Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat.

34

Der Kündigungserklärung des Ehegatten der Beklagten, die Inhaberin der im Arbeitsvertrag auf Arbeitgeberseite genannten Firma Z e. K. war, war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt, mit der Folge, dass die Klägerin berechtigt war, die Kündigungserklärung aus diesem Grund nach § 174 Satz 1 BGB zurückzuweisen.

35

Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Beklagte die Klägerin nicht von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Ehegatte der Beklagten die Klägerin in irgendeiner Weise über das Bestehen einer Vollmacht oder darüber informiert hat, dass er über eine solche Stellung verfügt, die in der Regel mit einer Kündigungsbefugnis verbunden ist. Das In-Kenntnis-Setzen nach § 174 Satz 2 BGB muss nämlich durch den Vollmachtgeber, d. h. vorliegend durch den Arbeit-geber selbst erfolgen und nicht durch den Vertreter (LAG Rheinland-Pfalz v. 29.10.2008 - 8 Sa 265/08 -; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Auflage, § 174, Rz. 7).

36

Zwar liegt ein In-Kenntnis-Setzen i. S. v. § 174 Satz 2 BGB auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - z. B. durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stellung berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion allein nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger vom Vollmachtgeber davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich inne hat (BAG v. 20.09.2006 - 6 AZR 82/06 -). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein In-Kenntnis-Setzen nach § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht (BAG v. 14.04.2011 - 6 AZR 727/09 - NZA 2011, 683). Zwar ist die Zurückweisung der Kündigungserklärung eines Prokuristen nach § 174 BGB auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Erteilung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt (BAG v. 11.07.1991 - 2 AZR 107/91 - AP Nr. 9 zu § 174 BGB).

37

Im Streitfall ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte selbst die Klägerin davon in Kenntnis gesetzt hat, dass ihr Ehegatte eine Stellung inne hat, die in der Regel mit einer Kündigungsbefugnis verbunden zu sein pflegt. Ein äußerer Vorgang, der die im Innenverhältnis erfolgte Übertragung einer solchen Position gegenüber der Arbeitnehmerschaft öffentlich gemacht haben könnte, ist nicht erkennbar. Nicht ausreichend ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Ehegatte der Beklagten gegenüber den Arbeitnehmern als "Chef" geriert hat, da das In-Kenntnis-Setzen i. S. v. § 174 Satz 2 BGB - wie bereits ausgeführt - durch den Vollmachtgeber selbst und nicht durch den Vertreter zu erfolgen hat. Darüber hinaus lässt sich aus der Berechtigung zur Erteilung von Weisungen und auch von Abmahnungen ohnehin nicht auf eine Kündigungsbefugnis schließen. Weisungs- und Abmahnungsbefugnisse obliegen regelmäßig jedem Vorgesetzten gegenüber den ihm nachgeordneten Arbeitnehmern. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch die Berechtigung des Ehegatten der Beklagten zum Abschluss von Arbeitsverträgen. Eine Befugnis zur Einstellung kann nämlich nicht gleichgesetzt werden mit der möglichen Befugnis zur Kündigung, weil diesbezügliche Bevollmächtigungen auseinanderfallen können (LAG Rheinland-Pfalz v. 26.08.2010 - 2 Sa 284/10 -).

38

b) Die Zurückweisung erfolgte auch unverzüglich i. S. v. § 174 Satz 1 BGB. Die Klägerin hat die ihr am Dienstag, dem 23.03.2010, zugegangene Kündigung mit Schreiben vom 30.03.2010, welches dem Ehegatten der Beklagten ausweislich dessen E-Mail vom 30.03.2010 (Bl. 233 d. A.) noch am selben Tag zuging, zurückgewiesen. Die Zurückweisung erfolgte somit noch innerhalb einer Woche, was - jedenfalls, wenn wie vorliegend ein Wochenende dazwischen gelegen hat - noch ausreichend ist (vgl. KR-Friedrich, 8. Auflage, § 134 KSchG, Rz. 285, m. N. a. d. R.). Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr selbst die Zurückweisungserklärung erst zwei Tage später zugegangen ist. Unter Zugrundelegung ihres eigenen Vortrages war ihr Ehegatte nämlich umfassend in arbeitsvertraglichen Angelegenheiten bevollmächtigt und daher auch bezüglich des Empfangs einer Zurückweisungserklärung vertretungsberechtigt.

39

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die mit Schreiben vom 10.05.2010 erklärte fristlose Kündigung aufgelöst worden, sondern hat infolge der mit selbigem Schreiben hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung erst zum 15.06.2010 geendet, da am 10.05.2010 die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB bereits abgelaufen war.

40

Das Berufungsgericht folgt insoweit uneingeschränkt den Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II. 1. in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils (dort S. 9 = Bl. 99 d. A.) und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest.

41

3. Infolge der Unwirksamkeit der Kündigungen vom 23.03.2010 und der fristlosen Kündigung vom 10.05.2010 hat die Klägerin gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des arbeitgeberseitigen Annahmeverzuges gemäß § 615 BGB Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für den Zeitraum vom 23.03. bis 15.06.2010 in der vom Kläger beantragten und vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Höhe, deren rechnerische Richtigkeit die Beklagte nicht bestritten hat.

42

4. Der von der Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 28.06.2010 (dort S. 6 f. = Bl. 39 f. d. A.) bis ins Einzelne gehend berechnete und eingeklagte Urlaubsabgeltungsanspruch, den die Beklagte in rechnerischer Hinsicht erstinstanzlich nicht bestritten hat, folgt aus § 7 Abs. 4 BUrlG. Soweit die Beklagte (erstmals) im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, die Urlaubsansprüche der Klägerin für das Jahr 2010 seien "im Umfang von 2/12 des Jahresurlaubs" bereits erfüllt, so erweist sich dieses Vorbringen als unsubstantiiert. Es wäre insoweit Sache der Beklagten gewesen, Anzahl und ggf. Lage der der Klägerin gewährten Urlaubstage darzulegen.

III.

43

Nach alledem war die Berufung der Beklagten mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

44

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.3.2008 - 10 Ca 1273/07 - wie folgt abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.6.2007 aufgelöst worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Beklagten mit sozialer Auslauffrist vom 19.6.2007 aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in ihrem Markt in E. zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Teamleiterin Kasse weiterzubeschäftigen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

a) 512,81 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2007,

b) 1052,19 € brutto abzüglich 460,24 € (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.7.2007,

c) 2.789,08 € brutto abzüglich 1255,20 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2007,

d) 2.789,08 € brutto abzüglich 1255,20 € (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2007,

e) 2.789,08 € brutto abzüglich 1255,20 € (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2007

zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen sowie einer hilfsweise unter Einhaltung einer Auslauffrist ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung. Darüber hinaus begehrt die Klägerin die Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens sowie (im vorliegenden Berufungsverfahren) Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.

2

Die am … 1943 geborene, verheiratete Klägerin war seit dem 09.02.1981 bei der Beklagten in deren Einkaufsmarkt in E., zuletzt als "Teamleiterin Kasse" beschäftigt.

3

Mit Schreiben vom 19.06.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise außerordentlich unter Einhaltung einer Auslauffrist zum 31.07.2007. Das Kündigungsschreiben (Bl. 15 d.A.) ist wie folgt unterzeichnet:

4

" Z,-SB-Warenhaus GmbH

i.V. Y

- Geschäftsleiter -"

5

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22.06.2007 hat die Klägerin die Kündigungen wegen fehlender Vorlage einer Originalvollmacht zurückgewiesen.

6

Mit ihrer am 29.06.2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose noch durch die hilfsweise unter Einhaltung einer Auslauffrist ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist. Zugleich hat die Klägerin Klage auf tatsächliche Weiterbeschäftigung sowie auf Zahlung rückständiger Arbeitsvergütung für den Monat Mai in Höhe von 512,81 Euro netto erhoben. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin darüber hinaus Arbeitsentgeltansprüche aus Annahmeverzug für den Zeitraum vom 20.06. bis einschließlich 30.09.2007 geltend gemacht.

7

Die Klägerin hat erstinstanzlich u.a. vorgetragen, die streitbefangenen Kündigungen seien bereits nach § 174 BGB unwirksam. Die Beklagte hat demgegenüber diesbezüglich geltend gemacht, die Klägerin könne sich nicht auf § 174 BGB berufen, denn ihr sei die Bevollmächtigung des Geschäftsleiters Y durch einen Aushang am Schwarzen Brett, welches sich am Personaleingang befinde, ausreichend zur Kenntnis gebracht worden. Außerdem sei davon auszugehen, dass Geschäftsleiter in Betrieben der vorliegenden Art grundsätzlich zum Ausspruch von Kündigungen befugt seien.

8

Von einer weitergehenden (wiederholenden) Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den ausführlichen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.03.2008 (Bl. 288 - 296 d.A.).

9

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung mehrerer Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 21.11.2007 (Bl. 220 ff d.A.) und vom 19.03.2008 (Bl. 283 ff d.A.) verwiesen.

10

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.03.2008 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Mai 2007 rückständiges Gehalt in Höhe von 512,81 Euro netto nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Zahlungsklage, die Kündigungsschutzklage sowie den Weiterbeschäftigungsantrag hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 10 - 27 (= Bl. 296 - 313 d.A.) verwiesen.

11

Gegen das ihr am 21.04.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.05.2008 Berufung eingelegt und diese am 18.06.2008 begründet.

12

Die Klägerin macht u.a. geltend, die Annahme des Arbeitsgerichts, der Wirksamkeit der Kündigung stehe nicht die fehlende Vorlage einer Vollmacht durch den Marktleiter entgegen, sei unzutreffend. Der von der Beklagten behauptete Aushang eines Schriftstückes, welches sie nie gesehen habe, am Schwarzen Brett, aus dem sich die Vertretungsbefugnis des Marktleiters ergebe, reiche für ein In-Kenntnis-Setzen i.S.v. § 174 S. 2 BGB nicht aus. Es sei nicht allgemein üblich, an Schwarzen Brettern Vollmachtsurkunden und Ähnliches auszuhängen und die Arbeitnehmer auf diesem Weg über Veränderungen bei den Vertretungsvollmachten des Arbeitgebers zu informieren. Zudem setze § 174 S. 2 BGB voraus, dass der Vollmachtgeber den Erklärungsempfänger tatsächlich von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt habe. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien die Mitarbeiter auch nicht gehalten gewesen, sich über den Inhalt der Aushänge am Schwarzen Brett zu informieren. Dieser Auffassung könnte, wenn überhaupt, nur dann gefolgt werden, wenn die Beklagte die Arbeitnehmer tatsächlich dazu angehalten hätte, die Mitteilungen am Schwarzen Brett zur Kenntnis zu nehmen.

13

Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 17.06.2008 (Bl. 242 - 355 d.A.) sowie auf den Schriftsatz vom 26.09.2008 (Bl. 456 - 461 d.A.) Bezug genommen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und

16

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.06.07 aufgelöst worden ist,

17

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die hilfsweise außerordentliche Kündigung der Beklagten mit sozialer Auslauffrist vom 19.06.07 aufgelöst worden ist,

18

3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in ihrem Markt in E. zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Teamleiterin Kasse weiterzubeschäftigen,

19

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin rückständiges Gehalt für den Monat Mai 2007 in Höhe von EUR 512,81 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01. Juni 2007 zu zahlen,

20

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

21

EUR 1.052,19 brutto abzüglich EUR 460,24 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juli 2007 zu zahlen,

22

6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

23

EUR 2.789,08 brutto abzüglich EUR 1.255,20 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. August 2007 zu zahlen.

24

7. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

25

EUR 2.789,08 brutto abzüglich EUR 1.255,20 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. September 2007 zu zahlen,

26

8. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

27

EUR 2.789,08 brutto abzüglich EUR 1.255,20 (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich hierfür abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Oktober 2007 zu zahlen.

28

Die Beklagte beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht u.a. geltend, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere nicht an einer fehlenden Vollmachtsvorlage. Insoweit habe das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung zutreffend festgestellt, dass der Aushang am Schwarzen Brett des Personaleingangs ausreiche, um die Voraussetzungen des § 174 S. 2 BGB zu erfüllen. Darüber hinaus sei der Geschäftsleiter im SB-Warenhaus E. bis zu seinem Ausscheiden für alle Personalangelegenheiten der 273 dort beschäftigten Mitarbeiter zuständig und verantwortlich gewesen. Er sei der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers in dem betreffenden Warenhaus und für die dort beschäftigten Mitarbeiter regelmäßig der höchste Ansprechpartner in allen Fragen ihres Arbeitsverhältnisses gewesen. So sei er bevollmächtigt und allein berechtigt gewesen, Mitarbeiter einzustellen, Arbeitsverträge abzuschließen, Abmahnungen zu erteilen, Kündigungen auszusprechend und Aufhebungsverträge abzuschließen.

31

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungserwiderungsschrift vom 14.07.2008 (Bl. 400-411 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

32

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

II.

33

Die Klage ist insgesamt begründet.

34

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die fristlose noch durch die unter Einhaltung einer Auslauffrist zum 31.07.2007 ausgesprochene Kündigung vom 19.06.2007 aufgelöst worden.

35

Beide Kündigungen sind nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam.

36

Dem Kündigungsschreiben vom 19.06.2007 - unterzeichnet vom Geschäftsleiter Y -, einem einseitigen Rechtsgeschäft, war keine Vollmachtsurkunde beigefügt und die Klägerin hat durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.06.2007 und somit unverzüglich i.S.v. § 174 S. 1 BGB die Kündigungen wegen des Fehlens der Vollmachtsurkunde zurückgewiesen.

37

Die Zurückweisung war nicht gemäß § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen.

38

Eine solche Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Der Kündigungsempfänger soll nach § 174 BGB nur dann zur Zurückweisung der Kündigungserklärung berechtigt sein, wenn er keine Gewissheit hat, ob der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und der Vertretene die Erklärung gegen sich gelten lassen muss. Eine solche Ungewissheit kann dann nicht bestehen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer allgemein darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass ein bestimmter Mitarbeiter zu derartigen Erklärungen wie einer Kündigung bevollmächtigt ist. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass der betreffende Mitarbeiter in eine Stellung berufen wird, mit der das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist. Insoweit bedeutet die Berufung eines Mitarbeiters in die Stellung als Leiter der Personalabteilung, als Prokurist oder als Generalbevollmächtigter in der Regel, dass die Arbeitnehmer des Betriebes auch im Sinne des § 174 S. 2 BGB davon in Kenntnis gesetzt sind, dass der Betreffende zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen berechtigt ist. Unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung ist dabei allerdings stets auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles festzustellen, wie sich die Position des Erklärenden für einen objektiven Betrachter darstellt, ob also mit einer derartigen Stellung die Kündigungsbefugnis verbunden zu sein pflegt (BAG vom 20.08.1997 - 2 AZR 518/96 - NZA 1997, 1343, m.w.N.).

39

Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze war die Klägerin vor Ausspruch der Kündigungen nicht von der Bevollmächtigung des Herrn Y in Kenntnis gesetzt worden.

40

Die Beklagte hat Herrn Y nicht in eine Stellung berufen, mit der das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist. Die Position des Herrn Y ist unstreitig als diejenige eines Geschäftsleiters bzw. Marktleiters zu bezeichnen. Eine solche Stellung beinhaltet in einem Unternehmen wie demjenigen der Beklagten, die mehrere hundert Einkaufsmärkte bzw. Warenhäuser betreibt, keineswegs regelmäßig die Befugnis, Kündigungen auszusprechen. Dies hängt vielmehr ab von der unternehmenseigenen Organisationsstruktur, insbesondere im Bereich der Personalleitung. Diesbezüglich ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass bei der Beklagten - wie sich aus den von ihr vorgelegten Aushängen vom 01.11. und 04.12.2006 (Bl. 43 f d.A.) ergibt, Positionen bzw. Organisationseinheiten mit der Bezeichnung "Geschäftsführung Personal", "Bereichsleitung Personal und Soziales" sowie "Regionaler Personalleiter" existieren. Die Beklagte verfügt daher im Personalbereich über Organisationseinheiten, die jeweils eine Vielzahl bzw. zumindest mehrere Warenhäuser umfassen. Bei einer solchen Organisationsstruktur kann keinesfalls angenommen werden, dass der Leiter eines einzelnen Einkaufsmarktes zweifelsfrei kündigungsbefugt ist.

41

Soweit die Beklagte geltend macht, Herr Y sei der gesetzliche Vertreter der Arbeitgeberin "im Haus" und für die dort beschäftigten Mitarbeiter regelmäßig der höchste Ansprechpartner in allen Fragen ihres Arbeitsverhältnisses sowie bevollmächtigt gewesen, Mitarbeiter einzustellen, Arbeitsverträge abzuschließen, Abmahnungen zu erteilen, Kündigungen auszusprechen und Aufhebungsverträge abzuschließen, so erweist sich dieses Vorbringen im Hinblick auf ein In-Kenntnis-Setzen i.S.v. § 174 S. 2 BGB als unerheblich. Es geht nämlich vorliegend nicht um die Frage, ob der Geschäftsleiter - wovon auszugehen ist - zur Durchführung solcher Personalmaßnahmen bevollmächtigt war, sondern darum, ob die Klägerin von einer solchen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden war. Dies kann jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht bereits im Hinblick auf die Position des Herrn Y als Geschäfts- bzw. Marktleiter angenommen werden. Darüber hinaus muss das In-Kenntnis-Setzen durch den Arbeitgeber selbst erfolgen und nicht durch den Vertreter (Palandt/Heinrich, BGB, 65. Aufl., § 174 Rz. 7).

42

Die Beklagte hat die Klägerin auch nicht durch die Aushänge am Schwarzen Brett vom November/Dezember 2006 (Bl. 43 f d.A.) von der Bevollmächtigung des Geschäftsleiters zum Ausspruch von Kündigungen nach § 174 S. 2 BGB in Kenntnis gesetzt. Wie sich aus dem Wortlaut des § 174 S. 2 BGB und dem Umstand ergibt, dass das In-Kenntnis-Setzen ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage der Vollmachtsurkunde sein soll, muss die Mitteilung von der Bevollmächtigung unmittelbar an den Erklärungsempfänger herangetragen werden und von ihm vernommen werden können. Ein Aushang an einem Schwarzen Brett allein reicht hierfür nicht aus (BAG v. 03.07.2003 - 2 AZR 235/02 - NZA 2004, 1547; LAG Köln v. 03.05.2002 - 4 Sa 1285/01 - NZA-RR 2003, 194 ff; LAG Berlin v. 28.06.2006 - 15 Sa 632/06 - NZA-RR 2007, 15 ff). Sog. "Schwarzen Bretter" werden typischerweise zu ganz unterschiedlichen Mitteilungen verwendet. So werden dort auch Aushänge des Betriebsrats oder der Gewerkschaften vorgenommen sowie Anzeigen von Arbeitnehmern, die Gegenstände erwerben oder verkaufen wollen. Diesbezüglich hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2008 auch eingeräumt, dass am Schwarzen Brett in ihrem Markt in E. sowohl Mitteilungen des Arbeitgebers als auch Mitteilungen des Betriebsrats und einzelner Arbeitnehmer aushängen. Es kann daher keineswegs als allgemein üblich angesehen werden, an Schwarzen Brettern Vollmachtsurkunden oder ähnliches auszuhängen bzw. die Arbeitnehmer auf diesem Wege über Tatsachen zu informieren, die unmittelbar für Einwirkungen auf deren Vertragsverhältnis bedeutsam sind (vgl. LAG Köln v. 03.05.2002 a.a.O.). Im Übrigen verlangt § 174 S.2 BGB gerade keine Nachforschungen vom Erklärungsempfänger über die Bevollmächtigung des Erklärenden, sondern ein In-Kenntnis-Setzen und damit ein Handeln des Vertretenen zur Information des Erklärungsempfängers. Ein Aushang am Schwarzen Brett wäre diesbezüglich nur dann ausreichend, wenn die Klägerin von Seiten der Beklagten in irgendeiner Weise aufgefordert worden war, sich anhand der dortigen Aushänge über Vertretungsbefugnisse oder zumindest allgemein über Tatsachen zu informieren, die für das Vertragsverhältnis von Bedeutung sein könnten (vgl. hierzu auch BAG v. 20.09.2006 - 6 AZR 82/06 - AP Nr. 19 zu § 174 BGB). Dies ist jedoch im Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Umstand, dass das Schwarze Brett vorliegend am Personaleingang angebracht und nach Behauptung der Beklagten in mehrere Felder untergliedert ist, wovon eines für Mitteilungen des Arbeitgebers vorgesehen ist, erweist sich insoweit als unzureichend. Hieraus lässt sich nämlich nicht herleiten, dass der Klägerin bekannt war, dass wesentliche Mitteilungen in Bezug auf die Ausgestaltung ihres Arbeitsverhältnisses dort aushängen können.

43

2. Der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ist ebenfalls begründet. Da die Unwirksamkeit der streitbefangenen Kündigungen festzustellen ist, hat die Klägerin einen Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens.

44

3. Das Rechtsmittel der Klägerin ist letztlich auch insoweit begründet, als die Klägerin über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag hinaus die Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 20.06. bis 30.09.2007 begehrt.

45

Infolge der Unwirksamkeit der Kündigungen befand sich die Beklagte während des betreffenden Zeitraumes in Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung der Klägerin. Diese hat daher nach § 615 BGB Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Beträge.

III.

46

Nach alledem war der Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt stattzugeben.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

48

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. April 2009 - 10 Sa 1402/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens und der Nebenintervention haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Diagnosegeräts.

2

Die Kläger betreiben als Fachärzte eine Gemeinschaftspraxis für radiologische Diagnostik und Nuklearmedizin. Etwa 2/3 des durchschnittlichen Umsatzes der Praxis werden mit einem Magnetresonanztomographen (MRT) erwirtschaftet. Die Beklagte ist in der Praxis langjährig als Reinigungskraft beschäftigt, zuletzt gegen ein monatliches Bruttoentgelt iHv. 320,00 Euro. Die Nebenintervenientin ist das Versicherungsunternehmen, bei dem die Beklagte eine Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen hat.

3

Am Sonntag, 8. Januar 2006, besuchte die Beklagte ihre über den Praxisräumen der Kläger wohnende und mit ihr befreundete Arbeitskollegin Frau B. Bei Besuchsende nahmen die beiden Frauen auf dem Weg zur Haustür in der Praxis einen Alarmton wahr. Die Beklagte ging in die nicht verschlossenen Praxisräume, stellte fest, dass der Alarm vom MRT ausging und wollte an der Steuereinheit des Geräts den Alarmton ausschalten. Die fest an der Wand montierte Steuereinheit besitzt fünf Schaltknöpfe, vier davon sind in blauer Farbe gehalten und mit „host standby“, „alarm silence“, „system off“ und „system on“ überschrieben. Oberhalb von diesen im Quadrat angeordneten blauen Schaltknöpfen befindet sich ein deutlich größerer roter Schaltknopf, der mit der weißen Aufschrift „magnet stop“ versehen ist. Dieser rote Schalter ist hinter einer durchsichtigen Plexiglasklappe, die vor der Betätigung des Schalters angehoben werden muss, angebracht.

4

Um den Alarm auszuschalten, drückte die Beklagte statt des hierfür vorgesehenen blauen Knopfes „alarm silence“ den roten Schaltknopf „magnet stop“ und löste hierdurch einen so genannten MRT-Quench aus. Dabei wird das im Gerät als Kühlmittel eingesetzte Helium in wenigen Sekunden ins Freie abgeleitet, was das elektromagnetische Feld des Gerätes zusammenbrechen lässt. Die nach dieser Notabschaltung fällige Reparatur dauerte bis einschließlich Mittwoch, 11. Januar 2006, und kostete netto 30.843,01 Euro. Unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Selbstbehalts zahlte die Betriebsunterbrechungs-Schadensversicherung der Kläger für einen Ausfalltag Schadensersatz iHv. 10.289,34 Euro.

5

Die Kläger haben behauptet, der rote Knopf für die Notabschaltung sei zusätzlich durch zwei über dem Plexiglasdeckel angebrachte Klebestreifen gesichert gewesen, die beschriftet gewesen seien. Auf dem oberen Streifen habe „bei Alarm alarm silence drücken“ und auf dem unteren habe „nicht mag stop. Es wird teuer!“ gestanden. Neben den Reparaturkosten sei ein weiterer, von der Versicherung nicht abgedeckter Nutzungsausfallschaden iHv. 18.390,00 Euro netto entstanden. Sie haben die Auffassung vertreten, das Handeln der Beklagten, die nicht einmal im Rahmen ihrer Aufgaben mit der Reinigung des MRT beauftragt gewesen sei, stelle sich als gröbst fahrlässig dar. Obgleich das Handeln betrieblich veranlasst gewesen sei, scheide wegen der besonders groben Fahrlässigkeit eine Haftungsprivilegierung aus. Da die Privathaftpflichtversicherung der Beklagten einstandspflichtig sei, wirke sich die Geltendmachung des vollständigen Schadensersatzanspruchs für die Beklagte nicht existenzgefährdend aus. Die Kläger seien bei Begründung des Arbeitsverhältnisses selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Beklagte über eine private Haftpflichtversicherung verfüge.

6

Soweit für die Revision von Bedeutung beantragen die Kläger,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gläubiger weitere 46.775,81 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2006 zu zahlen.

7

Auf der Beklagtenseite hat die Nebenintervenientin ihren Antrag auf Klageabweisung damit begründet, dass die Beklagte sich im angenommenen Interesse der Kläger verpflichtet gefühlt habe, den Alarmton auszuschalten. Dass sie dabei den falschen Knopf betätigt habe, sei versehentlich erfolgt, wobei sie in der Vergangenheit schon einmal einen MRT-Alarm erfolgreich abgeschaltet habe. Grob fahrlässig habe die Klägerin nicht gehandelt, da sie nicht einmal die Möglichkeit des eingetretenen Schadens gesehen habe. Somit scheide eine Haftung der Beklagten aus. Als Haftpflichtversicherer der Beklagten sei die Nebenintervenientin nur in dem Umfang wie die Beklagte selbst einstandspflichtig.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.920,00 Euro, dh. iHv. sechs Bruttomonatsbezügen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Kläger hatte vor dem Landesarbeitsgericht insoweit Erfolg, als weitere 1.920,00 Euro zugesprochen wurden. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger weiter den Ersatz ihres gesamten Schadens.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen den Schadensersatzanspruch der Kläger in der Höhe auf ein Bruttojahresgehalt der Beklagten begrenzt.

10

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte habe schuldhaft ihre vertragliche wie gesetzliche Pflicht, das Eigentum der Kläger nicht zu beschädigen, verletzt. Die schädigende Handlung der Beklagten sei betrieblich veranlasst gewesen. Sie habe dabei besonders grob fahrlässig gehandelt, weil sie wahllos einen der Knöpfe auf der MRT-Steuereinheit gedrückt habe, ohne dessen Funktion zu kennen. Das Verschulden der Beklagten beziehe sich auch auf den Schadenseintritt, weil sie sich der Einsicht verschlossen habe, dass die Handlung einen Schaden unbekannter Art zur Folge haben könnte. Trotz des hohen Verschuldensgrades beim Handeln der Beklagten komme ihr aber eine Haftungserleichterung aufgrund einer Abwägung im Einzelfall zugute. In die Abwägung sei nicht nur der Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Verschuldens, sondern auch die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung abdeckbares Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe des Arbeitsentgelts, in dem möglicherweise eine Risikoprämie enthalten sei, einzustellen. Es könne entscheidend darauf ankommen, dass der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko der Tätigkeit steht. Bei Berücksichtigung all dieser Umstände hafte die Beklagte mit einem vollen Jahresbruttoeinkommen. Dies stelle für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer eine enorme Belastung dar, was aber wegen des hohen Verschuldensgrades der Beklagten noch vertretbar sei. Eine höhere Haftung sei in Anbetracht des uneigennützigen Handelns der Beklagten, das von dem Willen getragen gewesen sei, den Klägern zu helfen, unbillig. Die von der Beklagten abgeschlossene Haftpflichtversicherung erhöhe die Haftungsobergrenze nicht.

11

B. Die dagegen gerichteten Angriffe der zulässigen Revision bleiben ohne Erfolg.

12

I. Die besondere persönliche Bindung der Vertragspartner im Arbeitsverhältnis (BAG 7. September 1995 - 8 AZR 828/93 - BAGE 81, 15 = AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 24 = EzA BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 4) bewirkt für beide Parteien des arbeitsvertraglichen Schuldverhältnisses, dass ihre Verpflichtung zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils (§ 241 Abs. 2 BGB) zu einer Vielzahl von Nebenleistungspflichten wie Unterlassungs- und Handlungspflichten führt. Allgemeine Sorgfalts-, Obhuts-, Fürsorge-, Aufklärungs- und Anzeigepflichten dienen dazu, die Erbringung der Hauptleistung vorzubereiten und zu fördern, die Leistungsmöglichkeit zu erhalten und den Leistungserfolg zu sichern (ErfK/Preis 10. Aufl. § 611 BGB Rn. 707 ff.). Die Beklagte hat, als sie statt des Schaltknopfes „alarm silence“ fehlerhaft den Schaltknopf „magnet stop“ drückte, ihre arbeitsvertragliche Nebenpflicht, den Arbeitgeber nicht zu schädigen, verletzt (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dadurch, dass der bestimmungsgemäße Gebrauch des Diagnosegeräts für die Dauer der Reparatur aufgehoben wurde, wurden die Kläger auch in ihrem absolut geschützten Rechtsgut des Eigentums durch die Handlung der Beklagten verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB). Da die Beklagte schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig handelte und die fehlerhafte Bedienung unstreitig kausal für den entstandenen Schaden war, sind die Kläger grundsätzlich als Mitgläubiger berechtigt, von der Beklagten Schadensersatz zu verlangen (§ 432 Abs. 1 Satz 1 BGB). Anhaltspunkte für eine die Mitgläubigerschaft ausschließende Gesamtgläubigerschaft, etwa auf vertraglicher Grundlage, haben die Kläger nicht vorgetragen. Daher ist von einer gemeinsamen Empfangszuständigkeit der Kläger für den in Geld zu leistenden Schadensersatz und daher iSd. § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB von einer unteilbaren Leistung auszugehen(Palandt/Grüneberg 69. Aufl. § 432 Rn. 1).

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II. Das Handeln der Beklagten war durch den Betrieb der Kläger veranlasst und geschah aufgrund des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien.

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1. Der Begriff der betrieblich veranlassten Tätigkeit ist der gesetzlichen Regelung des § 105 Abs. 1 SGB VII entlehnt und wird von der Rechtsprechung in diesem Sinne ausgelegt(ErfK/Preis § 619a BGB Rn. 12 unter Hinweis auf BAG GS 27. September 1994 - GS 1/89 (A) - BAGE 78, 56 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 103 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 59; 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70; HWK/Krause 4. Aufl. § 619a BGB Rn. 21). Als betrieblich veranlasst gelten solche Tätigkeiten, die arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Das Handeln braucht dabei nicht zum eigentlichen Aufgabengebiet des Beschäftigten gehören, ausreichend ist, wenn er im wohl verstandenen Interesse des Arbeitgebers tätig wird (BGH 2. März 1971 - VI ZR 146/69 - AP RVO § 637 Nr. 6; BAG 14. März 1974 - 2 AZR 155/73 - AP RVO § 637 Nr. 8 = EzA RVO § 637 Nr. 5). Das Handeln ist betrieblich veranlasst, wenn bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Schädigers im Betriebsinteresse zu handeln war, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch war und keinen Exzess darstellte (BAG 22. April 2004 - 8 AZR 159/03 - BAGE 110, 195 = AP SGB VII § 105 Nr. 3 = EzA SGB VII § 105 Nr. 4). Der betriebliche Charakter der Tätigkeit geht nicht dadurch verloren, dass der Arbeitnehmer bei der Durchführung der Tätigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Verhaltenspflichten verletzt, auch wenn ein solches Verhalten grundsätzlich nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt (BAG 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - aaO).

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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt, dass das Handeln der Beklagten betrieblich veranlasst war. Die Beklagte handelte zwar außerhalb ihrer Arbeitszeit und nicht in direkter Verfolgung ihrer Hauptleistungspflicht, aber um ihren allgemeinen Sorgfalts- und Obhutspflichten als Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis (§ 241 Abs. 2 BGB) nachzukommen, Schaden von den Klägern abzuwenden und die Leistungsmöglichkeit der Praxis und damit auch ihren eigenen Arbeitsplatz zu erhalten. Die Beklagte erkannte, als sie aus der Praxis den Alarmton wahrnahm, dass sie verpflichtet war, Schaden von ihren Arbeitgebern abzuwenden und ihnen bei der Betriebsstörung zu helfen. Dass sie im Folgenden falsch handelte und ihr dabei ein Verschulden anzulasten ist, ändert nichts daran, dass zwischen der beabsichtigten Schadensverhinderung oder -minderung durch die Beklagte und dem wohl verstandenen Interesse der Kläger ein enger innerer Zusammenhang besteht, wie er für eine betrieblich veranlasste Tätigkeit typisch ist.

16

III. Das betrieblich veranlasste Handeln der Beklagten ist nach den Grundsätzen über die beschränkte Arbeitnehmerhaftung zu beurteilen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.

17

1. Nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen (27. September 1994 - GS 1/89 (A) - BAGE 78, 56 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 103 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 59) hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen, bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen, jedoch können Haftungserleichterungen, die von einer Abwägung im Einzelfall abhängig sind, in Betracht kommen.

18

Die Beteiligung des Arbeitnehmers an den Schadensfolgen ist durch eine Abwägung der Gesamtumstände zu bestimmen, wobei insbesondere Schadensanlass, Schadensfolgen, Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Eine möglicherweise vorliegende Gefahrgeneigtheit der Arbeit ist ebenso zu berücksichtigen wie die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko, eine Risikodeckung durch eine Versicherung, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe der Vergütung, die möglicherweise eine Risikoprämie enthalten kann. Auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und die Umstände des Arbeitsverhältnisses, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten können zu berücksichtigen sein.

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2. Die Haftung der Beklagten ist mithin entscheidend davon abhängig, welcher Verschuldensgrad ihr zur Last zu legen ist.

20

a) Der Begriff des Verschuldens und die einzelnen Arten des Verschuldens - leichteste, einfache oder normale und grobe Fahrlässigkeit - sind Rechtsbegriffe. Die Feststellung einer „Fahrlässigkeit“ ist durch die Revision nachprüfbar (BAG 19. März 1959 - 2 AZR 402/55 - BAGE 7, 290, 301 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 8 = EzA BGB § 276 Nr. 3). Dabei steht dem Tatsachenrichter ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, da die Feststellung der Voraussetzungen im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegt. Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob der Tatsachenrichter von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und Denkgesetze, Erfahrungssätze und Verfahrensvorschriften nicht verletzt hat (BAG 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70). Das Verschulden des Schädigers muss sich dabei sowohl auf die pflichtverletzende Handlung als auch auf den Eintritt des Schadens beziehen (BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2).

21

b) Hinsichtlich der Schädigungshandlung ist das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beklagte objektiv die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den Gesamtumständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet gelassen hat, was in der konkreten Situation für jedermann erkennbar gewesen ist. Der Beklagten musste klar sein, dass sie in die Bedienung des MRT nicht eingewiesen war, über keine sonst erworbene Sachkunde verfügte und die Bedeutung der einzelnen Schaltknöpfe nicht kannte. Die wahllose Bedienung eines zumindest durch einen Plexiglasdeckel besonders gesicherten Schalters musste die Gefahr bergen, dass dadurch mehr passiert als das einfache Abschalten des Alarmtons. Die Beklagte konnte keine vernünftigen Zweifel daran hegen, dass die richtige Vorgehensweise in einer Verständigung der Kläger oder anderer für die Bedienung des Geräts kompetenter Personen gelegen hätte. Insoweit ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht für das Handeln der Beklagten ein Höchstmaß an grober Fahrlässigkeit festgestellt hat.

22

c) Hinsichtlich des Schadenseintritts hat das Landesarbeitsgericht vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen und auch insofern grobe Fahrlässigkeit angenommen. Dies ist zwar grundsätzlich zulässig (BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2). Der Senat sieht aber hinsichtlich des Schadenseintritts nach den besonderen Umständen des Einzelfalls keinen Anlass, von einer „gröbsten“ Fahrlässigkeit auszugehen. Auch insoweit handelte die Beklagte grob fahrlässig, weil sie sich der aufdrängenden Erkenntnis verschloss, dass ihr Handeln einen Schaden verursachen kann, wenn sie irgendeinen Knopf, dessen Funktion sie nicht kennt, betätigt. Dass die Beklagte hinsichtlich des eingetretenen „MRT-Quench“ ebenfalls mit „gröbster“ Fahrlässigkeit gehandelt hat, setzte allerdings voraus, dass sie nach ihren individuellen Fähigkeiten die objektiv gebotene Sorgfalt hätte beachten können. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Die Klägerin musste damit rechnen, dass ein Schaden, womöglich ein erheblicher Schaden, eintritt und hat insofern auch diesbezüglich grob fahrlässig gehandelt. Dass sie durch Betätigen des roten Knopfes eine Notabschaltung auslöst, die einer partiellen Selbstzerstörung des Geräts gleichkommt, kann ihr ohne weiteres Vorbringen nicht unterstellt werden. Nur dann aber wäre ihr auch insoweit besonders grobe (gröbste) Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

23

d) Im Übrigen kann es entgegen der mit der Revision vertretenen Auffassung dahinstehen, ob der Beklagten vorliegend grobe oder „gröbste“ Fahrlässigkeit sowohl hinsichtlich ihres Handelns als auch des eingetretenen Schadens vorzuwerfen ist. Denn auch bei „gröbster“ Fahrlässigkeit scheiden Haftungserleichterungen für den Arbeitnehmer nicht grundsätzlich aus. Auch in der von der Revision angeführten Entscheidung des Senats vom 25. September 1997 (- 8 AZR 288/96 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 111 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 63) wurde auf den konkret entschiedenen Einzelfall abgestellt und eine Haftungsmilderung nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung auch im Hinblick auf die Höhe des eingetretenen Schadens „im konkreten Fall“ für nicht angezeigt gehalten.

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3. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht die Haftung der Beklagten trotz der grob fahrlässigen Beschädigung des MRT auf ein Jahresgehalt iHv. 3.840,00 Euro beschränkt.

25

a) Bei grober Fahrlässigkeit ist im Einzelfall eine Entlastung des Arbeitnehmers nicht ausgeschlossen. Ob sie in Frage kommt und wie weit sie zu gehen hat, ist nach einer Abwägung zu entscheiden, die grundsätzlich dem Tatrichter nach Feststellung aller dafür maßgebenden Umstände obliegt (§§ 286, 287 ZPO). Auf Seiten des Arbeitnehmers müssen insbesondere die Höhe des Arbeitsentgelts, die weiteren mit seiner Leistungsfähigkeit zusammenhängenden Umstände und der Grad des Verschuldens in die Abwägung einbezogen werden. Auf Seiten des Arbeitgebers wird ein durch das schädigende Ereignis eingetretener hoher Vermögensverlust um so mehr dem Betriebsrisiko zuzurechnen sein, als dieser einzukalkulieren oder durch Versicherungen ohne Rückgriffsmöglichkeit gegen den Arbeitnehmer abzudecken war (BAG 12. Oktober 1989 - 8 AZR 276/88 - BAGE 63, 127 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 97 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 23). Die Entscheidung ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. Eine feste, summenmäßig beschränkte Obergrenze der Haftung gibt es nicht, sie festzulegen wäre dem Gesetzgeber vorbehalten (BAG 23. Januar 1997 - 8 AZR 893/95 - NZA 1998, 140).

26

b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht vorliegend den Grad des Verschuldens der Beklagten ebenso haftungserhöhend berücksichtigt wie die Tatsache, dass die Beklagte bei den Klägern als Reinigungskraft beschäftigt ist, was für die Verursachung eines hohen Schadens, wenigstens der eingetretenen Art, wenig gefahrgeneigt ist. Ob dagegen das Fehlverhalten der Beklagten für die Kläger kaum vorhersehbar war, wie das Landesarbeitsgericht in seine Überlegungen einbezogen hat, begegnet gewissen Zweifeln, kann aber letztlich dahinstehen. Immerhin mussten die Kläger bei einem Gerät, das offenbar auch außerhalb der Praxisöffnungszeiten und über das Wochenende im „Stand-By-Modus“ bleiben musste, damit rechnen, dass nicht in die Bedienung des MRT eingewiesene Kräfte mit einem Alarm oder Fehlalarm konfrontiert werden. In der Gesamtabwägung ergäbe sich allerdings bei einer anderen Auffassung gleichwohl kein anderes als das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis. Denn zu Recht haben die Berufungsrichter vor allem die Ursachen und Motive der Beklagten berücksichtigt, als sie handelte. Die Beklagte erkannte ihre Pflicht zum Handeln, löste die Aufgabe allerdings völlig falsch. Dieser Ausgangssituation stellt das Landesarbeitsgericht zu Recht haftungsbegrenzend die geringe Vergütung der Beklagten gegenüber. Der eingetretene Schaden beläuft sich auf mehr als das Hundertfache eines Monatslohns der Beklagten, stellt sich mithin als ganz ungewöhnlich groß dar. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass bereits eine Haftungsbeschränkung auf zwölf Monatsgehälter für die Beklagte eine sehr große finanzielle Belastung darstellt, weil bei „Mini-Jobs“ regelmäßig der gesamte Verdienst zur Existenzerhaltung gebraucht wird und Reserven, Rücklagen oder Sparquoten, auf die verzichtet werden könnte, nicht bestehen. Damit hat das Landesarbeitsgericht bei zutreffenden rechtlichen Beurteilungsmaßstäben alle wesentlichen Umstände des Sachverhalts angemessen berücksichtigt und bei der Begründung seiner Entscheidung nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen.

27

4. Rechtlich zutreffend hat das Landesarbeitsgericht schließlich die von der Beklagten abgeschlossene Privathaftpflichtversicherung, die vorliegend möglicherweise einstandspflichtig ist, nicht für entscheidungserheblich gehalten.

28

a) Ein Arbeitnehmer kann sich dann nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn zu seinen Gunsten eine gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung, etwa eine Kfz-Haftpflichtversicherung, eingreift (BAG 25. September 1997 - 8 AZR 288/96 - mwN, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 111 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 63). Bei Bestehen einer Pflichtversicherung liegen Risiken vor, die der Gesetzgeber als so gefahrträchtig erachtet hat, dass er den Handelnden im Hinblick auf mögliche Gefahren für andere ohne Versicherungsschutz nicht tätig sehen wollte. Dieser Grund für eine gesetzliche Pflichtversicherung überlagert gleichsam die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung.

29

b) Eine freiwillig abgeschlossene Privathaftpflichtversicherung wirkt sich dagegen grundsätzlich auf die interne Betriebsrisikoverteilung nicht aus. Insbesondere darf auch beim Bestehen einer solchen Privathaftpflichtversicherung zu Gunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, dass das gezahlte Entgelt im Verhältnis zu dem von ihm zu tragenden Risiko unangemessen gering ist. Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Arbeitgeber vor Einstellung des Arbeitnehmers wegen der Risiken der gefahrgeneigten Tätigkeit den Abschluss einer solchen privaten Haftpflichtversicherung verlangt und zur Einstellungsbedingung gemacht hatte, erst recht, wenn dafür zusätzliche Vergütungsbestandteile vereinbart wurden (BAG 14. Oktober 1993 - 8 AZR 242/92 - EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 28). Wie bei einer gesetzlichen Pflichtversicherung kann auch zwischen den Parteien eines Arbeitsvertrages wegen bestehender Risiken der Abschluss einer Haftpflichtversicherung zwingend vereinbart werden mit der Folge, dass bei einem Schadenseintritt das Bestehen einer solchen Versicherung für Schäden im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen ist.

30

c) Dafür gibt es aber vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte, was das Landesarbeitsgericht rechtlich zutreffend erkannt hat. Die Kläger räumen ein, das Bestehen einer privaten Haftpflichtversicherung für beruflich verursachte Schäden nicht zur ausdrücklichen Bedingung für den Abschluss des Arbeitsvertrages gemacht zu haben. Um eine beiderseitige Geschäftsgrundlage handelte es sich unstreitig ebenfalls nicht. Die Beklagte hat zudem eine Haftpflichtversicherung für „privat“ verursachte Schäden abgeschlossen, die für das „betrieblich veranlasste“ Handeln der Klägerin bislang nur aus Kulanz einzutreten bereit ist.

31

5. Da der Schaden allein am MRT fast das 10-fache eines Jahresgehalts der Beklagten beträgt, bedürfen die weiteren von den Klägern geltend gemachten Schadenspositionen keiner Erörterung.

32

C. Die Kläger haben nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

Hauck 

        

Böck   

        

Breinlinger

        
                 

Burr   

        

F. Avenarius

                          

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, zur Belastung eines Grundstücks mit einem Recht sowie zur Übertragung oder Belastung eines solchen Rechts ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Vor der Eintragung sind die Beteiligten an die Einigung nur gebunden, wenn die Erklärungen notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Berechtigte dem anderen Teil eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat.

(1) Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zur Entgegennahme der Auflassung ist, unbeschadet der Zuständigkeit weiterer Stellen, jeder Notar zuständig. Eine Auflassung kann auch in einem gerichtlichen Vergleich oder in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan erklärt werden.

(2) Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.

(1) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

(2) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchteil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, ist nichtig.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf der notariellen Beurkundung.

(4) Ein Vertrag über den Nachlass eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlass eines noch lebenden Dritten.

(5) Absatz 4 gilt nicht für einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.